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Full text of "Zeitschrift für deutsche Mundarten"

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Zeitschrift 



Deutsche Mundarten 


Im Aufträge 

dos 

Vorstandes des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 


herausgegebon von 

Otto Heilig und Philipp Lenz 

Jahrgang 1912 



Berlin 

Verlag des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 

(F. Berggold) 

1912 


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Inhalt 


Seite 


Lautschrift. 1 

Lantlehro der Bamberger Mundart. Von Hans Batz .3. 193 

Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach (Kreis Biedenkopf). Von Ludwig 

Schaefer .54 

Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlande. Von Otto Bremer .... 89 

Der Hiatus in den deutschen Mundarten. Von Oskar Weise .97 

Lexikalische Beiträge aus Unter- und Oborbaden. Von Othmar Meisinger . . 112 

Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart. Von E. Kövi .114 

Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. Von Wilhelm Schoof . . 117. 298 

Hessische Volksrätsel. Von Wilhelm Schoof .123 

Proben schlesischer Gebirgsmundarten. Von Friedrich Graebisch . .127. 263. 319 
Ordinanzen über die von Lebensmitteln und Gebrauchsgegenst&nden in Emden ent¬ 
richteten Abgaben aus dem Jahre 1628. Von Heinrich Deiter .142 

Zur Chronologie von in der mecklenburgisch-vorpommerschen Mundart 

Von Agathe Lasch .166 

Zur niederdeutschen Sprachgreuze. Von Emil Maurmann .174 

Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. Von 

Oskar Philipp .226 

Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück). Von Edmund Protsch . . . 249 

Volksreime aus dem Harzgau. Von R. Block .276 

Fritz Reuter und Anton Sommer. Von Paul Kannengießer .289 

Proben der Mundart von Rheinbischofsheim. Von Friedrich Weik.348 

Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland. Von Otto Heilig . . . 357 
Sprachproben aus der deutschen Mundart von Dobsina in Obeiungarn. Von Julius Lux 360 
Zur Erklärung der ripuarischen Gutturalisierung. Von Anton Pfalz.364 

Bfloherbesprech ungen: 

C. A. Loosli, Mys Ämmitaw, bespr. von Ernst Marti .91 

Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch, bespr. von 0. Weise.92 

Ed. Langer, Die Adlergebirgsmundart, bespr. von 0. Weise.93 


Gideon Petz, Magyarorezägi Nemet Nyelvjärasok, bespr. von H. F. Schmidt 176 
Paul Geiger, Volksliedinteresse und Volksliedforschung in der Schweiz vom 

Anfang des 18. Jahrh. bis zum Jahre 1830, bespr. von Othmar Meisinger 179 
Paul Alpers, Untersuchungen über das alte niederdeutsche Volkslied, bespr. 


von Othmar Meisinger.180 

Harder, Worden und Wandern unserer Wörter, bespr. von Othmar Mei¬ 
singer .181 

Hans Sohulz, Deutsches Fremdwörterbuch, bespr. von 0. Weise .... 182 


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IV 


Inhalt 


Saite 

J. Weinberg, Zu Notkers Anlautgesetz, bespr. von H. Teuchert .... 183 

J. L. Gemarker, Stadtossen, bespr. von H. Teuchert.184 

Th. Babel er, Niederdeutscher Lautstand im Kreise Bleckede, bespr. von 

H. Teuchert.184 

Albert Bachmann, Beiträge zur Sohweizerdeutschen Grammatik, bespr. von 

Hermann Fisoher.185 

Martin Lang, Schbatzaweisheit, bespr. von A. Holder.186 

P. IsidorHopfner S. J., Die Namen Vorarlbergs auf der neuen Landeskarte, 

bespr. von Julius Miedel.186 

J. H. Kranz und J. H. Schwalm, Kreizschwemeng, Spaß muß seng! bespr. 

von Wilhelm Schoof.188 

Joh. Bapt. Hartmann, Die Terenz-Übersetzung des Valentin Boltz und ihre 
Beziehungen zu den älteren Terenz-Übersetzungen, bespr. von August 

Gebhardt.189 

Fritz Holztrfiger, Syntaktische Funktion der Wortformen im Nösnischen, 

bespr. von 0. Weise.280 

Karl Müller-Fraureuth, Wörterbuch der obersächsischen und erzgebirgi- 

schen Mundarten, bespr. von 0. Weise.282 

Julius Leithäuser, Borgiscbe Pßanzennanien, bespr. von 0. Weise . . . 282 
Michel-Stephan, Methodisches Handbuch zu Sprachübungen, bespr. von 

Othmar Meisinger.283 

Ehret, Lautlehre der Mundart von St. Georgen im Breisgau, bespr. von 

Othmar Meisinger.284 

Adolf Sütterlin, Hebels Werke, bespr. von Othmar Meisinger. . . . 284 

Elise Beck, Bauernbluat, bespr. von J. N. Schwäbl.286 

W. Simonson, Niederdeutsch und Hochdoutsch in den Chroniken des Johann 

Adolph Neocorus und des Daniel Lübbeke, bespr. von H. Teuchert . . 366 
Adam Ziegelhöfor u. Gustav Hey, Die Ortsnamen des ehemaligen Hoch¬ 
stifts Bamberg, bespr. von Julius Miedol.367 

Rudolf Kloinpaul, Die Ortsnamen im Deutschen, bespr. von Julius Miedel 369 
J. Matthäus Klimesch, Die Ortsnamen im südlichen und südwestlichen 

Böhmen, bespr. von Julius Miedel.371 

Hans Schulz, Deutsches Fremdwörterbuch, bespr. von 0. Weiso .... 373 
Ad. Schullerus u. Friedr. Hofstädter, Siebenbürgisch-Sächsisches Wörter¬ 
buch, bespr. von 0. Weise.373 

Hermann Schmockel, Das Siegerländer Bauernhaus, bespr. von 0. Weiso 374 
Hermann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch, bespr. von Philipp Lenz . 375 

Mitteilungen. 175. 287. 288. 381 

Spreohsaal. 90. 175. 378 

Neue Büoher. 94. 190. 381 

Zeitschriftenschau. 95. 190. 382 


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Lautschrift 

der 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. 


Um der Einheitlichkeit willen und zur Erleichterung des Satzes 
empfiehlt die Leitung den Gebrauch der nachfolgenden einfachen Laut¬ 
schrift Es bleibt jedoch den Herren Mitarbeitern unbenommen, wenn 
sie triftige Gründe dazu haben, von der hier gegebenen Richtschnur im 
einzelnen abzuweichen und andere Zeichen zu gebrauchen. Über einige 
Punkte wird sich überhaupt nicht so leicht eine Einigung erzielen lassen, 
so über die Bezeichnung der süddeutschen stimmlosen Verschlußlaute b, d, g. 
Bei beabsichtigter Verwendung von weiteren Lautzeichen wolle man sich 
an die Schriftleitung wenden. 

Große Anfangsbuchstaben bitten wir bei mundartlichen Wörtern 
und in mundartlichen Texten, sofern sie in unserer Lautschrift abgefaßt 
sind, nicht zu verwenden, auch nicht bei Eigennamen und im Satzanfang. 


Vokale. 

Kürze bleibt unbezeichnet Länge ist durch Doppelschreibung 
zu bezeichnen: aa, ee, ii, oo, uu: ebenso auch aai, eei usw. 


i geschlossenes i. 

\ offenes i. 
e geschlossenes e. 

? offenes e. 

<e sehr offenes e. 
a gewöhnliches, reines a. 

il geschlossenes ü. 
offenes ü. 


& dunkles a. 
o geschlossenes o. 
g offenes o. 
u geschlossenes u. 
i{ offenes u. 

MJschrokale. 

ö geschlossenes ö. 
q offenes ö. 


Überknrze Vokale. 

i, d, a?, v (d. h. die Umkehrung von i, e, ce, a). Man vermeide die An¬ 
wendung von kleinen Vokalzeichen, sei es auf, unter oder über der Linie. 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 1 


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2 


Lautschrift der Zeitschrift für Deutsche Mundarten. 


Doppelvokale 

sind nicht durch Bindestriche auseinanderzureißen, man schreibe also 
nicht etwa kle-i = Klee (rheinfr.) oder gar kty -*, sondern klfi. 

Genäaelte Vokale 

werden vor erhaltenem n, ng, m nicht ais solche bezeichnet, andern¬ 
falls durch beigesetztes kleines ", z. B. tcai* = Wein (rheinfränkisch), klaa n 
= klein. 

Bei Doppelvokalen und langen Vokalen wird die Nasalierung nur 
einmal bezeichnet, also wai n , nicht wa n i n ; J:1aa n , nicht kla n a n . 

Konsonanten. 

p, t, k stimmlose ungehauchte Verschlußlaute. 
ph, th, kh stimmlose gehauchte Verschlußlaute. 
b, d, g stimmhafte Verschlußlaute. 

m, ic (Lippenlaute), f (Zahn- u. Lippenlaut, stimmlos), v (Zahn - u. Lippen¬ 
laut, stimmhaft): s (stimmlos), x (stimmhaftes s), ^ (stimmloses sch), 
i (stimmhaftes sch), j, n, ts (=* nhd. z); y (Kehlnasenlaut), x (acA-Laut), 
5 (stimmhafter Kehlreibelaut), c(icA-Laut); Zungen- und Zäpfchen-r können 
unterschiedslos durch r wiedergegeben werden; nötigenfalls wäre zwischen 
r (Zungen-r) und R (Zäpfchen-r) zu unterscheiden; l (dunkles /) kann 
durch l bezeichnet werden; h. 


Tonzeichen. 

Haupttonzeichen ', Nebentonzeichen '. Weitere Abstufungen bleiben 
unbezeicbnet. Bei Längen kommt das Tonzeichen auf den ersten Vokal, 
also da, er usw.; ebenso bei Doppelvokalen: dl, du, aal, du usw. 

Silbenbildende Konsonanten 

werden als solche in der Regel nicht gekennzeichnet. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


Von Hans Batz. 


Zur Lautschrift 

1. Sie ist mit den wenigen im folgenden bezeichneten Änderungen 
die in der »Zeitschrift für Deutsche Mundarten« gebrauchte. 

2. b, d, g sind stimmlose Medien, da stimmhafte Verschlußlaute in 
der Mundart nicht vorhanden sind. 

3. rf' bezeichnet einen zwischen (geschlossenem) e und f, (■ einen 
zwischen cp und (sehr offenem) e liegenden Vokal. 

4. Länge der Vokale ist in den Mundartwörtern durch Doppel¬ 
schreibung bezeichnet, dagegen ist in den mhd. Wörtern die allgemein 
gebräuchliche Art der Bezeichnung durch - beibehalten. 

5. Überlänge ist wie einfache Länge bezeichnet; Kürze, Halbkürze 
und Überkürze sind gewöhnlich nicht bezeichnet (vgl. § 14), nur bei 
Svarabhakti-«' uud bei dem 3 vor bezw. statt r (vgl. § 27 Anm. 1) ist 
Uberkürze durch Umkehrung der Vokale bezeichnet: 3 , i. 

6 . Wegen der Bezeichnung der Nasalierung vgl. § 26. 

7. Wenn die erste Silbe eines Wortes den Ton hat, die anderen 
unbetont sind, so ist kein Akzentzeichen gesetzt; in den anderen Fällen 
ist der Hauptton durch ', der Nebenton durch * bezeichnet 


Einleitung. 

§ 1. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der gegenwärtig 
in der Stadt Bamberg gesprochenen Mundart, die ihren Hauptmerkmalen 
nach zum Ostfränkischen zu rechnen ist. Nur in einem verhältnismäßig 
sehr engen Kreis der umliegenden Ortschaften deckt sich die Mundart 

genau mit der der Stadt, und schon in recht naher Entfernung von der- 

• • 

selben merkt man den Übergang zu anderen Mundarten: im NW. zum 
Unterfränkischen, im N. und NO. finden sich bald mundartliche Ein¬ 
schläge, die auf das Fichtelgebirgische und Vogtländische, im SO., S. und 
SW. solche, die auf das Nürnbergische hinweisen; natürlich geschehen 
diese Übergänge nur ganz allmählich. 

§ 2. In der Stadt selbst sind die eigentlichen Träger der Mundart 
hauptsächlich die drei alteingesessenen Stände der Häcker, Schiffer und 
Gärtner. Diese wohnen wegen der von ihnen ausgeübten Gewerbe in 
verschiedenen Stadtteilen: die Häcker sind Kleinbauern auf den Hügeln 

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4 


Hans Batz. 


im W. und SW. der Stadt: Michaelsberg, Jakobsberg, Kaulberg, Stefans¬ 
berg-, die Schiffer und Fischer wohnen am Regnitzfluß entlang und die 
Gärtner in der sich rechts des rechten Regnitzarmes im N., NO. und 
0. der Stadt ausbreitenden Ebene. 

§ 3. Diese letzteren nehmen, wie sie in Tracht und Sitte von den 
übrigen Stadtbewohnern sich ziemlich bedeutend unterscheiden (was 
großenteils auf ihre Abstammung von den Slaven zurückgeführt wird l ), 
auch in der Sprache eine eigentümliche Stellung ein: ihre Aussprache 
und ihr Vokalismus sind teilweise andere 2 , und auch ihr Wortschatz weist 
eine ganze Anzahl eigentümlicher Ausdrücke auf, die der Mundart der 
übrigen Stadt und der umliegenden Ortschaften fremd sind. 

§ 4. Rein mundartlich wird hauptsächlich nur in den Familien dieser 
drei »Zünfte« gesprochen, außerdem nur noch von den niederen Schichten 
der in Bamberg eingesessenen Bevölkerung. Im übrigen wird die reine 
Mundart nicht für sonderlich fein gehalten, und so hat sich auch in 
alteingesessenen Bamberger Bürgerfamilien, die »feiner« sprechen wollen, 
eine Art »Halbmundart« ausgebildet, die die für die Vollmundart be¬ 
sonders charakteristische Breite abzuschleifen bemüht ist und auch reich¬ 
lich durch das Bestreben, sich der schriftdeutschen Sprache zu nähern, 
modifiziert wird. 

§5. Ältere Sprachdenkmäler in reiner Mundart sind nicht vor¬ 
handen, und bei älteren Dichtungen, die, wie der »Renner« des Hugo 
von Trimberg, in Bamberg entstanden sind, läßt sich nicht sowohl von 
spezifisch bambergischen als höchstens allgemein fränkischen Dialekt¬ 
eigentümlichkeiten sprechen; sonst sind aber immerhin in Chroniken und 
Urkunden vou Bamberg gelegentlich solche Mundarteigentümlichkeiten 
verstreut zu finden. 

Die Ausbeute an Dialektdichtungen u. ä. auch in der neueren Zeit, 
wenigstens soweit sie im Druck vorliegen und so einem größeren Publi¬ 
kum zugänglich sind, ist nicht groß; denn abgesehen von verstreuten 
Gelegenheits- usw. Gedichten und vereinzelten Erklärungsversuchen mund¬ 
artlicher Wörter in Bamberger Zeitungen ist nirgendwo eine größere oder 
bemerkenswerte Sammlung von mundartlichen Erzeugnissen in Poesie 
oder Prosa vorhanden: ein Bamberger »Grübel« ist noch nicht erstanden. 

§6. Grammatikalisch ist die Mundart, einzeln wenigstens, bisher 
noch nicht bearbeitet worden. Nur vereinzelt finden wir Nachricht über 
dieselbe. 

So sagt z. B. Friedr. Nikolai in seiner »Beschreibung einer Reise 
durch Deutschland und die Schweiz im Jahre 1781« (Berlin und Stettin 
1783), S. 135, Beylage XI, 7 folgendes: »In Bamberg hat die Sprache 

1 Vgl. dazu: »Der Bamberger Gärtner in seiner Beschäftigung, Lebensweise, Sitte 
und Eigentümlichkeit, sowie seine mutmaßliche Abstammung«, in »Alt-Bamberg« (Beilage 
zum »Bamberger Tagblatt«), 1. Jahrgang 1897/98, S. 228 fF. 

* Auf die Hauptunterschiede von der geuieinbambergischen Mundart wird im fol¬ 
genden hingewiesen und die Mundart der Gärtner mit G-Ma. bezeichnet werden. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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einen besonderen Ton, worauf die katholische Religion, insofern sie die 
Einwohner von den benachbarten Protestanten abschneidet, einigen Ein¬ 
fluß zu haben scheint. Man hört diesen Ton weder in Koburg, noch in 
Erlangen, Anspach, Nürnberg. Es wird hier schon der Umlaut anders 
gebraucht, wie bey uns. Z. B. Tage, Kosten, statt Tage, Kosten. Auch 
finden sich besondere Benennungen, z. E. mürbes Brod statt Semmel u. s. w.« 

Anm. K. M. Rapp geht in seinen »Fränkischen Dialekten« (Versuch 
einer Physiologie der Sprache, IV, Stuttgart und Tübingen 1841) gar 
nicht auf den Bamberger Dialekt ein, sondern beschäftigt sich nur mit 
dem Nürnberger. 

Erst A. Haupt schreibt (Bavaria III, 1865, S. 191 ff.) etwas ausführ¬ 
licher über die Bamberger Mundart; allerdings gibt er seinem Thema 
(»Die Mundart der drei Franken«) gemäß mehr eine vergleichende Gegen¬ 
überstellung der Mundarten und zeigt nur, inwiefern sich die bambergische 
Mundart von der der anderen fränkischen Gaue unterscheidet. Immerhin 
finden wir hier den Versuch, die Mundart systematisch, nach »Buch- 
stabentheil« und »grammatischem Theil« darzustellen. Freilich ist dabei 
keine Spur von einer sprachwissenschaftlichen, geschichtlichen Betrach¬ 
tungsweise, sondern Haupt stellt nur, von der heutigen Schriftsprache 
ausgehend, den Lautstand seiner Zeit dar im Vergleich zu dem der 
übrigen fränkischen Landesteile, ohne Rücksicht auf geschichtliche Ent¬ 
stehung und Entwicklung. Auch ist natürlich von einer phonetischen 
Schreibweise noch nicht die Rede, sondern die Laute der Mundart werden 
nur ganz roh und ungenau durch die gewöhnlichen Buchstaben und 
Schriftzeichen dargestellt. 

Über den oben (§ 3) angedeuteten Unterschied der Sprache inner¬ 
halb der Stadt sagt Haupt (S. 210): »Selbst in Bamberg selber spricht 
der Gärtner anders als der Handwerker; sein Idiom ist im Durchschnitt 
viel dumpfer, breiter«. Weiterhin sagt er: »Der Bamberger Schiffer 
spricht nie rein Bambergisch, seine beständigen Fahrten Main abwärts, 
von denen er oft erst nach 3 Wochen oder 4 Wochen wieder heim kommt, 
haben seiner Sprachweise sehr viel unterfränkisches angehängt«. 

Dies Urteil über die Sprache der Schiffer kann nach den gegen¬ 
wärtigen Beobachtungen, wenigstens im ganzen Umfange nicht bestätigt 
werden: dies liegt wohl daran, daß die früher (noch zu Haupts Zeiten) 
in Blüte stehende Bamberger »Raugschifferei«, wobei die Bamberger 
Schiffer bis nach Köln und Holland gekommen w-aren, allmählich sehr 
an Bedeutung verloren hat. Es wird nicht mehr viele Schiffer geben, 
die solche längeren und weiten Reisen zu Wasser gemacht haben, jüngere 
wohl überhaupt keine mehr, höchstens noch alte, die sich solcher Fahrten 
aus ihrer Jugend erinnern. 

§ 7. Im allgemeinen können wir also gegenwärtig die Mundart der 
Häcker und* Schiffer zusammen mit der der anderen Altbamberger kleinen 
Leute als gemeinbambergisch bezeichnen, von der sich die G-Ma. in 
einzelnen Punkten unterscheidet. 


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Hans Batz. 


I. Teil. 

Phonetische Darstellung der Laute. 

I. Allgemeines Uber die Aussprache. 

§ 8. Die Mundart klingt im allgemeinen ziemlich rauh und derb, sie 
hat nichts Feines und Geschmeidiges an sich; ein besonderes Charakte¬ 
ristikum derselben sind die langen, stark betonten und gedehnten Vokale 
in Stamm und Endungen, wodurch die Sprache etwas sehr Breites erhält, 
das noch dadurch um so auffallender wird, daß im allgemeinen ziemlich 
langsam gesprochen wird. 

Im Durchschnitt wird laut gesprochen, was bei den Hauptvertretem 
der Mundart ja durch ihr Gewerbe mit dem ständigen Aufenthalt im 
Freien mitbedingt ist. Im Affekt wird die Sprache noch lauter und 
schneller, ja sogar sehr schnell; so sind besonders die Gärtnersfrauen 
wegen der Hurtigkeit, mit der sie in gereiztem Zustande eine Flut von 
Schimpfwörtern in kreischendem Tone auf den oft ahnungslosen Urheber 
einer solchen Schimpfszene heraussprudeln, in der ganzen Umgegend 
bekannt 

Die Stimmlage ist ziemlich hoch. 

§ 9. Der Kehlkopf liegt normal, die Zunge liegt in der Ruhelage 
breit im Munde, mit den Rändern berührt sie die inneren Seiten der 
beiden Zahnreihen, ihre Oberseite liegt dem harten Gaumen an, ihre 
Spitze stößt an die Oberzähne, sie liegt immer schlaff. Die Oberzähne 
ragen über die Unterzähne etwas vor und bedecken etwas mehr als die 
Hälfte derselben. Die Lippen liegen beim ruhigen Atmen aufeinander. 

§ 10. Die Muskelbewegungen sind nur bei den Lippen rege, 
bei den anderen Organen ziemlich träge: weniger beim Gaumensegel, 
ganz besonders aber beim Kehlkopf und noch mehr bei der Zunge. 

§ 11. Die Druckgrenze ist bei langem Vokal vor dem Konsonanten, 
bei kurzem Vokal vor einfachem Konsonanten sowie vor mehrfacher 
Konsonanz innerhalb des bzw. der silbentrennenden Konsonanten. 

Der Akzent ist also der scharfgeschnittene. 

§ 12. Der Ein- und Absatz der Vokale ist leise, auch innerhalb 
eines Wortes, gleichgültig ob Vokal oder Konsonant vorausgeht; ebenso 
ist es im Satzsand hi. 

Fester Einsatz kommt nur vor bei besonders nachdrücklichem Ein¬ 
setzen eines Vokals; dabei geht dem Vokal dann ein Knackgeräusch 
voraus, das durch die Explosion der Stimmbänder hervorgerufen wird, 
z. B. ’«c, um dem Ekel Ausdruck zu geben; ’ür? ’ih? ich? ihr? in ver¬ 
wunderter Frage. 

Gehauchter Einsatz kommt vor in haha (unterdrücktes aha!) und 
hmhrn (Zustimmungsinterjektion). 

Stark gehauchter Vokalabsatz kommt vor in affektvoller Rede, z. B. 
naa n h (ärgerliches »neinR). 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 7 

4 

Die Konsonanten werden im allgemeinen leise und bei offener 
Stimmritze eingesetzt Steht ein Platzlaut im Auslaut, so hat er einen 
schwachen Hauch. 

§ 13. Wie im Satz, so haben auch im Wort die wichtigsten Be¬ 
standteile, also die Stammsilben, den Hauptton, während die weniger 
wichtigen Nebensilben auch weniger betont werden; dasselbe ist der Fall 
bei Kompositen. 

II. Dauer der Vokale und Konsonanten. 

§ 14. Bei den Vokalen können folgende Maße unterschieden werden: 

1. Überlänge in betonter geschlossener Silbe, z. B. Sloox Schlag; 
root Rad. 

2. Gewöhnliche Länge in mhd. offener Silbe, z. B. Swooxe Schwager; 
slooy schlagen. 

Dies Verhältnis trifft überall zu, weswegen von einem Unterschied 
in der Bezeichnung abgesehen werden konnte. 

3. Einfache Kürze in betonter Silbe mit kurzem Vokal, z. B. fade 
Vater; maxy machen. 

4. Halbkürze in Endsilben, unbetonten Nebensilben, en- und pro- 
klitischen Fürwörtern: z. B. nauma Name; haien heiraten; ic gee ich gehe; 
däy gee i dann gehe ich. 

Anrn. Einzelne Endungen wie e (-= er, z. B. in müde Mutter) sind 
nicht halbkurz, sondern haben ziemlich die gleiche Quantität wie eine 
Stammsilbe mit kurzem Vokal; gerade diese Dehnung der Endung gibt 
der Ma. etwas sehr Breites und unterscheidet sie wesentlich von den 
Nachbarmundarten. 

5. Überkürze im Svarabhakti, z. B. säwic Sarg, dohc Dolch, sowie 
bei dem vor oder statt r stehenden «-Laut (außer wenn e = der Endung 
-er ist), z. B. bgiriy borgen; wmst Wurst; diü dir. 

§ 15. Lange Konsonanten gibt es im allgemeinen nicht in der 
Mundart, höchstens in Fällen wie bix als Kutscherlaut (beim Halten) u. ä. 

III. Die Aussprache der einzelnen Laute. 

A. Tabellarische Übersicht. 

§ 16. (Siehe die Tabelle auf S. 8.) 

Anm. 1. g, y, h sind Hartgaumenlaute vor i, ii, c, ce, c, e, ö, <j, 
sonst sind sie Weichgaumenlaute, x steht nach u, o, u, a, sonst steht c. 

Anm. 2. Die in der Mundart sehr selten vorkommenden genäselten 
Vokale (§ 26) sind, da ihre Artikulation die gleiche ist wie die der reinen 
Mundvokale, nicht besonders aufgeführt. 

Anm. 3. Das ii, das in der G-Ma. für mhd. ee vorkommt (§ 66), 
ist gleich dem ii (mhd. i, ie) geschrieben, da es genau so artikuliert wird. 
Ebenso ist von einer besonderen Bezeichnung des i und u in Diphthongen 
abgesehen, wenngleich sie dort etwas weiter sind als wenn sie allein 
stehen (§ 27). 


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8 


Haos B&tz. 







Rachen 

Weicher 

Gaui 

Harter 

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Ober- 1 
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Zungen- 

wurzel 

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Hinterzunge 

i 

Vorder¬ 

zunge 

Unterlippe 


B. Die Anssprache der Yokale. 

1. Die reinen Mundvokale. 

§ 17. 1. i (mhd. i, ie), ii (mhd. i, ie). Die Zungenspitze liegt an 
den unteren Alveolen, die Zungenränder liegen in Höhe der Zahnspalte 
den Innenflächen der unteren und oberen Eck- und vorderen Backen¬ 
zähne an. Die Vorderzunge, die im allgemeinen eine weiche Wölbung 
bildet, ist ganz vorn und in der Mitte in etwa Fingerkuppengröße leicht 
eingedellt. Die Mittelzunge wölbt sich hoch und nähert sich dem Gaumen: 
Artikulationsstelle ist der mittlere harte Gaumen. Ober- und Unterzähne 
stehen um ein geringes auseinander. Die Mundwinkel sind leicht nach 
seitwärts gezogen. Beim langen (geschlossenen) ii ist die Spalte zwischen 
Ober- und Unterkiefer etwas enger als beim kurzen i, zugleich wölbt 
sich die Mittelzunge etwas höher, wodurch die Zungenspitze etwas zurück¬ 
gezogen wird. 

2. Vor r wird mhd. i in einzelnen Fallen (§ 53, 3b) wie ein ee, 
ungefähr in der Mitte zwischen e und r (§ 18) ausgesprochen. 

§ 18. Beim e (mhd. c, r, e, ei) und cc (mhd. r, c, c, er) senkt sich 
der Unterkiefer etwas, die Zahnspalte erweitert sich dadurch um ein 
geringes, ebenso die Lippenspalte. Die Anteilnahme der Vorderzunge 


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Lautlehre der Bamberger Mundart 


9 


an der Bewegung ist eine nur passive, insofern sie dem sich senkenden 
Unterkiefer folgt. Die Mittelzunge ist nicht so stark gewölbt als beim *, 
tritt also nicht so nahe an den Gaumen heran. Artikulationsstelle ist 
der hintere harte Gaumen. Die Mundwinkel stehen still. 

2. Vor unmittelbar folgendem r wird der e-Laut etwas weiter (e), 
jedoch nicht so weit, daß er gleich dem in § 19 besprochenen e würde. 

In der Endsilbe -er wird q (+a) direkt zu e (als normale Kürze 
[§ 14, 4, Anm.J, ja in besonders hervortretender Mundart vielleicht sogar 
noch gedehnt). 

§ 19. Beim offenen e (mhd. e, e, ei), ee (mhd. e, ce) wird der Unter¬ 
kiefer noch mehr gesenkt, indem er zugleich eine leichte ruckartige Be¬ 
wegung nach vorne ausführt Die Zunge liegt wie beim e ohne aktive 
Bewegung dem Unterkiefer an. 

§ 20. a (mhd. a, ä, ou, ei), an (mhd. ei, ou). Der Unterkiefer wird 
stark gesenkt, so daß Lippen- und Zahnspalte ziemlich groß sind. Die 
Zunge senkt sich so stark auf den Boden der Mundhöhle, daß ihre Ober¬ 
fläche leicht einsinkt. Die Zungenspitze bleibt am unteren Zahnfleisch 
liegen. Die Hinterzunge nähert sich der hinteren Rachenwand, Zäpfchen 
und weicher Gaumen werden angehoben. Außer der Öffnung machen 
die Lippen keinerlei Bewegung, die Mundwinkel stehen still. 

§ 21. ä (mhd. a, u, ü, ou), ad (mhd. a, ö, uö). Bewegungen von 
Zunge, Zäpfchen und weichem Gaumen sind die gleichen wie beim hellen 
«-Laut, nur die Lippenspalte wird ungefähr auf die Hälfte derjenigen 
bei a verengert, indem der Unterkiefer etwas nach oben geht und die 
Lippen an den Seiten sich etwas schließen. 

§ 22. 1. o (mhd. a, o), oo (mhd. a, o, d, ö ). Der Unterkiefer bleibt 
stehen, die Lippen entfernen sich nur in ihrem mittleren Drittel auf 
ca. J / 2 cm voneinander, die Mundwinkel sind auf beiden Seiten zu etwa 
einem Drittel der Lippenlänge geschlossen. Die Lippen, besonders die 
Unterlippe, werden leicht vorgestülpt. Die Vorderzunge wird etwas 
zurückgezogen, so daß die Zungenspitze das Zahnfleisch verläßt; dabei 
erlangt sie durch Muskelzusammenziehung eine gewisse Härte, die sie 
befähigt, ihren Stützpunkt auf dem Mundboden zu verlassen und sich 
selbständig zu halten, ohne sich jedoch nach oben zu richten. Die 
Hinterzunge ist zwar gehoben, doch berührt sie nirgends den Gaumen; 
die Oberfläche ist regelmäßig, ohne Rinnenbildung, gewölbt. 

2. Vor r wird der o- Laut nur wenig weiter gesprochen, indem der 
Unterkiefer um eine Kleinigkeit nach unten geht; die Zunge wird etwas 
höher gehoben als bei o. Dieser Laut ist mit g bezeichnet. 

§ 2;{. 1. u (mhd. v, uo, o in der G-Ma.), uu (mhd. ti, uo, o und 
ö in der G-Ma.). Der Unterkiefer bleibt stehen wie bei o, oo. Die Lippen 
werden etwas mehr vorgestülpt, wobei auch die Oberlippe kräftiger an 
dieser Bewegung teilnimmt. Die Lippenöffnung wird dadurch etwas 
kleiner, die Vorderzunge verhält sich wie bei o, oo, die Hinterzunge 


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10 


Haas Batz. 


nähert sich noch stärker dem weichen Gaumen, bleibt aber sonst ebenfalls 
ohne Formveränderung. 

2. Vor r bleibt das u, uu meist gleich, nur in einzelnen Fällen 
tritt p dafür ein (§ 59, 4). 

§ 24. 1. ü (mhd. ü, üe), üü (mhd. ü, ie, iie). Die Stellung der 
Zunge ist wie bei i, ii, nur findet die Artikulation am hinteren harten 
Gaumen statt Steilung der Lippen ist ähnlich wie bei u, uu, die Um¬ 
stülpung ebenso stark, beinahe noch etwas stärker. 

2. Vor r bleibt ü, üü unverändert, und es wird nur das überkurze 
3 eingeschoben. 

§ 25. 1. ö (mhd. e, o, ö, d), öö (mhd. Ö, d). Die Zungenspitze geht 
aus der o-oo- Stellung nach vorne, so daß sie die unteren Alveolen be¬ 
rührt Die Mittelzunge hebt und wölbt sich. 

2. Vor r (mhd. ö, ii, e, d, üe vor r) wird der Ö-Laut in der gleichen 
"Weise etwas erweitert wie bei o, oo, weswegen dieser Laut mit ij be¬ 
zeichnet wird. 

2. Die genäselten Vokale. 

§ 26. Die Näselung ist in der Mundart sehr selten und auch dann 
nur so schwach, daß man von ihrer Bezeichnung fast völlig absehen kann. 
Denn abgesehen davon, daß eine gewisse schwache Näselung immer, auch 
in der schriftdeutschen Aussprache, vorhanden ist in der Nähe von ij, 
n, m, die aber in der Mundart fast überhaupt nicht gehört wird, ist von 
einer solchen Nasalierung auch fast nichts zu spüren selbst in Fällen, 
wo ein auslautendes -n abgefallen ist Nur in der G-Ma. kann von einer 
etwas stärkeren Nasalierung manchmal die Rede sein. In diesen Fällen 
und auch wo es sonst etwa nötig erscheint, ist sie mit n bezeichnet 

3. Die reinen Diphthonge. 

§ 27. Die Mundart kennt nur die Diphthonge ai (mhd. i, ei), aai 
(mhd. f, eij), au (mhd. ü, ouw ), ui (mhd. i, u, iu, öu) und aui (mhd. iu, 
öuw). Außer bei aai und aui sind die beiden Komponenten von gleicher 
Zeitdauer (beide sind kurz); der erste Laut ist der klangstärkere, trägt 
den Exspirationsgipfel. Mhd. Diphthonge sind meist (außer öu) mono¬ 
phthongiert: ie zu ii, i; ei und ou zu aa, a; uo zu uu, u; iie zu üü, ii. 

Der zweite Komponent ist im Diphthong weiter als sonst, was ja 
schon durch die Artikulationsstellung der Zunge bei dem ersten Kompo¬ 
nenten (a, ä) mitbedingt ist. Von einer anderen Schreibung in diesem 
Fall ist abgesehen (§16 Anm. 3). 

Anm. 1. Eine Art von Diphthongen entsteht durch die Einschie¬ 
bung des überkurzen 3 zwischen Vokal und r, wobei das r am Ende 
sowie vor f, n, s ($) und t (d) überhaupt unhörbar wird (§ 33). Nach 
einzelnen Lauten wie r, ce ist dies e so kurz und geht, da qualitativ 
gleich, so in dem c, <v auf, daß es häufig überhaupt nicht bezeichnet 
zu werden braucht 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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Anra. 2. Unorganische Diphthonge sind vorhanden in dem Fuhr- 
mannsruf hüo (los, vorwärts!), sowie in dem Ausruf pfui pfui und dem 
Klangwort hui. 

4. Die genäselten Diphthonge. 

§ 28. Über die Nasalierung der Diphthonge ist dasselbe zu sagen 
wie bei den Vokalen (§ 26). 

C. Die Ausspraelie der Konsonanten. 

1. Die Konsonanten mit schwachem Stimmton. 

§ 29. w (mhd. xc, -b-) ist Doppellippenlaut mit schwachem Stimmton 
ohne hörbares Reibegeräusch. Der Unterkiefer wird nur sehr wenig nach 
vorne geschoben, die Lippen bilden nur einen ganz engen Spalt. Die 
Zunge ist in Ruhelage. 

§ 30. j (mhd. j) ist fast ohne Stimmton und ohne hörbares Reibe¬ 
geräusch; die Zunge steht etwas höher als bei c, Artikulationsstelle ist 
der mittlere harte Gaumen. 

§ 31. Bei den Nasalen m (mhd. in, -ben , -wen), n (mhd. n), y 
(mhd. ng, -hen, -cken, -gen) wird der Verschluß auf folgende "Weise ge¬ 
bildet: bei m mit den beiden Lippen, bei n mit der Vorderzunge und 
Zungenspitze am oberen Zahnfleisch, bei y am harten bzw. weichen 
Gaumen, je nachdem ein Hart- oder Weichgaumen vokal bzw. ein Kon¬ 
sonant vorhergeht. Die Luft entweicht durch die Nase, die Laute werden 
mit schwachem Stimmton gesprochen. 

§ 32. Die Liquida l (mhd. I) hat schwachen Stimmton, kein Reibe¬ 
geräusch. Die Zungenspitze und der erste Teil der Vorderzunge berühren 
die oberen Alveolen, nicht die Oberzähne. Die Ränder der Mittelzunge 
berühren nur leicht die Innenflächen der oberen Eckzähne. Die Explosion 
ist zweiseitig, jedoch individuell teils einseitig stärker, teils nur einseitig. 
Die Klangfarbe wird durch den vorhergehenden oder folgenden Vokal 
bestimmt 

§ 33. Das r (mhd. r) ist durchgängig ein ziemlich stark gerolltes 
Zungenspitzen-r, wobei die Zungenspitze am oberen Zahnfleisch mit hör¬ 
barem Reibegeräusch zittert. Schwächer gerollt ist das r nur vor Kon¬ 
sonanten nach langem Vokal, vor f, n, s (§) und t ( d ) verschwindet es 
vollkommen, ebenso im Auslaut nach Vokal (daher auch in der Endung 
-er) (§ 27 Anm. 1). 


2. Die stimmlosen Reibelaute. 

§ 34. f (mhd. f, v) wird gesprochen, indem die Oberzähne leicht 
etwa auf der Mitte der Unterlippe aufsitzen und die Luft durch die 
dazwischenbleibende Lücke und eine schmale Lippenspalte entweicht. 
Die Mundwinkel werden nur unmerklich zurückgezogen, nur so weit als 
durch die Annäherung der Unterlippe an die Oberlippe bedingt ist. Der 
Unterkiefer ist nicht zurückgezogen, sondern macht nur eine kleine Auf- 


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Hans Batz. 


wärtsbewegung, die ebenfalls durch die Lippen verursacht wird. Im 
Anlaut wird das f etwas schärfer gesprochen, sonst etwas weniger scharf, 
doch ist der Unterschied nicht so stark, daß ich dafür ein anderes 
Schriftzeichen einsetzen möchte. 

Auch in pf ist das f nicht zugleich als bi- und dentilabial zu be¬ 
zeichnen, sondern der bilabiale Laut ist einfach das p, während das f 
sofort dentilabial ist. 

§ 35. 1. s und 3" sind stets fortes. 

Bei s (mhd. s, $) behalten die Kiefer und mit ihnen die Zahnreihen 
ihre natürliche Lage wie bei geschlossenem Mund, die oberen Schneide¬ 
zähne ragen etwas über die unteren hervor. Die Zahnspalte ist sehr eng. 
Zungenspitze und Yorderzunge liegen an dem oberen Zahnfleisch, der 
Zungenrücken bildet eine Rinne, durch welche die Luft austritt 

2. Bei £ (rahd. sch, s) sind beide Lippen nicht stark, aber immerhin 
merklich vorgestülpt, die Zahnspalte ist noch etwas enger als bei s. Die 
Zungenspitze ist stark zurückgebogen und liegt fast am harten Gaumen 
an. Die Ränder der Zunge berühren nirgends die Zähne. Die Rinne, 
durch die der Luftstrom entweicht, ist etwas tiefer als bei s. 

§ 36. Der Gaumenreibelaut (mhd. ch, - g, -c) ist ein dreifacher, je 
nach dem vorhergehenden Vokal: nach a, ä, o, u velar, hinteres x (ach- 
Laut), nach ö : vorderes x (öcA-Laut), nach e, e, i, ü und nach Konso¬ 
nanten palatal: c (tcA-Laut). 

Beim palatalen c findet der Verschluß am harten Gaumen, beim 
velaren (hinteren) x am weichen Gaumen, beim vorderen x an der Grenze 
zwischen weichem und hartem Gaumen statt. Der Zungenrücken ist nach 
oben gewölbt Die Zungenspitze liegt bei c an der inneren Fläche der 
unteren Schneidezähne, bei x ist sie etwas zurückgezogen und liegt etwas 
hinter dem Zahnfleisch der unteren Schneidezähne. 

Beide sind stets fortes. 

Anm. Wenn c, x dem mhd. g entsprechen, werden sie etwas leiser 
artikuliert. 

3. Der Hauchlaut li. 

§ 37. Der Hauchlaut h (mhd. h) wird bei mittlerer Weite der Stimm¬ 
ritze gebildet, das Ansatzrohr nimmt gewöhnlich schon die Stellung für 
den auf das h folgenden Laut ein. 

4. Die Platzlaute. 

§ 38. Die Mundart kennt außer den folgenden zwei Fällen nur 
die lenes b, d, g; nur im absoluten Auslaut werden diese etwas stärker 
artikuliert, indem ein allerdings ganz leichter Hauchlaut nachklingt; in 
diesem Falle ist p. t , I: geschrieben. Außerdem wird auch im Anlaut 
vor betontem Vokal mhd. I: mit einem ziemlich starken Hauchlaut, als 
gehauchte fortis, gesprochen, was hier als Ich geschrieben ist. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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§ 39. Bei b (mhd. b, p, - we) werden die vorher geschlossenen Lippen 
plötzlich leicht geöffnet, wodurch der eingepreßte Luftstrom leicht ent¬ 
weicht. Die Zunge liegt in der Ruhelage. 

§ 40. Bei d (mhd. d, t) legt sich die Zungenspitze an das obere 
Zahnfleisch an und geht dann ohne besondere Anstrengung nach unten, 
wobei auch der Unterkiefer sich mitsenkt, so daß die Luft durch die 
Lippen entweichen kann. 

§41. Bei g (mhd. g, k) wird der Verschluß durch die Hinterzunge 
am weichen Gaumen gebildet, etwas weiter vorne oder hinten, je nach 
dem folgenden Laut, und wird unter Hervorstoßen eines leichten Luft- 
stromos gelöst 

§ 42. p, t, k werden auf die gleiche Weise gebildet wie b, d, g, 
nur daß der bei Lösung des Verschlusses entweichende Luftstrom etwas 
stärker, gewaltsamer ist. Bei kh ist er durch den nachstürzenden Hauch¬ 
laut natürlich noch viel stärker. 

Anm. Während es in Zusammensetzungen wie bs, bt usw. nicht 
nötig erscheint ps, pt usw. zu schreiben, ist dies bei pf durchgeführt. 

II. Teil. 

Geschichte der einzelnen Laute. 

1. Die Yokale.. 

1. Die kurzen Vokale. 

Mhd. a. 

§ 43. 1. Mhd. er > a in mhd. geschlossener Silbe in mhd. mehr¬ 
silbigen Wörtern, z. B. agsl (mhd. ahsel) Achsel; aygy (mhd. anke) Nacken; 
ayst (mhd. angest) Angst; apß (mhd. apfel) Apfel; arfl (mhd. armvot) Arm¬ 
voll; bagy (mhd. backen und backe) backen und Backe, Wange; bal (mhd. 
balde) bald; bann (mhd. barbe) Barbe: fagl (mhd. vaclcel) Fackel; faln 
(mhd. vollen) fallen; garm (mhd. garbe) Garbe; gas (mhd. ga$z,e) Gasse; 
hagy (mhd. hacken) hacken; haldn (mhd. halten) halten; khana (mhd. Icatme) 
Kanne; khasdn (mhd. käste) Kasten; khads (mhd. katxe) Katze; khan (mhd. 
karre) Karre(n); graxg (mhd. lcrachen) krachen; laxg (mhd. lachen) lachen; 
lambm (mhd. lampe) Lampe; ladn (mhd. lattc) Latte; maxy (mhd. machen) 
machen: marik (mhd. market und marke, marc) Markt und Mark; masn 
(mhd. mosche) Masche; naget (mhd. nacket) nackt; nar (mhd. narre ) Narr: 
babl (mhd. bappel ) Pappel; pfana (mhd. pfanne) Pfanne; pfare (mhd. pfar- 
rcere, pfarrer) Pfarrer; rads (mhd. ratxe) Ratte; sax (mhd. sache) Sache: 
salm (mhd. salbe) Salbe; Sant (mhd. schände) Schande; Sadn (mhd. scharte) 
Scharte; Slaya (mhd. slange) Schlange; Snabrn (mhd. snappen) schnappen; 
Snariy (mhd. snarchen) schnarchen; San (mhd. scharren) scharren; Sivalm 
(mhd. sivalicc) Schwalbe; sicadn (mhd. suarte) Schwarte; Sbana (mhd. 
spannen) spannen; Sdaya (mhd. stange) Stange; Sicaygy (mhd. swanken 
trans. »schwenken«) in der Bed.: ein Gefäß durch Schwenken in Wasser 


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14 


Haus Batz. 


ausspülen; Sdafl (mhd. Staffel) Staffel; dana (mhd. tanne) Tanne; daudsn 
(mhd. tanxen) tanzen; daschn (mhd. tasche) Tasche; wadsn (mhd. warxc) 
Warze. 

2. > ä in mhd. einsilbigen Wörtern, z. B. äx (mhd. ach) ach; äxt 

(mhd. ahtfe]) acht; alt (mhd. alt) alt; äst (mhd. <w/) Ast; bäx (mhd. bach) 

Bach; bälix (mhd. balc) Balg, ungezogenes JCind (vgl. § 44); däx (mhd. 

dach) Dach; dämpf (mhd. dampf) Dampf; däm (mhd. tarn) Damm; fäx 

(mhd. iach) Fach; fäl (mhd. val) Fall; f&ldS (mhd. falsch) falsch; fas (mhd. 

ra$) Faß; flägs (mhd. vlahs) Flachs; gänds (mhd. gans) Gans; gländs (mhd. 

glanx) Glanz; gsäy (mhd. ge-sanc) GesaDg; gSdäyk (mhd. ge-stanc) Gestank; 

* 

gSdält (mhd ge-slalt) Gestalt; geivalt (mhd. ge-ivalt) Gewalt; khält (mhd. kalt) 
kalt; khä, khäst (mhd. kan, kanst) kann, kannst; grämpf (mhd. krampf) 
Krampf; gräyk (mhd. kranc) krank; gränds (mhd. kränz) Kranz; länt (mhd. 
laut) Land; läuj (mhd. laue) lang; näixt (mhd. naht) Nacht; bläds (mhd. 
platx) Platz; säk (mhd. sac) Sack; sänt (mhd. sant) Sand; sänne (mhd. 
sarc(h)) Sarg; sänrf (mhd. schar(p)f) scharf; Smälds (mhd. smalx) Schmalz; 
sicäx (mhd. stvach) schwach; sic dm, (mhd. swam(p)) Schwamm; Sivands 
(mhd. sicanx) Schwanz; Stands (mhd. suarx) schwarz; Sdät (mhd stat) 
Stadt; uägs (mhd. wahs) Wachs; wilt (mhd. walt) Wald; was , mnst war, 
warst; ictnrm (mhd. warm) warm; wänrum (auch, besonders in der G-Ma, 
wäsrum) (mhd. war iirnbc) warum; 

aber auch in mehrsilbigen Wörtern, z. B. bäijget (mhd. banchart) 
Bankert; fäde (mhd. vater) Vater; harne (mhd. hamer) Hammer. 

Anm. 1. Mhd. halt halt (Adv.) behält den hellen «-Laut: halt. 

3. Gedehnt wird mhd. a teils a) in mhd. offener Silbe zu oo, z. B. oo (mhd. 

abc) ab; öohäua abhauen; roo herab; noo hinab; boodn (mhd. baden) baden; 

boode (mhd. badceie, bader) Bader; boos (neben bees § 49, 2) (mhd. base) 

% 

Base; foodn (mhd. vadem(e)) Faden; föosenäxt (mhd. vasenaht) Fastnacht; 
groom (mhd. graben und grabe) graben und Graben; groot (mhd. gerade) 
gerade; hoofm (mhd. hären) Hafen, Topf; hoos (mhd. hase) Hase; gloox 
(mhd. klage) Klage; gloog (mhd. klagen) klagen; loodu (mhd. laden) Laden; 
mooy (mhd. mage) Magen; mooln (mhd. mal(e)n) mahlen; nooivl (mhd. 
nabel) Nabel; noogl (mhd. nagel) Nagel; noosn (mhd. nase) Nase; sooy 
(mhd. sagen) sagen; Soom (mhd. schabe) Schabe; Soot (mhd. schade) schade; 
Soodn (mhd. schaden) schaden; slooy (mhd. slahen) schlagen; drooy (mhd. 
tragen) tragen; wooy (mhd. wagen) Wagen; woodn (mhd. wadc) Wade; 
dsooln (mhd. xal(e)n) zahlen; 

ebenso in geschlossener Silbe in mhd. einsilbigen Wörtern, z. B. 
boot (mhd. bat) Bad; gloos (mhd. glas) Glas; groos (mhd. gras) Gras; ic 
moox (mhd. ich mac) ich mag; root (mhd. rat) Rad; Sloox (mhd. slac) 
Schlag; Smool (mhd. smal) schmal; sboods (mhd. spax) Spatz; doox (mhd. 
tac) Tag; 

auch vor r, z. B. ooiS (mhd. ars) Arsch: oost (mhd. art) Art; hooil 
(mhd. hart) Bart; boo3 (mlul. bar und pdr) bar und paar, Paar; goos (mhd. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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gar) gar; woos (mhd. tcar(e)) Ware; dsooit (mhd. xart) zart; foom (mhd. 
var(e)n) fahren; sboosn (mhd. spar(e)ri) sparen; 

teils b) zu ad, z. B. dudl (mhd. adcl) Adel; ebenso äddl Adam; du 
(mhd. ane) an; fiäni (mhd. an-hin) fort, weg; ndä hinan; bau (mhd. 
ban(e)) Bahn; fääna (mhd. vane) Fahne; hädne (mhd. hau) Hahn (nur 
Faßhahn und Flintenhahn, sonst (= gallus): gööge); Mägl (mhd. Hagel) 
Hagel; häftwm (mhd. Haber(e)) Haber; lädm (mhd. lam) lahm; mäd (mhd. 
man) Mann; nädma (mhd. name) Name; raup (mhd. rabe) Rabe; sädl 
(mhd. sal) Saal; Swd&nai. (mhd. swane) Schwan; dääfl (mhd. tavel) Tafel; 
däfil (mhd. tal) Tal; ds&äl (mhd. xal) Zahl; dsudm (mhd. xam) zahm; dsuft 
(mhd. xan) Zahn. 

Anm. 2. In der G-Ma. werden auch noch einzelne Wörter ge¬ 
dehnt, die gemeinbambergisch kurz sind; so mit Ausfall des n und deut¬ 
licher Nasalierung: kaa n ds Hans; Swüd n ds Schwanz; ebenfalls mit Ausfall 
des n, aber (meist) ohne Nasalierung: güäs Gans; weiterhin z. B. boox 
Bach; dooxDach; foos Faß; .sooÄ* Sack; Moot Stadt; andere haben oo statt 
des gemeinbambergischen au, z. B. sool Saal; dool Tal; dsool Zahl usw. 

§ 43 A. Über die Qualität, die mhd. a in den vorausgehenden Bei¬ 
spielen annimmt, läßt sich soviel sagen: 

1. in mhd. einsilbigen Wörtern wird es, wenn nicht gedehnt, stets 
zu ft , gedehnt zu oo, vor Liquida und Nasalen zu du; 

2. in mhd. mehrsilbigen Wörtern wird es, wenn nicht gedehnt, zu 
a (ausgenommen sind nur bugget, ff de, Häme, s. § 43, 2 letzter Absatz), 
gedehnt zu oo und ft ft. 

§ 44. In kurzen, wenig betonten Silben und Wörtern wird mhd. a 
zu o, z. B. tcos (mhd. ica$) was (unbetont! betont ist es gedehnt: uoos , 
z. B. midivöos? womit? ueeceuvos? weswegen?); owe (mhd. aber) aber; 
olwe (mhd. alicvcre) albern. In derselben Weise werden auch einzelne 
Wörter verkürzt, wenn sie in Zusammensetzungen den Hauptton ver¬ 
lieren, z. B. bloosböltc (mhd. bläsebalc) Blasebalg; wlgslbölic (mhd. wf'hsel- 

balc) Wechselbalg; so wird doox in den Namen der Wochentage usw. 

* * 

verkürzt zu dox, z. B. mftndöx Montag; dfmesdöx Donnerstag; wprgedöx 
Werktag. Aus dieser unbetonten Stellung in Zusammensetzungen haben 
dann wohl einzelne Wörter das o erhalten, auch wenn sie allein stehen, 
z. B. §oln (mhd. schale) Schale etwa aus daiesöln Eierschale; boln (mhd. 
bal(le)) Ball etwa aus üögboln Kinderspielball zum Werfen (Schocken). 

§ 45. In unbetonter Silbe erscheint mhd. a 

1. als i in sbiilic (mhd. spiielach) Spülwasser (nach dem Spülen); 
in den Ortsnamen battnic Baunach; auric Aurach; iewzrte (neben eeicsrux) 
Ebrach (vgl. dazu die urkundlich belegte Schreibweise »Ewerig« und 
»Auerig< bei Ziegelhöfer und Hey, Die Ortsnamen des ehemaligen Hoch¬ 
stifts Bamberg (Bamberg 1911, S. 28 u. 44]), sowie in dem Ausruf mtti- 
Udi mein Lebtage; 


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16 


Hans Batz. 


2. als e in bayget (mhd. banchart) Bankert; khaSbe Kaspar; liisewet 
Elisabeth; mdiceret Margaret; dselöot Salat; fögediifes Vokativus (s. Wei¬ 
gand, Dtsch. Wb. s. v.); unter Verflüchtigung des n in Sdefesb&rw Stefans¬ 
berg; me (mhd. man) ist das unbetonte >man«. 

§ 46. 1. In beyk Bank (mhd. banc); he nt Hand (mhd. haut ); went 
Wand (mhd. want) ist der Umlaut aus den obl. Kas. in den Nom. Sing. 

eingedrungen; ähnlich wohl auch in Sendsn Weidenkorb (mhd. schanze). 

* 

2. Das Fremdwort Kamerad lautet: khvmeruot, Majoran: muserda 
(zu frz. mousseron). 

Mhd. e (Uralauts-e). 

§ 47. Mhd. e wird 1. zu e, z. B. bek (mhd. bccke) Bäcker; bese (mhd. 
beiger) besser; bet (mhd. bette) Bett; blegy (mhd. blecken) blecken; brena 
(mhd. brennen) brennen; degy (mhd. decken) decken; degy (mhd. decke) 
Decke; delc (mhd. decke) Zimmerdecke; fest (mhd. veste) fest; khena (mhd. 
kennen) kennen; khesdl (mhd. ke$$el) Kessel; rena (mhd. rennen) rennen; 
sein (mhd. schein) schälen; Seml (mhd. schcmel) Schemel; seygy ' (mhd. 
schenken) schenken; Seyk die Schenke (der Ort im Wirtshaus, wo das Faß 
liegt und das Bier ausgeschenkt wird); Sendn (mhd. sehenden) schimpfen 
= zanken, tadeln; Sdegy (mhd. stecken) stecken (trans., dagegen Sdegy 
intrans.); klein (mhd. stellen) stellen; klregy (mhd. strecken) strecken; 
Zclfm (mhd. schelf) Schelfe, Schale; wek (mhd. wecke) Wecken, gewöhn¬ 
lich Dimin.: wegla\ wedsn (mhd. wetzen) wetzen; 

2. gedehnt zu ee, z. B. breedsn (mhd. brexe) Brezel; deena (mhd. 
denen) dehnen; eesl (mhd. escl) Esel; leey (mhd. legen) legen; reedn (mhd. 
reden) reden; 

auch vor r, z. B. beet (mhd. ber) Beere (und Plur.); ees (mhd. eher, 
üher) Ähre; heeiriy (mbd. kenne) Hering; dentem ernähren (zu mhd. nern)\ 
weesn (mhd. wem) wehren; 

3. zu e, z. B. gredsn (mhd. kre$zp) Korb; redifc) (mhd. retich) Rettich 
(vgl. § 67 Anm. 1); dele (mhd. tellcr) Teller. 

Anm. 1. Ob mhd. e oder e vorlag, ist zweifelhaft in hegs (mhd. 
heese, heese) Hexe und hebm (mhd. heppe, heppe) Hippe, Sichelmesser. 

4. Vor und nach Labialen und Velaren > ö, z. B. Öpfl (mhd. epfel) 
Äpfel; hol (mhd. helle) Hölle; löfl (mhd. leffel) Löffel; läSn (mhd. leschen) 
löschen; Söpfm (mhd. schepfen) schöpfen; dswölf (mhd. xwclf) zwölf; auch 
gedehnt: gewoöna (mhd. gewenen) gewöhnen; Su'öüsn (mhd. swern) schwören. 

Anm. 2. Hier seien der Labialisierung wegen auch erwähnt wöln 
(mhd. wellen) wollen; lööp (mhd. lewe) Löwe (obl. Kas.: lööm), beide mit 
gebrochenem e. 

5. Vor r > £, z. B. ejrm (mhd. erben) erben; fejrm (mhd. ter wen) 
färben; g^rrm (mhd. gerwen) gerben. 

§ 48. Eine Umlautbildung, die jedoch nicht in der ganzen Aus¬ 
dehnung der Mundart durchgeführt ist. liegt vor in decc Plur. zu doox 


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Tag, daneben aber auch doox Tage, und in neema Plur. zu nüthna Name, 
daneben auch nääma Namen. 

§ 49. Mhd. e wird da, wo die uralautlose Form noch daneben be¬ 
steht oder empfunden wird, sowie da, wo in nachmhd. Zeit ä entstanden 
ist, 1. zu e, z. B. egt Äcker (zu mhd. acker); bledt Blätter, bledla Blättchen 
(auch für Zeitung, z. B. döoxblidla Tagblättchen) (zu mhd. blat ); decla. 
Dachlein (zu mhd. dach)] fese Fässer (zu mhd. ras); fegst Fechser (zu mhd. 
rahs); gesla Gäßlein (zu mhd. gas$e); khtdl und khtdela Kätchen (zu Katha¬ 
rina); grtfdi(c) kräftig (zu mhd. Kraft); mecdi(c) mächtig (zu mhd. mäht); 
nect Nächte (zu mhd. naht); sek Säcke, segla Säcklein (zu mhd. sac ); 
dtdSln leicht (liebkosend oder scherzend) schlagen (zu mhd. tatxe); 

auch gedehnt, z. B. heefela kleiner Topf (zu mhd. havcn); jtect Jäger 
(zu mhd. jagen); heefme Häfner, Töpfer (s. unten bei 2); 

Anm. Die G-Ma. bevorzugt hier die engen Laute, z. B. egt 
Äcker; gesla Gäßlein; nect Nächte; gedehnt: bleedla Blättchen (bes. in 
der Bedeutung: Zeitung); jeect Jäger. 

2. zu e, z. B. khelt (mhd. kelte) Kälte; gregk (mhd. krenke) Kränke: leg 
(mhd. lenge) Läoge; rempfdla (mhd. *renftelin ) Anschnitt eines Brotlaibes; 
denla Tännchen (zu mhd. tanne ); ice$ (mhd. wesche) Wäsche; 

auch gedehnt, z. B. beesla Bäschen (zu mhd. base) (davon wohl auch 
wieder bees neben boos, z. B. frä btes neben frä böos (§ 43, 3a); feeast 
(mhd. verst) fährst; greem Gräben (zu mhd. grabe); heefme Häfner, Töpfer 
(zu mhd. haven); greeg Krägen (zu mhd krage); leedn (Verkaufs- und 
Fenster-) Läden (zu mhd. lade, laden); neecala kleiner Nagel (zu mhd. 
nagel) (dagegen: neecala Nelke); reede Räder (zu mhd. rat); Sleec Schläge 
(zu mhd. slac); Sneewl Schnäbel (zu mhd. snabel); wceg Wägen (zu mhd. 
wagen), weecala kleiner Wagen; dsec (mhd. xene) Zähne; 

3. vor r zu £ ( + 3), z. B. earwet (mhd. erebeit) Arbeit; pnvedn ar¬ 
beiten; dqafst, dqaf darfst, darf (zu mhd. darft, darf); qarwesn (mhd. 
erwci$) Erbse; fqadi(c) (mhd. verlic) fertig; geadti Gärten, geadne Gärtner 
(zu mhd. garten); sdrank (mhd. sterke) Stärke. 

Mhd. e. 

§ 50. 1. Mhd. e > e, z. B. blec (mhd. blech) Blech; breeg (mhd. brechen) 
brechen; drtsn (mhd. dreschen) dreschen; dreh (mhd. drec) Dreck, Schmutz; 
dreget und dregi(c) dreckig, schmutzig; cs (mhd. e%) es; esn (mhd. essen) 
essen; feit (mhd. reit) Feld (Plur. in der G-Ma. feie Felder); fest (mhd. 
fest) Fest; fedsn (mhd. retxe) Fetzen: fiel: (mhd. vier) Fleck; fUdemaus 
(mhd. vledennus) Fledermaus; fr esn (mhd. vre's^en) fressen; gsedsn (mhd. 
gesessen) gesessen; heifin (mhd .helfen) helfen; hei (mhd. hei) hell; khele 
(mhd. heller) Keller; gledn (mhd. kielte) Klette; grebs (mhd. 1erehes) Krebs; 
Ukhuioj (mhd. kbekuoche) Lebkuchen; legg (mhd. kcken) lecken; lede (mhd. 
li’der) Leder; ledn (mhd. leite) Lette; mes (mhd. messe) Messe; mesna (mhd. 
messen) messen; nest (mhd. nest) Nest; bec (mhd. bech) Pech; pfefe (mhd. 

Zeitschrift für Deutsche MundRrtcn VII. 2 


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Hans Batz. 


pfeffer) Pfeffer; recy (mhd. rechen) Rechen; selwe (mhd. selp) selber; sicdseea 
(mhd. sehzehen) sechzehn, secdsifc) (mhd. sehzec) sechzig; Sein (mhd. schelle) 
Schelle (und schellen); Segi(c) und Segel (mhd. scheckeht) scheckig; Slecl 
(mhd. sieht) schlecht; Snek m. (mhd. snecke) Schnecke; hdaiSnek (mhd. höu- 
schrecke) Heuschrecke; Snepfm (mhd. snepfe) Schnepfe; Sdecy (mhd. stechen) 
stechen; Sdegy (mhd. stecke) Stecken; Sdeln (mhd. stein) stehlen; Smelm 
(mhd. smelehe, smilehe) Schmiele; wek (mhd. ivec) weg; weit (mhd. wer(e)lt) 
Welt; Swelk (mhd. welk) welk. 

2. Gedehnt > ee, z. B. beesn (mhd. beseme) Besen; beedn (mhd. beten) 
beten; breema (mhd. breme) Bremse, Stechfliege; feey (mhd. regen) fegen; 
flSederwüS (mhd. vlederwisch) Flederwisch; geem (mhd. geben) geben; geUey 
(mhd. gelegen) gelegen- leetn (mhd. leben) leben; leedi(c) (mhd. ledec) ledig; 
neema (mhd. nemen) nehmen; reef (mhd. ref) Traggestell, z. B. bröodrcef 
womit das Brot zum Backen getragen bzw. vom Bäcker geholt wird; 
rSefdröoxe fliegender Händler, der auf einem Traggestell allerhand Sachen 
feilhält; reey (mhd. regen) Regen; reeyn (mhd. regenen) regnen; seec (mhd. 
scge) Säge; seey (mhd. segen) Segen; dreef (mhd. tre'f) Treff; dreedn (mhd. 
treten) treten; weem (mhd. weben) weben; weec (mhd. toec) Weg; dseea 
(mhd. zehen) zehn; 

auch vor r, wenn gedehnt, > ee, z. B. bees (mhd. ber) Bär; gSiccci 
(mhd. gesur'r) Geschwür; heest (mhd. hert) Herd; wccs (mhd. wer) (betontes) 
wer; weest (mhd. wert) Wert; feessdn (mhd. vcrsen) Ferse. 

Anra. 1. In einzelnen Fällen gedehnt auch > ee, z. B. gSeey (mhd. 
geschehen) geschehen; leewen (mhd. lebere) Leber; reect (mhd. reht) recht, 
Recht; seey (mhd. sehen) sehen. 

Anm. 2. Die G-Ma. bietet teilweise gedehnte enge Formen, wo die 
gemeinbambergische Ma. e oder ee hat, z. B. dreck Dreck; fleek Fleck; 
reect recht, Recht 

Anm. 3. Mhd. he her > h^3 in nnsh^s Nußhäher. 

3. Sonst wird das kurze e vor r > f ( + ?), z. B. bqsric (mhd. bcrc) 
Berg; pdn (mhd. erde) Erde; gqsn (mhd. gerne) gern, lieb; Iqma, (mhd. 
lernen) lernen; Sprm (mhd. sc/nrhe) Scherben; Sdprm (mhd. stirben) sterben; 
Sdpn (mhd. stern) Stern; Sdesds (mhd. stcrx ) Sterz; nrsrik (mhd. werc) 
Werk; wqsn (mhd. werden) werden; dswejric (mhd. twcrc) Zwerg. 

Anm. 4. Mhd. werfen werfen > tcgsfm ; ebenso wird durch regres- 

* * * 

sive Assimilation ert zu ijsd in der Zusammensetzung gsdüpfl Erdäpfel 
(mhd. ertepfel) und auch im Sing.: Erdapfel. 

Anm. 5. Mhd. e ist erhalten in khcsn (mhd. kirren) und wqm (mhd. 
wirren), wo in der nhd. Schriftspr. i geworden ist: kirren (kreischen, 
schreien), wirren (stören). 

4. Mhd. e vor Nasalen > e, z. B. breya (mhd. Irrengen , bringen ) 
bringen; fensde (mhd. venster) Fenster; bendsl (mhd. bi : nsel, pensel) Pinsel; 
sempft (mhd. senef) Senf; scndsti (mhd. si’gense) Sense. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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§ 51. Folgende Wörter, in denen die Qualität des e-Lautes nicht 
ganz klar bzw. unregelmäßig ist (vgl. Paul, Mhd. Gramm. 6 § 43 Anm. 3), 
zeigen eine verschiedene Lautentwicklung, z. B. gesden (mhd. gester) gestern; 
Swesde (mhd. sivester) Schwester; aber: wesdn (mhd. westen) Westen (ebenso 
tvesdn = Weste); segs (mhd. sehs) sechs (aber secdseea [mhd. sehzehen] 
sechzehn!); secdsi(c) (mhd. sehzic) sechzig. 

§ 52. 1. In der G-Ma. lautet mhd. gelt: gilt Geld. Es liegt hier 
wohl zuerst Dehnung zu h (vgl. gii gehen; Sdii stehen [s. § 68 Anm. 1]) 
und dann Rückverkürzung vor. 

2. Zu mhd. zelte vgl. dseldla und dspndla leichtes Zuckerzeug, 
Zuckerplätzchen. 

Mhd. *. 

§ 53. 1. Mhd. * > i, z. B. bilt (mhd. bilde) Bild; bili(c) (mhd. billich) 
billig; fl na (mhd. rinden) finden; fiSn (mhd. rischen) fischen; ginnt (mhd. 
grint) Grind; gewina (mhd. gewinnen) gewinnen; geicist (mhd . gewist) ge¬ 
wußt; himl (mhd. himel) Himmel; khint (mhd. kint) Kind; khisdn (mhd. 
kiste) Kiste; khidl (mhd. leitet) Kittel; milic (mhd. milch) Milch; mit (mhd. 
mit) mit (unbetont, sonst gedehnt, vgl. unten 2); mit (mhd. mitte) Mitte; 
rindn und riygy (mhd. rinde) Rinde; Sigy (mhd. schicken) schicken; Sif 
(mhd. schif) Schiff; Sigln (mhd. schilhen) schielen; Simpfm (mhd. schimpfen) 
schimpfen, zanken; siya (mhd. singen) singen; sidsn (mhd. sitzen) sitzen; 
Sbina (mhd. spinnen) spinnen; ebenso Sbina (mhd. spinne) Spinne; Sbiln 
(mhd. spiln) spielen; Sbriya (mhd. springen) springen; Sdil (mhd. slil) Stiel; 
Sdim (mhd. stimme) Stimme; Sdrik (mhd. stric) Strick; dis (mhd. tisch) Tisch; 
fil (mhd. ril) viel; wide (mhd. wider) wieder; windn (mhd. winde) Winde; 
ivinde (mhd. winter) Winter. 

2. Gedehnt > ii, z. B. diic, miic (mhd. dich, mich) dich, mich, wenn 
besonders betont, sonst di(c), mi(c); giiwl (mhd. gibel) Giebel; gSniidn 
(mhd. gesniten) geschnitten; gädriidn (mhd. gestriten) gestritten; gwiis 
(mhd. gewis) gewiß; iigl (mhd. igel) Igel; khiids (mhd. Jcitze) Kitze; khiin 
(mhd. kinne, kin) Kinn; liiy (mhd. ligen) liegen; miist (mhd. inist) Mist; 
miit betontes »mit«; riis (mhd. rise) Riese; siis Schiß, Furz; Sliidn (mhd. 
slite) Schlitten; Sdiifl (mhd. stivel) Stiefel; fite (mhd. rihe, rieh) Vieh; wiiy 
(mhd. wige) Wiege; wiisn (mhd. wise) Wiese; dsii (mhd. zin) Zinn; dsiiglise 
Zinngießer; dsligräut Zinnkraut; dsügrüügla Zinnkrüglein; dswiifl (mhd. 
zwibolle, zwivcl) Zwiebel; dsuiisl (mhd. zwisel) Zwiesel, gabelförmiger Ast 

Anm. 1. Neben fiS (mhd. risch) Fisch; ris (mhd. ri§) Riß; Slids 
(mhd. sliz) Schlitz kommt auch (bes. in der G-Ma.) vor: fiiS, riis, Sliids, 
ebenso in der ganzen Ma. pfiif Pfiff in der Bedeutung: gemischtes Bier, 
halb Vollbier, halb Nachbier (gen. Heinslein: haandsla). 

3. a) Mhd. i vor r+ n>i ( + a), z. B. bian (mhd. bim, Plur. zu 
bire, bir) Birue(n); hisn (mhd. hirn) Hirn; Sdian (mhd. stim(e)) Stirn; 

Anm. 2. In dem betonten mir, dir > ii: mih, diia, sonst me, de 
(aus mcea, das). 

2 * 


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Hans Batz. 


b) vor r + Konsonant (außer n)> re (-fa), z. B. heviS (mhd. hir$) 
Hirsch; htest (mhd. hirte) Hirt; eesde (mhd. irdin) irden; khccsriy (mhd. 
kirche) Kirche; khteaSn (mhd. kirse) Kirsche; StPirni (mhd. schirm, scherm) 
Schirm; ic Sdcesrp (mhd. ich stirbe) ich sterbe; wen, wrnst, umt (mhd. 
ivirde, wir (de) st, wir (de) t) werde, wirst, wird; uvnt (mhd. wirt) Wirt; 
wdjdshäus Wirtshaus; 

c) vor rr>cece (-fa) in eptn (mhd. irre) irre; aenn (mhd. irren) 
irren (intr. und trans. = stören); gSrec ej (mhd. geschirrc) Geschirr. 

Anm. 3. Vereinzelt ist vor auch ein ü zu hören, z. B. frü§ 
(mhd. frisch) frisch, was wohl durch Analogie von toüSn u. ä. (§ 63) zu 
erklären ist 

§ 54. 1. Mhd. i in nebenbetonten Silben > i , z. B. esi(c) (mhd. ez$ieh) 
Essig: hooni(c) und haani(c), hööni(c) (mhd. honic, honec) Honig; heesriy 
(mhd. kenne) Hering; pfettig (mhd. pfenninc) Pfennig; redi(c) (mhd. relich) 
Rettich; 

2. in kurzen, unbetonten Wörtern > e, z. B. net (mhd. ni(h)t) nicht; 
negs (mhd. nihtes) nichts; 

> e in sen (mhd. eint) sind. 

Mhd.'o. 

§ 55. 1. Mhd. o > o, z. B. bok (mhd. boc) Bock; brogg (mhd. brocke) 
Brocken; doln (mhd. tolde) Dolde; drosl (mhd. droz,z,c(l)) Drossel, Kehle; 
froS (mhd. rrosch) Frosch; glodsn (mhd. glotxen) schauen; glogg (mhd. 
glocke) Glocke; goSn (mhd. gosche) Gosche, Maul; grop (mhd. grop) grob; 
kholfm (mhd. geholfen) geholfen; gSdoln (mhd. gestol(e)n) gestohlen; holn 
(mhd. holn) holen; holt (mhd. holder, holunder) Holunder (meist = Flieder); 
holds (mhd. holx) Holz; hopfrn (mhd. hopfe) Hopfen; glopfm (mhd. klopfen) 
klopfen; ggoxg (mhd. knoche) Knochen; khopf (mhd. köpf) Kopf; khox.g 
(mhd. kochen) kochen; lox (mhd. loch) Loch; logg (mhd. locken) locken; 
ogs (mhd. ohse) Ochse; ode, auch owe und ore (mhd. oder) oder; ofm 
(mhd. offen) offen; rok (mhd. roc) Rock; rods (mhd. rotx) Rotz; sogg (mhd. 
schocken) schocken: sogg (mhd. socke) Socken; sbot (mhd. spot) Spott; 
sdok (mhd. stock) Stock; sdolds (mhd. stolx) stolz; fol (mhd. vol) voll; 
wobt (mhd. wolle) Wolle. 

2. Gedehnt > oo, z. B. boodn (mhd. bodem) Boden; hoof (mhd. hnf) 
Hof; hoonifc) (mhd. honec) Honig; hoosn (mhd. hosc) Hose: a groowe ein 
grober; glootn (mhd. klobe) Kloben: ggoodn (mhd. kno/r) Knoten: ooftn 
(mhd. oven) Ofen; doot (mhd. tote) Pate; fongl (mhd. rogel) Vogel; woonn 
und wutitta (mhd wonen) wohnen; 

auch vor r, z. B. boom (mhd. hor(e)n) bohren. 

Anm. 1. In der G-Ma. wird dies gedehnte oo zu //>/, z. B. bttttdn 
Boden; « grumte ein grober; hnnf Hof; httusn Hose; dunt Pate, Ge¬ 
vatter (von den Gärtnern vielfach als Anrede gebraucht mit »Herr- und 
»Frau«: hedüut, frädünt auch an Fremde, wie das kaufende Publikum usw.). 


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Lautlehre der Bamberger Mundart 


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Es wird hier aber auch gedehnt, wo gemeinbambergisch o steht, 
z. B. khuupf Kopf; luux Loch; Sbuut Spott, z. B. SdndeSbüut Schand und 
Spott; dsuupf Zopf. 

Anm. 2. Rück Verkürzung ist in der G-Ma. eingetreten in hulds 
(<*hnulds, mhd. holx ) Holz; huln (<*huuln, mhd. holn) holen; Sdulds 
{< *Sduulds, mhd. stolx) stolz; ebenso in dem in der ganzen Ma. hei¬ 
mischen sultj, ( <*8UuIq, mhd. sol(c) Sohle). 

Anm. 3. Ähnlich ist wohl auch zu erklären das allgemein mund¬ 
artliche nux (mhd. noch) noch; »noch nicht« lautet nüxndt , nünet, aber 
auch nach Ausfall des x als offene Silbe empfunden und daher gedehnt 

(wegen des folgenden Nasals zu u<i): näänifx) und (mit Reduplikation) 
* 

nündani(c). 

Anm. 4. duusn (aus ndd. dose) Dose ist nach Analogie von huusn 
Hose auch in das Gemeinbambergische eingedrungen. 

3. Mhd. o wird in einzelnen Wörtern Ö, z. B. goh (mhd. goler, koller, 

Kollier) Rock, Jacke; högtj (mhd. hocken) hocken; khösdn (mhd. kosten) 

Kosten; oft (mhd. ofle) oft; sölst, sölt, söl sollst, sollt, soll; söln sollen; 

auch gedehnt > Öö, z. B. hööfl (neben hooivl) (mhd. hovel) Hobel, 

% 

besonders grduthööfl Krauthobel; höönifc) (mhd. honec) Honig (daneben 

auch hooni(c) und hääni(c))\ muösi(c) (mhd. mos) Moos; ööice, ÖöiveSt 

* 

(mhd. obere, oberest) obere, oberste; de bgadsööweSt der Alleroberste. 

4. Vor r > g (+a), z. B. bgarpj (mhd. borgen) borgen; dgaf (mhd. 
dorf) Dorf; dgan (mhd. dom) Dorn; dgat (mhd. dort) dort; gSdgarm (mhd. 
gestorben) gestorben; hgan (mhd. hom) Horn; khgarap (mhd. korp) Korb; 
khgan (mhd. kom) Korn; gygsds (mhd. knorx) Knorz; mpv'iy (mhd. morgen) 
morgen; Morgen nur in dem Gruß: güdmfirvj guten Morgen, sonst ist 
Morgen: früü, z. B. häidfrüü heute morgen; Sdgm (mhd. storre) Storren, 
Stumpf; Sdgaric (mhd. storch) Storch; dgsrgln (mhd. torkeln) taumeln; fgm 
(mhd. vorn) vorn; icgst (mhd. ivort) Wort; dsgan (mhd. xom) Zorn. 

Anm. 5. -dorf als Endung in Ortsnamen lautet auch -dgaf, z. B. 
mdmlsdraf Memmelsdorf; wdiyd'gaf Weichendorf. 

§ 56. Wo das Mhd. zwischen o und u schwankt, ist meist das 
letztere durchgedrungen, z. B. bus (mhd. bosch, busch) Busch; hnpfni 
(mhd. hopfen, hupfen, hüpfen [§ 64]) hüpfen; jubm (mhd ■ joppe, juppe) 
Jcppe, Rock; khuma (mhd. körnen, kumen) kommen: khumbenü (mhd. 
Kompanie, kumpanie) Kompagnie, Gesellschaft; khudl (mhd. kotel, kutel ) 
Gedärme, z. B. khudle Kut’tler; khüdlflik Kaldaunen; rupfm (mhd. ropfen, 
rupfen) rupfen; drugy (mhd. trocken, trucken) trocken; drudsn (mhd. 
trotxen, irutxen) trotzen; 

jedoch o in bolen (mhd. holderen, bnlderen) poltern, kullern, rollen; 
dgargln (mhd. torkeln zu turc) taumeln. 

Anm. 1. gsufm (mhd. gesoffen) gesoffen hat das u wohl nach 
Analogie von gstnima usw. (§ 60). 


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Hans Batz. 


Anra. 2. Neben gs khumt heißt es in der G-Ma. meist: n khümt 
er kommt (rahd. er kämt, ahd. kumit). 

§ 57. 1. In Fremdwörtern lautet das o ganz verschieden, z. B.: 

als o im Stamm: dögde Doktor, brofese Professor; 

als c in der Endung -or: dogde, brofese , sowie in unbetonter Silbe, 
z. B. äbedtey Apotheke; äpfegdat Advokat; khärmenäadla Karbonade; 

als u z. B. in khümblemmt Kompliment; khumöot Kommode; khumdet 
(mhd. komete) Komet, sowie in der Endung - os, z. B. rinöodserüs Rhi¬ 
nozeros ; 

als & in säldäAt Soldat. 

* * 

2. Mhd. von > fä von, defaa davon; mhd. donerstac > dägeS&tx 
Donnerstag. 

3. Mhd. briutegome > br&idixam wie in der Schriftsprache: Bräutigam. 

4. ode (mhd. otter) Otter; dasselbe mhd. otter liegt vor in aden, äd-en 
für Natter; der Übergang von o zu a {&) ist wohl durch das schrift¬ 
deutsche Natter bedingt. 

Mhd. ö. 

§ 58. 1. Mhd. ö > Ö, z. B. bök Böcke; frö& Frösche; glögla Glöck- 
lein; höldsla Hölzlein; gyöxla Knöchlein; gyöpf Knöpfe; khöxa Köchin; 
lchöpf Köpfe; löxe Löcher; rök Röcke; Sdök Stöcke; Sobs (mhd. schöpez) 
Schöps, Hammel. 

Anm. 1. Wo in der G-Ma. uu statt o steht, ist hier entsprechend 
üü eingetreten, z. B. khüüpf Köpfe; dsüüpf Zöpfe. 

2. Gedehnt > öö, z. B. gröödn (mhd. kröte) Kröte; möuxet (mhd. 
mähte) möchte; ööfm Öfen; ööl (mhd. ölfej) öl; föögl Vögel. 

Anm. 2. Das gemeinbambergische khööni(c) ist ein Zugeständnis 
an die Schriftsprache; die G-Ma. hat hier die lautgetreue Form: khüüni 
(mhd. kiinec ) (vgl. § 62, 2). 

3. Vor r > g (+*), z- B. dijife Dörfer; dfjme Dörner; hysne Hörner; 
khgsrp Körbe; w'gsde Wörter. 

Mhd. u. 

§ 59. 1. Mhd. u > w, z. B. bruna (mhd. brunne) Brunnen; bnindsn 

(mhd. brunxen < bninnexen) brunzen, harnen; brust (mhd. bmst) Brust; 
bugl (mhd. buckel) Buckel; bilden m. u. f. (mhd. buter(e)) Butter; gedült 
(mhd. gedult) Geduld; gfuna (mhd. gefunden) gefunden; gugy (mhd. gucken) 
gucken; hunt (mhd. hunt) Hund: hinge (mhd. hunger) Hunger; juy (mhd. 
june) jung; khundst (mhd. lcunst) Kunst; khupfe (mhd. kupfer) Kupfer; 
luft (mhd. luft) Luft; luya (mhd. hinge) Lunge; mu§l (mhd. viuschcl) 
Muschel; nus (mhd. nuz,) Nuß; Snupfm (mhd. smipfen) schnupfen: §us 
(mhd. schliß) Schuß; Hum (mhd. stube) Stube; Hup fl (mhd. stupfel) Stoppel; 
drum (mhd. drum) Trumm; dsuya (mhd. xungc) Zunge; 

auch vor r (durch Rückverkürzung, da sonst u vor r > p [s. unten 4]), 
z. B. busric (mhd. burc) Burg; diorc (mhd. durch) durch; dusst (mhd. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


\ 


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durst) Durst; khudds (mhd. kurx) kurz; Sdusrm (mhd. sturm) Sturm; dvarm 
(mhd. turn) Turm; tcuarm (mhd. wurm) Wurm; touadsl (mhd. Wurzel) 
Wurzel; wusSt (mhd. wurst) Wurst; 

daneben aber auch verschiedentlich: wgsrm Wurm; wgsSt Wurst; 
ivgadsl Wurzel (wie immer: wgsrme, wgarmla, wgsSt, wgssdla § 62, 3). 

Anm. Gelegentlich kommen bei einzelnen dieser Wörter auch 
die gedehnten Formen vor (besonders in der G-Ma.): wuuaSt Wurst; 
duuaSt Durst 

2. Gedehnt >uu, z. B . juuyt (mhd. jugent) Jugend; duuyt (mhd. 
tugent) Tugend; suudln (mhd. sudelen) sudeln; dsuux (mhd. xuc) Zug. 

3. In einzelnen Fällen wird mhd. u zu ?/, z. B. gülde (mhd. guldtn) 
golden; ündt untere; wüle (mhd. wullin, wülliri) wollen. Wie leicht 
ersichtlich, ist der Umlaut durch das in nächster oder übernächster Silbe 
folgende mhd. oder ahd. i bewirkt 

4. Mhd. u wird vor r gebrochen zu g (+a), z. B. bga$ (mhd. burse) 
Bursch; fgsds (mhd. vurx) Furz (gewöhnlich jedoch dafür Süs); Sngsn 
(zu mhd. snurre) Schnurrbart; bgadsln purzeln; gsSl Ursula. 

§ 60. Die mhd. Formen mit u sind vor Nasalen beibehalten, auch 
wo dies in der nhd. Schriftsprache zu o geworden ist, z. B. besüna (mhd. 
besunnen) besonnen; dunen (mhd. dunren) donnern; dünekhuil Donnerkeil; 
fr um (mhd. frum) fromm; gerüna (mhd. gerunnen) geronnen; gSwuma 
(mhd. geswummen) geschwommen; gSbuna (mhd. gespunnen) gesponnen; 
gewiina (mhd. gewunnen) gewonnen; khuma, khum, khumst, khumt (mhd. 
kumen, kume, kumest, kumet) kommen, gekommen, komme, kommst, 
kommt; nuna (mhd. nunne) Nonne; sume (mhd. sumer) Sommer; suu 
(mhd. swn) Sohn; suna (mhd. sunne) Sonne; suiuidx (mhd. suntac) Sonntag; 
sundst (mhd. sus(t), sunst) sonst; ümesündst (mhd. umb(e)sust) umsonst 
(doch vgl. § 64); druml (mhd. trumet) Trommel; drümbiedn (mhd. trumpet) 
Trompete. 

Entsprechend ist auch öfters ü statt ö eingetreten, z. B. frütne 
frömmer; süü Söhne. 

§ 61. In unbetonten Nachsilben wird mhd. u 

1. zu i in der Nachsilbe - unge , z. B. maaniy (mhd. meinunge) 

Meinung; sidsiy Sitzung; dsaidiy (mhd. xltunge) Zeitung; 

_ * 

2. zu e in dem Fremdwort breddäl brutal, protzig, patzig; 

3. zu 6 in der Endung -us, z. B. fugedtifes Vokativus; ridselesööl 
Rizinusöl; jeses Jesus (als Ausruf der Verwunderung usw.); glööices 
scherzhafte Bezeichnung für Kopf (= lat. globus). 

Anm. Über den Wechsel zwischen u und ü s. § 64. 

Mhd. ü. 

§ 62. 1. Mhd. ü > w, z. B. bügsn (mhd. biihsc) Büchse; büSl (mhd. 
büsckel) Büschel; biidne (mhd. biitencere) Büttner, Küfer; hünt Hunde 


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(Plur.); hündla Hündchen; khücy (mhd. küche ) Küche; khüml (mhd. Icüinel) 
Kümmel; khüsn (mhd. Liissen) küssen (dafür in der Vollmundart meist 
Smadsn (mhd. smatxen) zu Smads (mhd. smaix) Kuß; smtdsda Küßchen); 
grübl (mhd. krüppel) Krüppel; slüsl (mhd. slüz%el) Schlüssel; $üsl (mhd. 
schüfet) Schüssel; Sdüdsn (mhd. stützen) stützen; sünt (mhd. sünde) Sünde; 
dünicy (mhd. tünchen ) tünchen. 

2. Gedehnt > üü, z. ß. khüüwl (mhd. kübel ), Kübel; (in der G-Ma.) 
khüüni (mhd. künec ) König (§ 58 Anm. 2); lüüy (mhd. lüge) Lüge; müül 
(mhd. mül, müle) Mühle; brüügl (mhd. biOgel) Prügel; Süüdn (mhd. 
schüfen, Schütten) schütten; üüwl (mhd. übel) übel; üüwe (mhd. übe )•) 
über; rüüwe herüber; nüüwe hinüber; drüüwe drüber; hüiim herüben; 
drüüm drüben (neben hcem, dreem ); dsüüc (mhd. züge) Züge; 

auch vor r in mehrsilbigen Wörtern, z. B. Süüm (mhd. schür(e)n) 
schüren; Sbüüsn (mhd. spür(e)n) spüren; sdüüsn (mhd. stür(e)n) stochern. 

3. Mhd. ü vor r>(f(+s), z. B. bgsrce (mhd. bürgcere) Bürger; byarce- 
mdsde Bürgermeister; bfiSla Bürschlein; bysSdn (mhd. bürste) Bürste; 
dijifm (mhd. dürfen) dürfen (daneben aber meist dpfm)\ f'gsriy (mhd. 
vürhten) fürchten; jgiSt (mhd. vürstc) Fürst; ggsdl (mhd. gürtei) Gürtel; 
khgsrwes (mhd. hürbez,) Kürbis; khQsdse kürzer; mqrrsp (mhd. mürice) 
mürbe; Sdgsdsn (mhd. stürzen) stürzen; ebenso sdftdsn (mhd. stürze) 
Stürze, Topfdeckel; dgsrk Türke; fedysSdn verdürsten; fekhysdsn verkürzen; 
wqrrty (mhd. würgen) würgen; wysrme (mhd. wärme ) Würmer; tvijsst 
Würste; wfidsn (mhd. würzen) würzen; gewysds Gewürz; 

gedehnt zu öö in dööj (mhd. dürre) dürr. 

Anm. Mhd. vür wird unbetont fe, z. B. fedräipfeniy für 3 Pfennige; 
firanfgl für einen Nickel (10 Pfennig-Stück); dagegen ist füüs das be¬ 
tonte »vor« (mhd. vür), z. B. geespfüüs gehst du vor! 


§ 63. Mhd. ü ist erhalten, während im Nhd. i geworden ist, in 
khüs (mhd. küsse) Kissen; gümbl (mhd. gün/pel, gumpel) Gimpel, dummer 
Mensch; khüt (mhd. küte) Kitt; Sbrüdsn (mhd. sprützen) spritzen (und 
Spritze). 

Wo mhd. i und ü nebeneinander Vorkommen, hat sich ü durch¬ 
gesetzt, z. B. khüdsln (mhd. kiitzeln, kitzeln) kitzeln: wiiSn (mhd. wüschen, 

* * 

/rischen) wischen; deicüsn erwischen; feuüsn verwischen und erwischen, 
doch meist dsivise (mhd. zuüschen, zwischen) zwischen. 


§ 64. Bei Wechsel zwischen ü und u hat sich n durchgesetzt in 

bndn (mhd. bitte, biltte , * butte) Butte, Bütte; dttgsn (mhd. tiicken, tncken) 

ducken; hupf tu (mhd. hüpfen, hupfen, hopfen [vgl. § 56]) hüpfeu; hudsl 

(mhd. hützel, hutzel) getrocknete Birne; lugy (mhd. lücke, Zucke ) Lücke: 
* 

dsüalügy Zahnlücke; ntugy (mhd. mücke, mucke) Mücke; rugy (mhd. 
rücken, rucken) rücken; rudsn (mhd. rätschen, rutschen) rutschen; slupfm 
(mhd. slüpfen, slupfcn) schlüpfen: sttldsn (mhd. siil.e, sülze) Sülze: 
sdttpfln (mhd. stüpfeien, stupfeien) Ährenreste zusammenlesen, dann auch 


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euphemist. = stehlen, sowie = aus einzelnen Restchen zusammenflicken: 
dsäniMiipfln ; 

dagegen ü in drügy (mhd. drücken, drucken) drücken; güna (mild. 
günnen, gunnen) gönnen; Milk (mhd. stücke, stucke) Stück; sdüdsn (mild. 
* stütze, stutze) Gefäß aus Holz oder Blech in Form eines gestutzten 
Kegels. 

Wie im Mhd. kommen von umbe und ümbe die beiden Formen 

* 

vor: um und Um, rum und rüm herum; warriim und w&srüm warum; 
ebenso kommt zu mhd. ms, sünst sonst auch vor süst: ümesüst umsonst, 
neben sundst (§ 60). 

Mhd. brücke, brücke Brücke lautet meist brügy, und nur vereinzelt 
kommt brugy oder bmk vor (in der G-Ma.). 


2. Lange Vokale. 
Mhd. ä. 


§ 65. 1. Mhd. ä > oo, z. B. bloosn (mhd. blasen) blasen; broodn 

(mhd. bräten) braten und Braten; doo (mhd. dä) da; droot (mhd. drät) 

Draht; froox (mhd. wäge) Frage; frooy (mhd. trägen) fragen; joo (mhd. 

jä) ja; grooa (mhd. krä) Krähe; moos (mhd. mäz,) Maß (fern. ■= Liter; 

n. = Maß); mooln (mhd. mälen) malen, moole Maler; noox (mhd. näcb) 

% 

nach; proklitisch als Präposition ist es verkürzt, z. B. nox gduSdüt nach 
Gaustadt; ebenso in der Zusammensetzung verkürzt zu (ü) a in tidtxbe , 
naxbe (mhd. nächgebür) Nachbar; oone (mhd. äne) ohne; root (mhd. rät) 
Rat; roodn (mhd. rätcn) raten; soot (mhd. sät) Saat; Soof (mhd. schäf) Schaf; 
Sloof (mhd. sldf) Schlaf; sbroox (mhd. spräche) Sprache; sloot (mhd. slät) 
Schlot; Ünook (mhd. snäke) Schnake, Mücke; swooxe (mhd. swäger) Schwager; 
woox (mhd. wäge) Wage; für wooy (mhd. nagen) wagen ist mundartlich 
meist: sic draua ; 

auch vor schließendem r, z. B. gfoos (mhd. gevär) Gefahr; hoos (mhd. 
har) Haar; joos(m\iä.jär) Jahr; gloos (mhd. klär) klar; uoos (mhd. wär) wahr; 

ebenso in den Lehnwörtern dselöot (mhd. salät) Salat; sulduot Soldat 
(neben säldäät). 

2. > da, z. B. a<imt (mhd. äbent) Abend; ädden (mhd. äder) Ader; 
* * 

aldanna Altane; aadn (mhd. ätem, dien) Atem; dugäädn (mhd. ducätc) 
Dukaten; gyddt (mhd. genäde) Gnade; grddf (mhd. gräte) Graf; khanaal 
(mhd. kanäl ) Kanal; Unix (mhd. läge) Lage; nunint (mhd. mäne) Mond; 
mannet (mhd. mänöt) Monat; gnääl (mhd. quäl) Qual; gwäadm (mhd. 
quäder) Quader; sddma (mhd. sä nie) Same; $bdd (mhd. span) Span; Sbinaat 


(mhd. spinnt) Spinat; sbidddl (mhd. spitäil) Spital; sddal (mhd. stäl) Stahl; 
sdrääl (mhd. stral) Strahl; üuflaui (mhd. unrlät) Unflat. 


Anm. Die G-Ma. hat auch in diesen Füllen öfters oo statt da , 
z. B. groof Graf; sooma Same; sbiduol Spital; Mlool Stahl. 

3. Mhd. ä(w)>au, z. B. blaue (mhd. bläuet) blauer; graue (mhd. 
(gräwer) grauer. 


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Hans Batz. 


4. Umlaut ist eingetreten in eemedsn (mhd. &mei$e) Ameise. 

5. Mhd. d ist verkürzt: a) zu a in jame (mhd. jämer) Jammer; glafde 
(mhd. kläftcr) Klafter; 

b) zu o in host, hot (mhd. hdst, hdt) hast, hat; losn (mhd. la%en) 
lassen; mol (mhd. mdl) mal, z. B. damöl einmal usw.; Soln (mhd. schale) 

(Trink-) Schale, Tasse; 

• * / 

c) zu ä in brämbees (mhd. brdmber) Brombeere (neben brömbees, 

* 

wohl aus der Schriftsprache); ddxt (mhd. tdht) Docht; mändöx (mhd. 
mdntac) Montag; Sdräs (mhd. strafe) Straße. 

* 

6. Mhd. wa wo > wuu, unbetont wu , umnää wohin? 

§ 66. Unbetontes d wird e in grumet (mhd. gruonmdt ) Grummet; 
hairet (mhd. htrdt) Heirat; haien (mhd. hirdten) heiraten (auch hairedn). 


Mhd. ee. 

§ 67. 1. Mhd. ee > ee, z. B. feeln (mhd. rcelen) fehlen; gyudi(c) gnädig; 

2. > ee, z. B. dreea (mhd. dreejen) drehen; heesla (mhd. heerlin) Här¬ 
chen; jeesla Jährchen; khees (mhd. kiese) Käse; greeme (mhd. kreemer) 
Krämer; lees (mhd. leere) leer; meea (mhd. mojen) mähen; neea (mhd. 
nagen) nähen; seea (mhd. sagen) säen; Sees (mhd. schiere) Schere; Seefe 
(mhd. schiefer) Schäfer; Sbee (mhd. spiene) Späne; Sbeet (mhd. späte) spät; 
ifwees (mhd. sweere) schwer; seelic (mhd. scelec) selig. 

3. Mhd. ee ist verkürzt und labialisiert zu ö in Slöfst, SlÖft (neben 
sie ft) (mhd. slcefest, slcefet neben släfest, sldfet) schläfst, schläft; 

verkürzt vor r>q in robpn < *roodbpn (mhd. radebiere) Radkarre, 
Schubkarre mit Kasten. 

Mhd. e. 

§ 68. 1. Mhd. e>ee, z. B. eewi(c) (mhd. ewic) ewig; gee (mhd. gen) 
gehen; glee (mhd. kle) Klee; beede Peter; Slcea (mhd. siehe) Schlehe; snee 
(mhd. sne) Schnee; seel (mhd. se'le) Seele; Sdee (mhd. sten) stehen; dseea 
(mhd. xe, xehe) Zehe; 

auch vor r, z. B. ee? (mhd. ere) Ehre; m ces (mhd. mer) mehr. 

Anm. Die G-Ma. hat für dieses ee häufig, jedoch nicht in allen 
Wörtern, «, z. B. gii gehen; giist gehst; siil Seele; sdü stehen. 

2. Mhd. e wird verkürzt: a) zu e in beddn (mhd. pcicrlin) Petersilie; 
weg (mhd. irenic) wenig. 

b) vor r: er) zu {>, z. B . l^srnj (mhd. lerche) Lerche; hp (mhd. kirre) 
Herr, ß) zu z. B. (Jed (mhd. erste) erste. 


Mhd. i. 

§ 69. 1. Mhd. / > «/, z. B. bat (mhd. bi) bei; baict (mhd. bihte) 

Beichte; bail (mhd. bil < bihel) Beil (Dimin. brsdla (mhd. *bertelin zu 
barte); baisn (tnhd biz,cn) beißen; bla im (mhd. bei i beit) bleiben; daiysf (mhd. 
dihsel) Deichsel; drdisi(c), drdidseca (mhd. drixer, driu'hcn) 30, 13: mai, 


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dai , sai (rahd. min, din, sin) mein, dein, sein; statt ailn (mhd. ilen) eilen 
stets: sic Sigij; ais (mhd. is) Eis; aisn (mhd. isen) Eisen; fail (mhd. vile) 
Feile; fraili(c) (mhd. vriliche) freilich; frdidöx (mhd. vritac) Freitag; gSait 
(mhd. geschide) gescheit; glai (mhd. geliche) gleich; graina (rahd. grtnen ) 
greinen, weinen; graidn (mhd. kride) Kreide; laic(t) (mhd. lieh, liehe ) Leiche; 
laim (mhd. lim ) Leim; laidn (mhd. lile) Abhang, in Flurnamen, z. B. 
bandseldidn Panzerleite; raim (mhd. riben) reiben; raif (mhd. rife) reif 
wird gewöhnlich durch dsaidi(c) (mhd. zitec) ersetzt; raisn (mhd. ri$eri) 
reißen; raidn (mhd. riten) reiten; Saim (mhd. schibe) Scheibe; i Haien (mhd. 
sitzen) schleißen; Smaisn (mhd . smt$en) schmeißen; Sraim (mhd . schriben) 
schreiben; Sraine (mhd. schriller) Tischler, Schreiner; saict (mhd. sihte) 
seicht; saidn (mhd. stde ) Seide; saidla und saila (mhd. sidelin) Seidel 
(V, 1); saidn (mhd. sile) Seite; Sait (mhd. schit) Scheit; Sdraiy (mhd. 
strichen) streichen; faicala (mhd. vijelin) Veilchen; waip (mhd. ivip) Weib, 
tvdisblll Weibsbild; waigsl (mhd. tvihsel) Weichsel; waidn (mhd. wide) 
Weide; wai (mhd. wiri) Wein; waisn (mhd. wisen) weisen, zeigen; waisn 
(mhd. wissen) weißen, tünchen; dsait (mhd. ztt) Zeit 

2) Gedehnt, wenn i im Auslaut, vor Vokal, h oder w steht, > aai, 

z. B. blaai (mhd. bli ) Blei; braai (mhd. bri) Brei; draai (mhd. dri) drei; 

geddaia (mhd. gedihen) gedeihen; gaaie (mhd. gtr) Geier; fraai (mhd. 

vri) frei; gewaai (mhd. gewthe) Geweih; glaaia (mhd. klie) Kleie; laaia 

(mhd . lihen) leihen; baddai (mhd. partie) Partei; raaia (mhd. rthe) Reihe; 

sraaia (mhd. schrien) schreien; saaia (mhd. sihen) seihen; Snaaia (mhd. 

snten) schneien; Sbaaia (mhd . spt(w)en) speien; fedsdaia (mhd. verxihen) 

verzeihen; waaia (mhd. wthen) weihen; waaie (mhd. wtiver) Weiher. 

* 

3) > äi in gräifm (mhd. grifen) greifen; begräifm begreifen; pfäifm 
(mhd. pfiferi) pfeifen; Sdaif (mhd. stif) steif; teilweise auch raidn reiten 
und räide Reiter; Säim Scheibe. 

4) > aa in Slaafm (mhd. sltfen) schleifen intr. (wohl nach Slaafm 
trans. [mhd. steifen]): dsaal (neben dsail) (mhd. zile) Zeile und khaal 
(neben khail) Keil (mhd. kil) wohl erst nach der nhd. Form nach Analogie 
anderer-Wörter mit mhd. ei! 

5) Mhd. i wird verkürzt: a) zu a in wal (neben wel) (zu mhd. teile) 
weil, a wala ein Weilchen; dlaicäl allweil, immer; 

b) zu e in hiebst , hiebt; redst, ret; krebst, Srebt; drehst dreht (mhd. 
belibest, belibet; ritest, rttet; schribest, schribet; trtbest, tribei) bleibst, 
bleibt; reitest, reitet; schreibst, schreibt; treibst, treibt (neben den be¬ 
tonten: blaibst, blaibt; raidst, rait; Sraibst, sraibt; draibst, draibt). 

§ 70. 1. Mhd.« in unbetonter Nachsilbe >i, z. B. bili(c) (mhd. billich) 
billig' frailifc) (mhd. vriltche) freilich; hdmli(c) (mhd. heimliche) heimlich; 

> e in hoxdset (mhd. höchgczit) Hochzeit. 

Mhd. Ö. 

§ 71. 1. Mhd. ö > oo, z. B. broot (mhd. bröt) Brot; floo (mhd. t loch) 

Floh; groos (mhd. gröz,) groß; hoox (mhd. hoch) hoch; gloos (mhd. kl uz) 


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Hans Batz. 


Kloß; gloosde (mhd. klöster) Kloster; loos (mhd. lös) los; oosden (mhd. 
Ostern) Ostern; roosn (mhd. rOse) Rose; root (mhd. rot) rot; Sdoosn (mhd. 
stöben) stoßen; Sdroo (mhd. strö) Stroh; doot (mhd. tot) tot; droost (mhd. 
tröst) Trost; frändshöos (mhd. FranxOse) Franzose; 

auch vor r, z. B. oos (mhd. dre) Ohr; roo3 (mhd. rör) Rohr. 

Anm. Die G-Ma. hat für dieses oo großenteils uu , z. B. yruns 
groß; huux hoch; luus los; ruut rot; frändshüus Franzose (daher dann 
auch frändsüüS französisch). 

2. < öö in flöös auch Sing. (mhd. vlö%) Floß; khÖÖl (mhd. köl, md. 
kiel, kiele ) Kohl; Söös (mhd. schöz) auch Sing. Schoß; auch neben gloos 
kommt schon im Sing, glüös vor. 

3. Vor Nasalen > ää in läd (mhd. Ion) Lohn; gruäna (mhd. kröne) 
Krone; Mtlna (neben Soona) (mhd. schönen) schonen; ddä (mhd. dm) Ton. 

4. Verkürzt: a) vor Nasalen zu ä in Sä (mhd. schöne) schon; bäna 
(mhd. hone) Bohne; 

b) u. gebrochen zu p (+a) vor r in hgsrty (mhd. horchen) horchen; 
mgsla (Dimin. zu mhd. mör Mohr) Mohrchen (Hundename); 

c) in unbetonter Silbe zu e in haamet (mhd. heirnöt, heimuote) Heimat; 
mannet (mhd. mänöt) Monat; 

d) zu o in ambos (mhd. anebö$) Amboß. 

Mhd. Ce. 

§ 72. 1. Mhd. Ce > öö, z. B. boös (mhd. biese) böse; flöö Flöhe; löödn 
(mhd. Übten) löten; lööde Lötfeige, lahmer Mensch; nöödi(c) nötig; röösla 
Röslein; Söö (mhd. schöne) schön; dröösdn (mhd. irveslcn) trösten; dröosde 
Tröster; 

Anm. öö steht auch in dem Fuhrmannsruf oöha (oder ooha) halt! 

2. auch vor r > öö, z. B. höösn (mhd. Zurren) hören; öö3 (mhd. irre) 
Öhr; röösn (mhd. riere) Röhre. 

3. Verkürzt zu ö, z. B. gross (mhd. grä-zer) größer; grast (mhd. 
gnbzest) größte; rösdn (mhd. rCvsten) rösten; so ne, solidst und säst schöner 
und schönste; 

vor r zu p (+3) in hg3st hörst (fragend: hasst? hörst du?, sonst: du 
höösst). 

Mhd. Ci. 

§ 73. 1. Mhd. Ci > ou, z. B. auf (mhd. Cif ) auf; aus (mhd. Ciz) aus; 
baue (mhd. gebür) Bauer; baua (mhd. biticen) bauen; brauy (mhd. brCichen) 
brauchen; braut (mhd. brCit) Braut; daiinia (mhd. diimc) Daumen; daueii 
(mhd. düren) dauern; gaul (mhd. gttl) Gaul; häuf in (mhd. hCtfe) Haufen 
neben hiifdn (mhd. houfc) (s. § 83, 2b); graut (mhd. krüt) Kraut; lauen 
(mlid. ICiren) lauern, daneben aber lauen = lauschen, die Ohren spitzen; 
inanen (mhd. rniire) Mauer; maul (mhd. inCil) Maul; niaiit (mhd. wut) Maut: 
blauden (mhd. pludern) plaudern; iansu (mhd. laschen) lauschen; sau (mhd. 
sn) Sau; sanfm (mhd. süfen) saufen; sauf! (mhd. schCccf) Schaufel: srauiu 


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(mhd. schrübe) Schraube; sdauxe ra. (mhd. stücke f.) Pulswärmer; Sdaudn 
(mhd. stüde) Staude; daum (mhd. tübe) Taube; draum (mhd. trübe) Traube; 
draua (mhd. trüweri) trauen; dsau (mhd. xün) Zaun; dsausn (mhd. xüsen) 
zausen. 

2. Umgelautet ist mhd. ü in mdiere (mhd. mürbere) Maurer. 

3. Verkürzt zu ä in d&ma neben dauma (s. unter 1) (mhd. düme) 
Daumen; bpsdsdumen'igl ganz kleiner Junge (»Däumling«); 

zu a in folget (mhd. vülkeit) Faulheit. 

4. Nicht diphthongiert ist mhd. ü in dem Fremdwort nadüna (mhd. 
natüre) Natur und dem spätmhd. üre : um Uhr. 

Anm. Zeitbezeichnungen wie 3 Uhr, 11 Uhr lauten draaia, Ufa ; da 
nun bei Zahlen in der Ma. niemals wie in anderen irgend ein Suffix 
wie -i oder -e o. ä. angehängt wird, so ist das a bei diesen Zeitbezeich- 
nungen kaum anders zu erklären denn als starke Schwächung des »Uhr«. 

Umlaut von mhd. ü. 

§ 74. Dieser lautet ui, z. B. b&ic Bäuche; fäist Fäuste; gäil Gäule; 
häise Häuser; Mit Häute; läis Läuse; mäile Mäuler; mäis Mäuse; säi 
Säue; Sluic Schläuche; Sdräis Sträuße; dräiwl (zu draum, mhd. trübe) 
Träubchen, Traube; dsäi Zäune. 

Mhd. iu. 

Es ist hier (außer dem in § 74 behandelten Umlaut von mhd. ü) 
sowohl das mhd. unumgelautete iu als auch das umgelautete ahd. iu zu¬ 
sammengenommen. 

§ 75. 1. Mhd. iu > ui, z. B. builn (mhd. bi ule) Beule; buidl (mhd. 

* 

biutel) Beutel; bruidicüm (mhd. briutcgome) Bräutigam; duidn (mhd. diutcn) 
deuten; die (mhd. iuch) euch; uie (mhd. iuiver) euer; ui ln (mhd. iule) Eule; 
aide (mhd. iuter ) Euter; fäie (mhd. viur) Feuer; üjger&iS (mhd. (in-)ge- 
riusche) Eingeweide; hdie (mhd. hiure) heuer; Miln (mhd. hiulen) heulen; 
Mit (mhd. hiute) heute; gyuil (mhd. kniuwel) Knäuel; luiedn (mhd. linkten) 
leuchten; luidn (mhd. lüden) läuten; näi (mhd. niun) neun; ruisn (mhd. 
riusc) Reuse; säien (mhd. schiure) Scheuer; Snuidsn (mhd. sniuxen) schneu¬ 
zen; suifdsn (mhd. siufxen) seufzen; Sbruidsn (mhd. spriuxen) spreizen; 
sdiiie (mhd. stiure) Steuer; ddie (mhd. tiure) teuer. 

2. Gedehnt > äui (vor w), z. B. bluuia (mhd. bliuu-en) bläuen; bruuia 
(mhd. briuwen) brauen; bruäis (mhd. briuwer) Brauer; khuuia (mhd. kiu- 
wen) kauen; nüm (mhd. niuwe) neu. 

Anm. 1. Mhd. iu ist verkürzt zu e in es let es läutet, z. B. in der 

häufig als besonders charakteristisch für die Ma. angeführten Redensart: 

dom dum leds droben (im) Dora läutet es; sonst aber gewöhnlich: es luit 

\ 

es läutet; es högeluit es hat geläutet, neben dem starken gelldn geläutet. 

Anm. 2. Mit dem Stande scheint auch das Wort untergegangen zu 
sein, das noch vor einigen Jahrzehnten für solche Schuster gebräuchlich 
war, die keine neuen Schuhe machen, sondern nur alte flicken durften: 


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30 


Haas Batz. 


\ % % 
öldräis (mhd. altriu^e) ; nur noch sehr selten wird öldruis oder üldrdis 

gesagt für: ungeschickter, ungeschlachter Mensch. 

§ 76. Das mhd. -tu der Endung im Fern. Sing, und Neutr. Plur. 
der Adjektiva ist durchgängig zu -a geworden. 

3. Diphthonge. 

Mhd. ie. 

§77. 1. Mhd. ie > ii, z. B. biitj (mhd. biegen) biegen; briif (mhd. 
trief) Brief; diip (mhd. diep) Dieb; diina (mhd. dienen) dienen; fiitce 
(mhd. vieber) Fieber; giisn (mhd. gieren) gießen; griifm (mhd. griebe und 
griefe) öriebe; griis (mhd. griez,) Gries; khii (mhd. Wen) Kien; liim (mhd. 
lieben) lieben, dafür meist gpn häm gern haben; litt (mhd. lief) Lied; 
miidn (mhd. mieten) mieten; niisn (mhd. niesen) niesen; griiy (mhd. 
kriechen) kriechen; griiy (mhd. kriegen) kriegen, bekommen; griic (mhd. 
kriec) Krieg; riiy (mhd. riechen) riechen; Siim (mhd. schieben) schieben: 
Siisn (mhd. schienen) schießen; siidn (mhd. sieden) sieden; Siif (mhd. schief) 
schief; $biigl (mhd. Spiegel) Spiegel; Sdiiy (mhd. stiege) Stiege; diif (mhd. 
tief) tief; dsiigl (mhd. xiegel) Ziegel; dsiiy (mhd. xieche) Bettbezug und 
mhd. ziehen ziehen; 

auch vor r, z. B. bin (mhd. hier) Bier; hin (mhd. hier) hier; niisn 
(mhd. niere) Niere; fiü (mhd. vier) vier, aber: fc sdseea 14; fcesdsi(c) 40; 
a fcesdda ein Viertel; driiifcesdlaufijmpfa 3 / 4 5 Uhr. 

2. Mhd. ie wird wie in der nhd. Schriftsprache zu iiii in lüüy 
(mhd. liegen) lügen; bedrüüy (mhd. betriegen) betrügen. 

3. Verkürzt > i, z. B. dinst (mhd. dienest) Dienst; dinsdox Dienstag, 
aber: diinst, diint (mhd. dienest, dienet) dienst, dient; ficdn (mhd. richte) 
Fichte; hifdn (mhd. hiefe) Hagebutte, Frucht der wilden Rose; lict (mhd. 
lieht) Licht; 

> e in eds, edset (mhd. iexe) jetzt; 

> re vor r -f- Kons, in mcsrceds (mhd. nicrgen) nirgends; fccsdseea 
14 usw. (s. oben unter 1). 

Mhd. uo. 

§ 78. 1. Mhd. no > uu, z. B. bluul (mhd. bluot ) Blut; brunde (mhd. 
bruoder) Bruder; bun (mhd.W<o6e) Bube, Junge; bnuy (mhd .buoche) Buche; 
fnus (mhd. fuoz,) Fuß; fluuy (mhd. rlnochcn) fluchen; guut (mhd. guot) gut; 
gruus (mhd. gmoz,) Gruß; huut (mhd. huot) Hut; grwix (mhd. kruoc) Krug; 
khuuy (mhd. kuoche) Kuchen; Inude (mhd. luoder) Luder; pfluux (mhd. 
pfluvc) Pflug; mu (mhd. ruoive) Ruhe; runi(c) (mhd. ruoivic) ruhig; Sun 
(mhd. schuoch) Schuh; suul (mhd. schnole) Schule; sduul (mhd. stnol) Stuhl; 
suuy (mhd. suochen) suchen; wuut (mhd. wuot) Wut; 

auch vor r, z. B. flum (mhd. rlnor) Flur; hum (mhd. huore) Hure; 
snum (mhd. snuar) Schnur. 

Anm. hendsi(r) (mhd. h an heb noch) Handschuh. 



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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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2. Verkürzt: a) > u, z. B. bluma (mhd. bluonie) Blume; bux (mhd. 
buoch) Buch; fude (mhd. fuoter) Futter; genüz (mhd. genuoc) genug; grum 
(mhd. gruobe) Grube; grumet (mhd. gruonmdt) Grummet; husdn (mhd. 
buostefn)) Husten und husten; müde (mure) (mhd. muoter ) Mutter; rum 
(mhd. ruobe) Rübe; Susde (mhd. schuoch - süt^re) Schuster; dux (mhd. tuoch) 
Tuch, daneben aber auch duux\ dsu (mhd. zuö) zu; zu — lat. nimis ist 
dse (mhd. xe); 

b) > ä in dam (mhd. tuom) Dom; in der G-Ma. dum Dom. 

§79. Mhd. tuon tun>ck/d; du, dust, dul (mhd. tuoti, iuost, tuot) 
tue, tust, tut. 

Mhd. üe. 

§80. 1. Mhd. üe > üü, z. B. bliiüa (mhd. blüejeh) blühen; brüii 
(mhd. briieje) Brühe; brüüdn (mhd. briieien) brüten; früii (mhd. vriieje) 

9 

früh; füüs (mhd. viie$e) Füße; gemüüs (mhd. gemüese) Gemüse; grüü (mhd. 
grüene) grün; grüiisn (mhd. grüe$en) grüßen, aber verkürzt: griis göt Grüß 
Gott!; hüiidn (mhd. hüetcn) hüten; müüt (mhd. müede) müde; Sdüül (mhd. 
stiiele) Stühle; süüs (mhd. süe^e) süß: drüiip und drüii (mhd. trüebe) trübe; 
u'iiüln (mhd. tvüeleri) wühlen; düügla Tüchlein; 

auch vor r, z. B. fiiüsn (mhd. vücren) führen. 

2. Verkürzt: a) >ü, z. B. blümla (mhd. blüemelin) Blümlein; büce 
(mhd. büccher) Bücher; hü ne (mhd. hüener) Hühner; müsn (mhd. müez,en) 

9 * 

müssen; gemüst (mhd. gemüe$ei) gemußt; gebriit gebrütet; khüt gehütet; 

9 

geivüt gewütet; nücden (mhd. nüehter) nüchtern; Sbüln (mhd. spüelcn) 
spülen; Sbüli(c) (mhd. spüelach) Spülwasser nach dem Spülen; 

9 

b) vor r > p (-f 3) in nijimbforte (mhd. Niierenberc ) Nürnberg. 

Mhd. ei. 

§81. 1. Mhd. ei>aa , z. B. baa (mhd. bein) Bein; baadsn (mhd. 
beizen) beizen; braat (mhd. breit) breit; aane einer; dafildi(c) (mhd. ein- 
veltec) einfältig; aandsbi (mhd. cinzel) einzeln; aandsifc) (mhd. einzec) 
einzig; aay (mhd. eich) Eiche; aagl (mhd. eichel) Eichel; äaxhfydn (mhd. 
eichorn) Eichhorn; aame (mhd. eimber) Eimer; faal (mhd. veile) feil; flaaS 
(mhd. vleisch) Fleisch; gaafe (mhd. geifer) Geifer; gaas (mhd. gei$) Geiß; 
gemda (mhd. gemeine) Gemeinde; gSmaas (mhd. gesmei^c) Geschmeiß; geldas 
(mhd. geieise) Geleise; haat (mhd. beide) Heide; haaln (mhd. heilen) heilen; 
haam (mhd. heim) heim; haamet (mhd. heimöt) Heimat; huas (mhd. hei%) 
heiß; haase (mhd. heis, heiser) heiser; haasti (mhd. heilen) heißen; glaat 
(mhd. kleit) Kleid; graas (mhd. krei$) Kreis; laap (mhd. leip) Laib; laama 
(mhd. leime) Lehm; laana (mhd. leinen) lehnen (trans. und intrans.); laast 
(mhd. leist) Leist; maana (mhd. meinen) meinen; maasl (mhd. meiz,el) Meißel; 
maa Main; naa (mhd. nein) nein; raaf (mhd. reif) Reif(en); raas (mhd. 
reise) Reise; saatj (mhd. seichen) seichen; saadn (mhd. seife) Saite; ffaadn 
(mhd. scheide) Scheide; Saadl (mhd. scheitet) Scheitel; Slaafm (mhd. sleifen) 
schleifen; Swaas (mhd. swei$) Schweiß; saal (mhd. seil) Seil; Sdraax (mhd. 


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Haus Batz. 


streich) Streich; sdraafm (rahd. streife ) Streifen; Sdraama (mhd. streime ) 
Striemen; sdaa (mhd. stein) Stein; daak und daax (mhd. teic) Teig; daal 
(mhd. teil) Teil; ivaax (mhd. weich) weich; icwdas (mhd. ich weiz,) ich 
weiß; dswaa (mhd. zwei) zwei, daneben auch dswee und dsivuu (mhd. 
zwene und xivö), aber unterschiedslos bei allen Geschlechtern gebraucht. 

2. Verkürzt > a, z. B. a (mhd. ein) ein als unbest Artikel; amöl 
einmal; hadsn (mhd. heizen) heizen; kha (mhd. kein) kein, khane keiner; 
niasde (mhd. meister) Meister; wast (mhd. weist) weißt; dswandsi(c) (mhd. 
ziveinzec) zwanzig. 

3. Auch mhd. ei aus -agi-, -egi- > aa , z. B. maat (mhd. meit) Magd; 
maadla (mhd. meitlin) Mädchen (auch maala ); gedrdat (mhd. getregede, 
getreide) Getreide. 

4. Mhd. eij (eig) > dai, z. B. dai (mhd. ei(g)) Ei; daie (mhd. eiger) 
Eier; mdai (mhd. meije) Mai; mdaia Maibaum. 

5. Durch Übernahme aus der Schriftsprache oder Halbmundart ist 
zu erklären das ai in aiy (mhd. eigen) eigen; aide (mhd. eiter) Eiter, 
dafür gewöhnlich madteri »Materie«; beldiditj (mhd. beleidigen) belei¬ 
digen; haili{c) (mhd. heil ec) heilig; khaise (mhd. heiser) Kaiser; Sldait 
(mhd. sleier) Schleier; Smaigln (mhd. smeicheln) schmeicheln; Sbaigl (mhd. 
epcichel) Speichel; dsaiy (mhd. zeigen) zeigen, dafür fast immer waisn 
(mhd. ivisen) weisen; dsaiy (mhd. Zeichen) Zeichen; dsaiya (mhd. xeiehenen) 
zeichnen. 

6. Mhd. ei > e in tdisn (mhd. egedehse) Eidechse; leden (mhd. leiter) 
Leiter. 

7. >e in glene , glenst kleiner, kleinst (Umlautbildung zu glaa klein); 
ebenso 

> e in brede, bredst breiter, breitest; bredn Breite durch Umlaut 
von braat breit (daneben auch brande, braadst, braadn). 

§ 82. In unbetonter Endsilbe > «, z. B. farwet (mhd. erebeit) Arbeit; 
prwedn arbeiten; falget (mhd. rülkeit) Faulheit; grdyget (mhd. krankeif) 
Krankheit; woosret (mhd. wärheit) Wahrheit 

Mhd. ou. 

§ 83. 1. Mhd. ou > aa , z. B. aa (mhd. ouch) auch; aax (mhd. ouge) 
Auge; baam (mhd. boum) Baum; fraa (mhd. vrouive) Frau; glaam (mhd. 
gelouben) glauben; genda (mhd. gcnouwe) genau; haadla (mhd. houbetlin) 
Häuptlein Kraut; khaaf/n (mhd. koufcn) kaufen; laap (mhd. loup) Laub; 
laaftn (mhd. loufen) laufen; raatn (mhd roum) Rahm; raafm (mhd. roufcn ) 
raufen; raax (mhd. rouch) Rauch: raay (mhd. ronchcn) rauchen; saam 
(mhd. sourn) Saum, saatna säumen; sdaap (mhd. stoup) Staub, sdaawi 
(mhd. stoubec) staubig; sdraa (mhd. strou) Streu, daneben aber auch 
sdraiii (mhd. ströufue)), daap (mhd . Joup) taub, lahm; daaf (mhd. foufe) 
Taufe; draatn (mhd. troum) Traum: draania träumen; 

2) Verkürzt a) > er, z. B. glabst (mhd. geloubest) glaubst; fra pro- 
klitisch vor Namen usw., z. B. fra böos Frau Base; fra stiin Frau Schümm; 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


33 


b) ä in hafdn (mhd. houfe) Haufe (s. § 73,1). 

3) Mhd. ouw>an, z. B. hann (mhd. können) hauen; saua (mhd. 
schoniven) schauen. 

% 

§ 84. Mhd. on in nebenbetonter Silbe > d, z. B. snldläx (mhd. 

% 

snit(e)louch) Schnittlauch: </goohlax (mhd. hnobelouch) Knoblauch. 

Mhd. öu. 

§ 85. 1. Verschiedentlich ist öu mit ou zusammengefallen, d. h. es 
ist wohl in vielen Fällen mhd. überhaupt kein Umlaut anzunehmen, 
daher aa, z. B. baame Bäume; saatna säumen; draama träumen. 

2. Sonst > d/, z. B. baitj (mhd. bongen) beugen; frdit (mhd. vröude) 

ß 

Freude; häuvbiik (mhd. höuschrecke) Heuschrecke; hiiya (mhd. löugenen) 
leugnen. 

3. Verkürzt > ö in löfst, löft. läufst, läuft (neben lafst, laft, vgl. 
§83, 2 a). 

4. Mhd. ömce > Mi, z. B. frnäia (mhd. vröuwen) freuen; hääi (mhd. 
höuwe) Heu; Sdräai (mhd. ströu(we)) Streu (vgl. § 83,1); Sdrauia (mhd. 
slröuuen) streuen. 

Anm. 1. frnilain (mhd. vröuicelfn) Fräulein ist, nach der Endung 
zu schließen, aus dem Schriftdeutschen oder der Halbmundart einge- 
drungen. 

Anm. 2. gaai ist wohl sicher mhd. göuwe (zu gou), z. B. der Metzger 
geht auf die gaai : er geht aufs Land Vieh einkaufen; auch: saina gaai 
nöoxgde seine (eigenen) Geschäfte besorgen, seinem (eigenen) Vergnügen 
uachgehen. 

B. Die Konsonanten. 

1. Die Halbvokale. 

Mhd. j. 

§ 86. Mhd. j im Anlaut >j, z. B. joo (mhd. ja) ja; ajoo (aus ei ja) 
ja; joo3 (mhd. jär) Jahr; jaxt (mhd. jaget) Jagd; joorj (mhd. jagen) jagen; 
jame (mhd. jämer) Jammer; (ds)juhüu (mhd. juch) juchhe; jubm (mhd. 
juppe) Joppe; jngg (mhd. juchen) jucken; junt (mhd. jade) Jude; jmj 
(mhd. junc) jung; jutnpfe (mhd. juncvrouwc) Jungfer, Jungfrau; jeses, 
jöses Jesus! (Ausruf); johdni Johannistag. 

Anm. Über eds, edsit (mhd. iexe) jetzt vgl. § 77, 3. 

§ 87. Im Inlaut ist mhd. j 

1. nach mhd. re und iie geschwunden, z. B. hlüiia (mlid. bläejen) 
blühen; brüiia (mhd. brüejen) brühen; brüii (mhd. brüeje) Brühe; friin 
(mhd. vrüeje) Frühe, früh; rneea (mhd. mojen) mähen; scea (mhd. scejen) säen; 

2. nach mhd. ei > aa erhalten als /, z. B. maai (mhd. ineije) Mai 
(s. § 81, 4); nach mhd. i zu c geworden in fuicala (mhd. rijelin) 
Veilchen; 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 


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34 


Hans Batz. 


3. nach r schon mhd. zu y geworden, z. B. ludufiny (rahd. latuctje, 
latwerge) Latwerge; ebenso nach /, z. B. lilitj (mhd. lilje, gilge) Lilie; 

4. in Fremdwörtern zu i geworden, z. B. fämili (< lat. familia) 
Familie; gaudi (< lat gaudium) Gaudium; relicioon Religion. 

Anm. Französische Wörter mit -ill- spricht der Bamberger ohne 
Mouillierung des -ll. z. B. fanfl (frz. vanille ) Vanille; mandiln (frz. man- 
tille) Mantille; bilit (frz. billet) Billet; auch hudeln (frz. Imiteille ) Flasche; 
hlliit (frz. billard) Billard. 


Mhd. tf. 

§ 88. Mhd. w im Anlaut > w, z. B. wos (mhd. waz) was; wase 

(mhd. wa$$er) Wasser; woos (mhd. war ) Ware; ui nt (mhd. ui nt) Wind; 
% 

widmdd (mhd. witman) Witwer; widfraa (mhd. witvrouwe) Witwe; woosn 
(mhd. wase) Wasen, Rasen. 

Anm. 1. Mhd. wir ist betont miia, unbetont me. 

Anm. 2. Mhd. waten wird ersetzt durch boodn (mhd. baden) baden, 
waten; mhd. wirbel Kopfwirbel > gcnrwl; Wirsing lautet mtiasliy. 

§ 89. Im Inlaut ist mhd. iv 

1. nach Vokal oder Diphthong geschwunden, z. B. Ixma (mhd. büwen ) 
bauen; bruuia (mhd. briuuen) brauen, Irääie (mhd. briuweere) Brauer; 
die (mhd. iuwer) euer; frädia (mhd. vröuwen) freuen; fraa (mhd. vrouwe ) 
Frau; kann (mhd. houwen) hauen; gyiia (mhd. kniewen) knien; np (mhd. 
hewchre, niweere) nur; ruu (mhd. ruowe) Ruhe; rnni(c) (mhd. ruowic) 
ruhig; Sdrädi (mhd. ströuwe ) Streu; waaie (mhd. ui wer) Weiher; vgl. 
§ 65, 3; 83, 3; 85, 4; 

2. nach Konsonanten vor Vokal > w 

a) nach g, s (S), s, d (t), z. B.: gu'ätiden (mhd. quader) Quader; 
gwegg (mhd. quccke) Quecke (agropyrum Gaertn.); Swdm (mhd. swamp) 
Schwamm; swooxe (mhd. swäger) Schwager; dswpnc (mhd. twrrc) Zwerg; 
dswigtj (mhd. zwicken) zwicken; dsiviisl (mhd. zwisel) Zwiesel; 

b) nach r und l (außer den unter 3. genannten Fällen), z. B. olwe 
(mhd. alweere) albern; fprwesn (mhd. enceiz,) Erbse; gprwe (mhd. gerwer) 
Gerber; gelwe (mhd. gi'lwcr) gelber; 

c) in Zusammensetzungen, z. B. htindwhrik (mhd. hnntwerc ) Hand¬ 
werk; lädwfrriy Latwerge. 

Anm. 1. Mhd. ingcwir Ingwer > ime. 

3. nach r und l bei Synkope oder Apokope eines mhd. folgenden v 
a) im Auslaut > p, z. B. fanp (mhd. varwe ) Farbe; geig (mhd. 

'/> ’ «>>•) ) gelb; ic gcsrp ich gerbe, dagegen gnrwi gerbe ich; niüsrg (mhd. 
’uirw) mlirb; lööp (mhd. lewe) Löwe; 

b» vor folgendem s und t > Ij, z. B.: gesrbsf, geerbt, gegerbt gerbst, 
'• • r : : ■. cecerbt: 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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c) mit folgendem -n (rnlid. -en) zu in verschmolzen, z. B. ggsrm 
(mhd. gerweri) gerben; in Um (mhd. milwe) Milbe; nanu (mhd. native) 
Narbe; sivalm (mhd. swalwe) Schwalbe. 

2. Die Liquidae. 

Mhd. 1. 

§ 90. 1. Mhd. / ist in allen Stellungen als / erhalten, z. B. laap 
(mhd. leip) Laib; laama (mhd. leime) Lehm; glaam (mhd. gelou/ten) glauben; 
/.halt (mhd. kalt) kalt; fäl (mhd. val) Fall; foogl (mhd. rogel) Vogel. 

2. II > l, z. B. faln (mhd. vollen) fallen; gal (mhd. galle) Galle; hol 
(mhd. helle) Hölle; Köln (mhd. wellen) wollen; woln (mhd. ivollc) Wolle. 

Anm. Ein I ist eingeschoben in miissliy Wirsing; balwes (mhd. 
hiruoz) Beifuß und in den Fremdwörtern dabledslien tapezieren; Sdrähle- 
fls/im strapazieren. 

Mhd. r. 

§ 91. 1. Mhd. /• ist im Anlaut, zwischen Vokalen und vor Kon¬ 
sonanten (außer n, d (t), l, s ß)) als r erhalten, z. B. roosn (mhd. rose) 
Rose; müiere (mhd. mH rer re) Maurer; foosri fahre ich; form (mhd. arm) 
arm; brega (mhd. breiigen, bringen) bringen; groos (mhd . gröz,) groß; farji 
(mhd. varive) Farbe; harfm (mhd. harfe) Harfe, khgsrsp (mhd. korp) Korb; 
lesrty (mhd. IPrche) Lerche; wusrm (mhd. wurm) Wurm. 

2. rr > r, z. B. nar (mhd. narre) Narr; pfart (mhd. pfarrer) Pfarrer; 
dies r < rr wird vor n usw. genau so behandelt wie r < r. 

3. Vor n, d (t), l, s (S) ist mhd. r 

a) nach a ganz geschwunden, z. B. gadn (mhd. garte) Garten; hat 
(mhd. heile, harte) hart; khan (mhd. karre) Karre; khaal Karl; nan (mhd. 
nairen) Narren; mas Marsch; San (mhd. scharren) scharren; Sadn (mhd. 
scharte) Scharte; 

b) nach e, i, oo, öö (g, (i), n zu ? geworden, z. B. oosS (mhd. ars) 
Arsch; 003 t (mhd. art) Art; bgss (mhd. bursc) Bursche; dgsn (mhd. dorn) 
Dorn; dgst (mhd. dort) dort; foo3n (mhd. vorn) fahren; hosn (mhd. horn) 
Horn; hööan (mhd. huren) hören; heest (mhd. heil) Herd; hisn (mhd. hirn) 
Hirn; khgdl Karl (neben khaal s. unter a); khnl (mhd. keil) Kerl; lerna 
(mhd. lernen) lernen; wmst (mhd. warst) Wurst. 

4. Ebenso wird r im Auslaut zu s, z. B. bcc3 (mhd. brr) Bar; re? 
(mhd. er) er (betont); hih (mhd. hier) hier; niiis, dih (mhd. mir, dir) mir, 
dir (betont); nes nur; snuto (mhd. s/ttior) Schnur; fih (mhd. vier) 4; 
woo3 (mhd. war) wahr; rr > r ?, z. B. rem (mhd. irre) irre; gsren? 
(mhd. geschirre) Geschirr; düö? (mhd. dürre) dürr. 

5. Die Endung -er > e, z. B. fadt (mhd. rater) Vater; s'nsde Schuster; 
snaide Schneider. 

Anm. Mhd. er eher > ce3ra oder res re. 

3* 


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Hans Batz. 


6. Auch die Vorsilben er-, ier-, vor- > de-, fe-, z. B. deSlooy er¬ 
schlagen; deSiisn erschießen; fegisn vergessen; fegdya vergangen; febäai 
vorbei; vor Vokal dagegen ist das r erhalten, z. B. fer&nden verändern. 

§ 92. Verschwunden ist das r der Vorsilben dar- und her- in dina 
(mhd. drin) drin(nen) (neben drin ); daun (neben drausn) (mhd. dar ü$en) 
draußen; dom (mhd. dar oben) droben: hom heroben; hü Um (heem) her¬ 
üben; hin hier innen; haus hier außen; dagegen nicht geschwunden ist 
es in roo herab; rauf herauf; rüüioe herüber; runde herunter; rai herein; 
drundn drunten; drüüm drüben. 

Wie in der Schriftsprache ist r geschwunden in weit (mhd. werelt) Welt 

Anm. Das n in hddishek (mhd. höuschr'ccke) beruht nicht auf einer 
lautlichen Veränderung, sondern, wie leicht ersichtlich, auf der Ver¬ 
wechslung von mhd. schrecke mit dem viel häufigeren snecke. 

3. Nasale. 

Mhd. vi. 

§ 93. 1. Mhd. m ist im An- und Inlaut stets erhalten; z. B. marik 
(mhd. marke, tnarc) Mark; maSn (mhd. masche) Masche; mgsriy (mhd. 
morgen) morgen; bluma (mhd. bluome) Blume; laCima (mhd. leime) Lehm; 
neema (mhd. nemen) nehmen, auch vor Alveolaren, z. B. khumst, khumt 
kommst, kommt 

2. mm > m, z. B. bruma (mhd. brummen) brummen; htebhm (mhd. 
hereamme, hebamme) Hebamme; Xivima (mhd. swimmen) schwimmen; 
.si 'Um (mhd. stimme) Stimme. 

§ 94. Im Auslaut ist mhd. m 

1. erhalten in betonter Silbe, z. B. nsrm (mhd. arm) arm, Arm; 
baam (mhd. boum) Baum; haam (mhd. heim) heim; khihn (mhd. kam(p)) 
Kamm; khum komm; 

Anm. 1. Ausgefallen ist m in der Zusammensetzung arfl Armvoll 
(mhd. armvol). 

2. zu n geworden in unbetonter Silbe, z. B. dddn (mhd. (item, dten) 
Atem; beesn (mhd. bcsem(e)) Besen; boodu (mhd. lodern) Boden: broosn 
(mhd. bros(e)m(e)) Brosame (das Weiche im Innern des Brotes im Gegen¬ 
satz zur Brotrinde). 

Anm. 2. Adam lautet uädl. 

Anm. 3. In der unbetonten Endung in der Deklination ist m zu 
n geworden, d. h. die Dativformen sind mit dem Akkusativ zusammen¬ 
gefallen. 

Mhd. n. 

§ 95. Im Anlaut ist mhd. // stets erhalten, z. B. noo.r (mhd. ndih) 
nach; mixt (mhd. naht) Nacht; nana (mhd. nunnc) Nonne. 

Anm. 1. Angewachsen ist n aus dem unbestimmten Artikel in 
'iiiist Ast; nesdla Ästchen; daneben aber häufiger ast , esd/a. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


37 


§ 96. Im Inlaut ist mhd. n 

1. in betonter Silbe 

a) erhalten vor wie nach betontem Vokal (außer den in c, d und e 
genannten Fällen), z. B. graina (mhd. grincn) weinen; khint (mhd. leint) 
Kind; glaane (mhd. kleiner) kleiner; maine meiner; maandst meinst; 

b) nn > n, z. B. brttna (mhd. brunne ) Brunnen; rena (mhd. rennen) 
rennen; Sbina (mhd. spinnen) spinnen; 

c) zu m geworden, ohne oder mit d vor Labial, z. B. fümpf (mhd. 
vünf) 5; hampfl (mhd. hantvol) Handvoll; hempfala kleine Handvoll; 
härnpft (mhd. hanef) Hanf; khimbU Kindbett; rimpflatä Rindfleisch; 
sempft (mhd. siinef) Senf; 

d) zu y geworden 

a) nach g (mhd. ge- und k), z. B. gyagy -(mhd. knacken) knacken; 

gyaät (mhd. genäde) Gnade; gyect (mhd. kneht) Knecht; gyii (mhd. knie) 

Knie; gyoiry (mhd. knocke) Knochen; 

% 

ß) vor g und k, z. B. dslygrüügla Zinnkrüglein; mäiygröosmbriiude 
meinen großen Bruder; äykhüsdsnfüus einen kurzen Fuß; 

e) geschwunden 

a) vor abgefallenem e, z. B. griiü (mhd. grücne) grün; glaa (mhd. 
kleine) klein; M (mhd. schone) schon; Söö (mhd. schäme) schön; dsee 
(mhd. xene) Zähne; 

Anm. 1. Vor Vokalen in flektierten Formen lautet es: griiü nt, 

# 

söö ne, glaane, nicht aber vor Vokalen im Satzsandhi: grüii ägsdney grün 
angestrichen. 

Anm. 2. In gemdin (mhd. gemeine) gemein ist Diphthong und n 
erhalten; hündsgemdin hundsgemein. 

Anm. 3. Mhd. reine kommt in der Bedeutung des lat. purus in 
der Ma. nicht vor, sondern dafür stets saune sauber: es kommt nur als 
Proklitikon zur Verstärkung eines Begriffes vor, z. B. räiygöosnegs rein 
gar nichts; rdimfsrügf rein verrückt. 

ß) vor Reibelauten in füfdseea 15; füfdsi(c) 50; lehnst kannst, sonst 
erhalten, z. B. gands Gans; hands Hans; 

Anm. 4. Die G-Ma. hat gdä n s Gans; haa n ds Hans, swaa n ds Schwanz. 

Anm. 5. sode (söde) solcher ist mhd. *sötner < sutdner. 

2. in unbetonter Silbe vor Konsonant geschwunden, z. B. wedreeds 
(mhd. niergen) nirgends; besonders auch im Part. Präs., z. B. brenet (mhd. 
brinnende, brennende) brennefld; dagegen ist es (unter dem Einfluß des 
Tones) nicht geschwunden in den vom Part. Präs, abgeleiteten Adj. auf 
-endic, z. B. leitendi(c) lebendig. 

Anm. 6. Eingeschoben ist n teilweise in Fremdwörtern, z. B. 
f'isndlisn visitieren; bresndent Präsident, während es in anderen wegfällt, 
z. B. lümedimi lamentieren. 


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38 


Hans Hatz. 


§ 97. Im Auslaut ist n 

1. in betonter Silbe geschwunden, wobei kurzer Vokal gedehnt 
wurde, z. B. baa (mhd. beiri) Bein; gee (nihd. gen) gehen; lüa (mhd. Ion) 
Lohu; mai, dai, sai mein, dein, sein (mhd. min, din, sin); man (mhd. 
man) Mann: naa (mhd. nein) nein; nai hinein; näi (mhd. niuti) neun: 
rat herein; raa (mhd. rein) Rain; Sdee (mhd. sten) stehen; sau (mhd. sttn) 
Sohn; übaä (mhd. span) Span; duä (mhd. tuon) tun; 

nicht gedehnt ist khä (mhd. kan) kann; 

Anm. 1. In den flektierten Formen von mai, dai, sai lautet das 
n vor Vokalen: rnaine, daine, sai ne ; sonst nicht. 

Ebenso ist n geschwunden in der Vorsilbe mm-, z. B. üureect unrecht. 

Anm. 2. ln mhd. Iran Thron bleibt das n: drdän. 

Anm. 3. Die 1. Sing, ie du, ic gee, ic Sdee sind wohl nicht nach 
den mhd. Formen ich tuon, ich gen, ich sten gebildet, sondern analog 
der nhd. Konjugation; ebenso ic hop (mhd. ich hdn) ich habe. 

2. in unbetonter Silbe 

a) erhalten 

a) in der Endung -en nach Alveolaren (außer n), z. B. beedn (mhd. 
beten) beten; tsn (mhd. eigen) essen; höösn (mhd. hären) hören; laidn 
(mhd. tiden) leiden; laidn (mhd. Unten) läuten; raidn (mhd. riten) reiten: 
sbiln (mhd. spiln) spielen; Sdeln (mhd. stilln) stehlen; sdüdsn (mhd. stützt) 
Stütze; woosn (mhd. ivasc) Wasen, Rasen; warn (mhd. waschen) waschen: 

fl) in ic bin (mhd. ich bin) ich bin und der Präpos. in; vgl. dazu 
Gebhardt, Grammatik der Nürnberger Mundart, § 95, 2 ,i; 

b) zu tu 

a) assimiliert nach b (c mhd. p) und f\ z. B. laafm (mhd. laufen) 
laufen; saufm (mhd. sufen) saufen; ribm (mhd. rippe) Rippe; 

fl) verschmolzen mit b (< mhd. b) und w, z. ß. hum Buben; gram 
(mhd. gruobe) Grube; ram (mhd. ruobe ) Rübe; sdum (mhd. stubc) Stube; 
sdesnn (mhd .sterben) sterben; siint (mhd. sibea) 7; siimt siebente; gesrnt 
(mhd. genven) gerben: swalm (mhd. swalwe) Schwalbe; 

Anm. 4. Mhd. neben neben : • neene, wie wenn - „neber“; aber 
% 

neemdrun nebendran. 

c) zu y 

a) assimiliert nach g (< mhd. /., ck), e und j , z. B. blcgy (mhd. 
blecken) blecken; gyoxy (mhd. knoc/a) Knochen: khücy (mhd. kikhen) 
Küche; maxy (mhd. machen) machen; sdegy (mhd. stecke) Stecken; 

ß) verschmolzen mit// (< mhd. g), h. eh (<. germ /.) nach langem 
Vokal, Diphthong, / und r, z. B. behiidiy (mhd. beleidigen) beleidigen; 
lapriy (mhd. horchen) horchen; khntny (mhd. kirche) Kirche; lüüy (mhd. 
liegen) lügen: nmriy (mhd. morgen) morgen; sluoy (mhd. sinken) schlagen; 
seey (mhd. sehen) sehen: snny (mhd snochen) suchen: sdraay (zu mhd. 
s!reichen) stehlen, jedoch mehr euphemistisch im leichten oder scherz- 


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I^autlehre der ßamberger Mundart. 



haften Sinn; dsaiy (mhd. zeigen) zeigen; dsiiy (mhd. ziehen ) ziehen; dus- 
wäiy (mhd. (ü^-) wichen) ausweichen; an windsiy einen winzigen. 

Anm. 5. Dieselbe Verschmelzung findet auch statt in juuyt (mhd. 
jugent) Jugend und duuyt (mhd. tugent) Tugend. 

Anm. 6. Neben beldidiy, an u-lndsiy kommen auch Formen mit 
potenzierter Endung vor: beldidiya, an windsiya. 

Anm. 7. In recya (mhd. reehenen) rechnen; dsaiya (mhd. zeichenen ) 
zeichnen; fdäiya (mhd. verlougenen) verleugnen erscheint das erste -en- 
als y, das zweite -en als a (vgl. unten dy). 

d) geschwunden in 

a) der Endung mhd. -in, -inne > a, z. B. bdiera (mhd. gebiurinne) 
Bäuerin: bega Bäckerin; masdera (mhd. meisterinne) Meisterin; needera 
(mhd. nceterin) Näherin; di suma die Frau Schumm(in); di bpdslda die 
Frau Porzelt(in). 

Anm. 8. khöünica ist Eigenname: Frau König; der Gattungsname 
dagegen lautet: khöönictn Königin. 

Anm. 9. Verschwunden ist n auch in aani (mhd. anhin) fort, weg; 
fipri (mhd. vür hin) voran, vorwärts. 

ß) dem Deminutivsuffix mhd. -lin > la, z. B. baamla (mhd. boa- 
mcltn) Bäumlein; hanla Hänschen; hainela Heinerchen: mendla (mhd. 
mennelin) Männlein; rnaadla (mhd. meitlin) Mädchen; röösla Röslein; 

y) in der Endung -en (auch iu der aus mhd. -ent entstandenen nhd. 
Endung der 3. Flur. Ind. Präs.) nach Vokalen sowie n, m, y > a, z. B. 
bnuiia (mhd. hriuwen) brauen: breya (mhd. beengen) bringen; graina 
(mhd. grinen) weinen; Ichnma (mhd kumen) kommen; Sbaaia (mhd. spiwen) 
speien; sbina (mhd. spinnen) spinnen: sbriya (mhd. springen) springen; 

auch dort, wo bei schw. Subst. das n der obl. Kas. in den Nom. 
eingedrungen ist, z. B. snuma (mhd. sdme-n) Same; snna (mhd. sunne-n) 
Sonne (vgl. § 98, 2 letzter Absatz); 

Anm. 10. Bezüglich an (mhd. einen) einen; khan (mhd. keinen) 
keinen; main (mhd. in inen) meinen; glan (mhd. kleinen) kleinen; sün 
(mhd. schienen) schönen, vgl. für die Bamberger Ma., mit Ausnahme der 
Nasalierungsverhältnisse, was Gebhardt a. a. 0. § 95 Anm. 10 für die 
Nürnberger auseinandergesetzt hat. 

ö) enklitischen und proklitiseben Wörtern wie fa (mhd. von) von; 
su (mhd schone) schon; me (mhd. man) man. 

Anm. 11. Vor Vokal tritt das -n von ron wieder ein, z. B. fantra 
von ihr. 

Anm. 12. Wenn -nn- durch Apokope von -e in den Auslaut tritt, 
ist es als n erhalten, z. B. dun (mhd. danne) dann; dien (nur hier aller¬ 
dings gelegentlich auch düü) (mhd. dünne) dünn; khin (mhd. kinne) Kinn: 
ic ren (mhd. ich renne) ich renne; wen (mhd. wanne, wenne) wann, wenn 


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40 


Hans Batz. 


(Fragepart und Konj. der Zeit); den (mild, denne) denn; dies wird zu n 
geschwächt im Satz, z. B. wöshösdn? was hast du denn? wösmegsdnY 
was machst du denn? wusisnlöos? was ist denn los? 

§ 98. 1. Eingeschoben ist n 

a) als hiatustilgender Konsonant, z. B. in dnni tue ich (vgl. § 97 
Anm. 3); 

b) in brauna (mhd. brä(we)) Braue; duybräuna Augenbraue; 

c) nach Konjunktionen wie d&s (des) daß, wal (wel) weil vor si 

0 

sie (Plur.), z. B. däsns) daß sie (Plur.); nach op ob wird dies n zu m: 
öbmst ob sie. 

2. Angewachsen ist n in gesden (mhd. ye&ter) gestern (wie in der 
Schriftsprache), sowie in verschiedenen schw. Fern, auf -er(e) im Nom. 
Sing, aus den obl. Kas., z. B. äadtn (mhd. oder) Ader; budm (mhd. buter) 
Butter; feeden (mhd. reder(e) ) Feder; glamen (mhd. klamerfe)) Klammer; 
glaben (mhd. klappere ) Klapper, Art hölzerner Schelle, womit an den 
drei letzten Tagen der Karwoche statt mit Metallglocken zum Gebet und 
in der Kirche geläutet wird; leeiven (mhd. leber(e)) Leber; leden (mhd. 
leiter(e)) Leiter. 

Außerdem ist das -n in den Nom. gedrungen in einer großen An¬ 
zahl schw. Subst teils wie in der nhd. Schriftsprache (vgl. Paul, Mhd. 
Gr. 5 § 13U Anm. 2), z B. balgy (mhd. ba/kc) Balken; gndn (mhd. garte) 
Garten; hopfin (mhd. hopfe) Hopfen; teils aber auch in solchen, wo dies 
in der Schriftsprache nicht geschieht, z. B. saidn (mhd. sitc) Seite; sdandn 
(mhd. stüde) Staude. In beiden Fällen geht dies -u mit vorangehendem 
Konsonanten die in § 97 dargestellten Veränderungen ein. 

y iu mhd. ng, nk. 

§ 99. Dies ist in allen Stellungen erhalten, z. B. daygy (mhd. 
danken) danken; gäy (mhd. gatte) Gang; pfeniy (mhd. pfennitic) Pfennig 
(neben pfctiifc) aus mhd. pfennie); siya (mhd. singen) singen; Stcaygy 
(mhd. suanken) spülen durch Schwenken im Wasser; driygy (mhd. trinken) 
trinken. 

Anm. 1. Über y <. -en nach Velar usw. vgl. §ij 96, ld u. 97, 2c. 

Anm. 2. Mhd. ingewrr > inte Ingwer ($ 89 Anm. 1); mhd. enger- 
linc > emeliy Engerling; mhd . jnmcrouice > jtnnpfe Jungfrau; jümpftla 
Jiingferlein. 

4. Reibelaute. 

Mhd. f (t). 

§ 100. 1. Mhd. /' (t) ist in alleh Stellungen als f erhalten, z. B. 

faya (mhd. rangen) fangen; fensde (mild, renster) Fenster; hoof (mhd. huf) 
Hof; huofm (mhd. hären) Hafen. Topf; kharpftn (mhd. kttrpfc) Karpfen; 
pfnnt (mhd. pfnnt; Pfund; oft (mhd. ofte) oft; sloofnt (mhd. sfdfen) 

schlafen. 


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Lautlehro der Batnberger Mundart. 


41 


Anm. 1. Nur in 15 und 50 hört man häufig füxdseea und fuxdsi(c) 
für füfdscea, fufdsi(c) (§ 96 e ß). 

Anm. 2. Mhd. vl im Anlaut wird gern zu pfl , z. B. pflecdn (mhd. 
richten) flechten; gepflöxdn geflochten; drtsepfldegl (zu mhd. vlegel ) Dresch¬ 
flegel; pflöödtn (mhd. r letschen) weinen; pflogy (mhd. vlocke) Flocke; wie 
die Ma. für die Verbindung pfl überhaupt eine Vorliebe zeigt, vgl. z. B. 
pfiedsen plätschern; pflandsn plantschen; pfliimpfm plumpsen, fallen. 

Anm. 3. Grammatischer Wechsel ist ausgeglichen zugunsten von 
w in haaiven Hafer, von / in htfdn Hefe; sweefl Schwefel; dswiifl Zwiebel; 
griifm Griebe; beide Formen, mit f und iv, kommen vor von hoowl und 
hööfl Hobel. 

In Fremdwörtern wird jedes v als f gesprochen, z. B. fila Villa; 
laföo3 (zu frz. laroir) Waschbecken (gewöhnlich tudslaföos ); adfent Advent; 
fnnfl Vanille; faride Varietö. 

2. ff > f z - D- hofin (mhd. hoffen) hoffen; ofm (mhd. offen) offen. 


Mhd. 5 . 

§ 101. 1. > s, z. B. aus (mhd. ü;) aus; müsn (mhd. miicr.en) 

müssen; snwisn (mhd. smi~en) schmeißen; sdras (mhd. stra;e) Straße; 

> ds in temedsn (mhd. dmei;e) Ameise; 

2. s, z. B. esn (mhd. e;;en) essen; mese (mhd. mezza) 

Messer; nis (mhd. niz, nizze) Nisse, Lauseier; nass (mhd. warmer) 
Wasser. 

0 

Anm. 1. Mhd. ~;e; -s, z. B. a groos haus ein großes Haus; daß 

dieses „ groos u nicht etwa die unflektierte Form des Adj. ist, ist zu ent¬ 
nehmen aus Formen wie a glaas haus ein kleines Haus, wo also auch 
-e; beim Adj. steht; ebenso ; -sch > .v, sehe; > s, z. B. a hiibs hais/a 
ein hübsches Häuschen. 


Anm. 2. Mhd. gesc'zzen > gsedsn gesessen, das sicherlich von sidsn 
gebildet ist. 

3. rz > rs > rs in heess (mhd. hirz) Hirsch. 

Anm. 3. Im Satzsaudhi und im Nom. Akk. Xeutr. Sing, bleibt .v 

* 

in rs < mhd. re;, z. B. db ha nies da haben wir es; a icooss glüh ein 
wahres Glück, aber sduesgrdut (saures Kraut) Sauerkraut. 


Mhd. s. 

§ 102. 1. Meist (vgl. § 103) ist es in allen Stellungen als .s- er¬ 

halten; z B. siltve (mhd. silher) Silber; surne (mhd. sumer) Sommer; suna 
(mhd. saune) Sonne; hloosn (mhd. hldsni) blasen; hist bist; suesde (mhd. 
sirestcr) Schwester; Iahst hörst; maus (mhd. was) Maus. 


Anm. 1. 


dselnot Salat: 


dsfhri Sellerie 


sind Fremdwörter. 



z. B. Ich äs (mhd. küsse) Kissen; aus (mhd. messe) 


Messe. 


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42 


Haus Batz. 


Anm. 2. -scs, -sei, -Z e ~ » -~ es > s, z. B. du Hist (mhd. du lisest) 
du liest; ic waas (mhd. ich weil n) ich weiß es; a ivais koos ein weißes 
Haar. 

Anm. 3. Eingeschoben wie in der nhd. Schriftsprache ist s in die 
2. Sing, von du wildst (mhd. du will) du willst. 

Anm. 4. Über Sebs schief vgl. Gebhardt a. a. 0. § 100 Anm. 3; 
über uns unser vgl. Heilig, Ostfr. Gramm, der Ma. des Taubergrundes 
§ 124 Anm. 3. 

Anm. 5. Vor s wird nach l und n ein ganz leicht hörbares d 
eingeschoben, z. B. gdnds Gans: htilds Hals; hands Hans; sendsn (mhd. 
segense) Sense (vgl. § 119, 3). 

§103. Mhd. s > s: 

1. im Anlaut vor Konsonanten, z. B. slaisn (mhd. sli$eu) schleißen; 
slaim (mhd. slim) Schleim; smaisn (mhd. smi$en) schmeißen; .<• mfsds (mhd. 
smirxe) Schmerz; snel (mhd. snel) schnell; snäidsn (mhd. sniuxen) schneu¬ 
zen; ,i \beet (mhd. spute) spät; sbaaia (mhd. spiwen) speien; sdauxe (mhd. 
st liehe) Pulswärmer; sdut (mhd. stnt) Stadt; swooxe (mhd. swdger) Schwager; 
Swux (mhd. swach) schwach; sivesde (mhd. swester) Schwester; 

2) im Inlaut 

* \ 

a) vor b und t, z. B Lhasbe Kaspar; esbm (mhd. aspe) Espe; ansbax 
Ansbach; dusst (mhd. durst) Durst; wuist (mhd. wurst) Wurst; fijsst 
(mhd. rürste) Fürst; jedoch nicht in Zusammensetzungen wie z. B söön- 
liiinsbluds Schönleinsplatz; sdtfesbhric Stefansberg; 

Anm. 1. Angetreten ist .<• in sbräislbees Preißelbeere(n); swelle und 
s.welgy welk und welken. 

Anm. 2. s > 8 in haubdsmöo?ud11 Hauptsmoorwald. 

Anm. 3. Das s in amsl (mhd. amsei) Amsel geht wohl auf Formen 
mit silbenanlautendera sl zurück wie Dat. Plur. au/slen. 

b) nach r, z. B. feessdn (mhd. versen) Ferse; khuisn (mhd. lirse) 
Kirsche; (Hst (mhd. erste) erste; o3sl Ursula; bgss (mhd. burse) Bursch; 

aber nicht das Flexions-s des Gcnitivs in Zusammensetzungen wie 
siisdesbüu Schustersbub; gfidmsdöxde Gärtnerstochter; jedoch immer 
tluneSdiix Donnerstag; 

ebenso nicht in der 2. Sing., z. B. fresst (mhd. irrst) fährst; Ilässt 
(jedoch gelegentlich auch liipst) hörst, und nicht im Satzsandhi. 

§ 104. 1. s verschmilzt vor * (auch im Satzsandhi) mit demselben, 

% 


z. B. es Isudöo er ist schon da; ic wuasa ich weiß es schon; nach s nur 
in Flexionsendungen, z. B. du wüst du wischest; a hübs huisla ein 
hübsches Häuschen; aber hübs siya hübsch singen. 


2. Eingeschoben wird ein s nach Konjunktionen wie wen, wal ( wef ), 
hffius und Fragewörtern wie op, irres. ui, wo, inisniiu (wenn, weil, 
bevor, ob, wer. wie, wo, warum) vor der 2. Sing., z. B. uiusdiiuji/st wenn 
»lu magst; obsdeswdst ob du es weißt: insdutduust wie du meinst. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


43 


3. Eingeschoben ist s ferner in dugsn (mhd. tuckcn, tücken) ducken 
(trans), sowie in satnst (mhd. samt) samt, gewöhnlich m'idsämst mitsamt. 

Anm. 1. tcöbs Wespe geht auf die echt oberd. und mhd. Form 
wcfsc zurück. 

Anm. 2. Angetreten ist in Sdads (mhd. stat) statt (wohl aus „statt 
des —“ (s. 0. Philipp, Die Zwickauer Mundart, $ 73b). 

Mhd. x (/:). 

§ 105. Mhd. (/-;) ist stets ds, z. B. bluds (mhd. platx) Platz; dandsn 
(mhd. tanzen) tanzen; dsaa (mhd. zun) Zahn; dsivigy (mhd. zwicken) 
zwicken. 

Anm. 1. x verschmilzt mit .v in dsam (mhd. xesamene) zusammen. 

Anm. 2. ds ist cingefiigt in sneldsn (mhd. snellcn) schnellen (viel¬ 
leicht nach snaldsn schnalzen). 


Mhd. sch. 

§ 106. Mhd. sch ist in allen Stellungen als .v erhalten, z. B. sendn 
(mhd. sehenden) schimpfen, zanken; Sigln (mhd. schilhcn) schielen; tvasn 
(mhd. waschen) waschen; wäSn (mhd. wüschen) wischen; bus (mhd. bitsch) 
Busch; fros (mhd. vrosch) Frosch. 


Mhd. ch (A). 

§ 107. Mhd. ch — vor Konsonanten meist h geschrieben — 

1. >x (acA-Laut) nach a und velaren Vokalen, z. B. baux (mhd. buch) 

\ 

Bauch; dax (mhd. dach) Dach; hoox (mhd. hoch) hoch; gyöobtdx (mhd. 
knol/cloaeh) Knoblauch; lox (mhd. loch) Loch; maxy (mhd. machen) machen; 
nnxt (mhd. naht) Nacht; nux (mhd. noch) noch; raus (mhd. rauch) Rauch: 
saxdf (mhd. schahtel) Schachtel; 

ebenso x (öeh - Laut) nach ö, z. B. hüöxe höher; khöxa Köchin; gyöxla 
Knöchlein; laxe Locher; 

2. > c (/cA-Laut) nach palatalen Vokalen, l und /• (meist mit Ein¬ 
schaltung eines Svarabhaktivokals), z. B. decla Dächlein; aic (mhd. iuch) 
auch; fäict (mhd. riuhte) feucht; fionct (mhd. vorhte) Furcht; lchiicy (mhd. 
küchen) Küche; lict (mhd. lieht) Licht; miic, mir. mich; mihe (mhd. milch) 
Milch; raic (mhd. riche) reich; riedn (mhd. rihten) richten; sehe (mhd. 
schelch) Kahn; sdecy (mhd. stechen) stechen; sdgiric (mhd. storch) Storch; 
Jiic (mhd. rieh, vihe) Vieh; 

3. >y vor s und /, z. B. agsn (mhd. ahsc) Achse; agsl (mhd.aA.se/) 
Achsel; daigsl (mhd. dihsel) Deichsel; aagl (mhd. eichel) Eichel; ogs (mhd. 
ohse) Ochse; sbaigl (mhd. speichet) Speichel: düiigla Tüchlein; wagsn (mhd. 
wahsen) wachsen; waiysl (mhd. wihscl) Weichsel, Sauerkirsche. 

Anm. 1. Nach mhd kurzem Vokal bleibt jedoch vor / das x (c), 
z. B. khaxl (mhd. kachel) Kachel: sdaxt (mhd. stächet) Stachel; miel Michel. 


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14 


Hans Bau. 


Anm. 2. Hierher gehört auch sigln (mhd. schilhen) schielen. 

Anm. 3. Dazwischenstehendes t ist ausgefallen in nigs (negs) (mhd. 
uihtcs ) nichts. 

4. Mit folgendem -en ist eh a) nach langem Vokal und Diphthong 
zu y verschmolzen, z. B. raay (mhd. rouchen) rauchen; suiiy (mhd. 
sitochen) suchen; siiyädrds Siechenstraße; 

ebenso nach / und r mit Svarabhaktivokal, z. B. hgsrty (mhd. horchen ) 
horchen; khtnrty (mhd. Kirche) Kirche: 

Anm. 4. Dazwischenstehendes / ist ausgefallen in fäariy (nihd. 
vürhten) fürchten. 

b) nach kurzem Vokal zu x(c) geworden (ohne Verschmelzung!), z. B. 
laxy (mhd. lachen) lachen; sdecy (mhd. stechen) stechen. 

Anm. 5. Über die Entstehung der Verschmelzung vgl. die Erklä¬ 
rung Gebhardts a. a. 0. § 103,5 Abs. 2. 

§ 108. Geschwundon ist mhd. eh 

1. im Auslaut von Wörtern, die es auch in der Schriftsprache ver¬ 
loren haben, z. B. flou (mhd. vlöch) Floh; ree (mhd. rech) Reh; sun (mhd. 
schuoch) Schuh; in hoox hoch ist es aus den obl. Kas. in den Nom. wieder 
cingedrungen; 

Anm. 1. Die G-Ma bevorzugt mili Milch, das dadurch entstanden 
sein kann, daß das Sarnbhakti-/ zwischen l und c wie ein i der Nach¬ 
silbe - lieh behandelt wurde, oder aber es kommt aus dem mhd. milich. 

2. in der Zusammensetzung in büsdnm (mhd. buochstabe) Buchstabe 
(neben büxsdinn) und k/nesnea (mhd. kirchwihe) Kirchweihe; 

3. in unbetonter Silbe 

a) in mhd. -/*/, z. B. eget (mhd. eckeht) eckig; .$ eget (mhd. seheckc/it) 
scheckig; dreget dreckig; net (mhd. niht) nicht; 

b) in mhd. -hs nur in edesn (mhd. egedehse) Eidechse; 

4. im unbetonten Auslaut 

meist a) im Suffix -li (< mhd. lieh , liehe), z. B. fraili (mhd. vri- 
liehe) freilich; gliigli glücklich; geinüiidli (mhd. gemuotlich) gemütlich; 
Imamfi (mhd. heimliche) heimlich; giudli (mhd. ordenlich) ordentlich; 

b) in Enklitiken, z. B. /, di, mi ich, dich, mich (neben den be¬ 
tonten iic, diir, miic; nu (neben w//./•) (mhd. noch) noch; nnnöt noch 
nicht; an (mhd. onch) auch; glai gleich, sogleich. 


5. Der mhd. Hauchlaut h. 

§ 109. Er ist im Anlaut als h erhalten, z. B. hoos (mhd. hase) Hase; 
hindn (mh <\.h>uden) hinten; honsn (mhd. hose) Hose; hunt (mhd. hu nt) Hund. 
Anm. 1. Abgefallen ist h im Anlaut unbetonter Vorsilben, z B. nunde 

hinunter; runde herunter. 

• • 

Anm. 2. Über den Fuhrmannsruf trist und hiist ..links“ vgl. Heilig 
a. a. 0. § 131 Anm. 2. 

Anm. 3. Vorgesetzt ist ein deutliches h dem Worte Ulan: huläane. 


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§ 110. Im Inlaut ist h 

1. geschwunden, z. B. bail (mhd. bihel, bil) Beil; flöö (mhd. rltehe) 
Flöhe; kheesrwa (mhd. kirchliche) Kirchweih; uuaia (mhd. wihen) weihen; 
dseea (mhd. -zehen) zehn; fufdseea 15; sibdscea 17; 

Anm. 1. Ein deutliches h ist zu hören in frundshöos Franzos. 

2. in der Verbalflexion vor t zu x, c, vor s zu g geworden, z. B. 
sägst, siet , stet (mhd. sihest, sihet , setist) siehst, sieht, seht; dsiigst, dsiiel 
(mhd. ziuhest, ziuhet, ziehet) ziehst, zieht; 

Anm. 2. Aus solchen Formen ist dann auch im Auslaut solcher 
Wörter c (z) geblieben, z. B. ic siic ich sehe; dsiic ziehe! 

3. mit auslautendem -en zu -g verschmolzen (s. § 97, 2 cß), z. B. 
steg (mhd. sehen) sehen; gsttg (mhd. gescludien) geschehen; sluog (mhd. 
slahen) schlagen; dsiig (mhd. ziehen) ziehen. 

Vgl. dazu die Ausführungen Gebhardts a. a. 0. § 106 Anm. 4. 

6. Platzlaute. 

Mhd. b. 

§ 111. Mhd. b ist im Anlaut als stimmlose Lenis erhalten, z. B. 
tmisn (mhd. btzen) beißen; baut (mhd. gclrfir ) Bauer; bejric (mhd. berc) 
Berg; bthdldn (mhd. behalten) behalten; gtböog (mhd. gc-lx>gen) gebogen; 
blau (mhd. blä) blau; bluma (mhd. bluome) Blume; bäint (mhd. biunde) 
Beunde, umfriedigtes Grundstück, als Straßennamen, gewöhnlich Pennt 
geschrieben, z. B. Peuntstraße. 

§ 112. Im Inlaut nach m ist b diesem assimiliert, mb > nun > m, 
z. B. dumt (mhd. tnmber) dummer; aamt (mhd. eimber) Eimer, wobei 
die Zusammensetzung nicht empfunden wurde; khem (mhd. kemlte) Kämme; 
grumt (mhd. krumber) krummer; khume (mhd. kumber) Kummer; um 
(mhd. umbe) um. 

Anm. 1. Dieses m < mm < mb der flektierten Formen ist auch auf 
die endungslosen übertragen worden, so kham (mhd. kamp) Kamm; hnn 
(mhd. lamp) Lamm. 

Anm. 2. In der Zusammensetzung ist b nach m geblieben, z. B. 
/ / 

Iträmbees (mhd. brämber) Brombeere; dämbpne Domberg; ebenso wo das 
■in aus n (vor b) entstanden ist, z. B. ngamb^nc Nürnberg. 

Anm. 3. In den Fremdwörtern sebdembt September; nofdmbt No¬ 
vember; dedsdmbt Dezember ist es ebenfalls nach m geblieben. 

§ 113. 1. Als Silbenanlaut im Inlaut (auch im Satzsandhi) ist mhd. b 

a) vor Vokal l und r zu w geworden, z. B. üüwe (mhd. über) über, 
nüüivt hinüber; hahvt (mhd. halber) halber; sauiut (mhd. süber) sauber; 
guuicl (mhd. gabel) Gabel; sttwl Säbel; ögdöoics Oktober; weewt Weber; 
wdeweräai Weberei; fiuetrik Fabrik; fäwtrigt Fabrikarbeiter; hooieln hobeln 
(daneben hööfln besonders grduthööfln Kraut hobeln, schneiden); hoiri habe 
ich (aber ic hop ich habe); leeici lebe ich; otvi khvm ob ich komme: 


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Hans Batz. 


Anni. 1. Durch Fortfall der ersten Silbe ist b in den Wortanlaut 
getreten und daher regelrecht erhalten in Itasdl Sebastian. 

Anm. 2. Über hoofl Hobel; kefdn Hefe; stveefl Schwefel; dsiviifl 
Zwiebel; griifm Griebe vgl. § 100 Anm. 2. 

b) mit folgendem -en zu -m verschmolzen, z. B. geem (mhd. geben) 
geben; heem (mhd. heben) heben; Hirn (mhd. schieben) schieben; sinn 
(mhd. siben) sieben; sraim (mhd. sckriben) schreiben; 

auch mit dem aus den obl. Kas. in den Nom. eingedrungenen ~(e)n, 
z. B. barm (mhd. barbe-n) Barbe; garm (mhd. garbe-n) Garbe; bum 
Buben; grum (mhd. gruobe-n) Grobe; salm (mhd. salbe-n) Salbe; &him 
(mhd. stube-n) Stube; vgl. §97, 2 b/?; 

' c) vor Reibelauten b geblieben, z. B. grebs (mhd. krebez) Krebs; 
lebst (mhd. lebest) lebst; ic hobs ich habe es; hearbst (mhd. herbest) Herbst; 
gibsera gib es ihr; blebst und blaibst (mhd. beltbest) bleibst 

Anm. 4. Ausgefallen ist b in icdisb)lt Weibsbild; doch kann das 
kaum auf eine Form *waai zurückgeführt werden, die in der Bamberger 
Ma. nicht anzuuehmen ist, sondern der Ausfall des b ist wohl nur eupho¬ 
nischen Gründen zuzuschreiben. 

2. Vor t (d) und k ist b (durch GeminatenVereinfachung, nachdem 
es vorher assimiliert war) geschwunden, z. B. khat, khddn (mhd. gehabt) 
gehabt: Ukhuuy (mhd. lebekuoche) Lebkuchen; Srikhän Schubkarre. 

Anm. 5. In der 3. Sing, der Verba, deren Stamm auf b endigt, 
ist es erhalten, z. B. gibt gibt; glabt glaubt; Hebt schreibt; ebenso in der 
2. Plur. gebt gebt; Sraibt schreibt; glabt glaubet; aber: Hs hat ihr habt. 

§ 114. 1. Im Auslaut kommt mhd. die Media b nicht vor, sondern 

es muß stets p angesetzt werden, wo das Ahd. b hatte. 

2. Wo das b vom Inlaut durch Abfall des -e in den Auslaut ge¬ 
treten ist, ist es 

a) abgefallen in bnn (mhd. bunbr) Junge, Bube; oo (mhd. abe) ab; 
roo herab, non hinab; 

Anm. Auch in der Zusammensetzung bleibt oo, z. B. önsraim ab- 

* 

schreiben, daneben aber auch hbhaiip. 

b) sonst zu p geworden, z. B. ic blaip (mhd. ich belibe) ich bleibe; 

ic glaap (mhd. ich gcloube) ich glaube; ic gip (mhd. ich gibe) ich gebe: 

ic hop ich habe; ic Haip (mhd. ich schribe) ich schreibe (dagegen wieder 

* 

houi, sraiwi, glaau'i habe ich; schreibe ich; glaube ich); geicölp (mhd. 
gcivelbc) Gewölbe; op (mhd. obc, ob) ob. 

Mhd. p. 

§ 115. 1. Mhd. p im An- und Inlaut > b, z. B. bedela (mhd. gc- 

terlin) Petersilie; heederum/täul Peter und Paul; hülfe (mhd .palrer) Pulver; 
blanden (mhd. plüdern) plaudern; Sbriya (mhd. springen) springen; h<ihi¬ 
hi tarn Pappelbaum. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


47 


Anm. 1. »plätschern« lautet ; pfledSen , vgl. $ 100 Anm. 1; Sdcmpfl 
Stempel (zu rahd. stampfen ), besonders pflasdesdernpfl schwerer Holz- oder 
Eisenklotz zum Einstampfen der Pflastersteine. 

2. pf (ph) > pf, z. B. pfaf (mhd. pfaffe) Pfaffe; pfana (mhd. pfanne) 
Pfanne; pfäifm (mhd. pfiferi) pfeifen; khopf (mhd. köpf ) Kopf; kharpfm 
(mhd. karpfe) Karpfen; dsapftn (mhd. xapfe) Zapfen; sdrumpf (mhd. Strumpf) 
Strumpf; snupfrn (mhd. snupfen) schnupfen; dsipfl (mhd. xipfel) Zipfel; 
pflauma (mhd. pflüme) Pflaume; pflaum (mhd. phlüme) Flaum; pfidurn- 
feeden Flaumfedern. 

Anm. 2. Neben harpfe und scharpf kommen schon im Mhd. harfc 
und scharf vor, daher harfm und sihrf. 

3 . pp > p > b, z. B. khabm (mhd. kappe) Kappe; glaben (mhd. 
klapperen) klappern; grabln (mhd. krappein, krakeln) krappein: gribela 
(zu mhd. krippe) Darstellung der Geburt und Kindheit Jesu in kleinen 
Figuren aus Holz und Wachs, zwischen Weihnachten und Mariä Licht¬ 
meß in den Kirchen ausgestellt; slabrn (ndd. slappe) Pantoffel; Sobm 
(mhd. schoppen ) stopfen, besonders vom gewaltsamen Füttern des Mast¬ 
geflügels; dsabln (mhd. zappeln, xabcln) zappeln. 

Anm. 3. Für Krippe wird sonst tan (mhd. harn) gesagt: gribm 
wird auf einen schwächlichen Körper angewandt: arma gribm arme 
»Krippe«. 

§ 116. Im Auslaut > p, z. B. gip (mhd. gip) gib; blaip bleib; icaip 
(mhd. uip) Weib; khginp (mhd. korp) Korb; grop (rahd. grop) grob ; sdaap 
(mhd. stoup) Staub. 

Über kamp, lamp usw. vgl. § 112 Anm. 1. 

Mhd. d. 

§ 117. 1. Mhd. d im Anlaut und im Inlaut nach Vokal > d, z. B. 

ddx (mhd. dach) Dach; draai (mhd. dri) drei; dcifm (mhd. dürfen) dürfen; 
uaden (rahd. äder) Ader; feeden (mhd. rüder (e)) Feder; bruude (mhd. 
brvoder) Bruder; gedäxt (mhd. ge-ddht) gedacht. 

2 r . Im Inlaut nach n wird es demselben assimiliert (nd > nn > n) 
in fina (mhd. rinden , germ. finpan) finden; ic fin (mhd. ich rinde) ich 
finde; gfuna gefunden; hauet (mhd. hundert) hundert; atme (mhd. min¬ 
der) Wunder; khine (mhd. kinder) Kinder; ane (mhd. ander , got anpar) 
ander; dnethälp anderthalb; khälene Kalender; in gsindl (got. gasinpi) Ge¬ 
sindel ist das d sekundär; 

dagegen ist es geblieben in hindn (mhd. hindcn) hinten; hin de 
(mhd. hinder) hinter (wo?); ninde hinter (wohin?); g.fdandn gestanden; 
handln (mhd. handeln) handeln; Sicindl (mhd. swinde!) Schwindel. 

Anm. 1. -nd- vor -e(n) ist auch verschiedentlich zu ygg geworden, 
z. B. riygy (mhd. rinde) Rinde; fliygy Flinte, neben rindn und flindn. 

Anm. 2. gemda Gemeinde geht auf mhd. gemeine zurück. 


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Hans Batz. 


3. Ebenso wird es assimiliert a) nach m ( nid > mm > m), z. B n 
freme (mild, vrem(e)de, got. framafis) ein Fremder. 

b) nach l (Id > // > /) nur in dnlii (mhd. tolde) Quaste, Dolde: holen 
(mild, bulderen) bollern, kullern; hole (mhd. holder, holunder) Holunder, 
womit aber gewöhnlich Flieder gemeint ist; in eigentlicher Bedeutung in 
hulebügsn Holunderbüchse; hölekhüücala Kügelchen aus Holundermark 
(holemärik) ; höleSdruiwala Holunderdolden (-trauben) in Teig gebacken: 
(vgl. in der G.-Ma. feie Felder); 

sonst bleibt d nach l, z. B. Suldu (mhd. schulde) Schulden; giilde 
goldener: 

c) nach r (rd > rr > / ) nur in wpn (mhd. werden) werden, wysn 
(mhd. worden) geworden; ic. wn (mhd. ich wirde) ich werde; du unst 
(mhd. du wirdest) du wirst; es weit (mhd. er wirde!) er wird; psndli (mhd. 
ordenlich) ordentlich; 

sonst bleibt es nach r, z. B. ndn (mhd. erde) Erde; nujsde Mörder. 

* 

4. Vor f ist es zu h (p) geworden, z. B. upfegdat Advokat; öbspfüitegeesl 
ob du vorgehst! 

5. Vor *• ist cs geblieben, z. B. sodst schadest; ledst leidest; 
red st redest. 

6. Vor den Explosivlauten ist es nicht hörbar (auch im Satzsandhi), 
z. B. gsut geschadet; gerct geredet; wensglabst wenn du glaubst; 

ebenso bei -deb- in rohem (mhd. rndebdre) Radkarre, Schieb¬ 
karre mit Kasten. 


§ 118. Mhd. d im Auslaut > /, z. B. doot (mhd. tod) Tod; 

auch wenn das d erst nach Abwertung des -e vom Inlaut in den 
Auslaut kommt, > t sowohl nach Vokalen, z. B. soot (mhd. schade) schade; 
fruit (mhd. rrunde) Freude; gercct Gerede; 

als auch nach n, z. B. ant (mhd. awle) leid; gswinf (mhd . geswinde) 
geschwind; sdunt (mhd. stunde) Stunde; 

nach Z, z. B. bill (mhd. bilde) Bild; will (mhd. wilde) wild; jedoch: 
hui (mhd. balde) bald; 

nach w, z. B. honet (mhd. hemedr) Hemd; daneben aber auch hem. 
neben dem Plur. hemede auch hone. 


Anm. 1. »Wörth in Ortsbezeichnungen wie »Mühhvörth, Zinken¬ 
wörth«- geht wohl zurück auf ahd. werid, Insel im Fluß; dabei wird 
rtd > rr > r: iniiälwüöi; ds'tgggwöös. 

Anm. 2. Pferd, für das die Ma. stets gaul gebraucht, lautet in 
der Halbmundart pfnt und pfeest. 


§ 110. Hinzugefügt ist d 

1. vor der Vorsilbe er-, z. B. defrihn erfrieren: der}neu erinnern: 
delduin erlauben; deleem erleben; desdufm ersaufen; desloog erschlagen: 
dewddu erwarten; 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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2. zwischen n (y) und Z, z. B. mendla Männlein; gsndli(c) (mhd. 
ordenlich) ordentlich; aiydlifc) eigentlich; kkundl Kunigunde, aber 
Dimin: khunala ; 

3. nur sehr schwach und nicht regelmäßig zwischen n, l und s (3), 
z. B. gänds (mhd. gans) Gans; hands Hans; hülds (mhd. hals) Hals; mends 
(mhd. mansche ) Mensch; fäldS (mhd. valsch) falsch; 

4. zwischen f und n in hdfdn (mhd. houfe) Haufen; hifdn (mhd. 
hiefe) Hagebutte; hefdn (mhd. heve) Hefe; khufdn (mhd. kuofe) Kufe; 

5. zwischen S und n in feessdn (mhd. vcrseri) Ferse; khcesSdn (mhd. 
kirse) Kirsche; 

zwischen s und l in khesdl (mhd. kesgel) Kessel; hosdln (mhd. bö$eln) 
bosseln; 

6. nach Konjunktionen wie wen, wal (wtl), befdos, bis, d&s (des) 
wenn, weil, bevor, bis, daß, nach Fragewörtern wie op, ich, wÖs, wl, 
tco, wäsrüm ob, wer, was, wie, wo, warum vor »ihr« (2. Plur.); z. B. 
wendemöxt wenn ihr mögt; däsdefdikhumt daß ihr (aber) fein kommt! 
(vgl. dazu 0. Weise: »Die sogen. Flexion der Konjunktionen« in Zeitschr. 
f. Deutsche Maa., Jahrg. 1904, S. 199 ff., und die dort angeführte Literatur). 

Mhd. t. 

§ 120. 1. Mhd. t im An- und Inlaut > d, z. B. daä (mhd. tnon) 
tun; düüs (mhd. iür) Tür; dogrj (mhd. locke) Puppe; doxde (mhd. tohter) 
Tochter; fäde (mhd. rater) Vater; müde (mhd. mnoter) Mutter; farwidn 
(mhd. erebeiten) arbeiten; unde (mhd. unter) unter; basdl Sebastian; redl 
Margarete; Sdegy (mhd. stecke) Stecken; khasdn (mhd. koste) Kasten. 

Anm. 1. Manchmal, aber nur in sehr lässiger Sprache, geht auch 
t in r über, z. B. färe, mure für fade, müde (ebenso ore für ode oder!). 

Anm. 2. Mhd. valte Falte > falgy; mhd. spalten spalten > übalgy; 
vgl. die ähnliche Erscheinung bei riijgy usw. § 117 Anm. 1. 

2. Geschwunden ist t vor s 

a) in der Endung -st bei Stämmen auf -ht, z. B. Idigst leuchtest; 
bogst pachtest; laigst leichteste; sowie in best hättest; 

b) iu nigs, negs (mhd. nihtes) nichts. 

Anm. 3. Mhd. htrdten > Haien heiraten; vgl. dazu die Erklärung 
von Lenz, abgedruckt bei Heilig, a. a. 0. § 142 Anm. 6. 

3. tt > d, z. B. bidn (mhd. bitten) bitten; bide (mhd. bitter) bitter; 
budn (mhd. butte, bütte) Bütte; hiidn (mhd. hatte) Hütte; gledn (mhd. 
klette) Klette; khudn (mhd. hatte) Kutte; ledn (mhd. leite) Lette; medn 
(mhd. viette) Mette; redn (mhd. retten) retten. 

Anm. 4. »Klettern« lautet in der Ma. gleben (zu mhd. k/eber klebrig, 
s. Weigand, Dtsch. Wb. s. v.). 

§ 121. 1. Mhd. t im Auslaut > Z, z. B. aämt (mhd. äbent) Abend; 
braat (mhd. breit) breit; esrivet (mhd. crebeit) Arbeit; fett (mhd. reit) Feld; 

Zeitschrift för Dontscho Mundarten. VII. \ 


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BO 


Hans Butz. 


fräint (mhd. vriunt ) Freund; gelt (mhd. gelt) Geld; khint (rahd. leint) Kind; 
liit (mhd. liet) Lied: maat (mhd. meit) Magd (aber maadla [mhd. meitlln] 
Mädchen); mp3t (mhd. mort) Mord; root (mhd. rot) rot. 

2. Geschwunden ist auslautendes t 

a) in gef (mhd. gelte) gelt (Partikel); is (mhd. ist) ist; martk (mhd. 
market) Markt; 

b) vor Explosivlauten (dadurch, dall t vor Labial und Velar assi¬ 
miliert, die vor Explosiven entstehende Geminate vereinfacht ist), auch 

* # 

im Satzsandhi, z. B. sdäyfäre Stadtpfarrer; sdäkhrtenye Stadtkirchner; 
sdägröom Stadtgraben; pbees (mhd. e'rtber) Erdbeere; hlmbees (rahd. hint- 
ber) Himbeere; bröokhqxny Brotkorb; iml>egeleeg im Bett gelegen; näis- 
ränkhnina ins Rad gekommen; a gldakhäft ein Kleid gekauft; indefriy- 
khäpi in der Hand gehabt; 

c) vor f (tf > yf, ntf > mpf), z. B. röoyföoire Radfahrer; haviy/l 
Handvoll; hempfala kleine Handvoll; rtmpfiic Rindvieh; geespfäüs gehst 
(du) vor! 

% 

d) in häubmaa Hauptmann. 

Anm. 1. tet 1 > tt > t. z. B. bet (mhd. betet) betet; gebet (mlul. ge- 
br/et) gebetet: ebenso ttet >//>/, z. B. gerdt gerettet; geltet gewettet. 

§ 122. Angetreten ist t vielfach ans Ende: 

1. nach Vokalen, z. B. naät (mhd. nähe) nahe (wahrscheinlich aus 
dem zuerst im Kompar. eingetretenen d: neede näher); 

2. wie in der Schriftsprache: 

a) nach n in mannt (mhd. mäne) Mond (aber tnänesäi Mondschein); 

b) nach s (s) in baabst (mhd. bäbe.s) Papst; obst (mhd. nbe;) Obst; 
snvdsf (süst) (mhd. sus, aber auch sust, saust) sonst; 

außerdem in anest anders; 

c) in dnethälp anderthalb. 

8. nach f z. B. sempft (mhd. srnf, srnef) Senf; hä mp ft (mhd. hanrf) 

Hanf; 

4. nach e (.r), z. B. laicl (neben lair) (mhd. lieh) Leichenbegängnis; 
ha(a).rt (mhd. haherh) Habicht; mit Einschiebung eines e in näxet nachher: 

ö. teilweise im Part. Perf., z. B. gemisnt (mhd. getrieben) gemessen. 

Anm. 1. Aus mhd. srhees wird seheest selbst. 

Anm. 2. Im Gegensatz zur nhd. Schriftsprache ist t nicht ange- 
treten in breedi(c) (mhd. bredige) Predigt; eds (neben rdset) (mhd. iexe) jetzt. 

Anm. 3. Mhd. t im Auslaut steht sowohl für german. d als auch 
für german. p. 

123. Mhd. tiv 

1. > gw in gwec3 (mhd. tinrh, fair) quer; gicnhn (mhd. twnlm) 
Qualm; 


2. > in dsnnrir (mhd. tarn) Zwerg: dsa’pirsak Zwerchsack; 
iiaedsa(3nr quer; dsaii/a (mhd. taiagen) zwingen. 


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(.autlehre der Bamberger Mundart. 


51 


Mhd. g. 

§ 124. 1. Mhd. g im Anlaut > g, z. B . ger (mhd. gibt) gehen; groos 
(mhd. gröf) gToß. 

2. In der Vorsilbe ge- ist das e 

a) teils geschwunden vor f, l, n, r, s ß), z. B. glaum (mhd. gelouben) 
glauben; gliit (mhd. gelit) Glied; glüh (mhd. geliicke) Glück; gfaln (mhd. 
gefallen) gefallen; gfooz (mhd. gevdre) Gefahr; gfect (mhd. geteilte) Gefecht; 
ggddt (mhd. gendde) Gnade; groot (mhd. gerade) gerade; gsel (mhd .geselle) 
Geselle; gSbendst (mhd. gespenste) Gespenst: gsunt (mhd. gesunt ) gesund; 
gseeg (mhd. geschähen) geschehen; 

ebenso im Part Perf. vor e, s ß) und f, z. B.: gßrwet gearbeitet; 
gseeg gesehen; gsedsn gesessen; gsivnma geschwommen; gsbrnga ge¬ 
sprungen; gfangt gefangen; gfresn gefressen; gfuna gefunden; 

gh > kh, z. B. khäbt (khdt, khndn) gehabt; khöozriß) gehörig; kl/aiin- 
nis Geheimnis; khust gehustet; 

b) sonst gewöhnlich als e erhalten, z. B. gebiet (mhd. gebet) Gebet; 

grdlrt (mhd. getihte) Gedicht; gedrdat (mhd. getregede, getreide) Getreide; 

gerip Gerippe; gewict (mhd. genihte) Gewicht; gejdost gejagt; gerdaft 

gerauft; gerlim gerieben; geuutia gewonnen; gtlöfm gelaufen; geblitosn 

* 

geblasen; geddxt gedacht; gedglt geangelt: geimpft geimpft; gedudst ge- 
/ / 

utzt; geübt geübt; gekhüst geküßt; gegrddst gekratzt; gemdxt gemacht; 
gennma genommen; geöpfet geopfert; geblädst geplatzt; gegiculn gequollen; 
gedduift getauft; gedsdict gezeigt. 

Anm. gern, gaga, khuma : gegessen, gegangen, gekommen ent¬ 
sprechen den mhd. ge&en, gangen, körnen, ebenso: geem gegeben, nmn 
geworden, mhd. geben, worden. 

§ 125. Mhd. g im Inlaut 

1. vor Konsonanten (außer / und s) und vor Vokalen (außer r und 
Konson.) > c, x, z. B. lause (mhd. leger) Lager; jeece (mhd. jeger) Jäger; 
nree ärger; relicjöon Religion; drect trägt; drnxt tragt; gluost klagt; lilücl 
lügt; feect fegt; sect sagt; ßeefdie (mhd. cegeviur) Fegfeuer; 

auch wo g nach Apokope des auslautenden e in den Auslaut tritt, 
z. B. tvoox (mhd. wäge) Wage; doox (und deex) (mhd. tage) Tage; grüne 
(mhd. krüege) Krüge; gehörte (mhd. gebirge) Gebirge; 

Anm. 1. Mhd. loger locker > lode, z. B. lode losn locker lassen. 

Anm. 2. Das mhd. Gesetz der Schriftsprache, das im Auslaut 
tennis forderte, galt nicht in der Ma; daher steht r, s auch wo im Auslaut 
in der Schriftsprache k (c) stand, z. B. dinc (mhd. arc) arg; Italic (mhd. 
bald) Balg; bpric (mhd. berc) Berg; doox (mhd. tue) Tag: dsivair (mhd. 
xioic) Zweig. 

Anm. 8. Geschwunden ist g , wie schon im Mhd., in man/ (mhd. 
meit ) Magd; maadla (mhd. meitlin) Mädchen; srndsn (mhd. se(gc)ns<) 
Sense; gedrdat Getreide. 

4* 


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52 


Hans Batz. 


2. ist mit folgendem -en zu y assimiliert (vgl. § 97,2c/9), z.B. aay 
(mhd. ougen) Augen; booy (mhd. boge) Bogen; bgsrty (mhd. borgen) borgen; 
gahy (mhd. gal ge) Galgen; juuyt (mhd . jugent) Jugend; liiy (mhd. ligeri) 
liegen; lüüy (mhd. liegen) lügen; lüüye (mhd. lügeneere) Lügner; mgsrty 
(mhd. morgen) morgen; mooy (mhd. möge) Magen; reeya (mhd. regenen) 
regnen; sooy (mhd. sagen) sagen; sdaiy (mhd. stigen) steigen; duuyt (mhd. 
tugent) Tugend; wooy (mhd. wagen) Wagen; an windsiy einen winzigen; 

Anm. 4. Zu beldidiy (neben beldidiya) vgl. §97, 2c/S und Anm. 2. 

Anm. 5. Vor n in fremden Wörtern wird g zu y, z. B. maynus 
Magnus (auch mayes); siynääl Signal; aynes (auch ayes) Agnes. 

3. vor l > g, z. B. grüügla Krüglein; naagla Neige (letzter Rest von 
Flüssigkeiten, dann auf dem Markte ein kleines Gemäß für Feldfrüchte usw.); 
noogl (mhd. nagel) Nagel; rcegl (mhd. rege!) Regel; foogl (mhd. vogel) 
V ogel; 

Anm. 6. Vor mhd. -eil- wird g wie zwischen Vokalen behandelt, 
z. B. neecala (mhd. negellin) Nägelein; neecala Nelke; foöcala (mhd. vogellin) 
Vögelein. 

4. vor s>g , z. B. froogst frägst; ligst liegst; längst lügst; magst 
magst; soogs sage es; segst sagst 

Anm. 7. Georg heißt in der Ma. fysS oder gijsric. 

Anm. 8. yg > yy > y, z - B- Sbriya (mhd. springen) springen; ey 
(mhd. enge) eng; eye enger. 

§ 126. Im Auslaut ist mhd. g zu lc (c) geworden und wird daher 
in den folgenden Paragraphen behandelt; vgl. auch § 125 Anm. 2. 

Mhd. k (c). 

§ 127. Mhd. k im Anlaut 

1. vor Vokalen > kh , z. B. khält (mhd. kalt) kalt; khint (mhd. kint) 
Kind; khceariy (mhd. kirche) Kirche; khisdn (mhd. leiste) Kiste; khoxy 
(mhd. kochen ) kochen; khgm (mhd. körn) Korn; lehöxa (mhd. köchinne) 
Köchin; khücy (mhd. leuchen) Küche; khysrices (mhd. kürbe$) Kürbis; 

Anm. Das Lehnwort Kuckuck lautet gügi/k , wie mhd. gnggne , 
neben lenkuk. 

2. vor Konsonanten >g , z. B. glaa (mhd. kleine) klein; gyect (mhd. 
kneht) Knecht; gyoxy (mhd. knoche) Knochen; gruidse (mhd. kriu\er) 
Kreuzer; graut (mhd. krüt) Kraut; grnm (mhd. krump) krumm. 

§ 128. 1. Im Inlaut wird mhd. k und ck zu g, z. B. age (mhd. 

acker) Acker; bugl (mhd. buckcl) Buckel; brügy (mhd. brücke) Brücke; 
fagl (mhd. tacket) Fackel; bagy (mhd. backen) backen; bdgöofm Backofen; 
brogy (mhd. brocke) Brocken; deygy (mhd. denken) denken; glogy (mhd. 
glocke) Glocke; melgy (mhd. melken) melken; mugsn (mhd. mudeexen) 
sich regen; sdegy (mhd. stecken) stecken (intrans.). 

2. Geschwunden ist ck wie in der Schriftsprache in blidsn (mhd. 
blickexen, blikxen) blitzen, smadsn (mhd. smackitxcn) schmatzen, küssen. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


53 


§ 129. Mhd. Ä-(c) im Auslaut 

1. > k, z.B. bok (mhd. boc) Bock; bek (mhd. bccke ) Bäcker; gSdäyk 
(mhd. gestalte ) Gestank; gräyk (mhd. kranc) krank; daak (neben daax) (mhd. 
teile) Teig; sdk (mhd. sac) Sack; sek Sacke; sdäsrik (mhd. starc ) stark; wek 
(mhd. wec) weg (aber ivecc Weg!); totprik (mhd. werc) Werk; wek (mhd. 
wecke) Weck; Swelk (mhd. welc) welk; folik (mhd. volc) Volk. 

Anm. 1. khälic, sdrtc, wqtric wohl aus den mhd. Formen mit eh: 
laich, sareh, werch neben kalc, sarc, werc Kalk, Sarg, Werg. 

Anm. 2. In mhd. werctac wird nach dem ersten c ein e einge¬ 
schoben: wprgedöox Werktag. 

Anm. 3. Zu gmüx (mhd. genuoc) genug; ic moox (mhd. ich mac) 
ich mag vgl. Gebhardt a. a. 0. § 121 Anm. 5; über tac, Itire usw. vgl. § 125 
Anm. 2. 

2. in der Endung -ec und -ic>c, das häufig (in der G-Ma. stets) 
verschwindet, z B. fctdi(c) fertig; hooni(c) (mhd. honec) Honig; grefdi(c) 

; khööni(c) und (G-Ma.) khiiüni (mhd. künec) König; leedifc) (mhd. 
Icdic) ledig; suldi(c) (mhd. schuldec) schuldig; Sdaaivi(c) (mhd. sloubec) 
staubig; dwandsifc) (mhd. xweinxec) 20; fufdsi(c) 50; pfeni(c) (mhd. 
pfennic) Pfennig (neben pfeniy < mhd. pfenninc)-, 

3. in der Endung inoiy, z.B. heesriy (mhd. herinc) Hering; pfeniy 
(mhd. pfenninc) Pfennig (s. oben unter 2). 

% % 

Anm. 4. henmli(c), sdrympfedi(c), bdrfüüsi(c) (neben bdrfüiiset) 
im Hemd; in Strümpfen; barfuß in adverbialer Verwendung. 

Anm. 5. Mhd. weniowey wenig; mhd. manec kommt nur flektiert 
vor: mance mancher; mdneesmöl manchmal. 

Anm. 6. Für juy, Idy , gsdy, gay, riy sind wohl die mhd. Formen 
jung, lang, gesang, gang, ring anzusetzen (yg > y), oder das y ist aus 
den flektierten Formen mit inlautendem y auf die endungslosen Formen 
übertragen; für dayk,grdyk,gsdänk ist aber danc,kranc,gestanc anzusetzen. 

§ 130. Stoßen (auch im Satzsandhi) zwei k oder g zusammen, so 
verschmelzen sie in eines, z. B. sdögnf Stockgriff; drlyglöos Trinkglas; 
a sdükhees ein Stück Käse; an rökhaft einen Rock gekauft; giikhäsdn 
Guckkasten. 



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54 


Ludwig Sclniefer. 


Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach 

(Kreis Biedenkopf). 

Ein Beitrag zur hessischen Mundartenforschuug. 


Von Ludwig S 


Vorliegende Arbeit bietet einen Ausschnitt aus einer im Germanis¬ 
tischen Seminar in Gießen im Jahre 1910 angefertigten größeren Arbeit 
über die Flexion der Schlierbacher Mundart. Sie soll gleichzeitig einen 
Beitrag darstellen zu der von W. Horn in einem der früheren Jahrgänge 
angeregten Sammlung der Flexion der deutschen Mundarten. 

Wenn wir den Formenreichtum, den das Verbum im Ahd. und 
Mhd. aufweist, mit dem Stand in den gegenwärtigen Mundarten ver¬ 
gleichen, so machen wir die betrübende Wahrnehmung, daß dieser sein- 
stark zusammengeschrumpft ist Seinen Grund hat das in dem unbewußten 
Streben nach Vereinfachung durch Ausgleich. Gleichwohl aber werden 
wir in dieser Darstellung Beweise genug finden dafür, daß die Auffassung, 
als seien die Mundarten unseres Gebietes in ihrem Formenreichtum schon 
auf ein geringstes Maß beschränkt, falsch ist Besonders deutlich tritt 
uns das im starken Verbum entgegen, das noch eine große Reihe von 
Formen bewahrt hat, die im schriftsprachlichen Verbum nicht mehr vor¬ 
handen sind. Auf der anderen Seite aber können wir-feststellen, wie 
stark zurzeit der Einfluß der Schriftsprache auf unsere Mundart ein¬ 
wirkt. Das Material, das dieser Arbeit zugrunde liegt, beruht auf 
eigener Sammlung, die im Verlaufe des Sommers 1910 vorgenommen 
wurde. Bemerken möchte ich, daß fast alle Belege so festgestellt 
wurden, daß die einzelnen Formen im Satzzusammenhänge erschienen 
und daß durch eine gegenseitige Kontrolle, die in meiner Gegenwart 
etwa 20 Einwohner von Schlierbach im Kreise Biedenkopf in einer Wirt¬ 
schaft aneinander üben konnten und auch tatsächlich übten, falsche 
Formen fast vollständig ausgeschlossen sind. Den Boden zu meinen 
Untersuchungen hatte mir der Lehrer des Ortes, Herr Baum, gut vor¬ 
bereitet, und ich konnte mich ganz und gar auf meine Gewährsmänner 
verlassen. Interessant war es mir festzustellen, daß die jüngeren Gene¬ 
rationen, bis zu 40 Jahren, sich stark von den älteren unterscheiden, 
die den alten Stand der Mundart noch ziemlich rein bewahrt haben. 
Wo solche Doppclformen — an einer Stelle konnte ich sogar drei 
Schichten feststellen — auftreten, sind sic durch ein (a) oder (n) ^ alt. 
neu näher bezeichnet. 

Zur phonetischen Umschrift habe ich zu sagen, daß ich mich darin 
der Lautbezeichnung der Zeitschrift für deutsche Mundarten angeschlossen 
habe, wie es auch schon in meiner Dissertation geschehen ist. Zur ge¬ 
naueren Orientierung über die Qualität der einzelnen Laute muß ich 


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• Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach. 



deshalb aucli auf meine Schrift verweisen, in der ich eine genaue Dar¬ 
stellung der Vokale, die unsrer Mundart besonders eigen sind, gegeben 
habe. Wie dort, so habe ich auch hier den Grundsatz befolgt, auslau¬ 
tende Konsonanten mit der Tenuis zu bezeichnen, womit jedoch nur ge¬ 
sagt und bezeichnet sein soll, daß hier Fortis zu sprechen ist, nicht aber 
schriftsprachliche Tenuis. Hin und wieder wird es auch begegnen, daß 
innerhalb eines Paradigmas in der Schreibung Tenuis und Media im Wort¬ 
anfang und Wortinnern wechseln. Auch hiermit soll nur angedeutet 
werden, daß ein Schwanken in der Aussprache herrscht. Die Tenuis 
steht in der Regel in einem Worte mit kurzem Vokale, in den meisten 
anderen Fällen jedoch die Media, d. h. also, Tenuis ist im Stammanlaut 
vor Konsonant plus kurzem Vokale und im Stammauslaut, soweit dies 
in Betracht kommt, als Fortis zu lesen. Soviel über die phonetischen 
Verhältnisse. 

Der Bestand an Konjugationsarten ist noch der gleiche, wie er in 
mhd. Zeit vorhanden war, nämlich: wir unterscheiden starke, schwache 
und gemischte Konjugationen. Die Tempora haben allerdings eine teil¬ 
weise Einbuße erfahren und zwar besonders beim schwachen Zeitwort, 
worauf ich noch bei der Erörterung dieser Konjugationsart eingehcn 
werde. Zu unterscheiden sind an Zeitformen: 


1. Einfache Zeiten: Präseus und Präteritum, 

2. Zusammengesetzte Zeiten: Futurum I u. II, Perfektum, Plusquam¬ 
perfektum und die Formen des Passivums. 

Die Flexionsformen, die die Mundart von allen Verben bilden 
kann, sind: 

1. Präsens: Indikativus, 

§ 

2. 2. Person Singularis und Pluralis des Imperativs Präsentis, 

3. Infinitivus Präsentis, 

4. Infinitivus Präteriti, 

5. Partizipium Präteriti und die von ihm gebildeten zusammen¬ 
gesetzten Formen. 


Der Indikativus Präteriti kann von sämtlichen starken Verben ge¬ 
bildet werden. Hierbei erfahren wir, daß der Bauer im allgemeinen den 
Indikativus Präteriti, dessen Bildung tatsächlich vorhanden ist, durch eine 
Umschreibung mit dem Perfektum mit haben oder sein oder durch 
den Infinitivus mit den entsprechenden Formen von tun ersetzt und zwar 

in allen den Fällen, in denen schon ein ähnlich lautendes Präsens vor- 

# 

banden ist, um eine Verwechslung und Undeutlichkeiten nicht aufkommen 
zu lassen. Das schwache Verbum ist seines Präteritums fast gänzlich ver¬ 
lustig gegangen, und es ist nur dort erhalten, wo durch Rückumlaut die 
Form des Präteritums so deutlich gekennzeichnet ist, daß keine Ver¬ 
wechslung mit dem Präsens statthabeu kann. Eine besondere Gruppe 
bilden die im Stamm auf -t oder -d auslautenden Verben der schwachen 
Konjugation, die regelmäßig ihr Präteritum durch eine Umschreibung or- 


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56 Ludwig Schaefer. 

setzen, da der doppelte Dental im Stammauslaut und in der Endung ver¬ 
mieden wird. 

Der Konjunktivus Präteriti wird nur von solchen Verben gebildet, 
deren Stammvokal umlautsfähig ist, d. h. fast ausschließlich von den 
starken Verben; Konjunktivi Präteriti der schwachen Flexion lassen sich 
nur in ganz geringer Zahl aufweisen. Sie sind auch hier auf solche 
Verba beschränkt, deren Stammvokal einen Umlaut verträgt Wenn¬ 
gleich der Konjunktivus Präteriti der starken Verben in der Mundart 
noch lebendig ist, so tritt er in der mundartlichen Rede doch nur 
seilen zutage; meist wird er durch eine Umschreibung ersetzt (dect, 
kent usw.). 

Untergegangen ist eine ganze Reihe von Verbalformen, die auch 
in der Schriftsprache nur noch ein kümmerliches Dasein fristen. Es 
sind dies: 

1. Konjunktivus Präsentis, der stets durch den Konj. Prät. oder 
dessen Umschreibung ersetzt wird. 

2. Fut. I. Ind.; er wird in rein temporaler Bedeutung meist durch 
den Ind. Präs, ersetzt; die Umschreibung mit »werden« und dem Inf. 
Präs, findet in folgenden Fällen statt: 

a) bei ironischer Behauptung, 

b) zum Ausdruck einer Vermutung, 

c) zum Ausdruck der wahrscheinlich oder möglicherweise eintre¬ 
tenden Handlung. 

3. Fut. I. Konj. fehlt; es tritt Ersatz ein durch den Konj. Prät. oder 
durch dessen Ersatz; s. o. 

4. Fut. II. Ind. wird in rein temporaler Bedeutung meist durch das 
Perf. ersetzt. Die Umschreibung mit »werden« drückt eine Handlung 
aus, die vermutlich oder wahrscheinlich oder möglicherweise eingetreten 
sein wird oder schon eingetreten ist. 

Für das Passiv gilt das für die Formen des Aktivs Gesagte in 
gleicherweise. Gebildet wird das Pass, mit »sein«; in einzelnen Fällen 
erscheinen beide Bildungen nebeneinander. Die übrigen Formen des 
Passivs werden wie in der Schriftsprache dargestellt, jedoch mit den 
Beschränkungen, die unter dem Aktivum aufgeführt sind. 

Der Inf. Präs, verliert in der größten Zahl der Fälle sein n. Schon 
in mhd. Zeit fällt das n häufig ab und zwar auf mitteld. und zum Teil 
auf obd. Gebiet. Diese Entwicklung macht auch die Schlierbacher 
Mundart mit, allerdings mit einigen Ausnahmen. 

1. n ist erhalten: 

a) in den Fällen, in denen schon mhd. das dem n vorangehende e 
der Endung in der Regel synkopiert wurde, das heißt nach l und r. 
Dazu treten dann noch Fälle bifrlhan > beveln und* nhd. Neubildungen. 
Die Beispiele, die ich für diesen Vorgang habe feststellen können, mögen 
hier folgen: eenen = ähneln; ben < bctalön ; bdfcecevln, bdfcecevn < bi- 


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Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach. 


57 


felhan; bpi < ballen = Ball werfen; deysn < mhd. tcngeln ; rfm* < mhd. 
dillen; dreksin < drechseln; aaen x <ilen\ pvtseen < erxeln mhd.; fpi < 
mhd. re/le« > feilen ; etnpfeeeevln, empfcecevn < ent-felhan > - /<?/»; fan 

< fallan > vollen ; faoan < fülen > vülen; feen < mhd. relen; foin < 
fnolen > vüelen; foin, fin < füllen > vüllen ; haa'nan < hanfalön > Aaw- 
rfe/w; haiein < mhd. hachein, hecheln ; ha-.cen < heilen > heilen ; Ae« < 
halön, holön, holen > Ao/w > Aa/n; kivtson * < kitxilön > kitzeln, kütxeln ; 
leetegin <*lougilen mit Dissimilation des ersten n > *lougelen; moon, mädnn 

< malan > maln, malen; muuvn < malen, mälön > mälen ; mpm, men, 

men < meldön> melden > * mellen > *meln\ een < mhd. öTe«, ö'/n; ir/m, 
ir/^w < mhd. orgelen, orgeln ; proon < mhd. prälen ; kween < quellen, 
quelen > queln; kiepi < mhd. queln; kivpn < que'Uan > quellen ; ramon < 
rainntalön > rammeln ; ro&ro < mhd. ra$$eln ; rem < * regelet! < regen 
mhd.; somdn, spornen < *samalon mit Dissimilation des ersten n > *sa- 
melen > sammeln-, Seen < mhd. schein ; < mhd. schellen-, S{mon < 

mhd. schimelen; ts)s»n = schütteln; < swellan > StveUen ; steceon < 

nhd. sohlen ; Sbiion, Sbiin < spilön > spiln; Sboin < spuolen > spüelen-, 
Sdcen < stelan > stein; Sden < stellen > stellen-, Sdln < stillen > stillen; 
Sdrambdn < nhd, ndd. strampelen, strampeln ; straaejaln < nhd. streicheln; 
dtecen < fe*7en > teilen; tröigin < *ahd. truklen mit Dissimilation des 
ersten w; trgmon > spmhd. trumel, trumbel; wppn < wellen > wein ; w\gm 

< spmhd. wickeln; wgoin < wuolan > u üelen; tsäävn, tseen < zellen > 
;:e/w; tseeeecin <*xeihhalen, mit Dissimilation des ersten n> *xeichelen; 
tswaaewin < zwivaldn > xwiveln; wpksin < wehsein; hpwin < hobeln; 
hoin < hiuwilön > hiulen; n<e<en < mhd. nagelen, negelcn; gncewen < 
Neubildung zu knebel. 

qignn, aigsm < mhd. ackern, eckern; aalvn < mhd. altem; pnan < 
mhd. endern; prjnn < crgirun, argirön > ergern; qsvn < nhd. Bildung awf- 
schern; bodaouon < mhd. betiurcn, bcturcn; bagcen-on < gi'rön > gern; bd- 
Sweevn, baSwiivn < mhd. beswirren; bpsvn < mhd. bez,z,em; blecrvn < mhd. 
blcteren; bcecerm < borön y> born; bodvn < nhd. Bildung butern; daouvn 

< mhd. düren, türen ; duunvn < mhd. donrcn; denn < dorren > dorren; 
iiun < erew > ere/i; aefnn < mhd. ifern; foovn < faran > mm; /emr? < 
nhd. Bildung federn; faevn, faaejün < /Yrö« > viren; fgijvn < mhd. 
viuren; ftqgvn < Jlagarön > vlackern; flqtcvn < nhd. Bildung flattchcrn 
zu flattern; fqijon < fuoren > eiteren; fourvn < mhd. vüetern; geewon < 
,/äsaw >jesen; gdbacevn < gibiran > gebem; gowiitm, gsweerm < ghoeren 

> gewern; hiivn, h)vn < huren > hteren; \vn < irren > irren; juumvn < 
mhd. jämern; kiirm < Äere« > keren; klp-nn < klettern nhd. Bildung; luuvn 
<mhd. lüren; liivn, Iran, Iqvn < liren > /eren; /m, < /esan > /esm; 

Ine du < liefern frnhd. Bildung; moivn < mhd. miuren, müren; niivn < 
Herren > wer«; oAw« < opphorön > opfern; plinvn < mhd. plündern; pro- 


1 «ae bezeichnet einen Diphthong mit langem ersten Bestandteil. 
5 i bezeichnet einen Laut zwischen e und {'. 


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Ludwig Scbaufer. 



uAimi.c nhd. probieren', selmi < scheitern, Schaltern nhd. Bildung — rie¬ 
geln ; riivn < ruoren > rüeren ; soijvn < nihd. suren ; &y;n < skrrran > 
scherten ; secon < skvran > schem ; slourvn, slaournn < mhd. sludern ; 
stniiun < mhd. 3 mim; sngion < mild, snüeren; snqvn < mhd. snurren; 
swiiun < swerren > stcern; sievn < mhd. sichern ; Sbcecevn < sparen, spa¬ 
rt) n > spant; sbeun < sperren > sperren; sbiivn < spurjan > spürn; sdol- 
bon < frnhd. stolpern: draouvn, traouvn < traren > truren; wiivn . weeun 
< teeren > wem ; wanvn < mhd. wandern ; wiiun < we.ren > «rm; waevn, 
waaejvn < weigarun > weigern; wounvn < wuniarön > wundern; tseun 
xerren > .'.errett; ts'tmvn < zimbrön > ximbern; ts'irmi, tsiron < ittarön 
> xitern; tsw(lsvn c xwixxirön > xwitxern; dimvn < dämmern nhd. Bil¬ 
dung; teeeon < -xeran > -xern; per an < fordarun > fordern ; houtjon < 
hungiren > hungern; hitwn < hintarön > hindern. 

b) In seinen »Beiträgen zur Kenntnis der Schwälmer Mundart (Zs. 
f. hd. Maa. Bd. 6 [1905], Seite 251)<: sagt Schoof über die Verben, deren 
Stamm auf -nn ausgeht, das Folgende: 

»3. Die Endung -«M fällt ab: 

a) bei Wörtern, deren Stammvokal mhd. auf -nn (Gemination durch 
gut. nachfolgendes 7 ) ausgeht, z. B. /.en (kennen), new (nennen), /wen 
(brennen) usw. Analog dazu gebildet: wen (meinen), s 6 en (spinnen), x/n 
(scheinen), (gewinnen), re'w (rinnen) u. a.« 

Mit dieser Auffassung Schoofs kann ich mich nicht befreunden. Auf 
den ersten Blick könnte es scheinen, als sei die Endung -en wirklich 
abgefallen. Bei genauerer Beobachtung jedoch nehmen wir wahr, daß 
in diesen Fällen das n der Endung tatsächlich noch vorhanden ist, denn 
das stammauslautende nn, das ja in den heutigen Mundarten nicht mehr 
als Geminata erscheint, ist verlängert Hätte sich die Mundart iu diesem 
Falle den allgemeinen für den Schlierbacher Dialekt geltenden Gesetzen 
für den Auslaut angeschlossen, dann müßten wir Formen haben, die 
auf -d ausgehen. Das ist aber nicht der Fall, und wir dürfen annehmen, 
daß das verlängerte 11 die Erhaltung des auslautenden n in sich birgt. 
Das e der Endung mußte nach den für unsere Mundart geltenden Ge¬ 
setzen synkopiert werden. Für die Erhaltung des n sprechen meines 
Erachtens auch noch Fälle, in denen -n des Auslauts lautgesetzlich ge¬ 
fallen ist und 0 in den Auslaut tritt. Dieses a mußte im sekundären 
Auslaute lautgesetzlich erhalten bleiben. Die Fälle, die ich für diese 
letzte Erscheinung habe feststellen können, sind die folgenden: da tu = 
ahnen, diind = dienen, grnitu — grünen, tcaetu = weinen, die allerdings 
auch entlehntes Sprachgut sein können. Erhaltung des n weisen auf (die 
Erhaltung ist phonetisch durch l’ntersetzen eines Punktes unter das n =-- 
n dargestellt): boghn < beginnen < biginnan; Imin besinnen c * bi - 
sinnan; breit. < brennen ■: brennen; g.trin c gerinnen - girinnan; sinn < 
spinnen < spinuau; g.ttriin ■ : geirntnnt ginnt nett; Len kennen 

kennen; Hin ■ : bhenen < Ir/nindn; leint, Hin lernen < Innen; tuteten ; 


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Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach. 


59 

meinen c ineinan ; neu <L nennen c nennen ; rr/* <: rennen c rennen ; /*/// 
< rinnen <. rinnan ; saaen < nehmen < skinan ; */**// < spannen c Span¬ 
nung dren < trennen < trennen \ winn woueu < fronen ; yatnn c ge¬ 
leimten < yeivinnan. 

In allen übrigen Fällen schwindet lautgesetzlich das auslautende -/>, 
wobei allerdings zu bemerken ist, daß unter diese Regel auch die Verben 
fallen, bei denen schon in mhd. Zeit eine Kontraktion der beiden voraus¬ 
gehenden Silben stattgefundeu hatte. Die älteren Generationen haben zum 
Teil noch eine Spur des früher vorhandenen n in der Nasalierung des 
Vokals bewahrt, wenngleich auch nicht bei allen älteren zu Rate gezogenen 
Personen diese Nasalierung festzustellen war. Die große Mehrzahl wies 
aber diesen Stand auf und zur Bezeichnung für die Unterschiede setze 
ich ein (a) = alte Generation, (j) junge Generation diesen Formen bei, 
die ich hier besonders aufführe: 1 flii (a) (j) < * fliehen < fliohan (mhd. v lieft) ; 
yii < gen (gdn)\ gasee" (a) gesec (j) < gesehen < geschehen ; jgg n (a) jag (j) < 
*jdn < jagen ; klgg n ( a) klag (j) < klau < klagen ; rga n (a) rag (j) < * rein < 
reinen < regetteu-, sga n ( a) safl(j) < < sagen ; sr/; n (a) s«'(j) ^ w/t C 

sehen-, sdii n (a) sd/t (j) < s/e//, s<d//; t/r«(i Ä trtig n (d) drgg trag (j) < *train. 
* trän < tragen ; rfpw n (a) dp« (j) < tfö// < ftto//. 

Dhs Part. Perf. der starken Verben geht im allgemeinen auf -«/ aus, 
da nach den hessischen Auslautsgesetzen auslautendes -n fallen mußte. 
Doch haben wir hierbei einige Ausnahmen festzustellen: 

1. Verba, deren Infinitiv auf -ln ausgeht, haben die gleiche En¬ 
dung im Partizipium: z. B. empftetevn = empfohlen; gafan ■= gefallen; go- 
stcoun = geschwollen; gasotnt = *geschollen < gescholten; gasdoon ge¬ 
stohlen. 

2. Verba, deren Infinitiv auf -/// ausgeht, haben gleiche Entwick¬ 
lung im Partizipium: gafoovn «= gefahren; yagoovn = gegoren; gabooun = 
geboren; gasuuvn «= geschoren; fvrlcvn = verloren. 

3. Verba mit stammauslautendem -// bewahren das // der Endung 
auch im Partizipium: bagon = begonneu; basort = besonnen; gasiin — ge¬ 
schienen; yasbon, gasboun = gesponnen; gatcort = gewonnen. 

4. Auslautendcs -n ist geschwunden oder als Nasal erhalten in ge¬ 
schehen, das schon in mhd. Zeit Kontraktion erfahren hatte: yascc n , gasee 
= geschehen, und im Partizipium des an. Verbum tuon: gadoo n , gadou 
= getan. 


1 Dio Zeichen (ii). (a), (in), (j) hinter den deutschen Formen uud vor der Linie 
bedeuten (ä) älteste Form — gesprochen von den ältesten Kinwohncrn — (Leute über 
05 -lahre); (a) alte Form — gesprochen von Bewohnern im Alter von etwa 45 — 65 Jahren; 
(in) mittlere Form — gesprochen von Leuten im Alter von 20 — 45 Jahren; (j) jüngsto 
Form — Aussprache der Kinder und jungen Leute bis zum 20. Jahre. 


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Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach. 


79 


Übertritt starker Verba in die schwache Flexion (vollständiger und teilweiser). 



Infinitiv 

Präs. Ind. 

| Konj. Prät. 

l Part 

beichten 

bu iah 
* 

bn iah 
% 

- 

gtbairt 

biegen 

bcerejt 

bmrjt 

barekt 

gtbrerrkt 

bitten 

bidt ! 

% 

bidd 

• 

bau Dt 

g»b(t 

brauen 

braouj i 

braoud 

— 

gtbraout 

brennen 

bren 

Ar^t 

braa n 7it , <m n 

gtbraa n nt , 

dorren 

dr Oft 
% 

devn 

% 

— 

gtd$Dt 

flechten 

flecdt 

fleah 

flcct 

gjfcct 

jäten 

jrrnrt. 

jrrrrrd 

— 

gtjrarvly rar 

kauen 

kaouj 

kaout 

- • 

gokaout 

kneten 

kntHvurj 

knrerenrt 

— 

gtburmd 

pflegen 

fl er ? 

flecd 

fleert 

gt/lrarct 

11 

f leert 

fleecd 

ii 

•i 

salzen 

saallsj 

saalist 

sä allst 

gdsaaltst 

schaben 

Stillt) IC t 

saautrt 

San opt 

gtsaaopf 

schieben 

sinnet 

sinnet 

Supt 

gtsupl 

schinden 

s i n t 
• 

{n t 

S i n t 
% 

go&(nt 

schöpfen 

seht 

• 

s$bt 


gtsaft 


11 

ii 


gjS$pt 

spalten 

Sben 

Sben 

Sbelt 

• 

gjSbelt 

spanneu 

sban 

Sban 


gdSbaänt 

tragen 

Iran ” 

traa n 

truk 

% 

gdtrrrrrt 

weben 

fcceut 

irreiet 

uerpt 

gdweept 

winken 

tcuygj 

wutjgt 

tcxiykt 

gdicuykt 

zehren 

tseeon 

t seeon 

— * 

gtlseevt 

niesen 

n (Ptcisdo 

tt fr <r i s d t 

nrrrrist 

gdfueceist 

nieten 

nrarirt 

nrarirt 

i 

gtfnneil 


Schwache Verba. 



Infinitiv 

| 

| 

Präs Ind. 


Prät. Ind. 

! Part. Prät. 

1 _ 

achten 

nxdt 

% 

nxdt 


— 

— — 

gtan i ct 

ächten j 

oiedo 

• nie dt 

— 

— 

(i ict — 

gtoict 

ächzen 

(tiefst 

% 

n ict st 
% 

— 

— 

— - 

gta ict st 

ackern 

({igv ft 

'/ ig»n 

— 

— 

ffigvt — 

gt([ igot 

ähneln 

een an 
• • 

eentn 
• • 

— 

— 

eentldt, t-t) — 

gteentlt 

ahnen 

aa^nt 

aa n )M 

— 

— 

ad^ndc , (-1) — 

gtd(i n nt 

altern 

adlon 

an Ion 

— 

— 

inlloih , (-1) — 

gtadlvt 

ändern 

871 vn 

• 

en Dn 

— 

— 

envdt, (-1) — 

gtennt 

| 

ängsten 

aiygsdt 

(t iygsdt 

— 

— 

- - 

gtaiykst 

anstecken 

oo n sdegt 

sdegt on 11 

sdikst oo" 

— 

- - 

oo n gdsdirt 

ii 

— 

— 

sdekst no n 
• 

— 

- - — 

— 

an wenden 

oo n trnit 

irr n j oo n 

— 

— 

ima n t on 91 — 

no n g*iran n t 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 










so 


Ludwig Schaefer. 



Infinitiv 


Präs. Ind. 

arbeiten 

tr r fr d 

ip <p r u j 

tpftrpst 

ärgern 

erjun 

erjtm 

erjD.it 

autschen 

u V fl 

U s V fl 

— 

baden 

Itanvra 

\>äit nra 

— 

ballen 

b$n 

ben 

• 

— 

batten 

badd 

% 

— 

— 

bauen 

baoud 

baoud 

baontst 

beben 

bceamca 

brecenwa 

— 

bedauern 

bsdamwn 

badaouvn 

— 

bedeuten 

bedoira ' 

badoira 

— 

begegnen 

. , . i 

bagaa*no 

bagua^n 

bagun n st 

begehren 

bagirfpvn 

bagrerrvn 

— 

befriedigen 

befr Urtea 

ha fr Urica 

bofriiriks 

n 

%% 

%% 

b d fr i i r i r s ■ 

behagen 

bdhtiuvy 

— 

— 

beichten 

bqicdd 

buirda 

• 

— 

berappen 

bsrebo 

barrba 

— 

11 

barnba 

b ar ab a 

— 

bereiten 

hanr/rra | 

barrptrra 

— 

boschweren ! 

basiriinn 1 

basici i na 

— 

11 

M 


— 

11 

babweenn 

bastcecvn * 

— 

bessern 

besvn 

• 

besvn 

— 

beten 

bfFtrvrd 

bfPfPvrd 

— 

betrachten 

bdtrqxda 

bdtrqxda 

— 

betteln 

* 

ben 

% 

ben 

% 

bevltst 

% 

beugen 

beejd 

beejj 

beekst 

bewegen 

weejm 

iceejan 

rreejaltst 

biegen 

birrpjv 

bfPtpjo 

bfpipkst 

bitten 

bida 

% 

b{d> 

— 

blättern 

b leer un 

bleervn 

— 

bläuen *= blau 
machen 

blee 9 

bleea 


bleichen trans. 

bUrtrea 

hUnrc» 

— 

flicken 


U‘ 19 J 


blinken 

bin igga 

bluiyg» 

— 

blühen 

bloij 

— 

bloo ist 
• • 

bluten 

bloura (qu) 

bl o n ra (o u) 

bl0 utst (nu) 

bohren 

bfPfPV ff 

bfpfpn n 

— 

brauen 

braoua 

braoud 

bruoutst 

brennen 

bren 

• • 

bren 

% • 

— 

bringen 

brn if/J 

brn i tja 

— 

brummen 

brotna 

brotna 

— 

borgen 

bar ja 

btrrjd 

brerkst 

buttern 

bodon 

bodon 

— 

danken (a) 

daa n go 

dun n g a 

d n u 71 k s t 

„ (j) 

ihm n f) g 

ihm n gg:t 

du unffkst 


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| Prät. Ind. 

Part. Prät. 

— 

9 

<earpt 


gdrpfprpt 

0 

— 

— 

gatrjDl 

— 

tfkvda, (-t) 

— 

gau&ot 

— 

bannt 

— 

gäbet not 


belda, (-t) 

— 

gabelt 

bat 

• 

— 

— 

gabqi 

— 

— 

— 

gabaout 

— 

betopt 


gabeeopt 

— 

badaouvt 

— j 

badaouvt 

— 

— 

— 

badoit 

bagau*t 

bagua*nt 

— 

bagdä*nt 

— 

— 

— 

bagrerevt 

bdfiirikl 

— 

— 

bafriirilt 

bafiirict 

— 

— 

bafriirirt 

bahauv^t 

— 

— 

bshdno^t 

— 

— 

— 

gsbqict 

— 

— 

— 

bsrept 

— 

— 

— i 

bsrapt 

—- 

— 

— 

bdr(P<pt 

— 

— 


bs$truuv( 

— 

— 

— 

bsSwiivt 

— 

— 

— 

bdSiceent 

— 

— 


gsbqsvt 

— 

brPfPvt 

— 

g 9 b<e<mt 

— 

— 


bdtrqxt 

bevlt 

% 

b$olt 

— 

gsbqvlt 

brekf 

böxkt 

• 

— 

gsböikt 

xceejalt 

— 


gdxceejslt 

bfp(P kt 

brerekt 


gzbfptrkt 

— 

bannt 


gabil 

— 

— 

— 

gsbleerot 

— 


— 

gdblert 

— 

— 

— 

gdbltPfPct 

— 

gukt 

— 

gagidt 

bla igkt 

blqiggda (-kt) 


gebtnigkt 

blooit 
• • 

— 

— 

gjblqut 

blout (qu) 

— 

— 

geblout (qu) 

— 

— 

— 

gobfPfPvt 

— 

— 

— 

gsbrnout 

— 

brau 71 nt (im*) 

— 

gdbruu n 7 it (im 7 , 

— 

broret 

— 

gsbroict 

- 



gsbrompt 

bterkt 

bfprkt 


gdhfp rkt 

- 

— 

— 

gobodnt 

d n u 71 k t 

daa n kt 


gada u 7i kt 

ihm " tf kt 

du a*fjkt 


g ,i d n ii n g k t 


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UNIVERSITYOF MICHIGAN 





Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach 


81 


j 

Infinitiv | 

Pifis. Ind. 

.. 1 

Prät. Ind. 

| 

Part. Prät. 

dauern 

daouvn 

daotivn 

— 

daouvt 

■ ■ 

I 

gddaouvt 

decken 

(1 a ig j 

da ig9 

— 

— 

dqgict 

— 

gddggict 

dehnen 

deen 

• • • 

deen 

— 

— 

dfent 

— 

gddeent 

dengeln 

deym « 

deydn 

— 

— 

— 

— 

g9deydlt 

denken 

duiygs 

daiygo 

— 

— 

dooict 

— 

gddooict 

deuten 

doird 

doird 

— 

— 

— 

— 

g9doit 

dichten 

dicd9 

dicd9 

— 

— 

— 

— 

g9dict 

dielen 

di in 
• • 

di in 
• • 

— 

— 

diilt 
• • 

— 

gddiilt 

dienen 

di in d 

dÜ7ld 

— 

— 

diint 

— 

gvdiidt 

dingen 

d ui 7)9 

du i i)9 

duiykst 

duiykt 

duitjgd» f-t) 

— • 

gdduiykt 

donnern 

d u u n n n 

— 

— 

duunat 

— 

— 

gdduunvt 

dorren 

dev 7i i 

— 

— 

d$vt 

— 

— 

gdd^vt 

dorren 

1* 

denn 

d$vM 


— 

— 

gdd$vt 

drechseln 

dreksin 

dreksin 

* 

dreksiltst 

• 

dreksilt 

— 

— 

gddr^ksilt 

drehen 

dreeo 

dreed 

dreest 

dreet 

droot 

— 

gddroot , oou 

drohen 

drood 

droo9 

— 

— 

ii 

— 

gddroot 

drucken 

drugo 

drug 9 

— 

— 

drukt 

• 

— 

gddrukt 

drücken 

dröik9 

dröikd 

dröikst 

dröikt 

drtfxt 

— 

gddruxt 

M 

— 

— 

— 

— 

dröikdd 

— 

gddröikt 

dulden 

dould9 

• 

douldcf 

• 

— 

— 

— 

— 

gddgult 

düngen 

d u i 7) d 

d ui yd 

duiykst 

duiykt 

duiykdo (-t) 

— 

gdduiykt 

dunsten 

donsdo 

do7isd9 

— 

— 

doTudj 

— 

gvdonst 

eggen 

ecjd 

eej9 

eekst 

eekt 

eekt 

— 

gdeekt 

ehren 

Hirn 

iivn 

— 

— 

iivt 

— 

g 9 Hot 

eifern 

aefrm 

aefrm 

— 

— 

aefvt 

— 

gdaefvt 

♦ulen 

aaen 

aam 

— 

— 

aaeldd (-t) 

— 

gdaaelt 

e inten 

$V)ld9 

eundj 

% 

— 

— 

— 

— 

gaevnt 

erschrecken 
intr. u. trans. 

eüsrrr7)gd 

evsrrevgo 

fvsrikst 

evs rikt 

evürn nie t 
• 

— 

evsruuict 
% 

erzählen 

eotseen 

% 

evtseen 

• 

evtseevltst 

• 

evtseevit 

% 

{VtSOOUlt 

— 

{vtsoou/t 

fallen 

h» 

fen 

— 

—» 

— 

— 

9>W 

erben (a) 

i r ic 9 

% 

i r ir 9 
% 

irpst 

irpt 

irpt 

— 

gd{rpt 

ü) 

!C 9 

f r ff 9 

erpst 

ei-pt 

erpt 

— 

gj$rpt 

färben 

ftpru'9 

ftrnc9 

— 

— 

ferrpt 

— 

gofeerpt 

fassen 

fas9 

fas9 

— 

— 

f(l8d9 (-t) 

— 

gjfast 

faulen (h. u s.) 

faoun 

— 

— 

faoult 

— 

— 

g9 faoult 

federn 

fervn 

fervn 

— 

ferul 

— 

— 

gjfervt 

fegen 

flerejd 

frerrjd 

frerekst 

f(Prrkt 

fairegdd (-kt) 

— 

gjffecrkt 

fehlen 

feen 

fern 

— 

— 

foolt 

— 

gjfoolt 

feiern 

faaejvn 

faaejvn 

— 

— 

faaejtxh (-1) 

— 

gjfaaejvt 

feuern 

foijmi 

fiijun 

— 

— 

foijvdd (-1) 

— 

gtfnjvl 

fischen 

foi$9 

fgisd 

— 

— 

— 

— 

gjfgist 

Uackern 

flqgvn 

— 

— 

flagot 

— 

— 

gjflagvt 

flattern (h.u.s.) 

flqtcvn 

— 

— 

flat ent 

— 

— 

ga/lajrvt 

flochten 

fl^cdd 

fleedo 

fliest 

flert 

flret 

— 

gdflect 

fluchen 

flnxa, H 

flllXdj H 

— 

— 

— 

— 

goflnxt, u 

flüchten 

2 

fliedd 1 flicd9 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. 

VII. 

" 

G 

~ 

yjflirt 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



82 


Ludwig Schaefer. 


1 

Infinitiv 


Präs. Ind. 


I’rät. 

Ind. 

Part. Prät. 

fragen 1 

freej 

freej 

f recsl 

freet 

fr not 

— 

gjfroot 

freien 

fraarjj 

fraarjj 

fr tt act st 

fraari 

— 

— 

gjfraaet 

= heiraten 

i 







fühlen 

fnin 

fom 

foiltst 

foilt 

foult 

— 

g 9 fo tt 1 1 

führen 

1 

foijnn 

foijnn 

— 

— 


— 

gdfoint 

füllen 

fin 

/in 

— 

— 

— 

— 

g 9 foult 

ii 

•i 

ii 

— 

— 

— 

— - 

gjfilt 

fürchten 

ftr tr i c fl j 

f tr tr ic.tlo 

— 

— 

— 

— 

gj ftr tr i e t 

•i 

ftr icd J 

ftri cd 9 

— 

— 

— 

i 

g 9 ftr i r t 

11 

feedd 

feedo 

— 

— 

— 

■ 

gofect 

füttern 

fo u r n n 

fo urun 

— 

— 

fo ur nt 

— 

g 9 fo n r n t 

gähnen 

giib 9 

gi ib.t 

— 

— 

giipt 


g9giipt 

genügen 

gjniijj 

— 

— 

gjniict 

— 

— 

gjniict 

gerben 

gcricj 

yenrj 

— 

— 

gerpt 

— 1 

gjyerpt 

gewähren 

gdtriion 

g j tr i i tt n 

— 

— 

gjici i nt 

— 1 

g 9 tr i i n t 


y9irce du | 

gjireenn 

— 

— 

gdicccnt 

— 

goirccvt 

gewöhnen 

tjdwiin ' 

gjiriin 

— 

— 

— 

— 

g 9 tr i i t 

glauben 

g Irr tr ir 9 

gltr tr tr 9 

— 

— 

gierte pt 

— 

goglrr.tr )t t 

gleiten | 

gtöitsd 

glbitsj 

— 

— 

glöitst 


gjgl Ii 1 1 s t 

glückon 

ylöikj 

— 

- - 

gib ikt 

— 

— 

gjglöikt 

glühen 

glgijj 

glgij9 

gigist 

nh't 

— 

— 

gw/tait 

grüßen 

gri*9 

gris9 

gr ist 

grist 

— 

— 

g9gr i st 


g r ii89 

gri is9 

gri ist 

gri ist 

— 

— 

g 9 g r i i s t 

haben 

h a tr 9 

Ii tt tr 9 

ho pst 

h o p t 

h o p t 


gj/io pt 

= halten i 








v 

h g tr 9 

It g tr j 

It g p s t 

h'U't 

hQpt 

— 

gohnpt 

ii 

hob j 
% 

h g b j 

ii 


11 

— 

M 

hacken 

hagd | 

1 hagj 

halst 

hakt 

— 

— 

(jdhakt 

i 

hängon trans. 

l ‘'! Öf'J J 

Ii tt 1 //// 9 

ho i gkst 

ho ipkt 

— 

— 

g 9 h u iyk t 

M M 

11 

•i 

ii 

ii 

h iV 

hi gkst USW. 

gjhayj 

hecheln 

h tt i r i n 
% 

It a i c i n 
% 

ho i c i It st 
• 

ha ieilt 
% 

ha teilt 
% 

— 

gjhuici /1 

heilen tr. u. 

lt(pf/n 

lltrtrn 

htnrltst 

htroit 

— 

— 

gjhfCfiit 

int r. 








hemmen 

/tritt j 

• • 

hetttj 

• 

h ritt pst 

hrnipt 

heutpih f-f) 

— 

gj/innjit 

hoffen 

i hnfi 

| liofj 

hofst 

hoff 

hgfdj f-t} 

— 

g9hgft 

holen 

heu 

• % 

hrn 

• 

hdtst 

% 

he/t 

• 

— 

— 

gohclt 

hören 

h i i n tt 

h i i v n 

h i ins t 

It i i n t 

hindj (-t) 

— 

gjhiof 

11 

It i v n 

It i v n 

h i n s t 

hilft 


— 

ii 

impfen 

i »>!>{■> 


itupfst 

'."'/•ft 

— 

— 

U 3 '.'"Pft 

irren 

ton 

tun 

inst 

int 

int 

— 

gjivt 

jagen (a) 

Joa n 

jo o n 

j tr tr s t 

j trtrf 

/ tr tr t 

— 

ytjtr er t 

U) 

1 j aa 

jaa 

M 

ii 

•1 

— 

* 

• % 

. (j) 

j n a 

jaa 

11 

ii 

•1 

— 

g 9ja a t 

jäten 

jfVtrt’.t 

jtnrrJ 

jtrtrfst 

jero t 

— 

— 

gojtrrr n t 

i % 

ii 

7 

•i 

v 

— 

— 

gjjtc rr t 

jucken (a) 

jii igj 

jbi g 9 

jii ikst 

jöi kt 

jb i yd i (- kt ! 

— 

g j j b i /.* t 

(j) 

j'lff 3 

j *1 <J •' 

jo I st 

io kt 

j nyd.t (-kt) 

— 

.7-V 11 k t 


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Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach. 


83 




Infinitiv 


Präs. lud. 


Prät. Ind. I 

I’art. Prät. 

kaufen 


k ff (P fj 

kfftf fit 

k re (f fs t 

kfp fp ft 

k(P(pif 

— 

gdk(p(pft 

kauen 


knouo 

kaoud 

kcioust 

kn out 

— 

— 

goknout 

kehren, um-, 
fegen 

kiinn 

kiivn 

kiivsl 

kiivt 

koovdd (-t) 
kiivdo (-t) 

— 

gokoovt 

kennen 


ken 

• • 

ken 
• • 

k ent st 

kent 

• 

kaa^ndo (-t) 

Konj. f-t) 

goknu n nt 

kitzeln 


kintson 

kiotson 

kivtsoltst 

kivtsolt 

— 

— 

gokiatsolt 

klagen 

(a) 

klfn/n 

klu a n 

klfßfPSt 

k IfP (Pt 

klecffdd (-t) 

— 

gokl(t(ct 

* % 

(i) 

klau 

k 1 n u 

•i 

ii 

ii 

— 

goklnnt 

kleben 


glectro 

glcctrd 

glcejist 

gleept 

gleept 

— 

goglcept. 

kleinmen 


klemj 

• 

klemo 

• 

klempst 

klempt 

klempdo (-t) 

— 

goklempt 

klettern 
(h. u. s. 

) 

klervn 

• 

klermi 

• 

klcrvSt 

• 

kl er ot 
% 


— 

goklervt 

kneten 


knrpfpvro 

kn<rtPor9 

knrerpvtst 

k)ifP(PDt 

— 

— 

gobupcpol 

knieen 


krueid 

buch 

kn er i Ist 

kn (eit 

kfKPfcuh (-t) 

— 

gokri(C(Pit 

knüpfen 


knibd 

knibd 

kn/pst 

knipt 

— 

— 

goknipt 

kochen 


kqxo 

kqxo 

kqxst 

kqxt 

ktpedo (-t) 

— 

gokoxt 

kosten 


kqvsdo 

kqvsdo 

kqvst 

kqvst 

— 

— 

gokqvst 

m 


knvsdo 

kuosdd 

kuost 

kuvst 

— 

— 

gokfivst 

krachen 


kraxo 

* 

kraxd 

* 

kruxst 

kraxt 

• 

krqxdo (-t) 

— 

gokraxt 

krähen 


kreco 

krccd 

krertst 

kreet 

kroodo (-t) 

— 

gokroQt 

n 


ii 


ii 

'1 

kruuvdo (-t) 

— 

gokruuvt 

kratzen 


krqtso 

kr also 
% 

kratst 

* 

kratst 

% 

— 

— 

gokrqtst 

kriegen 
— bekommen 

krjjd 

kr >ja 

kr ist 

krit 

• 

krit 

Konj. kreec 

gokrit 

1 

küssen 


kiso 

kiso 

kist 

kist 

kisdo (•t) 

— 

gokist 

lachen 


1(1X9 

% 

1(1X9 

% 

luxst 

% 

laxt 

• % 

laxdo (- t ) 

— 

golqxt 

laden 

= einladen 

lunar9 

Inunro 

Ictst 

Ict 

lat 

——• 

golnt 

lauein 


luuvn 

lu uv n 

l nun St 

luuvt 

luuvd 9 t- t ) 

— 

golu not 

leben 


l(T<pi)nj 

ItPfPVlCO 

Uffpopst 

Ifpfpljpt 

lfP<PVpt 

— 

golfPfcapt 

lecken 


hpgj 

Ion 3 

l (P k s t 

leckt 

— 

— 

goltckt 

legen 

(a) 

l (f (VJ 9 

l tf ft j 9 

leckst 

leckt 

leekt 

• — 

golcckt 

11 


leejo 

leejo 

•i 

•1 


— 

ii 

lehren 

(a) 

l iion 

li inti 

liivst 

li ivt 

— 

— 

goliivt 


(a) 

lövn 

lövn 

lö o fitst 

lövnt 

— 

— 

golövnt 


(j) 

levn 

% 

Icon 

• 

leantst 

% 

Icont 

% 

— 

— 

golev nt 

lehnen 
= leihen 

/ / in 

Hin 

• 

liintsf 

liint 

liindo (- tf 

— 

(a) goliit 

*1 


i* 

11 

ii 


ii 

— 

(j) goliint 

leiten 


Upfcro 

Up fer9 

Urrrtst 

Ifpfft 

— 

— 

golfpfct 

beleidigen 


beltffcrico 

bdUetericd 

holt n priest 

boltpfpvict 

— 

— 

bolfpfp riet 

lenken 


l n if/g J 

lu igg 9 

laiykst 

ln i ff kt 

1 n i ff k t 

— 

golu iifkt 

lernen 

(a) 

l n n \ 

16 n 

löntst 

tont 

— 

— 

golönt 


(j) 

Icon 
% • 

Icon 
• • 

levntst 

% 

levnt 

% 

— 

— 

gdlennt 

leuchten 


loicdo 

• 

loicdo 

• 

Inicst 

• 

loiet 

• | 

— 


golgict 

leugnen 


/ tp reg i n 

Ifpfpg i n 

ItPfpgiltst 

hc fpgilt 

Ifpfpg old 9 f-t) 


gölte fcgolt 

lieben 


lfPfP/H'9 

IfCfriir.f 

Ifpfpipst 

Ural pt 

Ifctribdo (•pt) 


goltpfpipt 




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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



84 


Ludwig Schaefer. 



Infinitiv i 


Präs. Ind. 


Prfit. 

Ind. ! 

Part. Prät. 

liefern 


l i tc v n 

h tc v n 

/ i IC V 8 i 

Huot 

litcuda (-tf 


fj 9 l i IC vl 

loben 


lootcd 
• • 

lootcj 

0 • 

loopst 

loopt 

— 

— 

galoopt 

löschen 


lötid 

löi&d 

löist 

löist 

löikt 

— 

ydlöist 

lösen 


liisB 

liisd 

Hist 

Inst 

— 

— 

galiist 

machen 


maxa 

vicuca 

mqicst 

mqict 

viädicdo (-t) 

— 

y 9 in ii nid 

mähen 


meej 1 

meej 

meest 

mcct 

moot 

— 

y 9 moot 

mahlen 


moovn 
• • 

moovn 
• • 

moultst 

moult 

moovll 

— 

y 9 in o o u n 



mnn ul9 

nt nn ul j 

vin nvltst 

mad ult 

ii 

— 

g 9 /// it nult 

mahnen 


mnn n n 

mtia n n 

• 

mnn*ntst 

vwn n nt 

— 

— 

y 9 in n it n n t 



ii 

ii 

V 

ii 


— 

g 9 nt n tt w t 

malen 


vioon 

moon 

mooltst 

moolt 

moolt (-do) 

— 

ydinoolt 

mästen 

(a) 

viesda 

m es tl 9 

nies t 

niest 

— 

— 

y 9 ine s t 

ii 

(j) 

m^sda 

mesdj 

vifst 

me st 
• 

— 

— 

yamest 

mauen 


m o i v n 

m oiun 

moiost 

moiut 

— 

• 

g9inoiut 



in o ij u n 

nt oiju n 

vioijvst 

mo ijvt 

— 

— 

y o in o ij o t 

meinen 


VUCUH 

• 

ntfPfrn 

• 

vunentst 

in v tf nt 

meet 

— 

y 9 in (f tf t 

melden 

(a) 

m$vn 

m $un 

mqvltst 

m^vlt 

— 

— 

yom^vlt 

•i 

(j) 

m<;n 

m f n 

vieltst 

% 

m^lt 

— 

— 

gom^lt 

ii 

(J) 

men 

• 

m e n 

0 

ineltst 

vielt 

— 

— 

gdmelt 

merken 


meryd 

mertj9 

merkst 

merkt 

merkt 

— 

gamerkt 

mischen 


m ii $ 9 
% 

VI u 8 9 
• 

VI n s t 
% 

m ii s t 

m u $ t 
% 

— 

y9in ns t 

ii 


in u X 9 

VI t(S9 

in u s t 

VI U 81 

must 

— 

yd in ns t 

mühen 


moio 

VI019 

vioist 

moit 

— 

— 

gavioit 

nageln 


n ff rf n 

n ff ff n 

n tf tf It st 

n tf tf It 

Uff (fit 

— 

gon ft tflt 

nähen 


need 

nec9 

necst 

neet 

noot 

Konj. neet 

ganoot 

□ähren 


niiüu 

niiun 

111 tust 

niivt 

noout 

* niivt 

g 9 noout 

nennen 


neu 

• • 

neu 

ventst 

0 

nent 

• 

nan n nt 

„ nent 

y autln »nt 

niesen 


ntf ff isd 9 

n ff ff isd 9 

n ff tc ist 

n tr ff ist 

Ute re isd 9 (•t) 

— 

fj 91t tf. <e ist 

nieten 


nffffiro 

nt ftr ir 9 

niete it st 

iitftfit 

— 

— 

yjnfftfil 

benutzen 


hjnotsj 

banotsa 

b91lotst 

b9not8t 

— 

— 

bjimtst 

ölen 


een 

een 

eeltst 

celt 1 

celd9 (-t) 

— 

gacclt 

opfern 


obnn 

obun 

obust 

obut 

— 

— 

gaobvt 

orgeln 


irjdn 

i rjon 

irjaltst 

irjolt 

— 

— 

i gairjalt 

pachten 


pooxdj 

jtooxda 

pooxst 

pooxt 

— 

— 

gapooxt 

pfetzen 


petsa 

pets9 

pc/st 

petst 

petsd9 (-i) 

— 

gajietst 

pfänden 


VW 

VW 

pentst 

pent 

p ii (i u n l 

Konj. pent 

y 9p tt ii 91 ii t 

ii 



V 

w 

** 

p fl n not 

• 

yopfut n vt 

pflanzen 

(a) 

plfl n n 1ltS9 

plfl II n fl 18 9 

p Itl fl n t S t 

pln n n tst 

p l ii ii n t st 

— 

y 9 pln n n t s t 

i* 

<j) 

pln n n ts9 

plfl tl n 1 89 


* 

•i 

— 

w 

pflegen 

(a) 

flee9 

flec9 

/leckst 

/leckt 

flvect 

— 

y 9 f l ff tf r t 

ii 

(j) 

fleeca 

fIc ec'9 

1» 

n 

n 

— 


pflücken 


blöikj 

blöik'9 

blöikst 

blöikt 

bin xt 

% 

— 

gabt iixt 

pfropfen 


profi 

p™f* 

prüfst 

prüft 

prüft 

— 

gjprgft 

platzen 


blfftsj 

hilft 89 

bl<[tst 

bin Ist 
• 

bh[tst 

— 

gabln ist 

plüudcrn 


plinun 

pH nun 

plinvst 

plinvt 

— 

— 

gapl in ut 

predigen 


preerica 

preeric9 

pr er riest 

pr erriet 

— 

— 

gdpreerief 

probieren 


protei tun 

pro ic tinn 

pro ir i tust 

pcnniiut 

— 

— 

proictiut 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






















Die Verbalflexion der Mundart von Schlierbach. 



1 

Infinitiv 


Präs. Ind. 


Prät. Ind. 


Part Prät 

prüfen 

priifo 

priifd 

prüfst 

prüft 

prüft 

— 

gopriift 

quälen 

kireen 

kiceen 

hreeltst 

kiceelt 

— 


gokicoolt 

i» 

V 

y> 


j) 

— 


gokxvcelt 

quellen tr. 

kiccn 

ktcen 

hieltst 

kicelt 

ktraalt 

— 

gokwäult 

raffen 

rqß 

r<iß 

rufst 

rqft 

— 

— 

gorqft 

rammeln 

ramon 

ramon 

ramoltst 

ramolt 

— 

— 

goramolt 

rauben 

rcetco 

reewo 

reepst 

reept 

r (reept 


gorereept 

räumen 

ramo 

ranio 

rampst 

rampt 

— 

— 

gorampt 

rechnen 

rervxin 

rtpvxin 

reevxiltst 

rervxilt 

rervxildo ft) 


goreevxolt 

reden (a) ! 

8 tr (^so 

Stcqso 

sirqst 

Sxcqst 

Steilst 


goSicqst 

r (j) 

S tc f 18 0 

S icqtse 

Zicetst 

SU) ^t St 

V 

— 

w 

regneu (a) 

rn n n 

— 

— 

rua*nt 

• 

— 


gorää n nt 

„ (j) 

r<t n 

— 

— 

ra u n t 

— 


gordd n t 

^eichen 

rfceeico 

r aupico 

r/ n eiest 

rer/riet 

— 


gor/redet 

•eichen = ge¬ 

raeeco 

— 

— 

VfPfPCt 

— 


gorereect 

nügen 








•oifen 

raacfo 

raaefo 

raaefst 

raaeft 

— 

— 

goraaeft 

•eisen (h.) 

r/Perso 

reeecso 

rcerest 

re/'er st 

— 

— 

goreeast 

egen 

reen 

reclo 

rccltst 

reelt 

roult u. reelt 

— 

goroult 


rccjo 

reejo 

reckst 

reckt 

— 


goreckt 

eizoo 

ractso 

ractso 

ractst 

ractst 

rer/rtst 

— 

goreeertst 

enrien (a) 

reit 

• • 

ren 
• • 

rentst 

• 

rent 

• 

raa n nt 

— 

gor an n nt 

(j) 

n 

w 


* 

rä d n t 

— 

goraa n t 

eften 

rqdo 

r^do 

reist 

% 

ret 

• 

— 

— 

görest 

iegen 

sclon 

• 

sei vn 
• 

Sf/ust 

sd Dt 
% 

— 

— 

go^^lot 

it/.en 

röitso 

röitso 

röitst 

r öitst 

röitsdo ft) 


goröitst 

.»sten 

rnosdo 

rnosdo 

raust 

must 

— 

— 

gornvst 

».sten 

riisdo 

riisdo 

riist 

riist 

riisdo ft) 

— 

goriist 

icken (a) 

röigo 

röigo 

röikst 

röikt 

ruxt Konj. riixt 

goruxt 

. (j) 

rt 

d 

V 

yt 

— riiet 

gor ii c t 

ihren 

riion 

riion 

riivst 

riivt 

riivt 

_ 

goriivt 

ipfen 

rqbo 

rnbo 

rtflist 

typt 

— 

— 

g»rqpt 

ltschen ib.u.s.) 

roitso 

röitso 

röitst 

föitst 

— 

— 

goröitSt 

itteln 

s tro 

s i ro 

sitst 

sit 

— 

— 

gosit 

en 

scco 

sceo 

sccst 

scct 

soovt 

— 

gosuuvt 

gen (a) 

S fl n * 

SO fl n 

S ec er s t 

s/P/rty Ser er 

S er er t 

— 

g os er ec t 





USW. 


— 


<j) 

s n ft 

S fl fl 

y* 

sera ty sec er 

T» 


n 





USW. 


— 


gen 

sccjo 

sccjo 

seckst 

scckt 

seekt 


goscekt 

lzen 

st mit so 

stmltso 

Sflflltst 

Sflflltst 

saaltst 

— 

gosaaltst 


** 


V 


V 

— 

gosftfiltso 

rnmelu (a) 

s ft f) m o n 
• • 

s ii o nt o n 
• • 

s n o nult st 
• • 

s o o molt 
• • 

— 

— 

gosnomolt 

<j) , 

s o in o n 
• 

.v n m o n 
• 

SO III oltst 

• 

so m olt 

• 

— 

— 

gosgmolt 

iiern 

soijvn 

soijon 

soijvst 

soijvt 

— 

— 

gosoijvt 

unen = 

see m o 
• • 

s e emo 
• • 

s ee mp st 

seempt 

seempt 

— 

goseern jit 

nähen 









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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 














Ludwig Schaefer. 


1 

Infinitiv i 

i 


Präs. lnd. 

schaben 

Still Ulf.» 

St in nie a 

StlflDpst 

schaden (a) ! 

Siiuora 

Sutiurj 

Sntst 

(j) , 

** 


Sii tt nt st 

schälen 

See.n 

Seen 

Sceltst 

schallen 

Sah 

— 

— 

scharren 

S e v n 
% 

Sfvn 

SevSt 

• 

schellen 

Seim 

• 

Senn 

scoltst 

% 

* 

Iqira 

loira 

Iqitst 

scheuen 

Soija 

Soija 

Soitst 

schicken 

siya 

Siyj 

sikst 

schieben 

Sumra 

Sumra 

Sun pst 

* ; 

S i rg J 

Sirga 

Sirkst 

schimmeln 

S i m a n 
• 

S i m a n 

• 

S i nult s t 

• 

schimpfen 1 

s i m b j 

S i mbj 

8 i III p s t 

schinden 

S i n e 
• 

Si na 
% 

sint st 

schlachten 

Slgxil J 

Sltixdj 

% 

Sh ix st 

schleifen — i 

Slretcfj ( 

SltCte fj 

Sharfst 

ziehen i 




schleudern 

S lao urv n 

Slaou ron 

slaourvst 

schlucken 

slngj 

Singa 

Sinkst 

• 

sei) matzen 

Slllfltsa 

• 

Snu/tsa 

Sinntst 

schmecken 

Sm qiga 

S m n iy j 

S nt n i k s t 
• 

1 

* 


y> 

* 

sehmiedeu 

>• m i r a 

smirj 

n nt 1 1 s t 

schmieren 

Sm Hon 

Siniian 

SntiioSt 

schmücken f 

Sinoiya 

Sntniya 

Snioikst 

• 

schmutzen 

S nt i t s c 

— 

— 

schnarchen 

stion/.i 

Snqrgj 

S wirkst 

schnitzeln 

Stli ut 8 J 

S n i o t s J 

Sniut st 

schnitzen 

Sniutsj 

Snivtsa 

Snivtsa 

schnüren 

Sllniju/l 

Snnijun 

SnqijnSt 


snqiun 

Suniun 

SnqiuSt 

schnupfen 

Snnlu 

• 

Snnba 

% 

Sun pst 

schnurren | 

s n e i/ u 
• 

S nevn 
• 

S n r u S t 

schöpfen (a) 

Selij 

• 


• 

Sr pst 

w (j) 




schrecken 

1 

Sitrijt/j 

Sctctiyj 

Sri kst 

tr. u. intr. 




* 

** 


s r tr u k s t 

n 


yy 

S r t k s t 

\ 



S ru nkst 

schütteln ! 

t s / s j n 

/ .v / # a n 

t s i s alt s t 

„ j 

Sirs 

S i r o 

S it st 

schütten 

Sira 

Sira 

Sit st 

schwatzen 

S ic (i s j 
• 

S tr tis ./ 

• 

S tr n s t 
• 


> //' rfsa 

> //• e I s a 

S trrt st 

schwenken 

Sicti iijyj 

S ir niijgj 

steil iykst 


Prät. Iml. Part. Priit. 


Sun opt 

suuvpt 

— gaSnnopt 

8(11 

— 

— yaSut 

S tltl vt 

— 

— ga Saunt 

Seelt 

Soolt 

— gaSoolt 

Salt 

Salta (- 1 ) 

— gaSalt 

S^nt 

— 

— 1 gas ent 

Spilt 

Spalt 

— 1 yaSeult 

Iqit 

— 

— 1 yalaout 

Soit 

Soit 

— ! yasoit 

Sikt 

Siet 

— ! yasict 

Suupt 

S u p t 

— i yjSupt 

Sirkt 

sirkt 

— i yaSirkt 

S i malt 
% 

— 

— ! y^S(malt 

Simpt 

— 

— gaS intp t 

S i n t 

% 

— 

— u yasint 

Slnxt 

— 

— ‘ gaSlqxt 

Sitae ft 

— 

— gaS Irr/r ft 

Slaourot 

— 

— I yaSlaourn 

Sinkt 

• 

— 

— 1 yaSlnkt 

Sinnt st 
* 

— 

— gaSniqtst 

S in ti ikt 

S in it n i e t 

— i tjaSnifi ii t f f 

r 

yy 

— ? yastnifiet 

n in i t 

— 

— yaSinit 

Sin Hut 

>• nt u u n t 

— yasmuu nt 

sinn ikt 
• 

— 

— yas nt ni kt 

> mit st 

— 

— y a S in i t s t 

Snnrkt 

S wirkt 

— yaSniirkf 

Snt otst 

— 

— • gaSniutst 

Sniutsj 

— 

— ! f/aSnin/st 

siiqijnt 

— 

— 1 gaSnqijot 

Snniut 

% 

— 

— 1 gaSnqint 

Snnpt 

— - 

— | gasnnpt 

i 

S n e u t 
• 


i 

gaSneut 


— 

— i gas ti ft 

** 

— 

— 1 yasept 

s r i k t 

Sruti ict 

Kunj Street fjaSrttu irr 

| 

S m nkt 

yy 

l 

1 * 

S rikt 

S r o k 
% 

Konj. Srrrk yasrngs 

Sur ukt 

* 

*• yy 

tsisißlt 

— 

— yatsisalt 

Sit 

— 

1 f/asit 

Sit 

— .. 

— 1 gaSit 

S tr n s t 
• 

Sirast 

— gaS tru st 

S tr r t s t 

• 


** 

> tr n 11/ k t 


— yjS/rii i ,y,\ , 


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Diu Yerbalfluxiun der Mundart von Schlierbach. 


87 



; Infinitiv 


Präs. lud. 


| Prät. lnd. 

! Part. Prät. 

1 

schwitzen (a) 

S /C Ö V t S 9 

«s- ir ö ut so 

iucövtst 

sicövtst 

— — 

i 

y 9s tr ö ot st 

* (j) 

s u i vtso 

swivtsd 

$ iv totst 

s ic totst 

— — 

yjs/ciotst 

sichern 

sicvn 

sic DU 

sicvst 

sicot 

— — 

' ydsicot 

setzen 

setsd 

• 

setsj 

• 

setst 

• 

s$tst 

susd9 (-t) — 

i yssqst 

sohlen 

s te m v n 

s tr tr V n 

stpcevltst 

stptevlt 

— — 

y 9 stete olt 


9 

91 

SiCfpltst 

St/UPlt \ 

— — 

1 (jdstrrrlt 

horgon 

.s e rj o 

scrjs 

sqrkst 

serkt 

• 

- -- 

■ yjscrkt 

spalten 

| sben 

s ben 

• 

& beit st 

• 

s beit 

• 

sbeldj(-t) — 

y9sbelt 

%% 

s bau l9 

s bau 19 

s beit st 

• 

sbelt 

• 

A 

l 

spauuen 

| sban 

sban 

• 

sbantst 

s baut 

— — 

I ydsbua^nt 

sparen 

s b tr <e v n 

s b tr tt- v n 

sbrrte d s t 

s b tr te o t 

i b to tr ot — 

j y 9 s b tp tr v t 

sperren 

1 sbeon 
• 

sbevn 

• 

sbevst 

% 

sbeot 

% 

sbeot — 

• 

1 y9&beot 

spielen 

tbiin ; 

shii/i 

s b Ult st 

sbiilt 

sbiilt — 

y j & biilt 

spitzen 

j 8 bivtsO 

sbi OtSJ 

sbivtst 

sbivtst 

— — 

ydsbivtst 


| sbitsj 

$ bi189 

sbitst 

s bi tst 

— —. 

yssbitst 

spotten 

sbqvdd 

sbnüd9 

• 

sboDtst 

% 

sbyvt 

— — 

yosbqvt 

sprießen (a) 

sb r(s 9 

sbrisd 
% 

sbrist 

% 

sbrist 

% 

sbrist — 

y9sbrist 

= stützen 

| 






lj) 

i / 

sbriisd 

i 

s b r i i s 9 

sbri ist 

sbriist 

sbriist *— 

| y9sbriist 

spritzen 

sbritsj 

Sbritsd 

sbritst 

sbritst 

— — 

yjsbritst 

spülen 

sboiu 

sboin 

sboiltst 

sboilt 

— — 

y9sboilt 

spüren 

sbiion 

sbiivu 

sbi ins t 

sbiiot 

.v booot — 

• • 

yjsbnoot 

stecken tr. (a) 

sdöiyd 

sdöiyj 

sdöikst 

sdöikt 

sdict — 

| yjsdict 

fl (J) | 

stl eg 9 

sdeyd 

sdekst 

• 

sdi^kt 

»» 

A 

a ! 

fl 

ti 

sdöikst 

0 

sdö ikt 

fl 

A 

stellen 

* den ! 

s den 

* (teilst 

sdclt 

s daalt Konj. sdelda 

yjsduo It 

stimmen 

sdinu i 

— 

— 

8 d i tu p t 

— — 

y9sdi nipt 

stolpern 

sdolbvn i 

sdolbvn 

sdolbvst 

Silo Ib Dt 

— — 

y9sdolbvt 

strafen 

sdroo/9 

sdroo/9 

sdroofst 

sdrooft 

— — 

i/9sdrooft 

strampeln 

sdra/nbj/i 

sdravil/9n 

sdrambjltst 

sflrambdlt 

— — 

yjsdra/nbjlt 

stieben 

sdrccico 

sdrcm'9 

st/rerjist 

sdreept 

- - - - 

gdsdreept 

streicheln 

sdraaejoln 

sdraaejsln 

sdrauejcltst 

sdraaejjlt 

- - 

y9sdr(iaejjll 

streifen 

s dr//•((:fj 

sdnctefd 

sdreea-fst 

sdrtrtpft 


y9sdrtffpft 

streuen 

s d r O! (V j 

s d r <p, tf j 

sdrairtst 

sd rcetet 

sdrtrtptl9 ( m t) — 

y9sdrefft t 

-t ricken I 

sdr'ujj 

sdrigo 

sdr/kst 

sdrikt 

sdrict — 

yjsdrict 

striegeln 

bots9 

bots9 

botst 

botst 

— — 

yjbotst 

suchen (a) 

suicj 

SU IC9 

su icst 

s u i c t 

suict — 

yjsuict 

lj) 

s n x j 
• 

suxj 

• 

s axst 
% 

snxt 

% 

snxt — 

% 

ydstixt 

sündigen 

sinicj 

sinicj 

sin icst 

sinict 

— — 

yjsinict 

tanzen 

dnn n tsj 

dua n ts9 

thnmtsl 

daaHst 

— — 

y 9(1 an n tst 

tauen 

d tr f/jj 

— 

— 

dtftrt 

dtftrt (• d9 ) — 

y 9(1 tr tr t 

** 

d tf </■ j 

— 

— 

* 

fl 

fl 

taufen 

d trtrjj 

dtetr/'j 

tltrtr fst 

d tf tr ft 

— — 

y 9 d tf tp ft 

tauschen 

daous.ß 

<I(10US9 

d aoust 

daonst 

— — 

y9daoust 

teilen 

d/rtni 

dtr/rn 

dt ft vlist 

dtptflt 

dt rt fit — 

yjdtperlt 

toben 

dootcj 

doouj 

doopst 

doopt 

doopt — 

yddoopt 

traben 

trqbj 

i 

Irabj 

% 

trapst 

trupt 

trqpt — 

yjtrqpt 


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88 


Ludwig Schaufel*. Die Yerbalflexion der Mundart von Schlierbaeb. 



Infinitiv i 

1 

1 


Präs. Ind. 


Prät Ind 

* 

1 

Part. Prät. 

tragen 


trau » • 1 

trau* 

treest 

treet 

trulc 

■ 

g dt r Wirt 

trauern 


draouvn 

draouvn 

draouvH 

draouvt 

— 

— 

gddraouot 

träumen 


drweeiliJ 

drwrtmd 

drweempst 

drwwmpt 

drwwmpt 

— 

gddreere m pl 

V 

1 

d rcern 9 

dreemd 

dreempst 

dreempt 

dreempt 

— 

gddreempt 

trennen 


trtn 

• • 

tren 

• • 

treeitst 

• 

trent 

• 

trqnt 

—- 

gdtrent 

trocknen 


tröigin 

tröigin 

tröigiltst 

tröigilt 

tröigilt 

— 

g9tröig ilt 

trommeln 


tronem 

tromzn 

tromditst 

tromdlt 

tromdlt 

— 

gdlromdlt 

trösten 


triisdd 

triisdd 

triist 

triist 

— 

— 

g9triist 

tünchen 


dinc9 

dinc9 

dinrst 

dinct 

dinedd (-t) 

— 

gddinct 

turnen 


tuvnd 

• 

tnvnd 

tuxmtst 

• 

tuont 

• 

türmt 

• 

— 

gsturmt 

üben 


iiw9 

iiic9 

iipst 

iipt 

iipt 

— 

gdiipt 

wachen 


icaxj 

irax9 

waxst 

waxt 

waxt 

— 

gdwaxt 

wählen 


ween 

• • 

tveen 

wcqltst 

tceelt 

icfelt 

— 

gdweelt 

währen 

(a) 

w i io n 

tviivn 

wiivSt 

iciivt 

— 

— 

gjwiivt \ 

n 

(j) 

iceevn 

iceevn 

weevät 

icecvt 

— 

— 

goweevt 

wagen 


W009 | 

IC 009 

woost 

woot 

wookt 

— 

gswookt 

waudeln 


ieaa*n*n 

wuu*udn 

waa*n9ltst 

wua*n9lt 

— 

— 

gjivua^nslt 

wandern 


icanvn i 

icanvn 

wanost 

wanut 

— 

— 

gdwanvt 

warten 

(a) 

teuodd 

wnvdj 

trautst 

w not 

— 

— 

guten vt 


(j) 

tcadd 

tcadd 

tratst 

icat 

— 


gdwa t 

weben 


tccetcj 

tcectcj 

weepst 

weept 

weepdd (-pt) 


gjwcept 

wechseln 


wqksin 

ic $ksin 

wqkscltst 

IVqksclt 

— 

— 

ij9ireks9lt 

T) 


wcksjh 

• 

wqksdlj 

ry 

ry 

— 

— 

»» 

wecken 


irtfigj 

W(\ig9 

w /fikst 

wtf ikt 

Wf{ ikt 

— 

gönn ikt 

wegen (bi 

i-) , 

uccjd 

weejj 

weckst 

werkt 

— 

— 

g.nrerkt 

wehren 


n'iion 

tviion 

iciivst 

wiiut 

iciivt 

— 

gdiriint 

weigern 

(a) 

iv d aejv n 

teaaej u n 

waacjnst 

waaejvt 

waaejvt 

— 

g 9 w aarjvt 

n 

(j) 

icaevn 

w neun 

iraevit 

waevt 

waevt 

— 

g j wu e nt 

weinen 


warn 9 

waciu 

wuentst 

wuent 

wuent 

— 

gjiraent 

woißen 


waacsd 

teaaesj 

i nutest 

waacst 

— 

— 

g 9 waacst 

wenden 


ICC IIJ 

WC 119 

wentst 

wc nt 

w a a n n t 

— 

g 9 ten a ’t n t 



n 

ry 

ry 

* 

wa a n t 

— 

<j9wa a n t 

wetzen 

(a) 

ic a s j 

uas9 

wast 

w ast j 

wast 

— 

g 9 w a s t 


(j) 

icetnj 

% 

wetsj 

• 

wqtst 

wqtst 

n 

— 

n 

wickeln 


w iydn 

wigdn 

w'ujjltst 

w/golt 

• 

— 

gowigolt 

wisßen 


wivsj 

WWUS 

treewst 

Werers 

treust 

— 

g 9 iv io st 

wohnen 


i cun n n 
• • • 

icmi n n 

• • • 

inni n iitst 

• • 

wn 11 * 11 1 

• • 

wuu*nt 
• • 

— 

g9wuu n nt 

wühlen 


tcooin 
• • 

wooin 
• • 

irooilt st 
• • 

womit 

wooilt 
• • 

— 

g 9 wog ilt 

wundem 


woitnvn 

/rou nun 

m um us f 

WO Ullüt 

wounut 

— 

gjironnut 

zahlen 


tsUH Oll 

t sin tun 

t sau ult st 

t s o nult 

tsooult 

— 

y9tsau nlt 

V 


y* 

T» 

tsceltst 

tscclt 


— 

gotsooult 

zählen 


tscen 

tsern 

tsceltst 

tsrclt 

tsoult 

— 

gjtsoult 

zehren 


tscevn 

— 

— 

tsci vt 

tsrrnt 

— 

yjtsecnt 

zeigen 


IstrrrcJ 

tSf/f/’C.I 

t SW irr st 

tsirerrt 

tsirwrt 

— 

• yjtswirct 

zeichuen 


18 (V er c i II 

t s n f r r i n 

t S <r er C i tt st 

t s n II eilt 

tswirc ilt 


! g 9 t sw er r i /1 

zerren 


tsevn 

% 

tsevn 

% 

t neust 
• 

tsrut 

• 

tsrut 

’ % 

— 

g9tsent 

zimmern 


tsiin un 

/ $ i in u n 

1 

t s i nt U s t 

t s i /// U t 

tsi in u t 

— 

gutsimut 


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Otto Bremer. Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlando. 8 ( J 



Infinitiv 


Präs. Ind. 


Prät. Ind. 

Part. Prät. 

zittern 

ts\rvn 

ts\rvn 

tsiroüt 

ts\rvt 

—- — 

gdts\rvt 

züchtea 

tsiedd 

tsiedd 

tsicst 

t siet 

— - 

g dt siet 

zweifeln (a) 

tswaaewin 

tswaaefc in 

tsicaaewiltst 

tsicaaeicilt 

t8icaaeicdlt — 

gdtsiccuieuolt 

(j) 

tswaaeicdid 

tstoaaeirdld 


i» 

V 

V 

zwirnen 

dreed 

dreed 

dreest 

dreet 

droot — 

gddroot 

zwitschern 

tsw(tStm 

— 

— 

— 

— — 

gdt8ic(t$vt 

dämmern 

dim vn 

— 

— 

d i m v t 

dimvt — 

gddirn vt 

langen = holen 

la?p 

laya 

Inykst 

laykt 

laykt — 

gdlaykt 

= genügen 



— 


w 

V 

hobeln 

heicin 

• 

h $ic in 

hewiltst 

hewilt 

• 

— — 

gdhewilt 

putzen 

botsd 

botsd 

botst 

botst 

— — 

gdbotst 

tränken 

trqiygd 

trqiygd 

trqiykst 

trq iykt 

— — 

gdtrq iykt 


Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlande. 

Von Otto Bremer. 

Maurmann gibt in dieser Ztschr. 1911, 289 die genaue Sprachgrenze 
von Wermelskirchen bis Gummersbach an »auf Grund von schriftlichen 
Erkundigungen, die er bei verschiedenen Lehrern dieser Gegend ein¬ 
gezogen« hat. Die Linie deckt sich zum Teil genau mit meinen Auf¬ 
zeichnungen, weicht nur zwischen Gummersbach und Lindlar für einige 
Ortschaften ab, bedarf also hier erneuter Aufklärung. 

Meine Angaben gründen sich auf mündliche Mitteilungen des aus 
Brück, einem Teile von Dieringhausen, an der Agger stammenden Herrn 
Dr. Ernst Zimmermann aus dem Jahre 1906, welcher aus eigener Kenntnis 
seiner Heimat heraus mit Bestimmtheit die folgenden Orte glaubte als 
westfälisch-sächsich bezeichnen zu können — ich füge jedem Orte, den 
auch Maurmann als ndd. angibt, ein (M) hinzu: Gimborn (M), Berg¬ 
neubausen (M), Niedergelpe (M), Apfelbaum (M), Rodt (M), Lope (fehlt 
M), Ahlefeld (M), Friedrichstal (fehlt M), Niederseßmar (M). Weiter öst¬ 
lich fällt nach M »die Sprachgrenze genau mit der Grenze zwischen den 
Kreisen Waldbröl und Gummersbach zusammen«. Das trifft für Rebbel¬ 
roth, Derschlag, Bergneustadt, Wiedenest und Bruchhausen zu, nicht 
aber für die nach meinem Gewährsmann frank. Orte Baldenberg (liegt 
genau an der Kreisgrenze), Neuenothe und Belmicke, die noch zum 
Kreise Gummersbach gehören. — Fränkisch: Würden (M sächs.), Elbach 
(M sächs.) (somit würde nach Maßgabe der Karto auch Hagen und Fla¬ 
berg, nach M sächs., fränkisch sein), Bickenbach (M), Wallefeld (M), 
Wahlscheid (M), Lobscheid (M), Liefenroth (M), Vollmershausen gemischt, 
neige stärker zum Sächs. hin (M. frank.), der links der Agger gelegene 


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Spreuhsaal. 



Teil, Höfen, sei fränkisch, dann — M reicht nicht weiter — Alferz¬ 
hagen, Marienhagen (mir von einem dicht bei Wiehl heimischen Herrn 
bestätigt), Baldenburg, Hahnbuche, Neuenothe, Belmicke. 1 

Weiter südöstlich bezeichnete mir mein Gewährsmann als sächsisch: 
Drolshagen, Iseringhausen, Hillmicke, aber als fränkisch: Benolpe. Gels¬ 
lingen, Husten und Rothemühle, so wie weiter rückwärts Eckenhagen 
(mir von jenem Herrn bestätigt) und Wildbergerhütte. Diese Angaben 
stehen im Widerspruch mit der Karte bei Schmelzer, Unterschiede 
zwischen dem süderländischen und siegerländischen Wortschätze (Diss., 
Münster 1906). Nach letzterer sind sächsisch nicht nur Bergneustadt, 
Wiedenest, Bruchhausen, Drolshagen, Iseringhausen, sondern auch Alten¬ 
othe, Neuenothe (natürlich auch Belmicke), Benolpe, Gelslingen, Husten. 
Auch Herr Dr. Maurmanu schickte mir 1901 eine Kartenskizze, nach 
welcher Blücher, Benolpe und Husten fränkisch wären, llilmicke gehört 
nach Schmelzer zur Wendischen Mundart, welche zwar sonst ndd., aber 
dem Worschatzo nach stärker zum Süden neigt. Rothemühle fehlt auf 
Schmelzers Karte, würde aber nach Maurmanu zum Wendischen gehören, 
nach Schmelzer offenbar zur Heid-Dörnscheid-Römershäger Mundart — 
nach Maurmanu wäre Römershagen und Dörnscheid schon wildenburgisch- 
fränkisch. Diese Abweichungen bedürfen noch der Aufklärung. 


Sprechsaal. 

Sehmolke. 

Im »Kcgensburgcr Diarium oder Wöchentliche Frag- und Anzeige-Nachrichteu«. 
Jahrgang 1780, liest mau S. lß_’ unter »Angekommen»: »1 Schiff von Linz des .1. Gg. Gußuer 
mit Kupfer, Schmollen, Potasche, Geschmeide, Honig», S. 156: »von Linz Gußner mit 
Kupfer, Schm olle u und Geschmeide«. Letzteres Wort bedeutet hier nicht Geschmeide 
aus Edelmetallen, das als Schmuck dient, sondern dem älteren Sprachgebrauch gemäß iu 
weiterem Sinn Schmiedearbeiten aus Eisen, eisernes "Geräte für den Gebrauch in der 
Haushaltung, der Landwirtschaft und in gewerblichen Betrieben, t'ber die Bedeutung 
des Wortes - Schmolle- konnte mir, trotz vielfacher Erkundigung, in Hcgetisburg niemand 
Auskunft geben. Jm Deutsehen Wörterbuch sowie bei Sehmeller-Krommann sucht man 
dieses Wort vergebens. Auf eine .Anfrage bei Herrn 1* ni v. - Professor Dr. 0. Brenner 
in Würzburg erhielt ich folgenden Aufschluß: -leb finde nur Schmulgc — Schmälte. 
blauer Glasfluß zum Färben (nach Enger, Steirischer Wortschatz, unter dom Wort 
■ Schmalge «), in Inventaiicn öfter vorkommend. »Schmolte* findet sieh im Deutschen 
Wörterbuch, ln einem älteren technischen Wörterbuch wäre wohl etwas zu linden. 
Die österreichischen Wörterbücher haben nichts.» Ferner erhielt ich von Herrn 
Dr. Würfl. Direktor des K. K. Staats-Obergymnasiums in Linz, diese hiermit über¬ 
einstimmende Mitteilung: » Schmolle , huzw. Sch molken, wird am Fuß des Erzgebirges 
i Buh mein für Schmnlle Waschblau gebraucht; für Schmolte auch dialektisch Schmolle. •- 
Letztere K«.rm vermißt man in der Neubearbeitung des Weigandscheu Deutschen Würter- 


1 Die mir als fränkisch bezeiehiicten Erishufen un i Krummcuuhl linde ich auf der 
!. uto nicht. 

• Nach dem DW ist »Schmolte« bayrisch mundartlich für Schmolte. 


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Bücher besprechuugeu. Ul 

• • 

buchs. I)eo uämlichen Vbergang von / zu L\ bozw. </, zeigt das mundartliche Wort 
> Patricke* : so nennt das Volk in der Fiehtolgebirgsgegend und weiterhin in bayrisch 
Oberfrankon die Kartoffel anstatt *Patatc*. Auch Herrn Dr. Würfl ist diese mundartliche 
Form bekannt. Von Kluge, Et. Wb. d. d. Spr., wird unter »Kartoffel« Patalcc als seltene 
Dialektform (»ostfrankisch«) bezeichnet. 

Regensburg. Dr. Pli. Keiner. 


Bücherbesprechungen. 

C. -i. Loosli , Mys Ämmltaw . 1 Bern, Verlag von A. Franckc, 1911. Breis geh. 
3,20 Mk. 

Diese Sammlung von mundartlichen Gedichten stellt einen ebenso eigenartigen, als 
wohlge]ungonen Versuch dar. Der Verfasser beichtot uns in einer schalkhaften Nach¬ 
rede, was ihn dazu bewogen habe, in seiner Kunst der Mundartdichtung, in der er schon 
durch andere Proben Meisterschaft errungen hat, einmal ganz neue Pfade einzuschlagen. 
Die Gelegenheitsrede eines Literaturkonners enthielt dio Bemerkung, daß die Mundart 
wohl für Prosadichtung trefflich geeignet sei, dagegen für den kunstvollen Versbau nicht 
tauge. Freilich scheint der Redner selbst eingestandeu zu haben, daß es auch hier keine 
Regel ohne Ausnahme gebo, und fühlte als Kronzeugen für dieso Behauptung Johann 
Peter Hobel an. Er hätte auch noch andere Namen mit Fug erwähnen dürfen, den 
biedern Joh. Martin Usteri, der von Familiengeschichten in seinem Zürich, einer engen, 
heimeligen Kleinstadt, gemütlich plauderte, oder den schlichten sinnigen Baselbieter 
Breitenstein, der sein Heimatländchen in Hotten Hexametern gepriesen hat. Beide redeten 
trotz der klassischen Form, der sie sich bedienten, genau so, wie ihnen der schweizer¬ 
deutsche Schnabel gewachsen war. So kann sich Loosli auf gute Beispiele berufen. Aber 
— soviel mir bekannt ist, hat noch kein anderor den Versuch, der schweren, wuchtigen 
Gangart einer »urchig« bäuerlichen Sprache den Taktschritt klassischen Versmaßes zu 
befohlen, in so glücklicher Weise und durch eine so reiche Fülle von Beispielen gelüst, 
wie dies Loosli tut. 

In seiner Sammlung »Ämmitaw« linden wir die strenge Form des Sonetts. Wer 
sich etwa schon in kleinen Gelegenheitsgedichten versucht hat, der weiß, wie schwer es 
hält, mundartlich rein und ungezwungen zu reimen. Er weiß dann die Kunst eines 
Dichters zu würdigen, der die Reime leicht und sanft iu dem kunstvollen Reigen lenken 
kann, den das Sonett orfordert. 

Aber auch vieie andere metrische Kunstgebilde, mit denen der ehrwürdige Horatius 
seine Zeitgenossen erlustierte und die Gymnasiasten von heute drangsaliert, sind von 
Loosli prächtig verwendet worden Wie trefflich eignet sich die taktfeste asklepia- 
deische Strophe für eino »Absägcte«, die Absage, die ein mit Willkür behandelter 
Freier seinom Mädchen gibt! 

»Masch mi uümme? Su syg’sf Das isch m’r Wäger glych, 

Sehöni Meitschi git’s g’nue, i bi der guet derfür, 

Das wiw i der jitz zeige, 

Das i schätzelc cha, es giwt!« 

Oder als Schulbeispiel einer weichen, wohllautendeu Weise lese mau das Gedicht 
»Summer-Aabe«. 

Wir geben die letzte Strophe wieder: 

»Feister isch es worde. Erlöse chascli de was e Baum zum angern ruuschet, was 
der Brunue träumet ghörscli do! Er gluntschct sittig — —; 

1 losch ne verstange 

Das ist die sapphisrho Ode, wie sie leibt und lebt, genau so, wie sie LeuthoM 
beschrieben hat: »Träumerisch im eigenen Reiz verloren . . . .« 


Mein Emmental. 


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Bücherbesprechungen. 


Sonst gewöhnlich spricht der Mundartdichter in Trochäen oder Jamben. Er hat die 
Bequemlichkeit, daß er hier in unzähligen Fällen das gleiche Wortgebilde so oder anders 
verwenden kann, trochäisch oder jambisch. 

Looslis »Ämmitaw« gibt Gelegenheit, die Mundartdichtung von einer ganz neuen 
Seite kennen und bewundern zu lernen. Wir halten dafür, daß der Versuch, die 
klassische Form da auzuwenden, wo sie sonst gewöhnlich gemieden wird, durchaus ge¬ 
lungen ist. 

Würde ein stattlicher, wohlgestalteter Emmentaler etwa bei festlichem Aufzug den 
Halbleinkittel für einige Stunden mit einer römischen Toga vertauschen, so stünde ihm 
dieses allerdings ungewohnte Gewand ganz trefflich. Loosli hat die Verkleidung gewagt 
und uns damit eine große Froude bereitet. 

Wir hoffen nun, daß das auch äußerlich schön ausgestattete Buch nach Verdienst 
beachtet und gekauft werde. 

Großaffoltern. Ernst Marti. 


SiebenbUrglsch-Sttchslsches Wörterbuch, herausgegeben vom Ausschuß des Vereins 
für siebenbürgische Landeskunde. I. Bd., Lieferung 1 — 3, bearbeitet von Ad. Schul- 
lerus (A —Bätsch, S. 1—416); II. Bd., Lieferung 1, bearbeitet von G. Keintzel und 
Ad. Schullerus (D—einmessen, S. 1 — 160). Straßburg, K. Trübner, 1903—1911, 
je 4 M. 

Es ist mit großer Freude zu begrüßen, daß sich zu den bedeutenden wissenschaft¬ 
lichen Mundartwörterbüchern, die uns die jüngste Zeit beschert hat, nun auch ein sieben- 
biirgisch-sächsisches gesellt. Schon seit Jahrzehnten geplant und vorbereitet, hat es 
1908 zu erscheinen begonnen und ist, da bisher jährlich ein Heft von 10 Bogen gedruckt 
wurde, bis zum 4. Hefte gediehen, ln dem großzügig angelegten Werke werden auch 
Personen-, Familien-, Orts- und Flurnamen berücksichtigt und allerhand volkskundliche 
Stoffe wie Kinderlicder, Aberglaube (z. B. in den Artikeln Alp, Drude, drei), Sitten und 
Gebräuche mit liorangezegen; dabei wird nicht uur die mundartliche Literatur, sondern 
auch das urkundliche Material verwertet und überall verwandter Erscheinungen in den ' 
fränkischen Dialekten an der Mosel und Sauer, auf der Eifel und dem hohen Venn ge¬ 
dacht, ebenso die beträchtliche Monge der Fremdwörter gebucht, die sich aus dem 
Magyarischeu, Rumänischen u. a. Sprachen eingodräugt hat. 

Über die Geschichte des Wörterbuches und seine allmähliche Entstehung, über die 
Quellen des Wortschatzes und die örtlicheu Besonderheiten in der Aussprache werden 
wir im Vorwort hinreichend aufgeklärt. Die einzelnen Artikel sind so eingerichtet, daß 
die hochdeutsche Form, soweit eine solche vorhanden, an erster Stelle verzeichnet wird, 
auf d^eso die entsprechende südsiebenbürgische und nordsiebenbürgische (nösnische) folgt 
und daran sich die verschiedenen Bedeutungen mit zahlreichen Belegen und die etymo¬ 
logische Erklärung anschließen. Die Herausgeber haben die umfangreiche Literatur, die 
auf dem Umschläge der vier Hefte angeführt wird, mit großer Sorgfalt durchgearbeitet 
und für ihre Zwecke ausgebeutet; sie haben keine Mühe gescheut, das Werk so voll¬ 
ständig und zuverlässig wie möglich zu machen. Bei der Worterklärung verfahren sie 
mit großer Vorsicht, in der Anordnung der verschiedenen Bedeutungsabsehattungeu und 
Beispiele suchen sie Übersichtlichkeit zu erzieleu, Druckfehler begegneu äußerst selton. 
So macht das Ganze einen sehr günstigen Eindruck und berechtigt zu der Hoffnung, daß 
auch die übrigen Teile iu gleicher Weise ausgeführt werden. 

Aber der reiche Stoff, den das Wörterbuch bietet, kommt nicht bloß der Wort- 
und Bedeutungsgeschichte zustatten, sondern läßt sich auch für grammatische Zwecke 
nutzbar machen. So erfahren wir mancherlei über Wortbildung; z. B. bat das Sicben- 
bürgische unter rumänischem Einfluß Schimpfwörter weiblicher Personen mit der Eudung 
- (i geprägt wie Srlmntrl«, Ih n sch ln (I, 1); gleich anderen mitteldeutschen Mundarten 
verfügt es noch über zahlreiche Abstrakta auf -f = ahd. -ida wie Duckt (Dicke), Hiebt 
(Höhe), Lrwjt , tirc/il ti, 105j; zur Erweiterung von Adverbien wild oft die Endung -er 
verwendet, z. B. bei iikrstrr , jemals (neben niest 1, 02), iistcr. etwas (neben (ist) u. a, 
ebenso fmdeu wir abgeleitete Zeitwörter wie ameisen (kribbeln in Händen und Füßen), 


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Bücherbesprechungen. 


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balsamen (Wohlgeruch verbreiten). Auch auf die Wortfügung fällt manches Licht; 
vor allem wird der syntaktische Gebrauch des bestimmten (der) und unbestimmten (ein) 
Artikels erörtert und dabei der Überreste gedacht, die die Mundart noch vom Genetiv 
aufweist, feiner enthalten die Abschnitte über all, du, über die Verhältniswörter an, 
auf aus, bei, die Bindewörter da und allein (= sondern, aber) allerhand Wichtiges; 
überdies werden II, 33f viele Wörter zusammengestellt, die im Siebenbürgischen ab¬ 
weichendes Geschlecht aufweisen. 

Sodann findet sich für Lautlehre und Wortbiegung eine Menge brauchbaren 
Stoffes. Ich erwähne nur die Formen Baalsem (Balsam) und Backes (Backhaus) mit 
ihren gekürzten Schlußsilben, Daach (Dach) und Aalf (Alp) mit ihren langen Stammsilben, 
ferner Olenk (Alant), daasen ( — mhd. dinsen) ziehen, Dirpel, Schwelle (= Thürpfahl), 
Aateh, Ecke, eckel, lauter (= eitel), nacht = mhd. after, ebenso das flektierte Zahlwort 
drei m., drd f., drai n. und die Plurals von Verkleinerungsformen auf -eher wie Baldcr- 
eher, Zahnfleisch (von mhd. biler) oder Bmnbeltcher, üerabhängendes. 

Viele Wörter sind dem Siebenbürgischen ausschließlich eigen, manche ihm mit dem 
Moselfränkischen und dessen Nachbarmundarten gemein, z. B. Leister für Drossel, Aichter, 
Feldhüter, Driesch, ungebautes, brachliegendes Land, Drüst, Getreideschober. Beachtens¬ 
wert wegen ihrer Bedeutung sind unter anderen die schnelle Eidechse für Hitzschlag. 
Backes (Backhaus) für jeden kleinen Anbau, se äs net allin = sio ist schwanger. Wenn 
in verschiedenen Gegenden des Landes für einen Begriff verschiedene Wörter üblich sind, 
so werden sie gewissenhaft verzeichnet, z. B. unter Ansmolter (Unsere Mutter, Benennung 
der Mutter des Schwiegersohns und der Schwiegertochter von seiten der Schwiegereltern) 
und unter Dachs. 

Vermißt habe ich die Benutzung von Ferd. Münch, Grammatik der ripuarisch- 
frünkischen Mundart, Bonn 1904, und Ludw. Grootaers, llet Dialcct van Tongeren, Leipzig 
1910, die auch beide im Literaturverzeichnis fehlen. Aus ihnen hätte manche Pai^llele 
gewonnen werden können, z. B. bei all (I, 71 f.) vor Partizipien Münch § 201: al kriisches 
(= all kriischendes) koom hee neu, weinend kam er herein (frz. tout en pleurant) u. a. 
Vielfach hätte das Verbreitungsgebiet eines Wortes genauer angegeben worden können, 
was mit Hilfe von Klugos Etymologischem Wörterbuch und den Idiotiken leicht möglich 
war; so konnte bei Deisatn, Sauerteig hingewiesen werden auf ahd. deismo, mhd. deisme, 
ndl. deesem, rheinhessisch ddsem, fränkisch-hennebergisch düsen. Auch die Anfragen 
und Mitteilungen zum Rheinischen Wörterbuch von Fraock, Müller und Trense ließen 
sich öfter heranziohen; so war bei ehegestern, vorgestern ein Hinwois auf die gründliche 
Erörterung des Verbreitungsgebietes von dem gleichbedeutenden anichgestern im Mosel¬ 
fränkischen usw. am Platze (vgl. Nr. 5,6 von 1910 S. 81 f.), bei Ei auf die zahlreichen 
Redensarten, die in Nr. 4 vou 1908 S. 62 ff. zusanimengostellt sind. Auch sonst kann 
man noch dies und jenes ergänzen, so bei dem abweichenden Geschlecht der Substantiva 
aus Kischs vergleichendem Wörterbuche der nösuisch-moselfrüukischtn Muudart Buertcenm., 
die Barbe, und Fänk f., der Fink. 

Wünschenswert wäre, daß dem Werke eine Karte beigefügt würde, damit man 
sich genau über die Lage der einzelnen in Betracht kommenden siebenbürgischen Ge¬ 
meinden und über die Ausdehnung der verschiedenen Untermundarteu Rats erholen kann. 

Eisenberg, S.-A. O. Weise. 


Ed. Langer, Die Adlergebirgsmundart mit besonderer Berücksichtigung des schle¬ 
sischen Gebirgsdialekts. Braunau in Böhmen 1911. 38 8. (Sonderabdruck aus der 
Deutschen Volkskunde des östlichen Böhmens, Bd. X, S. 192ff.) 

Der Verf., ein guter Kenner der Mundart seiner Heimat, bietet uns hier nach 
emer Übersicht über die verschiedenen ostmitteldeutschen Dialekto einen Überblick über 
die Eigentümlichkeiten der Lautlehre (S. 5 — 14) und Syntax (S. 14—18, 33 — 34), der 
Wortbildung (S. 19 — 20) und Wortbedeutung (S. 21—23) sowie über die Besonderheiten 
des Wortschatzes (S. 23 — 26) und dor Wortbiegung (S. 30 — 32) in der Adlergebirgs- 
mundart Daneben werden hier und da stilistische Erscheinungen vorgeführt, Reste alt¬ 
überlieferten Sprachgutes gesammelt und kulturgeschichtlich wichtige Ausdrücke besprochen. 


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Bücherbesprechungen. — Neue Bücher. 


In den Anmerkungen finden sieh zahlreiche Hinweise auf verwandte Formen anderer, 
namentlich mitteldeutscher Mundaiten. Besonders hat dabei mein Buch über unsere 
Mundarten, ihr Werden uml ihr Wesen (Leipzig 1910) als Führer gedient, das daher 
auch oft im Texte und in den Fußnoten zitiert wird. 


Wie nicht anders zu erwarten, ist das Gebotene zuverlässig und zougt nicht nur 
von guter Kenntnis, sondern auch von Liebe L.'s zur heimischen Sprechweise. Wenn 
auch vieles nur kurz berührt wird, so erhalteu wir doch ein ziemlich klares Bild von der 
Eigenart des Dialekts, der mit dem Schlesischen manches gemeiu hat. Mehrfach ist der 
Ausdruck nicht ganz genau, so S. 13, wo es heißt: t »schwindet« in den Formen icull 
(wollte), sull (sollte), /cell (wollte, Konj.), seil (sollte, Konj.); hier liegt nicht Ausfall, 
sondern Anglcichung (Assimilation) des t an das vorhergehende l vor. Irrig ist auch die 
Annahme, daß in schlesischen Fügungen wio sieh knien , sich ausschlafcn , sich aus - 
ruhen , sich spielen tschechischer Einfluß anzuuehmen sei (S. 33); denn dio Erscheinung 
findet sich in ganz Deutschland und zwar ebenso häufig im westelbischen (nicht von 
Slawen berührten) Gebiete wie im Osten. Außer den in meinem obengenannten Buche 
S. 218 verzeichneten Beispielen aus dem holsteinischen, niederrheinischeu, westfälischen, 
magdeburgischen, thüringischen, lausitzisehen, egerländisehen und bayrischen Gebiete 
nenne ich hier noch rlieinlandisch (belgisch) er ist sich gefallen, er hat sieh rin bißchen 
gegessen , er hat sieh geheiratet und ostfrünkisch er reist sich . er marschiert sieh, er 
trinkt sieh (Brenner und Hartmann in Bayerns Mundarten II, 8. 320). Vgl. auch K. Stein¬ 
häuser, Die Muttersprache im Munde der Breslauer höheren Schüler, Progr. der Real- 
schule 1 in Breslau 190(5, S. 12. und über den Gebrauch von sich in den Volksepen des 
13. — 15. Jahrh. Grimm, 1). Gr. IV, S. 35ff., sowie Blatz, Deutsche Gr. II, S. 272. 

Doch das sind unbedeutende Dinge, die dem Werte der Schrift wenig Abbruch tun. 
Hoffen wir, daß das vom Verf. geplante Wörterbuch der Adlergebirgsmundart, zu dem 
vorliegende Abhandlung als Vorwort gedacht ist, nicht mehr lange auf sich warten läßt. 

Eisenberg, 8.-A. 0. Weise. 


Neue Bücher. 

Abegg, Emil« Die Mundart von Urseren (^= Beiträge zur Schweizerd. Grammatik, 
IV, herausgegeben von Albert Bachmann). Frauenfeld. Huber & Co. 112 S. 
Preis 2 Mk. 

Alpers, Paul, Untersuchungen über das alte niederdeutsche Volkslied. 
Güttingen 1911. (Drm-k von Diedrich Soltau in Norden.) 07 S. 

Dunknmnii, Adolf, Ost friesisch-plattdeutsches Dichterbuch. Mit Einleitung: 
Geschichte der niederd. Sprache und Literatur in (Mfricsland. Aurieli, Dunkmann, 
1911. 309 S. Preis el^g. geh. 3 Mk. 

Enderlin, Fritz, Die Mundart von Kesswil im Oberthurgau. Mit einem Bei¬ 
trage zur Frage des Sprachlebens ( — obige Beiträge, V). Frauenfeld, Huber & Co. 
203 8. Preis 3 Mk. 

Festgabe zur Feier der Einweihung des neuen evang. Gymnasial-, Bürge r- 
und Elementarschulgoloiudes A. B. in Bistritz am 7. Oktober 1911. 
G. Kisch, Zur Wortforschung (S. 25—3(5). 

Festschrift zur Jäh rh undert fei er der Universität zu Breslau. Im Namen der 
Schlesischen Gesellschaft für Volkskunde herausgegeben von Th. Siebs. Darin: I\ Feit, 
Vergleichend«* Straßennamen Forschung. Mit Ausblicken auf di«' Sittengeschichte Bres¬ 
laus uml anderer Städte (S. 71.—97). — Wolf r. l'mrerth , Das Entwieklungsgebiet 
der schlesischen Mundart iS. 155—170). — K. Uusindc, Konrad v. Heinrichau und 
die Bedeutung der altschlesischen Vokabulare für die Mundartenforschung und Volks¬ 
kunde (S. 374—400). Karl Drescher . olgütze (S. 453—403). — Faul Drechsler , Dio 
Präpositionen im Schlesischen (S. GIS—(»Sh. — M. Hippe . Reimsprüche aus einer 
Breslauer Liederhandschrift (S. 6*5— 7«H>). 


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Neue Bücher. — Zeitsehiiftenschau. 


Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 3(3. Lieferung. .1 — Külbleins- 
fleisch. Tübingen, II. Laupp, 1011. IGO S. Preis 3 Mk. 

— — Die schwäbische Literatur im 18. und 10. Jahrhundert. Ein historischer 
Rückblick. Tübingen, H. lau pp, 1011. Preis geh. 3.60, geh. 4,80 Mk. 

Geiger, Paul, Volksliedinteresse und Volksliedforschung in der Schweiz. 

Bern, A. Francko, 3912. 137 S. Preis geh. 2.80 Mk. 

Gemarker, J. L., Stadtossen (= Bergische Erzähler; IV. Band). Elberfeld, A. Martini 
u. Grüttefien, 1912. 134 S. Preis 1.50, gob. 1,80 Mk. 

Lang, Martin, Schbatzawcisheit. Gedichte in schwäbischer Mundart. Stuttgart, 
Verlag von J. Hoffmann. Preis kart. 1,30 Mk. 

Michel-Stephan, Methodisches Handbuch zu Sprachübungen. 5. Aufl. Leipzig, 
Quelle & Meyer, 1911. 17S S. Preis 2,40 Mk. 

Schulz, Hans, Deutsches Fremdwörterbuch. 3. Lieferung. (Dynamit — Gendarm.) 

Straßburg, K. J. Triibner, 1911. 80 S. Preis 1.50 Mk. 

Simonsen, Wilh., Niederdeutsch und Hochdeutsch in den Chroniken des 
Job. Adolph Neocorus und des Daniel Liibbekc. Inaugural - Dissertation. 
Kiel 1911. 


Zeitschriftensch au. 

(Wir suchen aus dom Inhalt aller Zeitschriften hier die für dio deutsche Muminrtonf«»rschan~ wichtigen Auf- 
satzo niizuzoijen und bitten tun KinsendunR aller einschlHiritren Arbeiten, «kmit unsere Zasniniitenstollutit; eine 

möglichst vollatilndiu'^ wird.) 

Alemannia. Zeitschrift für alemannische und fränkische Volkskunde, Geschichte, Kunst 
und Sprache. Dritte Folge, Band 3 (der ganzen Folge Band 39). 

/>. Rippwann, Volkslieder aus dem Wiesental (S. 07—120). 

F. Schon, Sprachlich bemerkenswerte Kinderlicdcr der Saarbrücker Gegend (S. 121 f.). 
F. Pf aff, Fastnacht im Elz tat |S. 122—130). 

H. Stromcycr, Fischpreise im 17. und 18. Jahrh. (S. 147—152). 

F. Mentx, Besprech. von Kutsch, Die Orts- und Flurnamen im Münstertal (S. 15Sf.). 
Dentsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. 10. Jahrgang. 1011. 

P. v. Pfaundler , Das deutsche Sprachgebiet in »Südungarn (mit 2 Sprachenkarten) 
(S. 125—120). 

Das deutsche Volkslied. 13. Jahrgang. 1011. Heft S. 0. 

Germanisch-Romanische Monatsschrift. 3. Jahrg. Heft 10. 11. 

The Journal of English and Germanic Philology. Vol. X. 

A. F. J. Rewy, Ausführliche Besprechung von Hirts Etymologie der neuhochdeutschen 
Sprache (S. 618—623). 

Korrespondenzhlntt des Vereins für niederdeutsche Sprachforsclunur. Jahrg. 1911. 
Heft XXXII. Nr. 2/3. 

Enthält zahlreiche kleinere, weit volle Beiträge zur niederdeutschen Sprachforschung. 
Korrespondenzhlntt des Vereins für sicbenbiinrisclie Landeskunde. 34. Jahrg. 1011. 
11. Capes ins, Besprechungen von Lindensclunitt, Formenlehre des Veibaszer deut>chen 
Dialekts; HrcbGyula, Der deutsche Dialekt dos Zipser Oberlandes; Hajnal Märton, 
Lautlohro der deutschen Mundart von Isztiincr; Kräuter, Lautlehre der deutschen 
Mn. von Niezkyfalu (S. 131 —136). 

Leuvensehe Bijdragen, heransgegebon von l*h. < olinct und L. Ooemans (Verlag: Otto 
Harrassowitz, Leipzig). IX° .laargang. 

L. 0'rootaers, Het Dialect van Tongeren. Eene phonetisch -historische Studie (S. 1 
bis 35). 

— Besprechung von J. Damisch, Studien zur niedenheinischen Dialektgeographie, 
und von F. Wrede, Die Diminutiva im Deutschen (S. 104—108). 

— Besprechung von E. A. Meyer, UnteiMu hungen über Lauthildung (S. 357—3(Jo). 


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Zeitschriftenschau. 


Mitteilungen Uber volkstümliche ('berlieferungen In Württemberg. Nr. 5. Hoch- 
zeitsgebräucbe I. von 

H. Höhn (= Bonderabdruck aus den Württembergischen Jahrbüchern für Statistik 
und Landeskunde). Jahrgang 1911. [Enthält viel Mundartliches.] 

Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. 1911. Neue Folge. 
Nr. 26 und 27. 

Der Wurzbüschel am Feste Mariä Himmelfahrt in Unterfranken (S. 201—210). 
Modern Philology. Bd. IX. Oktober 1911. Nr. 2. 

F. A. Wood, Iteratives, Blends, and .Streckformen“ (S. 157—194). 

R. Tombo jr., Variation in English Loan-Words in German (S. 259—264). 
Niederdeutsches Jahrbuch. 37. Jahrgang. 1911. 2. Heft 

W. Domansky, Anna Renata Breynes aus Danzig plattdeutsche Gedichte (1743) 
(S. 140-144). 

H. Jellinghaus , Bittlied aus Westfalen an dio weiblichen Heiligen (S. 145 f.). 

N. 0. Heinertx, Zur ,Deutschen Dialektgeographie 1 (S. 147—153). 

R. Block, Mukau von Halwerstadt (S. 154 — 160). 

Schweizerisches Archiv fUr Volkskunde. XV. Jahrg. Heft 4. 

6’. Meier, Das Thurnbuch der Stadt Bremgarten (Schluß) (S. 193 —204). 

L. Gerster, Sprüche und Inschriften auf Bauerngeschirr und Glas (Schluß) (S. 204 
bis 214). 

Schweizer Volkskunde. Korrespondenzblatt der Schweiz. Gesellschaft für Volkskunde. 
1911. Jahrg. 1. Heft 10. 11. 

Stutz, Nidelnacht (S. 7^—74). 

E. Hoff mann-Kray er, Martinstag (S. 81—83). 

Unser Egerland. XV. Jahrg. 1911. Heft 10. 11. 

Volkskunst und Volkskunde. Jahrg. 9. 1911. Heft 8. 9. 

Fr. Weher, Ortsnamen als Volkskundequellen (S. 77—82). 

Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 26. Jahrg. 1911. 

Theodor Gärtner, Besprech. von H. Stickelberger, Die Ausspracho dos Hoch¬ 
deutschen (S. 319). 

Otto Schütte, Vornamen ia Braunschweig vorn 13.—17. Jahrhundert (S. 335—338). 
T. Friedemann, Ausführliche Besprech. von R. Eilenbergor, Peunälersprache (S. 351 
bis 353). 

Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfUlische Volkskunde. 8. Jahrg. 1911. 
4. Heft. 

A. Oatheide, Zum Martinsfeste. (Ein Versuch zur vergleichenden Volkskunde.) 
S. 290-298. 

Zeitschrift fUr deutsche Philologie. XL11I. Band. 1911. 

Theodor Rabelcr, Niederdeutscher Lautstand im Kreise Bleckede (Schluß; S. 320 
bis 377). 

Zeitschrift für den deutschen Unterricht. 25. Jahrg. 1911. 

Ewald Geißler, Gemeinsprache und Mundart (S. 265—290). 

Oskar Weise, Allgemeine Sprachwissenschaft und deutsche Sprache (Literatur¬ 
bericht; S. 341—358). 

L. Böhme, Studien zum Stil und Sprachgebrauch Klaus Groths (S. 405—417). 

I J . Schneider, Die deutschen Familiennamen im Unterricht (S. 520—525). 

K. Bretschncidcr, Das Kinderlied in seinen Beziehungen zur Kunstpoesie (S. 538 
bis 543; 663-66G). 

E. Meyer, Jemandem etwas am Zeuge flicken (S. 572). 

R. Spiller, Stüssis Name und Rolle in Schillers Teil (S. 655). 

L. Nagel, Pöfeln. Quienen. Vermiesquemt. Miesepeterig (S. 717 f.). 


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Der Hiatus in den deutschen Mundarten. 

Von Oskar Welse. 

I. Beseitigung eines schließenden e. 

Der Hiatus kann auf verschiedene Weise gemieden werden, be¬ 
sonders 

1. dadurch, daß der Schlußvokal des ersten Wortes abgeworfen wird; 

2. dadurch, daß ein am Wortende stehender Konsonant abweichend 
vom sonstigen Gebrauche erhalten wird; 

3. dadurch, daß ein Konsonant nach Analogie der Fälle von Nr. 2 
eingefügt wird. 

Die erste Art finden wir in der Schriftsprache, die beiden andern 
in den Mundarten am häufigsten vor; und im Schriftdeutschen wieder 
ist die Poesie empfindlicher als die Prosa, allerdings vielfach unter aus¬ 
ländischem Einflüsse. In Iphigenie und Tasso hat Goethe den Hiatus 
möglichst gemieden 1 * * , und wie eifrig Opitz nach französischem Vorbilde 
klaffende Lücken beseitigt hat, ist von K. Burdach nachgewiesen worden.'-’ 
Die Alltagsrede und die schriftliche Darstellung, die sich ihr nähert, 
kümmern sich wenig um den Hiatus, dagegen nimmt die Kunstprosa 
gern darauf Rücksicht. Iu festen Verbindungen wie Hab’ und Gut, 
Freud’ und Leid, Lieb’ und Lust, Treu’ und Glaube, Aug' in Auge , 
gang’ und gälte und in Fügungen wie hub’ ich, leb’ ich, tu’ ich, sit 
ich läßt man ziemlich allgemein das schließende -e beiseite 4 , in Fällen, 
wo es die Deutlichkeit verlangt, hält man es fest, z. B. er erxiihUe ihr. 
Der gute Prosaiker meidet ostmitteldeutscho Dative Sing, und Nom. Akk. 
Plur. wie Echoe, Holloe (Ruloe), Logic, sagt vor Vokal lieber im Feld, 
am Tag, \um Hof als im Felde usw., trägt aber kein Bedenken, neben 

1 Scherer hat nur sechs Beispiele gefunden: I’hilolog. Aufsätze zu Ehren Theodor 
Mommscns. Beilin 1877, S. 224. Doch hat er elf weitere übersehen, aber eino größere 
Zahl ist von Goethe bei Neubearbeitungen glücklich beseitigt worden (vgl. 0. Schröder, 
Vom papiernen Stil, 7. Aufl., S.91 ff.). 

* Festgabe für R. Hildebrand, 1894, S. 296 ff. 

* Hier ist vielfach der Rhythmus mit von Einfluß gewesen. 

4 Beachtcnsweit ist das Verhalten des jungen Goethe bei solchen Verbal formen. 
H. Loiseau (la languo du jeune Goethe S. 27) stellt fest, daß in den leipziger Briefen 
5Umal Elision und 97mal Hiatus, in denen von Frankfurt und .Straßburg 64mal Elision 
und 94mal Hiatus, in den Briefen nach dem Straßburger Aufenthalt aber bis 177") 
. r >62mal Elision und 135mal Hiatus vorkommt. 

Zeitschrift für DenUche Mundarten. VII. 7 


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Oskar "Weise. 


Lesart 1 zu schreiben: Leseübung, Pflegeeltern, Schmiedeeisen, Badeort , 
Meldeamt, Werbeoffizier, oder zu sagen: blaue Augen, eine unangenehme 
Aufgabe, diese einfache Erzählung, wobei allerdings zur Entschuldigung 
dienen kann, daß der Anlaut des folgenden Wortes vielfach stärker be¬ 
tont wird als der Schlußvokal des vorhergehenden. 1 2 * 

Wie steht es nun mit der Elision des -e (denn um einen andern 
Vokal handelt es sich im Deutschen nicht) in den Mundarten? Hier ist 
zunächst zu beachten, daß ein großer Teil von diesen das Schluß -e fast 
überall eingebüßt hat, also für unsere Frage so gut wie gar nicht in 
Betracht kommt Bekanntlich ist dies der Fall in dem Gebiete, das im 
Norden und Süden von folgenden zwei Linien abgegrenzt wird: a) von 
der Emsmündung etwa über Oldenburg, Bremen, Celle, Tangermünde, 
Havelberg, Ruppin, längs der Südseite der Priegnitz und der Uckermark 
nach Posen; b) vom Siegerlandc über Dillenburg, Marburg, Schmalkalden, 
Ilmenau, Schleiz, Werdau, Chemnitz nach dem Riesengebirge. Was 
zwischen diesen beiden Linien liegt, hält im allgemeinen das End-c fest, 
doch läßt sich der Abfall an mehreren Stellen nach weisen, die von 
Süden oder Norden ins Binnenland einschneiden; z. B. sagt man im 
Eisenachschen 3 dräi, die Treue, fremd, die Fremde, leeb, der Löwe, riis, 
der Riese, im fahl, im Felde, im laand, im Lande, de bäim, die Bäume, 
de knechd, die Knechte, erd, öde, draej, träge, hid, heute, uold, ich 
wollte u. a. Ebenso ist auf niederschlesischem Boden ein großes, von 
Norden hereinragendes Apokopierungsgebiet zwischen Züllichau, Schlawa, 
Beuthen, Primkenau, Guhrau, Bojanowo, Kobylin, in dem wir Formen 
finden wie glogauisch srhnait, Schnitte, beem, Bäume, srhtaup, Stube, 
schtroos, Straße, grans (große, Fern. Sing), hoot, heute. 4 Von einer Ab¬ 
wertung des -e vor Vokalen zur Vermeidung des Hiatus kann also nur 
da die Rede sein, wo das -e erhalten bleibt. Dies ist im Oberdeutschen 
mehrfach der Fall beim Plural der Substantiva und Adjektiva, z. B. im 
kärntnischen Lesachtale, wo man perge sagt, aber in der Verbindung 
perg uu töldr das -e vor und beseitigt, und.im Gottscheeischen, wo es 
heißt schian’ epfle, schöne Äpfel. 5 


1 Vgl. Lesezimmer, Lesebuch u. a. 

1 Über den Hiatus im Xhd. sind zu vergleichen V. Scherer, Kleine Schriften II, 
213 ff.: J. Minor, Nhd. Metiik 173 ff.; Wackcrnagel, Rhetorik u. Stilistik 433 ff.; IJeller- 
mann, Schillers Diamen II. 24(1 ff.; .1 Franck, Zeitsehr. f. d. Altort. 4S, 147 fT.: K. Schmidt, 
Anz. f. d. A. 4, 220 ff.; Wilmnnns, Deutsche Gramm. I. 252 ff.; J. Schmidt, Zoitschr. f. d. 
österr. Gymnas. 1NS1, 584 ff.; <>. iVhaghcl, Zoitschr. d. allg. deutsch. Sprach vor. Heiheft 
17,18, 270 ff. 

ü Vgl. Flcx, Beiträge zur Erforschung der Eisenacher Mundart, Eisenacher l'rogr. 
1893, 9 ff. 

4 v. Unwerth, Die schlesische Mundart S 00. 

r ' 0. Behaghcl, Gosch, d. deutsch. Sprache, 3. Aufl., S. 101. l’ber den Abfall des 
• e im I’lural -Gänse siehe Wrede, A. f. d. Altert. XVI11, 408 ff.; über den in »balde, 
müde, Felde, Bette« ebenda XIX, 281 IT.; über beides (>. Bremer, Boitr. z. Geogr. d. 
deutsch. Mundarten 71 ff., 101 IT. 


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Der Hiatus in den deutschen Mundarten. 


99 


Anders liegt die Sache im Mitteldeutschen. Für dieses gibt Be¬ 
haghel an der genannten Stelle als Beispiel an schlesisch Strimj) aus, 
wahrscheinlich gestützt auf W. von Unwerth, Die Mundarten Schlesiens 
§ 62 Anm., wo als schlesisch, aber nur als gebirgsschlesisch bezeichnet 
wird tsii dr de slrimp aus mit dem Bemerken, daß die Elision nur im 
Satziulaut vorkomme. Indes ist sie auch da nicht die Regel. Denn ab¬ 
gesehen von jenem niederschlesischen Apokopierungsgebiete und ein¬ 
zelnen kleineren Bezirken Oberschlesiens (Kätscher) und Nordmährens 
(Kuhländchen), wo das End-e gewöhnlich beseitigt w'ird, kann man in 
Schlesien ebensogut sagen tsii dr de Strimpe aus. Dies wird von ein¬ 
heimischen Sachverständigen bezeugt und ergibt sich schon daraus, daß 
Schlesien zu den Gegenden Mitteldeutschlands gehört, wo man für 
schließendes -e große Vorliebe hat. Abfall des Endvokals findet in allen 
den Gebieten, die innerhalb der obengenannten nord- und süddeutschen 
Apokopierungszone liegen, nur beim Verbum häufig statt und zwar im 
Satzinncrn bei der ersten Person Singularis des Indikativs und bei der 
zweiten Person Singularis des Imperativs im Präsens, seltener bei der 
ersten und dritten Person Singularis des Präteritums. Man sagt also 
z. B. im Schlesischen, Obersäc/isischen, Thüringischen, Hessischen, ebonso 
weiter nördlich, z. B. im Neumärkischen 1 * 3 mitten im Satze mach, tun, 
schraub, ~eig usw., am häufigsten bei invertierter Wortfolge-, aber auch 
sonst gern, ganz gewöhnlich vor enklitischen Pronominalformen wie er, 
ihr, ihn, ihm, die zu f und n zusammenschrumpfen, z. B. ich machr, 
ich mach ihr, xeign, zeig ihm. Dies geschieht auch im Präteritum 
schwacher Verba, soweit dies die Deutlichkeit zuläßt, d. h. keine Ver¬ 
wechselung mit dem Präsens möglich ist. Man sagt also gern er spannin 
aan, er spannte ihn an (aber er spannte aan), er schenhtr das, er schenkte 
ihr das (aber er schenkte ein), neumärkisch ik broochtr, ich brachte ihr 
(aber?/.- broochte).* In einem Teile der schlesischen Gebirgsmundart, z. B. 
in Braunau und in der nördlichen Grafschaft Glatz gibt es Langformen 
starker Präterita wie ich laufe, ich lief, ich kggme, ich kam; diese können 
vor folgendem enklitischen Fürwort ihr End-e auch verlieren, z. B. lauf 
a, lief er, dagegen heißt es gewöhnlich daar jonge ginge an mit ons, 
der Junge ging auch mit uns (trotz des Hiatus). Steht aber die be¬ 
treffende Verbalform am Schluß des Satzes, so ist es weit häufiger und 
beim Präteritum notwendig, das End-e zu bewahren. Auf die Frage: 
Was machst du denn? antwortet man im östlichen Mitteldeutschland meist 
ich schreibe, ich lese, ich arbeite (aber ich schreib en briif u. a.), und 
während man gewöhnlich sagt hör uf. wart nur, guck emool, heißt es 
ohno den adverbialen Zusatz regelmäßig höre! warte! gucke! 1 

1 Vgl. H. Teuchert, Zeitsclir. f. Deutsche Mundarten 1907, S. 200 f. 

5 ui (ich ich, tu ich, schraub ich, xei'j ich, wodurch zugleich der Hiatus be¬ 
seitigt wird. 

3 Schlesisch: a iruhl's nich niacha, dagegen a iruhlc. 

* Wertformen, die fast die lioltunir von Interji-kf innen erhalten haben. 


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100 


Oskar Weise. 


Aus dem Gesagton ergibt sich, daß nicht die Scheu vor dem 
Hiatus in diesem mitteldeutschen Gebiete das End-e beseitigt hat, son¬ 
dern der Hochton im Zusammenhang der Kede; denn der Schlußvokal 
kann ebensogut vor Konsonanten wie vor Vokalen abfallen. 1 * Außerhalb 
des Verbums ist Elision selten. Daher heißt es im Obersächsischen 
fimfe un fimfe is xaane, itxc is se ufgestandn, in der Zips dggs alte 
eipggr 2 (das alte Ehepaar), neumärkisch de kleene is (die Kleine ist), 
miine ole (meine Alte), wat farne groote eere (was für eine große Ehre), 
fgot se an (faß sie an), typt je oob (laßt euch auch). 

U. Erhaltung eines auslautenden n, r oder b. 

Wichtiger ist für die Mundarten der zweite Fall, daß ein Kon¬ 
sonant zur Vermeidung des Hiatus erhalten wird. 3 Dabei handelt es 
sich meist um u oder r, seltener um einen andern Laut. Besondere das 
oberdeutsche Gebiet weist hier eine Fülle von Beispielen auf. Dort ist 
das auslautende ?i, das gewöhnlich mit oder ohne Näselung des Vokals 
schwindet, vor Vokalen in weitem Umfange stehen geblieben. Dies gilt 
in gleicher Weise von den Biegungsendungen des Verbums und des 
Nomens wie von dem Auslaut der Pronomina, Adverbia und anderer 
Wortarteu. So heißt es elsässisch de uiiuer ratschen un datsche (die 
Weiber schwatzen), wenn sc heim klimmen, is niene (nirgends) kee finke!e 
flirr, berndeutsch: si chünime, aber si chömmcn am abe (sie kommen am 
Abend), schwäbisch im Partizip des Perfekts: ganga, gnomma, aber gangan 
ischt, gnomman ischt, allgemein südwestdeutsch 4 : ich gee (gaa), stee (staa), 
bii, haa, tno, kan, aber gerni (gehe ich), slceui, biini usw. Ferner heißt 
es in der Nominalflexion schwäbisch amma stilln Örfla (an einem stillen 
Örtchen), die soldatc, mensehe, aber die Soldaten im fehl, die mensehen 
am markt, in der Zusammensetzung sehuggbetrotx, aber sehuggbenggrt, 
morgrstraal, aber morgenandarht, buncheicald, aber lniuchcnoQ.it , gerechte- 
korn, aber gcrsehtenagel (mhd. agrne, Granne), ln gleicher Weise werden 
Adverbia wie hinten, aufm, oben , unten, eben, selten, alemannisch 
nurnmen, nur (— nitcan) und uan (= als nach Komparativen) behandelt, 
z. B. besser ua du, aber uan //; ebenso Präpositionen wie in, an, ron, 
neben, gegen. Besonders häufig tritt uns die Erscheinung beim un¬ 
bestimmten Aitkel ein entgegen. So sagt man von der französischen 


1 Z. 15. uarl ino-, ich zeig dir (abgesehen von dein Falle, wo das Präteritum vor 
einem enklitischen Vokale steht). 

1 Zeit sehr. f. Deutsche Mundarten 1910, S. :571. 

:l Vgl. Schmeller, Bayrische Grammatik § C/.9; Weinhold, Alemannische Grammatik 
§201; 0. v. Greyerz, Sprachschule für Berner S. 27; Winteler, Kerenzer Mundart S. 73, 
140; Weinhold, Dialektforschung S. 70; l’aul, Prinzipien der Sprachgesch * S. 97. 

4 Auch im bayrischen Gebiete begegnen wir solchen Formen nach Si hwiibl, Die 
altbayrische Mundart S. 37 und Brennerund Hurtmann, Bayerns Mundarten I, 04. Das¬ 
selbe gilt von der Verbaßer Mundait im südlichen Ungarn; vgl. W. Lindenschmidt, Die 
Verhaßer Mundart, Budapest 1905, S. 37. 


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Der Hiatus in den deutschen Mundarten. 


101 


Sprachgrenze bis nach Ungarn hinein c ross, e liecht, aber en esrl, cn 
apfel , en ohst. So erklären sich auch Formen wie e nast (ein Ast), e 
nigl (ein Igel), c naadern (eine Ader), bei denen das n des unbestimmten 
Artikels mit dem folgenden Wortstamme fest verwachsen ist. Wie häufig 
diese Art der Vermeidung des Hiatus auf alemannischem Boden auftritt, 
kann man daraus erkennen, daß in den 277 Hexametern des Hebelschen 
Dialektgedichtes »Die Wiese« etwa 80 einschlägige Fälle Vorkommen. 1 

Ähnliche Beobachtungen kann man im Md., ja, wenigstens im 
Westen, sogar im Nd. machen. Von allen md. Mundarten ist die frän¬ 
kische am meisten gegen den Hiatus eingenommen und zwar sämtliche 
Zweige des Fränkischen, von der alemannisch-schwäbischen Grenze bis 
zum Niederrhein, von Lothringen bis nach Siebenbürgen, soweit sich 
dort Franken niedergelassen haben. Im Ripuarischen sagt man cn ggs 
(Aas), cn ei, cn eder (Euter) 2 * , im Mittelfränkischen deen ct hang hoit, 
dcc lest et hang henken (luxemburgisch) ublggsn, anblasen, aber un- 
cmpfeeln, anempfehlen, vgoo, angehn, aber unenaander, aneinander (mosel¬ 
ländisch 4 ), im Hessischen ugimt, aber wiartig, aafange, aber aneckc , ü, 
voo vor Konsonanten, in, von vor Vokalen, uei, aber weinappel 5 , im 
Westthüringischen (Wasungen) Unglück, anhand, aber unartig, unordent¬ 
lich 6 , im Südsiebenbürgischen ich goo wekter (ich geh weiter), aber ich 
goon eweech (ich geh weg), iifläcken, einflicken, aber änärnen, einernten, 
nbrängen, anbringen, aber unaeuern, aneifern. 7 Südfränkisch sagt man 
c kuu, eine Kuh, aber cn alti hin (rappenauisch) 8 , vo-n cn, a-n en, 
gege-n cn (von ihm, ihnen, an, gegen ihn) 9 , ostfränkisch en ochs, en aa 
(Ei), en alter man (Mann) 10 11 , gecn i, schicen i, tnun i, hii, aber hine- 
neder, hin und wider", erzgebirgisch a mggn (Mann), aber an appel . 12 
Dasselbe gilt vom Niederfränkischen; z. B. sagt man in Mülheim a. d. Ruhr 
ecten ltn drinkc, de jriisen liuut, der graue Hut; ebenda verlieren in 
der Stadtmundart an, in, fan, hin, den (der), wen (wer), kan, sin (bin) 

ihr n vor Konsonanten, behalten es aber vor Vokalen: man hat ein Kleid 

§ 

an } aber hat etwas aan cm (an ihm) auszusetzen. 13 In der Mundart von 


1 Man kann diese Fälle leicht herausfinden, wenn man die Ausgabe von O. Heilig 
zu Rate zieht, in der S. 3 —13 allo einschlägigen n durch einen Querstrich vom Woit- 
stammo abgetrennt sind, z. B. V. 89: iraas hilft balge-n und schniaalc. 

2 Münch, Ripuarische Mundart S. 140. 

8 Hildebrand, Aufsätzo und Vorträge S. 84. 

4 Kisch, Wörterbuch der nösnisch-moselfränkischen Mundart S. 228 II. 

5 H. Reis, Zeitschr. f. D. Mundarten 1909, S. 104. 

G Reiehardt, Koch und Storch, Die Wasunger Mundart S. 90. 

7 Siebcnbürgisch-sächsisches Wörterbuch S. XXXIV, Bd. II, S. 137; Bd. I, S. 103. 

h Mcisinger, Zeitschr. f. D. Mundarten 1901, S. 137. 

0 Süttcrlin, Die exspiratorisehe Betonung in der Heidelberger Volksmundart S. (3. 

10 Wirth, Archiv f. Gesell, u. Altertumsk v. Oberfranken, Bayreuth 1897, S. 1G5. 

11 Gerbet, Mundart des Vogtlaodos § 187. 

12 Müller-Fraureuth, Obersächsisches Wörterbuch S. 280. 

,B Maurmaun, Die Mülheinier Mundart §197. 


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102 


Oskar Weise. 


Tongern aber begegnen uns die mannigfachsten Beispiele von Scheu vor 
dem Hiatus. So heißt es dort beim Inf. und Partizip: cclcu un tfrenke, 
rekenen op (rechnen auf), xoo tc keeken en tc haile, dat (so zu schreien 
und zu heulen, daß), gebakken en (gebacken und). In der 1. und 3. Person 
Plur. des Präsens, die gewöhnlich auf -c ausgeht, wird dort vor folgendem 
tonlosen Anlautsvokal verschieden verfahren. »Sie schneiden es ab« heißt 
entweder xe snaj d oof oder xe snojen rd oof, »wir drehen es aus« ent¬ 
weder re dree d aut oder vc dreejen cd aut. Ferner hört man dort cn 
and meneke, ein altes Männchen, aber ct mcnnckcn es aad, de trapen op. 
dio Treppo auf (sonst trape), sieht xen ougru op, schlägt seine Augen 
auf 1 2 ; dasselbe gilt vom Adjektiv: so heißt es de groote beer, der große 
Herr, aber de grooten oop, der große Affe, cnc grooten oop, oin großer 
Affe, tc lange testen cn stiik, zu guter Letzt ein Stück (aber schrift¬ 
sprachlich: len langen teste een stak). Auch Artikel und Präpositionen 
werden in gleicher Weiso behandelt: enc-n ongenoodege heise dooch, ein 
ungnädig (sehr) heißer Tag, enc-n oon dc-n enne tc gcicc, einen an die 
Armen zu geben, ran dc-n orloch trüg, von dem Kriege zurück, Hege 
flau, gegen Jahn (schriftsprachlich legen Jan), aber tiege-n ct spook, 
gegen den Spuk. 

Nächst dem Fränkischen haben dio vom Fränkischen beeinflußten 
mitteldeutschen Mundarten die größte Neigung, den Hiatus zu meiden, 
so das Vogtländische, Erzgebirgischc, Südwestthüringische, Hessische, aber 
auch das mit von Franken aus besiedelte Schlesien, während das Thü¬ 
ringische und Obersächsische fast gar keine Hiatusscheu erkennen lassen.- 
Doch beschränkt sich die Erscheinung in Schlesien auf eine Anzahl ein¬ 
silbiger Wörter, z. B. die beiden Präpositionen ci(n) ■= in und vo(n), die 
in vielen Gegenden des Landes ihr n nur vor Vokalen bewahren: ei-n-er 
(in ihr), voo-n-cr (von ihr). Eine Besonderheit, die, wie es scheint, vor¬ 
wiegend oder ausschließlich im Kuhländchen auftritt, ist der Gebrauch 
des Flickwortes sen, das nur vor Vokalen sein n festhält, aber schwerlich 
aus dem erstarrten und dann nicht mehr verstandenen Genetiv siin (mhd.) 
hervorgegangen ist; z. B. in Firmcnichs Völkerstimmen II, S. 368, A. 54: 
daa quam sen a siulxcr Reiter haar, S. 370: bei st du s’ vicit ihm bekannt. 

Viel engere Grenzen sind dem hiatustilgendcn r gezogen. Es wird 
hauptsächlich im Bayrischen und in den an Bayern grenzenden Gebieten 
verwendet. Wir beobachten es vornehmlich bei der Biegung der Für¬ 
wörter und bei einigen Bindewörtern. So sagt man im Nominativ des 
bestimmten Artikels und des persönlichen Fürworts vor Konsonanten de 


1 Grootacrs, Hot Dialect van Tongern, Leipzig 1910, S. lüO, 187, 206 fl'. 

2 Pa in Obersachsen unsere Schriftsprache heiniatsbercchtigt ist. so erklärt sich 
daraus deren geringe Rücksichtnahme auf den Hiatus. Auch im Niederdeutschen ist, ab¬ 
gesehen vom Niederfräukischen, meines "Wissens kein Gefühl für den Hiatus vorhanden. 
Dasselbe gilt von verschiedenen Gemeinden des ungarischen Ilcrglandes. /.. B. Dobschau 
im Gömörrer Komitate: denn dort sagt man a (tat (ein Ast); vgl. Mraz, Pio Pob- 
schauer Mundart, Budapest 1909, S. 54. 


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Der Hiatus in dun deutschen Mundarten. 


103 


und c, aber vor Vokalon der und er, z. B. de (da) Buch (der Bube), aber 
der Alt(e), der Engel, der Arm ; c will, aber er is(t). Dasselbe gilt von 
den starken Biegungsformen des Eigenschaftswortes im Nom. Sing., z. B. 
e jung Mensch , aber en alter Ochs, und von der Substantivendung -er, 
z. B. da Wcaba, der Weber, aber da Wcawar is dooA In gleicherweise 
werden oder, aber, weder, wieder, weiter, unter, über und andere Par¬ 
tikeln behandelt, z. B. i ode mei Brucdcr aber mei Brucdcr oder i. So 
steht in einem bayrischen Texte von 1701 (veröffentlicht in Bayerns 
Mundarten I, S. 130 ff.) aba (aber), mei Liscl , dagegon nit eppar (etwar, 
etwa) in da Wildtnuss, da gant: Waldt iss umb uns umbar (umbher, 
herum) und wnba gatiga. 

Ebenso ist die Verwendung des hiatustilgenden b (oder statt dessen 
der Spirans w) ziemlich beschränkt. Diese Erscheinung findet sich in 
einzelnen thüringischen Mundarten; z. B. im Ruhlaischen (Regel S. 68) 
und Honnebergischen (Frommanns Mundarten U, S. 495; Fclsberg, Dio 
Koburgcr Mundart, Geographische Zeitschr. f. Thüringen VI, S. 137) wird 
auslautendes, d. h. nach Verlust eines -e in den Auslaut gekommenes b 
hinter Vokalen abgeworfen, sobald das Wort am Satzschluß steht oder 
ein mit Konsonant beginnendes Wort folgt, dagegen beibehalten, wenn 
ein Vokal darauf folgt. So sagt man ich haa, ich glae (glaube, glaube), 
ich gaa (gebe), aber haab ich, glacb ich, gab ich, ferner mitn Lii (mit 
dem Leibe), aber mit Liib und Seel, mitn Wii, aber mit Wiib un Kengcn 
(Kindern), mit der Haa, aber mit Haab nn Guut, e lii Frau, aber liib 
un düiir, lieb und teuer. Ähnlich verhält es sich mit dem Ostfränkischen, 
z. B. der Gegend von Bayreuth; denn dort heißt es: des waar xe gruc 
(das wäre zu grob), aber en gruewer Kcerl (Archiv f. Gesch. u. Altcrtumsk. 
von Oberfranken, Bayreuth 1897, S. 195). Auch im Südsiebenbürgischcn 
begegnen wir etwas derartigem. Dort wird nämlich in der Vorsilbe ab 
das b vor Konsonanten abgeworfen, vor Vokalen aber als w erhalten, 
z. B. heißt cs uedankeu, abdanken, aber uewackem, abackern, uewändern, 
abändern (Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch I, S. 3). 

III. Analogische Einfügung eines n, r, ic (k). 

Verwandt mit der zweiten ist die dritte Art, den Hiatus zu vermeiden. 
Da man nämlich gewohnt war, in zahlreichen Wörtern und Wortformen 
die klaffende Lücke dadurch zu beseitigen, daß man ein altes n, r oder 
b (w) erhielt, so nahm man nun auch in den Fällen seine Zuflucht zu 
diesen drei Lauten, wo sie von Haus aus gar nicht vorhanden waren; 


1 Lessiak erwähnt aus dem Kärntnischen (Zeitschr. f. D. Mundarten 1909, S. 9 l'nto- 
fuito (Unterfutter), aber Untofniter an (Unterfutter auch). Ferner ist zu onvähnon, daß 
im Schlesischen semantisches r vor Konsonanten wie a gesprochen wird (z. 13. liida, 
Räder), daß aber vor Vokal die r -Artikulation deutlich hervortritt; vgl. W\ v. Uuwcrth, 
Dio schlesische Mundart SSO; dasselbe gilt vom Nordböhmischen, z. 13. der Markersdorfer 
Mundart: vgl. Fr. Knotlie, Die Markersdorfer Mundart S. 12 (z. B. de Mufa tut ktu-ha, 
aber de Mutar is krank). 


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10 t 


t Klar Weise. 


man schob sie unter dem Einfluß analoger Beispiele einfach ein. Am 
häufigsten findet sich so n gebraucht, während r und w in der Haupt¬ 
sache auf das bayrisch-österreichische Gebiet beschränkt sind. Andere 
Laute kommen selten in Frage. Die Erscheinung ist am weitesten ver¬ 
breitet in Oberdeutschland; Mittel- und Niederdeutschland weisen nur 
wenige Beispiele auf. Durch ganz Oberdeutschland geht die Einfügung 
eines n in den Verbindungen der fragenden und relativen Adverbien wie 
und u'o mit darauffolgendem ich: wie-n-i, wo-n-i und in entsprechenden 
anderen Fügungen wie icie-n-cr (wie ihr), wie-n-em (wie ihm), wic-n-ich 
(wie euch), ico-n-e Kind (wo ein Kind). Wir können derartige Formen 
von der Schweiz und dem Elsaß bis nach Ungarn hinein verfolgen, auch 
im Ostfränkischen, Erzgebirgischcn und Schlesischen. In derselben Weise 
verfährt man bei anderen einsilbigen Wörtern wie sie: sic-n-üt, zwei: 

icei-n-ist, drei: drei-n-ist, so: so-n-ist, so-n-e Fell, so ein Fell, ein 
solches Fell, daher in Ottenheim auch so-n-ik = so-ig, solch (Pauls und 
Braunes Beiträge zur Gesch. d. d. Spr. u. Literat. XIII, S. 242). In der 
Mundart von Kerenzen im Kanton Glarus wird auch so an der Spitze des 
Nachsatzes, das die drei Formen soo, so, se je nach der Betonung hat, 
vor Vokalen mit n versehen (Winteler, Kerenzer Mundart S. 198 u. 222). 
Daher heißt es: Tue nie. t ’ Lüt, se gaats der wie de hüte, aber sen 
ischls wie . ., so ist es wie. Ferner sagt man im Alemannischen, z. B. 
in Bern (nach 0. v. Greyerz, Sprachschule für Benier S. 143 und im 
Elsaß; vgl. Elsässisches Wörterbuch I, S. 743) naa-n-em, nach ihm. Auch 
einsilbige Verbalstämme werden in gleicher Weise behandelt; so fügt man 
nach dem Muster von Verbalformeu wie bin-i, geen-i, steen-i, wo das 
n seit ältester Zeit vorhanden war, nun auch bei solchen Zeitwörtern 
ein u ein, die von Haus aus keins haben, z. B. bei schlaa-n-i, schlage 
ich, maa-n-i, mag ich, sich-n-i, sehe ich, loo-n-ems, laß es ihm, 
gei-n-ems, gib es ihm. Seltener geschieht dies bei mehrsilbigen Formen; 
so sagt man im Siegerländischen ( cch fahrn (ich fahre), cch falln (ich 
falle), bildet also bei r- und /-Stämmen die erste Person des Singulars 
im Präsens auf n, dagegen heißt es ceh scltriitcc, cch schloofe, aber bei 
Umstellung findet sich hier das hiatustilgende n ein: schriiwcc-n-eeh, 
schloofe-n-ech (Heinzerling, Siegerländische Mundart S. 54; 0. Bremer, 
Bcitr. z. Geogr. d. deutsch. Mundarten S. 109 A.). Endlich fühlt man im 
Bayrischen vielfach das Bedürfnis, bei Verbalstämmen, die auf einen 
langen Vokal ausgehen, die Formen des Konditionals (Konjunktivs Impcr- 
fekti) so zu bilden, daß vor der Endung -cl ein n eintritt Anstatt 
i draact, ich würde drehen, i naact, ich würde nähen, isoact, ich würde 
säen usw. hört man daher häufig sagen: i drcici-n-ct, inaa-n-et, isaa-n-ct. 
Daß wir es hier mit einem hiatustilgenden n zu tun haben, beweist der 
Umstand, daß dafür ebenso oft ein r erscheint, z. B. i slriiä-r-ct , ich würde 
streuen, i see-r-ct, ich würde sehen u. a. 

Natürlich finden wir im Bayrischen bei dessen Neigung für das 
hiatustilgende /• diesen Laut auch in anderen Fällen, wo wir sonst dem 


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Der Hiatus in den deutschen Mundarten. 


105 


n begegnen, z. B. beim Indikativ des Präsens: draa-r-i, drehe ich, sie-r-i, 
sehe ich, yce-r-i, gehe ich, tuc-r-i, tue ich, kaa-r-i, kann ich, ferner 
beim Konjunktiv: saa-r-a, sei er, beim Infinitiv: lache-r-odc waan, lachen 
oder weinen, beim Substantiv: Sehne-r un Strumpf, Buc-r un Diandl 
(Bubo und Dirndl), übers Knic-r abbreche h, mit kloan Augna-r aschaugcn 
(mit kleinen Augen anschauen) (1701: vgl. Bayerns Mundarten I, S. 210), 
beim Zahlwort: zwac-r Auge, beim Fürwort: dc-r-i, die ich, beim Ad¬ 
verb: alsc-r-alt, also alt, wie-r-a Hund, wio ein Hund, aa-r-cn Arbet, 
ohne eine Arbeit. Auch zwischen die beiden Bestandteile einer Zusammen- 
rückung oder Zusammensetzung drängt sich dieses r ein, z. B. bei zwuc-r- 
czwanzig, zweiundzwanzig, drae-r-ezwanzig, dreiundzwanzig, ae-r-i, anhin 
^ hinan, zuc-r-i, zuhin = hinzu; ebenso tritt es zuweilen innerhalb eines 
nicht zusammengesetzten Wortes auf, wie oben bei draa-rct ; so sagt man 
rue-r-i, ruhig und es tuet net der Miie-r-a, es lohnt nicht der Mühe. 

Über dieses r berichtet uns A. Gebhardt, Die Nürnberger Mundart 
§ 197 A. 7, daß cs ursprünglich in Nürnberg unbekannt gewesen und erst 
neuerdings dort eingedrungen sei, bisher auch nur in der ersten und 
dritten Person des Indikativs Präsentis im Plural, z. B. mir kumme-r-ower 
niet, wir kommen aber nicht, döi genga-r-ins Wertshaus, die gehn ins 
Wirtshaus; nur bei jüngeren Leuten hört man Sätze wie dau uoo-r-i 
gewees bi, da, wo ich gewesen bin. Dagegen ist die Erscheinung im 
Egerländischen ganz gewöhnlich. So heißt es dort: ma kan aa (auch) r 
an Brunnnn aasschöpfe, daa-r-e, daß ich, suc-r-e dumme Gans, so eine 
dumme Gans, Viah-r-und Leut, kaa-r-i, kann ich, mir gengc-r oitzc-r 
ainc dae , einer von uns geht jetzt hin. Im Erzgebirge und Vogtlande 
sind die Spuren dieses r weit geringer; doch sagt man im südlichen 
Vogtlande kaa-r-a, kann ein, su-r-a, so ein. Von dem Fränkischen 
der Rappenauer Mundart erfahren wir durch 0. Meisinger, Wörterbuch 
der Rappenauer Mundart S. 136: >r findet sich sehr häufig am Endo 
eines vokalisch auslautcnden Wortes, wenn das folgende im Satzzusammen¬ 
hänge mit einem Vokale anfängt. Es ist als ein Übergangslaut aufzu¬ 
fassen (wie im ahd. bistur unschuldig im Erfurter Judeneid und wolar, 
abur im Ludwigslied), z. B. ma uünscha-r-ich, wir wünschen euch, si 
hcica-r-aa, sie haben auch, krousa-r-epfl, große ÄpfeL. Dazu fügt Mei¬ 
singer in der Zeitschrift für Deutsche Mundarten 1901 S. 137 noch si 
vasehlaga-r-en, sie verschlagen ihn, si khena-r-es, sie kennen uns, ui 
a khama-r-is, wie er gekommen ist, neewa-r-em, neben ihm (aber nccuc 
ta Schaia, neben der Scheuer).' Und wie die Präposition neben, so 
werden auch andere auf n ausgehende (von, an, zwischen, gegen, wegen), 
die im Oberdeutschen vor Konsonanten meist ihren Auslaut verlieren, 
infolge Schwundes des Sprachbewußtseins vor Vokalen vielfach mit r 
statt mit n versehen, wobei möglicherweise auch die Analogie von unter, 


1 Vgl. auch Ph. I.cnz, Konstanzer Programm von 1887(8) S. 39 aus Handscliuhs- 
lieim: tu-r-i, tu ich, tes haui-r-cm sage kene, das hab ich ihm sagen können. 


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Oskar Weise. 


über, hinter, wider mit cingewirkt hat. So heißt cs im südlichen Vogt- 
landc ve-r-cn, von einem, bayrisch ve-r-enk, von euch, so in Wachbach 
bei Mergentheim 1 außer nebe-r cm, nebn ihm, wege-r-em , seinetwegen, 
so im Egerländischen xu'ischc-r ains u zwae, zwischen eins und zwei, 
msche-r alfc-r u zwölfe, oe-r-in, an ihn, gege-r-in, gegen ihn, im 
Schlesischen zwische-r-em, naawe-r-em, waage-r-cm. Ähnlich wird die 
Präposition »mit« im Fränkischen, z. B. in Handschuhsheim behandelt. Diese 
hat vor unbetontem Pronomen die Form mi-r , z. B. mi-r-ich , mit euch, 
mi-r-cm , mit ihm, mi-r-er , mit ihr, mi-r-cn , mit ihnen (vgl. Ph. Lenz, 
Konstanzer Programm von 1887(8) S. 31), die sich durch dieselbe Un¬ 
sicherheit des Sprachgefühls und den Einfluß der Analogie erklärt 

In Schönwald bei Gleiwitz, einer deutschen Sprachinsel Oberschle¬ 
siens, findet sich ein hiatushinderndes r beim unbestimmten Artikel. Man 
sagt z. B. dort zeram Fände , zu einem Felde, arar Facht, in einer Nacht, 
horam Boome , bei einem Baume, \cra booeba , zu einer Frau (Babe), 
noochcram Juiirc , nach einem Jahre, emeran Floschc Hai//, um eine 
Flasche Wein, mederam Biuwa , um einen Buben.- Ein Seitenstück 
dazu ist der Gebrauch des Heanzischen im westlichen Ungarn, wo cs 
heißt aufaram Baam, auf den Baum, owaram Laam, auf den Lehm 
(Frommanns Deutsche Mundarten VII, S. 225), ferner des Niederöster¬ 
reichischen {in vre Wirtshaus, in einem Wirtshaus, ebenda V, S. 110) 
und des Hennebergischen (bai cra Stun, bei einer Stunde (ebenda III, 
S. 128). Dagegen ist vier is, man ist, das Gerbet, Mundart des Vogt- 
landes S. 102, hierher zieht, wohl anders aufzufassen. Es findet sich in 
vielen Gegenden Mittel- und Niederdeutschlands, die hiatustilgendes r 
gar nicht kennen, und erklärt sich wohl durch den Einfluß der ersten 
Person des Plurals wer = wir, z. B. altenburgisch vier sin, wir sind, 
darnach vier bann, man kann *= wir können. 


Von den Mundarten Ungarns zeigen außer der heanzischen ein 
/■ in der Hiatuslücke, z. B. die von Metzenseifen im Zipser Lande, dio 
nach Al. Gedeon, Die Metzenseifener Mundart, Budapest 1905, S. 07 unter 
anderen folgende Beispiele bietet: ich hoo-r-cn gesecn, ich hab ihn ge¬ 
sehen, ich hoo-r-om gcem, ich hab ihm gegeben, ebenso die von lßtimcr, 
aus der M. Haynal, Die Ißtimerer Mundart, Budapest 1900, S. 40 ver¬ 
zeichnet: schau-r-i , schaue ich, kee-r-i, gehe ich, traa-r-i, drehe ich, 
re-r-uns , von uns, i hre-r-et, ich hätte, pi-r-i girecst, bin ich gewesen, 
/ zaa-r-ct, ich möchte ziehen. 

Weit seltener als n und r tritt als hiatustilgender Laut tr auf. Es 
hat sich natürlich nach Analogie von Wörtern herausgebildet, bei denen 


cs von Haus aus vorhanden ist, z. B. ostfränkisch des /hier 


is tröi, das 


Bier ist trübe, aber c troinc Tag, ein trüber Tag. Die Beispiele sind 


1 Vgl. Alemannia XXIII, S. L>13. 

J Vgl. K. liusimle, Eine vergossene deutsdn* Sprachinsel im polnischen Oher- 
schlesieu, llreslau 1911, S. 120f. 




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Der Hiatus in den deutsche» Mundarten. 


107 


nicht zahlreich. Ich nenne cgerlündisch gti-w-i , gehe ich, vogtländisch 
c-w-estc , ehe du, bayrisch xue-w-cr , zuher = herzu, xue-w-c , zuhiu = 
hinzu (häufiger xue-r-e). 1 

Das Ar, das in mecklenburgischen und vorpommerschen Koseformen 
vor der Endung - ing erscheint, sobald diese an einen Stamm tritt, dessen 
Endvokal sich nicht elidiren läßt, ist wahrscheinlich ein Rest des Ver¬ 
kleinerungssuffixes Ar, so daß hing entstanden wäre aus he -+- ing. Doch 
ist immerhin beachtenswert, daß man neben Jding (aus Ida-ing), Anning 
(aus Anna-ing), Lcning (aus (Leno-ing), Otting (Otto-ing) sagt Schäuhings , 
Sehnlichen, Pöting (kleiner Pomuchelskopp), jehing (Verkleinerung von 
je) , ncching (Verkleinerung von nein), Dnhing (Verkleinerung von I)u).- 

IV. Der Hiatus bei den Präpositionen xu und bei. 

Bei A. Gebhardt, Grammatik der Nürnberger Mundart § 203 lesen 
wir: »Formen wie tso-n-in , zu ihm sind wohl nicht aus Sandhigesotzen 
zu erklären, sondern als Analogie zu potenzierten Flexionsformen wio in 
fisnn , den Fischen, daer hund left af drai bar nennt, dieser Hund läuft 
auf drei Beinen. Wenn gelegentlich vorkommt tso-n-cra statt tsou cra, 
zu ihr, so fasse ich dies als weitere Analogie zu tso-n-in auf«. Doch 
ist dies ein Irrtum. Daß wir es tatsächlich mit Sandhierschcinungen zu 
tun haben, dafür spricht 1. die Beschränkung des Gebrauchs auf dieselben 
Mundarten, wo sonst Hiatus gewöhnlich beseitigt wird; 2. das Auftreten 
des n gerade in den beiden Präpositionen, die auf einen Vokal ausgehen 
(am und bei) ; 3. der Umstand, daß die drei am meisten zur Tilgung des 
Hiatus verwandten Laute n, r und w auch hier erscheinen. Ein Über¬ 
blick über die hier in Betracht kommenden Formen mag dies erläutern. 

In den oberdeutschen Mundarten verlieren, wie bereits angegeben, 
die Präpositionen, die auf n ausgehen, wie gegen, uegen, neben, \wischcn, 
ron, in, an, diesen Schlußlaut gewöhnlich vor Konsonanten, erhalten ihn 
aber zur Verhütung des Hiatus vor Vokalen. In gleicher Weise werden 
auch vielfach Wörter, die auf -er endigen, behandelt, z. B. unter, über, 
außer, oder, aber. Infolge davon ist Unsicherheit des Sprachgefühls eiu- 
getreten und r tritt auch an Stellen auf, wo man n erwartet, so daß 
sich oftmals Formen finden wie geger, weger, xWischer u. a. Ebenso 
werden n und r häufig verwendet, um die klaffende Lücke zu füllen, 
die dann entsteht, wenn die Präpositionen bei und xu vor Vokale treten. 
Dafür gebe ich folgende Belege: 

1 Über weitere Fälle von Einschub eines r vgl. Wiener Sitzungsberichte XLV, 
S. 215 (Zips); J. Stuhrmann, Das Mitteldeutsche in Ostpreußen, Progr. v. Deutsch-Krone 
1890, S. 31a (Ermland); II. Tschinkel, Grammatik der Gottsched - Mundart, Hallo 1908, 
S. 32; Schmeller, Bayerns Mundarten ijGSG; Schwäbl, Bayrische Grammatik S. 44; Wein¬ 
hold, Bayrische Grammatik 5; 137; Gerbet, Vogtlandischo Grammatik S. 159; für die 
Mundart von Ottenheim K. Heimburger in Pauls und Braunes Beitragen XIII, t}82A.; 
D. W. Xlil, S. 3; ferner für das Bayrisch - Österreichische Frommanns Mundarteu I, S. 290; 
111, 8.44, 173. 392. 

* Vgl. Fr. Müller, Zur Sprache Fritz Deuters, Leipzig 1902, S. 47. 


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108 


Oskar Weise. 


1. für n: 

alemannisch: zuu-n-er, zu ihr, bii-n-er, hei ihr, bii-n-is, bei uns, 
bii-n-cch, bei euch, hii-n-in, bei ihnen, znue-n-is, zu uns, 
xnuc-n-ich, zu euch 1 * ; 

schwäbisch: bei-n-em, bei ihm, bei-n-er, bei ihr, xttuc-n-cr, zu ihr, 
xnue-n-im, zu ihm*; 

bayrisch: bei-n-im, bei ihm, bei-n-uns, bei uns, bci-n-ml l - , bei euch, 
xum-n-uns, zu uns, bei-n-in, bei ihnen; xun-n-crcn, Haus, zu 
ihrem Haus 3 ; 

schlesisch: bei-n-er, bei ihr, zuu-n-cr, zu ihr, zuu-n-um, zu ihm, 
zuu-n-a (den) Snldatcn, bei-n-a Taxen, bei den Taxon 4 ; 

erzgebirgisch: bc-n-um, bei uns, be-u eich, bei euch. 5 

2. für r: 

alcmanuisch: be-r-hn, bei ihm, be-r-in (cn), bei ihnen; 

bayrisch: xe-r-enk, zu euch, *./ i-r-cr, zu ihr; 

fränkisch: zu-r-em, zu ihm, zti-r-cr, zu ihr, \u-r-cu, zu ihnen, 
zu-r-ich, zu euch, bc-r-uns, bei uns 6 ; 

westböhmisch, vogtländisch, egerländisch: be-r-cn, bei einem, be-r-rr, 
bei ihr, bc-r-uns, bei uns. 7 

3. für ic: 

bayrisch: zuc-tc-cr, zu ihr. 

4. für d: 

erzgebirgisch: bei-d-uns, bei uns, bei-d-ich, bei euch. 8 9 

Es handelt sich also in allen Fällen um die Verbindung der Prä¬ 
position bei und zu mit Pronominalformen, meist einsilbigem Kasus des 
persönlichen Fürworts wie uns, euch, ihm, ihr.' J 


V. Die Verwandlung von i und u in j und ic. 

• • 

Ein viertes Mittel zur Beseitigung des Hiatus ist der Übergang eines 
i oder u in die entsprechenden Halbvokale j oder ic, wie wir es z. B. 
im Vogtländischen finden bei Wortverbindungen wie urjnujcl für zwei 


1 Vgl. z. B. Elsäss. Wörtorb. 8. 743; .1. Wintelcr, Die Kcrenzer Mundart S. 140 f. 

' Vgl. Wagner, Progr. von Reutlingen 1801, S. 104. 

3 Schwab], Altbayrische Gramm. S. 30, 100; Loxer, Karntu. Wörtorb. XIII. 

4 Weinhold, Dialcktforsch. S. 70. 

6 K. Müller-Fraurcuth, Obersächs. Wörterb. S. 80. 

Z. B. in Bayreuth, Rappenau und Ilandschuhshcim (vgl. Rh. Lenz, Konslanzer 
Programm von 1887(S), 8.39. 

7 Vgl. Gradl, Bayerns Mundarten I, 107; Gerbet, Gramm, d. Vogtland. Mundart 
8.102; K. Müller-Fraureuth, Obersächs. Wörterb. 8.183. 

* K. Müller-Fraureuth, Obersächs. Wörterb. S. SO. 

9 Die Präpositionen xu und bei werden auch je nach der Verbindung vielfach 
selbst in ihrer Form verändert. So sagt man in Aargau (vgl. A. Frey, Analecta Ger¬ 
manica, Amberg 1900, S. 40) und in Glarus (J. Wintcler, Die Kerenzcr Mundart 8.140) 
xue wer, hii wer (vor unbetontem pcrsöul. Fürwort), xk dir, bi dir (vor betontem 
persünl. Fürwort), Aarau, x r innerst, x'yross , x'ini. 


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Der Hiatus in den deutschen Mundarten. 


100 


Engel oder traairich für trau ich (vgl. Gerbot S. 285. -). So erklärt sich 
wohl, daß im Niederfränkischen und Ripuarischen, im Thüringischen, 
Nordhessischen und Teilen des Alemannischen (besonders in der nord¬ 
westlichen Schweiz), die sonst die einfachen langen Vokale ii, uu und 
y (langes ü) festzuhalten pflegen, Diphthongierung in ei, au und eu 
eintritt, wenn darauf ein Vokal folgt, also Hiatus vorliegt, daß man also 
sagt piin, hu ns, hyscr, aber ich freie (mhd. friic ), ich baue (mhd. buuive ), 
ich bereue (mhd. rinicc). Offenbar empfindet man hier in dem Doppel¬ 
laute das * und u als Halbvokale oder Spiranten und fühlt sich dadurch 
weniger gestört als durch den einfachen Laut. In ähnlicher Weise verhält 
es sich mit i- und w-Lauten, die im Wortinnern vor Vokalen stehen. 
Aus ihnen entwickelt sich häufig ein j und w, allerdings fast nur in 
Fremdwörtern und hauptsächlich in den Gegenden, die sonst gar nicht 
empfindlich gegen den Hiatus sind, in Mittel- und Niederdeutschland. 
Dabei bleiben die Vokale selbst oft noch bestehen, wenn auch vielfach 
in etwas veränderter Gestalt, z. B. u als e. Hierher gehören Fälle wie 
1 Ali je für Lilie, Vijolen für Violen, Vijcline für Violine, rejalsch oder 
rajalsch für royal; ferner Fernjen (Ferien), runjeniere (ruinieren), Mai je 
(Marie), Nataljc (Natalie), Iudevidjen (Individium = Individuum), Kemedje 
(Komödie); ferner Aktewar (Aktuar), Edeward (Eduard), Jesuwite (Jesuit), 
Janeuar (Januar), Febreuar (Februar), Trotteivar (Trottuar :"Trottoir), 
Alewee (Alue : Aloe), Krauate (Kruate : Kroate, allerdings mit unter Ein¬ 
wirkung von Krabbe), Lowise (Luise), Pawel (daneben Pagel : Paul), 
Rtncine (Ruine, vogtländisch). 1 

Mit diesem Streben nach Beseitigung des Hiatus steht in Einklang 
die Unterdrückung des ersten oder seltener zweiten der beiden zusammen¬ 
stoßenden Vokale in Namen wie Ja las (Julius), Melcher (Melchior), Michel 
(Michael), Andrees (Andreas), Male (Amalie), Emile (Emilie), Rosale (Ro- 
salie), Reffe (Sophie), aber auch in anderen Wörtern wie Petistc. (Pietist), 
Karmesin (karmoisin), Pharo (Pharaospiel), Holdste (Hoboist), die sämtlich 
7. B. im Altenburgischen in dieser Form üblich sind. 

Dieselben Laute j und w spielen samt h eine wichtige Rolle als 
»Übergangslaute« bei Verben wie säen, bähen, blühen, mühen u. n. Über 
sic äußert sich Wilmanns, Deutsche Grammatik I, § 154f.: »Vokalisch aus- 
lautende Stammsilben sind nicht eben häufig, und oft hat die Sprache 
darnach gestrebt, sie durch Einschiebung konsonantischer Zwischenlaute 
zu beseitigen. Im Gotischen ist von dieser Neigung erst wenig wahr* 
zunehmen. Weitere Verbreitung gewinnen die Übergangslaute im Hoch¬ 
deutschen, und zwar sind es die Konsonanten j, ir und h, die so ge¬ 
braucht werden, also dieselben Laute, die, wo sie etymologisch begründet 

1 Über mhd. Formen wie meije oder inciyc, reijc oder rcige, rrhjc, frein vgl. 
Kräuter, Zeitschr. f. d. Altert. 21, S. 2üG; Veinhold, Mhd. (»ramm, 221, 224. Hierher 
gehören auch Wasunger Formen wie summ-, sucr, sauer, muntrer, Mauer, liatnre, 
haue, in denen nach Koch, Storch und Jteichardt, Die Wasunger Muudart S. 32 zur 
Silbentrennung gebraucht wird bei zusainmenstoüenden Selbstlauten'. 


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11Ö 


Oskar Weise. 


sind, schwach artikuliert werden und allmählich verklingen. Schwach 
artikuliert waren sie auch als Übergangslaute, daher werden sie in der 
Schrift bald bezeichnet, bald nicht, wechseln auch untereinander«. So 
findet mau, um nur einige Beispiele zu nennen, holländisch maajen, 
mähen, draajcn, drehen, ripuarisch biije , bähen, siijc, säen, hessisch 
mecje und meeue , mähen, dreejr und dreetre, drehen, altenburgisch siiur, 
säen, biime (aus biilre .), biihen. 1 


Anhang. 

VI. Über auslautendes n vor Dentalen. 

0. Behaghel sagt in seiner Geschichte der deutschen Sprache, 3. Aufl., 
Straßburg 1911, S. 210: »Das n ist abgofallen im Mittelfränkischen größten¬ 
teils, im Rheinfrünkischen, im westlichen Teile des Ostfränkischen, im 
größten Teile des Hessischen, im südlichen Thüringen, im südöstlichen 
Schlesien, im Schwäbischen und Alemannischen«. — »Der Abfall des n 
hat lautgesetzlich nirgends stattgefunden, wenn das nachfolgende Wort 
mit Vokal begann«. — »Vielleicht blieb auch vor Dentalen das n rein 
lautgesetzlich erhalten: im Mediascher Dialekt schwinden die auslautenden 
n der Flexionssilben außer vor Vokal, li, d, t, fs«. 

Was in den ersten Sätzen berichtet wird, ist bekannt und braucht 
nicht weiter erörtert zu werden; wohl aber bedarf die im letzten Satze 
ausgesprochene Erscheinung, die vom Verfasser bezeichnenderweise mit 
einem »vielleicht« eingeführt wird, noch einer näheren Untersuchung. 
Sehen wir genauer zu, so finden wir die Beobachtung Behaghels be¬ 
stätigt, aber nicht bloß durch Formen des Mediascher Dialekts und nicht 
bloß durch Flexionssilben. Der Grund, weshalb n , das vor anderen 
Lauten abzufallen pflegt, vor Dentalen vielfach erhalten geblieben ist, 
dürfte darin zu suchen sein, daß es in der Zahngegeud des Mundraums 
erzeugt wird, also einen leichten Übergang zu dem folgenden Zahn¬ 
laute bildet. 

Die meisten Belege liefern die fränkischen Mundarten. Mosel¬ 
fränkisch und südsiebenbürgisch heißt es undreitreu , antreiben, aber 

‘ Anders aufzufassen sind altcnburgi.sch Jfarpinr (Harpyie), Schahisinr (Jalousie), 
leipzigisch rosnne, lilane Kleider, egcrlündisch Sa wiener, Einwohner von Sandau in 
Bühnten, Schambencr, Einwohner von Sdiönbach (Schiepek, Satzbau der Egerl. Mundart 
S. 341 A.), Lindener (Lindauer), Ifaslanrr (Haslauer), Miilirancr (Mülbacher, vgl. Gradl 
in Bayerns Mundarten 11, S. 3ü2). Hier liegen wohl Analogiebildungen vor ohne die Ab¬ 
sicht, den Hiatus zu vermeiden. Die beiden erstgenannten Formen sind Ifückbildungen 
aus den Pluralen Harpyien und Schalnsirn . deren //. da die Wörter fast nur im Plural 
gebraucht wurden, mit dem Stamme verwuchs, rosanc und lilane sind nach Adjektiven 
mit n wie kattunen, leinen gebildet, die Namen der Ortsbewohner aber sind ebenso ana¬ 
logisch geformt wie in der Pfalz Sladlnnrr für Städter oder in Basel Äsehlemer für die 
Bewohner der Aschenvorstadt nach dem Muster von Mannnner (Mannheimer), Dossnner 
(Dossenheimer); vgl. 0. Behaghel, Die deutsche Sprache, fi. Aufl., S. 272. Ebenso sind 
schlesische Adverbien wie flerlninc, derxnne für daboi, dazu nach dem Verbilde von 
schlesisch hiihenr . il rahme, nhcnr, nah ne (tingene) u. a. gestaltet worden. 


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t)er Hiatus in den deutschen Mundarten. 


111 


ugedriwen, undoon, antun, aber ugedoon (G.Kisch, Vergleichendes Wörter¬ 
buch der Nösner und moselfränkischen Mundart S. 229); südsiebenbürgisch 
miduecht, Andacht, undannem, andonnern, aber nösnisch uduecht, udan- 
nem (Schullerus, Siebenbürgisch-säcbsisches Wörterbuch I, S. 103); süd¬ 
siebenbürgisch ändreen, eindrehn, ändräcken , eindrücken, aber äfläcken 
(ebenda II, S. 137); niederfränkisch (in Mülheim a. d. Ruhr) aantrecke , an- 
zichen, aber aaknoire, anknurren (vgl. E. Maurmann, Mülheimer Mundart 
S. 60, §198). Ebenso wird dort das n von den Wörtern in, fan (von), 
legen (gegen), wen (wer), den (der), dan (dann), hin vor Vokalen, sowie 
vor h- und t- Lauten erhalten, während es vor anderen Konsonanten* 
gewöhnlich wegfällt, z. B . fa mi fnader , von meinem Vater. Dasselbe 
gilt von den Verbalformen hm, kann und sin , bin, sowie von südsieben- 
bürgisclien Personen des Präsens wie ich goon dner , ich gehe dorthin 
(neben ich goo wekter , ich gehe weiter; vgl. Schullerus, Siebenbürg. - 
süehs. Wörterb. S. XXXIV). Auch das Ripuarische zeigt ähnliche Er¬ 
scheinungen, nur handelt es sich hier hauptsächlich um die Possessivs 
und den unbestimmten Artikel. So sagt man dort bei Neutris- iniin, 
diin, siin düng (Ding), aber mii, dii , sii kalef (Kalb); desgleichen heißt es 
im Norden Ripuariens und an der mittleren Erft en diir, ein Tier, cn 
deel, ein Teil, en dorep , ein Dorf, aber e mnul , ein Maul, e booch , ein 
Huch u. a. (vgl. F. Münch, Gramm, d. ripuarischen Mundart S. 162). In 
gleicher Weise verfährt das Südsiebenbürgische; denn dort heißt es im 
Nom. und Akkus, des Neutrums vor Vokalen, sowie vor h- und ^-Lauten 
meng , mein, deng , dein, seng, sein, z. B. deng däsch, dein Tisch, aber 
de r{)()tcr, dein Vater, de kängd, dein Kind; dagegen lautet es im Nös- 
nischen vor Vokalen und Konsonanten durchweg dai, z. B. dni eegen känt, 
dein eigen Kind (vgl. Schullerus, Siebenbürg.-sächs. Wörterbuch II, S. 28). 
Ferner sagt man im Südsiebenbürgischen iin appel, ein Apfel, iin däsch, 
ein Tisch, aber ii gnerlrn, ein Garten, ii kängd, ein Kind (vgl. ebenda 
II, S. 133 und A. Scheiner, Die Mundart der Siebenbürger Sachsen, For¬ 
schungen zur deutschen Landes- und Volkskunde, herausgeg. v. A. Kirch- 
hoff, Bd. IX, S. 161). 

Doch auch außerhalb des Fränkischen lassen sich Spuren dieses 
Lautgesetzes nachweisen, so in der Kerenzer Mundart des Kantons Glarus. 
Wie in allen oberdeutschen und einigen mitteldeutschen Dialekten findet 
sich dort besonders vor einsilbigen Formen des persönlichen Fürworts 
(ihm, ihr, uns, euch) bei den Präpositionen bei und xu häufig ein hiatus¬ 
tilgendes n, das nach Analogie von anderen auf n ausgehenden Prä¬ 
positionen wie in,' von, wegen , neben, gegen eingefügt sein dürfte, 
z. B. bi-n-em, xu-n-ew, bi-n-cr, xu-n-er, bi-n-is, xu-n-is, bi-n-ech, 
\u-n-ech. Dieses selbe n tritt aber auch vor Dentalen auf, z. B. bi-n-der, 


1 Nur vor ;>-Lauteu geht cs in in über. 

s Bei Maskulinis stehen die aus dem Akkusativ iniinen, di inen, siinrn hervor- 
gegangenen Formen iniilie, di ine, siinr. 


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112 


ftthmar Meisingcr. 


bei dir, xu-n-dcr , zu dir, aber bi-mer , bei mir, xu-nier , zu mir 1 (vgl. 
J. Winteler, Die Kerenzer Mundart S. 140). 

Ähnlich liegen die Verhältnisse in Schlesien; denn dort sind vor 
der dentalen Spirans die Formen bei-n und xu-n weit verbreitet: 
bei-n-sich, xu-n-sich. Die oberschlesische Mundart der Gegend von 
Meißen bis Leobschiitz dehnt den Gebrauch des n auch auf die Für¬ 
wörter sie, dir, dich aus, z. 13 bei - n der, bei dir (Philo v. Walde, Sonntags¬ 
kinder S. 201), ebenso ain se (sonst ai, in, ebenda S. 138). 

Aus alledem ergibt sich, daß die Erhaltung bzw. Einfügung eines n 
vor Dentalen in der Hauptsache bei einsilbigen Wörtern (Fürwörteni, 
Präpositionen, Adverbien, Verbalformen) zu finden ist. 


Lexikalische Beitrage ans Unter- und Oberbaden. 

Von Othmar Mclslnger. 

% 

I. aa n s9 kants. 

In meinem Wörterbuch der Rappenauer Mundart, 5b habe ich den 
Ausdruck aa n s9, durch den Nasal verführt, vermutungsweise zu eittsi 
gestellt Dies ist nicht möglich, es gehört, wie schon verschiedentlich 
festgestellt wurde, zu also; vgl. Fischer, Schwäbisches Wörterbuch I, 151; 
Schmellor I, 68; Martin-Lienhart I, 77. In Rappenau wird aa n s3 nur in 
Verbindung mit Adjektiven verwendet, wie aa n so kants, v hot dn aa n s.t 
kants nuutvkMtikt er hat ihn vollständig hinuntergeschluckt; aa n so uarsm 
hot u to khuuxd kqso er aß den Kuchen warm, wie er war; ebenso aa n so 
Inrtntic. Das für sich stehende aa n so, das sich im Elsaß als aasj findet 
(er hot aaso fleisch ff esse) , kommt in Rappenau nicht vor, ebenso fehlt 
der Ausdruck fun aaso von selbst, ohne weiteres, den aber unsere Ale¬ 
mannen in Baden kennen (Freiburg). Wenn der Elsässer sagt: d bloter 
isrh von aase vfgange, so sagt man in Rappenau t plooiun is fun ola<ii n 
ufkatjo die Blase ist von selbst aufgegangen. 

Daß älteres also unserem aa n s9 zugrunde liegt, zeigen deutlich viele 
Stellen althochdeutscher und mittelhochdeutscher Texte, auf die Schmeller 
schon hingewiesen hat, so wenn Notker sagt: also leitende fcrslindct er 
sie, es entspricht vollständig unserem aa n so Inretttic. Fischer weist noch 
auf eine Stelle im Nibelungenliede hin (Aventiure XVII): 

dö hiez Hagene tragen 
Sifriden also töten von Nibelunge lant 
für eine kemenaten, da man Kriemhilde vant. 


1 Im lionailiLaiteri Togireiilmr^ gilt dies Gesetz jedoch nicht; denn dort sagt inan 
bi der, 'n der. 


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Lexikalische Beiträge aus Unter- und Oberbaden. 


113 


Die Mundarten des Böhmerwaldes kennen zu unserem Worte noch 
die Weiterbildung ansert; vgl. Schwänke und Sagen aus dem mittleren 
Böhmerwalde, gesammelt von Josef Blau (in Blümmls Beiträgen zur 
deutschen Volksdichtung VI, S. 148): Er rührte sich dabei ansert gan~.e. 

II. Mhd. lä$en. 

Das mittelhochdeutsche lä$en hat in Rappenau wie in Handschuhs¬ 
heim eine eigenartige Spaltung erlebt, vgl. Lenz, Vergleichendes Wörter¬ 
buch der neuhochdeutschen Sprache und des Handschuhsheimer Dialekts, 
S. 42. Es bleibt einerseits starkes Verbum mit langem Vokal, looss, 
klooss in der Bedeutung Flüssigkeit aus einem Fasse abzapfen (ftt aus- 
loosd, Part, anskloosd ), anderseits wird es schwaches Hilfsverb mit kurzem 
Vokal, i los, tu les, v lest, tnv loso, iv lost, si losa, Part klost, Imp. los, 
Konj. leest. Es ging hier jedenfalls das Sprachgefühl dafür verloren, daß 
die beiden zusammengehören. 

III. mit und miit. 

Die Wirkung des Akzents zeigt sich in den dialektischen Formen 
mit und miit. Die Präposition hat durchweg kurzes t, mit mv mit mir, 
mit tv kawl mit der Gabel, mim m^sv mit dem Messer, minanin mit¬ 
einander. Wird mit in der Verbalkomposition verwendet, so hat es 
langes i. Dann trägt es starken Akzent, also zeit miitfaars willst du 
mitfahren? faa miit fahre mit, miitlafd raitlaufen. 

IV. dr stefi. 

In dieser Zeitschrift 1910, S. 128 geben Keiper-Zink die Redensart 
aus den Pfälzer Orten Duchroth und Würzweiler: der gibt wie der Stoffe 
(Sdoffe) seim Hinkelche (oder seiner Gluck), d. h. mit der einen Hand gibt 
er’s, mit der andern nimmt er’s wieder. Keiper-Zink führen dies Stoffe 
auf Christophorus zurück. Daneben findet sich auch die Form Sleffe, 
die auf Stefan zurückgeht In Rappenau kennt man obige Redensart 
auch, doch anders ausgosponnen. Man sagt: der hots ere gStekt, wi dsr 
steft seinoro glulc; der hot erd tswaai khevnlin zu fiil gqws, no is si fdickt. 

Es scheint hier eine alte schwankartige Erzählung zugrunde zu 
liegen, die weit verbreitet war. 


V. School. 

sool ist ein altes Aleraannenwort für Schlachthaus, D. W. IX, 1448. 
Maaler, 289b. metxg oder school laniena, caraarium, macellum. Weitere 
Belege geben Hunziker, 229 und Seiler, 262b. Das Wiosental kennt 
es heute nicht mehr; daß es früher vorhanden war, habe ich in dieser 
Zeitschrift 1907, S. 222 nachgewiesen. In Müllheim dagegen gibt es heute 
noch eine School; auch der Eigenname Schooler ist hierher zu stellen. 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. y 


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114 


E. Kövi. 


VI. Beuggen. 

Von Säckingen rheinabwärts liegt der alte Sitz der Deutschordens¬ 
meister, Beuggen. Im Yolksmunde heißt der Ort heute Bügd; es ist hier 
die Lautform festgehalten, die im 16. Jahrhundert vorlag. Der Ort wird 
nach Kriegers topographischem Wörterbuch (unter Beuggen) in Urkunden 
1504 Bücken, 1521 Bückhen, 1543 Bügkeu genannt (zu ahd. biugo die 
Biegung). Dieses Bücken findet sich nun bei Fischart an einer Stelle 
des glückhaften Schiffes. Es heißt dort: 

Folgends auff Seckingen sie schifften, 

Die das volck der Segwonen stifften, 

Da des Reins achtest Brück angeht 
Und inn Sant Fridlins Insul geht. 

Noch musten sie sich weiter schicken 
Zu einem Strudel under Bücken, 

Welcher der dritt ist inn dem Rein. 

Hier ist zweifellos mit Bücken der Ort Beuggen gemeint Soweit 
ich sehe, hat dies noch keiner der Herausgeber Fischarts entdeckt 


Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart. 


Eine botanisch-philologische Studie von E. Kövi. 


Yorbemerkung. Den Rat des Botanikers Dr. H. Marzell in Augs¬ 
burg befolgend, will ich im folgenden von den etwa 500 mir bekannten 
Zipser Pflanzennamen nur einige ganz volkstümliche mitteilen und 
habe auch sogenannte Übersetzungen aus dem Lat oder Oriech. weg¬ 
gelassen. 

Die botanischen Namen sind nach der ABC-Folge geordnet Dann 
folgen die nhd. Namen nach dem botanischen Exkursionsbuch von 
Dr. G. Lorinser 1 und zuletzt die Zipser Volksnamen. 


Aconitum napellus L. Ächter Eisenhut. juutsa haobn. 
Adenophora lilifolia Bess. Becherglocke, driixrjgskraaedic. 
Adenostyles albifrons Rb. Drüsengriffel, alpwiriixngre.sl.' 2 
Aegopodium podagraria L. Gern. Geisfuß. kooztjfis% p. s 
Ajuga reptans L. Kriechender Günsel, krictidf ginx{. 

Alchemilla arvensis Scop. Feldfrauenmantel, faldvaacbfmanIJctj. 


1 Zweite Aufl. Wien. Verlag von Tendier & Comp. 1860. 
* Wahrscheinlich = grefl. 

' Kein echter Volksn., da slavisches koza (Geis) bedeutet. 


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Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart. 


115 


Alliaria off. Anderz. Knoblauchkraut. kn$ubloxhedjric. 

Alyssum alyssoides L. Kelchfrüchtiges Steinkraut, ätpnkrfs. 

Amarantus viridis L. Gera. Tausendschön, reldj- Spdnoot. 

Androsaceus. Mannsschild, veldh him\sslcscn. 

Arabis-Arten. Gänsekresse, gcmsgzkraaedic; Nbf. tuurmkraot. 
Arrhenatherum elatius L. Glatthafer, gdbiirgshgbj-; Nbf. raaegroos. 
Artemisia vulgaris L. Gera. Beifuß. paaeps. 

Asperugo procumbens L. Niederliegendes Scharfkraut raokraot. 
Asperula odorata L. Wohlriechender Waldmeister, väldm^istf. 

Aster scepusiensis Kit. Virgils Sternblume, kvtraaena reisen. 
Astragullus- Arten. Wirbelkraut, xisf kl^i. 

Atropa belladonna. Gera. Tollkirsche, kr^unfeugy,; Nbf. nvdragula . 1 
Barbara vulgaris. Gern. Barbenhedrich. goltgdkraaedxc; Nbf. ventpkr^. 
Berteroa incana DC. s. Farsetia. 

Beta vulgaris L. Feldrübe. Jcarpfl. 2 

Betonica officinalis L. Bathengel. bothayl. Vgl. Stachys officinalis Tr. 
Bidens tripartita L. Dreiteiliger Zweizahn, läsftscent; Nbf. ts&ntblunm. 
Blechnum spicant Rth. Rippenfam. brvxiliaaniSj- raaebj-kriig. 
Botrychium raatricarius Schrk. Mutterkraut — Mondraute, fuutyblaatfcy. 
Calamagrostis-Arten. Reitgras. väldSmiih; Nbf. Spetsiigroos. 

Calluna vulgaris Hüll. Gern. Besenhalde, kr&ntsmqus . 8 
Caltha palustris L. Sumpfdotterblume, kuubluum. 

Cardamine pratensis L. Wiesenschaumkraut, gretsbliimcy. 

Carlina acaulis L. Stengellose Ebenwurz, melicvurts; Nbf. Smuntvurts. 
Chaerophyllum-Arten. Kälberkropf. k^rb[kraot; Nbf. tolkrrbl 
Cheiranthus cheiri L. Goldlack, lasfrak; Nbf. fraklas. 

Cichorium Intybus L. Gern. Wegwart tswängar^uxii. 

Colchicum autumnale L. Herbstzeitlose. tSwtdlqiixi}; Nbf. tSatMquxn. 
Corydalis cava Schweig. Großer Hohlwurz, vaaebpSuu. 

Crocus vernus Wulf. Wilder Safran, matohpixn; Nbf. t&ptslquxn. 
Cuscuta- Arten. Kleeseide, krats; Nbf. taaebls-tsvim. 

Cytisus-Arten. Geisklee, svorts huntsgeft; Nbf. faldgoldr^ign. 

Daphne mezereum L. Kellerhals, fafnhitcn (Pfaffenhütchen); Nbf. tsiigleyk. 
Datura stramonium L. Gern. Stechapfel, tsigoongeft (Zigeunergift). 
(Deschampsia) Avena subspicata. Schmielenart. Hafer, ripczißmnh; 

Nbf. fuurngroos, troozngroos. 

Drosera rotundifolia L. Rundblättr. Sonnentau, fliignfal; Nbf. fliigyfrasp. 
Dryas octopetala L. Silberwurz, räldgetinbluum. 

Echium vulgare L. Gern. Natterkopf, tsvängsgjkraaedic. 

Equisetum-Arten. Schachtelhalm. kanveS; Nbff. kvekn, tsinkraot. 
Farsetia incana Br. Gern. Graukresse, slrinkrrs; Nbf. vegkrrs. Vgl. 
Alyssum. 


1 Ung. Lehnwort. * Poln. karpiel 

' Weil man davon unvcrwelkbare Kränze windet 

S* 


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116 


E. Kövi. Einige Pflanzennamen in Zipser Mundart. 


Fumaria off. L. Erdrauch, fanorryix. 

Galium Aparine L. Klimmendes Labkraut kl^inp klebon. 

Galium mollugo L. Weißes Labkraut, vaaesf klebon; Nbf. rqmkluum. 
Gentiana lutea. Enzian, antscn; Nbff. $t$inkl$i, tsitsbliimcn. 

Geranium-Arten. Storchschnabel, xamxfcn; Nbf. uurri. 1 
Geura- Arten. Nelkenwurz, friileyksgleklcn; Nbf. naaglcnvurts. 
Glechoma hederacea L. Efeuart Gundelrebe, indf-raamcrf. 

Helianthus tuberosus L. Kult Erdbirne (Kartoffel), grul; Nbf. grol. 
Heracleum sphondylium L. Gern. Bärenklau, hqilgdkraaedic. 

Hippuris vulgaris L. Gern. Tannenwedel, lictfcy. 

Hypericum-Arten. Johanniskraut blutgdlcraaedic. 

Iris germanica L. Deutsche Schwertlilie, mest-talip; Nbf. saabln. 
Juniperus communis L. Wacholder, kreeumfbeer. 

Knautia arvensis L. Ackerwitwenblume. S^in» katfcy,. 

Lapsana communis L. Gern. Rainkohl. hooxijXootcrj.. 

Lathraea squamarea L. Gern. Schuppenwurz, reich flqisvurls. 

Lathyrus tuberosus L. Knollige Platterbse, gutd dsukp*; Nbf. aartnes. 
Lilium martagon L. Goldwurz, väldtolipcn. 

Linum catharticum L. Purpurlein, knojf; Nbf. knujf. 

Listera ovata R. Br. Eirundbl. Zweiblattorche. levy£naotsn ; Nbf. listj-n. 
Listera cordata R. Br. Herzbl. Zweiblattorche. rotsvurts. 

Lolium temulentum L. Trespe, iSip. 

Lonicera xylosteum L. Heckenkirsche, hinrcmgy. 

Lotus corniculatus L. Gern. Schotenklee. Slqinxaaed. 

Lunaria rediviva L. Spitzfr. Mondviole, loxmijon . 8 
Lycopodium clavatum L. Bärlapp. h^ks?,im^us. 

Lysimachia Nummularia L. Pfennigkraut, goldgdkraaedic. 

Malva silvestris L. Waldkäspappel, gosvolstgakraaedic; Nbf. vdldkolsykcs. 
Muscari racemosum L. Traubbisamhyacinthe. tsiyklcn. 

Myosotis scorpioides Hill. Vergißmeiunicht, kr^utiyeiglcn. 

Myrrhis odorata (L.) Scop. Wohlriechende Süßdolde, kalbfkrop. 

Nardus stricta L. Steifes Nardgras. ftorslngroos. 

Nigella sativa L. Echter Schwarzkümmel. s\ind halfen. S. knautia. 
Oenothera biennis L. Zweijährige Nachtkerze, goortnmvkaabfbliimcii. 
Paeonia-Arten. Kult. Gichtrosc. aabsj (, erbsg ) r^us; Nbf. duubdryis. 
Paris quadrifolia L. Vierblättrige Einbeere. vnlfsbeer?reij. 

Pirola-Arten. Wintergrün, väldfaaelcn . 

Poa-Arten. Rispengras, kalbssmdcn, 

Prenanthes purpurea L. Purpurner Hasenlattich, hoo'.nsvloota. 

Prunus padus L. Traubenkirsche. Schieders Himbeere, kontrah. tSid- 
rempiy, Nbf. tmdreykn. 

1 Wenn man ein Samenkorn der Pflanze mit dem kürzeren Endo irgendwohin 
steckt, es der Sonne aassetzend, so dreht sieh das längere Ende (der Schnabel) wie der 
Zeiger einer Uhr; daher der Name. 

* Slaw. Lehnwort. * Lache mich an. 


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Wilhelm Schoof. Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 117 

Rhamnus cathartica L. Kreuzdorn, moogyholts; Nbf. hundsbqum. 

Rosa canina L. Hundsrose. kipn£traox; Nbf. kkitSr^uxy. 

Rubus Idaeus L. Himbeere, hempf. 

Sagina nodosa Fenzl. Knotiges Mastkraut meslkraot. 1 
Sanguisorba off. L. Wiesenknopf, braona kelbcn; Nbff. ktiepcri, rquda 
beerarcn. 

Satureja alpina L. Scheele. Pfefferkraut reendf virbldost. 

Sedum album L. et carpaticum R. Fetthenne, donj-gakraaedic. 

Sesleria uliginosa Opix. Elfengras, trooxygroos (Rasengras). 

Sileae acaulis L. Stengelloses Leimkraut velda noaglcy. 

Solanum dulcamare L. Bittersüß, veldf grolnStraox. 

Stachys recta L. Ziest, fuspfkraot. Vgl. Flußgesparkraut, Salzburg. 
Tragopogon pratensis L. Wiesenbocksbart kooxaboort . 2 
Trollius europaeus L. Dotterblume. kofos-t$it$cy ; Nbf. gafelta kuubluum. 
Tussilago farfara L. Huflattich, lootcn (Blätter); xumftercn (Sommer- 
törchen, Blüte). 

Yaccinium myrtillus L. Heidelbeere, vceulbfn; Nbf. volpfcn. S. Wal¬ 
beere bei Schmeller. 

Vaccinium vitis idaea L. Preißelbeere. Spraaesppi. 

Viola tricolor L. Veilchen, reisen, pl. vqixfcy. 


Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


Von Wilhelm Schoof. 


Der Kreis Fulda. 

Die hier gebotenen mundartlichen Formen verdanke ich sämtlich 
der Liebenswürdigkeit des Herrn cand. phil. Glöckner aus Fulda, der, 
mit einer Dissertation über die Mundartenverhältnisse der Rhön beschäf¬ 
tigt, sie von Ort zu Ort persönlich erfragt hat Sie konnten von mir 
nur zu einem geringen Teil auf ihre Richtigkeit hin nachgeprüft werden. 
Die urkundlichen Belege der Namensformen verdanke ich der vortreff¬ 
lichen, auf einer reichen Quellenliteratur fußenden Abhandlung über die 
Ortsnamen des Kreises Fulda von Prof. Dr. Haas in den Fuldaer Ge¬ 
schichtsblättern VII, Nr. 10/11 und VIII, Nr. 1/2 (Fulda 1908/09). Die 
hier folgenden Namensformen ergänzen diese Arbeit nach der mundart¬ 
lichen Seite hin. 

All mus, ma. Mehnas, < xum Almundes 1354 u. ö., xum Almuds 1413, 
Allmuss 1683, Almos ca. 1720, Malmus 1727. 


‘ Auffallend, da tncst eigentlich »Mist« bedoutet. 
* Nbf. taiigyboort, koza slaw. Ziege. 


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118 


Wilhelm Schoof. 


Almendorf, ma. MQlmdduuxrf, < Adelberendorf 12. Jh., Alberdorff 1662, 

xum Alberdorff 1662, xum Malmendorf 1653, Albendorf 1782. 

* 

Armenhof, ma. Oarmahoof < Armenhoff 1662, Armhof 1727. 

Bachrain, ma. BQxräC, ein Dorf neueren Ursprungs. 

* 

Bernhards, ma. Bänsds, < das Bernharts 1432, xum Mittlerni und 

Nideren Beniharts 1527. 

/ * 

Besges, ma. Bääsjds, Bääs(s, < Besewines, Besiges 1570, Bessigcs, 

Bessges 1605, 1628, Baesges 1796. 

* 

Bieberstein, ma. BuwarSdäi ", < BUterstein 1363, Bibrastein ca. 1720. 
Blankenau, ma. Blatjgdndu, < Blankenowe 1268, Blangkenauivc 1345, 
Blankenaiv 1582. 

Böckels, ma. Bggals, < Bukelines 12. Jh., xum Bocldes 1507, Böckles 
1662. 

Brandles, ma. Bräanäfs, < Brandolues. 

* * 

Bronnzell, ma .Bromdsäl, jünger: Brondsäl, c Prcmestcscclln 852, l*rom- 
cella 12. Jh., Bromecelle 1212, Promtxell 1458, Brännxel 1545, Brom - 
xell 1492, Brunxel 1574, Brumxell 1620, Bronnxcll 1796. 

Buchenrod, ma. Buxoröod, ein Dorf neueren Ursprungs. 

* 

Büchenberg, ma. Böcdbäärg, < Byochinebcrge 1012, Büchenltcrg 1574. 
Dassen, ma. D(ids9, < in dem Tassen 1490, xum Dachsen 1676. 
Dietershan, ma. Dedo7-$h(>Qa~, < Diclricheshagcn 1250, Dilcrshan 1540, 
Diedershahn 1796. 

Dietershausen, ma. DedjrShüiso, < Thcotricheshus 810, Dieterichcs- 
husun 816, Diodericheshuscn 966, Dictiichshuscn 1336, Dijtterickcshusen 
1405, Ditrichshusen 1413, Dittrrshusen 1455, Dittershausen 1751. 
Dipperz, ma. Dcbd[r]ds, < Dicprechtcs 1261, Dytprechtes 1329, Dgp- 
prechts, Dypprechtis, Dipprcchts 1329, 1383, 1399, xum Dipprechts 
1421, xum Dipjierts 1489, Diepcrls 1574, Dipperx 1796. 

Dirles, ma. D4Ads , < Tyerolfcs 1332, Tierolfs 1337, Thyrolffs 1367, 
Tirolfis 1413, Derolffs 1465, xum Dirolffs 1649, xum Dirloss, Dicrloss 
1662, Dirles 1796. 

Döllbach, ma. Dchcic, < DcU/ach 12. Jh., Dellbach 1461, Dehlbach 1674. 
Dorfborn, ma. DgdfbQjn, < Dorfborn 1450 (eig. dorf am born). 
Dörmbach, ma. Döarmic, < Dörrenbach. 

Edelzell, ma. Eedoldsü!, < Edelxcl 1545, Edclxell 1796. 

Egelmes, ma. Mälnos, < Egihnares 826, Engclmcss 1662, xum Mel nies 
1603. 

• • 

Eichenau, ma. Aiconän , < Eichenowe 1240. 

• • 

Eichenried, ma. Aicoriid, < Eicherit 1574, Eichcrod ca. 1720. 

• • * 

Eichenzell, ma. Aicjdsäl, < Eichcncclla ca. 950, Eychenxclle 1340, 
Eichen xell 1558. 

* 

Elbrichshof, ma. Mälmorhoof. < hof xum Elberichs, xum Elbrich, xum 
Elbers 1493, xum Elbcrhof > Mclmerliof 1829. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.. 


119 


Ellers, ma. MälafrjS, < in Elderiches 1165, xum Elderichs 1486, xum 
Ellers 1496. 

Elters, ma. MääldafrjS, < Elderiches 1170, Elderichs , Eldrichs 1273, 

das Eldrich 1558 ,Elthers (Elters) 1468, 1527. 

• • 

Engelhelms, ma. Ayalhäms , = Hof des Angilhelm. 

Federwisch, ma. FääsrwöS, = Flader - oder Fluder wiese = sumpfige 
Wiese. 

Finkenhain, ma. F6ygahäi~, — das dem Finco gehörige eingefriedigte 
Grundstück. 

Flieden, ma. Fliird, < Fliedina 806, Fliedena ca. 1000, in villa Flie- 
dinu 806, in Fliedinero marcu 806, Flidena 12. Jh., Fliden 12. Jh., 
Flieden 13. Jh., Flyden 1389. 

Florenberg, ma. FlQanbäärg , < iuxta inontem Sanctae Florae 1249, uf 
Sente Florinberge 1395. 

Friesenhausen, ma. Freesahülsa, < Frisenhusun 816, Frisenhus 824, 
Frisenhusen 12. Jh., Frysinhusin 1353, Friesenhansen 1648, 1662. 
Fulda, ma. Fgl, < Fnldaha, Vulda, Fulda , Fulta 753 — 841, Vultaha, 
Voldaha 12. Jh. 

Gersrod, ma. Gaä&röod, entweder < Geroldesrod oder < Gerosrod. 
Giesel, ma. Giis{, Döbaglis\, < Gysilaha ca. 820, Gisala, Gisela, Gysela 
1266, 1320, 1434, Gisel 1401. 

Gläserzell, ma. Gläsardsäl, < Glesercella 12. Jh., Gleserxell 1381, Glesir- 
xelle 1427, Glesserzeil, Klesscrzell 1626, Gläserzell 1796. 

Götzenhof, ma. Gidsahoof, < Goizendorf 12. Jh., Qötxendorff 14. Jh., 
Qötzedorfshoff 1727. 

Großenlüder, ma. Liidar, < Luodera ca. 820, Lutra 816, Lutraha 826, 

Luttura 856, Luothera 1057, Lutera 1137, Liutra 12. Jh., Lutere 

1300, 1376, Lüdter 1372, Lüdder 1443. 

* 

Haimbach, ma. Häätnic, < Hagenbach 12. Jh., Hegenebach 1116, Henge- 

bach 1116, Henebach 1306, Heynebach 1368, Hembach 1457, Heym- 

bach 1457, Heimbach 1796. 

_ * 

Hainzell, ma. Hiändsäl (e sehr schwach und eng), < Heinzelle 1288, 
Hehencelle 1308, Heenxell 1493. 

Harmerz, ma. H0jrme[r]ds, < Harmundes 1184, 1187, 1194, 1208, 1333, 

Hammundis 1284, 1288, xum Harmess 1662. 

Hattenhof, ma. Hadshöof, < Hattenhof 1457, Hadehof 1574. 

Hattenroth, ma. Hadaröod, < in curia Hattinrot 1332, Hüttenrode 1340. 

Hauswurz, ma. Hpusbsds, < Huswartes 12. Jh., das Huswarts, Hus- 

wirts 1534, Hauswortz 1574, Hauswarts 1582, Hauswurtx ca. 1720. 

* 

Höf und Haid, ma. Hööfarhiiid, oft auch einzeln: guf dar häid, guf dar 
hööf, < Heidehoff ca. 1720, Heidehof 1782. 

Hofbieber, ma. Hoofbtiwar, < villa Bibraha 826, Hofbibraha 1303, 
1395, der hoff ixu Bibra under Bibersteyn gelegen 1388, Hofbibra 
1413, 1415, 1525, zu Hooebibra 1523, Hoffbiber 1662. 


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120 


Wilhelm Schoof. 


Horas, ma. Huurs, < Horaha 12. Jh., Hora 1293, Horaw (Ilorau) 1649, 
1651, 1657, Hoias 1724, 1782. 

Horwieden, ma. Hurwtüh, < Horwida 12. Jh., Horcwc 12. Jh. 


Hosenfeld, ma. Ilosafääld, < Hosen feit 1333, 1365. 

Istergiesel, ma. Esdargiisdl, < Ussrgeiscl 1574, xue Eustcrgicscll 1662, 
von Eustern Giesel 1688, Istergisel 1727. 

Johannesborg, ma. Gdhdnsbäärg, daneben auch Gohansbaarg, < Sankt 
Johannesberglc aufm Johannisbergk 1540, 1570. 

Jossa, ma. JQs, < Jaxaha 826, 997, Jaxa 1172, Jaxza 1320, uf der Josx 
1529, Ludwig von Jossa 1662. 


Kämmerzell, ma. Kri/nardsäl, < Kamercella, Kcmercellu 1158, Kämmer¬ 
zell 1158, Kemmcrtxelle 1224, Kcmerxelle 1481, Kcmmerxett 1796. 
Kauppen, ma. de koub, < ufr Kauppcn, auf der Kauppen 1662. 
Kautz, ma. Kguds, exum Kilts, cxinn Kutx, exum Kütx 1359, xum Kaufs 

1506, Kautshof ca. 1720. 

* 

Kerzell, ma. Kjädsäl [mhd. *er vor Dental = jä\, < <'helnercsxcllc 1165, 
Kelnerxell 1215, Kellerxell 1303, Kcrcxel 1499, Kvrxcl 1574, zur Kcer- 
xell 1702. 


Keulos, ma. Kgühs, < Chugels, Kitgels 1212, Kheids 1413, Kitts 1413, 
1468, das Keioles 1451, xum Keulos 1662, Keileshof 1727, Keulos 1796. 
Keuzelbuch, ma. Kgüdsarbüux, < Kixelbeg ca. 1720. 

Kleinlüder, ma. Gläi~lii(hr, auch QUiinidsr, < Cloin Lgdcr 1574, Klein 
Liidcr ca. 1720. 

Kohl gründ, ma. Köolgroind, neuere Benennung. 

Kohlhaus, ma. Köohs, < Colhus 1250, 1302, Colhusen 1205, 1404. 

Künzell, ma. Kindsät, < Kindecella 12. Jh., Kindccelle 1250, Kinnxcll 

1410, Kindxello 1481, Kintxel 1497, Kienzell 1603, Künzell 1796. 

Langenbieber, ma. Laijdbiiwor, < Obirenbiberaha 13. Jh., Langcnbibra 

1320, 1339, 1415, Langenbieber 1662. 

* 

Lebnerz, ma. Läänofrjds, < Lendershöfe 1796, Lenlrrls- oder Lehnerls¬ 
höfe 1829. 

Löschenrod, ma. Lnsjröod, < Leissen rode 1395, Leiserrot 1494, Lcschon- 

rodt 1632, Leseherode 1727, Löschenroth 1796. 

* 

Lüdermünd, ma. Lidjrmnj , < Lüttermnndc 149S, Liidenniiudt 1550, 
Lüdermunde 1727, Lüdermünd 1796. 

Lütterz, ma. Lidsfrjds, < Lugthardes 1058, Lnetharts 1353, Lutharts, 
Liitharts 1456, 1459, 14S7. 

Maberzell, ma. Mgirsrdsät. Mggr.idsäl, < Magebruhcetlc 12. Jh., Mabra- 
celle 1268, Maberezel , Mabirc'.cttc 1404, Mabrcxellr 1727, Maberzell 


1796. 


Magdlos, ma. Mgädfs, < *Mahtolfeshus wie Machtlos bei Oberaula, 
< Machtulfis 1372, Machlol/fs 1467. 

Malkes, ma. Mdalgjs, < Malkozis 1268, Malhosis 1288, Ma/loz 1235, 
Malkos 1376. 


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Hessischo Ortsnamen iu mundartlicher Gestalt. 


121 


Marbach, ma. M{rirbic, < Marcbach S24, Martbach 12. Jh., Marpach 
1250, 1435, Mar pich 1540, Marhig neben Marckbach 1622, Marbach 
1662. 

Margarethenhaun, ma. Hüi~, > Huna, Margaretenhun 1648. 

* 

Melters, ma. Määldsfrjs, < * Madalriches, * Medilrichcs, * Melde ichs, 
* Meldres. 

* 

Melzdorf, ma. MäälsdsfrjS, < villa Elbwincs 1124, Elbewinesdorf 12. Jh., 
Melbeivinesdorf 1270, Melbinsdorf 1314, Meisdorff 1662. 

Mittelkalbach, ma. Mcd[kdlwic, < Mittelkalba, tzu Mittclnkalba 1359, 
Mittelkalbe 1509. 

Mittelrode, ma. Mcdlröod, < in villa Rotahc 1241, in Rotha 1248, 
Mittelroda 1796. 

Müs, ma. 31 äs, < Mues 1574, Miles 1582, Müs ca. 1720. 

* 

Neuenberg, ma. Nriolxiiiog, < Xuenberc 1162, zum Nücnbergc 1355, 
Ncwenbcrc 1489. 

Neuhof, ma. Ngühöof oder Ngihöof < Nuwchof 1330, czum Nuwinhofc 
1359, Newenhoff 1528, zum Neuwenhoffe 1442. 

Niederbieber, ma. Nickrbiiivor, < Nidiren Biberaha 13. Jh., Nidern- 
bybra 1382, Niderbibra 1662. 

Niederkalbach, ma. Öysrkälwic, < Xiderkalbe 1487, Xgdderkalbe 1442. 

Niederroda, ma. Xidorröod, < Rotaha 1212, Xiedcr-Roda 1662. 

Niesig, ma. Xiisic , < Nusazi, Nusczi 12. Jh., Xuseze 1250, Nüscsse 
1410, Xüsses 1583, Xüssig 1631, Nissig 1613, Niesig 1796. 

Oberbimbach, ma. Eeuorbbnic, < Birnbach. 

Oberkalbach, ma. ÖÖwsrkälwie, < Obernkalba 1429, Oberkalbe 1468. 

Oberrode, ma. Ecwarröod, < Rotaha 1212, Obcrnrudu 1337, Ohcrroda 
1796. 

Opperz, ma. Mobs/rjs, < zu tu Opprrts 1330, zum Opprcchts 1480, 
Operts ca. 1780. 

Petersberg, ma. P(dd[rJsbääog, < Uccsberg oder Ugcsbcrg, in christ¬ 
licher Zeit umgeändert. 

Pfaffenrod, ma. Pafjröod, neuere Gründung. 

Pilgerzell, ma. Bflconlstil, < Biligrimecella 1166, BilgcrimcsccUc 1333, 
Bilgrczdle 1409, Bilgcrzcll 1574. 

Poppenrod, ma. Rgbjrüod, < lloppinrode 1273. 

* 

Reinhards, ma. RiiujfrJds, < Rcginhcres 1116. 

Rex, ma. Rügs, < Riggoxcs 1158, Riggeses 14. Jh., Rer 1662, Rcks 1796. 

Rodges, ma. Rüdiss , < Rodrqustes 1116, zum Rodines 1467, Rodtines, 

Rottigcs 1662, Rodges 1796. 

* 

Rödergrund, ma. Rüüdjrgroind, s. v. a. sumpfiger Grund. 

Rönshausen, ma. Rönshüisj, < Rohingcshüs 866, Rohingeshuson ca. 950, 
Roningshusen 1350, Rönshausen 1496, Rönshausen 1796. 

Rommerz, ma. Romsfr/ds, < zum Romundcs 1330, Rommolts 1450. 
Romerts 1526, Rainers 1574. 


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122 


Wilhelm Schoof. Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt 


Rothemann, ma. Roodamdn, <. Rodenmannun 1012, txu Rotenmannen 

1381, Rodenmann 1560. 

* 

Rückers, ma. RogafrfS, < Rutchares 1160, zum Rückars 1355, xum 
Rüdigers 1410, xum Rückers 1474, Rückers 1506. 

Salzschlirf, ma. Slqafrjf, < Slierofa 812, Slierapha 1067, Slirphe 1220, 
Schlierf 1506, zu Schlierfs 1506, Schlirff 1627, Salxlirf 1401, Salx- 
schlierjf, Salxchlirf 1506. 

Schletzenhausen, ma. Slädsahüuss , < Slecxinhusen 1270, Stetzehausen 
1782. 

Schweben, ma. Swfäwar, < Suuabreod 806, Suaberode 12. Jh., Swebirde 
1330, Sicebert 1468, zu Sicebem 1359, Schweben 1727. 

Sickels, ma. Slgäls, < Sibigeltes 12. Jh., Siebgelts 1545, xum Sickels 1702. 

Sieberts, ma. Siiwafrjds. 

Steens, ma. Sdfäjis, < Stens 1540, Stehns 1683, Stains 1720. 

Steinau, ma. Sdaind, < Steinoice 1333, Sleyna 1373, Steinauwe 1396, 
Steina 1399, Steinawe 1441, Steynaw 1536. 

Steinhaus, ma. Sdai'hüis, < vorne steinen hüs 1300, Steinhüs 1300, 
1306, Stcinhauss 1570. 

Stillerz, ma. Sdehfrfds, < xum Stillerx 1512, die Styllers leyden 1576. 

>• / % 

Stöckels, ma. Sdygdls oder Sd^gols, < Stockelches 14. Jh., xum Stockes 
1666. 

Storck, ma. Sdgafrjg, < Orunstorc 1574. 

Tiefengruben, ma. Vefagröewa, < Tifengruba 12. Jh., Diffengruben 1562. 

Traisbach, ma. Draisbic , < Treisbach 816, 821, Treyssbach 1273. 

Uffhausen, ma. Ufhüusa, < Ufhusen 12. Jh., Ufhusin 1429, Uff¬ 
hausen 1490. 

Unterbimbach, ma. Eyarbimic , < Nidcrenbienbach 1329, Xidcrenbictn- 
bach 1339, Nydern Byenbach 1353. 

Veitsteinbach, ma. Sdda'mic, < Vitsteinbach 1350, Veitsteinbach 1556. 

Weidenau, ma. W^iddnda, < Widenaha 1012, Weidenaw 1512, Weidena 
1574. 

Weihershof, ma. W<‘io[r]shof, < exu Weyers 1347, das Weyhers 1451, 
exu Wierss 1487, xcu Wyers 1458, xcu Weyers 1461. 

Welkers, ma. Wälgafrjs, < Wclgeres 1166, xum Welkers 1333, 1345, 
1410, exum Welgkers (Wrlgkirs) 1395, 1450, Welkers 1796. 

Wiesen, ma. Wiiso, < xu TUiVm by dem Petersberge 1379, zu den Wyscn 
1376, zu der Wyscn 1376, Wiessen 1662. 

Wissels, ma. Wisdls, < Vuixilahes 980, Wixelohes 1235, Witzlos 1343, 
UV.vs/o.s- 1648, xum Wicsloss 1662, zu dem Wisseles 1494, Wissels 1796. 

Wisselsrod, ma. Wpitesröod, < Wexclcsrot 12. Jh., Wetxelrode 1588, 
Wisset sroth 1662, 1796. 

Wittges, ma. Widjas, Widjj, < Witigis 1432, Wittges 1683. 

Wolferts, ma. Wglfafrjds, < in Wolfeshart 824, in Wolffharts 14. Jh., 
Wulfharts 1415, das Wülfhcrts 1451, Wolfferts 16. Jh. 


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Wilhelm Schoof. Hesaische Volksrätsel. 


123 


Zell, raa. Dsäl, < Celle 1282. 

Ziegel, ma. Dseejal, < Zigel 1418, Zicgcll 1485, Ziegel 1796. 

Ziehers, ma. Dsdeafrjs, < zu dem Czigers 1382, zum Zigers 1547, 1629, 
zum Ziegers 1545, 1597. 

Zillbach, ma. Dsilwic, < Cilbach 852, Czilbach 1376, Teilbach , Zeilbach, 
Zilbach 1454. 

Zirkenbach, ma. Dsqargamic, < Circumbach 12. Jh., Circenbach 1208, 
1492. 


Hessische Volksrätsel. 


Im Schwalmtal gesammelt und herausgegeben 

von Wilhelm Schoof. 

(Vgl. auch diese Ztschr. 1907, 343 und ebd. 1908, 243.) 

Die nachfolgenden Rätsel sind von mir in den Jahren 1903—1908 
bei der Aufnahme und Feststellung von Mundartgrenzen im Kreise Ziegen¬ 
hain gelegentlich gesammelt worden und zwar vornehmlich zu sprach¬ 
lichen Zwecken. Sie bilden gewissermaßen eine Ergänzung zu den von mir 
befeits veröffentlichten Sprachproben in Schwälmer Mundart (Ztsch. f. d. 
Ma. 1906, 364 ff., 1907, 339ff., 1908, 233ff.). Zugleich ergänzen sie die 
Sammlung von Schwälmer Volksrätseln in Heßlers Hessischer Volkskunde, 
Bd. II, S. 274 — 276, herausgeg. von J. H. Schwalm, die zum größten 
Teil in der Schriftsprache wiedergegeben sind, und die Sammlung von 
Volksrätseln aus dem Vogelsberg in den Hessischen Blättern für Volks¬ 
kunde (II, 222ff.), mitgeteilt von Dr. Otto Böckel, die gleichfalls mit 
geringen Ausnahmen hochdeutsch wiedergegeben sind. 


I. Rätsel aus Schönborn. 


1 . 

hegar insam hgns 
kled a debca ful brgus 1 , 
sce segsa - neu on sceca neu 
oii vieg älarfador dugd :i das brood 
dren. [Bienenkorb.] 

o 

% 

he gar insam hous 
Wfsd a beemca rous , 


es fon ktnam ccca*, 
on fon kinam sbecca 5 
on fon kinarlni holds. 

[Eiszapfen.] 

2a. Variation aus Rörshain. 
hegar insam hpus 
icqsd a beemca rgus, 
cs kee bica, 
es kee dana 

cs fon kinar soda kccns. 


1 Gebraus. * cacare. 3 tunken, tauchen. * Eiche. 6 Span. 


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124 


Wilhelm Scboof. 


2 b. Variation aus Obergrenzebach. 
heyar insdm hgus 
ursd a beemca rgus, 
es kee icas (Eichenes), 
es kee bicas (Buchenes), 
es fon kindrlai holds. 

3. 

hob di bob 

hod Iggb gadrääy, 

hob di bob 

dreed keen’s ned mii, 

hob di bob 

dreed l{ib on secl. [Wiege.] 

4. 

ds laid eyant balka, 
js wegs (weiß) gawalka. 

[Ei.] 

5. 

bas heyd oo dar waand on sid gas 
wi dooramanshaäud? 

[Handschuh.] 

6 . 

bas heyd oo dar waand, 
on hod da kgb eyargasdobd? 

[Gebinde Garn.] 

II. Rätsel aus 

1 . 

heyar insam ha ns 
agard mcy fedar Klaus, 
oona pluk on oona siinar 
wed’s kee mens em dgrf gau uuar. 

[Maulwurf.] 

la. Variation aus dem Vogelsberg. 

es ins e nuinnche hie aus 

das fährt des morgens früh aus, 

ohne blnkk cn ohne, schar 

es u irds kä man im dorf gewahr. 

was wird das sein? 

1 Haken. 3 Glieder. 


7. 

bas heyd oo dar waand, 
on brux kin kraba ? 1 

[Spinngewebe.] 

8 . > 

bas laid eyam bädyk 
on hod niyaniydsic galeydar ? - 

[Kette.] 

9. 

bas laid em kälar 
on densd kee hunad pär rgus? 

[Knäuel Garn.] 

0 

10 . 

bas laid itnar cn seyam bed 
on Sdgid nii ned of? [Fluß.] 

11 . 

bas hod fiiar ooan 
on hqd ned? [Backtrog.] 

12 . 

bds hod drai bee on ee dabfus? 

[Spinnrad.] 

13. 

Ixis hod fiiar bee on ee doltfus ? 

[Schnitzbank.] 

Obergrenzebach. 

2 . 

\c gay amool ins gäsca 
doo bagäänd mar a swads päfca, 
doo säär ic gx 
doo wääar as Sond am Igx. 

[Maulwurf.] 

2 a. Variation aus Rörshain. 

(c goy amool dgre a gäsca 
doo bagäand mar a rooras päfca, 
her [c dam päfca ned dsuugasbrgxa . 
hed m\t?s bä dl dood gaSdgxa. 

[Hagebutte.] 


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Hessische Volksrätsel. 


125 


3. 1 

doo eyo em groyd 
sidsd an boydar hoyd, 
höd d grii rekca oo 
on 9 bluu kiibcd. [Flachs.] 

3 a. Variation aus Obergrenzebach. 
doo eya em groyd 
doo sidsd d boydar hoyd 
so (!) höd siiva hfid 2 
on begsd 3 ah l$id. 

[Zwiebel.] 

4. 

finf Studända 
bamvo 9 hgüs, 
ban S9 fddic sey, 
mus9 so wer9 ngüs. 

[Strickstock.] 

5. 

os lufo fiior huäso 

of glicom rääso 

kon Jcinor dd aanor krtpjo. 

[Wagenräder.] 

6 . 

oo wo linn 4 
cy9 Swinn 

niedo 9 hölds9n hiids drin. 

[Bürste.] 

7. 

bas häyd oo dor wäänd 
on had dswää aior in dar Mund? 
[2 Griffe am Schnitzmesser mit 

eiförmiger Gestalt.] 

8 . 

bi komo di äruos 5 of da booro? 

[rund.] 


9. 

büs sded em holds on regfd 6 Igud ? 

[Der Pfarrer.] 

10 . 

bas ged of~om kob en di kärc? 

[Der Schuhnagel.] 

11 . 

bas ged em holds en di hü? 

[Backteig.] 

12 . 

bäs ged dorcs wasor 
on mecd gtpn driyk 
on driygd dox ned? 

[Schiff.] 

13. 

em kanedco 7 gee ic, 
em kanedco Sdee ic, 
em kanedco sey ic hebs on sii, 
nu rod mey hör: bas däs wed sey? 
[Leute hatten einen Hund ge¬ 
schlachtet, von dem Fell des 
Hundes hat ein Mädchen ein 
Paar Schuhe bekommen.] 

14. 

os kam on man fon Faxonax 8 
os kam 9n man fon Aisonax, 
da had on hündcsn (sic!) 9 an (sie!) 10 
dor ha and 

deson (sic!) 11 noomd hon icdraimool (!) 
gonaänd. 

bii hiis (sic!) 12 das heygolco? 

[Von.] 


‘ Findet sich bei Schwalm, a. a. 0. S. 275, hochdeutsch. 

* Häute. * beißt 4 Leinen. 5 Erbsen. 6 ruft. 

T Wortspiel zwischen Nqds, Nqdco = Hundename und di karn^lo, Dim. das kar - 
nylc» = Kopfbedeckung der Frauen. 

8 Vacha, weimarisches, ehemals hessisches Landstädtchen an der thüringisch¬ 
hessischen Grenze. 

9 Statt dial. heygslcs. 10 Statt dial. oo. 

11 Statt dial. sey. 11 Statt dial. hus. 


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126 


Wilhelm Schoof. Hessische Volksrätsel. 


15. 

hoox heldsca 
heyk hoox 
hoox heldsca 
fal diif 

do kam das dulo laadsabee 
on druuks dm bux näx heem. 

[Eichel.] 

15 a. Variation aus der Nähe von 

Gießen. 

vom bäm do feil der Huckepack 
doch harr 8 uf dem kobb di kabb, 
do kom e deank med v'tier bäü 
canu druck den Huckepack noch hum. 
(Crecelius, Oberh. Wtb. 327.) 

16. 

lindsa boo sin’sa, 
sd hebd em debd, 
sd koxo fiidr woxo 
oii sey nox so had Itii lcnoxd. 

[Linsen.] 

17. 

cc ruud 1 hon ic, 
feer meyam bux 2 dräük ie’s, 
eer hpan ;l , fUcd* ux ned 
meyd rund begsd 5 ux ned. 

[Muff, erst in neuerer Zeit im 
Schwalmgebiet eingewandert.] 


18. 

ban’s dox dääk wed, 
ban’s dox nädxd wed, 
das ic ruu hed. 
ox bas hod eer sd klääy, 
ic mus ja dank on nädxd driiüy. 
[1. Ofen, 2. Stubentür, 3. Balken 

am Haus.] 

19. 

ds gay d mäned iwdS bregea, 
had d säged of dm reged ß , 
had dren säe säe 7 , 
had dren Sdäc Mäc 8 , 
had dren wigs 9 gdwäiid 
iiund seef on uund wasar. 

[Ei.] 

20 . 

bii \c wäkgäy, 
bii \c werd kdm, 

drai lawendica \c pus^am doora^ninn, 
di sägs määxdd da siwanda frai, 
nu rod meyd li^dn 
bäs das wed sey? 

[Ein Mann sollte zum Tode ver¬ 
urteilt werden. Er sollte den 
Herren ein Rätsel aufgeben. 
Wenn sie das Rätsel lösen 
könnten, sollte er frei bleiben. 
Er nahm drei auf dem Hinweg, 
drei auf dem Heimweg aus dem 
Nest Diese 6 machten ihn frei.] 


1 rauh. * Bauch. 8 Herren. 4 fürchtet. ‘ beißt. 

0 Rücken. 7 etwa = Faden. H etwa = Nadel. 9 weiß. 

10 Eig. Gerippe vom Hirsch, hier = Vogelnest, Wortspiel mit dooro = Tote. 


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Friedrich Graebisch. Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


127 


Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 

Von Friedrich Graebisch. 

I. Qnerseiffen, Kreis Hirschberg (Biesengebirge). 

Querseiffen liegt im südöstlichen Teil des preußischen Riesengebirges, 
wo der bei von Unwerth (Wort und Brauch III: Die schlesische Mundart) 
dargestellte Vokalismus der schlesischen Gebirgsmundart bereits einige 
Abweichungen zeigt, die sich zum Teil aus böhmischen und glätzischen 
Gebieten bis dahin erstrecken. Betroffen sind davon hauptsächlich mhd. i 
und ü , u und o , iu, ei und öm, worauf auch von Unwerth in den §§ 10 
Anm. 1, 18 Anm. 1, 33 Anm. 1, 35 Anm. 1 hinweist Mhd. i und ü, 
u und o vor r haben geschlossenen Lautwert Die Aussprache von m/o 
kommt hierbei geschlossenem o nahe, während i/ü + r als sonantisches r 
mit «-Färbung (vgl. v. Unwerth § 11) erscheinen, wofür ich die Schrei¬ 
bung tr gewählt habe. Obgleich r im Schlesischen je nach den um¬ 
gebenden Lauten verschieden zu bewerten ist und oft bis zu fast völligem 
Schwund reduziert erscheint, habe ich mit Rücksicht auf die für diese 
Zeitschrift geltende Lautschrift keine unterscheidenden Zeichen gewählt; 
ich habe für die hier besprochenen Ortsmundarten keine irgendwie er¬ 
heblichen Abweichungen von den bei v. Unwerth §§ 45/46 angeführten 
Gesetzen festgestellt, so daß ich mich auf diesen Hinweis beschränken 
darf; nur ergänzend sei bemerkt, daß geminiertes r zwar meist vor 
n, nicht aber vor dentalen Geräuschlauten reduziert wird: wp(r]n, 
fd[r]ngrt, narS (Narren, vernarrt, närrisch). 1 Mhd. w wird nach anlau¬ 
tenden Konsonanten in dieser wie auch in den übrigen bisher von mir 
beobachteten schlesischen Mundarten zwar schwächer als im Anlaut arti¬ 
kuliert, jedoch findet noch eine flüchtige Berührung der Oberzähne mit 
der Unterlippe statt, wobei allerdings die Oberlippe etwas herabgezogen 
wird. Ich habe daher an dem Zeichen für das labiodentale w (v) fest¬ 
gehalten. Die Auffassung ist in der einschlägigen schlesischen Literatur 
verschieden: von Unwerth, a. a. 0. § 69 (bilabial); Pautsch, Gram, der Ma. 
von Kieslingswalde (nach der Schreibung der Beispiele bilabial); Gößgen, 
Ma. von Dubraucke, S. 22 (vielfach bilabial); Hugo Hoffmann, Schlesische 
Ma. (nach S. 23 und den Beispielen labiodental); derselbe, Ma. von Lehra- 
wasser, Z. f. d. Ma. 1906 (nach S. 334 und den Beispielen labiodental); 
Gusinde, Eine vergessene deutsche Sprachinsel, Wort und Brauch VH 
(nach der Erläuterung S. 2 und § 166 labiodental); auch Herr Taubsturamen- 
lehrer Karl Rother in Breslau bestätigte mir für die Mundart seiner 
Heimat Grunau bei Camenz in Schl, die labiodentale Aussprache, die 


1 Deutliches r bleibt auch nach kurzem a, q in intervokalischem rd: glätz. 
mardvr n. (Marder), bresl. rqrdw m. n. (Flußinsel), glätz. b$rds (Bürde), glätz. rrrdo 
(Würde), m$rdor (Mörder) — aber mq(r)t —, qrdn — aber q(r)ntl\c. 


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128 


Friedrich Graebisch. 


auch aus den Beispielen in seinem Aufsatze "Die Zusammensetzungen 
mit ,voll‘« (Mitt d. Schles. Ges. f. Volkskunde, 1910, S. 218 ff.) hervorgeht. 

1. Zwei Schilderungen des Hochwassers der Lomnitz von 1897. 


a) Es war im Jahre 1897. Da 
regnete es fast ununterbrochen vier¬ 
zehn Tage lang. Und dann war noch 
dazu ein Wolkenbruch oben im Ge¬ 
birge niedergegangen. Nun war das 
Unheil fertig. Es war am 27. Juli 
abends gegen neun Uhr, da kam 
das Wasser mit aller Wucht vom 
Gebirge gestürzt. Da liefen die 
Nachbarn, die am Wasser wohnten, 
zusammen und sahen machtlos (und 
staunend), was nur in dieser Nacht 
geschehen würde. Die ganz nahe 
am Wasser Wohnenden räumten 
schon das Vieh und alles fort, was 
nur möglich war. Als wir das Vieh 
fortgeschafft hatten und von Krumm¬ 
hübel zurückkamen, da stand das 
Haus bis an die Dachrinne in der 
Wasserflut. Die Lomnitz war mit 
Stämmen und Felsblöcken versetzt, 
und die ganze Flut kam auf mein 
Haus zu. Da haben wir unter 
Lebensgefahr mein Weib mit der 
langen Leiter über die Flut weg 
aus dem Hause gerettet. Nun wurde 
es stockfinstre Nacht, und es regnete 
in Strömen. Es blieb uns jetzt 
nichts übrig, als in ein andres Haus 
zu gehn, und dort haben wir die 
wenigen Nachtstunden verlebt. Wie 
es dann so gegen zwei Uhr graute, 
sind wir gegangen und haben 
gesehen, ob das Haus noch steht, 
und wirklich, es stand noch in der- 


a) doo voor £ pn juura axtsa- 
}u{ndortxiibfiaents{c, doo raunt o s 
firts taaga laijk baenpp ac qeiw 
tunr fort, an nooxheer 1 voor ofn 
gabirja a volkabruux gafpla dartsuu. 
nun voor s 2 3 nnhqql fqrlpc. doo voor 
s nooxheer a ziibntsvanx(csta jüulii 
oobns geejn a naend rem , doo kppm 
s vpsar inet glar vigxt fom gabtrj 9 
gastirtst. an doo liifa da nopav, 
diida pn vpsar voonta, tsiqzpma an 
zppga met i{nbqfta, wpz pk dt naxt 
vaa(r)n veer. dii gants noonda qn 
vpsar voonta, dii raemta Sont s fiij 
an pls fort, vps miijl\c voor. vii 
mar s fiic fortgaSpft hpta an kppma 
tsi{reka fom kroma hiibl, doo stgni 
s haos biiz pp da daaxrcna ae dar 
vpsarflt{t. da looms voor met stama 
an stqn farpmt an da gantsa fU[t 
kppm of mae haos tsuu. doo hpihar 
bae laabasgofoor mae vaep mehr laya 
Iqtar iibar da fli{t vqk aozn haoxo 
garqt. nuu rort s Stookfenstra na.rt. 
an dar raan kppm ae Slreema. nun 
blüh (ns n(§t iibric, mar mi{sta ac 
a andar haos giin, an doo hppn 
mar da poor nuxtstunda farlaapt. 
an vii s nooxheer em a tsveea rem 
groota, doo xaen mar gaija an hpon 
gazaan, pp s haos noox stiit, an 
rect(c, s stpnt 11003 ae darxqlua 1 


1 Das ec deutet auf Entlehnung des Wortes aus der Schriftsprache, dafür muud- 
artlich d»rnoox(l). 

* Der Artikel s (<las) wird in Teilen der schles. Gebirgsmundart nach r nicht zum 
Zischlaut S, wohl aber das Fürwort s (es). 

3 Das bilabiale w wird in dieser Mundart mit sehr schwacher Reibung gesprochen, 
so daß es dem Verschlußlaut sehr nahe kommt. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


129 


selben Flut Als später, gegen Morgen, 
mehr Leute zusammenkamen und 
sich das Wasser etwas gesetzt hatte, 
da haben wir mit der langen Leiter 
einen Steg über die Flut hergerichtet' 
Und wie wir (nun) ins Haus kamen, 
wie sah es da aus! Da war der 
Hausflur voller Sand, so daß man 
auf dem Bauche kriechen mußte, um 
über die Treppe hinaufzugelangen. 
Die Dielen in der Stube waren in 
die Höhe gesprengt, in den Fenstern 
hingen Wurzelstümpfe und allerlei 
Äste. Die Hausmauer war unter¬ 
spült, so daß das Haus dem Einsturz 
nahe war. Der Keller war voll 
Schlamm bis ans Gewölbe, und der 
Brunnen war auch bis an den Rand 
voll Sand. Der Haushund war in 
der Stube zurückgeblieben, und als 
das Wasser das Bett emporgehoben 
hatte, da war der Hund hinein¬ 
gesprungen und hatte die Nacht in 
dem schwimmenden Bette zuge¬ 
bracht. Das Wasser hatte natürlich 
mit sich fortgerissen, was nur mög¬ 
lich war. Das größte Wunder war, 
daß die drei Schweine im massiven 
Stalle noch lebten. Diese müssen 
die Nacht im Wasser schwimmend 
verbracht haben. Als sich das Wasser 
verlaufen hatte, da war alles zer¬ 
rissen und mit Steinen und Holz- 
stämmen versperrt. Die alte Mühle 
war zur Hälfte und das Stallgebäude 
ganz weggerisseu, alle Backgeräte 
waren fortgeschwemmt, zwei neue 
Backkübel und die Bretterwagen, 
dreißig Hühner und vieles andere. 

b) Das Hochwasser kam halt so 
in der Nacht Da mußten wir auf¬ 
stehen und konnten schon nicht 
mehr fort, soviel Wasser war da. 


1 Wohl hd. beeinflußt. 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 


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fh(l. vii s noOxheer geejn n morja 
g(yk an meear laetd tsgma kggma, 
an vii xic s vgsar a besla gaxgtst 
hgta, duo hgihar metar laya Igtar 
an .s7(W>- tsip\cta gabaot iibar da 
fli{t. an vii mar aes haos naekggma, 
vii xggk s doo aos! doo voor ehr 
haosfluur fi(lar xant, dgs ma an 
m i{st ofn baoxa kr(ca, dgs ma iibar 
da tr^pa ni{f h{nda. da diila ae dar 
stuuwa vg(r)n ae da hii gaSpr^yt, 
ae a fanstan h\ya slookvortsaln an 
glarhand gsta. da haosmaoar voor 
ondarSpiitt, dgs dgs haox n aeStxrtsa 
noonda voor. dar kolar voor fiflar 
Slggm bi ix gg s gavqlwa , ansplompa- 
loox voor ao gastreca fi{lar xant. dar 
haoshiyit voor ae ar Stuuwa tsi{reka 
gabliiba, an vii s vgsar hgta s bgta 
ae da hii gahoowa, doo voor dar 
hipit naegaSproya an hgta da naxt 
ae dan sr(manda bgta tsuugabrooxt. 
doo hgta s rgsar natiirl\c fortgaresa, 
rgs miijl\c voor. s gr(sta vondar 
voor, dgs di drae svaena \n masiifa 
slgla noox laapta. dii m{sa \n vgsar 
gasvonm liggn da tiaxt iibar. an 
vii x(c s vgsar gaxgtst hgta, doo voor 
gls tsarcsa an met Stgn an hoolts- 
Stama fargmt. an di aala miila, dii 
voor hglp vgkaresa an s Stgglgabaeda 
gants, an doo hoot s di gantsa 
bakar^rla 1 melfortganuma, tsvce naec 
bakiibl an di braatvaana, drncs(c 
h(ndar an fiil andar tsaek. 


b) dgs hnurvgsar, dgs kggm holt 
xuu ae dar naxt. doo mysta mar 
unfstiin, an doo kunda mar sont 
n(ma fort far fiiln vosar. dgs kggm 


9 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



130 


Friedrich Graebisch. 


Das kam schon oben im Wege 
herum und (dann) herunter bis hier 
in unser Haus hinein. Der Keller 
war schon übervoll, so daß es oben 
wieder hinauslief. Da riß die Brücke 
drüben weg und kam das ganze 
Wasser hier in den Garten herein 
und riß die Mauern und alles weg 
und hat auch alle Häuser zur Hälfte 
weggerissen, und alles war wie ein 
einziger See. Wir konnten nicht 
mehr hinüber, wir mußten alle 
hüben bleiben, und die drüben 
wohnten, konnten nicht herüber. 
Das Wasser machte Wellen wie ein 
Haus so hoch. Da kamen Fichten 
und Klafterholz. Es dauerte etwa 
zwei Tage lang, bis sich das Wasser 
etwas verlief. Da war halt alles so 
versetzt, daß das Wasser seinen 
Weg auf die Felder nehmen mußte. 
Tote und alles mögliche kam mit 
(-geschwommen). In Krummhübel 
wurde eine Frau aus der Stube mit 
fortgerissen; man hat sie erst ein 
Jahr darauf im Gerolle gefunden, 
als man die Steine (aus dem Flu߬ 
bett) weggeräumt hatte. 


Sond iiutva aen vggja (vaaaja l ) rem 
an kggm Sani rondar bes hii ae \nxa 
haos naegalofa. dar kalar voor Sond 
iibarfuul, dgs viidar uuwa naos liif. 
an doo riis da breka diiba vqk an 
kggm dgs gantsa vgsar hii ae a 
gooa(r)ta rae an riis da maoan an 
gls i’f k an hood ao da gantsa haexar 
da hqlfta vgkaresa, an voor gls ggna 
xee. mar ki{nda n\ma niibar, mar 
nngsta gla hiiba blaewa, an da dii- 
b\cta h{nda nee nibar. s vgsar 
maxta vgla axuu huux vii a haos. 
doo kggma f\cta an kloflarhoolts. 
dgs taoarta a tsvee taaga layk, eep 
x\c s a besla xglsta. doo hoot s hald 
gls axuu farxgtst, dgs dgs vgsar an 
imgsta viidar aosraesa of da fgldar. 
doo hgt s tuuta an gls, vgs m\ta 
kggm. aen kroma hiibl hoot s a vaep 
m\tgani{ma aos dar Stuuioa, dH hggn 
xa ir§t a juur domoox gafonda aen 
garela 2 , vael xa an hgta da Sterna 
garoemt. 


2. Eine Hochzeit. 


Am Freitag vor der Hochzeit 
wird das Brautfuder bei der Braut 
geholt und zum Bräutigam gefahren; 
das nennt man »das Fuderführen«. 
Die Braut ist nicht dabei, sie bleibt 
zu Hause. Da geht es laut und lustig 
zu. Da werden sämtliche Schränke 
und alles, was die Braut mitbringt, 
auf einen großen Leiterwagen auf¬ 
geladen. Drei, vier Männer sind 
dabei und einige Bettfrauen und 
auch ein Hochzeitbitter (Festordner). 


1 Veraltende Form. 

* Mit geschlossenem e. 


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a fraet(c für dar hi{xtsat, doo 
hi{la xa s braotfuudar bae dar bi aot 
an foorn s tsion Irraetcn; dgs hg^sa 
xa s fundarfiim. da braod iis nee 
darbacna, dii blaept~~(d)arhggma. an 
doo virt a gruusar tolmolt gamaxt. 
doo vaa(r)n da gantsa srgyka 
an gls, vgs da braod axuu brgyt, of 
an gruusa lelarvooan nufgalgt. doo 
hoot s drne, für ingnsfglkar darbacna 
an a poor brtfraon an ao an huxtsat- 
biilar. doo r/rt a grau \ asa gamaxt 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


131 


Da wird ein großes Essen gegeben 
und tüchtig getrunken, Bier und 
Branntwein. Und es kommen junge 
Mädchen und sagen Gedichte her, 
eins für die Braut und eins für den 
Bräutigam. Und Scherben, die man 
für den Polterabend in einen Sack 
gesteckt hat, werden ein paar Mal 
(auf den Boden) aufgeschlagen, da 
wird ein rechtes Krachen und Lachen. 
Da geht es lebhaft zu, und es wird 
dort gesungen und getanzt bis zum 
- frühen Morgen. 

Am Hochzeittage kommt der 
Bräutigam zu Wagen bis vor das 
Brauthaus. Da muß die Braut den 
Bräutigam hereinholen. Dann kom¬ 
men die Hochzeitgäste allezusammen, 
und es wird bei der Braut ein Essen 
gegeben. Darauf wird zur Kirche 
gefahren. Dort hält der Pastor eine 
Ansprache, und die Braut und der 

Bräutigam sitzen vor dem Altar und 

• 

die Hochzeitgäste um sie herum. 
Dann hält der Pastor noch eine 
Ansprache, da muß das Brautpaar 
einander die Hand geben, und er 
spricht seine Worte dazu, und Braut 
und Bräutigam müssen jeder »ja« 
sagen. Darauf wird gesungen, und' 
dann geht’s wieder zum Bräutigam 
ins Hochzeithaus zurück. Dort wird 
ein großes Essen veranstaltet. Da 
wird tüchtig gegessen und getrunken, 
Bier und Wein und Branntwein und 
zuletzt Kaffee und Kuchen und 
danach Butterbrot und Käse, das 
nennt man immer »den Magen- 
scblüssel«. Und der Hochzeitbitter 
trägt das Essen auf und sagt dabei 
immer wieder etwas her, damit 
(tüchtig) gelacht werde. Und wenn 
die Braut eine Jungfrau ist, wird 


1 Hochdeutsch. 


an tect(c gatroyka bür an brantvacn. 
an doo koma joya maadl an xooan 
gatecta, dar braod qqs an qcx n 
brartcn. an doo hggn xa aalt~ (t)oop- 
tsaek tsiqm poltaroobnda ae an xaak 
gaxakt an smaesa s a poor mool 
uuf doo virt a rqct gakraxa an a 
galaxa. doo giit s Idaphyftifi tsuu, 
an doo virt gaxoya an gatanst of 
dann mir Io bes tsum friia morja. 


on hi{ksiaa%d kemt~(d)dr braelcn 
mit an vooana gafoom bcs für s 
haos, vnu da braot voont. an doo 
niutts da braod a braetcn raehi{la. 
doo koma darnoo%art’~'(d)a hiqxtsat- 
gqsta yta tsyma, an doo virt hae dar 
braod a asa gamaxt. darnoogart 
foorn xa ae da kirca. doo maxt~(d)ar 
pastar a Zteka, an da braod an dar 
braetcn xelsa für n dltoora, an da 
huxtsatgqsta drem rem. darnooxt 
maxt~ (djar pastar noo% a Steka, doo 
m(sa xa anandar da haut gaan, an 
doo xooad a xaena veertar dartsuuna. 
an doo m(sa xa »ja«« 1 Sprqca jeedas. 
an darnooxt virt gaxoya, an doo 
giit s viidar hqqm aes hi^xtsathaos 
tsi{m braetcn. doo virt a gruux asa 
gamaxt. an doo virC (t)ecl\c gasa 
an gatroyka biir an vaen an brant- 
vaeu an tsi[lqtsta kqfq an ki{xa an 
darnoo^art pi{tarbruud an kaa:a, 
dys hqqsa xa emar a maa%a- 
slesl. an dar hi(kslbiitar treet s asa 
uuf an maxi emar viidar a steka 
dartsuuna, dys tsi{ laxa virt. an 
rqn da braod an jompfar iis, doo 


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132 


Friedrich Graebisch. 


ihr um zwölf der Kranz genommen 
und eine Haube aufgesetzt, da sie 
nun eine junge Frau ist Und sie 
bekommt ein Püppchen und ein 
Hemdchen und ein paar Windeln 
und ein Jäckchen, und es entsteht 
dann ein großes Gelächter. 

Und wer des Treibens über¬ 
drüssig ist, geht alsdann heim, die 
aber weit zu Hause sind, bleiben da 
und legen sich schlafen, und die 
Braut und der Bräutigam gehen 
auch zu Bett. Den nächsten Tag 
sind noch manchmal Hochzeitgäste 
da. Da gehen sie einmal spazieren, 
und es wird noch einmal gefeiert 

3. Von d 

Da kaufen wir Mehl, und es 
werden Kuchen gebacken, und wer 
die Mittel hat, bereitet vielleicht 
auch ein Essen mit Fleischgerichten. 
Dann zum Abende gehen wir halt 
ins Wirtshaus. Da wird getanzt und 
getrunken, und wer will, bestellt 
sich auch zu essen. Und da gibt 
es halt Leute darunter, die trinken, 
bis sie bezecht sind. Und erst gegen 
Morgen wird heimgegangen. 


virt ar em tsvqlva dar krants gdni{ma , 
an doo virt dr an hauwd uufgaxgtsl 
of a koop, dgsa nun an joya frao 
iis. an doo kriict so a pi{pla an 
a hgmdla an a poor vendaln 1 an 
a jakla, an doo virt a gruus gelaxa 
damoo^art. 

an vaar ia xggt hoot daan toi- 
molt, daar güt" (d)arnoo%art h^gm, 
an diido vaet haar xaen, dii blaeiva 
doo an leen x\c Slofa, m n dd braod 
an dar braetcn giin ao Slofa. a andan 
tank hoots noox mgnemool hyxtsat- 
ggsta doo. doo giin za amool $pgt- 
siim an doo virt halt noo% amool 
a trggtS gama.rt. 

Kirmeß. 

doo kggfa mar moal, an doo 
vaa(r)n ki{xa gabaka, an vaar s 
hoot, maxi bald ao a flggiasa. doo 
giin mar halt darnooxt oobns aes 
vrrtshaos. doo virt gatanst an ga- 
iroyka, an vaarda riil, daar kggft 
n ao tsi{ asa. an doo gept s ar 
halt, diida xaofa, besä baxofa xaen. 
an doo giin za irst tsi{in'~' (m)orja 
hggm. 


II. Markt Weckelsdorf, Bezirk Braunau in Böhmen. 

Die Weckelsdorfer Mundart unterscheidet sich in wesentlichen 
Punkten von der östlich (Wernersdorf) angrenzenden der Braunauer Ober¬ 
dörfer. Während in diesen und mehr noch im eigentlichen Braunauer 
Kessel (den Braunauer Niederdörfern mit der Stadt Braunau) Mundarten 
von durchaus glätzischem Charakter 2 gesprochen werden, weist die 
Mundart von Weckelsdorf und den westlich angrenzenden Ortschaften 
(Adersbach, Hottendorf) bereits entschieden nach dem Waldenburger und 
Riesengebirge hin. Mit dem Braunauisch-Glätzischen stimmen noch 


1 Einige ältere Leute sprechen silbisches l statt aln, also z. B. vorlsl, kltgl anstatt 
vortsaln, kltyaln. 

* Die kurzen Angaben bei von Unwerth, a. a. 0. § 134, geben kein zutreffendes 
Bild der Braunauer Mundart. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


133 


überein: mhd. o und u vor r =-p (gebschl. meist tf): kstgrwa, dgrc — 
die Wörter, welche im Glätzischen a zeigen, bewahren o: mgrna; ge¬ 
dehntes mhd. a vor r = pp (gebschl. oo): fogrn, vor allem mhd. e und u& 
vor r = pp (gebschl. und auch in den Braunauer Oberdörfern ii): xqqr, 
hqqrn. Mit dem Gebirgsschlesischen stimmen überein: gedehntes 
mhd. e vor Velaren -= aa (braun, aaa): vaak; gedehntes mhd. o vor r 
und mhd. d vor r = mm (braun.-glätz. pp, doch in den Br. Oberdörfern mm): 
niurt, juur; gekürztes mhd. ü = p und a (braun, nur a): dqsa, Saft; 
mhd. iii = pe (braun.-glätz. meist oe, Stadt Braunau auch ae ): tigern; 
mhd. ei = ee (braun, aaa und aa): fleeS; mhd. öu =■ ce (braun, pe, Stadt 
Braunau auch aa 1 ): betma, auch hee; mhd. ou meist oo (braun.-glätz. aa): 
ao%a. Nach dem angrenzenden WaldenburgerGebiet weisen insbesondere: 
mhd. i und ü vor r — a (gebschl. i , braun.-glätz. q, te): karca , gabarja, 
8 ta(r)na, fo(r)tl, ba(r)äia, dara; kontr. mhd. age =• pp (Riesengeb. ooa, Brau¬ 
nauer Oberdörfer pe, Braunauer Niederdörfer und Stadt pp): *ppn. Kontr. 
mhd. oge =* oo (Riesengeb. uua, Waldenburger Geb. meist pe, doch sonst 
gebschl. auch oo, braun, pe): kfloori; mhd. dge ist dagegen unkontrahiert 
erhalten in /rooga (Riesengeb. fruiian, Waldenbg. frpen, braun.-glätz. 
freejd). Eine besondere Entwicklung zeigen im Vokalismus: 1. ge¬ 
dehntes mhd. a, das sich bis zu einem sehr geschlossenen oo verschoben 
hat, dessen Lautwert nicht mehr von dem aus mhd. d entstandenen oo 
verschieden ist: moon, toom (Damm), Sooda, nooxa, groop (Grab), nur 
vor r und in kontrah. age erscheint offenes pp; 2. kontr. mhd. dge und 
ige = pp (gebschl. und braun, aa): bagqqnt, garqqnt, dagegen zeigen vieeda, 
eeda (pl. Egge) Primärumlaut. Von Einzelheiten seien noch erwähnt: 
nee (nicht), übereinstimmend mit den angrenzenden Gebieten, pn (und), 
wie im Glätz., (ns (uns), glätz.-braun. ons. Vom Konsonantismus 
stimmt zum Braun.-Glätz., daß inlautendes b stets spirantisch ist, zum 
Riesengebirgischen und Glätz., daß inlautendes g spirantisch und an¬ 
lautendes pf als Affrikata erhalten ist Die inlautende germanische Spi¬ 
rans f (schles. v) und die inlautenden spirantischen g- Laute (schles. j, g) 
werden stark den Fortes f, c, x genähert gesprochen; dieselbe Artikulation 
findet sich im böhmischen Adlergebirge südlich von Gießhübel und wurde 
für f von mir auch im Riesengebirge und in der westlichen Grafschaft 
Glatz beobachtet, doch überwiegt in diesen Gebieten deutlich Lenis. 
Sonantisches m ist wie im Braun.-Glätz. erhalten. Sonantisches n wird 
nach l und geminiertera n zu a: fgla, flqna. Bemerkenswert ist endlich 
die Verkürzung der Vorsilbe ge zu k vor f 8, x, die mir vereinzelt auch 
im Glätz. aufgefallen ist: kfrooct, ksriim (geschrien), ksaan (gesehen). 

Von mir gesammelte Textproben in der Mundart von Weckelsdorf 
bietet die »Deutsche Volkskunde aus dem östlichen Böhmene, XI, S. 46 
bis 50. 


1 Hier fiel ebenso wie mhd. in mit i, auch mhd. öu mit ei derart zusammen, 
daß eine gleichartige Entwicklung eintrat. 


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134 


Friedrich Graebisch. 


III. Dittersbach bei Waldenburg. 

Im Waldenburger Gebirge verlaufen mehrere Grenzen wichtiger 
mundartlicher Laut- und Sprachformen, deren Hauptsitz in den lausitzisch- 
schlesischen (im Sinne von Unwerths) oder glätzischen Gebieten liegt, so 
daß die Ortsdialekte auch hier voneinander abweichen. Der Dittersbacher 
zeigt im Vokalismus mehr Anklänge an diese Gebiete als an das eigent¬ 
liche Gebirgsschlesische. So haben sich vom Lausitzisch-Schlesischen 
— aus dem östlichen Gebiet über Reichenbach, Schweidnitz, Freiburg — 
her ausgebreitet: gedehntes mhd. e und c/', inhd. //*, kontr. mhd. ege = ec 
(gebschl. er): fgggl, drgrn, Igen; kontr. mhd. ogc und dge = ge. (gebschl. 
oo, uua): balgen, frgen. Aus dem Glätzischen reichen herüber: ge¬ 
dehntes mhd. a vor r und mhd. d vor r = gg: gggr, jggr; gedehntes 
mhd. e vor Velaren = rr: reck; mhd. o und u vor r = g: dgrf, rgrst; 
mhd. e und cc vor r -= re: zerr, hggrn. Gebirgsschlesisch (im Sinne 
von Unwerths) sind: mhd. ou ~ ao: boom; kontr. mhd. ogc = gg: xgon; 
kontr. mhd. dge, ege an: innadl, galnan; ferner (gleichzeitig auch laus.- 
schles.) mhd. ei und öu -= ce: mecstar, beema ( oc in hoc). Mhd. iu = ge: 
Igeta. Eine besondere Entwicklung, die im Waldenburger Gebirge ihren 
Mittelpunkt hat, aber auch über die Landesgrenze reicht (Weckelsdorf, 
s. o.), ist die Verschiebung von mhd. i/m vor r bis zu n: fn(r)tl, so(r)tsa. 
Die Verneinung »nicht« lautet nee, »unsere.. = (nza, »und. wie in der 
Schriftsprache. Inlautende b und g sind Verschlußlaute, anlautendes / >f 
ist zu f sonantisches m zu n geworden (bnrr.u), sonantisches u ist nach l 
erhalten: fgln (wie im Riesengeb.), nach gemin. n = o: rgnn (wie im 
Glätz.), die Diminutivendung ln bleibt in der Mehrzahl unverändert (-lau 
nur riesengeb., böhm.-schles. und glätz). 


1. Stübchen (oder Kämmer¬ 
chen) vermieten. 

Wenn wir mehrere Kinder bei¬ 
einander waren, da hatte sich jedes 
von uns an einen Raum oder in 
eine Ecke gestellt, und eine mußte 
in die Mitte gehen und dann zu 
jedem hingehen und fragen, ob ein 
Stübchen zu vermieten sei. Und 
da sagte die eine: Es sind Wanzen 
und Schaben drin«. Und da geht 
sie wieder zur andern und fragt 
diese, und die spricht: >Es sind 
Mäuse und Ratten (drin)... Und da 
geht sie so von einem zum andern, 
und wenn sie den Rücken gekehrt 
hat, wechseln die anderen (Kinder) 


1. sfiiblu farm(ta. 

reu mar n pggr k{mhr bnr- 
\gmn vorn, i{nt~(djoo hgtu war 
x(c~(jicedas gg an boom oodar oe 
na ela gastrlt mit ec na wtisia oc da 
mi/a giin unt~'(IJsu jeedn hiigiin 
unt frgen, rp rt stiibla tst{ fannija 
reer. nnt~(d)uo xggta dt eena: .«■ 
boot runtsn unt svggbn drina:. 
unt~' (d) oo giit sa ciidar tsar and am 
unt frget~(d)ii, unl~id)ii sprfet: 
s boot mnc'.a tttit rg/n~ unt ~ (d)oo 
giit sa u'.uu fuo gm tsi(tn andarn, 
unt reu za n rila gadrrrt lioot, doo 
reis In dt andarn snrl da plrtsa. unt 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


135 


schnell die Plätze. Und wenn die 

(welche fragt, dabei) eine Stube er- 

•• 

hascht hat, so muß dann die Ubrig- 
gebliebene in die Mitte gehen und 
die anderen wieder fragen. 

2. Der Meister hat eiu Schwein 

geschlachtet. 

Da sitzen mehrere Mädchen bei¬ 
sammen, und eine fängt bei (irgend) 
einer an und fragt: »Der Meister 
hat ein Schwein geschlachtet; was 
willst du davon haben?« Da spricht 
dieses Mädchen: »Kopf«. Und da 
fragt die (andere sie), ob sie nicht 
lieber den Schinken haben wolle, 
denn der sei doch viel besser als 
der Kopf. Da sagt das Mädchen 
wieder »Kopf«. Und die andere 
fragt noch mehrere Male, und jene 
antwortet immer wieder: »Kopf«. 
Und wenn sie sich einmal verspricht, 
so muß sie ein Pfand geben. Da¬ 
nach fragt sie das folgende Mädchen: 
»Der Meister usw.«, und dieses sagt: 
»Bauch«, und das dritte Mädchen 
sagt wieder etwas anderes. Und 
wenn sie bei allen gewesen ist, 
werden die Pfänder ausgelost. 


vqn dii eena Stuuba darvt{St hoot, doo 
muus dan di andra, diida iibr\c 
gdbliiba iis, ae da m\ta giin i{nt 
muus da andam viidar frgen. 

2. dar meestar hood a Svaen 

gaSlaxt. 

doo x\tsa qtl\ja maadl baexgma, 
i{nt eena fq.yt bae eenar pp i\nt frget: 
»dar meestar hood o Svaen gaSlaxt ; 
vgs v\lsta darfoo hgn?« doo Sprgct'' (d)i 
eena: »koop «. i{nt~'(d)oo frget~(d)ii, 
qp sa nee vqlda liibarSt ~ (d)a fyjka 
hgn, dqn daar iis dgx fiil bqsar vii 
dar koop. i{nt~(d)oo 8pr\ct~'(d)ii 
viidar: »koop«. (d)i andra frget 
ngx a pggrmool, nni~'(d)oog\pt~(d)ii 
\mar tsar antvgrt: »koop«. i{,nt vqn 
xa x\c amool farSprfct, doo mtfia a 
fant gaan. unt'~'(d)arnoox frget sa 
dgs nqqksta maadl: »dar meestar hood 
a Svaen gaSlaxt; vgs v\lsta darfoo 
hgn ?« uni*(d)ii xggt: » baox « 
i{nf~(d)gs dr(ta maadl xggt viidar 
vggs andarS. i{nt vqn xa bae gln 
g avaast iis, doo van da fqndar dan 
farluust. 


IV. Hausdorf bei Charlottenbroxw (Er. Waldenburg). 

Diese Mundart stimmt mit der Dittersbacher noch in den Haupt¬ 
zügen überein bis auf folgende bemerkenswertere Abweichungen, durch 
die sich ihr Vokalismus noch weiter von dem Gebirgsschlesischen ent¬ 
fernt: mhd. ou = oo wie im Laus.-Schles. und von dessen östlichem 
Gebiete aus in den unweit angrenzenden Kreisen Reichenbach (nördL 
Teil) und Schweidnitz; mhd. ei und öu = qq wie im Glätzischen (Kreis 
Neurode). Die Verneinung lautet nii. 

Klage eines verschmähten Mädchens. 1 

Ich bin beinahe des Lebens müde, \c hgg s laoba baala d(ka, 

Es ist mir zuwider bis zum Hals, \c hgg s ni{ d\ka b\s uuv a hgls, 

1 Sprachproben io gebundener Form verraten allerdings meist Einflüsse der Schrift¬ 
sprache oder anderer Ortsmundarten, doch zeigen sie, wenn sie unmittelbar aus dem 
Volksmunde entnommen sind, wenigstens die getreuen Laute der betreffenden Mundart. 


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136 


Friedrich Graebisch. 


Ich habe halt auf der Welt kein Glück, 
Mich ärgert und verdrießt halt alles. 
Und wißt ihr denn »warum«, ihr 
Leute? 

Gleich werde ich euch meinen 
Kummer klagen: 

Ich bin gerade dreißig Jahr heute 
Und habe halt immer noch keinen 
Mann! 

Geschick besitze ich doch die Fülle, — 
Du lieber Gott, was nützt mir das! 
Und um mich her ist alles stumm 
und stille, 

Mir fehlt halt einmal (noch) sonst 
etwas. 

Allein bin ich in meinem Schmerze, 
Wie die Zeit so schnell verfliegt! 
Ich habe mir wohl mit meiner Schürze 
Schon manche Zähre abgetrocknet. 
Zwei Schwestern habe ich, beide 
sind jünger 

Und noch grasegrüne Dinger, 

Die machten schon zeitig Hochzeit 
Die eine namens Karoline 
Heiratete einen Klempner aus Lan- 
genbielau, 

Die hat es wunderschön getroffen, 
Der kann es gar nicht besser gehn. 
Die andere mit Kamen Auguste 
Heiratete, weil sie mußte, 

Sonst hätte es ihr ebenso übel er- 

gehen können wie mir. 

Da kam einmal zu mir ein Brauer, 
Mit Namen hieß er Emil Baehnsch (?), 
Ich trug ihn förmlich auf den Händen, 
Ich bemühtemichum(ihnauf) alle Art. 
Er liebte gern Geschichte, 
Besonders (schwärmte er) für Natur¬ 
geschichte, 

Und weil er gern las, 

Nahm er sich das (Zeitungs-) Blatt 

zur Hand 

Und las mir daraus etwas vor. 

Da sagte er: »In Breslau ist ein Zirkus, 
Dort gibt es einen Elefanten, 


\c hpp hald uf dar vqlt k%p gl da, 
ni{c ergart y,nt fardrfst hald pls. 
nn1 v\st nr den, varum , iir Ipeta? 

glac vaar \c (c da l n mar l ipon: 

\c bi in dr grppda draes(c hoch 
nnt hpp hald inur npx len mppn! 

gaS(ka hpp (c dpx di f(h, — 
dun liibar goot, vpps nntst mic dops! 
i{nt \m m\c r(m iix plas Stqin nnt 
St\la, 

miir faalt hald amool xinistj rpps. 

alenid biin (r ae inen sinerlsa, 
vii nnu do tsaed axun fjrflpekl! 

{c hpp nur vi{l in\t inaeiur Sartsi 
Sun mpnea treeiu ppgatrpekt. 
tu ree Suastarn hpp(c, beedo jigar, 

dps~ (xjaen noox grpp'.agriina di gar, 
doo maxta xa Sipi baala hi{kst. 
di fc na, di kaliina, 
dii haerpt x{c an kletnpnar nos dar 

biila, 

/ • 

dii hoot s gatrpfa vnndarSiin, 
dnar kppn s gppr nii besar giin, 
di andra, di aogi{sta, 
dii haerpta, vael xa rnnsta, 

\i(nst kt(iit s ar grpnda a:.nu drrniic 
giin vii miir. 

doo kgpm amool tsi{ miir a brpear, 
m(t nppma hii\ a eemiil peens, 

(c trung a ferml(c unv a hpnda, 

(c tont mic (m ph pprt banriin. 
u liipla garn gas\da, 
baxnndars für natuurgaS{cta, 

nnt~'(d)oo a gar na Ipos, 
iippm ti \ic s blgpt fiir da hnnf 

nnt Ipos mar draos rpps fiir. 
doo \opl a: ; ae brasl hoot s an tsrrki{s, 
doo hoot s an celafant, 



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Proben schlesischer Gobirgsmumlartcn. 


137 


Der ist geschickter mit seinem Rüssel, 
Als mancher Mensch mitseinerHand«. 
Darauf fragte ich ihn so verlegen: 
»Was für Vögel sind denn das? 
Hält man diese Tiere der Federn wegen, 
Oder legen sie bloß Eier?« 

Darauf nahm mein Geliebter Stock 
und Hut 

Und sagte: »Mir ist nicht gut, 

Ich gehe heim, ich habe Magenübel« 
Und soll heute noch wiederkommen. 
Nein, gebt mir — (wenigstens) ein 
einziger Mensch — eine Auskunft, 
Ob er mir das hat übel genommen, 
Daß ich ihn nach etwas habe fragen 
wollen? 

Ich hätte Geld, ich kaufte, alles 
Vom Geldschrank bis zum Schlempe¬ 
kübel 

Und auch die Wiege allenfalls. 

Und wenn Eheleute so schön (mit¬ 
einander) spazieren gehen, 

Da rührt es mich ordentlich im Herzen; 
Und wenn sie schlafen gehen, so 
heißt es: 

Komm, mein liobes ,Docht 41 !« 

Und ich habe halt nichts zu erhoffen 
Als ein verlassenes Bett! 

Und wenn mein Geschick sich wendete, 
Das wäre für mich ein Freudentag! 
Deshalb denkt in eurem Ehestands¬ 
glück 

An die alte »Rosalie« zurück! 


daar iis gaS{ktar nnf xen r(sl, 
vii mgnear mqns uuf xaena haut«, 
vuf dggs frget ic a axun farlqqgy: 
>vggs~ (x)aen du dggs far fr vgl, 
heit ma x(c dii tiird dar faadarn vqqyy, 
oodar Iqqn xa eear bluus ?« 
vuf dggs nggm x\c mac liipstar stouy 
ipnt hat 

i(nt xggta: »tniir iis nii gi{t, 
iic gii hqqm, iic hgg maagaplooga ■ 
uni xul nt{ hget noox viidarkuma. 
nqq, gat mar a f qntscar mqns an 
root, 

qp a mar dggs hood iibl ganumu, 
dgs \c a hgg (in vggs vult frgen? 

(C heta gqlt, \c krrfta gls 

ft(tn yqltsrayk b(s tsum slrmpakiibl 

und oo da viiya glnfgls. 
uni vqn ccalgeta axvu situ giin 
spgtsiim, 

doo tut ni{csgrntl(cae men hartsariirn; 
mit rrn xa sloofa giin, doo hrqst s: 

kt(>n, mac liibas tooxt! 
und iic hgg hold uuf n(sl Istt hufu, 
gls vii uuv er farlusnas booxt! 
uni rrn x(c tqrta s gas(ka rrnda, 
dggs fast vrqr tniir a frrrdataak! 
unt \uu godryt gk ac dam ccastants- 
glika 

gg dt uula ruuxln tsur(ka! 


V. Gierichswalde, Kreis Frankenstein. 

Die Gierichswalder bezeichnen ihren Dialekt selbst als »schlesisch« 
im Gegensatz zu dem bereits im benachbarten Königshain gesprochenen 
»glätzischen«. Tatsächlich aber liegt der Ort in einem Übergaugsgebiet, 
das, besonders im Vokalismus, noch stark die glützische Nachbarschaft 
verrät. Wie im Glätzischen sind rnlid. i/ii und oju zumeist durch c 
und o (kent, joya ), vor r durch q und g (krrca , dgrst) , gedehntes mhd. a 
vor r durch gg (fggrn ), mhd. ci und öu durch qc (stqqn, bqqma), mhd. ou 


1 Schics, tooxt u. = 1. Lampeudocht; 2. einfältiger Mensch. An dieser Stolle Kosewort. 


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138 


Friedrich Graebisoh. 


(meist) durch aa (baam), mhd. tu durch oc (noe ) vertreten. Dagegen 
stimmen zum Gebirgsschlesischen: mhd. d, ö und gedehntes mhd. o 
vor r «= nu (glätz. pp): jttur, uur, ivuurt; mhd. e, oe vor r = ii (glätz. ff): 
hiirn; mhd. aye bei Zusammenziehung — pp (glätz. ff): xggn, kontra!), 
mhd. iige und eye = aa (glätz. ff): golaan , goraant. Als besondere Eigen¬ 
tümlichkeiten seien angeführt: gekürztes mhd. i *= a in man (pron. poss.) 
u. a., sonst f: ,v»f/ (schneidet), kontr. mhd. äge und ege bei Kürzung a: 
ran (regnen), kontr. mhd. ogc und dge = uu: golsutin, fruun, in mhd. hs 
ist h nicht Verschlußlaut: rqcsan (wechseln), figxs (Fuchs). Anlautendes 
pf wird f, inlautende b und g sind noch Spiranten, sonantisches tn ist 
als tn erhalten. Die Diminutivendung la nimmt wie im ganzen nord¬ 
östlichen Gebiet des Gebirgsschlesischen im Plural kein n an, hochd. »und* 
= un, »uns« = cus, »nicht« = nii, n\c, »wollen« = rf la. Schließlich 
möchte ich auf das Präteritum luus (ließ) hinweisen mit Bezug auf von 
Unwerths Aufsatz in den »Mitt. d. Schles. Ges. f. Volksk.«, 1908, S. 41. 
Auch im nördlichen Böhmen findet sich Inns nach Knothe, Markersdorfcr 
Ma., S. 9 (unter u ), ferner neben liis im Adlergebirge und bei Mittelwalde. 

1. Bäurische Derbheit 

Den Dörfern Hannsdorf, Droschkau und Heinzendorf in der Graf¬ 
schaft Glatz weiden von den Nachbarn die Beinamen » klepl-hansdrof^ *, 
olsa -droosko « und >groop - htfiilsrfrof« gegeben, weil ihren Bewohnern 
eine ganz besondere Derbheit anhaften soll. Als Beweis wird u. a. fol¬ 
gendes Vorkommnis erzählt. 

Es war einmal ein Bauer aus 
Hannsdorf, der fuhr mit seinem 
Sohne nach Glatz zum Wochenmarkt, 
dem »Bauernsonntage«, und weil 
sio gute Geschäfte gemacht hatten, 
so hatten sie beide über den Durst 
getrunken. Auf dem Heimwege 
kehrten sie in Xeulaud ein, wo sie 
noch einen Trunk cinnahmeu. Plötz¬ 
lich sagte der Sohn zum Vater: 

»Weißt du, Alter, wir sind (nun 
schon) so oft zusammen nach Glatz 
gefahren, und immer ist alles gut 
gegangen; ich dächte, wir machten 
doch als alte gute Bekannte Brüder¬ 
schaft (miteinander).« Da meinte 
der Vater: "Na, weißt du, Junge, 

1 klrpl in. bezeichnet im Glätzischcn einen ungeschlachten, groben Menschen, 
vgl. inlul. kliipfcl. 

* AVio im Glätz. mit geschlossenem o und dentalem r, glätz. auch vuur. 


os rppr amool a pauor aos hans- 
drof, daar fitur met xam xuuiu 
noox gloots tsom pnoorxont(jo, un 
hgta x(c beedo, vael xo hgta guudo 
gosrfio gomaxt, on gfa gokaaft. of 
hqem tsuu rp rn xo aem noelando 
acyokogrt. doo vord- aa noog ff nor 
ondor do hendo gont{ma. of £e.mool 
mrrnto dor xuun iiicor a fggtor: 
»vesto nähr, mor xaen axau oft.> 
metnandor noox gloots gofggrn igi 
(mor siin gofggrn; iic deecto, als 
nah gundo bokanto, miir maxta gk 
briidorsgft .« doo mgento dor fpglor: 
»na, rrsto jogo, dggx iix a bcsla 


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Proben schlesischer Gcbirgsmuudaiten. 


139 


das ist (doch) ein bischen stark! 
Wenn ich das zu meinem Vater 
gesagt hätte, der hätte mir’s aber 
ordentlich angestrichen!« Da sagte 
der Sohn: »Du hast wohl einen 
schönen Vater gehabt!« »Klüger 
als der deinige war er (schon)!« 
meinte der Vater, »jetzt marsch 
nach Hause!« 

Als sie heimkamen, meinte die 
Mutter: »Schämt ihr euch denn 
nicht, so zu zechen und wie die 
Schweine heimzukommen!« Da sagte 
der Sohn: »Na, weißt du, Vater, 
wenn ich einmal heirate, — einen 
solchen Teufel, wio du hast, werde 
ich mir gewiß nicht nehmen!'- und 
ging in die Stube. Mehr hat man 
( = haben wir) hierüber nicht gehört 

2. Ein schla 

In dem Dorfe Gicrichswalde 
lebte ein Pferdehändler (namens 
Krischer). Er hatte einen Sohn, und 
dieser war ein etwas leichter und 
lustiger Geselle. Einmal hatte der 
Vater ein Pferd verkauft nach Pohl¬ 
dorf ’ an einen Bauer, und es war 
vereinbart worden, daß dieser sich 
am folgenden Tage das Pferd hole. 
Als er nun danach kam, mußte er 
dort über Nacht bleiben; am folgen¬ 
den Tage wollte er frühzeitig auf¬ 
brechen. Da sagte der Sohn des 
Pferdehändlers zu ihm: •»Wir werden 
uns in die Scheune legen, da können 
Sie morgen früh jederzeit Weggehen.-- 
Nun war aber der Sohn des Pferde¬ 
händlers auf den Bauer nicht gut 
zu sprechen, denn dieser hatte (ihm 
nur) eine Mark Zaumgeld gegeben, 
und drei Mark waren vereinbart. 


1 Kreis Habelsehwerdt. 
} Glätz. tsaamgqlt. 


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stgrk! ven iic iitror man fggtar 
dggs (z)ggta, daar hrt m(c gguar 
rondargafelts /« doo mernta dar zuun: 
•duu wankst n sin fggtar gahggt 
hggn!« »kliijar vii daenar rggr a«, 
megnta dar fggtar, »jets mgrs hrem!« 


gts (i)o hrnnkggma, doo mgrnta 
da mi{tar: »säumt iir occ ggu-ar n(r, 
azuu tso zaofa un vii da svaena 
hrgmtsokomn !« doo megnta dar zuun: 
»na, i-gsta fggtar, rgn (j amool haergt, 
krn zica taevl, vii duu host, naam 
(e. mar nie!« un g{ij ae da stumva 
nac. ttu miir hg mar nii gahgrt. 


er Streich. 

ae dam dgrfa ggrsvunla hgts n 
fuardahrndlar. daar hgl an zuun, 
dgs rggr n besln a Irelar, lostijar 
bruudar. dos rma mool hob zue 

\ fc . * 

fggtar u faurt farkaaft nooj m pool- 

dgrfa gg n paoar, un s rggr aosga- 

maxt, dgs (z)ic daar a andan tank 

dgs faart rrkhujta. vii a nun dgs 

faart hula rulda, must a doo iiivar 

naxt blaen i{ii rtflda a andan tuak 

friitsaetlic fgrt. doo mrenta dar 

zuun foo dam faardahgndlar: »miir 

van cns ae da soena lecn, un doo 

7 % 

kenn za mgrna frii tso jeedar isaet 
?•(■/,•.« daar zuun gguar foo dam 
faardahrndlar, daar hgl n hooka of 
da paoar , neeml(r a fugt rma mark 
fsggmgrlt 2 gogaan, un drac mark 
vorn aosgamaxt. doo dooxta dar 


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140 


Friedrich Graebiscb. 


Da dachte der Sohn: »warte nur, 
du wirst mir sie schon (noch) geben!« 
Sie legten sich (also) in die Scheune, 
der Sohn aber hatte vorher das Ge¬ 
rippe eines Füllens in die Decken¬ 
bänder an einer Leine aufgehängt, 
so daß er diese an einem Kloben 
herauf- und herunterlassen konnte, 
gerade über der Stelle, wo der Bauer 
lag. Als dieser nun schlief, nahm 
das liebe Bürschchen die Leine und 
ließ das Füllen herunter und auf 
dem Bauer herumhüpfen. Der Bauer 
schreckto empor und schrie: »oh, 
Jesus, Maria und Josef, oh je, oh 
je, ein Geist, ein Geist, ach, steht 
mir (doch) bei!« Flink zog das liebe 
Bürschchen das Gerippe wieder 
empor. Der Bauer schüttelte den 
Burschen: »Krischer, Krischer, haben 
Sie nichts gesehen?« Der Bursche 
schlief aber, ohne sich zu rühren; 
endlich erwachte er aus seinem ge¬ 
schickt vorgetäuschten Schlummer 
und meinte: »Was gibt es denn?« 
»Nun, einen Geist, einen Geist!« 
Du meinte der Bursche: »Es träumt 
Ihnen wohl (etwas), Vater Karger?« 

Nein, nein, es war ganz natürlich; 
die Augen glühten (ihm), mit den 
Armen griff er nach mir, und als 
ich den lieben Gott anrief, war er 
plötzlich weg.« Der Bursche er¬ 
widerte (darauf nur): »Vater, schla¬ 
fen Sie nur ruhig weiter!«, drehte 
sich auf die andere Seite und 
schnarchte kurz darauf, als läge er 
im gesündesten Schlafe. Nach einer 
Weile dachte er, der Bauer schlafe 
wieder, und 1 ieß(= - läßt) den (ieis't noch 
einmal herunter. Nun sprang aber 
der Bauer auf, schrie um Hilfe und 


znun: »vgrt gk, dun ea(r)St mar xa 
Son gaan.'* dt leeta x(c ae da Soena, 
daar zuun ggivar, daor hgta tsofuur 
a yarepa foo am fela ae da hggn- 
bgndar 1 uufgatmya gg ana laena, dgs 
a xa lci{nda gg am kloowa n{f un 
rondarloon, grggda vuu daa paoar 
Iggx uuiva drüuf. vii nun dar paoar 
Sliif nggm dgs guuda pgrSla da laena 
un luus dgs fela rondar of dam paoar 
drofaremhgpsa. da paoar fuur ae da 
hii un srii: »gg j^sas, mariia ?(/i 
jooxaf, ggjee, ggjee, a gaest, a gaest, 
oo Stiit mar bae /« Svupdjc, tsuux 
dgs guuda pqrsla dgs garepa viidar 
ae da hii. dar paoar nix ae da 
jotja nae: » kr\Sa 2 , kr (Sa, hggn xa 
n(St gaxoan ?« daar jotja Sliiv ggwar 
fgsta rrk; gntl(c darvaxt a aos ( z)am 
Slaoa tuuxl i{n mqgnta: »rgs hoot s 
dn?* »nuu, n gaest, n gaest!* 
doo m^enta dar jotja: »Uri traamt 
rol, fggtar kaarjar? « »nqq, ngq, dgs 
rggr gants natiirl(c; da ao%a gliitu, 
med a grttia griiv a noox mar, i{n 
vii (c tso goota Srii, vupd(c , vggr 
a rgk.« daar jotja mggnta: »fggtar, 
sloofa xa gk ruu(c vuetar /«, dreet x(c 
of da andra xaeta tf-n Sngrcta ae am 
beslu, gls vii m gaxonda sloofa. noo% 
ar vuela, doo dooxt a, dar paoar 
slceft viidar i{ti let (d)a gaest nooj 
amonl rondar. da paoar Sprggtj 
ggicar uuf srii etti Itclfa i^n vi(lda 


1 Glätz. Itcqiilionljr, Hängebänder (im Deckengicspärrc). 
* Unliebe Ausspracho des Familiennamens Krischer. 


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Proben schlesischer Gcbirgsmundarten. 


141 


wollte zum Tore hinaus: »Macht auf, 
macht auf!« Der Bursche sprang 
auf und sagte: »Vater, Sie sind wohl 
nicht recht gescheit?« »Nein, wirk¬ 
lich, ich will fort, ich will fort, 
geben Sie mir das Pferd, und hin¬ 
aus, hinaus!« Der andere gab ihm 
das Pferd und sagte (dabei): »ich 
bekomme aber noch zwei Mark 
Zaumgeld!« Der Bauer griff in die 
Tasche, gab dem Burscheu einen 
Taler und eilte die Gasse hinunter 
mit dem Pferde und auf heim zu. 

Acht Tage danach kommt der 
Pferdehändler nach Glatz. Da ist 
der Nachbar des Bauern, der ihm 
das Pferd abgekauft hat, auch in 
Glatz und sagte: »Du, Krischer, 
was habt ihr denn mit Karger ge¬ 
macht? Der kam nach Hause und 
war krank und meinte: ,Von Krischer 
kaufe ich in meinem ganzen Leben 
kein Pferd mehr, dort ist (ja) alles 
verwünscht und verhext, da leiden 
gewiß viele Seelen; das habe ich 
am besten (selbst) erfahren! 4 « Der 
Pferdehändler wußte nichts davon: 
»Da hat wohl mein Paul («= Paul- 
eben) (wieder) etwas angestellt!«, 
damit meinte er seinen Sohn, das 
liebe Bürschchen. Als er nach Hause 
kam, ging er in die Scheune und 
stieg auf die Balken. Richtig, dort 
lag die Bescherung! Das Füllen¬ 
gerippe lag noch oben mitsamt der 
Leine und dem Kloben. Da stieg 
er herunter, nahm sich seinen Sohn 
vor und »zitierte die Geister« selbst 

Aber es tat doch nicht seine 
Wirkung; war es hiermit nichts 
mehr, so verübte auf einem anderen 
Gebiete das Bürschchen immer wieder 
seine Streiche. 


tsom tnura naos: »maxt uuf maxt 
uuf!* daar joya Sprggy uuf un 
mrqnta: » fggtar, xii hggn toi an 
foo%l?* »nqqnSc, iic riil fgrt, iic 
inil fgrt; gaan za miir s faart, i{n 
naos, naos!« daar gggh ni s faart 
i{n mqqnta: »iic kriij ggwar noox 
tsvee mark tsggmgqlt /« a griiv ae 
da tg§o, gggp dam joya n tgglor, 
maxt ae dar ggsa nondar met m 
faarda t{n of hqrm tsitu. 

axt taaga druuf kernt ( d)ar fuarda- 
hqndlar of gloots. doo \s dar nokwar 
foo daani paoar, daar m hoot s faard 
gpgakaaft aa ae gloots ifn mqqnta: 
» duu , kfjSa, vgs hgt ar dan met 
kam ja n gamaxt? daar kggrn hrqm 
Un rggr krayk un mcqnta: ,foo 
kr\San maag iic aem laaua nimec 
kqq faart, dgrt iix gls farijnil un 
farhqkst, doo miijn fiih xtela laeda; 
dggs hg(c m bqsta darfggrn /*« da 
faardahendlar hgta kqcna ggnuyk dar- 
foona: »doo hoot rol paola vgs ga¬ 
maxt!«, neeml(c xae xuun, dgsguuda 
pgrSla. vii a hqcmkggm, g\y a ae 
da Sorna ?{n stiig of da bglka 1 : rect(c, 
dgrt Iggx da baSrqrn(ja! dgs fela- 
garepa Iggx noox drtiuwa metsgmt 
dar laena ipn in kloowa. doo Stiig 
a rondar, tsuu g iitcar a joya haar 
un hoot da gaestar xnlwar tsitiirt. 


gguar as hood m n(St ganotst: 
vggr s nii of dii xaxa, doo maxta 
of da nndra xaxa dgs prrsla \mar 
noox xaena strqqcla. 


1 Der 1. Stock der Scheune. 


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142 


Heinrich Deiter. 


Ordinanzen über die von Lebensmitteln und Gebrauchs¬ 
gegenständen in Emden entrichteten Abgaben aus dem 

Jahre 1628. 

Von Heinrich Deiter. 

Die folgenden Ordinanzen sind eine genaue Wiedergabe des Einzeldrucks in 
Nr. 5339 der Bibliothek des hist. Vereins für Niedersachsen in Hannover und haben 
nicht nur einen besonderen Wert in wirtschaftlicher, sondern auch in sprachlicher Be¬ 
ziehung, da sie uns die Emder Mundart der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts deut¬ 
lich erkennen lassen. 

Ordinantz / Warup die gemeine Importen vp die Consumptien 
in der Stadt Embden / vnd den Vorsteden / verpachtet vnde ent- 

fangen werden. 

Van nycs overgesien / verbetert / vnd in eilige Posten verböget. 

Avermahls gedruckt / 

Dorcli Helwigen Kallenbach / verordneten Boeckdrucker dersülven Stadt / 

Anno 1628. 

General Ordinantz vnd Conditiones, warup die gemeine Imposten 
vp de Consumptien in dieser Stadt vnd den Vorsteden / so tho behoeff 
dieser Stadt van Bürgermeister vnd Rath / Veertzigern / Kriegs-Rath / 
Vthschott der Burgerschafft vnd Olderlüden der Gilden / ingewilliget / 
vnd deels vor ein heel Jahr / deels vor sess Maenden / an den jenigen / 
so dar högest vor bieden wert, sollen verpachtet vnd entfangen werden. 

I. ERstlick / sollen vorgeschr. Middelen verpachtet werden / dorch 
eines Erb. Rhades dartho sonderlick verordnete. 

II. Imfall ydt sick thodragen wurde / dat in ydt vpbieden oder 
affslaen / tweo / drie oder mehr Mynden oder spreken, so sollen die Ge- 
deputeerde die Vthsprake doen / welckerer van ebnen erst gesproken 
hefft / deme ock die Impost folgen sal. 

Woferne sie averst nicht vnderscheiden können / welcker van enen 
erst gesproken / so sal men den Impost weder vpsetton / vnd den jennigen 
die erstlick bescheidentlick Mynet oder spreket / densölven folgen laten. 

III. Ein jeder Pachter / so verböget / sal geholden wesen / syn Bott 
der verhöginge tho staen / so lange de Verordnete eines Erb. Rhades / 
densülven Impost an einem anderen gantzlicken verhueret / vnde van 
deme nha eren gefallen genochsamc Borgen genomen hebben / vnan- 
gosehen / offte schon ein ander quemc / so densiilven verböget / offte dar 
vor mehr geboden hadde. Welckes alles tho discretion eines Erb. 
Rhades Verordneten / welcken sie nehmen wollen oder nicht / staen sali. 

IV. Do Pachter sal schuldich syn / van jeder Gulden / so he tho 
Impost belovet hefft / tho syner Pacht einen Stiiver gerede tho bethalen. 
Darvan ein Ortken tho profyt der Armen / vnd die reste tho die Kosten / 
so vp de Vcrpachtinge gabt / angewendet werden / Jedoch dat solches 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 143 

der Pachter in syner beloveden Pacht nicht weder inkorten solle. Vnd 
sollen die Pachtere alle thosamen vnd niemand vthgesloten / darbeneffens 
verbunden syn / daetlick vor ere Pacht genochsame Borgen tho stellen / 
allsolcke Persohnen in deser Stadt residerende / so die Verordnete / vnd 
der Rentmeister General / dar vor gudt kennen werden. Van welcken 
gemelter Rentmeister einen vor all synes gefallens tho exercuteron sali 
vornehmen mögen. 

V. Den Pachteren wert hiermede by eren Eede vperlecht / den 
gerechten Impost tho vermahnen / vnd darboven ock niemand tho mo- 
lesteren / noch tho beswaren / alles nha inholdt der Ordinantz vp öre 
Pacht gemaket. 

Sollen ock mit niemand conniveren oder accorderen / oder ock je¬ 
mand jchtes minder / als die geheele gerechticheit / in einiger mattieren / 
so wohl wegen des Impostes / als der Bröken lathen: Welckes sie ock 
gerichtlick sollen mögen laten executeren / dorch den Officier dartho 
gestellet / de ehnen dartho also fort die hülpliche hand leisten sal. Woo- 
ferne averst de Pachter giene Borgen in continenti stellen wurde / vnde 
datsülve so in dese Ordinantz begrepen / nicht nhaquemen / so sollen 
desülve alßbalde gefenglich ingetogen vnd de Impost nyes verpachtet 
werden / vnd wat diesölve alßdann geringer gelt / sal vth des ersten 
Pachters geriedeste Gueder verhalet: Vnd imfall he solcke Pacht nicht 
bethalen konde / sali he darover am Lyve gestraffet vnd corrigiret wer¬ 
den / nha erkentnisse eines Erb. Raedes / so sie daraver nha der sakeu 
gelegenheit dohn vnde befinden werden. Woferne ock dersülve Impost 
thom andern mahl / mehrder vnde hoger alse dat erste mahl / verpachtet 
wurde / darvan sal der Erste Pachter nichtes genieten / Sondern solckes 
tho deser Stadts beste körnen. 

VI. Die Pachter sollen geholden wesen / dat recht des Impostes / 
so sie gepachtet / binnen deser Stadt vp bequaraen plaetzen tho ent- 
fangon / vp de maniere / alß die Ordinantz vp jeder species gesettet / 
mitbringet. Vnde sollen die Pachtere van die species, dar die Peyl 
over gebrucket wort / stracks thom inganck erer Pacht / den Peyl doen / 
vnde verrichten / dersülve geschehn sal dorch twee Raedsheren / oder 
den Secretarium, oder synen geswornen Diener / vnd twee Stadtdienere. 

VII. Wol 1 Pachtere van einigen Impost blyfft / dersülve sal schul- 
dich syn /die bethalinge vp die Terminen vndo dagen als in die Ordi¬ 
nantz van denselven Impost gemeldet / tho leisten / vnd vnvertochlick tho 
doen / sollen ock vmb gienerley orsaecke willen / einige Penningen binnen 
beholden mögen. Vnd so ferne die Pachter in der bethalinge suem- 
hafftig / vnd vp de bedungene Termynen / die thogesechte Penningen 
nicht bethalen wurde / sal der Rentmeister General / mit daetlicker Exe- 
cution vnersochtes Rechtens / vp den Pachter oder synen Borgen / oder 
eren Guederen / welcke Em best gefellich / verfahren / vnd daruth die 



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144 


Heinrich Heiter. 


bethalinge mit allen kosten vnde schaden / erholen mögen. Welche elec- 
tion dieser Stadt im geringsten nicht praejudiciren / ock darjegens den 
Pachter oder synen Borgen giene appellationes, provocationes, oder einige 
Rechten / Statuten / beneficia excussionis oder divisiouis, woe sie ock 
genömet werden mögen / beförderlich syn / Sondern velemehr vth der- 
sfilven Guederen / executions kosten vnd alle vngelder bethalet werden 
sollen. 

VIII. Die Pachter sollen tegens die jennige / so sich an die be- 
thalinge weigerlich stellen / woe dann ock an die jennige / die mit eine 
part vnde deel in die Pacht hebben / gelycke Recht genieten / vnd tegens 
diesülve / wo der achte Articul mitbrenget / evener gestalt procederen 
mögen. Jedoch dat die Consorten / vor die Verordneten des Rades / alß- 
bald nha die Pachtiuge verklären sollen / dat sie part vnd deel mede in 
die Pachtinge hebben / dartho enen die Stadtdienere / tho allen tyden / 
wann sie dartho versocht / die hölplycbe haud lienen / vnd in krafft 
dieses / bemechtiget werden / die Execution vp densülven tho verhengen. 

IX. Die Pachtere sollen verbunden syn / alle Bedrogen / de sie be¬ 
finden / int sammelen vnd vpboeren erer gepachteden Imposten einem 
Erb. Raedt binnen achte dagen ] na deme sie datsülve erfahren / antho- 
roelden / vp dat darinne der geboer versehen werde. Vnd imfall int 
vndersöken solcker bedrogen enich Water manck die Wynen offte Bieren 
befunden werden muchten / solckes sal tho der Rekenmeistern discretion 
vnd decision gestehet / ock nha befindunge der saken / van densülven 
arbitralichen gestraffet werden. Vnd sollen die Pachtere tho allen tyden 
geholden syn / wann enen van einem Erb. Rhade solckes angedienet 
wert / die Registeren eres entfanges tho eröpenen / vmb in ere gegen- 
wart dorch tho sehen / jedoch dat nochtans van einem Erb. Rhade / oder 
dersülver Verordneten / de Summa des Enfangs nicht gemaket werde. 

X. Die Pachter sali schuldich syn / alle Contraventien / Bröken vnd 
Bedroegen / so he ervaren wert / dem Rhade oder dem Officier / welcken 
ein Erb. Rhadt elirn nömen wert / anthodienen / vnde alle bewyß dartho 
dienende / aver tho geven / vmb die gerechticheit in die Boeten vnde 
Bröken tho verfolgen / vnde tho exercuteren / darinne der Pachter poena 
50. Rycksdahlers / mit wat ehme davvor thogesecht / nicht sal mögen ahne 
consent eines Erb. Rhades / mit dem Bröckfelligen verdragen. 

XI. Woferne ock einige differenten wegen dese verpachteden 
Middelen / tüsschen den Enfangers / Pachters oder einige particuliere 
Persohnen / vp die Boete / Bröke oder andere mißverstanden / herkomende 
van die bethalinge der beloveden Penningen / in - oder vorfallen wurden / 
diesülve sullen vor einem Erb. Rhade / oder dersülven Deputeerde deci- 
diert / tho welcken ende dann sekere dagen angestellet worden / vnde 
sollen den Parthyen nicht langer / als van acht dage tho acht dagen / 
oder sunsten andere vthstall gegeben / also dat binnen ein Maent na der 
ersten verdaginge de vthsprake gesellien / darvan ock giene appellationes 
thogelaten werden sollen / ycht sy dann de Oecondemneerde de Bröke 


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OrdinaDzon über die in Kmden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1G28. 145 

thovören in der Rekenkamer deponeert hebbe / vnde sali de Parthye / 
so succumberen wert / boven dat jenne / so ehme afferkandt / van einem 
Erb. Rhadt arbitralick gestrafft werden. 

XII. Imfall der gestellede Officier die Boeten vnde Broecken in- 
wendich veertein dagen / nha der tydt dat ehme solcke tho executeren 
angedienet / nicht executeren oder inforderen wurde / so sal de Pachter 
allsulcke execution dorch de Stadtdienere vor de hand nehmen mögen / 
die dann des Officiers andeel darvor genieten sollen / welcke dem Officier / 
wenn he de execution gedahn hadde / darvan competeret / vnde solckes 
an statt eres salarii. 

Wolverstaende / imfall die Officiers oder Pachters / die vorgesc. 
Bröken etc. nicht executeren / dat in sodanem fall van wegen doser 
Stadt / diesölve Bröken int geheel ingefordert oder vpgehaven werden 
sollen. 

XIII. De Pachter sali geholden wesen / de Ordinantz vp de Im¬ 
posten / so he gepachtet / in alle Öhre Puncten vnd Articulen / tho achter¬ 
folgen / vnde dat recht nha inholdt der Ordinantz tho entfangen / sonder 
einige conniventie, simulatie, directelick oder indirectelick / in eniger 
manieren darinne tho gebrucken / also dat de Pachter mit niemand / Adel 
oder Vnadel /Tapper oder Borger sal mögen composeren /poena 50. Rvcks- 
daler / boven dat jennige / so ehme darvor thogesecht is. 

XIV. De Pachtere van de vorgeschrevene Imposten sollen gienen 
affslach mögen maken van ere belavede Pacht / vmb gienderley orsake 
willen / sie syn ock woe se jümmer in einigerley wyse oder wege / ge- 
nömt werden können. 

XV. Ein jeder Pachter sal den Impost vor syne belovede Pacht / 
van dem jennigen so in dieser Stadt vnd den Vorsteden / vnd wyder 
nicht cunsuraeret vnd verbrucket wert / entfangen vnd vpheven mögen. 
Also tho verstahnde / dat alle die Gueder / so vth disser Stadt tho Water 
oder Lande vervöret werden / vnd thovören nit vpgesteken syn / sollen 
den Impost an die Pachteren tho bethalen nicht geholden / sondern dar¬ 
van gantzlick gefreyet syn / Jedoch dat de jennige / so die Gueder be¬ 
gehret vth tho führen / darvan ein billeth / darvor he ein Seßling tho 
schryffgeld vnde nicht mehr bethalen sal / van dem Pachter / eher he 
sie vthföhret / halen vnde nehmen / vnde solckes by dem Pachter ante- 
kenen lateu soll / darinit deßhalven tusschen Eme vnd dem Pachter gien 
mißverstand kome. 

XVI. Van diesem Impost sollen vrv vnde vthgesloten syn / de 
Heren Graven tho Ostfrießlandt / vnde alles wat vp S. G. Graflicke Hueß / 
wann diesölve alliier jegcnwerdich Hoff holden / wert consumeret. Wann 
averst gien Grafflicke Hoffholdinge / sali dem Borchgraven deß Maents 
ein Tuune Bier / vnde nicht mehr vrygelaten werden / doch dat he den 
olden Accyß betalen / vnd ein Billet sunder jetzt darvor tho geven / tho- 
forderst van dem Pachter sal entfangen. Imgelycken alle frembde vth- 
landische Potentaten / vnd ere Gesandten: Woe dann ock alle Bieren vnd 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. ](j 


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148 


Heinrich Heiter. 


Wynen / by vierendehlen / halve vnd heele Ahme / darunder vnd darover / 
so ein Erb. Raedt wegen disser Stadt frembden Heren oder Gesandten / 
oder sunsten jemanden verehren / oder ock van wegen der Stadt in by- 
kumpsten inleggen / oder by hael kroesen vp dem Raethuse vnde vp der 
Schipper Gilde consumeret wert: Dat Gasthueß / vnd andere dergelyckeu 
van den Almosen Levende. 

XVII. Ein jeder Pachter sal geholden wesen / syne Pacht tho be- 
thalen in gudem gangbaren gelde / gudt van gewichte vnd payemente. 

XVIII. Die Pachter sal geholden wesen / den Impost in tydt syner 
Pacht gefallen / tho mahnen vnde tho executeren / thom längsten binnen 
vier Maenden nha vthganck syner Pacht. Vnd imfall he solckes nicht 
dohn wurde / sal he noch syne Borgen oder consorten, nha der Tydt 
paratam executionem nicht hebben / sondern darnha de schuldt mit ordent- 
licken Rechten inforderen / vnd tegens öhnen procederen mohten. 

XIX. Dese vorgeschrevene Puncten vnd Articulen sollen so wol 
van dem Pachter / als alle andere vollenkomelick achterfolget worden / 
by einer arbitrarie poena, so ein Erb. Rhadt nha der saken beschapen- 
heit / darup kumpstichlick setten vnd befinden werden. 

XX. Wolverstaende / dat de Pachteren geholden syn sollen / 6hre 
Boecken van den inslach 1 der Tapperen / so wol Wynen als Bieren / 
dem Accyßraeister vp syn versoeck / so dickwyls ydt ehm gelieven sali / 
tho thönen vnde sehen tho laten / poena 5. Goltgulden. Jedoch mit diesem 
vthdrucklicken Vorbehalt / dat ydt einem Erb. Hochwysen Rhadt / ahne 
vorweten vnde willen der Pachteren / so vnd tho allen tyden / wann ydt 
öhnen gelievet/ vry vnde bevorstaen sali / die Krögeren vp-vnde affthosetten. 

XXI. Imgefalle ock ein Erb. Rhadt vnde die Pachteren in einige 
irrung / geschill vnd mißverstand / mit malcanderen geräken wurden / 
solckes sali van den Rentmeistern erörtert vnde bygelecht worden. 

XXII. Den Pachteren / behalven de mit Brandewynen handelen / 
wert hiermit emstlick vperlecht / vnde anbefohlen / dat desülve mit denen 
Wahren / darvan sie gepachtet / sülvest oder dorch jemand anders / keine 
Koepmanschafft / handel oder wandel dryven non gebracken sollen / ydt 
were hun dann specialicken thogelaten: Mit dem anhangk / imfall dar- 
jegens gehandelt / oder dissem Articul tho wedder etwas gedahn werden 
muchte / dat alßdann gedachte Wahren verlustich / vnd de Pachtere noch 
darenboven arbitralicken gestrafft werden sollen. 

XXIII. Idt sali ock niemand van deser Stadt Pachteren mit In- 
oder Vthlandischen Persohnen syne Boecker vnd Registeren communi- 
ceren / veel weiniger Copyen daruth mitdehlen / poena so offtermahls sie 
dartegens dohn werden 20. Goltgulden. 

XXIV. De Meisteren soelen in allem gefalle vor Öhre Knechten 
vnd Familien geholden syn / vnde de Bröken vor desülvigen bethalen 
mothen / nha discretie des Erb. Rhades offte dersfilver Deputierden. 


1 Druck: inflach. 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 147 


XXV. Alle Bröken / so vth deser vorgeschrevener General, woe ock 
vth de nhafolgende speciale Ordinantien verfallen / sollen gedeelt werden / 
vfi darvan genieten ein Erb. Rliadt ‘/ 4 deel / de verordnete Reken meisteren 
*/, deel / de Pachter */ 4 deel / vnd de Armen mit dem Anbreuger tho- 
samen 1 / i deel. 

XXVI. In Pachtsaken sali wyder nicht als an Bürgermeister vnde 
Rhat appeliret / vnd keine Appellation angenomen werden / ydt syn dann 
de decidirte vnd vtb erkante summen vnd Bröcken / vermöge II. art. der 
Pachtordnung / tho forderst deponiret / vnd deßwegen ein Vrkund by ge¬ 
bracht vnd vorgezeiget worden. 

XXVII. So sollen ock die Appellationes in Pacht saken / intra de- 
cendium beides interponiret / vnd introduciret / vnd hemacher innerhalff 
Seß Weken vthgevöret vnd geendiget werden. 

Ordinantz Van de Wynen. 

I. ERstlick / men sal vor den vorgemelten Impost bethalen / van 
jedem Aem Spaenschen Wyn / tho rekenen nha de Cölnische Ritzinge / 
min oder mehr nha advenant / die werde vor schlyt oder drinck-wyn 
ingelecht 22 1 /* gl. vnd van ein Ahm Rhynsche Wyn 16 fl. boven den 
olden Accyß / so die Stadt affsonderlick entfangt. Doch soelen de Borgere 
van dem olden Accyß fry syn. 

II. Van Jeder Pointson Fransche Wyn / offte Tossanisch Oxhofft / 
he sy Rodt oder Witt / 20. fl. boven den olden Accyß. 

III. Van jeder Oxhöfft Fransche Wyn / Wit oder Rodt / boven den 
olden Accyß 15. fl. Vnde de Borgeren 10. fl. 

IV. Van grothere offte geringere Vaten oder Tunnekens nha ad¬ 
venant / mit dem bescheide / dat de vorgemelte Pachter oder Collectoer 
gelycken Impost sal entfangen van alle gude Wynen / die van de Brande- 
wynmakers oder Wynbranders ingelecht / oder vpgedahn sollen werden / 
folgende ydt'Seste Artikel 1 vp den Impost van de Brandewyn gemaket. 

V. De Pachter sali an handen des Rhades / oder dersölven Depu- 
teerden / den behörlicken Eedt dohn / dat he / noch niemand van synent 
wegen anders / dann die volle gerechticheit / van desen Impost genieten / 
vnde mit niemanden in eiliger manieren conniveren / oder sich verdragen 
wolle / poena in dem 13. Artikel van de General Ordinantz geroert: Welcke 
so wol tegens den Pachter / als den jennen / die mit ehme / oder jemand 
van synent wegen affkoep maket / tho executeren. Vnde darrait alle be- 
droch vermeeden vnde vorgebowet werde / so sali niemand / van wat 
qualiteit oder conditie he sy / eilige Wvnen vth Schepen / Schöten / 
Wagen / Karren / Sieden / Packhuesen / Kellere oder andere plaetzen dar 
die syn / mögen breugen / vthdohn / oversetten / vpslaen / oder enichsins 
transporteren / wercken / oder laten wercken / indohn / oder indohn laten / 
als dorcli de gesworne Röyers / Wynverlatere / oder andere gesworne 


* Druck: Arrikel. 

10 * 


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Heinrich Deiter. 


Wynwerckers / die desülve nicht sollen mögen wercken / eher vnde bevor 
eme gelevert sal syn ein Billet van dem Collectoer / Pachter / oder ere 
Gecommitteerde vndertekent / poena 100. gülden / jedes mahl vp jedes 
stficke Wyns / ydt sy groth oder klein: Wolthoverstaende / dat de Wynen / 
de vp dem Embsstroem / van dat eine Schip in dat ander overgesettet / 
vmme stracks over See / oder sonsten buten oder binnen Landes tho ver- 
föhren / dat Boetßvolck nha older gewoente / sal mögen oversetten / vnd 
solcke van dissem Impost fry syn sollen. 

VI. Welcke Billetten inholden sollen die qualiteit vnde quantiteit 
van die Wynen / die de jenigen / so jdt Billet halet / geholden sal wesen 
tho verklären / vnd deß versoeht synde / by synem Eede datsölvige tho 
beduiren vnd solckes den Wynwerckers overleveren / vmme dem Collectoer 
oder Pachter tho restitueren vnde darby vermelden / offte datsülve stücke 
Wyns conform gewest is den Billet / darrait he datsölve vp syn Register 
antekenen möge. 

VII. Niemand sal mögen enigen Wyn brengen oder wercken / binnen 
jemands Hueß / Grund / Schip / Schfite / vp Wagens / Karrens / Schieden / 
noch ock giene Schippers / Scbuetvörers / Schledendryvers / oder Voer- 
lüde / sollen diesülve mögen in Öhren Schepen / Schöten / vp Wagens oder 
Karren entfangen / oder ock die angebrachte Wynen reppen / rören vnde 
vpdoen / laten rören / reppen vnde vpdoen / he hebbe dann thovören ein 
Billet van den Collectoer oder Pachter entfangen / poena 50 fl. So de 
Schipper / Schötvörer / Schledryver / Voerman / oder andere / so darjegen 
gedaen / oder gehandelt / vp jeder stück Wyns verbreken ock nach ge- 
legenheit arbitralick sali gestraffet werden. 

VIII. Tho welckem ende / sal ein jeder de einige Wynen begehrt 
tho vervören / diesülve nicht mögen reppen / oder laten reppen oder 
rören / vth enige Huesen / Kelders / Packhuesen / offte andere plaetzen / 
noch ock vth einige Schepen / Schöten / Schieden / van Wagens oder 
Karren / eher vnd bevor he ein Billet van dem Pachter entfangen / vnd 
sali dameffens geholden syn / verklaringe tho doen / wanneer he enige 
Wynen van meininge is tho Schepe tho brengen / by vorgemelter poena 
der 50. fL ock nach gelegenheit einer arbitralen straffe. 

IX. Alle Wynkopers / Grossierers / oder andere by kleine mate 
oder Kannen vthtappende / offte die Tafel holden / sollen giene Wynen 
mögen indoen / binnen öhrem Huese / oder darbuten / sie hebben dann 
thovoren dem Pachter / oder Öhren Committeerden diesülve angegeven / 
vnd ein Billet ontfangen / inholdende datsölve / wat boven verhaelt is / 
darmit solckes van öhnen opgetekent / vnd die Impost ingefordert werde 
nha advenant / wat daruth getappet is / vnd de Peylinge mitbrenget / 
by verhörte der Wynen / vnd 50. fl. brÖke. 

X. De Pachter sal geholden syn / int ankomen syner Pacht vp tho 
schryven vnd an tho tekenen alle de Wynen / die bevunden werden / 
so wol by Koeplöden sich mit Wynen ernehrende / alß Factoren / vnd 
den jenigen die vor Grossieriers gerekent werden / vnde sollen de Koep- 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1G28. 149 


lüde / Factoers vnd Grossiers schuldich syn / den Impost van de Wynen / 
so in disser Stadt vnd Yorsteden consumeret worden / tho bethalen na 
de quantiteit / die vp den vthganck van den Pacht sal befunden werden / 
minder alß die Billetten offte affschryvinge van den Pachter bewyßlick 
is / darvan vthgedaen tho syn / Jedoch daraff treckende voer Leckagie 
thoer Maent vp jeder Vat / holdende seß Ahm Rhynsche Wyn 3. Kroeß / 
vnd van Kleinere vnd Grotere Vaten nha advenant. Alß ock ein Pype 
Fransche Wyn Leckagie drie Kroeß des Maents / vnde de Oxhöveden 
nha advenant. Wolverstaende / dat van denen Yaten / darinnen die Krane 
gesteken is / die Leckagie niet sal afgetrocken worden / vnd sal die 
Pachter / gedörende den tydt syner Pacht / mögen gaen Peylen by alle 
Koeplöden vnd Grossierers öbnen mit Wynen entehrende / drie mahlen 
in die seß Maenden / darinnen nicht gerekent die Peyl oder visitatie vpt 
ingaen oder vthgaen van syne Pacht. Woferne averst Jemands / eme 
die besichtigung oder Peylinge tho doen / verweygeren wurde / diesölve 
sal Jeder reyse boven den Wyn verbreken 50. fl. Vnd sali der Pachter / 
oder syne Committierde / wanneer ydt ehme believet / de Wynen die 
vthgeschepet werden / versoecken oder pröven mögen / offte die also syn / 
alß eme darvan angegeven / vnd in die Billet / so he gegeven hefft / 
vervatet is / by verhörte / ingefall anders angegeven tho syn / befunden 
wert / so vele Wyns / alß in dat Vat geföllet is / vnd darboven vp jeder 
Vatt / idt sy groth oder klein 40. fl. 

XI. Die Grossiers / Tappers oder Slyters / sollen nicht geholden 
syn / van de Wynen / de versueren / tho Etick gemaket / oder sunsten 
dorch vnglöcke tho nichte komen / oder verepildet werden / einigen Im¬ 
post tho bethalen / Jedoch dat van solchen vngelucke / dorch de Wyn- 
werckere / Wynverlatere / oder andere guet bewyß gefordert werde / wo 
gelyckfals van die Moeren / van die verlaten Wynen. 

XII. Van Grossierern vnd Tapperen sali / idt syn Rvnsche / Spaensche / 
offte Fransche Wynen / nicht minder offte vnter ein Ancker affgekerfft / 
vnd keine kleinere Vaten vthgedaen werden / poena 30. gülden. Ock 
soelen alle de Oxhöffden gerekent werden vp 27. Verendeei / vnde die 
Libornische / woe ock de Hochlandschen vp 24. Verendeei. 

XIII. Intgelycken sollen giene Grossiers/Tappers oder Borgers einige 
Wynen affsteken / vthsteken / oder vtbleveren / ydt sy dann dat eme ge- 
thönet werde ein Billet van dent Pachter / vnd sollen giene Wynen binnen 
einige schepen offte Schöten van Orloge / oder andere ingelecht / oder ge- 
druncken worden / ydt sy dann thovorn ein Billet van dem Pachter darvan 
gehaelet / sullen överst giene Imposten tho bethalen schuldich syn / jedoch 
dat se giene gelagen setten / oder diesulve by Kroesen nicht verköpen sollen. 

XIV. Die Wyntappers vnd Tafelholdere / oder die jenig9 / so by 
kleine maten den Wyn vthtappen / sollen alle maent dem Collectoer oder 
Pachter bethalen den Impost van do Wynen / de sie den maent over 
gesleten oder vthgetappet hebben / ydt were dann / dat sie densölven 
mit weten deß Pachters oder Collectoers affgesteken hadden. 


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Heinrich Deiter. 


XV. Alle Wynkopers / ydt syn Grossierers / Tafel - oder Gastholders / 
Herbergierers / oder woe de oeck moegen genömt werden / die einige 
Wynen verkopen / sollen giene Wynen mögen afsteken oder vthwercken / 
in Tappers oder Borgers Huesen / alss nha den vpganck / vnd voer den 
vnderganck der Sannen / ahne vorweten des Pachters / vnd sal solckes 
geschehen dorch einen geschwornen Wynverlater / die thovor ein Billet 
van dem Pachter oder Collectoer sal hebben / poena 50. fl. so offtmahls 
he darjegens dohn wert 

XVI. Vnd darmit alle bedroch / so vele jftmmer mögelyck / ver- 
meden vnd vorgebowet werde / so wert allen den jenigen / die Nehringe 
mit Wyn begehren tho doen / ydt syn Grossierers / Trappers / Herber¬ 
gierers / Tafelholders / oder woe se mögen genümet werden / hyrmit by 
öhrem Borger Eede vperlecht vnde bevolen / datse dese Ordinantz so 
vele jnmrner mögelyck is / vnderholden vnd nhakomen: Ock giene Wynen 
in andere Tünnen / Vaten j Kisten / Korven / Manden oder Packen / alss 
in de behörlicke Vaten inslaen / oder inleggen sollen / sonder darjegen 
ichtes mit vpsaten moede oder willen / directelick oder indirectelick tho 
doen / oder dorch andere doen tho laten / dartho ock ein jeder die synen 
ernstlick ermahnen vnd holden sal / darmit disse guede Stadt darinne 
nicht defrauderet oder vervordelt werde / poena 100. fl. so offtmahls dar¬ 
jegens jemandes dohn wert. 

XVII. Dewyle ock van den Wynverlaters vnder dat decksei van 
die Handelinge / so sie mit die Moeren / Leckwynen vnd dergelycken 
dryven / einich bedroch geschehen kan / so wert densölven alsulcke Neh¬ 
ringe vnde Handelinge tho dohn / gantzlyck verboden / vnd sollen ock 
by öhrem Eede diesülve sick verbinden / donsülven handel nicht tho 
doen / poena 100. gülden. 

XVIII. Idt sollen ock alle Schippere / Schuetvörer / Schledryvcr 
oder Voerluedo / so enige Wynen geladen / diesülve nha der Tydt sie 
mit Öhren Schepen binnen Boems oder Porten ankomen / binnen 24. vhren 
dem Pachter / oder synem Collectoer angeven / vnde daorvan nichtes 
lossen / reppen oder roeren / eher unde bevor sie dem Pachter oder 
Collectoer / de Wynen / die sie geladen hebben / augedienet / vnde ein 
Billeth darvan entfangen hebben / poena 100. gülden. Wolthoverstaende / 
Imgefalle ein frembd Mann vnwetcntlyck sich hierinne verloepen wurde / 
solckes schal tho eines Erbarn Kaedes discrotion vnd decision gestellot 
werden. 

XIX. Van desen Impost. sali niemand frv noch vthgesloten syn / 
alss alleino die so in der General Ordinantz begrepen syn. 

XX. Die Collectoer oder Pachter sali geholden wesen j alle Maenten 
tho bethalen an den Rentmeister General / den gerechten sesten dcel van 
syner beloveden Pacht /oder in mangcl dessen/sal de Rentmeister sfilvest / 
oder dorch syne geordnete mögen executoren / vnd snlcke infordern van 
dem Pachter oder Collectoer oder synen Borgen / welches ehme lievest 
gefellich / nha luedt der Generalen Ordinantz. 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 151 

XXI. Dese Impost sal ingaen vp den 16. Februarii und Augusti 
mit der Sunnen vpganck / vnd sullen vp diesölve tydt die Collectoer offte 
Pachter mit twee Raedsheeren / vnde den gewoenlicben Collectoer van 
deser Stadt / (woferne desölve van den Pachter dartho versocht wert) 
nicht alleine tho alle de Huesen / die sich mit Wynen ernehren / die- 
sülve Tappen vnd Vthslyten / sondern ock tho alle Grossierers Huesen 
sich verfögen / vnde de Wynen / die sie aldar finden / dorch die ge- 
sworne Wynschroyers / denwelcken die Pachteren salarisiren / vnd deß- 
halven Jahrlicks pro salario 100 fl. entrichten sollen / Peylen vnd ante- 
kenen mögen / vmme nha vthganck der Maent darvan tho entfangen / 
den gebörlyben Impost / darnha alß man befinden wert daruth alßdann 
getappet tho wesen. Vnde imfall die Raedßheren sich weigeren wurden 
öhnen hierinnen tho assisteren / so sali datsölvige geschehen von einem 
Secretario oder synem geschwornen Diener / vnd twe Stadtdiener: Vnd 
so ferne jemand Adel oder Vnadel / die peylinge nicht consenteren noch 
tholaten wolte / oder ock die Wynen versteken oder verswygen / so sie 
in ander Packhuesen oder anders war liggen hebben / diesölvige sollen 
boven den Wyn verbreken 100 fl. 

XXII. De Collectoers oder Pachters sollen thom minsten alle Maent 
einmahl gähn tho der Tapper huesen / vnde vort darnha so menichmahl 
als öhnen gudt döncken wert / Jedoch mit dem bedinge / dat sie darinne 
alle bescheidenheit gebrucken / vnde niemand mit fuelen oder vnnötten 
peylen quellen / oder overfallen / darby se ock vndersöken sollen / offte 
ock enige Stöcken mit water geföllet / oder andere vnbequemicheyt vnde 
vngebörlicheit gepleget wesen mochte. 

XXIII. Die Pachter oder Collectoer sali tho inganck van syner 
Pacht by einem Erb. Raede mögen versöken / dat publicatie gedahn 
werde / dat alle Wyntappers sich by Hueß holden / oder jemanden öhrent- 
halven befehl geven / vmme de peylinge tho sien vpnehmen. Imfall he 
solckes nicht dede / sal de Pachter dessen vngeachtet / mit der peylinge 
verfahren mögen / welckes oeck gudt vnde bestendich geholden werden sali. 

XXIV. Alle Wynen / so vth deser Stadt tho Water oder Lande 
verfoeret werden / sollen van dissem Impost vry / vnde densölven tho 
bethalen nicht schuldich syn / jedoch mit dem anhanck / dat de jennige / 
so den Wyn vthdohn oder vthschicken wert / thovoer ein Billet van dem 
Collectoer oder Pachter gehalet vnde entfangen / welckes de Pachter ock 
eme vor ein Seßling tho Schryffgelt geven sal / sal ock dem Wynhandler / 
so densölven / volgends deß 12. Articuls / vthgedaen / in syn quantiteit 
der angetekenden vnde gepeylten Wynen weder affgerekent werden / 
vnde voer bethalinge volstahn körnen / etc. 

Ordinantz van de Brandewynen. 

I. De vorgeschrevene Impost sali entfangen werden / van alle Ge¬ 
brande Wynen / vnd Wateren / so in deser Stadt vnd den Vorsteden con- 
suraeret vnd vertehret werden / sie syn van Wynen / Bieren / Weyte / 


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Heinrich Deiter. 


Rogge / oder andere Granen / Annys / Venckel / Wachandelbeeren / oder 
van einige Moeren / oder andere specien vnd materien / alhier in deser 
Stadt gebrandt / oder van buten ingebracht. 

II. Ynde sal ein jeder / so die Krane in ein Vatt offte Oxhöfft 
steken will / vrarae datsfilve by kleiner maeten offte Vaetjes tho ver- 
koepen / eher vnde bevoer he die Krane daer in steckt / vnde daruth 
tappet / dem Pachter van ein jeder Oxhöfft erleggen 20 fl. De Köper 
averst / he nehme darvan so vele alse he will / sal nichtes darvan tho 
geven / noch einich Billeth darvan tho haelen schuldich syn. 

III. Imgelycken sollen alle gebrande Wateren / ydt sy Wachandel 
Water / Annys / Angelica, Canneel / Orangien / Naegelen / Borst-Water / 
vnde sonsten / wat nahmen die hebben mögen / die werden hier gemaeckt / 
offte van buten ingebracht / eher die Krahne darin mach gesteken / vnde 
daruth getappet werden / van jeder Oxhöfft dem Pachter erleggen vnd 
bethalen 20 fl. Grother vnd kleiner Vaten nha advenandt. 

IV. Die Oxhöfften soelen ahne peylunge gaen / Oxhöfft vor Ox¬ 
höfft / wat averst grother Vathen sind / soelen gepeylet / vnde ein jeder 
Oxhövet tho söven vnde twintich Verendeei Cölnischer Ritzinge gerekent 
werden. 

V. Alle Gebrande Wynen / offte obgedachte Wateren / so by Ox- 
höffden offte grother Vaten / vth der Stadt gevöret werden /dat geschehe 
van Borgern offte buetenlfiden / soelen vry syn / allein ein Billet haelende / 
darvor allemahl / wann idt ock mehr dann ein Vatt offte Oxhövet were / 
de / so idt vthvören will / einen Seßling entrichten soll. 

VI. Ein jeder Oxhövet van vorgedachten Brandewynen offte Wa¬ 
teren / so nicht vpgesteken syn / sollen alle Maent tho Leckagie hebben 
ein Kroeß. 

VII. Darmit alle bedroch / so vele mögelyck / by tvden vocrgebouwet 
werde / so sali niemand in deser Stadt / noch in den Vorstedeu einige 
Brandewynen mögen branden / van Wynen / noch van wat Moeren offte 
Materie dat datsülve sy / eher vnd bevoer he kome by den Collectoer / 
synen nähme antekenen late / vnde ein Eedt doe / dat he alle weken by 
den Collectoer offte Pachter körnen / vnde by dem geleisteden Eede ver- 
claren wolle / woe vele Brandewvns he van dersülvcn weken gebrandt. / 
darvan verkofft vnde gesleton liefft / so wol by kleine alß by grothe 
maten / darmit die Impost van de Consumptien / folgende de Ordinantz / 
darvan bethalet vnd entfangen werde / poena 50 gülden. 

VIII. Niemandt sali einigen ßrandewyn / so van buten ingebracht 
wert / indohn mögen / vmb int groß oder by kleine matlien tho verkopen / 
offte sölvest tho gcbruken / eher vnd bevoer he datsfilve dem Collectoer 
oder Pachter angegeven / vnde darvan ein Billet entfangen / woe vele ho 
inleggen wert / gestalt den Impost van den jennigen / so in deser Stadt 
angesteken werden / an den Pachter tho bethalen / by vorß. poena. 

IX. Dio Schippere / Schuctfoerer vnde Voerluode / sollen vth öliro 
Schcpcn / Schueten / oder van de Wagen / giene Brandewynen laden / 


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Ordinanzeu über dio in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 153 

noch diesülve reppen oder roeren / oder iD jemandes Hueß brengen / oder 
brengen lathen / eher vnde bevoer he solches dem Pachter verwittiget 
vnde angemeldet / poena 20 gülden / so der Brenger vnde Entfanger sollen 
verbreken / so offtmahls he befunden wert solckes gedahn tho hebben. 
Item / sollen ock giene verlegen offte verdorven Bieren / Wynen / oder 
Wynmoeren moegen indohn vrab Brandewyn daraff tho maken / ydt sy 
dann mit voerwethen deß Pachters oder Collectoers / poena van gelycke 
50. Guldens / vnde Verlust der Wynen / Bieren vnde Moeren. 

X. Die Brandewynmakers oder Brandewynbranders sollen giene 
Wynen noch Bieren moegen inleggen / eher vnde bevoer se darvan den 
behoerlicken Irapost van die Wynen / an den Pachter van do Wynen: 
Van de Bieren an den Pachter van die Bieren bethalet / vnde darvan 
ein Billet entfangen / poena, alß in die Ordinantz dersülver respective 
is begrepen. Deß sollen die verdorvene vnde verlegene Wynen vnde 
Bieren / woe dann ock die Wynmoeren van dem vorgeschreven Impost 
vry syn. Jedoch sali gelyckewohl do condition, darvan int negende 
Articul gesettet, nhagelevet werden. 

XI. Der Pachter van desen Impost blyfft / sali geholden wesen / 
Maentlyck an den Rentemeister Generaei / den gerechten twaelfften deel 
van syner belovedon Pacht tho bethalen / in entstehung dessen / sali de 
Entfanger die Executie sülvest docn moegen / entweder an den Pachter 
oder synen Borgen / na inhold der Generalen Ordinantz. 

XII. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii jahrlycks / vnde 
endigen vp den 16. Februarii, beyde mit der Sunnen vpganck / vp welcker 
tydt die Pachter sali mögen gaen mit den geswornen Wynschr6yers oder 
Wynverlaters / tho alle die Huesen / die sich mit Brandewyn tho tappon 
oder tho slyten ernehren / vnd die de Brandewynen / die sie aldar vinden / 
Peylen vnde antekenen / vmb dem gebörliken Impost darvan / folgende 
deso Ordinantz / tbo forderen vnde entfangen. 

XIII. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / 
alß alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn. 

Ordinantz van de Bieren. 

I. Alle Bieren / so in dieser Stadt vnde den Voersteden cunsumiret 
werden / se weiden vthgesleten / vthgetappet / oder van den ßörgeren in 
Öhren Huesen / tho öhrer eigen vnderholdinge gedroncken / se werden 
van den Brouweren / oder den Bürgeren sölvest gebrouwen / sollen nha- 
folgenden Impost tho bethalen schuldich syn. 

9 

II. Alle in dieser Stadt vnde den Voersteden gebrouwen Bieren / 
sollen tho Impost goven van ein jeder Tunne 16. stuvers / vorbeholtlick 
dat van alle Tünnen ein Daelder weerdich synde / nichts sal genomen 
worden / imgelycke Halve vnd Veerndeels nha advenandt. Deßhalven de 
Tappers vnde Herbergierers boven den Impost den Olden Accyß tho be¬ 
thalen schuldich vnd geholden syn. Anmeldende dat gien Borger / Tapper 
noch Brower ock verluvet syn solle / by poena van 50. Goltgulden / vnde 


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154 


Heinrich Deiter. 


eine arbitrarie Straffe / in oder buten synem Huese / de Daler Bieren 
mit andere Bieren tho vermengen / woe dann ock den jenigen / by Ver¬ 
lust des Tappens hiermit verbaden wert / so drie Witten Bier tappen / 
geen ander Bier van hoegern pryse vththoschencken / noch die so betör 
Bier in tho leggen vnde vth tho tappen gedencken / giene drie Witten 
Bier schencken sollen. Item / ydt sali den Pachteren ock thogelaten 
werden / imgefalle sie vernehmen / dat einich drie Witten Bier mit ander 
Bier vermenget werden muchte / tho allen tyden / wann ydt öhnen ge- 
fellich / so wol der Tapper / Brower als Borgeren Kelleren tho visiteren. 

m. De Brouweren sollen schuldich vnde geholden syn / by dem 
Pachter / allemahlen alß se gebrouwen / vnde die Bieren in Tünnen ge- 
föllet / tho verklären / woe vele Bieren sie van twe gülden / oder van 
25. Schaep / oder darboven gebrouwet / vnde nicht bemechtiget syn enige 
Bieren vth Öhre Huesen / an der Borger Huesen tho vören / oder voren tho 
laten / eher vnd bevoer he de quantiteit vnd qualiteit / woe boven ver- 
halet / öhrer Bieren / dem Pachter oder synen Collectoren angegeven / vnd 
öhnen ein Billet van dem Pachter oder Collectoer getoenet werde / welcke 
sio-in bewaringe holden / vnde darnha dem Pachter oder Collectoer /alß sie 
deßhalven ersocht werden / overleveren sollen. Woe dann ock de Bron- 
were giene Bieren sollen mögen vthtappen / oder by kleine Mathe oder 
Emmers vercopen / oder vthleveren / noch nye Bier in dat olde ver¬ 
mengen / poena 100. Gulden. Mit dem fernem anhang / dat sie Bieren 
an Tapperen vnde anderen in Oxhöfften vnde Tünnen / doch mit Öhren 
eigenen respective Marcken getekent synde / Tünnen vnde füllen mögen. 

Wolverstaende / dat geen Brouwers noch Schippers / so wol binnen 
als buten deser Stadt geseten / verorloevet sy / enige Bieren den Tapperen 
oder Borgeren tho leveren / sie hebben dann thovoeren van dem Pachter 
ein Billet entfangen / dat alles betaelt sy / poena van 300. gülden / 
welcke de Brouwer geven sali / dartho die Bieren pryß / vnd de Tapper 
150. Gulden / darboven ein arbitrale straffe nha discretie eines Erb. 
Rhades / so dickwyls hiertegens gedaen wert. 

IV. Ein Vatt Jopen Bier 28. Gulden. 

Halve Vathen vnd Veereudehlen nha advenant. Ein Oxhövet Engels 
Bier / vnde dat Vatt Mumme / Paderborns / Servester vnd Plinbeker Bier / 
de olde Accys mit in gerekent / van dem Tapper 9. gülden. De Borgeren 
5. Gulden 10. str. 

Ein Tunne Engels / vnd audere halve oder kleinere Vaten nha ad¬ 
venant. Alle andere inländische vnde frömbde Bieren / vor jeder Tunne 
de olde Accyß ingerekent: Van den Tapperen 6. Gulden 4. str. Die Bürgere 
3. Gulden. Die Tappere vor jeder Tunne ingebrouwen Bier / 3. Gulden / 
10. stftver. Die Bürgeren 16. stiiver. 

V. Niemand sal einigerhande Bieren / sie syn binnen gebrouwen / 
oder andere / in synem Huese moegen inleggen / oder inleggen lathen / 
vmb aldar gedruncken / oder by Kroesen vthgetappet vnd consumiert tho 
werden / eher vnd bevor he ein Billet van dem Collectoer oder Pachter 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 155 


gehalet/vnde den gebörlicken Impost darvan bethalet/poena 150. Gulden/ 
vp jeder Vat Bier / idt sy grotli oder klein. Ynd sollen die Vtheimischen 
Bieren / dorch die gesworne Bierdrägers: Die in deser Stadt vnde den 
Vorsteden gebrouwene Bieren averst / dorch den Brouweren vnd Öhren 
Knechten moeten gewerckt / vnd in der Borger / Herbergierer oder Tappers 
Huesen gebracht worden. 

VI. Idt sal ock niemand einigerhande Bieren moegeu brengen oder 
wercken binnen jemands Hueß / eher vnd bevor he darvan ein Billet 
entfangen / by verlust deß Biers / vnde sollen de Schippers vnd andere / 
so van buten mit Bieren geladen ankomen / in gienderley manieren die- 
sülve lossen / reppen oder rören / eher vnde bevor sie die quantiteit vnde 
quaiiteit der Bieren / den Pachter oder Collectoer vprichtich angeven / 
welckes inwendich vier vnd twintich vhren na ehrer ankompst geschehen 
sal / poena 50. Gulden. Vnde sollen alle die jenige / so van buten mit 
Bieren inkomen / als Engelisch / Lübisch / Rostocker / Haraborger / Bremer / 
Delffs / Wesuper / Mumme vnd dergelycken Bieren / so die Biersteker oder 
Grossierer / inslaen / dertein Tünnen duemsteke / voer oin Last geffllt 
synde / geraeten werden. 

VII. Woeferne jemandt / ydt sy Schipper / Borger / Koepman oder 
Brouwer / enige Bieren vth deser Stadt oder den Vorsteden / binnen oder 
buten Landes verföhren / oder verschicken wurde / dersülve sal geholden 
syn / solckes dem Pachter an tho geven / darvan ein Billet tho halen / 
vnde den Committeerden des Pachters tho overleveren / jedoch dat he 
van dem Billet einen Seßling tbo schryffgeld / vnd nicht mehr tho be- 
thalen schuldich / by verlust der Bieren / vnde 20. gülden bröke. 

VIII. De Schippers sollen van de Bieren / die sie in Öhren Schepen 
vp de Reyse inleggen / vnd binnen vnde buten Boems verbrucken / den 
Impost tho bethalen nicht schuldich syn / alleine dat se vor ein Oxhövet 
Engels bier / so sie vor de Cajute inleggen willen / au den Pachter be¬ 
thalen sollen 18. Stüvers. Vor ein Tunne Engels / Hamborger / Bremer 
bier 12. Stüvers. Oldersummer / Soltborger / vnd andere inländische Bieren 
10. stüver. Jedoch also tho verstaende / dat se binnen Öhren Schepen 
giene gelagen setton / oder ock vth Öhre Schepen in enige Huesen / Bier 
by Kannen / Vaten / oder anders / bringen oder halen laten sollen / eher 
unde bevor datsülve verimpostet is / nha de Ordinantz boven verhalet / 
poena 50. goltguldeu / so offtmahls darjegen gedaen wert. Boven dien dat 
gien Schledendryver offte andere Arbeitslueden einige Bieren den Tapperen 
oder Borgeren sollen inbrengen / sie hebben dann thovören ein Zedel van 
dem Pachter verkregen / alles by poena van 15. goltgulden / so dickvvils 
hiertegens gedahn wort / vnd ein arbitrarie Straffe. 

IX. Darmit averst de Schippers gelyckewol gien Bedroch darinn 
gebrucken können / sullen diesülvige in Öhre Schepen giene Bieren mögen 
inleggen / eher vnde bevor sie ein Billet van dem Pachter oder Collectoer 
entfangen / vmb tho vernehmen / offt dat alleine tho behoeff des Schippers 
vnd synes Boetsvolckes ingelecht wort / by poena 15. Goltgulden. 


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Heinrich Deiter. 


X. Allen den jenigen / so sich mit Jopenbier ernehren / wert hier¬ 
mit vperlecht vnde befohlen / giene minder affschryvinge tho laten dolrn / 
oder den Pachter in rekeninge tho brengen / als tein Kroesen. Vnde 
wat hernacher by vthganck dieses Pachtes averigk tho syn / befanden 
wort / darvan sali der affgahnde Pachter de qualiteit vnd quantiteit an 
den ankomenden tho bethalen schuldich syn. 

XI. Vnde darmit alle Bedroch / so vele mögelick / vermeden vnde 
vorgebowet werde / sali der Pachter im anfang syner Pacht / neffens den 
affgaenden Pachter / mit Notarien vnd Getögen / oder den Gerichts diener 
mögen gähn Peylen / so wol in die Tappers huesen / als der jennen / so 
sich mit Bier ernehren / oder Öhren handel dryven / alle de vorgesc. 
Bieren / ydt syn heele oder hnlve Vaten / so vull befunden worden / 
also tho verstahnde: Dat alle de jenne / so drie Vierendeel vnde dar- 
boven vull befunden / vor vull gerekent werden sali. Vnde sali niemand 
mehr Kranen vnd Sterten als van jederen sorte oder pryse einen / ge- 
nieten / den rest averst / so mehr befunden mögen werden / sali der voer- 
gaonde Pachter dem ankomenden / nha advenant der quantiteit der Bieren / 
in der Pegelinge vorhanden / voldoen vnde bethalen: Jedoch / dat he dem 
vorgahnden Pachter anmelden soll / wanneer he de Peylinge doen wolle / 
darmit he entweder sölvest / oder dorch synen Committeerden by de Pey¬ 
linge sich verfögen / vnde desölve mit bywohnen möge. 

XII. De Pachteren sollen allemahlen / so offtmahlen ydt öhnen 
gudt döncket / oder tho öhrer gerechticheit believet / in der Tapper oder 
Herbergierer Huesen mögen gähn Peylen / vnde die Tünnen besöken / 
effto sie vprichtich befunden worden oder nicht / vnde so darinnen einich 
Bedroch befunden / der geböhr remedieren. Sollen ock an die Porten 
vnde Boemen der Stadt moegen stellen alsolcke Wachten vnd correspon- 
dentien, alß sie tho verhödinge des Bedrochs nödig sollen achten / aldar 
sie ock alle die Bieren so ter contrarie deser Ordiuantz verföhret worden / 
anholden mögen. 

XIII. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / 
alß alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn. 

XIV. Wol Pachter van desen Impost blyfft / dersülve sal schuldich 
syn / alle achte dagen / an den Rentemeister Generaei / den vier vnde 
twintichsten dehl syner beloveden Pacht tho bethalen / oder in mangel 
dessen / sali der Rentemeister General macht hebben / sölvest / oder dorch 
syne Verordnete an den Pachter oder Collectoren / oder synen Borgen / 
so ehme best gefellich / tho executeren, vnde de bethalinge darvan tho 
söken / na inhold der General Ordinantz. 

XV. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Febrarii offte Augusti, vnde 
endigen vp den 16. Augusti offte Eebruarii, beyde mit der Sunnen vp- 
gauck. 

XVI. Alle die Bieren / so in deser Stadt vnde den Vörsteden vnd 
wvder niet consumiret / verdruncken oder vertehret / darvan sal dese 
Impost gefordert vnde bethalet worden / welcke Bieren överst / so wol 


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Ordinaozen über die io Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 157 


inheimische als frembdo / so vth deser Stadt vnde den Vorsteden / tho 
Water oder Lande verföret werden / sollen hyrvan fry / vnd den Impost 
tho bethalen nicht schuldich syn / Jedoch dat ein Billeth darvan ge- 
halet / vnde dorvor ein Seßling / vnde nicht mehr / tho Schryffgeld be- 
thalet werde / etc. 

Endlick sali gien Brouwer noch arbeits Man / sich voer vp- oder 
nha vnderganck der Sonnen deß Sommers / deß Winters averst / van 
Martini tho Vastelavendt / niet deß morgens voer / offte des avends nha 
6. vhren vnderstahn einig Bier / an Borgeren / Herbergeren oder Tapperen 
tho brengen / vnde sal vp dat gehalede Zedel des Mans oder Frouwen 
Nähme in specie gesettet werden / by poena 20. goltgulden / vnde verlust 
deß Biers. Vnd soelen de Brouweren an niemands Bieren inbrongen / 
offte folgen laten / vp Zedulen die older vnd vor dem dach der leverung 
des Biers / datieret sind: Wann averst solcke Verhinderungen infallen 
muchten / dat de Brouweren die Bieren an demsülven dage niet leveren 
konden / so sölen sy geholden syn / densülven avend / dat Zedul oder 
billet / entweder sülvest / oder dorch de jennige / so dat Bier begehret / 
ad renovandum dem Pachter by dem Comptoir intholeveren / doch sal 
der Pachter pro renovatione deß Zeduls nicht genieten moegen / vnde 
sali der Pachter solcken mißbruck / so voele mehr helpen affkehren / 
mit der affrage / off der Brouwer ock Bier hebbe / vnde gelegen sy tho 
leveren / by voerschreven poena so offtmahls dartegens gehandelt wert. 

Ordinantz vant Gemahl. 

I. Dese Impost sal entfangen werden van dem Pachter / van jeder 
Last Weyten oder Masteleyn / so in deser Stadt vnde den Vorsteden / 
gemahlen / oder gebacken / vnde consumeret wert mit Möhlens / Querens / 
oder andere Instrumenten vmme tho verbacken / 38 Dahier. 

Van jeder Last Roggen tho verbacken / 20 Dahier. Bonen vnd 
Garste / die Last 15 Dahier. Minder oder mehr nha advenant. 1 Wolver- 
staende / dat alle Gorthe vry / vnd diesen Impost tho bethalen nicht 
schuldich syn sal. 

II. De Granen / so gemahlen werden / vmme tho verbrowen / darvan 
sal bethalet werden: 

Van jeder Last Rogge / Moldt / Garste / Bonen / 30. Dahier. 

De Haver / Boeckweite / de Last 20 Dahier. 

Van jeder Last Weyte 38 Dahier. 

Minder oder mehr nha advenant. Vnde sal deser Irapost/eher vnde 
bevoer dat Koren thor Möhlen gebracht / bethalet werden. 

Beschüt oder Twyback / Brodt vnde Melil so van buten inkompt / 
vnde hier consumeret w r ordt / sal den vierten Penning bethalen. Wat 
averst weder vth dese Stadt geföhret wert / sal desen Impost nicht tho 
bethalen geholden / sondern darvan fry syn / Jedoch dat se darvan tho- 

1 Druck: advenenant 


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Heinrich Deiter. 


forderst ein Billet van dem Pachter entfangen / so der Pachter ehme vor 
ein Seßling Schryffgeld geven sal / poena 20 Gulden. 

III. Niemand sali einich der bovengeschrevenen Granen thor Möhlen 
brengen oder senden / eher vnde bevoer de Impost darvan bethalet / vnde 
dat darvan thovören ein Billet van dem Pachter oder Collectoer / daerinne 
de quantiteit vnde qualiteit van dem Koren / als ock der Möhlen nähme 
geschreven / mit ydt Billet tho gelyck gehalet / vnde sal dat Koren tho 
einmahl / welckes vp ein Billet staet / mit dat Billet tho gelyck thor 
Möhlen gebracht werden: Ock eher se vnder de Möhlen fahren / den 
inspectoren dat billet overantworden / poena 10 goltgulden. Jedoch sollen 
de Brouwers oder Bäckers gien Koren thor Möhlen brengen / ydt sy dann 
dat die Sacken (darinn in jeder ein halve Tunne / vnde nicht mehr / syn 
sal / nochtans dat de Overmathe in einen Sacke gedahn / vnd nicht alle 
Sacken verdehlet werden sollen) mit eines jederen Marek getekent syn. 
Sal ock niemand voer den vpganck odeT nha nederganck der Sonnen / 
einich Koren / langes der Straten / nha oder van der Möhlen dragen oder 
föhren laten / als alleine mit consent des Pachters / by Verlust des gantzen 
Körens / so vp ydt Billet vertekent staet / vnd darboven 50 Goltgulden bröke. 

IV. De Möhleners vnd Öhre Knechten sollen einen Eed dohn / dat 
sie gien Koren thor Möhlen entfangen / sonder Zedel oder Billetten van 
dem Collectoer oder Pachter / inholdende de quantiteit vnde qualiteit van 
ydt Koren / imfall diesfilve / des Eedes tho leisten/sich weigeren wurden/ 
so sollen sie alle dage nha der tydt öhnen solckes affgefordert / sie Mahlen 
oder nicht / verbreken 20 Gulden / vnde darboven arbitralick gestrafft 
werden. 

V. Diese Zedel sal der Möller schuldich syn / nha vthganck der 
Weken / dem Collectoer oder Pachter weder tho leveren vnde tho over¬ 
antworden / darmit dersfilvige vp syn Register möge sien / offte sie dar- 
mit overeinkomen / dat dardorch de bedroch vermeden / vnde .desölve 
nicht nhageconterfeitet werden: De Pachter sal ock macht hebben die 
Billetten weder tho fordern / so offtmahls he ydt gudt befinden wert. 

Alle die jennigen / so Mehl gemahlen hebben / vnde van buten in- 
komen / sollen datsölve nicht lossen / reppen 1 oder roeren / eher vnd 
bevoer dem Pachter oder Collectoer datsölve angegeven / ein Billet darvan 
entfangen / vnde wat alhier consumeret wert / darvan sal de Impost be¬ 
thalet werden / by verlust des Mehls vnd tein guld. bröke. Wat averst 
weder vth deser Stadt geföhret wert / sal van dissem Impost gantz ge- 
fryet syn / alleine dat der Vthfuhrer van dem Pachter / eher he ydt vth- 
föret / ein Billeth vor einen Seßling tho Schryffgeld halen solle / poena 
50 Gulden. 

VI. So jemand einich Tunnenmehl indoth / vmme tho verbacken / 
oder mit kleine Mathen vth tho slyten - / dersfilve sali idt dein Collectoer 
andienen / vnde darvan bethalen den Impost / eher vnde bevoer he dat- 


1 rasch bewogen. * verkaufen. 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 159 

sülve sal mögen eröpenen / by verlust des Mehls / vnde 20 Gülden bröke / 
so offtmahlen darjegen gedahn wert. 

VII. De Mölner oder jemand anders sal dem Collectoer oder Pachter/ 
oder syne Coramitteerde giene indracht oder besperringe dohn / int vnder- 
söken des Bedrochs / so darinnen mach vorgenomen werden / oder ock 
densölven nicht qualick 1 bejegenen / offte thospreken / poena 50 Gulden / 
vnde darboven ein arbitrale Straffe / nha gelegenheit der saken. 

VIII. Niemand sal in syne Huesen einige Mölens / oder Querens 
hebben mögen / klein oder groth / darmit man einich Koren hardt oder 
weeck / mahlen oder breken kan / he hebbe dann solckes dem Collectoer 
oder Pachter angedienet / vnde ydt vertekenen laten / poena 50 Gulden. 

IX. De Pachter deses Impostes offte Pachts deneren sollen densölven 
noch geheel / noch ein dehl darvan / directelick noch indirectelick dem 
Mölner nicht mögen overdohn / noch darinn part noch dehl hebben laten / 
poena 100 Rycksdahler / so de Mölner so wol als de Pachters offte hoere 
Dieneren soelen bethalen. 

X. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / alß 
alleine die / so in der General Ordinantz begrepon syn. 

XI. Wol Pachter van dissen Impost blyfft / dersölve sal schuldich 
syn alle achte dagen / an den Rentemeister General / den vier vnde 
twintichsten dehl syner beloveden Pacht tho bethalen / oder in mangel 
dessen / sali der Rentemeister General macht hebben / sölvest / oder dorch 
syne Verordnete an den Pachter oder Collectoren / oder synen Borgen / 
so ehme best gefellich / tho executeren, vnde de bethalinge darvan tho 
söken / na inhold der General Ordinantz. 

XII. De Pachter sal vp den inganck / woe dann ock vp den vth- 
ganck syner beloveden Pacht / vp de Möhlen mögen gähn / vmme ydt 
gemahlen Koren tho peylen / darmit he darvan syne gerechticheit bekome. 

XIII. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii oder Augusti, 
vnde endigen vp den 16. Augusti oder Februarii beyde mit der Sunnen 
vpganck. 

XIV. De Pachter sal vp den anfanck syner Pacht tho alle Bäckers 
vnde Brouwers huesen mögen gaen / vnde all dat gemahlen Mehl peylen / 
vmb darvan den Impost na luedt deser Ordinantz van dem vorigen 
Pachter / so den Impost darvor entfangen / tho fordern vnd to vermahnen / 
tho weten mehr nicht / als in dese veffloeten seß Maenden verpachtet is. 
Vnd sollen de Brouwers vnd Bäckers by Öhren Börger Eede verklären/ 
offte sie ock mehr gemahlen Mehl vp andere plaetzen liggen hebben / 
by verlust des verswegenen Mehls / vnde 50 Goltgulden bröke. 

XV. De Pachter sal ock in der Bäcker oder Schlyter huesen mögen 
Peylen dat Tunnenmehl / so darinn vorhanden syn mach / vnde wat also 
in deser Stadt vnde Voersteden consumeret / verbacken vnde vertehret 


1 schlecht. 


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160 


Heinrich Heiter. 


wert / darvan sollen sie den Impost allergestalt / als van dem Roggen tho 
entfangen gemechtiget / wat averst weder vthgeschicket / sal fry syn. 

XVI. Endlick sal van alle Koecken / so van buten inkomen / van 
jeder Gülden 12‘/ 2 Witten bethalet werden. 

Ordinantz vant Bestiael offte Schlachten. 

I. De Collectoer oder Pachter sal entfangen van alle Ossen / Köeyen / 
Kalveren / Lammeren / Schapen / Verckenen / jongen vnd olden / de ge- 
slagen / gesteken / oder geslachtet werden van den Borgeren vnd In- 
wohneren den 12. penning, ist vor jedem Dahier 2 */ 2 str. 

Van den Schiachteren vnde Slyteren averst / Vor jeder Osse / so 
vyfftich Daler vnd darunder werdich is / 3 */ 2 1 Dahier. So överst ein 
Osse boven 50 Dahier weerdich / sal de twaelffte Penningk bethalet 
werden. Vor jeder Kohe 27* Dahier. 

Is de Kohe boven 30 Dahier weerdt / sal de twaelffde Penning er¬ 
lecht werden / ist van jedem Daler 2 7* Stüver. Vor ein Lam klein oder 
groth 5 stüver. Ein Schaep klein oder grotli 10 stüver. Ein Kalff van 
8 Daler vnde darunder 127* stüver. Wat boven achte Daler weerdich 
is / den twaelffden Penningk / is van jedem Daler 2 7* stüver. Ein Schwyn 
van vier tho achte Dahier weerdich / 18 Stflwer. Wat vnder vier 
vnde boven achte Dahier is / den 12. Penningk / is van jedem Dahier 
2 7* Stüver. Item / ydt sollen alle Borgeren vnde Inwohneren geholden 
syn / den Pachteren den gerechten Koepschatt vnd weerdye öhrer gekofften 
Lammeren / Schapen / Kalveren / Ossen / Köeyen vnde Swynen / by Ver¬ 
lust van 5 Goltgulden anthogeven. Imfall jemand allsolcke Beesten / die 
he sülvest angefoedet / Slachten wurde / ydt syn Schlachters oder andere/ 
sal de Pachter desülve aestimeren mögen / vndo nha der taxation den 
Impost / als den 12. Penningk darvan entfangen / mit dem anhangk / wo¬ 
ferne de Eygener die Beesten vor sodanen pryß / darup se de Pachter 
gesettet / verkoepen wolde / dat de Pachter geholden syn sali diesülve 
darvoer anthonehmen / vnde binnen einer vhre voer ydt affleiden / in 
guedem ganckbarem gelde tho bethalen / by Verlust des Impostes: So ferne 
averst einige Schlachter by Eede verklären wollen / dat die Beesten / so 
sie Weiden oder Schlachten / van öhnen nicht düerder gekofft / als sic 
seggen werden / sollen sie darmit genoech dohn können / jedoch dat die¬ 
sülve in veertein dagen oder drie Weken darnha geschlachtet werden. 
Doch sollen alle Pockerige vnde Finnige Beesten vnde Schwynen / in 
dese Lyste nicht mit worden begrepen / sondern vth dieser Stadt geföhret 
werden / poena 20 Goltgulden. 

II. De Pachter sal geholden syn / in drie stunden nha der tydt ydt 
eme van dem Eygener angemeldet / de prvseringe tho dohn / vnde so he 
alßdann nicht erschynen wurde / sali dersülve twee Nabüren nehmen / 


1 3 • 1 ' 4 ist mit Tinte verbessert. 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 161 


vode darvan de t&xation dohn lathen mögen / vnde darnha den Impost 
betbalen / poena 10 Goltgulden. 

III. Alle Fleisch / ydt sy Tunnenfleisch / oder geschlachtet Speck / 
vthgesecht Denisch / Swedisch / Kolsenisch / Nordisch / Holsteinisch Speck / 
so van dem Lande / oder sunsten van buten / in deser Stadt vnde den 
Voersteden geschlachtet / gebracht vnde consumeret wort / sal gelyckfals 
den twaelffden Penning tho Impost bethalen. Wat averst als Koepmans 
gudt / van buten ingebracht / vnd nicht consumeret / sondern weder vth- 
geföhret wert / solches sal fry / vnd den Impost tho bethalen nicht schul- 
dich syn. Wat averst tho Schepe gebracht wert / tho vthredinge / so ydt 
nicht betbalet / sal het noch den gewoenlycken Impost geven. Vnd sollen 
ock giene Borgers einige Beesten / buten deser Stadt vnde den Vorsteden 
slachten / vnd dat Fleisch darin brengen laten moegen / eher vnde bevoer 
sie den gebörlicken Impost van den jennigen / so alhier consumeret wordt / 
bethalet / by Verlust des Beestes / so geslachtet worden / vnde 50 gülden bröke. 

IV. Die Slachters vnd diejenige / so sich darmit ordinary alß extra- 
ordinary ernehren / sollen ein Eedt dohn / dat sie giene Beesten slachten 
wollen / eher vnd bevoer die Impost darvan bethalet / vnde sie ein Billeth 
van dem Pachter deßhalven entfangen hebben / poena 50 Gulden. Welck 
Billet der Eygener beholden sali / so lange dat dat Beest affgehouwen: 
Idt sali ock de Pachter allemahlen der Schlachter Huesen visiteren mögen / 
vnde so sie alßdann einich bedroch befinden / nha inholdt deser Ordi- 
nantz / jegends diesfllve procedieren. 

V. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / alß 
alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn. 

VI. De Pachter dieses Impostes / schal alle Maenden den gerechten 
twaelfften dehl syner Pacht / an den Rentemeister General / tho bethalen 
geholden syn / vnde imfall he daran suemich syn wurde / sal der Rent¬ 
meister General an dem Pachter oder synem Borgen / welcke eme best 
gefellich / nha vermeldinge der Generalen Ordinantz / de Exercutie süllvest 
dohn mögen. 

VII. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii, vnde endigen vp 
den 16. Februarii jahrlicks / beyde mit der Sunnen vpganck. 

Ordinantz van Etick. 

I. Im ersten sal thom Impost bethalet werden / van elcken smal 
Tonnen Etick / de in dieser Stadt vnde den Voersteden sal worden ge- 
consumeret / he sy binnen oder buten gemaket / 2 fl. 16 stüv. 

Vnde van gröter vnd geringer Vaten nha advenant Welcken Im¬ 
post dersölve / so sie vthtappen / oder sölvest in synem Huese verbrucken 
wolle / all eher he densülven sal mögen vpsteken / bethalen / vnde dem 
Pachter darvan volldohn sal. 

II. Gien Etickmaker sal by kleiner mathen / als by Tünnen ver- 
koepen vnde vthleveren / poena 50 Gulden / so offtmahlen he darjegens 
dohn wert / vnde by verlust der Nehrunge. Sollen ock so balde se ge- 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VJI. 


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162 


Heinrich Deiter. 


brouwen den Etick by den Pachter angeven / woe voele sie gebrouwen / 
vnde wanneer sie gestovet oder gesueret is / dem Pachter laten pegelen / 
woe voele gebleven is / poena 12 Gulden. 

III. Niemand sal einigen Etick by Tünnen / halve Vaten / Vieren¬ 
dehlen oder Achtendehlen / oder sunsten anderen mehrderer oder minder 
Vaten mögen halen / reppen oder vthdragen / vth die Etickplaetzen / 
Kellers oder Packhusen / Schepen / Schöten /Wagens / oder war se sonsten 
mögen wesen / eher vnd bevoer die Imposten an den Pachter / /an den 
jenigen so hier consumeret wert / bethalet syn / vnde dersölve ein Billet 
darvan entfangen / poena 20 fl. so offtmahlen darjegens gedahn wert. 
Jedoch dat de vthfahrende Etick / tho weten by Tonnen oder grother 
Vaten / van diesem Impost gantz gefryet syn sali / alleine dat der Pachter 
darvan ein Billet vthgeven / so der Verköper van ehme vor einen Seßling 
Schryffgeld / halen vnde geven sal / eher vnde bevoer die Tünnen oder 
Etickvaten angesteken worden / de Impost nha luedt deser Ordinantz 
bethalet werden. 

IV. Damit averst alle bedroch / so vele mögelyck vorgebouwet 
worde / so sal gien Etickmaker / oder jemand synes Hußgesindes / Pachter 
mögen wesen. Sollen ock giene Etickmaker einigen Etick mögen vth- 
leveren / vnder eine Tonne. Vnde sollen giene Schippers oder Schuet- 
förers / Voerlueden oder Schledryvers enigen Etick mögen lossen / eher 
vnd bevoer sie ein Billet van dem Pachter oder Collectoer entfangen / 
poena 20 Gulden. 

Ordinantz van Soldt. 

I. Idt sali voer jeder Veerdup 1 Soldt ahne vnderscheid / so in disser 
Stadt vnd den Vorsteden consumeret vnde verbrucket wert / tho Impost 
bethalet vnde entfangen werden 7 */, stöver / oder vor ein Tunne 30 stöver. 
Van minder oder mehrder Vaten nha advenant. Vnd sali de Pachter 
sitten vp sodane plaetze / dat die Borger altoos geryvet werden können. 
Wolverstaende dennoch / dat all dat Soldt / so vp de Heringbössen * woe 
imgelycken vp de Dockboeten / vnde wat an Soldt sonsten tho dem 
Heringk in dieser Stadt verbrucket wert / hiervan gantzlick gefryet / vnd 
den Irapost tho bethalen nicht schuldich syn sali. Wat averst tho Hueden 
verbnicket wert/ sali de helffte /als vor jedes Veerdup 3 1 /, stöver be¬ 
thalen. 

II. Die jenige / so dat Soldt eröpent / vmme sülvest tho consumeren / 
oder by kleine Mathen vth tho slyten / sali diesen Impost tho bethalen 
schuldich syn / eher vnde bevor idt eröpent wert. 

III. Niemand sali enich Soldt in menichte van Vaten / oder smalle 
Tünnen / oder sunsten in andere Vaten / binnen jemandes Hueß / Wagen / 
Schip / oder Schfite mögen brengen / noch ock die Schippers / Schfitförers / 
Sledryvers oder Voerluede / sollen datsölve in öhre Schepen / Schöten / 

1 '/« Tonne. 5 Schiffe zum Heringsfange. 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 1628. 163 


vp Wagens offte Karren entfangen / oder dat angebrachte Soldt reppen / 
roeren oder vpdohn mögen / eher vnde bevoer sie darvan ein Billet van 
dem Pachter entfangen hebben / poena 20 Gulden / so der jennige / so 
hierjegens doth / sal verbreken. 

IV. Die jennige / so begehren Soldt tho water oder tho lande tho 
verföhren / sollen datsölvige vth giene huesen / soldtboeten / Packhusen 
oder andere plaetzen / oder ock vth schepen / schöten / wagen oder Karren 
verföhren / oder verdragen mögen eher vnd bevör he darvan ein Billet 
van dem Pachter oder Collectör entfangen / ock sonder voerweten des 
Pachters geen Soldt in Sacken offte andere Vaten vmmepacken / poena 
50 Gulden. Jedoch sal he vor dat Billet van dem Solte / so verföhret 
wert / ein Seßling / vnd nicht mehr / tho Schryffgeldt bethalen. 

V. De Schippers / Schütförers oder Foerlöde / so Soldt geladen 
hebben / sollen binnen 24 vhren / nha der tydt sie binnen Boems oder 
Porten ankomen / dat geladene Solt dem Pachter oder Coliectoer angeven / 
vnde darvan nichtes lossen / reppen oder roeren / ock de Meters nicht 
vthmeten mögen / eher vnde bevör sie ein Billet van dem Pachter ent¬ 
fangen hebben / sollen ock den Pachteren vp Öhr begehren de Billetten 
sehen laten / poena 50 Gulden. 

Ordinantz van Sepe. 

I. Van jeder Yaetken Sepe / so in dieser Stadt vnde den Voereteden 
geconsumeret / vnde by Punden vthgesleten wert / sal tho Impost bethalet 
worden 1 Gulden. Geringere oder grothere Vaten nha advenant Welcke 
dersftlvige / so se by Punden vthslytet / all eher vnde bevoer he desülve 
eröpenen wert / tho bethalen schuldich syn sali. 

II. Niemand sal einige gesoden Sepe by Tünnen / halve Vaten / 
Vierendehls oder Achtendehls mögen halen / oder vth enige Schepen / 
Schueten / Wagens halen / lossen vnde dragen laten / woe dann ock de 
Schippers / Schuetförers / Foerlöde diesölve vth Öhre Schepen / vnd die 
jenige/so sie vth tho schicken begehren / diesölvige vth Öhre Huesen 
oder Packhuesen nicht sollen mögen lossen / vthföhren oder vthdragen / 
eher vnde bevoer sie solckes dem Pachter oder Coliectoer angedienet / 
vnd darvan ein Billet van dem Pachter oder Coliectoer entfangen / dar¬ 
van se gelyckewol nichtes als einen Seßling tho bethalen schuldich syn / 
by Verlust der Sepen. 

III. De Pachter van dissem Impost / als Edck / Soldt vnd Sepe 
blyfft / sal Maentlick den gerechten vier vnde twintichsten dehl syner 
Pacht / an den Rentmeister General tho bethalen geholden syn / vnd im¬ 
fall he daran sömich syn wurde / sal der Rentmeister General an dem 
Pachter oder synen Borgen / welcke ehme best gefellich / mit der Exe- 
cution mögen procediren / vermöge der vpgerichteden General Ordinantz. 

IV. De Pachter vnd syne Committeerde sollen tho anfang öhrer 
Pacht mögen tho alle Etick / Soldt vnd Sepe Vthschlyters huesen gähn 
vnde Peylen / woe vele dessölven by öhnen voerhanden / darmit de Im- 

11 * 


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164 


Heinrich Deiter. 


post van den jennigen / so in deser Stadt vnde den Voersteden geconsu- 
meret wert / behörlick bethalet werde / Jedoch dat tho vthganck syner 
Pacht / ock de Peylinge geschehen / vnde wat alßdann nicht geconsu- 
meret / ehrae gekortet werden sali. Imfall averst jemand sich darjegen 
opponeren / de Peylinge tho geschehen nicht gestaden / oder einigen 
Etick / Soldt oder Sepe versteken wurde / derselve sali noch boven den 
Etick / Soldt oder Sepe 50 Gulden verbreken. 

V. Van desen Impost sali niemand fry noch vthgesloten syn / als 
alleine die / so in der General Ordinantz begrepen syn. 

VI. Diese Pacht sal ingaen vp den 16. Februarii, vnde endigen vp 
den 16. Februarii Jahrlicks / beyde mit der Sunnen vpganck. 

Ordinantz van Torff vnde Holdt. 

I. Erstlich sal van ein jeder Last Torffs / de sy witt oder swart / 
oder woe de ock genömt werden möchte / entrichtet werden 2 gülden 
5 stöver. De halve Lasten vnd Quartieren nha advenant 

II. De Schipperen / so Torff tho Schepe inbrengen / vnd dies&Ive 
by halve Quartieren oder Korven voll verköpen / sollen gelyckfals 2 fl. 
5 stfivers vor jeder Last entrichten. Vnde sal de nye angahnde Pachter 
mögen de Schepen / so Torff by Korven vthslyten / peylen vnd besöken / 
wat darinn vnverkofft sal befunden worden. 

III. Alle Torff / so mit Wagen vnd Kreiten 1 in dese Stadt vnde 
Voersteden gebracht vnd verkofft wert / sal nha advenant / als die so tho 
Schepe inkompt / Licent geven. 

IV. Deßgelycken sal van jeder Vaem s Barnholt / ydt sy Eken / 
Böken / Elderen / oder wat nahmen idt hebben mach / 13 stüver entrichtet 
werden. So dann ock voer ein Wagen voll Westphälisch Eken Spaenen / 
13 stfiv. vnde voer ein Siede voll 7 stüver. 

V. Idt sal geen Schipper oder Voerman syn Last breken / noch 
einich Torff oder Holt lossen / oder folgen laten / eher vnde bevoer sie 
ein Zedel van dem Pachter bekoraen / poena einem jederen / so vaken he 
overtreden wert / 10 Goltgulden. 

VI. Imgelycken sal gien Holt- oder Torffmeter einich Holt oder 
Torff tho meten sich vnderstahn / eher vnd bevor eme ein Billet getonet 
wert / by verlust synes denstes. 

VII. Idt sal ock gien Borger einich Torff oder Holt vpslaen / he 
hebbe dann den genanten Pacht darvan bethalet / vnd ein Billet gehaelt / 
poena 10 Goltgulden. 

VIH. Van diesem Impost sal fry syn alle Torff vnd Holt / so vp 
des Wolgebomen vnsers Gnedigen Heeren Hueß Embden / vnd vp dem 
Raedt- vnd Tollhuese / wie dann ock de Turff / so ein Erb. Raedt tho 


1 Leichte, aus Latten gezimmerte Kasten zum Torftragen. 
* Holländisch vaam, vadem — Klafter, Faden. 


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Ordinanzen über die in Emden entrichteten Abgaben aus dem Jahre 162S. 165 


des Stads behoeff / tho Schill- oder Kalckvüren van dohnde / consumeret 
wordt 

IX. Item alle Torff vnde Holt / so van den Hoplüden in de Corde¬ 
garden / so wol van Soldaten alß Borgeren verbrucket wort / alß ock dat 
Gasthueß 1 vnde alle andere / so van Almosen Leven / vnde vmb Godes 
willen fry tho syn begehren. 

X. De jennige / so de Pacht trecken wert / sal geholden syn alle 
vierendeel Jahrs / den gerechten vierdendeel deß beloffden Pachtes an den 
Rentemeister General tho bethalen / in vorblyvinge dessen / sal der Ent- 
fanger General die Executie sülvest dohn mögen / entweder an den Pachter 
oder dessen Borgen / nha inholdt der Generalen Ordinantz / vnd sollen 
de jennige / so disse Pacht tho sick Pachten werden / Borge tho stellen 
geholden syn. 

Olde Accysen/Ordinantz 

over die Pachters der Olden Accysen van Bieren vnde Wynen / so in 
deser Stadt vnd Yoersteden van den Tapperen vthgesleten werden. 

I. Dese Accyß sal entfangen werden van dem Pachter van jeder 
Ahm Rhynsche Wyn / tho rekenen nha die Cölnische Ritzinge 3 gülden. 
Hin oder mehr nha advenant 

Ein Boete Spaensche Wyn.5 gülden. 

Ein Ochßhövet Fransche Wyn.2 gülden. 

Ein Vat Jopenbier.4 gülden. 

Ein Ahm Brandewyn.3 gülden. 

Paderborns Bier vnd Mumme / dat Vat . . 2 gülden. 

Ein Ochshövet Engelsbier.1 fl. 5 sch. 

Ein Tunne Engels Bier.1 gülden. 

Hamborger / Lübsch / Bremer bier / de Tunne 9 schaep. 

Jemmiger / Liehrer / Wiener / Norder / Marienhover / Hasellünnisch / 
Soltborger / Oldersumer / Aper / Ewechter vnd Gröninger Bieren / de Tunne 
7 schaep / 10 witt Embder Bieren / van wat qualiteit idt sy / doch dat 
de Dahlers Bieren hiermit nicht gemeinet / dan fry syn / 9 stüver be¬ 
thalen sollen. 

II. De Pachter sal im anfanck syner Pacht / in alle Herbergen vnd 
Kroegen gähn mögen tho pegelen / vnd sollen van allen vullen Yaten de 
Pachters den Accyß tho forderen hebben / averst war de Kranen insteken / 
sollen eme nichtes geven / doch dat van jeder Sorte nicht mehr alß ein 
Krane sal ingesteken werden / deßgelycken sal he van allen Vaten / de 
tho ende synes Pachtes vull gefunden werden / dem folgenden Pachter 
de vpgehavene Accysen folgen lathen. 

in. Die Tappers / so einige Bieren offte Wynen inleggen willen / 
sullen sülvest ein Zedel offte Billet van dem Pachter halen. 

1 Armenhaus. 


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166 


Agathe Lasch. 


IV. Alle Brouwers / Schippers / Schöteförers / Schledry vers / Wynver- 
laters oder Arbeitslflden / sollen giene Bieren oder Wynen lossen / reppen / 
roeren noch verfören / in enige Huesen / eher vnd bevor dem Accyßmeister 
angegeven / woe vele Bieren vnde Wynen sie geladen / vnd de Brouwere 
den Schippers oder Voerlftden ein Billet van dem Pachter gethönet vnd 
gewesen hebben / by poena 10 Goltgulden. 

V. Ock sollen de Brouwers / Schippers vnd Voerluede / wann de 
Bieren gelosset / vnde den Borgeren oder Tappers gelevert / nicht vth der 
Stadt verreysen / eher sie dem Pachter oder Accyßmeister / oder deren 
Dienere angegeven / an wiene sie diesülve Bieren gelevert 

VI. Alle vnd jeder de mit Wynen handelen / sollen mit dem Accy߬ 
meister / nha oldem herkommen / einen Kerffstock maken / vnde darup sali 
affgekervet werden / alles wat sie by Vaten / Ochxhöveden / Ahmen vnd 
halve Athmen / vnd darunder vthgaen lathen / vnde buten der Stadt vnd 
den Voerateden consumeret wert 

VII. Deßgelycken sollen die Brouwers oder nieraandt / wol die ock 
sy / enige Bieren wercken laten / noch giene Schledry vers / Voorlüden / 
sollen diesülve arbeiden offte verfören noch verdragen mögen / vor der 
Sunnen vpganck / ahne consent deß Pachters. 

VIII. So jemand dieser Lysten tho weder handlen wurde / ydt sy 
wol die wolle / sali so vaken dartegens gehandelt wert / tho bröke geven 
tein gülden / vnde Verlust der Bieren vnde Wynen. 

IX. De Pachter sal geholden syn alle Maenden einen sestendehl 
der Pachtsummen van de Wynen / vnd alle Weken ein vier vnde twin- 
tichste dehl van de Bieren / tho erleggen / vnd an des Raedes Rentemeister 
tho bethalen. 

X. Wat mehr dese sake betreffet / wert gelaten by de Generale 
vnde speciale Ordinantz van Consumptien / de Wynen betreffende. 

ENDE. 


Zur Chronologie von -ih->-tft)- in der mecklen 

burgisch-vorpommerschen Mundart. 

Von Agathe Lasch. 


Nd. Jb. 32 hat Mackel 1 § 286, S. 40 die Entwicklung der I 4 autgruppe 
-tk- > -tt-(-t-) in der Prignitz und im Mecklenburgischen besprochen. 
Die Anfänge dieser Erscheinung gehen jedoch, wenigstens in Mecklen¬ 
burg, in viel ältere Zeit zurück, als Mackel a. a. 0. fragend angesetzt hat. 


1 Die Mundart der Prignitz. 


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Zur Chronologie von -tk~>-t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart 167 


Im Jb. d. Vereins f. mecklenb. Geschichte 60, S. 184 ff. sind eine 
Anzahl Briefe der jungen Wismarerin Agnes Dürjahr an ihren Bräutigam 
aus den Jahren 1584ff. veröffentlicht. Sie redet den Verlobten an: 
hertealderleteste harten, herxealderleveste harten und levecken , alder- 
lereste harten, myn harten usw. harten muß, wie das schließende -n 
zeigt, Deminutivform sein und für hartken stehen, und diese Annahme 
wird bestätigt durch den Gebrauch neben und im Wechsel mit Formen 
wie lereken und herxeken (alderlevest leve herxeken). Die Schreiberin 
dieser von innigem Gefühl getragenen Briefe, die impulsiv schreibt, wie 
ihr die liebkosenden Ausdrücke in den Sinn kommen — auch hoch¬ 
deutsche Wörter laufen ihr mit unter —, stand zweifellos weniger unter 
dem Banne der Tradition als die zünftigen Schreiber und Drucker. Wir 
dürfen jedenfalls annehmen, daß die immer wiederkehrende Koseform 
harten die Aussprache der Schreiberin wiedergibt gegen traditionelles 
hartken. Das genannte Beispiel steht nun auch nicht allein. Freilich, 
das kurz vorher, im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts, abgefaßte Tage¬ 
buch des StraUunder Bürgermeisters Gentzkow zeigt assimilierte Formen 1 
ebensowenig wie Chyträus’ Nomenclator latinosaxonicus mit seinen schrift¬ 
sprachlichen -tk -: Palpamentum Leckerbetken. Oupediae Leckerbetkens. 
Ollula ein Pötken. Dentitio wenn de jungen Kinder bytkens krigen- usw., 
aber bald darauf, im 17. Jahrhundert, begegnen genügend weitere Belege: 
Ein klein beten witt Papier heißt es in Laurembergs zur Kopenhagener 
Fürstenhochzeit 1634 gedichteten Bauernszenen (Nd. Jb. III 98), — das 
einzige mir bekannte Beispiel für den Gebrauch des jungen 8 »bißchen« 


1 G. hat Pötken, Diitken, liitke usw. Das Tagebuch ist abgedruckt in Balt. Studien 
19. 20 upd Stralsunder Chroniken, herausg. v. Ernst Zober 1870. Bruchstücke in den 
Poinmerschen Jb. III. 

? Zitiert nach der editio secunda (Berlin, Kgl. Bibi.). 

8 Dies Wort, das heute zur Angabe eines Teilbegriffs wie zur Verstärkung der 
Verneinung dient, ist ebenso wie hd. auch ndd. jung. Im Mndd. wird der Teilbegriff 
»ein bißchen« durch ein luttik ( luttil ), ein cleine, ein tccinich (A. Duijahr schreibt z. B. 
tcinnieh ), trat, ein stucke usw. gegeben. Die Verneinung wird verstärkt am häufigsten 
durch nicht ein har, daneben nicht eine mugge (Theophilus S. V. 419 in l’etschs Aus¬ 
gabe) — einen dreck — eine eierschelle (R. de Vos Ad. Textbibi. V. 6474) — einen 
kattensterd (ibid. V. 2978) u. dgl. Für — nicht verkleinertes — bet in diesem Sinne ist 
mir kein früherer Beleg bekannt (denn R. de Vos von 1498, Ad. Textbibi., V. 1557: Hyr 
ryndc ik ran honren nicht eynen bytten ist nicht im übertragenen Sinne aufzufassen), 
als die schon bei Schiller-Lübben, Mnd. Wb. I 296 angoführte Stelle aus der 1519 bei 
I.. Dietz in Rostock gedruckten ndd. Narrenschiffausgabe (wieder herausgegeben durch 
Schröder, Schwerin 1895) Fol. 4b, V. 75 f.: Nu yk ran den tcysen sodan kuntschop weih, 
So ghcue yk vmmc narren nycht en beth, die für das Ndd. um so wichtiger ist, als die 
Ausdrucksweise von der hd. Fassung abweicht (So geb ich rmb narren eyn schiceyß 
V. 70). Vgl. ibid. (gesellcnschip): I 'eie sint dede lange in deme arbeyde sytxen, Maken 
yd ta betcr nicht eynen bytxen. Aber sie stehen, soviel ich sehe, vereinzelt. Auch für 
den Teilbegriff beginnt betken oder die entsprechende dialektische Form erst seit dem 
17. Jahrh. um sich zu greifen. Gleichzeitig mit Lauremberg braucht z. B. Rist (Nd. Jb. 7. 
S. 144, 150, 151 usw.) 1634 en betien. Seitdem ist es nicht mehr selten, und es er¬ 
übrigt sich, spätere Belege anzuführen. 


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168 


Agathe Lasch. 


bei diesem Schriftsteller. In einem Rostocker ndd.-lat Scherzgedicht von 
1650 (Nd. Korr. XI 49) findet sich: Dit bäten gakren tu suscipe fronte 
serena — schäl ji verwahren. — Mit een kleen bäten körtwils begegnet 
in der Überschrift eines Rostocker Hochzeitsgedichtes 1676 (Kohfeldt, 
Plattd. mecklenb. Hochzeitsgedichte a. d. 17. und 18. Jhd., Rostock 1908 ! , 
Nr. 2). Ein Lied aus dem Jahre 1711 (ibid. Nr. 8) enthält die Worte 
Sett die beten bie mie nedder. Auch Nr. 9 aus dem gleichen Jahre gibt 
einen Beleg für beten. — Dat beten Volck, sett die en betten nedder steht 
in einem mecklenburgischen Bauerngespräch, das der Herausgeber Koh¬ 
feldt aus sachlichen Gründen 1728/30 ansetzt (Nd. Jb. 33, S. 163). 

Gleichzeitige Beispiele für das Wirken dieses Lautvorgangs in 
anderen Wörtern bietet Lauremberg in den genannten Bauernszenen, 
Nd. Jb. 3, S. 100: so wille wi ein Pötten affsteken up Annemäten ehre 
Gesundheit. — Annemeien noch einmal ebenda S. 94. Kohfeldt Nr. 8 
(1711) enthält die Namensform Greifen, Nr. 11 (1712) Trienck un Greiten, 
ebenso Nr. 25 (1739) heßt du dien Greten sehen < Gretken; Nr. 18 (ca. 
1720) Mädten < Mädken; Nr. 22 (1739) gibt die Zusammenstellung een 
kleen lütt beten, in der lütt (s. weiter unten) sogar schon analogische 
Neubildung nach lütten < lüiken sein muß. 

Beiläufig sei darauf hingewiesen, daß auch aus anderen Gegenden 
frühe Belege nicht fehlen. In Hamburg beispielsweise ist neben betgen . 
betjen, betken (s. S. 173) auch bäten 1708 zu verzeichnen: töft en bäten 
(: vergüten ) im Munde eines Osdorfer Bauern in der hamburgischen Oper 
»Die lustige Hochzeit« (Gädertz, Das niederd. Schauspiel, S. 112, auch 
S. 119; Nd. Jb. 8, S. 133, 137). Der Holsteiner Elmshorn braucht 1725 
im »Hamburger Jahrmarkt« und der »Hamburger Schlachtzeit« en beiten 
(ebenda S. 135, 147, 149; Nd. Jb. 8, S. 146, 154, 156). Nd. Jb. 35, S. 72 
sind Beispiele aus Hannover 1708 ( een betten betei •, Hört meck een beten 
tau) abgedruckt 

Es ergibt sich also aus dem obigen, daß dieser Lautübergangschon 
zu Ausgang des 16. Jahrhunderts in Mecklenburg eingesetzt hat, und daß 
seine Spuren seitdem neben der traditionellen Form in der mecklen¬ 
burgischen Dialektdichtung stets bemerkbar sind. Es handelt sich um 
eine Palatalisierung des zweiten Lautes der Gruppe -tk- durch die Be¬ 
rührung mit dem dentalen Nachbarlaut. Mit der Verschiebung der Artiku¬ 
lationsstelle war in einer Anzahl von Dialekten der Übergang des Ver¬ 
schlußlauts in den Reibelaut verbunden, und zwar in den stimmhaften 
Reibelaut in sch wachtoniger Silbe. Im Mecklenburgischen und dessen 
Nachbarschaft entstand dagegen durch volle Angleichung t. Die Schrei¬ 
bung ist tt nach kurzem Vokal: liitke > lütte, t nach Konsonant, langem 
oder durch die mndd. Dehnung gelängtem Vokal: Gretken > Greten, 
Tantken > Tanten, Mätken > Mäten, betken > beten. Die Namen Luten, 
Ete (Mi, Wb. d. mecklenb.-vorpomm. Mundart, neben Eting) mit t können 


1 Diese Sammlung ist gemeint, wo nur Kohfeldt zitiert ist. 


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Zur Chronologie von -tk-> -t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart. 169 


nur aui dem Wege über Lutken, Etke entstanden sein. Formen wie 
dreien, Tanten, Luten zeigen zugleich, daß dieses Gesetz, nachdem es 
in Mecklenburg spätestens Ende des 16. Jahrhunderts in Wirksamkeit 
getreten war, nicht schnell erlahmte. Denn die erwähnten Bildungen 
konnten erst entstehen, als die alte Deminutivendling -ke in Personen¬ 
namen und sonstigen persönlichen Bezeichnungen z. T. durch -ken ersetzt 
war, was freilich bis in die Gegenwart nicht konsequent durchgeführt ist 
Die mir aus Mecklenburg 1 * 3 bekannten Belege weisen für diese Analogie¬ 
bildung kaum über die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts zurück: 
In einem Rostocker Hochzeitsgedicht von 1711 (Kohfeldt Nr. 8) kommt 
mien Usselcken vor, auch Qreiten, 1712 (Nr. 14) Christincken hadd en 
Brädgam nahmen und weiter dann Stincken. Auch außerhalb der Poesie 
fehlen die Belege nicht Ein Rechnungsbuch des Dobbertiner Klosters 
(Jb. d. Ver. f. mecklenb. Geschichte 59, S. 177ff.) nennt 1733 Frl. Oligart 
Anna liechen v. Krusen *. Die Beispiele nehmen je länger je mehr zu, 
doch ist, wie erwähnt, die Form -ken noch heute nicht überall durch¬ 
gedrungen. 

Die Angleichung -tk > -t(t) findet übrigens, worauf Mackel a. a. 0. 
hingewiesen hat, nur im Inlaut statt Zwischen t oder d und k , das 
entweder schon seit alter Zeit im Auslaut stand oder nach der mecklen¬ 
burgischen Apokopierung des e in den Auslaut kam, zeigen die Beispiele 
stets den Zwischenvokal ».* Vgl. gegen Ank, Trink, wo kein t, d vor¬ 
ausgeht, Düriik (aber Dürten < Dürtken), Hedik (Hedik Lisken Schütten, 
Kohfeldt Nr. 16, Rostock 1715). lüttik ist durch Einfluß der flektierten 
Form durch lütt ersetzt — 

Wenn nun die älteren Denkmäler, die überdies unter dem nach¬ 
haltigen Einfluß der überlieferten Schriftsprache stehen 4 , die Assimilation 
noch im 17. und 18. Jahrhundert nicht häufig zeigen, am häufigsten aber 
in dem der mnd. Schriftsprache und damit der Tradition noch 
fehlenden betken > beten, und wenn bis in die Neuzeit hinein Neben- 


1 Diese Angabe ist nur so zn verstehen, daß die Endung -ken in Personennamen 
jetzt häufiger begegnet als vor dieser Zeit. Denn gelegentlicher Ausgleich kam stets vor. 
Vgl. z. B. Lüb. Totentanz (Druck von 1520), ed. Seelmann, Nd. Jb. 21, S. 297: cfl du 
betest Wobbeke efte Kristinken (: bagynken). Auch bieten wohl alte Urkundenbücher 
Belege für gelegentlichen Ausgleich. 

* 1757: ich Ilsabe v. Krusen. Daneben noch jetzt Hache, das sich wohl, indem 
es als einfache Nebenform aufgefaßt wird, hält. 

3 Vgl. auch Höltendrütik (Nd. Korr. 31, S. 46). Man vgl. ferner die alten Bil¬ 
dungen Woddik, Kcddik, Maddik mit Iiöhlk. — Zu Dürtik ist vielleicht zu fragen, ob 
dies aus einem Dürt(i)kc entstanden oder Koseform zu Dorthie ist. Gentzkow nennt seine 
Tochter Dorthie, Thiekcn, Dorthieken (letztere sind oblique Kasus). 

* Man beachte z. B. das Verhalten I-aurembergs, der die der lebenden Volkssprache 
entnommene Assimilation wohl in den starken ßauernszenen, seinen frühesten Dialekt¬ 
dichtungen, an wendet, nicht aber in den Scherzgedichten. Diese haben Medken (II 209), 
Megdken (II 671), Annemeken (III 206) (Neudrucke). Auch fehlt hier das aus jenen be¬ 
legte beten, für das vorzugsweise tceinich gebraucht wird, z. B. Beschluht V. 22, 30. 


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170 


Agathe Lasch. 


formen mit k (j, g) begegnen, so ist das durchaus verständlich. 1 Aber 
auch die Gelegenheitsgedichte, in denen die Tradition weniger stark wirken 
dürfte, sprechen mit dem oftmals nicht assimilierten k durchaus nicht 
gegen die hier herangezogenen Belege, aus denen sich zeigte, daß der 
Lautvorgang zur selben Zeit in der gesprochenen Sprache doch schon 
bemerkbar war. Denn gerade diese tragen absichtlich stark auf und 
gehen im Streben nach Komik zuweilen über die Grenzen der eigenen 
Mundart hinaus.* Wenn wir z. B. in mecklenburgischen Gedichten dieser 
Gattung den -/-Plural des Verbs finden (teilt se, schnacket se, se holt, 
se führt enen grölen Schnack u. dgl., Nd. Jb. 33. S. 1621, oder mit Rück¬ 
sicht auf das Reimbedürfnis xoie schalt, wie teilt Kohfeldt Nr. 28, 1742) 
oder usc Ficke (in der zuletzt erwähnten Dichtung neben unse ), so be¬ 
greifen wir auch, wie in den Hochzeitsgedichten unseres Gebietes z. B. 
een bätjen Tied, töft een bätjen oder, charakteristischer noch als dieses 
Wort aus dem oben erwähnten Grunde, Leedgen (Kohfeldt Nr. 27, 1741) 
auftauchen kann, wie betken und bitsken (ibid. Nr. 13, 1712) im gleichen 
Liede nebeneinander stehen können. Es ist auch begreiflich, daß sich 
neben beten, wo das Deminutivsuffix undeutlich war, entlehnte oder 
immer wieder neugebildete Formen einstellen mußten, in denen die Ver¬ 
kleinerungssilbe schärfer hervortrat. So steht z. B. 1676 (Kohfeldt Nr. 2) 
een bätken im Text neben een kleen bäten in der Überschrift Nd. Jb. 33, 
S. 160 findet sich neben bäten im Reim auf äten im Versinnern betcken. 
Es ist das gleiche Bestreben, das heute beiing neben beten, Oreting neben 
Oreten , Fiking, Mriking neben Fik, Mrik usw. hervorbringt, das Formen 
wie Gretken, Gnstken u. dgl. in Dähnerts Wörterbuch ermöglicht oder 
in Wossidlos Volksüberlieferungen neben seltenem lautgesetzlichem pierten 

(so Bd. III, Nr. 363, 502), hünnten (I, Nr. 107al), foten (III, Nr. 281a) 

# 

häufiger jnertken, hünntken, fotken bildet. Es ist anderseits wohl kein 
Zufall, wenn, wie mir scheint, gerade bei lütt(e) die Assimilation auch 
in der Schreibung früher allgemein durchgedrungen zu sein scheint als 
bei den Deminutivformen. Wohl begegnen in der ganzen ersten Hälfte 
des 18. Jahrhunderts noch die Nebenformen liitke, lütje nicht allzu selten. 
Aber in den verschiedenen mecklenburgischen Idiotikensammlungen, die 
die ersten Jahrgänge der »Bützowschen Ruhestunden« 1761 — 63 ent¬ 
halten, steht neben Fütken moneta trium assium oder een Pötken vull 
Müsc, so gut wie een bäten auch lütt (Bd. II), das sogar schon (s. o.) 
Analogiebildung ist, und (Bd. VII 34) den groten nn lütten* — 


1 Wie sich anderseits aus genau dein gleichen Grunde ergeben muß, daß die 
Buntheit der Formen bei diesem Worte überall groß ist. Es ist ein junges Wort, nicht 
aus alter Zeit überliefertes Sprachgut, und daher den Einflüssen von außen leicht unter¬ 
worfen. Vgl. S. 173. 

* Auch in den erwähnten Bauernszenen Laurembergs sind mancherlei fremde Be¬ 
standteile mit dem heimischen Sprachgut vermischt. 

* Freilich auch Bd. IV. S. 56 (1762): Poctn noster itn: Lüning is een liitke Ding . 
Even aß een Hempcrling. Doch ist hier auch das auslautende c auffallend. 


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Zur Chronologie von -t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart. 1T1 

•• 

Die Überlieferung unseres Materials, das zum großen Teil in Ge¬ 
legenheitsgedichten auf uns gekommen ist, macht es, wie oben erwähnt, 
bei deren meist scherzhafter Haltung erklärlich, daß uns während des 
17. und 18. Jahrhunderts ein buntes Durcheinander von Formen entgegen¬ 
tritt, wie die gesprochene Sprache es zweifellos nicht kannte. Mehr Ein¬ 
heit kommt erst in die Schreibung, als die Anwendung der Dialekte nicht 
mehr nur zu gelegentlicher Scherzwirkung geschah und gleichzeitig bei 
bedeutendem zeitlichen Abstand die mndd. schriftsprachlichen Traditionen 
nicht mehr nachwirken konnten. Babst 1 braucht in seiner beliebten und 
verbreiteten Gedichtsammlung Greten, Jetten, bäten, Fentens < Fentkens, 
daneben in Neuzusammensetzung betken , wo die heutige Sprache bcting 
bilden würde. 


Im Anschluß an das im Vorstehenden oft erwähnte Beispiel beten 
< betken möchte ich noch kurz zu einer anderen Auffassung Stellung 
nehmen, die Wrede (Die Diminutiva im Deutschen. Deutsche Dialekt¬ 
geographie I, S. 91, § 23, auch S. 93, § 26) ausgesprochen hat, nach der 
das Wort diminutionslos, also wohl hd. »Bissen« gleichstehend, sein soll. 

Da bete im Mndd. auch als schwaches Maskulinum gebraucht werden 
kann, so hätte sich prinzipiell ndd. (wie hd. bixxe: bissen) ein im An¬ 
schluß an die obliquen Kasus neugebildeter Nominativ beten wohl ein¬ 
stellen können. Dieses beten braucht aber die lebende Sprache nicht, 
die entweder bit (Ostfriesland), beet oder in weitem Umfange happen - 
statt dessen verwendet Für Mecklenburg gibt Mis Wörterbuch unter 
dem Stichwort beten nur die Bedeutung »bißchen« an, vor en beten »vor 
kurzem«. Dagegen führt Mi hd. »Bissen« als Entsprechung von meckl. 
happen unter diesem Worte an. 1763 erklären ganz entsprechend die 
»Bützowscben Ruhestunden« VIII 37 Een Hapken diciiur bolus camis 
vel panis. Belege für den volkstümlichen Gebrauch von happen = »Bissen« 
s. z. B. in Wossidlos »Mecklenb. Volksüberlieferungen« III, Nr. 101 V., 
1841, 1872, 1973, 2003 usw. In diesem Werke finden wir auch neben 
dem üblichen »Happen« einmal einen Beleg für das Fortleben von bete 
und zwar in der lautgesetzlichen Form bät, nicht der analogischen bäten: 
siiöt bät an wann schät (Bd. I, Nr. 993, 1). 


S. dann auch Macke!, a. a. 0., der bei Bratring und Iliudenberg — außerhalb des 
hier besprochenen Gebietes — Doppelformen liit und lütke anführt. Es wäre zu unter¬ 
suchen, wio weit andere sich durch überlieferte Formen in der Schreibung beeinflussen 
lassen und ob die Form lütke neben liit, lütte so zu erklären ist 

Dähnert hat neben dem zu erwartenden Diitten die aus Entlehnung im Handels¬ 
verkehr leicht zu erklärende Form lUitgen gebucht. 

1 Dietrich Georg Babst, Allerhant schnaakscho Saken tum Tietverdriew. Rostock 
17 SS ff. Eine Auswahl aus diesen drei Bänden gab 1812 B.s Sohn heraus: Utherlosene 
Pladdütscho Gedichte. Die 3. Auflage erschien 1843. 

? Z. B. Eilsdorf b. Halberstadt (Xd. Jb. 34), Quedlinburg (Nd. Jb. 29), Lübeck 
(C. Schumann, Wortschatz v. Lübeck, S. 73), Elberfeld (Wb. d. Elberfelder Mundart) usw. 


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172 


Agathe Lasch. 


Auch sonst ist das Wort beten in Idiotiken und Wörterbüchern 
nicht in der Bedeutung »Bissen« verzeichnet Nur im Göttingisch- 
Grubenhagenschenim Bremisch-Niedersächsischen Wörterbuch*, sowie 
in Dähnerts vorpomraerschem 8 , das allerdings gerade unserem Gebiet 
angehört, ist beten angeführt Auf diese komme ich noch zurück. 

Es ist schon an und für sich unwahrscheinlich, daß ein Gebiet, 
das so stark zur Anwendung von Deminutivbildungen neigte und neigt, 
wie das mecklenburgisch-vorporamersche Dialektgebiet, gerade dieses Wort 
ohne -km bilden soll, das so sehr zur Verkleinerungsendung drängt und 
sie selbst in deminutivarmen Bezirken aufweist. Nun beweist überdies 
die aus Wossidlo zitierte Form bat, wie das Wort »Bissen« hier ent¬ 
wickelt ist, und es läßt sich ferner zeigen, daß schon die ältesten mecklen¬ 
burgischen Bdlege beten nicht als Maskulinum, sondern als Neutrum 
behandeln. Ich muß hierzu auf die oben angeführten Beispiele zurück¬ 
verweisen, das Rostocker ndd.-lat Scherzgedicht von 1650 (Nd. Korr. XI, 
S. 49): Bit bäten gahrm und das Nd. Jb. 83, S. 163 gedruckte Bauern¬ 
gespräch (1728/30): dat beten Volck. Freilich heißt es hier auch weiterhin 
das Hand voll Volk , aber da in diesem Gedichte der Unterschied zwischen 
maskulinem und neutralem unbestimmtem Artikel im Akk. noch gewahrt 
ist (se führt enen grotm Schnack, kenen Sack), so beweist die Überein¬ 
stimmung von sett die en betten tiedder und dat beten Volck, die beide 
in dieser Dichtung stehen, für die Ansetzung von beim als Neutrum. 
Auch die oben aus Lauremberg zitierte Stelle zeugt für das Neutrum, 
da der Dichter ebenfalls Maskulinum und Neutrum nicht zusammenfallen 
läßt. Vgl. ebenda: neenm Beskeet, eenm kahlen Kohlhoff, dinen jseni 
Lajypen, vor eenen Sckilling: nich en Wort. 

Das Wort wird natürlich gewöhnlich mit dem unbestimmten Artikel 
gebraucht. Doch will ich solche Beispiele nicht weiter anführen, da ein 
und einen später nicht mehr genau geschieden werden und daher die 
eine oder andere Form ohne Beweiskraft ist 1 * 3 4 

Aber schon aus den erwähnten Beispielen geht deutlich hervor, 
daß betm nicht etwa eine hd. »Bissen« vergleichbare analogische Neben¬ 
form zu dem oben erwähnten, hier seltenen bät sein kann, da diese Mas¬ 
kulinum sein müßte, während wir mit einem Neutrum seit den frühesten 
Belegen zu rechnen haben, das nur nach dem oben angeführten Laut¬ 
gesetz aus betken entstanden sein, mithin nicht als deminutionslose Form 

1 beten, m. (ags. bita, holl, beet) »der Bissen«. Aber auch happe »der Bissen«, 
ist hier angeführt. 

* Beten »ein Bissen, ein Bischen«. Der Rest des Artikels bezieht sich auf diese 
letztere Bedeutung. Nig enen Beten »nichts«. 

3 Bäten, Bätken für »Bissen«, Dar getrt ct smalle Bäten, »Da ist nicht viel zu 
essen«. — Man beachte, daß das einzige Beispiel ein Plural ist, nicht der allein beweisende 
Nom. Sing. — Die Angaben bei Berghaus, Sprachschatz der Sassen, beruhen auf dem 
Brem.-nds. und Dähnerts Wörterbuch. 

* S. etwa de uortelen bindet in enen dokelin Nd. Jb. 27, S. 140. Charakteristisch 
ist »Bützowsche Ruhestunden« 9, S. 30 (1763): eenen Diitken sive rectus ein Dülken. 


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Zur Chronologie von -tk->-t(t)- in der mecklenb.-vorpomm. Mundart. 173 

betrachtet werden kann, wie etwa en beet in Schleswig zwischen Schlei 
und Flensburg 1 * * oder en bete in Holstein*. 

Jene drei Wörterbuchbelege aber wird man in Anbetracht der Tat¬ 
sache, daß das Wort beten »Bissen« der lebenden Mundart nicht angehört, 
für Grammatikererzeugnisse halten müssen, die einmal durch Anlehnung 
an hd. »Bissen« hervorgerufen sind unter Mitwirkung der obliquen Kasus¬ 
formen, dann aber auch durch den Einfluß gerade unseres Wortes 
beten < betkcn. Die Beispiele des Brem.-Nds. Wb. zeigen, charakteristisch 
genug, nur die übertragene Bedeutung. Auch widerlegt I 244 Ik moot 
mi wol mit dat Beten to dreien Heymanns Annahme (Das brera. Plattd. 
S. 110), daß beten mask. sei, die auch durch III, 122 man een lütjen 
Beten (mit leicht erklärlichem lütjen ) nicht gestützt wird. Auf I 91 nig 
enen Beten ist kein Gewicht zu legen, wie eine andere Akkusativform 
II 711 Nimm een beten Iverkötel in zeigt. — 

Mit dieser Erklärung der mecklenburgisch-vorpommerscheu Ver¬ 
hältnisse sind nun freilich die in anderen Sprachgebieten vorkommenden 
beten 3 noch nicht erläutert. Z. T. wird man auch hier die lautlichen 
Verhältnisse untersuchen müssen, zum größeren Teil jedoch (es ist zu 
beachten, daß für dieses Wort in weitem Umfange Doppelformen ver¬ 
zeichnet sind!) hat man es fraglos mit Entlehnungen zutun, die für eine 
nicht aus einem älteren Sprachzustand ererbte Form nicht wunderbar 
erscheinen. Werden doch z. B. für Mecklenburg-Vorpommern neben 
beten und beting auch betjen, bitsken, bitschen, bischen, betsching ange¬ 
führt, für Hamburg nennt Mielk (Nd. Korr. 4, S. 63) bitschen, betken, 
beten und Firmenich (I 57) überliefert dazu en Bitjen. Die Sprachatlas¬ 
karten 4 zeigen im hannoversch-westfälischen bieten- Bezirk auch zahlreiche 
bitken, im 0. und S. des östlich anstoßenden hannoverschen betten- Bezirks 
auch viele betjen und, besonders im S., betchen. Vgl. Wrede, a.a.O. § 26, S. 93. 

Jedenfalls liegt aber für das mecklenburgische Neutrum beten die 
Entwicklung < betken klar, die in völliger Übereinstimmung mit den 
mecklenburgischen Lautgesetzen vor sich gegangen ist. 


1 S. Firmenich I 35 (Aussprachebemerkungen) und I 38: en kleene Beet Gewalt y 
auch 39 usw. 

* Ibid. S. 65: Sünd se en bete tobraken . 

8 S. einige Beispiele aus der Reihe der bei Firmenich vorkommenden Fälle: Um¬ 
gegend von Ovelgönne im Stadland (Oldenburg): n bäten , aber litj Deern y Hartken (HI 24); 
Thedinghausen: fonn lütjen Bäten , aber Gretschen (III 35); Sittensen: n beten , auch 
lütte (I 213ff.); Norderdithmarschen: beten, aber liitje neben lütten , Gardrutje (III 49). 
Aus Eilsdorf b. Halberstadt wird (Nd. Jb. 34, S. 51) betten und betjen (liitje ) verzeichnet. 
Hannover 1708 (Nd. Jb. 35, S. 72): een beten (s. o.), aber liitck , dagegen in anderen Ge¬ 
dichten ibid. z. B. en betjen S. 118 (1726), en bettgen 8. 121 (1726), und in Limmer 
b. Hannover: beetchen 9 betschken (Firm. I 195), betsehen (197) usw. 

4 Die Möglichkeit, diese einzusehen, verdanke ich der Liebenswürdigkeit der 
Herren Professoren Seelmaun und Meisner in Berlin. 


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174 


Emil Maurmann. Zur niederdeutschen Sprachgrenze im Rheinlande. 


Zur niederdeutschen Sprachgrenze i 

Von Emil Maurmann. 


ßheinlande. 


Im vorigen Hefte dieser Ztschr. weist Bremer darauf hin, daß die von 
mir 1911, 289 beschriebene Sprachgrenze zum Teil sich nicht mit seinen 
Aufzeichnungen decke. Wie verhält es sich mit diesen Abweichungen? 

Zunächst sollen nach Bremers Gewährsmann Würden und Elbach 
und somit, wie Bremer hinzufügt, nach Maßgabe der Karte auch Hagen 
und Flaberg fränkisch sein, während ich sie als sächsisch bezeichnet hatte. 
Herr Lehrer Lenz aus Berghausen (so heißt der Ort, nicht Bergneuhausen!) 
teilt mir mit, er habe auf meine Bitte hin erneut festgestellt, daß mau 
in allen vier genannten Orten ek mähe spreche. Lope hätte ich auch als 
niederdeutsch angeben können. Friedrichsthal habe ich mit Absicht nicht 
genannt. »Dort befindet sich«, wie mir aus Vollmerhausen geschrieben 
wurde, »von den früheren Bewohnern keiner mehr. Es sind alles fremde 
Fabrikarbeiter aus München-Gladbach, von der Sieg, vom Rhein usw. 
Da findet man ganz verschiedene Dialekte. Die früheren Bewohner von 
Friedrichsthal sollen wie Niederseßmar gesprochen haben.« 

Weiter östlich, hatte ich angegeben, fällt die Sprachgrenze genau 
mit der Grenze zwischen den Kreisen Waldbröl und Gummersbach zu¬ 
sammen. Das soll nach Bremers Gewährsmann nicht zutreffen für die 
fränkischen Orte Baldenberg, Neuenothe und Belmicke, die noch zum 
Kreise Gummersbach gehören. Dazu ist zunächst zu bemerken, daß 
Baldenberg nicht zum Kreise Gummersbach, sondern zum Kreise Wald¬ 
bröl gehört, und zwar zur Landgemeinde Denklingen, zum katholischen 
und evangelischen Kirchspiel Eckenhagen. Neuenothe und Belmicke aber 
sind tatsächlich niederdeutsch. Herr Lehrer Walter aus Wiedenest schrieb 
mir seinerzeit: »Brelöh, Immicke, Wolfschlade und Altenothe spricht 
Wiedenester Dialekt, Neuenothe mit einigen besonderen Ausdrücken, 
aber nicht Eckenhagener Mundart. Baldenberg und Hüngringhausen 
spricht genau nach Eckenhagen. Wie Sie ganz richtig annehmen, ist 
die südliche gerade Linie genaue Sprachgrenze«. Gemeint ist hiermit die 
Kreisgrenze. Aus Neuenothe besitzt ferner der Sprachatlas ein ganz 
einwandfreies Formular, das der aus Eckenhagen gebürtige Lehrer durch 
die Schulkinder hat übersetzen lassen, und das ist rein niederdeutsch. 
In Belmicke schließlich bin ich selbst gewesen. Es bestand 1895 aus 
6 Wohnhäusern, von denen 4 zum Rheinland, 2 zu Westfalen gehörten. 
Der Dialekt neigt dem Drolshagener zu. 

Die ferneren Angaben von Bremers Gewährsmann sind ebenfalls nicht 
richtig. Die Sprachgrenze verläuft weiter auf der Grenze zwischen den 
Kreisen Waldbröl und Olpe, von letzterem ist mitteldeutsch nur Römershagen 
mit Dörnscheid und Döingen. Die Karte von Schmelzer stimmt also bis 
auf Heid, das zwar eine Anzahl von mitteldeutschen Formen aufweist, in 
der Hauptsache aber niederdeutsch ist. Dasselbe gilt von Rothemühle. 


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Sprechsaal. — Aufruf zur Errichtung einer Deutschen Nationalbücherei in Gotha. 175 

Sprechsaal. 

Einen Sebnaps kriegen. 

In Oberbayern (südwärts von München im Isargebiet) kann man zu gelegener Zeit 
da und dort eine Dirn (d. h. Magd) oder erwachsene Haustochter beim Kramer oder Wirt 
antreffen, wie sie sich einen Schoppen Schnaps in ein Glas füllen läßt und dieses dann mit 
nach Hause nimmt. Es wäre nun aber ein großer Irrtum, anzunehmen, diesen Branntwein 
tränken die Jungfrauen selber. Er wird vielmehr im Schlafkämmerlein an verschwiegener 
Stätte auf bewahrt. Wenn dann am Samstag nachts »jemand« an das Fenster der Schlaf¬ 
kammer pocht und die Dirn beim Nachschauen den rechten Burschen erblickt, dem sio 
im stillen längst zugetan ist, so wird ihm ein Gläschen voll Feuerwassers zur freudigen 
Begrüßung und als Zeichen der Zuneigung verehrt. Er weiß dann, wie er daran 
ist. Erhält ein Bursche aber keinen Schnaps, sondern wird er mit leeren Redensarten 
abgespeist, so bedeutet das, daß er dem Mädchen mißliebig oder zum mindesten gleich¬ 
gültig ist. 

Nun wird auch die in Altbayern nicht selten gehörte Redensart 1 verständlich, die 
man Kindern und Erwachsenen gegenüber an wendet: »Wart nur, du kriegst heut schon 
noch deinen Schnaps!« Es ist dies eine ironische Liebeserklärung, worin eine Drohung 
steckt. — 

So erklärt sich aber auch folgender Vorfall aus einem Hochlanddorfe: 

Peter und Stani, ein junger und ein alter Loder, saßen beim obero Wirt. Die 
beiden waren etwas eifersüchtig aufeinander und da sie heute schon tief in den Maßkrug 
geschaut hatten, häkelten und räkelten sie mit »Schleuderwörtlein« (spitzigen Reden) 
hinum und herum. Das Gespräch drehte sich, wie auch Uneingeweihte bald beraus- 
finden konnten, um die gunstwillige, saubere Mitterdirn beim Kugelbauern. Poter, ein 
hübscher, lebfrischer Bursch, wähnte, er wäre der llerzenserkorene Burgis. Stani aber, 
obwohl schon ein angejahrter Knecht, dem die Schönheit nimmer wehtat, behauptete mit 
boshaftem Augenblinzeln: »0 mein, o mein, an Schnaps hob i holt allemal kriegt vom 
Burgei!« Da fuhr es dem Poter siedheiß durchs Blut bis zu den Fingerspitzen und ehe 
sich’s Stani versah, flog ihm Peters Maßkrug an den Kopf. Nun gab es ein ländliches 
Krugduell; denn nur so glaubte der gereizte Peter seine und seiner Herzensdame Ehre 
am schnellsten und treffendsten verteidigen zu können. Das Gericht hatte freilich für 
diese Art Ehrenrettung kein Verständnis und ließ den Peter 1 Woche brummen. 

(Nach einer Begebenheit.) 

München. F. J. Bronner. 


Aufruf zur Errichtung einer Deutschen Nationalbücherei in Gotha. 

Die Deutschbewegung der letzten Jahrzehnte hat zu neuem Leben auf allen 
Wissensgebieten geführt, die sich mit dem deutschen Volkstum und seinen Beziehungen 
zu anderen Volkskulturen befassen. Aber es fehlt bis heute eine Sammolstelle, die den 
Arbeitern auf dem Gebiete der Erforschung des Deutschtums die einschlägige Literatur 
lückenlos zur Verfügung stellt. Sie soll erstehen in der Gestalt einer »Deutschen 
Nationalbücherei« im Herzen des deutschen Sprachgebietes, in Gotha. Diese soll 
enthalten alle Arbeiten zur germanischen Stammesforschung, zur deutschen Landes- und 
Volkskunde, zur Geschichte der Deutschen aller Zeiten und Stämme, zur deutschen 
Sprach- und Mundartenforschung, zur deutschen Kulturarbeit auf der ganzen Erde. Ein¬ 
gehend zu berücksichtigen wäre das Kirchen-, Rechts-, Gesellschafts-, Wirtschafts-und 
das allgemeine Sittenleben der Deutschen; auch die vielgestaltigen Äußerungen deutscher 
Kunst dürfen der neuen Bücherei nicht fremd bleiben. Eine weitere Abteilung hätte das 

1 Dieselbe findet sich auch in nichtbayrischer Mundart, z. B. in Ettlingen in Baden. 


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176 


Bücherbesprechungen. 


deutsche schöngeistige Schrifttum aller Zeiten zu bilden, soweit es nur immer beiträgt 
zur klaren Erfassung deutscher Eigenart und Geistesblüte. 

Den großen Plan verwirklichen zu helfen, rufen wir das ganze deutsche Volk ohne 
Unterschied des Bekenntnisses oder der Staatsangehörigkeit auf, zu spenden für die Be¬ 
schaffung der einschlägigen Literatur und zur Erstellung eines würdigen Heims. Jede 
nähere Auskunft erteilt Prof. Paul Langhaus, Herausgeber der »Deutschen Erde«, in 
Gotha. — Geldspenden werden erbeten an die Herzog!. Landeskreditanstalt in 
Gotha (für Rechnung der »Deutschen Nationalbücherei«), Bücherspenden an die 
»Deutsche Nationalbücherei« in Gotha. 

Felix Dahn +. Ferdinand Avenarius. Houston Stewart Chamberlain. Heinrich 
Claß. Adolf Damaschke. Gustav Groß. Ernst Haeckel. Al brecht Haupt. 
Gerhart Hauptmann. Theodor v. Heigel. Wilhelm Kienzl. Emil Kirdorf. Hans 
v. Köster. Karl Lamprecht. Joseph Lauff. Friedrich Lienhard. Friedrich 
v. Lindequist. Hans Meyor. Eugen Mogk. Artur Moeller van den Bruck. 
Adam Müller Guttenbrunn. Anton Ohorn. Wilhelm Rein. Bernhard Rogge. 
Peter Rosegger. Otto Sarrazin. Dietrich Schäfer. Emil v. Schenkendorff. 
Bruno Schmitz. Gustav Schreiner. Paul Schultze-Naumburg. Heinrich Sohnrey. 
Martin Spahn. August Sperl. Karl Freiherr v. Stengel. Friedrich Teutsch. 
Henry Thode. Hans Thoma. Siegfried Wagner. Heinrich Wastian. Hans 

Freiherr v. Wolzogen. Ernst Zahn. Philipp Zorn. 


Bücherbesprechungen. 

MagyarorozAgi Nlmet Xyelvj&rAsob. A. M. Tud. Akademia Nyelvtudominyi Bizott- 
sägänak megbizäsübol szerkeszti Petz Gedeon. [Deutsche Mundarten Ungarns. 
Im Aufträge der sprachwissenschaftlichen Kommission der ungarischen Akademie der 
Wissenschaften herausgegeben von Gideon Petz.] Budapest 1905— 1909. Heft 2. 
Lindenschmidt, M.: A verbuszi nemet nyelvjäras alakt&na. [Flexionslehre der Ver- 
büszer deutschen Mundart]. Heft 5. Kräuter, F.: A. niczkyfalvai nemet nyelvjäräs 
hangtana [Lautlehre der Niczkyfalvaer deutschen Mundart]. Heft 6: Schäfer, J.: A. 
kalaznöi nemet nyelvjaras hangtana [Lautlehre der Kalaznöer deutschen Mundart). 

Die deutsche Philologie in Ungarn stellt sich nicht nur die Aufgabe, die literarischen 
und kulturellen Einflüsse des deutschen Geisteslebens auf das ungarische zu erkennen 
und in ihren tiefgehenden Wirkungen allseitig zu würdigen, und andererseits zu verfolgen, 
was Ungarns Land und Söhne zur Bereicherung der deutschen Dichtung an Motiven, 
Stoffen und Stimmungen beitragen konnten, sondern betrachtet es auch als ihre besondere 
Pflicht, da8 Deutschtum Ungarns aus allen wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu er¬ 
forschen. Als Vorarbeit zu einer solchen geschichtlichen und ethnologischen Forschung 
erscheint die sprachliche Darstellung der deutschen Kolonien Ungarns besonders zweck¬ 
mäßig, weil dadurch für jede weitere Tätigkeit eine sichere Grundlage geschaffen wird. 
Herkunft und Entstehung einer Kolonie kann oft bei dem Fohlen jedes anderen Anhalts¬ 
punktes nur durch die Mundart erschlossen werden. Dabei knüpfen sich an diese Kolonial¬ 
mundarten dio merkwürdigsten Probleme: denn gewiß sind dies Mischdialekte, weil ja 
die Kolonisten verschiedenster Herkunft da so zusammengemischt wurden, wie vor dem 
Karteuspiel die Karton. Wie geschieht es aber, daß sich die Sprache der so verschiedenen 
Bevölkerung dennoch irgendwie eiuigt. und einigt sie sich wirklich? Was wird dabei 
unterdrückt, was gewinnt die Oberhand? Und wie können diese Kolonialmundarten für 
die Geschichte der deutschen Sprache verwertet werden? Auf alle diese, und viele 
andere Fragen erhoffen wir eine Antwort von diesen sorgfältig geleiteten Abhandlungen, 
für deren Herausgabe die ungarischo Akademie die Opfer hoffentlich auch ferner nicht 
scheuen wird. 

Bisher sind sieben Hefte der »deutschen Maa. in Ungarn« erschienen. Heft 1, 3 
und 7 behandeln deutsche Mundarten Nordungarns, Heft 4 einen bayrisch-österreichischen 


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Bücherbesprechungen. 


177 


Dialekt rechts der Donau, die übrigen deutsche Sprachinseln Südungarns. Wir wollen 
die Reihe unserer Besprechungen, wobei wir auch die übrigen Dissertationen und Mund¬ 
artenbeschreibungen, die nicht in dieser Sammlung erschienen sind, berücksichtigen 
werden, mit den Dialektarbeiten aus 8üdungam beginnen. 

Heft 2 behandelt die Flexionslehre der Verbdsxer Ma. Diese Arbeit kann somit 
als Ergänzung zu meiner Lautlehre (s. diese Zeitschrift Jahrgang 1911, S. 97 ff.) be¬ 
trachtet werden. 

Bei der Behandlung des Geschlechts der Hauptwörter sehen wir die merkwürdige 
Erscheinung, daß nach Lindenschmidts Sprachgefühl viele Hauptwörter zu einem anderen 
Geschlecht gehören, als dies mir und vielen meiner Bekannten geläufig ist. So fühleich 
urlaap (Erlaub), Snavl (Schnabel), Straajc als Masc., während L. ersteres als Neutr., die 
beiden letzteren als Fern, bezeichnet Es wurde mir nahegelegt, solche, dem Sprach¬ 
gefühl Einzelner widersprechende Gescblechtsbestimmungen als »Fehler« zurückzuweisen. 
Dies wäre jedoch ungerecht; denn wir müssen diese Abweichungen daraus erklären, daß 
L. aus der südwestlichsten Gasse des Ortes stammt, und haben hier einen Beweis dafür, 
wie der Sprachgemeinschaft unbewußt alte Verschiedenheiten weiter leben. Da es uns 
hier in diesen Besprechungen nicht um eine eingehende Beurteilung, sondern um die 
kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse zu tun ist, will ich nur auf folgende 
Beobachtungen L.’s hinweisen: 

Die mit dem Suffix -ca (-chen) gebildeten Kosenamen der Knaben sind nicht säch¬ 
lichen, sondern männlichen Geschlechts. Es heißt also td (der) jaakopcd, td khaarlcd, td 
hendrco, td kriSancd der kleine Jakob, Karl, Heinrich, Christian. Dagegen sind alle 
Frauennamen nach der Analogie der mit -cd gebildeten sächlich, s (das) maari, s tarte, 
s kru<tm, s sns die Marie, Dorothea, Christine, Susanna. 

Zur Biegung der Hauptwörter: mbd. auslaut. e schwindet in der Ma., -en wird 
zu d. Im Sing, der schwachen Deklination geht jedoch auch -en gänzlich verloren, und 
auch der Dativ der Mehrzahl hat nur dann d (<en), wenn auch der Nom. Plur. d be¬ 
wahrt. Z. B. Sg. Nom. tsuy sun af Zunge Sonne Affe bleiben im Dat. und Akk. der 
Einzahl unverändert, Nom. Dat. und Akk. der Mehrzahl bilden sie mit d\ isur/d sund afd. 
Dagegen lautet der Dat. Plur. von poom hoof apl kaSt pluk sayk varm Baum Hof Apfel 
Gast Pflug Schrank Wurm gleich dem Nom. PI. peem htef epl keit plik Seyk verm . Ein 
Genitiv kommt nur noch in spärlichen Resten vor (in kotds noomd in Gottes Namen, 
unxr eenr unser einer, und in Zusammensetzungen). 

Die Mehrzahl bleibt bei einigen Neutra und bei allen mit d auslautenden Masc. 
unbezeichnet (1.), sonst ist das Zeichen der Mehrzahl der Umlaut (2.), Suffix -ar, -r, 
und, wenn möglich, Umlaut (3.), das Suffix d (4.). Während jedoch -ar, -r in allon 
möglichen Fällen Umlaut bedingt (ausgenommen einige mit -ca gebildete Dim.: huntcd 
(Hündchen) PI. huntcdr, puucd (Bübchen) PI. puucr), tritt in den Fällen der mit d ge¬ 
bildeten Mehrzahl Umlaut niemals ein. Z. B. 1. Masc.: pakd taumd fetsd fvrjkd knoxd 
Zuf)k9 Backen Daumen Fetzen Funke Knochen Schinken, Neutra: Soof ros Schaf Pferd. 
2. Masc.: faaßm — ftefhn, naagl — neegl, khop — khep, $op — Sep, maa — mes, poo — pee, 
fu£ — /W Faden Nagel Kopf Schoppen Magen Bogen Fisch. Fern.: khuu — khii, maus — 
meis, sau — sei, maat — meet, hant — hen, vant — r en Kuh Maus Sau Magd Hand 
Wand. 3. Masc.: kaartd — ktfrtr, harn — h$mr, kraavd — kreerr, prund — prinr 
Garten Horn Graben Brunnen. Neutra: lant — lenr, plaat —pleßr, Icleet — kleeßr , haus — 
heixr, khalp — khelcr Land Blatt Kleid Haus Kalb. 4. Masc.: fetr — fetrd, haas — haasd, 
späte — Spatsd, jut — juße Onkel Hase Sperling Jude. Fern.: Jr alp — Svalvd , Suul — 
stiuld, stroos — stroosd, feßr — feßrd, kaarp — kaarvd Schwalbe Schule Straße Feder 
Garbe. Neutra: au — aud, joor — joord, fenstr — fenstrd Auge Jahr Fenster. 

Die jüngsten Lehnwörter bilden die Mehrzahl gewöhnlich mit d , ohne Umlaut. Nur 
das Wort salas (Landgut, Weiler) zeigt Umlaut: PI. sales (ung. szalläs). 

Die Fürwörter und Eigenschaftswörter haben im Nom. Akk. Sg. Fern, der starken 
Deklination mhd. in entsprechend i# bewahrt: d tinii kqrt eine dünne Rute. 

Viel Merkwürdiges bietet die Abwandlung der Zeitwörter. Reste des einfachen 
Präteritums bewahrt die Mundart bei den Verba sein saan han vold sein sagen haben 
Zeitschrift für Deutsche Mundarton. VII. 12 


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178 


Bücherbesprechungen. 


wollen: ie vaar saat haat volt war sagte hatte wollte. Öfter ist das Prät. des Konj. 
erhalten, so bei allen Prät.-präsentien, mi- Verben und bei den Zeitwörtern khumo 
preiea kriin kommen brauchen kriegen (Icheemt preict kreect usw.). Einsilbige haben im 
Inf. mehrsilbige -a im Auslaut, -en des Part. perf. schwindet gänzlich: han fitu 
kfun haben finden gefunden. 

Die zweitgenannte Arbeit beschreibt eine Mundart, die links der Theiß, im 
Temeser Komitat gesprochen wird. Nicxkyfalva (Niczkydorf) wurde, ebenso wie Verbäsz, 
unter Joseph II. angesiodelt (1784 — 87). Den Grundstock des kleinen Ortes (2200 Einw.) 
bilden Deutsche aus dem heutigen Lothringen, Elsaß und der Pfalz, gegen 1820 kamen 
Nachzügler aus Mähren (Wesely, Schönau, Dubitska, Ratibor, Ostrau) hinzu. In dem 
Nachbarort Bakövar, das ähnlich entstanden ist, zeigt die Mundart nur geringe Ab¬ 
weichungen. 

Für die Mundart charakteristisch sind die folgenden Lauterscheinungen: t wird vor 
r zu offenem $, u zu o: hqm kh^rS rert Hirn Kirsche Wirt, torc khorts timork durch 
kurz Gurke. Mhd. ei entspricht regelmäßig ee, vor c jedoch aaj: reet heela preet Steen 
Weide heilen breit Stein, aber aajcl klaajc plaajc vaaje tsaajca Eichel gleich bleich 
weich Zeichen. Mhd. ou wird zu aa (auch vor w): paam tsaam laafa taafa Slaap klaan 
Baum Zaum laufen taufen Staub glauben, vor Gutturalen, vor u> und im Auslaut zu au: 
lau frau kanau tau Lauge Frau genau Tau. 

Bezeichnend ist der häufige Wechsel in der Quantität der betonten und minder¬ 
betonten Silben: p$qr — p^ratsukr (Bär — Bärenzucker), naama — namastax (Name — 
Namenstag), raax — rafag (Rauch — Rauchfang), ploosa —- plosbalc (blasen — Blasebalg). 
roos — rosakrants (Rose — Rosenkranz), seen — Scnetseef (schön — Schönheits-, d. h. 
Toiletteseife) usw. 

Vor l wird mhd. Kürze bewahrt: Spila hola fil vol spielen holen viel wohl. Vor 
-er der Komp, erscheint kurzer Vokal, während die Grundform langen zeigt in den 
Eigenschaftswörtern: krooa — kresr (groß), kleen — klenr (klein), aaric — $rcr (arg). 
vaarm — v$rmr (warm). Auslautendes unbetontes e wird oft zu i: sivani sieben, res 
leeni Tante (Base) Helene, und stets im schwach flektierten Eigenschaftswort: tr ienMi 
der schönste, ti kroosi velt die große Welt, tes kleeni khint dieses kleine Kind. 

Im einsilbigen Infinitiv bleibt ausl. -n erhalten: han tuun jaan traan Haan keen 
Steen kin haben tun jagen tragen schlagen gehen stehen geben, n schwindet aber bei 
einigen kontrahierten Verben: frooa plooa fragen plagen. 

Germ, p ist nur im Anlaut (vor Vokal) zu gehauchtem ph verschoben, sonst 
ist es erhalten (nur — pp — > p): phan phena khop knop itanipa Slop klopa opl Pfanne 
pfänden Kopf Knopf stampfen Schlopf klopfen Apfel. Germ, b und d p entsprechen im 
Inlaut zwischen sonoren Lauten (ausgenommen vor l) die stimmhaften Spiranten r und 
Ö: leeva arveiüa kavl SaaSa vefir entveSr — oör leben arbeiten Gabel schaden Wetter 
entweder — oder, g wird im In - und Auslaut zu z c (nur vor l bleibt g erhalten): taar 
Tag, kantix genug, eec Egge, loajc Teig, ercra ärgern. 

Alle Explosivlaute sind stimmlos, nur vor l verzeichnet der Verf. »stimmhafte* <1 und 
g: meedl Mädchen, praadl Braten, faadla den Zwirn einfädeln, foogl Vogel, khugl Kugel. 
pigla bügeln. Es muß dahingestellt bleiben, ob diese als stimmhaft bezeichneten Laute 
nicht vielmehr Lenes sind. 

Unzweifelhaft haben wir es mit einem rheinpfälzisohen Mischdialekt zu tun; vieles, 
besonders aber die Umstandswörter juna jova jaus jin hier unten, hier oben, hier außen, 
hier innen, verweisen in das Gebiet der Glan und Nahe, als in die Heimat der herrschend 
gewordenen Urmundart. 

Eine rechts der Donau, im Tolnaer Komitat, d. h. also in der Ecke zwischen der 
Donau und Drau gesprochene Mundart lernen wir aus der Arbeit Schäfers über die 
Mundart von Kalnxnö kennen. Die kleine Ortschaft (1000 Einwohner) wurde um 1720 
von Gr. Florimund Claudius Mercv gegründet. Die Kolonisten sollen aus Württemberg, 
Hessen, Nassau und der Rheinpfalz stammen. Alle näheren Angaben fehlen jedoch. Eine 
der Kalaznöer ähnlicho Mundart wird gesprochen in den Orten Yarsäd, Kistormäs. 
Felsönäna, Kety, Murga, Gyönk. Szärazd, Hidegküt, Udvari. Sämtliche Ortschaften sind 


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Bücherbesprechungen. 


179 


vorwiegend evangelischen Bekenntnisses. Hinsichtlich des Lautbestands ist zu erwähnen, 
daß a und na sehr offen ausgesprochen werden; die langen Vokale und Diphthonge werden 
vor n genäselt: -aon>-oo'» usw. Die Explosivlaute sind stimmlos, anlautendes t wird 
niemals aspiriert, inl. 8 ist, ebenso wie in Verbäsz und Niczkyfalva, erhalten, und geht 
nicht in r über, wie in dem größten Gebiete der heutigen Rheinpfalz. 

Die Mundart unterscheidet zwischen offenem a aa, geschlossenen o-Lauten (mit 
q qq bezeichnet) und o oo. Gedehntes offenes aa entwickelt sich aus a nur vor r l (sonst 
entspricht es mhd. ei oder ou s. unten): Saar Pflugschar, r aarts "Warze, maart Markt, 
fanl Falte, haal» halten. Sonst wird a in der Dehnimg zu qq: plqqt Blatt, sqqt satt, 
fo'tfo Faden. Dieses qq ist aber wieder gekürzt vor Kons.-}--«/, -er vor xt, ks: fqtr Vater, 
/iqrr Hafer, Slqxto schlachten, rqks a wachsen. Vor m tritt in der Dehnung geschl. oo 
ein: nooms Name, looin lahm, -an wird zu oo" gedehnt: hoo n Hahn, tsoo n Zahn. 

Die e -laute sind ihrer Qualität nach dreierlei: geschlossenes e, offenes e, weit 
offenes ö. Ersteres entwickelt sich nur aus Umlauts-e (meistens vor ursprünglich ge¬ 
decktem oder gedehntem Nasal, seltener vor l t 8 k): eyl Engel, ley Länge, pren9 
brennen, relr reit cel welcher welche welches, khet Kette, red a reden, tekst wächst. 
Regelmäßig werden e und e zu q, vor gedecktem r zu ä: Iqfl Löffel, kestr gestern, khel 
Kälte; Iqrr Leber, Sefo schelten, tq8r Wetter, ärjr ärger (Komparativ), r ärmo wärmen, 
khärts Kerze, härpärk Herberge. 

Mhd. e bleibt, nur in einigen Wörtern wird es zu **: s nii Schnee, Slii Schlehe, 
tsiip Zehe. 

Mhd. i und tu werden zu ai: Snat'8» schneiden, taitS deutsch. Mhd. ü entspricht 
an: kaul Pferd, plaums Pflaumen. 

Mhd. ei und ou nehmen dieselbe Entwicklung und werden zu aa: ic raas ich 
weiß, Staan Stein, flaaS Fleisch, taa Tau, aak Auge, laa& Lauge, khaarlo Wiederkäuen. 
ei wird jedoch zu aaj im Auslaut und vor,;' x k: aajk (PI. aapr) Ei, saaje» harnen, 
tanjk Teig. 

Germ, p ist nur im Anlaut vor Vokal zu asp. ph verschoben, sonst bleibt es 
unverändert: phan pluk Snups Pfanne Pflog Schnupfen. 

Die germ. b p g entsprechenden Explosivlaute sind stimmlos, inlautend zwischen, 
Sonoren gehen sie aber in die stimmhaften Spiranten r#j (oder j) über: päärk Staap 
Berg Staub, aber härmt beherbergen, traivn treibe ihn, kqrl Gabel; tarn liit Dorn Lied, 
aber pood? kraiSj fe6r Boden Kreide Feder, kaul freekst freekt kruk Pferd fragst gefragt 
Krug, aber mqq^j Magen, free ga fragen, free^n frage ihn, ee& eggen. Nach r l steht 
j: marjjt Morgen, ärjrn ärgern, folja folgen. Zwischen i und / und auslautend in dor 
Endung -ig wird g zu e: Spiel tsicl ceenic Spiegel Ziegel wenig. Auch mhd. t entspricht 
zwischen sonoren Lauten 8: rai8e veör ho(>r reiten Wetter hat er. In - und auslautendes 
s wird nur nach r zn 5: fäärSt Ferse, rar St Wurst, vaarS war es, solmrS soll man es, 
hotrS habt ihr es, aber haspl plastr host ämst Sentst krest Haspel Pflaster hast Ernst 
schönste größte. 

Welcher deutschen Mundart dieser Dialekt am nächsten steht, kann nur mit 
Hilfe des Sprachatlas entschieden werden. Inlautendes -st (siehe unter anderem die 
/»»«/-Karte des SA) verweist uns in ein Gebiet nördlich der Pfalz und nach Rheinhessen, 
der Lautwandel mhd. iu > ma. ai gibt eine zerfressene, aber sichere Nordgrenze, von 
welcher nördlich kaum viele Kalaznöer herstammen dürften. Es läßt sich also im Großen 
und Ganzen sagen, daß wir die Urmundart dieser Sprachinsel in der Main- und Rhein¬ 
gegend zwischen Frankfurt und Bingen zu suchen haben. 

Debreczen. H. F. Schmidt. 


l*aul Geiger, Volkslledinteresse und Volkslledforschung in der Schweiz vom An¬ 
fang des 18. Jahrhunderts bis zum Jahre 1830. Bern, Verlag von A. Francke, 
1912. Brosch. 2,80 Mk. 

Mit vorbildlicher Gründlichkeit betreibt die Schweiz die Volkskunde im weitesten 
Sinne. Das große Idiotikon ist bei den letzten Bänden angelangt, mit Macht setzt die 

12 ' 


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180 


Bücherbesprechungen. 


grammatische Darstellung der Mundarten ein. Einheitliche Erforschung des Volksliedes 
hat begonnen. Die Volksliedschätze werden in Archiven geborgen, nebenher gehen Unter¬ 
suchungen wie die Arbeit Geigers über die Geschichte des Volksliedes in der Schweiz. 
Geiger erhielt die Anregung von John Meier, dem großen Kenner des Volksliedes und 
seiner Literatur. 

Geiger geht von den Bestrebungen Bodmers aus. Er steht dem Liede noch nicht 
mit richtigem Verständnis gegenüber. Dies zeigt sich vor allem darin, daß er im Gegen¬ 
sätze zu Herder die Bedeutung der Melodie nicht erkennt. Nach ihm bemüht sich vor 
allem Lavater um das Schweizer Lied. Er sucht durch eigne Lieder das Vaterlandsgefühl 
seines Volkes zu heben, dieses Volkes, auf das man bisher hinabgeschaut hatte. Nun 
will man es zu sich heraufziehn. Lavater bemüht sich vor allem um eine volkstümliche 
Sprache, er nimmt hie und da oinen mundartlichen Ausdruck, auf. Einfache Weisen 
werden den Dichtungen untergelegt. Lavater findet reiche Nachahmer, die außerdem 
an Gleim, Bürger (Lenore) und die Haindichter sich anlehnen. Auch sie verfolgen das 
Ziel, das Volk zu sich heraufzuziehn und sehen in der Dichtung nur ein Mittel zu diesem 
Zwecke. 

Nach diesen Anfängen volkstümlicher Dichtung setzt die eigentliche Dialektdich¬ 
tung ein. Mit trefflicher Literaturkenntnis zeigt Geiger, wie durch Urteile ausländischer 
Reisender, durch genaueren Verkehr der Schweizer mit den Älplern Charakter und Sitten 
des Volkes eingehender studiert werden. Diese gesunde Bewegung geht vor allem von 
Bern und Luzern aus. Mit dem XIX. Jahrhundert kommen neue große Anregungen vom 
Ausland. Die Romantik beginnt auch in der Schweiz Anregung zu geben. Arnim kommt 
1802 in die Schweiz, doch hat er keine allzu große Ausbeute. Auch Fr. von der Hagen 
läßt sich zu seinen Sammlungen Schweizer Kuhreihen vcm Prof. Studer in Bern sohicken. 

Das reine Interesse für das Volkslied finden wir nun bei Männern wie dem Berner 
Professor Studer. Er suchte Lieder und Gesänge der Hirten. Er sammelte schon in 
einer Zeit, wo Herders Einfluß auf ihn noch ausgeschlossen war. 

Ihm schließen sich G. J. Kuhn, J. M. Usteri und J. R. Wyss an. Ihre Lieder 
sind zum Teile heute noch lebendig. Auch der Markgräfler singt sie heute noch, wie 
ich in meiner oberbadischon Volksliedersammlung zeigen werde. 

Zuletzt weist Geiger nach, wie das Volkslied in der Schweiz die Kunstdichtung 
beeinflußt. 

Die ganze Arbeit bietet uns eine gründliche Studie über einen Lebensausschnitt 
unseres Volksliedes. Literaturgeschichte und Volkskunde werden durch sie gefördert. 

Lörrach. Othmar Meisinger. 


Paul Alpers, Untersuchungen Uber das alte niederdeutsche Volkslied. Göttinger 
Dissertation. Göttingen, Soltau, 1911. 

Alpers untersucht das alte niederdeutsche Volkslied. Sein Hauptziel ist nachzu¬ 
weisen, welche Lieder sind auf niederdeutschem Boden vorhanden, welche sind einge¬ 
wandert, welche sind dort bodenständig, ein Problem, auf das schon Ludwig Uhland 
hingewiesen hat. 

Alpers geht von der Überlieferung des alten niederdeutschen Volksliedes aus. Er 
zeigt, daß die Zeit, aus der die wichtigsten Texte der ndd. Volkslieder stammen, die Zeit 
des Absterbens der mod. Literatur, des Verschwindens der ndd. Sprache aus dem amt¬ 
lichen Verkehr ist. Schon hier ergibt sich die Unselbständigkeit der ndd. Literatur. Im 
weiteren geht Alpers auf die germanische Liedergemeinschaft ein, auf Kommen und Gehen 
der Lieder von Volk zu Volk, bei Holländern, Schweden, Engländern und Niederdeutschen. 
Es werden hier sehr verdienstvolle Zusammenstellungen gegeben. Doch hätte es sich 
hier empfohlen, die Lieder nach Anfängen aufzuführen und nicht bloß zu schreiben »Ver¬ 
giftung und Testament«, »Vergeltung«. Es ist überhaupt heute eine bedauernswerte Un¬ 
sitte, daß Volksliedsammler den einzelnen gesammelten Liedern aus der Tiefe ihres Ge¬ 
mütes Überschriften geben, so daß ein und dasselbe Lied bei jedem neuen Sammler seine 
Überschrift wechselt. 


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Rücherbesprechungen. 


181 


Genauer wird dann untersucht, wie die Übertragung eines Volksliedes in eine 
andere Mundart erfolgen kann. Hier schneidet Alpers eine wichtige, aber auch sehr 
schwierige Frage an. Man kann nicht vorsichtig genug sein bei der Frage, wo liegt das 
Ursprünglichere vor, wo ist das Abgeleitete. Nur sehr selten wird der Reim eine feste 
Stütze sein. Es müßte hier die Frage entschieden werden, wie weit hat das Volkslied 
reinen Reim gehabt. Hier fehlen uns noch wichtige Vorarbeiten. 

Der zweite Teil der Arbeit von Alpers erforscht nun die Herkunft einzelner Lieder, 
so des Liedes Der Herr von Falkenstein, Der Mädchenmörder (Blaabartsage), Der Schreiber 
(Zimmergesell), Frau zur Weißenburg, Brennenberg, Schloß in Österreich, Hildebrand, 
ik ret einmal to baschwert an, Totenamt, Fünf Söhne, Frau Nachtigall und einige weitere. 
Das Ergebnis ist nicht überraschend. Die bedeutenderen bailaden- und romanzenartigen 1 
ndd. Lieder sind aus fremder Mundart übertragen, dagegen eine Zahl kleinerer, meist 
neckischer Liedchen scheinen auf ndd. Boden entstanden zu sein. Noch weitere 162 Lieder 
hat Alpers untersucht und gefunden, daß für sie das gleiche gilt. Es bliebe nur die 
Aufgabe, die ganze niederdeutsche Literatur des Volkslieds zu durchforschen. 

Von Einzelheiten will ich hervorhebon, daß Alpers wahrscheinlich macht, daß der 
Herr von Falkenstein nach der Burg im Schwarzwald genannt ist, bei der ja auch Ernst 
und Wetzel fielen. 

Es wäre sehr zu begrüßen, wenn wie in Göttingen auch an anderen Universitäten 
Doktorarbeiten aus dem weitesten Gebiete der Volkskunde, vor allem auch der Mythologie, 
gestellt würden und nicht bloß aus dem Gebiete der Grammatik und Literatur. 

Lörrach. Othmar Mcisinger. 

Harder, Werden und Wandern unserer Wörter. Etymologische Plaudereien. Vierte 
wesentl. vermehrte u. verbesserte Auflage. Berlin, Weidmannsche Buchhandlung, 1911. 

Harders Buch hat in seiner neuen Auflage ziemlich au Umfang zugenommen. 
Überall sieht man die weiterarbeitende Hand des Verfassers, der die neuesten Ergebnisse 
der Forschung uns bietet. Er konnte von Kluges Etymologischem Wörterbuch die 7. Auf¬ 
lage, Weigands Wörterbuch und Hirts Etymologie der neuhochdeutschen Sprache benutzen. 
Auch die Zeitschriften »Wörter und Sachen« und die Germanisch-romanische Monats¬ 
schrift boten eine Reihe von neuen Anlegungen. So zeigt sich uns das Buch Harders 
als ein treffliches Mittel, Einkehr zu halten bei unserer Muttersprache. Wie Wülfing 
in seinem Büchlein »Was mancher nicht weiß«, gibt uns Harder in anregendem Plauder¬ 
tone die Ergebnisse der deutschen Sprachwissenschaft. Auch wer lange Jahre sich mit 
den in dem Buche vorliegenden Fragen beschäftigt hat, wird eine große Fülle von Be¬ 
lehrung daraus schöpfen können. So dürfte manchem neu sein, daß Schikane auf das 
persische tschungän, d. h. Lochballspiel zu Pferde zurückgeht (S. 79), daß in Mayonnaise 
der Name des Karthagers Mago, des Gründers von Mahon auf Menorka, des jüngsten 
Bruders Hannibals, vorliegt. Die Tunke hieß ursprünglich Mahonnaise (S. 21). Neu ist 
die Ableitung von Cancan aus lateinisch quamquam, Körting kennt sie noch nicht, er 
leitet Cancan von can(ard) ab. Erfreulich an Harders Buch ist, daß os gegenüber 
schwach erwiesenen Aufstellungen vorsichtig ist, in andern Fällen aber auch wieder fester 
zufaßt als manche unserer Worterklärer. So stellt er kaufen ruhig zu cauponari, Flöten 
gehn zu hebr. Pleite, pclctäh das Entkommen. In Ostern findet er die angelsächsische 
Göttin Ostara trotz der Einwendungen neuerer Forscher wie Lexer und Golther. In 
manchen Fällen hätte er unzweifelhaft Verfehltes weglasson können, so hat Kanapc (S. 44) 
sicher nichts mit lat. canapis zu tun, wenn schon Varro, de re rustica 11,8 ein eono - 
pittm = Iagei kennt; vgl. Horaz. Epoden 9, 15. 

Auch daß das griechische iiyytlog persischen Ursprungs ist, scheint mir erwiesen 
zu sein (S. 157). Die Ableitung des Wortes Apfel von der kampanischen Stadt Abella f 
die durch Obstreichtum und gerade durch ihre Äpfel berühmt war. lehnt neuerdings auch 
Schräder in seinem Buche »Die Indogermanen«, Quollo und Meyer, S. 29 ab. 


1 romanzenbaft. wie Alpers schreibt, ist kein deutscher Ausdruck. 


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182 


Bücherbesprechungen. 


An einzelnen Stellen, wo auf Mundarten verwiesen wird, wäre etwas genauere 
Angabe am Platze gewesen, so S. 53: in Dialekten auch Baude (neben Bude); warum 
wird keine genauere ■ Angabe gemacht? Ebenso wird S. 142 nur gesagt: in manchen 
Dialekten noch jetzt Zistag. Hier ließen sich Grenzen geben. Bühne = Heuboden ist 
nicht bloß schweizerisch, sondern überhaupt alemannisch. 

In einigem läßt sich vielleicht Harders Buch noch ergänzen. Bei Aufzählung der 
Nahrungsmittel hätte der alte wertvolle Besitz der Alemannen Anke (zu lat. unguentum) 
verdient erwähnt zu werden. Bei Besprechung von Laterne wäre hinzuweisen auf fran¬ 
zösisch lanterne mit seiner Erhaltung des ursprünglichen Nasals (griech. XapniriQ , S. 52). 
Bei Besprechung von Palast und seiner Verwandten (S. 53) ließ sich auf demselben Raume 
ein abgerundetes übersichtliches Kulturbild goben. Die Karolingerzeit mit ihrer Renais¬ 
sance holt zum ersten Male aus Italien Palatium, es wird zu gut deutschem Besitz, zu 
Pfalz. In der Folgezeit kommt es noch zweimal aus Frankreich herüber als palas und 
palais. Es sind zwei Zeiten mächtigen Überragens französischer Kultur. Hier erhält 
der Leser durch Harders Darstellung keinen klaren Einblick in die drei Entwicklungs¬ 
stufen. S. 54 konnten unter Reise = Kriegszug füglich die Reisläufer erwähnt werden. 
Unter Braut durfte erwähnt werden, was Braune in den Beiträgen XXXII, S. 30 — 59 zu 
diesem Worte vorgebracht hat. Die Sitte, den Sohn nach dem Großvater zu nennen, 
kennen auch deutsche Stämme. Ein Friese Clas Petersen (Sohn des Peter) nennt seinen 
Sohn Peter Clasen. Als Badener hätte ich es angenehm empfunden, wenn unter den 
Spielen auch unser altbadisches Zego aufgeführt worden wäre. Es gehört wohl zu lat. 
caeeusy ältere Schreibung Caeco. Lord , angelsächsische hldford wird sonst von got. hlaifs 
und wart abgeleitet, nicht, wie der Verfasser tut, von ort Anfang, Haupt, Herr (S. 76). 
Bei Schächer, mhd. schdch Raub wäre auf das französische echec hinzuweisen. Die ur¬ 
sprüngliche Bedeutung von Leutenant wird klar durch den Hinweis auf Oberstleutenant 
= Stellvertreter des Obersts (S. ÖO). Der Zapfenstreich hat zweifellos nichts mit dem 
Tannenzapfen zu tun, der früher ein Wahrzeichen der Gastwirtschaften war und abends 
abgenommen, d. h. gestrichen wurde. Streichen heißt schlagen, den Zapfen streichen 
heißt den Zapfen einschlagen. Dies beweist die ältere Soldatensprache, auf die Sohns 
in seinem soeben erschienenen Büchlein »Wort und Sinn«, Teubner, 1911, S. 44 hin¬ 
weist; vgl. Picander II, 102: Wenn man den Zapfen schlägt, soll der Soldat nach Hause 
gehn; Simplizissimus I, 233: Es wird der Zapfe geschlagen, der Zapfenstreich getan. Noch 
heute gibt die Mutter den Kindern im Wiesentale nicht Schläge, sondern Streich . S. 107 
wäre bei schenken zu trinken geben auf Schenkamme hinzuweisen. S. 119 lesen = sammeln 
liegt noch vor in »Ähren lesen«; S. 121 müßte es richtiger heißen: Journal geht auf 
diurfialiSy eine Weiterbildung von diurnus zurück; S. 124: in trauter steckt das griechische 
t oonog. Jambus hat man ^chon zum griechischen Verbum lunua gestellt. Neben Nixe 
S. 163 durfte auch Neck , Nöck erwähnt werden. Adelar, die Urform von Adler, liegt 
heute noch in dem Namen Adolar vor (S. 181). Bei dem Namen Neunauge mag wie 
bei Neuntöter die alte indogermanische Rundzahl neun mitgesprochen haben. Bei Be¬ 
sprechung der Farben vermisse ich braun , das wir endlich einmal mutig zu brennen 
stellen sollten. 

Wenn Harder einige vou diesen Bemerkungen verwerten kann, so soll es mich 
freuen. Ich wünsche seiner neuesten Auflage guten Erfolg. 

Lörrach. Otlnnar Mcisinger. 


Hans Schulz, Deutsches Fremdwörterbneh. 3. Lieferung: Dynamit bis Gendarm. 

Straßburg, K. Trübner 1911, S. 161 — 240, 1,50 M. 

Das dritte Heft des vortrefflichen Schulzschen Fremdwörterbuchs unterscheidet sich 
nach Anlage und Ausführung nicht von seinen beiden Vorgängern. Hier wie dort werdeu 
die Wörter von ihrem ersten Auftreten an verfolgt, hier wie dort finden sich kultur¬ 
geschichtlich bedeutsame Bemerkungen eingestreut, z. B. S. 227 unter frisieren: urspr. 
kräuseln, vermutlich aufgekommen mit den französischen Perücken, oder S. 213 unter 
Filigran: Hauptsitze der Filigranindustrie waren Rom und Florenz. .So erfahren wir, daß 


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BücherbesprechungeD. 


183 


Gala und vermutlich auch Etikette (Ordnung gesellschaftlicher Formen) am Hofe Kaiser 
Leopolds (1658 —1705) als Worte des Hofzeremoniells aufgenommen worden sind, daß 
Furore machen durch die Wiener Journalistik verbreitet und Droschke an Stelle des 
süddeutschen Fiaker von Berlin aus in Umlauf gesetzt wurde; daß sich Experiment mit 
dem Aufkommen der Experimentalphysik seit Baco von Vernlam und Expropriation mit 
der Enteignung von Grund und Boden zur Anlage von Kunststraßen und Eisenbahnen 
eingebürgeit hat Ferner werden wir darüber unterrichtet, daß eo ipso, exorbitant, Exe¬ 
kution u. a. aus der Kanzleisprache, famos, fidel, Fiduz u. a. aus der Studentensprache 
stammen. 

Auch die Mundarten sind berücksichtigt, so die Verbreitung von Eau de Cologne, 
Force, Gendarm, fix, echauffieren, extra. Wir hören ferner, daß fesch in Wien aus 
engl, fashionable gekürzt, egal in der Bedeutung immer auf Ostmitteldeutschland beschränkt 
ist und daß Flötuse (flute douce) in den ostmitteld. und den ndd. Mundarten als Ersatz¬ 
wort für Flöte erscheint 

Mitunter wünschte man, daß noch etwas mehr auf die Dialekte Rücksicht genommen 
würde, z. B. bei Galeere. Da heißt es: »Ruderschiff, stets nur als Name ausländischer 
Schiffe im Bereiche des Mittelmeeres gebraucht«. Doch eröffnet uns der in Oberdeutsch¬ 
land übliche Ausruf ei Galee oder Mordsgalee, Heidengalee, Höllengalee einen Ausblick 
in die Zeit, wo deutsche Verbrecher nach Genua und Venedig auf die Galeeron gebracht 
wurden (vgl. BagDo — lat. balneum, schwimmendes Zuchthaus, Galeere). 1 Im Elsässischen 
bezeichnet Galee noch Zuchthaus (Weiteres im Elsäss. Wörterb. I, 309 f. Schweizerisch. 
Idiotik. II, 202, Schwäbisch. Wörterb. 1,2, 899, Keiper in Lyons Zeitschr. f. d. d. Unterr. 
1909, 253). 

Zweifelhaft erscheint mir, ob flaokieren, umherschlendern wirklich von Österreich. 
Flank, Lump, schweizer. Flangge, liederliche Weibsperson herkommt. Nach meiner 
Ansicht ist es dasselbe Wort wie flanieren (frz. flauer) mit volksetymologischer Anlehnung 
an die Wörter Flanke und flankieren (frz. flanquer), ebenso wie Futterasche nichts weiter 
ist als das volksetymologisch zurechtgemachte, d. h. an Futter angelehnte fourrage. 
Schon die weite Verbreitung von herumtlankieren und die geringo von Flank, Flangge 
sprechen gegen eine Herleitung aus diesen Wörtern, ganz abgesehen von der fremden 
Endung -ieren. Der Brüsseler Alchimist und Schöpfer des Wortes Gas wird irrtümlich 
vom Helmont statt van Helmont genannt (S. 238). 

Hier und da konnte auch ein früherer Beleg gegeben werden, so bei Fixigkeit, 
das nicht erst in einer Schrift Fontanes von 1891 vorkommt, sondern schon in Fr. Reuters 
Stromtid (1864) und zwar in der bekannten Äußerung Bräsigs, daß er dem Inspektor 
Havermanu in der Fixigkeit über sei. während dieser ihn in der Richtigkeit übertreffe. 

Eisenberg, S.-A. • 0. Weise. 

J. Weinberg, Zu Notkers Aulautgesetz (= Sprache und Dichtung. Forschungen zur 
Linguistik und Literaturwissenschaft Herausgegeben von Harry Maync und S. Singer). 
Tübingen, Mohr, 1911. 40 S. 2 Mk. 

Die Verbindung, dio die Mundartenforschung stets mit der deutschen Philologie 
unterhalten muß, um nicht auf unfruchtbare und kleinliche Arbeit zu verfallen, kann 
gelegentlich auch dieser von Nutzen sein. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Frage des 
Notkerschen Anlautgesetzes. Schon von J. Grimm beobachtet, wird es von Männern wie 
Höfer, Steinmeyer, Weinhold und Holzmann gedeutet, ohne daß es eigentlich zu der 
Fragestellung kommt, die uns von dem Standpunkte des geschulten Mundartenforschers nahe 
liegt. Was für einen Lautwert will Notker mit der wechselnden Schreibung bdg(v): 
ptk(f) bezeichnen? Die Tatsache, daß die heutigen alemannischen Maa. keine stimm¬ 
haften Verschlußlaute mehr besitzen, bekam seit der genaueren Erforschung des Laut- 

1 Noch im 16. Jahrh. (1572) sind 56 schlesische Verbrecher über Zittau nach Venedig 
gebracht worden. Vgl. Lausitzer Magazin 1888, S. 317 und meine Schrift »Unsere Mund¬ 
arten, ihr Werden und ihr Wesen«, S. 169. 


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184 


Bücher Besprechungen. 


Standes oberdeutscher Maa. mehr Bedeutung, und die Feststellung Heuslers, daß in 
Baselstadt stimmlose Lenes einen Unterschied in ihrer Artikulationsstärke zeigen, je nach¬ 
dem sie in stimmhafter odor stimmloser Umgebung stehen, brachte einen Lautwechsel 
ähnlich dem von Notker mit feinem lautlichem Gehör festgehaltenen ans Tageslicht Aber 
im Satzanfange hat Baselstadt Lenis, Notker dagegen wechselt zwischen Fortis und Lenis 
(wenigstens in seinen ältesten Werken). W. führt nun hier zur Lösung des Problems 
einige in Maa. beobachtete Tatsachen an, die mir einen Fortschritt über die früheren 
Behandlungen der Frage zu bedeuten scheinen. Durch isolierte Aussprache, syntaktische 
Betonung u. ä. kann die Lenis so verstärkt werden, daß sie entweder zur Fortis wird 
oder ihr nahe kommt. Eine Mittelstellung zwischen Lenis und Fortis aber ist uns jetzt 
nichts Unbekanntes mehr, seitdem P. Lessiak für Pernegg vier Stärkegrade in der Artiku¬ 
lation der Verschlußlaute festgestellt hat Das Schwanken bei Notker im Satzanfange 
deutet jetzt W. recht überzeugend als den Versuch, einen solchen Mittellaut darzustellen, 
und er sieht — m. E. wieder sehr einleuchtend — in dem späteren völligen Verzicht des 
ahd. Übersetzers auf wechselnde Lautbezeichnung eine Bestätigung seiner Vermutung; 
denn es sei im einzelnen Falle schwierig gewesen, sich für Lenis oder Fortis zu ent¬ 
scheiden. 'Die Verfechter der älteren Ansicht eines Wechsels zwischen stimmhaftem und 
stimmlosem Verschlußlaut (Wilkens und Wümanns) werden am treffendsten wohl durch 
den Hinweis auf den Wechsel zwischen f und r widerlegt. Denn gerade dieser macht 
auch für bdg den Ausschluß der Medianatur wahrscheinlich. 

So ist das Notkerproblem durch moderne mundartliche Beobachtungen gelöst oder 
mindestens seiner Lösung nahe gebracht. • 

Der erste Teil des Werkchens bringt statistische Angaben über die dem Anlaut¬ 
gesetz zugrunde liegende Lauterscheinung. 

Steglitz. H. Teuchert. 


J. L. Oemarker, Stadtossen (= Bergiscbe Erzähler. 4. Bd.). Elberfeld, Martini u. 

Grüttefien, 1912. 8 # . 134 S. Geb. 1,80 Mk. 

Das Buch ist eine Fortsetzung des »Wicbelkus’ Käpp«, worüber ich im Jg. 1911. 
178 berichtet habe. Der kleine Held Fritz ist der Bruder jenes Kaspar. Was dort gelobt 
wurde, kann im ganzen hier wiederholt werden. Die Frische und Unmittelbarkeit der 
Darstellung zeigt sich auch hier an den meisten Stellen, der Gebrauch der Muttersprache 
ist auf einer sonst selten erreichten Höhe; hochdeutsche Wendungen findet man fast 
nicht Und doch hat mich der Gesamteindruck nicht so befriedigt wie das vorige Mal. 
Das mag wohl am Stoff liegen. Die Schulerlebnisse des Realschülers, vulgo »Stadtossen«, 
werden mit vielen entbehrlichen und zum Teil recht weit hergeholten Dingen verquickt. 

Für den Liebhaber der Mundart findet sich manch seltenes Wort, noch mehr Aus¬ 
beute aber wird den Freund der Volkskunde locken. Kinderspiele und -lieder, die jetzt 
schon ausge8torbon sind, werden mit treuer Hand bewahrt. 

Steglitz. H. Teuchert. 


Th. Rabeler, Niederdeutscher Lautstand im Kreise Bleckede. 2. Teil (Sonderabdruck 
aus der Z. f. d. Ph. 1911, 320—377). 

Die vorliegende Arbeit ist der Schluß der von mir im Jg. 1911, 376 — 380 be¬ 
sprochenen Doktordissertation des Verfassers. 

Auf zwei Punkte im Konsonantismus möchte ich noch zurüokkommen. Der erste 
ist die Feststellung, daß es im Kreise Bleckede stimmlose Lenes bei Verschluß- und 
Reibelauten gibt, der zweite betrifft die Verwandlung von Tenues in intersonantischer 
Stellung zu Medien. In beiden Fällen bin ich inzwischen nach Rücksprache mit Prof. 
W. Seelmann anderer Meinung geworden. Da Rabeler bei seiner lautphysiologischen 
Untersuchung keinen Apparat benutzt hat, der die stimmlosen von den stimmhaften 
Konsonanten unterscheidet — dies tut z. B. der Kehltonschreiber von Krueger und Wirt —, 
so darf man seinen Angaben Zweifel entgegenbringen. Im zweiten Falle bin ich auf die 


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Bücherbesprechungen. 


185 


Nahe dänischer Spracbgewohnheit aufmerksam gemacht worden, und in der Tat erklären 
sich die intersonantischen b, g, d aus früheren Tenues durch Eiyfluß dänischer Sprechweise. 

Für die auslautende Lenis nach stimmlosem Reibelaut ( naxd, fasd) finde ich auch 
in dem vorliegenden Teil keine Erklärung. 

Sonst bliebe nur wenig zu bemerken. R. setzt § 66 brqgy Flachs brechen mit 
etymologisch langem ä an; westf. ä beweist dagegen altes a. Auch bei mnd. pateren 
schwatzen liegt kein altes ä vor. Mit einem mnd. teil weiß sollte man sich doch endlich 
nicht mehr abquälen. Die Annahme einer Ablautsabstufung, die Job. Franck seit langen 
Jahren vertritt, bietet ja nicht die geringste Schwierigkeit. 

Zum Schluß möchte ich noch auf die Form zira oder ziara für Euter hinweisen; 
sie stellt neben manchen andern aus dem westlichen Niederdeutschland die Angabe des 
Mnd. Handwörterbuchs jeder, jüdder neben iider in das rechte Licht. Schon im As. findet 
sich der dat.pl. gederun (s. Wadstein S. 109, 9). Hier liegt eine interessante Parallele 
zur altnordischen Akzentversetzung vor. 

Steglitz. H. Teuehert. 

Beiträge zur Schweizerdeutschen Grammatik. Im Auftrag des Leitenden Ausschusses 
für das Schweizerdeutsche Idiotikon herausgegeben von Albert Bachmann. Frauenfeld, 
Huber & Co. 8°. — IV. Die Mundart von Urseren. Von Dr. Emil Abegg. 1911. 
vni u. 115 S. — V. Die Mundart von Keßwil im Oberthurgau. Mit einem Beitrage 
zur Frage des Sprachlebens von Dr. Fritz Enderlin. 1911. X u. 204 S. 

Seit ich in Jahrg. 1910, Heft 4 dieser Zeitschrift über die zwei ersten Hefte der 
>Beiträge« berichtet habe, ist zwar nicht das dritte, damals angekündigte Heft, wohl 
aber ein viertes und fünftes erschienen. Ausstattung und Anlage ist überall dieselbe; 
man darf wohl fragen, warum die Hefte nirgends, auch nicht unter der Vorrede eine 
Jahreszahl tragen, die doch nicht nur überhaupt bei wissenschaftlichen Arbeiten üblich 
ist, sondern ganz unentbehrlich bei mundartliohen, in denen noch dazu angegeben wird, 
wie rasch die Mundart sich verändere. Möge das künftig geändert werden! Beiden Ar¬ 
beiten sind mundartliche Texte und, was man besonders schätzen wird, Wörterverzeich¬ 
nisse beigegeben. — Dos vierte Heft gibt nur eine Laut- und Flexionslehre der Mundart 
des Urserentales; diese wird als einheitliche behandelt mit dem Zusatz, daß die drei 
Gemeinden sich nur in ganz unbedeutenden, ausdrücklich angegebenen Punkten der Laut¬ 
lehre unterscheiden. Übler ist, daß nach des Verfassers Angabe die Mundart zurzeit 
eine gewisse Sprachmischung aufweist und daß die Aufnahmen im Sommer gemacht 
wurden, einer dafür ungünstigen Jahreszeit. Die Grundsätze, die der sehr bescheiden 
auftretende Verfasser für sein methodisches Vorgohen auf 8. 4 entwickelt, sind zu loben. 
— Das fünfte Heft behandelt nur die eine Gemeinde Keßwil. Aber der Darstellung 
ihrer Lautlehre folgen zwei weitere Abschnitte von allgemeinerer Bedeutung. Zuerst 
redet der Verf. über sein Aufnahmeverfahren und verbreitet sich dann in sehr lehrreicher 
Weise über die mannigfachen Schwankungen, denen man nach Personen und Gelegen¬ 
heiten bei der Beobachtung der Mundart begegnet. Diesen Abschnitt sollten alle die 
lesen und beherzigen, welche die Aufnahme und Wiedergabe einer Mundart für so etwas 
ganz leichtes halten. Ein Anhang handelt sodann über das >Oberthurgauische«; den Ein¬ 
wand, den der Forscher gegen solche unbestimmte Bezeichnungen machen möchte, ent¬ 
kräftet der Verf. sofort, indem er die Gegend von Ort zu Ort abgrenzt (leider ist nicht 
bestimmt genug gesagt, daß, wie es scheint, die Grenzorte noch dem Gebiet selbst an¬ 
gehören) und indem er innerhalb des Gebiets wieder Verschiedenheiten angibt. Er nennt 
oberthurgaui8ch das am Bodensee von Steinenloh im Osten bis Landschlacht im Westen 
sich hinziehende, nicht weit ins Land hineinreichende Gebiet, das vor Nasallenis für 
altes -et- und -ä- den Laut q (3) hat: bq Bein, dihqm daheim, fqna Fahne. Hierzu 
bemerke ich: wenn Verf. meint, das Gebiet sei nach Norden durch den Bodensee be¬ 
grenzt und sein Charakteristikum komme sonst nirgends in der Schweiz vor, so dürfte 
dies in bezug auf -ä- richtig sein. Für -et- gesagt ist es unrichtig. Auch wenn wir 
es nur mit Beziehung auf die Verwandlung von -ei- in langes -q- fassen. Nördlich 


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Bücherbesprech ODgen. 


von Schaff hausen zieht sich bis an das Westende des Untersees und nach Westen bis 
Füetzen ein schmales Gebiet, in dem jedes ei, auch das sekundäre in seil, treit , zu q 
geworden ist. Dieses Gebiet umfaßt zumeist badische Ortschaften, daneben aber von 
schweizerischem Land mindestens die Ortschaft Buch, für die neben sqt, trqt auch itq 
»Stein« bezeugt ist. In jenen Gegenden nördlich von Bodensee und Rhein kommt auch 
gekürztes q < ei vor in khqnn »keinen«, woraus auch khqnr »keiner« (vgl. Enderlin S. 84 
u. später) und zwar bis an den oberen Neckar und bis ins württ. Oberamt Saulgau, neben 
qd y nasal ö«?, üd für lang gebliebenes; allgemein schwäbisch ql < eil: qlf »eilf«, hqlg 
»Heiliger«, dqlfhjz »Thailfingen« (Ortsname). Ob diese andern auch die nordrheini- 
schen q, desselben oder eher andern Ursprungs sind als die oberthurgauischen, kann 
hier ununtersucht bleiben; im letzteren Fall wäre doch von Interesse, daß das oberthurg. 
Gebiet von q und q dem nördlicheren benachbart ist, wie wir dann und wann bei gleich¬ 
artigen Ergebnissen aus verschiedenartigem Ursprung beobachten können. Vgl. zu der 
Sache Stickelberger, Lautlehre der Stadt Schaffhausen, S. 2, 36 ff., 54; Haag, Die Mund¬ 
arten des oberen Neckar- und Donaulandes, 8. 73, 76 f. und Karte; Veit, Ostdorfer Studien, 
S. 3, 72 f.; meine Geographie der schwäbischen Mundart, Karte 15. 

Tübingen. Hermann Fischer. 

Martin Lang , Schbatzaweisheit. Gedichte in der Mundart der Rauhen Alb. Stuttgart. 

Verlag von Julius Hoffmann, 1911. Pappeband (71 S) 1,30 Mk. 

Der Dichter faßt die schwäbische Art zunächst nach ihrer inneren Seite auf und 
sucht im erzählten Volkswitz die schwäbische Stammesseele nach ihren landläufigen Offen¬ 
barungen zu kennzeichnen. Doch zeigt er auch ein feines Gehör für die Laute der 
Mundart des Gebiets der mittleren Alb und deren Übergang zur Ulmer Landschaft. Er 
bedient sich derselben auch dann, wenn er Tübinger »Gögen« oder Bewohner der Filder 
(über dem Plochinger Neckarwinkel) zum Worte kommen läßt; doch ist seine Aussprache¬ 
bezeichnung nicht ausreichend für Angehörige mitteldeutscher Volksstämme, während für 
eigene Stammesgenossen eine einfachere Mundartschreibung auch genügt hätte. Sein 
Wortschatz bietet nicht selten eine »Rettung«, und sein Satzbau hält sich mit Glück an 
volkstümliche Vorbilder, aus welchen sich zum Teil Regeln ableiten ließen. Das Büchlein 
kann den Bearbeitern von Fischers »Schwäbischem Wörterbuch« als Fundgrube dienen, 
namentlich für Volksetymologien, die hier mitunter in wahrhaft köstlicher Einkleidung 
wiedergegeben sind. 

Erligheim (Württemberg). A. Holder. 


V. Isidor Hopfner S. J. 9 Die Namen Vorarlbergs auf der neuen Landeskarte. 

Bregenz bei J. N. Teutsch. 8°. 130 S. 1,20 Kr. 

Ich habe mich offen gestanden gefreut über die Auküudigung dieses Buches und 
bin mit den besten Hoffnungen an dessen Studium gegangen, weil ich daraus manches 
zu gewinnen glaubte über ein Namengebiet, das mir sehr nahe liegt. Allein ich bin, um 
es gleich zu sagen, bitter enttäuscht worden. Der Verfasser ist trotz aller Liebe zur 
Sache und trotzdom er viele, wenn auch nicht genügend, einschlägige Schriften kennt, 
auch nicht entfernt in der Lage, in die — allerdings oft recht seltsamen — Ortsnamen 
Vorarlbergs einige Klarheit zu bringen. 

Wenn wir heute hören, daß humanistische Gelehrsamkeit des IG. Jahrh. den Namen 
des vorarlbergischen Hauptorts Feldkirch als Velcuria erklärt habe, so lächeln wir 
höchstens. Wenn nun aber heutzutage einer ihn etwa als aus ft (= bi) alta curia unter 
Aufgebot von allerlei gelehrtem Beiwerk deutete, was dann? Hopfner tut das nicht, 
aber ich wundere mich, daß er es nicht tut. Ich habe gerade seinen Aufenthaltsort ge¬ 
wählt, um zu zeigen, welcher Art die meisten seiner Erklärungsversuche sind. 

Das Buch ist eine Sammlung von 24 Einzelartikeln, die nach und nach im Vor- 
iriborger Volksblatt erschienen und von denen jeder mit einer Einleitung über des Ver- 
a^rs uameukundliche Anschauungen versehen war, die, wie er selbst sagt, meist nur 


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Bücherbesprechungen. 


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sehr locker mit den nachfolgenden alphabetisch geordneten Namendeutungen zusammen¬ 
hing. Es wäre in erster Linie wünschenswert gewesen — und die Umbrechung des 
Satzes hätte auch keine nennenswerte Arbeit verursacht —, wenn diese »Einführung« 
bei der Herausgabe in Buchform zusammengezogen worden wäre; so aber muß man sie 
in 24 Teile zerrissen genießen. 

In H. ist ein neuer Keltomane erstanden, dem es freilich an dem nötigen Rüst¬ 
zeug fehlt, um seine Sache erfolgreich durchzufechten. Zunächst sind ihm die alten Räter 
Kelten, was allen bisher geltenden Ansichten widerspricht; dann läßt er das »Keltische« 
erst zu Anfang des zweiten Jahrtausends etwa verschwinden, trotzdem in den Urkunden 
selbst der frühesten Zeit neben germanischen nur romanische Personennamen erscheinen, 
trotzdem um 900 die Bewohner des »WaUgaus« lediglich als Romani et Alamanni unter¬ 
schieden werden, trotzdem es ihm selbst nicht gelingt, Namen von unzweifelhaft kelti¬ 
schem Klang vorzulegen. Ja, es möchte fast scheinen, als setze er einen gewissen Stolz 
darein, sich selbst zu seinen Rätokelten zu zählen, wenn er S. 51 von den Kelten spricht, 
»zu denen unsere Ahnen gehörten«. 

Die ganze keltische Hypothese dünkt mich auf zwei wackeligen Pfeilern aufgebaut 
zu sein. Die Teile des ersten müssen aus dem ganzen Buch zusammengesucht werden, 
einzeln sind sie nicht verständlich. Wie aus S. 6, 34 und 51 hervorgeht, nimmt H. den 
Namen der Römerstation Clunia auf der Peutinger - Tafel als verschrieben an und setzt 
dafür Dunia (erg. arx). Und dieser Name soll in dem 10 km in gerader Linie von 
Dunia = Altenstadt entfernten Düns erhalten sein, »wo,,da eine Römerstation nicht 
dort sein konnte, eine Villa oder ein Wald gewesen sein muß, der zu Dunia gehörte«. 
Nun hat ja die Peutinger-Tafel sehr viele Schreibfehler und es haben wenige wohl deren 
mehr nachgewiesen als ich, allein eine Verwechslung von anlautendem CI mit D ist mir 
nicht begegnet. Wozu auch Clunia , das auf keltischem Boden auch sonst als Oitsname 
vorkommt, vertauschen mit Dunia , das erst geschaffen werden muß? Wohl um daraus 
die >campi Duni « — im Anklang an Cambodunum? — bilden zu können? Es ist eitel 
Phantasie*, was dort auf S. 6 von dem »Taufregister« Altenstädts zu leseu. Wenn, worauf 
ja vieles verweist, dieses das einstige Clunia ist, so bedarf es keines Zwischenglieds: 
Die Römerstätte verfiel zur Ruioe, der alte Name starb und die dort ansässigen Neu¬ 
siedler benannten ihren Wohnort »bei der alten Statt«. 

Die andere Stütze bildet die Annahme der »keltischen« Wortstämme ana und ara 
(= Dorf und Bach), die sich noben etlichen anderen angeblich in einer großen Anzahl 
von Namen wiederholen. Woher sind diese »Stämme« geschöpft? Aus Holders Alt¬ 
keltischem Sprachschatz kaum; denn dort findet sich beides nur als Suffix aufgeführt. 
Um aber die Stämme als in möglichst vielen Ortsnamen steckend erweisen zu können, 
bedurfte es noch eines Hauptschlüssels: dazu dient die Präposition 6i, die bald ihren 
Vokal verliert, bald behält und in allerlei Wandlungen als 6t, pi, wi, fi und vi er¬ 
scheinen kann. Beispiele: Brande bi aratia (Bachdorf); Valbona <W alpana ; Fallüla 
< fi allüla ; Faschina < ci escana\ Widderstein < wi dura stein = beim Steinbachstein; 
Watzmann < wi atxmann ; Ochsenberg und Bocksberg < (bi) ugs (= iug Joch) berg ; 
Bitschweil < bi gweil (= gabalu die Gabel). Will’g gar nicht recht stimmen, so wird 
noch allerlei anderes zu Hilfe gerufen, ob’s paßt oder nicht, z. B. Bezau<6t atana = 
am Moor »durch Umlaut, Lautverschiebung und volksetymologische Anlehnung an Au«. 
Ja, dieser 6-Vorschlag hat überaus weite Verbreitung: sogar Belgien, Britaunien, Pavia, 
Besangon (< bi Set/uana) und Paris haben ihn trotz Vesontio und obwohl Parisii ur¬ 
sprünglich Völkername ist. Auf S. 80 wird’s dem Verf. endlich selbst etwas schwül über 
diese Art Sprachwissenschaft und er bekennt: »Auch meine besten Freunde schütteln 
manchmal den Kopf über die vielon 6t«. 

Auch noch andere unbequeme Anlaute erfahren eine überraschende Deutung. 
Samara = amara , »weil keltisch s gern verhaucht wird«. Ein anderes s ist der Rest 
des deutschen Artikels: Simligschwend = ’s Imligschwend von kelt. amlicon = Bächlein, 
Sibratsgfäll und Sippersegg = 's Ifrats (vom Berg Ifer, der noch dazu 12 km entfernt 
ist). Der Trittkopf = dr Ittkopf, Tanzkopf = d’Anzkopf (Geschlecht und Kasus sind 
hier leider nicht angegeben). Der Artikel kann überhaupt merkwürdige Formen an- 


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188 Bücherbesprechungen. 

nehmen, so in Osang d. i. »Sang mit Artikel« (portugiesisch?). Was das g in Gatterbach 
= g-atar-bfich bedeutet, wird nicht verraten. Wo aber einmal nach urkundlichen Aus¬ 
weisen wirklich ein Artikelrest hängen geblieben ist, wie in Möggere < alt xem Otgers, 
da wird’8 zum Namen genommen; darum »k. moccos (Eber) > moccara (Eberbach) > 
Möggers«. 

Selbst Namen, die jedermann ohne weiteres als klar deutsch erkennt, werden oft 
in keltische Zwangsjacke gesteckt. Das Mädele (von Mahd), das man jederzeit noch 
von den Bauern hören kann, gehört zu mata = Berg; die schöne Lindau zu lindos = 
See; am H&derich (Name für Gundelrebengebüsch) zu ataricon = Moosbachberg; Reute 
zu riton = Furt, darum Riezlern < rit-l-ara = Kleinfortenbach, obwohl es nachweisbar 
nach den im 14. Jabrh. dort ansässigen Mitgliedern der Familie Rüetzner benannt ist; 
desgleichen Breitach < bi-rit-ach d. i. bei der Furt-ach, obwohl es schon 1059 eine 
klar deutsche Breilahe ist. Der Arlberg kommt natürlich auch nicht von der dort Arle 
genannten Legföhre, ja er ist überhaupt »kein Berg, sondern ein Paß« trotz S. 18, wo 
es beißt: »Zum Namen Berg genügt schon eine kleine Erhebung des Bodens«. Urkund¬ 
liche und mundartliche Formen sind für den Verf. fast durchweg entbehrlich; sie würden 
auch meist seine sprachlichen Kreise stören. 

Der Fachwelt kann die Abhandlung nichts schaden; denn die ist gegen solche In¬ 
fektion gefeit Allein dem Volke — noch dazu in einzelnen Dosen — dargereicht, hat 
sie wohl schon Wirrwarr und Unheil gestiftet und wird leider vermutlich noch mehr stiften. 

Memmingen. Julius Miedet. 

Krelzschwerneng, Spaß muß seng! Gedichte in Schwälmer Mundart von J. H. Kranz 
und J. H. Sohwalm. Erster Band. Zweite Auflage. 3. u. 4. Tausend. — Zweiter 
Band. 1. u. 2. Tausend. Ziegenhain 1911. Verlag von Wilhelm Korell. 

Dem von mir in Ztschr. f. hochd. Ma. 1905, S. 296/97 besprochenen ersten Bande von 
Gedichten in Schwälmer Mundart (Ziegenhain 1904) ist heuer eine neue Auflage beschieden 
worden, die von der großen Beliebtheit der Dichtungen Zeugnis ablegt Diese neue 
Auflage unterscheidet sich von der ereten lediglich durch eine Änderung in der Schreib¬ 
weise, jedoch nicht immer zugunsten einer wissenschaftlichen Schreibart. Statt b&schl 
(Bursche) lautet es jetzt buscht, statt Chresdäuk jetzt Chresdäg, statt jäng jetzt jüng, 
statt erlööbnis jetzt erlöbnis usw. Auch die Schreibung xoh (Zahn), xeh (Zähne) statt 
xoo, xee, ferner dier (Tier), brieb (Brief) statt diir, briib ist beibehalten worden ebenso 
wie die Schreibung drei, freie, Zeiehääng (Ziegenhain) usw. für drai, frais, Zaühääg 
geblieben ist. Eine Besserung ist auch nicht zu ersehen, wenn statt höus, möul jetzt 
häus, maus, statt krik, schlädk, Wäsebärk jetzt krigg, schlag, Wäsebärg usw. ge¬ 
schrieben wird. Auch das Prinzip, die Länge nur da anzudeuten, wo im Hochdeutschen 
die Silbe kurz gesprochen wird (z. B. haand = Hand, braand = brannte), im übrigen 
gesprochene Länge nicht zu schreiben (z. B. schläg = Schlag, Laue = Leben) ist aus 
wissenschaftlichen Gründon anfechtbar. 

Der zweite Band dieser Gedichte ist inhaltlich nicht ganz auf der Höhe des ereten 
geblieben. Einige wie dä Alkehol (die bekannte Anekdote, daß die Bauern dem »Alkohol« 
abhold sind, weil sie ja noch den Schnaps haben), dä Deiuel in dä Kärch sind nicht 
spezifisch schwälmerischen Inhalts, andere wie Ossedööf, Flejelsbossc, Bie die Walt enger 
güng sind zu weitschweifig und ohne Pointe, während andere wieder wie das folgsame 
Jengelclie, dos Kuchebläch, dä Dellcgraf, dä Geissehannel mit troffendom Witz und 
beißendem Spott die Schwächen des infolge seiner jahrhundertelangen Abgeschlossenheit 
und Weltfrcmdheit eigenartigen Schwälmer Volkes geißeln und brandmarken. Auch hier 
ist die Schreibweise nach den Prinzipien der Neuauflage des oreten Bandes durchgeführt. 
Infolgedessen ergeben sich für die Benutzung zu mundartlichen Forschungen mancherlei 
Schwierigkeiten und Inkonsequenzen, wenn z. B. geschrieben wird S. 30 hecher (höher) 
statt heecher, S. 27 dä döue (taube) Jerj statt dä dööire Jerj, S. 26 stross (Straße) statt 
slroos, S. 63 bled statt bleed (blöde), S. 29 knorc statt knourc (Knoten), S. 107 schuanx 
statt schuaands, S. 106 Ilossbach statt Boosbach (Ransbach), S. 61 häng statt hängk 


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Bücher besprechun gen. 


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(Honig) oder wenn sich Reime finden wie gemis (Gemüse) — paradies (S. 110), begänt 
(begegnete) — äänt (Ente) (S. 117), schicees — /des (8.66) usw. Auf einen Druckfehler 
läßt sich wohl die doppelte Schreibung Härme (S. 27) neben Härme (S. 28) zuriickfvihren. 
Sprachliche Erklärungen fehlen S. 55 zu Bräeh, S. 48 zu Xeifraank, S 111 zu om ge - 
räehtige Seel , S. 112 zu schro , S. 81 zu Druss, 8. 66, 73 zu tcahnt-see, S. 112 zu genest, 
8.162 zu bäscht. 

Trotz dieser Ausstellungen bleibt das Verdienst für die Herausgeber bestehen, in 
»Kreizschwerneng« ein mundartliches Gedichtbuch geschaffen zu haben, das, abgesehen 
von seinem künstlerischen Werte, eine solche Fülle von sprachlichen interessanten Einzel¬ 
heiten enthält, daß der Mundartenforscher nicht gleichgültig an dieser Fundgrube vorüber¬ 
gehen kann. Es ist bis jetzt die einzige mundartliche Sammlung aus hessischem Sprach¬ 
gebiet von einigem zuverlässigen Wert. 

Hersfeld (Fulda). Wilhelm Schoof. 


Joh. BapU Hartmann , Dr. phil., Kurat an der Königl. Uni versitäts - Frauenklinik 
München, Die Terenz-Übersetzung des Valentin Boltz and Ihre Beziehungen za 
den filteren Terenz-Übersetzungen. Kommissionsverlag der Jos. Köselschen Buch¬ 
handlung in Kempten und München. VIII-f-80 Seiten. 8°. 

Bekanntlich erfreuten sich die Lustspiele des Terenz im Mittelalter und darüber 
hinaus einer großen Beliebtheit, so daß gleich nach Erfindung der Buchdruckerkunst 
eine gewaltige Anzahl von Ausgaben erschien. Aber auch dem des Lateinischen nicht 
kundigen Leserkreise wurden sie bald zugänglich gemacht. Zuerst übersetzte 1486 der 
Ulmer Bürger Hanns Nythart den Eunuch, sodann erschien 1499 bei Ghininger in Stra߬ 
burg ein vollständiger deutscher Terenz, auf den 1540 bei Morbart in Tübingen die 1539 
abgeschlossene Verdeutschung von Valentin Boltz folgte, der in unbekanntem Jahr zu 
Ruffach im Elsaß geboren nach mancherlei Lebensschicksalen im Dienste der Kirche und 
Schule 1560 zu Binzheim in Baden gestorben ist. Hartmann stellt nun in seiner gründ¬ 
lichen besonnenen und wohlgeordneten Arbeit fest, daß Boltz als Vorlagen eine der ver¬ 
schiedenen Kölner und die Grüningersche Ausgabe des lateinischen Textes von 1496 und 
dessen deutschen Text vor sich gehabt haben muß, nicht aber den Eunuch von Nythart, 
und daß er auch die beiden Übersetzungen von Plautus-Lustspielen durch Albrecht von Eyb 
als Vorbilder auf sich hat wirken lassen. Vielfach sieht man ihm an, daß er mit Ab¬ 
sicht von dem Grüningerschen deutschen Texte abzuweichen suchte. Im allgemeinen 
übertrifft sein Text jenen bei weitem: anstatt wie jener sich sklavisch ans Lateinische 
zu halten, kommt es ihm vielmehr darauf an, den Sinn der Vorlage dem deutschen Leser 
näher zu bringen, wobei er sich als Leser vor allem Schüler denkt. Für die Zwecke 
dieser Zeitschrift ist wichtig, daß nach der Untersuchung Hartmanns Boltz uuter dem 
Einflüsse der elsässischen Mundart stand, aber doch vielfach und zwar bewußt und ge¬ 
wollt auch schwäbische Formen gebraucht. Hartmanns Ausführungen sind durchaus 
überzeugend begründet und vorgetragen, womit es nicht im Widerspruch steht, daß ich 
an ein paar Stellen Kleinigkeiten beanstanden möchte. So, wenn er S. 51 sagt: »Aus 
der B.-Übersetzung darf ein Wort nicht unerwähnt bleiben, nämlich die Interjektion 
l blan'* für tcolan , so stoße ich mich an der Bezeichnung ‘Wort’. Denn da Hartmann, 
wie sich aus seinen folgenden Ausführungen ergibt, sich im Grimmschen Wörterbuch 
Rats über dieses mit tcolan gleichbedeutende blan erholt hat, so hätte ihm nicht ent¬ 
gehen sollen, daß es sich durchaus nicht um ein besonderes ‘Wort’, sondern nur um 
eine abweichende Wort form von tcolan handelt, wie dort II, 62 ausdrücklich gesagt 
und mit dem Hinweis auf die bei Keisersberg übliche Zwischenform belan erhärtet ist. 
Ebenso halte ich es für einen Irrtum, wenn H. S. 65 sagt: »Wörtlicher Anschluß an 
Grd. (d. i. Grüningers deutsche Ausgabe 1499) ist zu finden in Andria 25/V 4 Ein knopff 
du in der binzen suchst (nodum in scirpo quaeris)< , denn da bekanntlich die alemanni¬ 
schen Mundarten biopf für knoten sagen, so hätte Boltz ja gar nicht anders sagen 
können, ohne dem lateinischen Text Gewalt anzutun. So haben wir es mit einem recht 
lehrreichen Schriftchen über einen Ausschnitt aus der reichhaltigen Literaturgeschichte 


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Neue Bücher. — Zeitschriftenschau. 


des 16. Jh. zu tun, das in gründlicher Beweisführung und mit strengster Sachlichkeit — 
es handelt sich um die Arbeit eines katholischen Geistlichen über einen eifrigen Förderer 
der Reformation — die Verdienste ins richtige Licht setzt, die Boltz sowohl als Über¬ 
setzer wie als Pädagogeu von seinen Vorgängern abheben. 

Erlangen. August Gebhardt . 


Neue Bücher. 

Beck, Elise, Niederbayrische Gedichte. Mit dem Bildnis der Verfasserin. 2., be¬ 
deutend vermehrte Auflage. Walhalla-Verlag, München (1912). 168 S. Preis geb. 3 Mk. 

Ehret, Karl, Lautlehre der Mundart von St. Georgen im Breisgau. Freiburg 
i. Br., C. A. Wagners Hofbuchdruckerei, 1911. 62 S. 

Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 37. Lieferung. Kälbleinsfleisch— 
Keller). Tübingen, H. Lauppsche Buchhandlung, 1912. Preis 3 Mk. 

Grimm, Jacob und Wilhelm, Deutsches Wörtorbuch. IV. Band. 1. Abteil., 3. Teil, 
12. Lief, (gewitzigt — gewöhniglich) und XII. Band, 8. Lief, (versitzen — versprühen). 
Leipzig, S. Hirzel, 1911, 1912. Preis je 2 Mk. 

Holztrttger, Fritz, Syntaktische Funktion der Wortformen im Nösnischen. 
1912. In Kommission bei W. Kloores, Tübingen. 209 S. (= Sonderdruck aus dem 
Archiv des Vereins für sieben bürgische Landeskunde, 37. und 38. Band). 

Matzke, Josef, Dr., wirkl. Lehrer am Staats-Realgymnasium Wien. XVII. Die Mundart 
von Rathsdorf im Schönhengstgau. I. Vokalismus haupttoniger Silben (= Pro¬ 
grammarbeit der Landes-Oberrealschule in Znaim 1910—11). Znaim 1911. 32 S. 

Meynen, Paul, Dr. pbil., Melodisches der Mundart von Homberg am Nieder¬ 
rhein. Mörs, Verlag von A. Steiger, 1911. 22 S. 

Müller, Theodor, Lautlehre der Mundart von Mühlingen. Freiburg i. Br., 
C. A. Wagners Universitätsbuchdruckerei, 1911. 66 S. 

Rößler, Albert, Nationale Sprachen und Weltsprachen. Sonderdruck aus dem 
Badeblatt. Baden-Baden, Januar 1912. 25 S. 

Rädert, Willy, Happesen und Huzele. Erzählungen und Gedichte in vogtländischer 
Mundart. Selbstverlag des Verfassers. 1911. 59 S. 

RUthlein, Heinrich, Die Maibowle. Posse in Darmstädter Mundart in 1 Akt. 56 S. 
Die Brieftasche. Posse in Darmstädter Mundart in 1 Akt. 40 S. Beide im Verlag 
von H. L. Schlapp, Darmstadt 1912. 

Seemann, August, As dat Leben schoelt. Plattdütsche Vertellsels. Berlin, 
Verlag von W. Röwer, 1911. 179 S. 

Staub, Friedrich, und Tobler, Ludwig, Wörterbuch der schweizerdeutsohen 
Sprache (Schweizerisches Idiotikon). 70. Heft (Salz — sinnen). Frauenfeld, Huber 
& Co., 1911. Preis 2 Mk. 


Zeitschriftenschau. 

(Wir suchen aus dein Inhalt aller Zeitschriften hier die für dio deutsche Mundartenforschung wichtigen Auf- 
sätzo anzuzeigen und bitton um Einsendung aller einschlägigen Arheiton, damit unsere Zusammenstellung eine 

möglichst vollstllndige wird.) 

Das deutsche Volkslied. 13. Jahrgang. Dezember. 10. Heft. 

J. Pommer, Weyhnaehtslied (S. 190 —193). 

— 14. Jahrgang. Jauuar. 1. Heft. 

Enthält verschiedene Volkslieder, teilweise mundartlich. 


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Zeitschriftenschau. 


191 


Der Sehwabenspiegel. Wochenschrift der Württemberger Zeitung. 5. Jahrgang. 1911. 
Nr. 6 u. 8. 

August Holder, Die schwäbische Volksbühne in Vergangenheit und Gegenwart. 

Deutsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. 10. Jahrgang. 1911. 

Rieh. Pfaundler, Das deutsohe Sprachgebiet in Südungarn (mit 2 Sprachenkarten, 1 
(S. 148 ff.). 

Otto Bremer, Sprachgrenzen in der nördlichen Rheinprovinz (S. 211 f.). 

Deutsche Volkskunde Im östlichen Böhmen. 1911. XI. Band. 1. und 2. Heft. 
Friedrich Oraebisch, Volkskundliches von der Glatzer Grenze. II. (S. 41 —45). 
Derselbe, Volkskundliches aus Weckelsdorf (S. 46 — 51). 

German American Annals. New Series. Vol. 9. 1911. Old Series, Vol. 13. 

Germanisch'Romanische Monatsschrift. 3. Jahrg. Heft 12. 1911. 4. Jahrg. Heft 1 
und 2. 1912. 

Hessische Blätter für Volkskunde. Bd. X. 

Albert Becker, Frauenrecht in Brauch und Sitte. Zur Geschichte des Weiberbratens 
von Berghausen bei Speyer (S. 145—156). 

Heinr. Krauß, Volkstümliche Personenbezeichnungen in Semd (S. 156 — 205). 
Edtcard Schröder, Die Hölle der Schneider und der Himmel der Müller (S. 205—207). 
Otto Kunkel, Aufzeichnungen aus dem Tagebuch eines Handwerkers über die in 
Grüoberg anläßlich des Regierungsjubiläums des Landgrafen Ernst Ludwig ver¬ 
anstaltete Feier (S. 207—209). 

O. v. Greyerz, Besprach, von Emmanuel Friedli, Bärndütsch als Spiegel bernischen 
Volkstums. 3. Band: Guggisberg (S. 217 f.). 

Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Literatur Elsaß-Lothringens. 27. Jahrg. 1911. 
Andreas Hund, Das Zunftbuch der Reichenweirer Rebleute (S. 196 — 254). 

Adolf .Jacobij, Sagen und Volkstümliches aus Weitersweiler und Umgegeud (S. 255 
bis 261). 

Aufruf zur Sammlung des elsässischen Volksliedes (S. 274 f.). 

Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbllrglsche Landeskunde. 34. Jahrg. 

G. Kisch, Zur Wortforschung (S. 137—140). 

B. C., Besprechungen von Schäfer llles, Lautlehre der deutschen Mundart von Ka- 
lazuö, von Mräz Gusztav, Die deutsche Mundart von Dobschau (S. 142 — 146). 

Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1911. 
Heft XXXII. Nr. 4. 

Enthält zahlreiche kleinere Beiträge. 

Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. 1911. Neue Folge. 
Nr. 28. 

Modern Philology. Vol. IX. January 1912. Nr. 3. 

NärodoplsnV Vestnik cesfeoslornnskY. Jahrg. VI. Nr. 10. 

Joza Ccmik, Lieder von den Gebirgslehnen von Alt-Hrosinkau (S. 193 — 206). 

- Jahrg. VII. Nr. 1. 

Revue Germanique. 7. Jahrg. 1911. 

F. Piquct, Besprechung von H. Klenz, Scheltenwörterbuch, und von R. Eilenberger, 
Pennäiersprache (S. 357), von H. Schulz, Deutsches Fremdwörterbuch (S. 493 f.). 

The Journal of English and Germanic Philology. Vol. XI. 

E. Prokosch, Forchhammers Akzenttheorie und die germanische Lautverschiebung 
(S. 1—9). 

Unser Egerland. XVI. Jahrg. 1912. Heft 1. 

Beiträge zur Geschichte des Egerländer Dorfes Oberlohma. 4. Flurnamen (S. 7—11). 


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192 


Zeitechriftenschau. 


Volkskunst und Volkskunde. Monatsschrift des Vereins für Volkskunst und Volkskunde 
in München. Jahrg. 9. Heft 10. 11. 12. 1911. 

Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach¬ 
vereins. Herausgeg. von Paul Pietsch. 5. Reihe. Heft 34. 

Bernhard Maydom, Neue Untersuchungen über das Dativ-e (ß. 109—132). 

Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 26. Jahrg. 1911. 

Reinhold Hofmann, Justus Möser, ein Vorkämpfer des Deutschen Sprachvereins 
(S. 365 — 373). 

— 27. Jahrg. 1912. 

W. Becher, Weihnachtsdeutsch (S. 1—7). 

T. Friedemann, Besprach, von 0. Behaghels Geschichte der deutschen Sprache (in 
Pauls Grundriß der germanischen Philologie, 3. Aufl.) (S. 17 f.). 

0. Streicher, Besprach, von A. Ganthere Dannezapfe us ’em Schwarzwald (S. 18). 

W. Feldmann, Das geschichtliche Fremdwörterbuch (Deutsches Fremdwörterbuch 
von Hans Schulz; S. 33 — 37). 

K. Scheffler, Ausführliche Besprach, von F. Seiler, Die Entwicklung der deutschen 
Kultur im Spiegel des deutschen Lehnworts. III. Teil (S. 80 — 83). 

R., Stammbaum der westfälischen Familie Sarrazin (S. 83). 

Zeitschrift des Vereins fllr rheinische und westfüllsehe Volkskunde. 9. Jahrg. 1912. 
1. Heft. 

M. con den Hoff, Kinderlieder aus Warden bei Höngen (Kreis Aachen) [in Lautschrift] 
(S. 26 — 43). 

Dr. Esser, »Dio Schüppe geben« (S. 46 — 50). 

K. Hein, Flurbezeichnungen von Meurich (S. 50—54). 

Max Höfler, Aus dem Cleveschen (Mundartliche Bannsprüche, Sprichwörter, Jahr¬ 
zeitsprüche u. ä.) (S. 61—64). 

Dr. Essei-, Teilen »wie einen Schweinsfuß« (S. 64 — 65). 

Zeitschrift des Vereins für Volkskunde. Begründet von Karl Weinhold. Unter Mit¬ 
wirkung von Joh. Bolte herausg. von H. Michel, jetzt von Fritz Boehm. 21. Jahrg. 
Heft 4. 1911. 

J. Gengier, Wie man in Erlangen spricht (S. 392 — 399). 

— 22. Jahrg. Heft 1. 1912. 

A. Patin, Alte Heilgebete und Zaubersprücho (S. 55 — 68). 

G. Schläger, Zur Entwicklungsgeschichte des Volks- und Kinderliedes. 1. Schlaf, 
Kindchen, schlaf! (S. 79 — 89). 

Zeitschrift fllr österreichische Volkskunde. XVII. Jahrgang. 1911. 6. (Schluß-)Heft. 
E. Hoff mann- Krayer, Einige Marterlsprüche aus dem Montafon (S. 218). 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 

Von Hans Batz. 

(Fortsetzung.) 

UI. Teil. 

Znsammenfassende Darstellung der wichtigsten Lantwandlnngen 

der Mundart. 

A. Vokale. 

I. Dehnung. 

1. Dehnung in offener Silbe. 

§ 131. Die Dehnung ehemals kurzer Vokale in betonter rahd. offener 
Silbe, eines der Hauptcharakteristika des Nhd., hat auch in der Bamberger 
Ma. stattgefunden, und zwar wurde gedehnt: mhd. a zu oo und an ; mhd. 
e zu ee\ mhd. e zu ec und ee; mhd. o zu oo (in der G-Ma. zu uu) und 
Öö (G-Ma.: iiü) ; mhd. Ö zu Öö; mhd. u zu mm; mhd. ü zu üü. Beispiele 
s. in den §§ 43 — 64. 

§ 132. 1. Vor mhd. sch wurde nicht gedehnt, weil sch auf einer 
Konsonantenverbindung, ahd. sk, beruht; daher z. B.: flaSn (mhd. vlasche) 
Flasche; daSn (mhd. tasche) Tasche. 

Ebensowenig wurde gedehnt in Fällen, wo mhd. Geminata vorlag, 
z. B. laxy (mhd. lachen) lachen; icase (mhd. ivaz^er) Wasser; pfefe (mhd. 
Pfeffer ) Pfeffer; khabvi (mhd. kappe ) Kappe). 

2. Vor mhd. (t)x und tsch ist meist nicht gedehnt, z. B. khads 
(mhd. katxe) Katze; gradsn (mhd. kratxen) kratzen; nuten (mhd. rutschen) 
rutschen. 

Dehnung ist nur eingetreten in khiids (mhd. kitxe) Kitze (s. § 140, 1) 
und pflöödsn (mhd. fletschen) in der Bedeutung weinen. 

§ 133. Die Dehnung ist regelmäßig auch in zweisilbigen Wörtern 
bei Apokope eines auslautenden mhd. e eingetreten, z. B. boos (mhd. base) 
Base; hoos (mhd. hase) Hase; gloox (mhd. klage) Klage); groot (mhd. gerade) 
gerade; Soot (mhd. schade) schade; ad (mhd. ane) an; bau (mhd. baue) 
Bahn; r&äp (mhd. rabe) Rabe; seec (mhd. sege) Säge; dsee (mhd. xene) 
Zähne; riis (mhd. rise) Riese; teilt (mhd. leide) Weidenstrang; doot (G-Ma. 
duut) (mhd. tote) Pate; ööl (mhd. öl(e)) öl; müül (mhd. müle) Mühle; 
dsüüc (mhd. xüge) Züge; ic soox (mhd. ich sage) ich sage; ic droox (mhd. 

Zeitschrift för Deutsche Mundarton. VII. 13 


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Hans Batz. 


ich trage) ich trage; ic lees, ic liis (mhd. ich lise) ich lese; ic siic (rahd. 
ich sihe) ich sehe. 

An in. op (mhd. obe) ob ist nicht gedehnt, da es stets unbetont ist. 
Verbalformen wie ic hop ich habe, vielleicht auch ic gip (mhd. ich gibe) 
ich gebe wohl mit Rückverkürzung in unbetonter Silbe (§ 155), andere 
wie ic khum (mhd. ich kumc ) ich komme; ic Sei (mhd. ich schele) ich 
schäle; ic dsel (mhd. ich xele) ich zähle; ic Sbil (mhd. ich spile) ich spiele; 
ic Sdil (mhd. ich slile) ich stehle; ic hol (mhd. ich hole) ich hole (G-Ma. 
ic hui mit Rückverkürzung!) haben ihre Kürzen wohl nach der 2. 3. Sing. 
khumst, khumt\ Seist, Seit ; dsetst, dselt ; Sbilst, Sbilt ; Sdilst, Sdilt ; holst, 
holt (G-Ma. ludst, hult). 

§ 134. Vor mhd. -er, -el , -en ist zwar gewöhnlich gedehnt, jedoch 
vor Nasal und vor t ist die Kürze sehr häufig erhalten, und zwar scheint 
hier meist Beeinflussung der Ma. durch die nhd. Schriftsprache vorzu¬ 
liegen. 

So ist 1. vor Nasal Kürze erhalten z. B. in hdme (mhd. Immer) 
Hammer; khamm (mhd. kamer) Kammer; khume (mhd. kumer ) Kummer; 
su me (mhd. sumer) Sommer; — ha ml (mhd. hamei) Hammel; himl (mhd. 
himel ) Himmel; khiiml (mhd. kütnel ) Kümmel; Siml (mhd. schimel) Schimmel; 
Senil (mhd. schemel) Schemel; — khuma (mhd. körnen) kommen und ge¬ 
kommen; gemima (mhd. genomen ) genommen; 

ebenso vor mhd. -ere, -eie, -ene, z. B. heme (mhd. hcmere) Hämmer; 
dsam (mhd. xcsamene) zusammen. 

Gedehnt ist meist vor -en, z. B. brcema (mhd. breme-n) Bremse, 

Stechfliege; deena (mhd. denen) dehnen; fad na (mhd. rane-n ) Fahne; ge- 
* * 

uööna (mhd gewenen) gewöhnen; nadma (mhd. name-n) Name; neema 
(mhd. ncrnen) nehmen; Suva na f. (mhd. suanc-n) Schwan); uoona (und 
uduna) (mhd. tconen) wohnen (aber s. oben khuma . gemima!). 

2. Vor mhd. -ter ist Kürze erhalten, z. B. fade (mhd. rater) Vater; 
bide (mhd. bitter) bitter; ivede (mhd. wider) Wetter, daneben auch ueede, 
besonders im Dimin. a fains weedela ein schönes Wetter!; 

ebenso vor mhd. -tere, z. B. baden (mhd. Inder, ahd butera) Butter; 
fede Vetter (in der Ma. dafür stets gSiäsdesk/dnt Geschwisterkind). 

Vor mhd. -tel ist Kürze erhalten in khudl (mhd. Intel, kotel ), z. B. 
khtidlflek Kaldaunen; khidl (mhd. kitet) (daneben auch, besonders in der 
G-Ma. khiidl ); 

gedehnt ist dagegen mhd. bete! in Zusammensetzungen wie bSedlfraa, 
btcdlicaip, biedlfbhk Bettelfrau, Bettelweib, Bettelvolk. 

Vor mhd. -tcn ist Kürze erhalten in khcdn (mhd. kctcnfe)) Kette; 
Sadn (mhd. schale- n) Schatten; 

gedehnt sind dagegen z. B. ggoodn (mhd. knote) Knoten; gröödn 
(mhd. krötc) Kröte; Sliidn. (mhd. slile) Schlitten. 

Stets gedehnt sind ferner die Infin. und, Partiz. auf -ten, z. B. bcedn 
(mhd. beten) beten; drcedn (mhd. treten) treten; süüdn (mhd. schulen) 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


195 


schütten; gSniidn (nihd. gesniten) geschnitten; gSdriidn (mhd. gestriten) 
gestritten; geliidn gelitten. 

Die Kürze in bidn (mhd. bitten) bitten; ledn (mhd. leite) Lette; medn 
(mhd. metten) Mette; wedn (mhd. wetten) ist durch die Geminata erhalten. 

3. Vor mhd. d ist mit der einzigen Ausnahme von lede (mhd. leder) 
Leder stets gedehnt, z. B. feeden (mhd. voder) Feder; reedn (mhd. reden) reden. 

4 Vor allen anderen Konsonanten ist immer Dehnung eingetreten, 
z. B. gääwl (mhd. gäbet) Gabel; giiwl (mhd. gibel) Giebel; hooicl (mhd. 
höbet) Hobel; khiiüwl (mhd. hübet) Kübel; nooivl (mhd. nabet) Nabel; 
snoowt (mhd. snabcl) Schnabel: üiiwl (mhd. übel) übel; — geem (mhd. 
geben) geben; groom (mhd. graben) graben. Graben; gloom (mhd. hlobe) 
Kloben; leem (mhd. leben) leben; soom (mhd. schabe) Schabe; weem (mhd. 
neben) weben; üüwe (mhd. über) über; — boodn (mhd. baden) baden; 
foodn (mhd. radein(e)) Faden; soodn (mhd. .schaden) schaden; woodn (mhd. 
irade) Wade; dadl (mhd. adel) Adel (s. oben unter 3); — oofm (mhd. 
ovcn) Ofen; hööfl (mhd. höret) Hobel; d.siviifl (mhd. zicirel) Zwiebel; häägl 
(mhd. hagel) Hagel; Hgl (mhd. igel) Igel; brüügl (mhd. briigel) Prügel; 
foogl (mhd. rogel) Vogel; — fenj (mhd. regen) fegen; gelöeg (mhd. gelegen) 
gelegen; gloog (mhd. klagen) klagen; tceg (mhd. legen) legen; lüg (mhd. 
ligen) liegen; liiiig (mhd. liigc-n) Lüge; moog (mhd. mage) Magen; reeg 
(mhd. regen) Regen; soog (mhd. sagen) sagen; seeg (mhd. segen) Segen; 

droog (mhd. tragen) tragen; iviig (mhd. wigen) wiegen; — g-Mg (mhd. 

geschehen) geschehen: sloog (mhd. slahcn) schlagen; seeg (mhd. sehen) 
sehen; — mooln (mhd. wal(e)n) mahleu; dsooln (mhd. xal(e)n) zahlen; 

— foom (mhd. var(e)n) fahren; sboosn (mhd spar(e)n) sparen; süihn 
(mhd. schür(c)n) schüren; Sbiiüsn (mhd. spür(e)n) spüren; wenn (mhd. 
wer(e)n) wehren. — eesl (mhd. escl) Esel; dswüsl (mhd. xwisel) Zwiesel, gabel¬ 
förmiger Ast; honsn (mhd. hose) Hose: noosn (mhd. nase) Nase: wiisn (mhd. 
iri.se) Wiese; — lob in (mhd. lewen) Löwen; — breedsn (mhd. brcxe) Brezel. 

Ebenso ist gedehnt bei mhd. -etc. z. B. sneewl (mhd. snebele) Schnäbel; 
föögl Vögel: — bei mhd. -erc, z. B. hadiren (mhd. habere) Haber; leeiven 

(mhd. lebere) Leber: üöwe (mhd. obere) obere; boode (mhd. badd-re) Bader; 

— bei mhd. -eine, z. B. boodn (mhd. bodein(e)) Boden; beesn (mhd. be- 
seme) Besen; foodn (mhd. vademe) Faden; — bei mhd. -rnc, z. B. ööfm 
Öfen; feedn Fäden. 

Anm. 1. owe (ode, ore) (mhd. aber) aber; ode ( otce,ore ) (mhd. oder) 
oder sind wegen Unbetontheit nicht gedehnt, ebenso iride (mhd. tvider) 
wieder (aber betont: dsewfide zuwider!). 

Anm. 2. Die Kürze in nett erklärt sich aus den schon mhd. 
weilt, wett. 

Anm. 3. Wegen der Kürze in Verbalformen wie Mn (mhd. sehet(e)n) 
schälen: sbiln (mhd. spil(e)n) spielen usw. vgl. §133 Anm. 

Anm. 4. Die Kürze in jubm (mhd. joppe. jnppc) Joppe, Rock wegen 
der Geminata (oder Rückverkürzung?). 

13* 


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196 


Hans Batz. 


Anm. 5. Die Kürze in Sdum (mhd. stube) Stube wohl nach den 
verkürzten: grum (mhd. gruobe) Grube; bum Buben usw., s. §148, lc. 

5. Wahrscheinlich sind alle diese Ausnahmen, in denen nicht ge¬ 
dehnt ist, darauf zurückzuführen, daß für die Nasale, zum Teil auch für 
t vor -el, -er, -em, -en eine längere, geminatenähnliche Aussprache 
anzunehmen ist, bzw. daß die erste Silbe zu einer geschlossenen geworden 
ist, indem die Silbengrenze, die vor dem Nasal bzw. t lag, in diese Laute 
verlegt wurde. Diese Erklärung, die 0. Bremer bei Gebhardt a. a. 0. 
§126,6 gibt, erscheint mir richtiger als die andere, die diese Fälle 
durch Ausgleich zwischen synkopierten und nichtsynkopierten Formen 
erklären will. 

§ 135. Auch vor mhd. -ec (-ic) ist in offener Silbe gedehnt worden, 
z. B. leedi(c) (mhd. ledec) ledig; ebenso vor mhd. -ige in brcedi(c) (mhd. 
bredige) Predigt 

In mance (zu mhd. mauec) mancher (s. §129 Aum. 6) ist die Kürze 
durch Synkope erhalten. 

§ 136. Die Dehnung ist unterblieben in allen anderen Wörtern, 
die zwar zweisilbig gewesen waren, bei denen aber zu der Zeit, als die 
Dehnung eintrat, die Endsilbe bereits synkopiert war, z. B. miltc (mhd. 
milch (milich), ahd. miluh) Milch; khälic (mhd. kalch, ahd. kalah) Kalk; 
säaric (mhd. sarc, ahd. saruh) Sarg; mönic (mhd. miineck) Mönch; solic 
(mhd. solich) solch; ha mp ft (mhd. hanef) Hanf; sempft (mhd. sencf) Senf: 
obst (mhd. obe$) Obst; grtbs (mhd. krcbe$) Krebs; Söbs (mhd. schijpez ) 
Schöps, Hammel. Dazu gehören auch alle Verbalformen wie nimst, nimt 
(mhd. nimest, nimet) nimmst, nimmt; khumst, khumt (mhd. kämest, Icumet) 
kommst, kommt; gibst, gibt (mhd. gibcst, gibct) gibst, gibt; gebt (mhd. 
gebet) gebt; lebst, lebt (mhd. lebest, li'bet) lebst, lebt; bedst, bet, gebät 
(mhd. badest, badet, gebadet) badest, badet, gebadet; bedst, bet, gebet (mhd. 
betest, betet, gebetet) betest, betet, gebetet; segst, sect (mhd. sagest, saget ) 
sagst, sagt; lobst, lobt (mhd. lobest, lobet) lobst, lobt; gelobt (mhd. gelobet) 
gelobt; ligst, lict (mhd. ligest, liget) liegst, liegt; dregst, drect (mhd. tragest ) 
traget) trägst, trägt; 

daneben aber gedehnt: gloogst, glooxt, geglöoxt (mhd. klagest, klaget, 
geklaget) klagst, klagt; geklagt; joogst, jooxt, gejöoxt (mhd. jagest, jaget, 
gejaget) jagst, jagt, gejagt; leegst, leect (mhd. legest, leget) legst, legt; 
seemst, Seemt, gseemt schämst, schämt, geschämt; Hist (mhd. lisest, liset) 
liesest, liest; feeast, feeat fährst, fährt. 

Diese Fälle lassen sich in keine Regel bringen, nur vor mhd. d, t 
und h kommt in der 2. 3. Sing, stets Kürze, vor r und s stets Länge 
vor; vor allen andern Lauten zeigt sich Schwanken, vgl. z. B. nimst und 
seemst; ligst und leegst; mogst und gloogst; lebst und u-cebst. 

Ebensowenig läßt sich eine Regel aufstellen dafür, daß einzelne 
Verba nach den kurzen 2. 3. Sing, auch die 1. Sing, dehnen, andere da¬ 
gegen nicht, vgl. z. B. du lebst : ic leep und du gibst: ic gip. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


197 


§ 137. In mhd. drei- und mehrsilbigen Wörtern, deren Mittelsilbe 
synkopiert wurde, ist meist Kürze erhalten, sowohl in denen mit syn- 
oder apokopierter Endsilbe als auch in den Kompositis mit Nebenton auf 
der dritten Silbe; in den meisten Fällen war die Synkope bereits in mhd. 
Zeit, sicher zur Zeit des Eintritts der Dehnung, vollzogen, z. B. edesn 
(mhd. egedehse ) Eidechse; f sruet (mhd. erebeit) Arbeit; qarwe&n (mhd. er- 
uei$) Erbse; buden (mhd. buter) Butter; hemtt (mhd. hemede ) Hemd; Swalm 
(mhd. swaleice) Schwalbe; dsam (mhd. zcsamene) zusammen; — dmbös 
(mhd. anebÖ$ ) Amboß; khudle (mhd. kutehere) Kuttler; khudlfltk Kaldaunen; 

Ukhuuy (mhd. lebekuoche) Lebkuchen; röbhn (mhd. radebare) Radkarre; 

\ _ _ 

siikhän Schiebkarre; ividmuä (mhd. iviteman) Witwer; uidfräa Witwe. 

In einzelnen Fällen ist Dehnung eingetreten, z. B. beesn (mhd. bc- 
serne) Besen; boode (mhd. badcere) Bader; bood/i (mhd. bodem(e)) Boden; 
foodn (mhd. vademe) Faden; hat)wen (mhd. habere) Haber; letwen (mhd. 
lebere) Leber; breedi (mhd. bredige) Predigt; ebenso in den Pluralen, 
deren Singulare gedehnt sind, z. B. fobglVöge 1; feedn Fäden; ööfm Öfen 
(vgl. oben § 134, 4). 

2. Dehnung in geschlossener Silbe iu mhd. einsilbigen Wörtern. 

§ 138. Auch in geschlossener Silbe wird in einer großen Anzahl 
von Fällen der kurze Vokal gedehnt, nämlich in einsilbigen Wörtern. 
Qualitativ sind die hier gedehuten Vokale gleich den in offener Silbe 
gedehnten (§ 131), jedoch überlang (§ 14). 

Meist (aber nicht immer) ist gedehnt, wenn nur ein Konsonant die 
Silbe schließt; mehrfache Konsonauz verhindert in den meisten Fällen 
die Dehnung. 

Doch besteht hierbei ein starkes Schwanken, das vielleicht so zu 
erklären ist, daß die Ma., die wahrscheinlich gedehnt hat, sich großen¬ 
teils durch die nhd. Schriftsprache hat'beeinflussen lassen. In einzelnen 
Fällen liegt diese Annahme auch deswegen sehr nahe, weil die G-Ma., 
die im allgemeinen von der Schriftsprache weniger beeinflußt ist, in 
Fällen Dehnung aufweist, wo das Gemeinbambcrgische in Übereinstimmung 
mit der Schriftsprache Kürze zeigt; z. B. 


mhd. bnch 

Bach ist 

gemeinbambergisch 

bä.r , 

• 

G - Ma. 

boox, 

,, sac 

Sack ., 

M 

sak, 


sook , 

v /«•? 

Faß „ 

M 

fas , 


foos. 

., tuet 

Brett ., 

M 

brtt. 

11 

brcct. 


In anderen Füllen hat sicli die Ma. diesem Einfluß entzogen, wie 
z. B. doox (mhd. tac) Tag; ,s boods (mhd. sjtax) Spatz. 

§ 139. Gedehnt ist z. B. in bool (mhd. bat) Bad; gtoos (mhd. glas) 
Glas; groos (mhd. gras) Gras; root (mhd. rat) Rad: s/oor (mhd. slar) Schlag; 
srtiool (mhd. stnal) schmal; — hm nt (mhd. tarn) lahm: mää (mhd. man) 
Mann; säul (mhd. sal) Saal; däal (mhd. tal) Tal; dsnäl (mhd. zal) Zahl; 
dsäätti (mhd. xam) zahm; dsää (mhd. xan) Zahn; — reef (mhd. ref) Trag¬ 
gestell; reect (mhd. riht) recht, Recht: dreef (mhd. frc'f) Treff; wcec (mhd. 


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198 


Hans Batz. 


wec) Weg (aber wek weg!); — gwiis (mhd. geivis) gewiß; miist (mhd. 
mist) Mist; pfiif Pfiff; Siis Bauchwind; Sniit (mhd. mit) Schnitt; dsii 
(mhd. xin) Zinn; den betonten miic, diic, imit (mhd. mich, dich, mit ) 
mich, dich, mit; suu (mhd. sun) Sohn; dsuux (mhd. xuc) Zug; 

dazu kommen noch in der G-Ma. boox Bach; doox Dach; noos 
(mhd. naz,) naß; foos Faß; sook Sack; Sdoot Stadt; mit oo statt des ge- 
meinbambergischen ää: sool Saal; dool Tal; dsool Zahl; sowie die nach 
Ausfall des n gedehnten gääs Gans; haa n ds Hans; §icüä n ds Schwanz; 
ferner dreck Dreck; fleek Fleck; mit ee statt ee: reect recht, Recht; 
weiterhin luux Loch; khtuipf Kopf; Sbuut Spott; dsuupf Zopf. 

§ 140. 1. Mhd. zweisilbige Wörter, die durch Apokope des -e ein¬ 
silbig geworden sind, sind nicht gedehnt, z. B. heft (mhd. hefte) Heft; 
khads (mhd. katxe) Katze; tuend's (mhd. mensche ) Mensch; 8d$srk (mhd. 
sterke) Stärke; wet (mhd. wette) Wette; ogs (mhd. ohse) Ochse; dün (mhd. 
dünne) dünn; glük (mhd. gelücke) Glück; sdük (mhd. stücke) Stück. 

Ausgenommen sind die Plurale von Wörtern, die bereits im Sing, 
gedehnt sind, z. B. doox (deec) (mhd. tage) Tage; dsee (mhd. xene) Zähne; 
dsüüc (mhd. xüge) Züge. 

Auffallend ist die Dehnung in khiids (mhd. kitxe) Kitze und khiin 
(mhd. kinne) Kinn; doch hat es von beiden Wörtern mhd. Nebenformen 
gegeben, kix und lein, aus denen wohl die mundartliche Form sich ent¬ 
wickelt hat. Zu khii (aus mhd. kin) vgl. snu aus mhd. sun; dsii aus 
mhd. xin; zu khiids (aus mhd. kix) vgl. das besonders in der G-Ma. 
neben slids vorkommende Sliids (aus mhd. sli(l)x). Ferner vgl. § 143, 2. 

2. Bei mehrfacher Konsonanz ist meist Kürze erhalten, z. B. gänds 
(mhd. gans) Gans; gsdält (mhd. gestalt) Gestalt; hdlds (mhd. hals) Hals; 
khältc (mhd. kalch) Kalk; mixt (mhd. naht) Nacht; säds (mhd. schatx) 
Schatz, Liebchen; sdlds (mhd. salx) Salz; Sdäsrk (mhd. starc) stark; wält 
(mhd. walt) Wald; — gelt (mhd. gelt) Geld; — fiS (mhd. risch) Fisch; 
gift (mhd. gift) Gift; khint (mhd. kint) Kind; teilt (mhd. will) wild; miltc 
(mhd. milch) Milch; snids (mhd. snitx) Schnitz; dis (mhd. tisch) Tisch; 

— golt (mhd. golt) Gold; holds (mhd. holt) Holz; sdolds (mhd. stolx) stolz 
(hulds und sdulds der G-Ma mit Rückverkürzung!); rods (mhd. rotx) Rotz; 

— brüst (mhd. brüst) Brust; ln ft (mhd. Infi) Luft; tust (mhd. lust) Lust 

In bqsrc (rahd. bere) Berg; biorc Burg; dtnre durch; diost Durst; 
khnsds kurz; wttsrm Wurm; trussl Willst liegt Rück Verkürzung vor 
(s. § 59, 1 und § 150). 

Von Verbalformen kommen hier nur die Singulare der Präterito- 
präsentia in Betracht; diese sind (außer moox [mhd. mac] mag) alle kurz: 
khä, khäst (mhd. kan, kaust) kann, kannst; desf desfst (mhd. darf, darft) 
darf, darfst; solst, sol und sölst, söl (mhd. solt . sol) sollst, soll; mogst 
(mhd. mäht) magst (aber moox mag!): teil, teilst und trist (mhd. teil, 
teilt) will, willst. 

Die schwachen Partiz. Prater, stimmen in der Quantität stets mit 

* 

der 2. Plur. überein, z. B. gsä.rt gesagt; gemalt gemacht; gemö.rt gemocht; 


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Lautlehre der Bamberger Muudart. 


199 


gerät geredet; aber geglöoxt geklagt; gejöoxt gejagt; gSecmt geschämt; ge- 
läect gelegt 

§ 141. Im allgemeinen läßt sich aber hierüber eine feste Regel 
nicht aufstellen; denn es ist sowohl bei einfachem Konsonanten teils ge¬ 
dehnt, z. B. Smool (mhd. smal) schmal; doox (mhd. tac) Tag, teils Kürze 
erhalten; z. B. $ddl (mhd. steil) Stall; Sdät (mhd. stat) Stadt; sdk (mhd. sac) 
Sack, als auch bei mehrfacher Konsonanz teils Kürze erhalten, z. B. lust 
(mhd. lust) Lust; teils gedehnt: miist (mhd. mist) Mist. 

Daß Adjektive im allgemeinen nicht so häufig gedehnt sind wie 
Substantiva, kommt wohl daher, daß von den Adj. häufiger die flektierten, 
also mehrsilbigen Formen Vorkommen als die unfloktierten, einsilbigen. 

§ 142. Dehnung ist immer eingetreten, wenn ein auslautendes n 
in einem betonten einsilbigen Worte abgefallen ist, z. B. suu (mhd. sun) 
Sohn; dsii (mhd. xin) Zinn; mää (mhd. man) Mann; nur in khä (mhd. kan) 
kann ist Kürze erhalten (wohl wegen Unbetontheit oder wegen khdst?). 

§ 143. 1. Stets wird auch gedehnt, wenn der die Silbe schließende 
Konsonant ein r ist, z. B. booa (mhd. bar, pur) bar und paar, Paar; good 
(mhd. gar) gar; wooa (mhd. war) Ware; beea (mhd. her) Beere; beea (mhd. 
ber) Bär; weea (mhd. wer) wer; gsweca (mhd. gesiver) Geschwür; min, 
diia (mhd. mir, dir ) (betontes) mir, dir; fürn (mhd. vür) für, vor. 

2. Auffallend erscheint (vgl. § 140, 1) die Dehnung in rra-a (mhd. 
irre) irre (danach wann [mhd. irren ] irren, stören); gSwoea (mhd. geschirre) 
Geschirr; dööi (mhd. dürre) dürr. 

3. Anders ist es, wenn r -f Dental ein einsilbiges Wort schließt; 
wie sich da in der nhd. Schriftsprache ein Schwanken zeigt, das noch 
keine befriedigende Erklärung gefunden hat, so stehen auch in der Ma. 
Beispiele mit Dehnung anderen ohne dieselbe gegenüber, z. B. ooat (mhd. 
art) Art; booat (mhd. hart) Bart; dsooat (mhd. xart) zart; heeat (mhd. hert) 
Herd; weeat (mhd. wert ) wert, gegenüber hat (mhd. horte, hart) hart; 
dpat (mhd. dort ) dort; wpat (mhd. wort) Wort; weeat (mhd. wirf) Wirt. 

Vor r + anderen Konsonanten als Dental wird meist nicht gedehnt, 
z. B. dpaf (mhd. dorf) Dorf; harte (mhd. arc) arg; Sdnark (mhd. starc) 
stark; mhd. bars Barsch lautet bas, gewöhnlich bpasdn oder Dimin. bpaSla. 

Anm. ooaS (mhd. ars) ist wohl nach Analogie von ooat Art u. ä. 
gedehnt 

§ 144. Länge und Kürze wechseln zwischen den betonten und un¬ 
betonten Formen der persönlichen Fürwörter und des bestimmten Ar¬ 
tikels, der betont die Bedeutung des Demonstrativpronomens hat. So 
stehen nebeneinander: 


unbetont: 

betont: 

i ich 

iic 

me mir 

min 

mi(c) mich 

miic 

me wir 

min 


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200 


Hans Batz. 


unbetont: 

betont: 

(uns uns 

uns ) 1 

-t (d), du du 

duu 

de dir 

diü 

di (c) dich 

diic 

e ihr (2. Plur.) 

U3 

(äic euch 

die) 1 

e, p er 

ec3 (dees ) 2 3 * 

-n, na ihm, ihn 

iin 

[si sie 

sii J 8 

e, ra, era ihr (Dat. Sing. 

iis (dcc3ra) 2 

3. Fern.) 


s, es, as es 

(des) 8 

na, ena, inena ihnen 

inena (denena) 2 

ina Ihnen, Sie 

ina, inena 

si(c) sich 

Stic 

de (dp) der (Nom.) 

(decs) 8 

-n, en, an dem, den 

(den) 2 

[di die 

dH ] 8 

de der (Dat. Sing. Fern.) 

(deesra) 2 

s, es, as das 

des. 


§ 145. Der gleiche Wechsel zwischen Kürze und Länge findet sich 
auch bei den Präpositionen, die gewöhnlich unbetont und dann kurz 
sind und nur dann betont und lang sind, wenn sie als Adverbien ge¬ 
braucht werden oder wenn (etwa im Gegensatz) ein besonderer Nach¬ 
druck auf ihnen liegt, z. B. mldmli ? mit mir; geesdmiit? gehst du mit? 
noc bdmbqaric nach Bamberg; khumt noox er kommt nach; de gadn 
is foosn haus der Garten ist vor dem Haus (nicht hinter demselben). 

§ 146. Niemals gedehnt werden natürlich Wörter, die, wie Kon¬ 
junktionen und Partikeln, nie betont sind, z. B. des (das) (mhd. daz) daß; 
op (mhd. ob(ej) ob; oft (mhd. oft(e)) oft. 

II. Kürzung, Schwächung und Schwund. 

1. Kürzung betonter Vokale, 
a) Kürzung betonter mhd. Längen und Diphthonge. 

§ 147. In den Fällen, in denen mhd. Längen und Diphthonge ge¬ 
kürzt sind, erscheint mhd. ä als a und mhd. d- als e und (■; mhd. e 
als e, e und ö; mhd. ö als o, ä und p; mhd. üi als ö und p; mhd. il als 
d\ mhd. ie als i und ce\ mhd. ao als u : mhd. üe als ü und Ö; mhd. ei 
als «; mhd. ou als a; mhd. öu als ö. Beispiele s. in den §§ 65 — 85. 

Nicht verkürzt ist in diesem Fall (s. dagegen §152) mhd. i. 

1 Betont und unbetont gleich und nur der Vollständigkeit halber genannt. 

* Demonstrativformen, die in betonter Stellung für die Personalia eintreten. 

3 Gehören eigentlich zur Kürzung und siud ebenfalls nur wegen der Vollständig¬ 

keit angeführt. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


201 


§ 148. Verkürzung ist eingetreten, großenteils in Übereinstimmung 
mit der nhd. Schriftsprache: 

a) vor Kons. + mhd. -er, z. B. bladen (mhd. bldtere) Blattern, Pocken¬ 
krankheit; jamt (mhd. jämer) Jammer; bedela (mhd. peterlin ) Petersilie; 
leden (mhd. leiter) Leiter; glene (mhd. kleiner) kleiner (Umlautbildung zu 
glaa klein); gröse (mhd. groe$er) größer; Säue (mhd. schöner) schöner; 
mude (mhd. muoter) Mutter; fude (mhd. fnoter) Futter; büce (mhd. büecher) 
Bücher; hüne (mhd. hiiener) Hühner. 

Nicht gekürzt sind dagegen wie in der Schriftsprache z. B. ääden 
(mhd. dder) Ader; givaäden (mhd. qudder) Quader; moole (mhd. mäler ) 
Maler; greeme (mhd. kreemer) Krämer; seefe (mhd. scharfer) Schäfer; Sweesrs 
schwerer: beide (mhd. Peter) Peter (aber oben bedela/); fiiwe (mhd. vieber) 
Fieber; liiive lieber; bruude (mhd. bruoder) Bruder; guude (mhd. guoter) 
guter; luude (mhd. Inoder) Luder; siiüse süßer; braade (mhd. breiter) 
breiter (daneben mit Umlaut breede): gaafe (mhd. geifer) Goifer; aide 
(mhd. iuter) Euter. 

b) Vor Kons. + mhd. -el, z. B. blümla (mhd. blüemelin) Blümlein; 
rüsl (mhd. rücket) Rüssel. 

Nicht gekürzt sind dagegen z. B. aagl (mhd. eichet ) Eichel; maasl 
(mhd. meidet) Meißel; raadl (mhd. reitet) Reitel; saadl (mhd. scheitet) 
Scheitel; sbaigl (mhd. speichet) Speichel; Umaigln (mhd. smeicheln) schmei¬ 
cheln; sbiigl (mhd. Spiegel) Spiegel; dsiigl (mhd. lieget) Ziegel; sauft (mhd. 
schauet ) Schaufel; bäidl (mhd. bildet) Beutel; hierher gehören auch gaasla 
(mhd. geizlin) Geißlein; maadla (mhd. mcitlin) Mädchen; nangla Neige 
von Flüssigkeiten. 

c) Vor Kons. + mhd. -c(a), z. B. losn (mhd. ldz,en) lassen; gelosn 
gelassen; sota (mhd. schäle) Schale, Tasse; sdräfm (mhd. strafen) strafen; 
räbhn (mhd. radebiere) Radkarre; bann (mhd. baue) Bohne; dibna (mhd. 
däme) Daumen; hifdn (mhd. /liefe) Hagebutte; blinna (mhd. blaonic) Blume; 
gram (mhd. graobe) Grube; rum (mhd. rnobe) Rübe; bum Buben, Jungen; 
hadsn (mhd. hei'.en) heizen; hitfdn (mhd. houfe) Haufen; brüln (mhd. 
briielen) brüllen; miisn (mhd. miie^cn) müssen. 

Nicht gekürzt sind dagegen (fast durchgehends wie in der Schrift¬ 
sprache) z. B. laatn (mhd. ätem, dien) Atem; bloosn (mhd. blasen) blasen; 

broodn (mhd. braten) braten; frooij (mhd. rragen) fragen; mooln (mhd. 

* 

malen) malen; dugaudn (mhd. dardte) Dukaten; roodn (mhd. raten) raten; 
saäma (mhd. sä me.) Same; sloofm (mhd. stufen) schlafen; feeln (mhd. 
vielen) fehlen; dreca (mhd. drtejen) drehen; mcea (mhd. mdjen) mähen; 
seca (mhd siejen) säen; slcea (mhd. stehe) Schlehe; dseea (mhd. xehe) Zehe; 
broosn (mhd. bri)s(e)m(e)) Brosame: roosn (mhd. rose) Rose: sdoosn (mhd. 
slözen) stoßen: löödn (mhd. täten) löten; braap (mhd. brächen) brauchen; 
sraum (mhd. sein übe) Schraube; sdaudn (mhd. stade) Staude; draum (mhd. 
trabe) Traube; da am (mhd. labe) Taube: dsausn (mhd. xäsen) zausen; 
bailn (mhd. bilde ) Beule: däidii (mhd. diäten) deuten; täidn (mhd. Unten) 
läuten; sbraidsn (mhd. sprinten) spreizen; biiy (mhd. biegen) biegen; diina 


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202 


Hans Batz. 


(mhd. dienen) dienen; giisn (mhd. giezen) gießen; miidn (mhd. mietm) 
mieten; niisii (mhd. niesen) niesen: riiy (mhd. riechen) riechen; sinn 
(mhd. schieben) schieben; Siisn (mhd. schienen) schießen; siidn (mhd. 
sieden) sieden; sdiig (mhd. stiege) Stiege; dsiiy (mhd. xiehen) ziehen; Hi Hy 
(mhd. liegen) lügen; blüiia (mhd. blüejen) blühen; brüiidn (mhd. brüetcn) 
brüten; fiiüm (mhd. vüeren) führen; grüüsn (mhd. grüez,en) grüßen; hiiiidn 
(mhd. hüeten) hüten; wüüln (mhd. wüelen) wühlen; aag (mhd. cich(en)) 
Eiche; baadsn (mhd. beixen) beizen; haaln (mhd. heilen) heilen; hnnsn 
(mhd. heilen) heißen; lanma (mhd. leime) Lehm; laana (rnh'd. leinen) lehnen: 
saadn (mhd. seife) Saite; Saadn (mhd. scheide) Scheide; Slaafm (mhd. 
sleifen) schleifen; Sdraafm (mhd. streife) Streifen; khaafm (mhd. koufen) 
kaufen; laafin (mhd. loufcn) laufen; raafrn (mhd. roufen) raufen: ramj 
(mhd. rouchen) rauchen: dranma (mhd. troumen) träumen; fluug (mhd. 
vlnochen) fluchen; khuuy (mhd. kuochc) Kuchen; suug (mhd. suochcn ) 
suchen. 

Anm. Für die Häufigkeit der Längen ist zu bedenken, daß die 
Ma. ziemlich langsam und sehr breit gesprochen wird, daß sie also 
keine große Neigung hat, lange Silben zu verkürzen. 

2. Vor Doppelkonsonanz, meist in Übereinstimmung mit der nhd. 
Schriftsprache, und zwar: 

a) vor alter Doppelkonsonanz 

a) vor Liquida oder Nasal -f Konsonant, z. B. fest vierte; fäidscea 14; 
fwsdsifc) 40; h^li(c) (mhd . hcrlich) herrlich; neesreeds (mhd. niergen) nir¬ 
gends; I(i3bie3 (mhd. lurber) Lorbeere): bnimbee3 (mhd. brämber) Brom¬ 
beere; grumet (mhd. gruonmät) Grummet; mändöx (mhd. mäniac) Montag: 
dswandsi(c) (mhd. xiueinxcc) 20; dfnsdöx (mhd. dienstac) Dienstag; elf 
(mhd. einlif) elf; Sülbün Schulbub. 

Nicht gekürzt sind dagegen z. B. aame (mhd. eimber) Eimer; haamli 
(mhd. heimliche) heimlich. 

ß) vor stimmlosem Reibelaut -f t, z. B däxt (mhd. tähl) Docht; glnfle 

* * 

(mhd. kläfter) Klafter; gedäxt (mhd. geddht) gedacht; gebiaxt (mhd. ge¬ 
bläht) gebracht; fedicdi(c) (mhd. verdecktic) verdächtig; lict (mhd. lieht) 
Licht; fiedn (mhd. vielitc) Fichte; rösdn (mhd. ru;sten) rösten; masde (mhd. 
meistcr) Meister; hnsdn (mhd. hnosten) Husten; nilcden (mhd. nüehtem) 
nüchtern; in Verbalformen wie: host (mhd. häst) hast; wast (mhd. weist) 
weißt; must (mhd. muost) mußt; dmt (mhd. tuost ) tust (dazu dann auch 
ic mus [mhd. ich muo$\ ich muß; ic du, f? dut [mhd. ichtuon, er tuot) 
ich tue, er tut); 

vor stimmlosem Reibelaut -f b in nuxbe (mhd. nuchgebure) Nachbar; 

vor ahd. Geminata, z. B. sdrus (mhd. strafe) Straße. 

Nicht gekürzt siud dagegen z. B. gloosde (mhd. klöster) Kloster: 
lanst (mhd. leist) Leisten; oosden (mhd. Ostern) Ostern; droost (mhd. tröst) 
Trost; dröösdn (mhd. treesten) trösten; druüsde Tröster. 

b) vor einer durch Synkope entstandenen Doppelkonsonanz und zwar; 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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a) vor Liquida oder Nasal 4- Konson., z. B. hei (mhd. herre ) Herr: 
giSt (mhd. erste < ahd. einst) erste; Ipriy (mhd. lerche < ahd. lerahha) 
Lerche; wey (mhd. wenec) wenig; dinst (mhd. dienest ) Dienst (aber: diinst, 
dirnt (mhd. dienest, dienet) dienst, dient); hgiriy (mhd. horchen) horchen; 
hgist (mhd. hwrest ) hörst; khgist, khgit (mhd. gehörest, gehdret ) gehörst, 
gehört; Sonst (und Söst) (mhd. schdneste) schönste; glcnst kleinste. 

Nicht gekürzt sind dagegen z. B. höbst (mhd. hterct) hört; füüst 
(mhd. füeret) führt; gfüüst (mhd. gefücret) geführt. 

ß) vor stimmlosem Reibelaut -f t, z. B. liegst (mhd. ndhcste) nächste; 
gröst (mhd. grdz,eslc) größte; högst (mhd. hCeheste) höchste; lest (mhd. liest 
< ahd. lä$ist) lassest; khafst, khaft (mhd. koufest, lujufet) kaufst, kauft; 
löfst, löft läufst, läuft; Slöfst, Slöft (mhd. sUefest, slcefet) schläfst, schläft. 

Nicht gekürzt sind dagegen z. B. giist (mhd. gingest, ginget) gießest, 
gießt; grüüst (mhd. grüez,cst, grücz,et) grüßest, grüßt; griigst, griict (mhd. 
kriuchest, kriuchet) kriechst, kriecht; lüiigst, liiüct (mhd. liugcst, liuget) 
lügst, lügt; Siist (mhd. schindest, schiuzet) schießest, schießt; dsiigst, 
dsiict (mhd. xiugest, xiuget) ziehest, zieht. 

y) vor d(t) + t, z. B es let (mhd. ez, Hütet) es läutet; sidst, sif 
(mhd. siudest, siudet) siedest, siedet; redst, ret (mhd. rietest, rietet) rätst, 
rät; khüt (mhd. gehüetet ) gehütet; gebrüt (mhd. gebrüetet) gebrütet; ge- 
uüt (mhd. geiviietet) gewütet 

vor b + t, z. B. in glabst, glabt (mhd. geloubcst . geloubct) glaubst, 
glaubt; 

3. Vor x in genux (mhd. genuoc) genug; neben buux (mhd. buoch) 
Buch und duux (mhd. tuoch) Tuch kommt auch sehr häufig bux und 
dux vor (wohl aus dem Plur. biice, diice ), aber immer büiigla , diiiigla 
Büchlein, Tüchlein. 

# 

b) Kürzung betonter gedehnter mhd. kurzer Vokale (RückVerkürzung). 

§ 149. Nur in sehr seltenen Fällen läßt es sich entscheiden, ob 
in einem Wort alte Kürze oder Rückverkürzung vorliegt. Mhd. kurze 
Vokale behalten nämlich durchweg ihre Qualität, und' nur wenn sie ge¬ 
dehnt werden, verändern einige dieselbe (§ 131). Wenn also ein kurzer 
Vokal nicht die Qualität aufweist, die dem mhd. kurzen entspricht, son¬ 
dern eine dem gedehnten entsprechende, so beweist das, daß der ge¬ 
dehnte Vokal gekürzt worden ist. Natürlich trifft dies nur bei den Vo¬ 
kalen zu, die bei der Dehnung ihre Qualität ändern. Wird dagegen bei 
der Dehnung ein Vokal qualitativ nicht verändert, so fehlt auch ein 
lautliches Kennzeichen, ob alte Kürze oder Rückverkürzung vorliegt. 

§ 150. Sicher läßt sich aus diesem Grunde Rückverkürzung nur 
feststellen in: 

suln (mhd. so/) Sohle; in der G-Ma. in huln holen; hult holt; khult 
geholt; hulds Holz; Sdulds stolz. Mhd. o wird nämlich in der G-Ma. 
gedehnt oft zu uu (§ 55 Anm. 1); also deutet das u für mhd. o auf Deh¬ 
nung hin; 


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Hans Batz. 


G-Ma. gilt Geld; in der G-Ma. wird ee auch zu ii (§ 68 Anm. 1), 
so scheint mhd. gelt gedehnt zu giilt und dann gekürzt zu sein; denn 
nur auf diese Weise ist das i statt des mhd. e zu erklären (s. § 52, 1); 
busric Burg, duaric durch usw., s. § 59, 1. 

§ 151. Diese wenigen sicher feststellbaren Fälle zeigen also für die 
Kürzung dieselben Bedingungen, wie die bei mhd. Längen (§ 148), doch 
ist Rückverkürzung bloß vor Liquida und Nasal eingetreten: 

1. vor Liquida oder Nasal -f mhd. -en: suln, huln\ 

2. vor v Doppelkonsonanz; 

a) vor alter und zwar vor Liquida oder Nasal + Konson.: hulds, 
Mulds, gilt, biisric usw; 

b) vor einer durch Synkope entstandenen Doppelkonsonanz: halt, 
khult usw. 

2. Kürzung, Schwächung und Schwund unbetonter Vokale 

und Diphthonge. 

a) Kürzung unbetonter Längen und Diphthonge. 

§ 152. Lange Vokale und Diphthonge erleiden Verkürzung, wenn 
sie in unbetonter oder nebenbetonter Silbe Vorkommen. Ihrer Qualität 
nach sind die so gekürzten Vokale gleich denen, die in betonter Silbe 
gekürzt sind (§ 147). An dieser Kürzung in unbetonter Silbe nimmt 
auch mhd. i teil (im Gegensatz zu § 147). 

§ 153. 1. Solche Kürzungen treten besonders beim Verbum auf, 

z. B. gest, get, Mest, Mel gehst, geht, stehst, steht neben betontem geest, 

\ \ \ 

geet, Meest, Sdeet ; griisgöt, grüsdigöt, griisinagöt grüß (Dich, Sie) Gott 
neben grüiisn, grüiist ; was (mhd. weiz,) weiß; z. B. wösiväsiic? was weiß 
ich? neben betontem ic uaas net ich weiß nicht; krebst, $rebt; hiebst, 
blebt ; drehst, dreht schreibst, schreibt; bleibst, bleibt; treibst, treibt neben 
betontem sraibst, Sraibt ; blaibst, blaibt ; draibst, draibt. 

2. Sie finden sich weiterhin in zweiten Gliedern von Zusammen¬ 
setzungen, z. B. dmbös (mhd. aneböz,) Amboß; robpn (mhd. radebäre) 
Radkarre; gijöobUix (mhd. knobelouch) Knoblauch. 

Doch tritt in diesem Fall oft Schwächung zu e ein (s. § 158). 
Hierzu gehören wohl auch die mhd. Adj. und Adv. auf -lieh und 
-liehe, z. B. bili(c) (mhd. billich) billig; frciili(c) (mhd. ertliche) freilich; 
haamlifc) (mhd. heimliche) heimlich. 

3. Wird im Satz eine Silbe stark betont, so leidet darunter häufig 

die unmittelbar vorhergehende Silbe und erfährt Kürzung: 

* 

a) beim Verbum, z. B. genau geh hin! griisgöt, grüsdigöt grüß 
(dich) Gott; 

* 

b) beim Nomen, z. B. aglös ha isla ein kleines Häuschen (aber a 
% 

gläans hdisla ein kleines Häuschen): di frä sum Frau Schümm; frä 
böos Frau Base (aber di frda die Frau); 


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Lautlehre der Bamberger Mundart 


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c) bei Partikeln, z. B. n$3 (mhd. ne wäre) nur: n$3 sfys nur sechs; 

khüm n%3 häam komm nur heim!; wigröos wie groß (aber wiigröos wie 

* * 

groß); wunää wohin?; soSöö so schön (aber f? hödsöogemäxt er hat es 
so gemacht). 

Hierher gehören auch die vortonigen Pronomina und Präpositionen, 
§ 144. 145. 

§ 154. Eine jüngere Kürzung ist anzunehmen für eds (mhd. iexe) 
jetzt; denn hier zeigt die gekürzte Form schon den nhd. Vokal e, während 
sonst mhd. ie zu i wird (§ 77, 3). Ebenso ist dies der Fall bei dem mhd. 
Verkleinerungssuffix - lin und in der Konjunktion wal (neben dem ge¬ 
schwächten wd) (aus mhd. wile) weil, deren Kürzung schon die modernen 
Diphthonge voraussetzt, während das i z. B. in - lieh , - liehe (§ 153, 2) zu 
« wird. 

§ 155. Mhd. Kürzen, die gedehnt worden sind, erleiden bei Un- 
betontheit ebenfalls Kürzung (RückVerkürzung); und auch hierbei läßt 
sich nur in ähnlichen wie in den in § 149 und 150 geschilderten Fällen 
entscheiden, ob Rückverkürzung oder alte Kürze vorhanden ist; hierher 
gehört vielleicht ie hop ich habe; ic gip ich gebe. 

Eine solche Rückverkürzung liegt auch vor in wos (mhd. wa$) was 
neben betontem woos ; nux (nu) (mhd. noch ) noch. 

Anm. fä (mhd. xon) von; op (mhd. ob(e) ) ob; dox (mhd. doch) doch; 
bis (mhd. biz) bis u. ä. sind wegen ihrer Unbetontheit nie gedehnt worden 
(§ 146); es ist also hier keine Rückverkürzung zu suchen. — Ebenso ist 
mit (mhd. mit) mit u. a. nicht rückverkürzt, sondern hier ist die alte 
Kürze erhalten (als vortonige Präposition § 153, 3 c letzter Absatz und 
§ 144. 145) und nur in gewissen Fällen ist es unter dem Einfluß des 
Tones gedehnt (§ 145). 

b) Schwächung und Schwund unbetonter Vokale und Diphthonge. 

§ 156. In ganz unbetonten Silben wird nicht wie in nebenbetonten 
Silben der Vokal nur verkürzt, qualitativ aber unverändert gelassen oder 
doch nur sehr wenig verändert, sondern es werden alle Vokale, kurze 
und lange, und Diphthonge zu einem kurzen e bzw. zu einem halb¬ 
kurzen a, in einzelnen Fällen zu o, geschwächt, oder sie werden ganz 
synkopiert. 

Im allgemeinen hat die Ma., die alle Vokale ziemlich breit aus¬ 
spricht, die Neigung, auch dies e nicht zu flüchtig zu sprechen; doch 
lassen sich über die Quantität desselben keine festen Regeln geben; es 
kommt wohl in der Hauptsache auf die Persönlichkeit des Sprechenden, 
auf die langsamere oder raschere Art zu sprechen, auf das Tempo der 
Rede an. 

Diese Schwächung oder Synkope trifft enklitische und proklitische 
Wörter, die zweiten Glieder nominaler Komposita, Präfixe, Suffixe und 
Flexionssilben. 


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u) Yokalschwächung und -Schwund in selbständigen, im Satze unbetonten Wörtern. 

§ 157. Diese tritt meist vor betonter Silbe ein und zwar in folgen¬ 
den Wörtern: 

1. Mhd. inule und, das gewöhnlich unt lautet, wird häufig, be¬ 
sonders in stehenden Redewendungen, zu einem halbkurzen «geschwächt, 

* 

z. B. hhieufde hin und wieder; döoxendxt Tag und Nacht; hindefan 
hinten und vorne; khindseglda kurz und klein, sowie bei den Zahlen: 
danedsu'ändsi (c) 21; druaiedsicändsi(c) 23. Völlig geschwunden ist es 
nach dsivaa, z. B. dsudadsicändsi(c) 22; dsivdadräisi(c) 32. 

2. Der Vokal der persönl. Pron. und des (bestimmten und unbe¬ 
stimmten) Artikels ist in unbetonter Stellung 

a) teils geschwächt: 

1) vor s zu c in es es, z. B. es reegt es regnet; husdesgelecsn hast 
du es gelesen? 

zu e oder a in es, as das. z. B. es broot, ns broot das Brot; 

* 0 

2) vor n zu a in a ein, eine, z. B. a man ein Mann; a frdä eine Frau; 
in an einen, einem, z. B . an dis einen Tisch; ic höbs a(n)inää geem 

ich habe es einem Manne gegeben; 

zu e oder a in en, an den dem, z. B. ein fade, am fade dem Vater, 
den Vater; 

3) vor r zu t in me mir und wir, z. B. gime! gib mir! eds sdeme 
ddo! jetzt stehen wir da! 

in de dir, z. B. ic soox des ich sage es dir; 
in e ihr (2. Plur.), z. B. gide fyit? geht ihr fort? 
in e er, z. B. isde? ißt er? 

in de der, z. B de fade der Vater; de khöxa der Köchin (Dat.); 
in e, era ihr (Fern. Sing.), z. B. gibsera! gib es ihr! 

Intcrvokalisch lautet das r. z. B. ic glbderabäx ich gebe dir ein 
Buch; isderay khics? ißt er einen Käse? 

b) teils geschwunden: 

1) in s es (s. o ), z. B. snaäids? schneit cs? gimes! gib mir es! ic 
hobs geldesn ich habe es gelesen; 

in s das (s. o.), z. B. gimesmese! gib mir das Messer! ic höbs brau- 
gesn ich habe das Brot gegessen; 

2) in d(t) du, z. B. uinsd magst wenn du magst; 

3) in n dem, den, z. B. ic häbsnfadegeem ich habe es dem Vater 

% 

gegeben; ic stieg fade ich sehe den Vater; 

in n, na Ihn, ihm, z. B. säo.njdis! sag ihm das! ic söogsnd ich 
sage es ihm; 

in na, ena ihnen, z. B. ic sdogsnd, ic sbogsend ich saue es ihnen. 
In den unbetonten i ich, mi mich, di dich, si sich ist das i er¬ 
halten, z. B. ic höbdiysiiy ich hab dich gesehen; cs hbdsigsdöosn er hat 
sich gestoßen. 

Hierher gehört auch me (mhd. man) man. 


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3. Mhd. dar-, her- und hin- werden geschwächt zu de-, vor Vo¬ 
kalen zu dr-, r-, h-, n-, z. B. debdai (mhd. darbt) dabei; defüih (mhd. 
dar vür) dafür; degtey dagegen; denöox (mhd. dar nach) darnach; dedsii 
dazu; drüä (mhd. dar ane) daran: roo (mhd. her abe) herab; noo (mhd. 
hin abe) hinab; runde (mhd. her unter ) herunter; rum, rüm (mhd. her 
umbe) herum; nunde hinunter; driiüm drüben; hiiiim herüben; driliiue 
drüber; niiüive hinüber; 

ebenso wird mhd. dd zu de, z. B. dehäm (mhd. dä heimc) daheim; 
demlt damit (mhd. dd mite), mit dem, mit diesem (niemals finale Kon- 
junktion!); defüti davon. 

Anm. Mhd. darinne drinnen und durften draußen werden sowohl 
drin (drina) und draus (drausn) als auch mit Ausfall des n: din und daun. 

4. Mhd. xuo wird geschwächt zu dse in der Bedeutung nimis, z. B. 
dsegröos zu groß; dseglda zu klein; auch sonst, z. B. dseriik (mhd. xerilcke) 
zurück; zu ds- in dsam (mhd. xesamene) zusammen und in eds (mhd. 
iexc, iexno) jetzt. 

f) Vokalschwächung und -Schwund in zweiten Kompositionsgliedern. 

§ 158. Infolge der ziemlich langsamen, breiten Sprechweise kommen 
derartige Schwächungen wie Kürzungen (§ 153, 2) in der Ma. nicht be¬ 
sonders häufig vor und sind in der Hauptsache auf solche Fälle be¬ 
schränkt, die auch in die Schriftsprache eingedrungen sind, z. B. dridl 
(mhd. dritteil) Drittel; fi?dl und fmdl (mhd. virteit) Viertel; — arfl (mhd. 
armvol) Armvoll; hampfl (mhd. hanteol) Handvoll, Dimin. hempfala; — 

nadle (mhd. adelar, adlcr) Adler; ohve (mhd. alurerc) albern; bdyget (mhd. 

% 

bauchart) Bankert; barfes (neben bdr/üüset) (mhd. barvuoz,) barfuß; baltrts 
(mhd. biruoz,) Beifuß; edesn (mhd. egedehse) Eidechse; frerdse (mhd. rier- 
\ehen) 14 (so meist nur in freidsr doox 14 Tage, sonst gewöhnlich fchdseea); 
-- grämet (mhd. grnonmät) Grummet; höxdset (mhd. höch(ge)xit) Hochzeit; 
jit rupfe (rnlid. junevromee) Jungfer, Jungfrau; khpruä (mhd. kirchtcihe) 
Kirchweihe; ndxbe (mhd. ndchgebüre) Nachbar; ui me (mhd. niemer(e)) 
nicht mehr, nimmer; Sttsde (mhd. schuochsittrere) Schuster; uimbe (mhd. 
uintbrd) Wimper; dsuiifl (mhd. urirolle, xtcirel) Zwiebel. 

Anm. 1. Hierher ist wohl auch zu rechnen: draaia, elfa 3 Uhr, 
11 Uhr (§ 73 Anm.). 

Anm. 2. Über zweite Glieder in Kompositen, wo der Vokal nur 
gekürzt, nicht geschwächt ist, vgl. § 153, 2. 

Anm. 3. Auffallend ist die Schwächung zu i in hendtife) (mhd. 
hantsrhuoch) Handschuh; auch Hochzeit (mhd. huch (ge) xit) lautet häufig 
hoxdsi(c). 

y) Vokal Schwächung uiul -Schwund in Präfixen. 

§ 159. 1. Mhd. ver- und er- erscheinen als fe- und de-, auch mhd. 
er- wird de- (§ 119, 1), z. B. fegesn (mhd. vergezzen) vergessen; feldafm 
(mhd. verloufcn) verlaufen; felihn (mhd. Verliesen) verlieren: feregy (ge- 


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Hans Batz. 


wohnlich fregy) (mhd. verrecken) verrecken; feriedn (rahd. rerreden ) ver- 
reden; dewäl (mhd. der wile) unterdessen; deklöoy (mhd. erslahen) er¬ 
schlagen; dekhdna (mhd. erkennen) erkennen; dtsäufm (mhd. ersüfen »sich 
volltrinken«) ersaufen. 

Anm. 1. Intervokalisch lautet das r (§ 91, 6), z. B. ferdnden verändern; 
derlnen erinnern. 

2. Mhd. xe- (das schriftsprachliche zer-) wird dse (vgl. § 147, 4), 
z. B. dseldey (mhd. xe(r)legen) zerlegen; dselösn (mhd. ze(r)län) zerlassen, 
schmelzen (trans.); dserdisn (mhd. xe(r)riz,en) zerreißen. 

3. Mhd. be- hat nur in blaim (mhd. beliben) wie in der Schrift¬ 
sprache sein e verloren; sonst lautet es be , z. B. begdeya (mhd. begegenen) 
begegnen; begröom (mhd. begraben) begraben; begruifm (mhd. legrifen) 
begreifen; berüdia (mhd. beriuiccn) bereuen. 

4. Mhd. ge- verliert teils seinen Vokal, teils lautet es ge, s. darüber 

§ 124 , 2 . 

Anm. 2. Weggefallen wie in der Schriftsprache ist ge- in höxdset 
(mhd. höeh(ge)xit) Hochzeit; baue (mhd. gebier, aber auch schon bür) 
Bauer; naxbe (rahd. nächgebür) Nachbar. 

S) Vokalschwächung und -schwuud in Endsilben (Suffixen und Flexionssilben). 

aa) Zweisilbige Suffixe. 

§ 160. Außer mhd. -nnge, das durch - ing (-iy) ersetzt ist (z. ß. 
maaniy (mhd. meinunge] Meinung; dsaidiy [mhd. xitunge) Zeitung) und 
-lieh, -liehe (s. § 153, 2) (z. B. fraili(c) [mhd. vriliche] freilich; bili(c) 
[mhd. billieh] billig) sind alle Suffixe geschwächt: 

1. Mhd. -intie zu a, z. B. baiera (mhd. gehn rinne) Bäuerin; masdira 
(mhd. meisterinne) Meisterin; bega Bäckerin; hierher auch -in als o, das 
an die Familiennamen angehängt wird, z. B. di Snma die Frau Schumm(in); 
di bgsdfilda die Frau Porzelt(in). 

2. Mhd. -tere, das schon mhd. zu -er wird, zu «, z. B. lüiiye (mhd. 
liigentere, lügener) Lügner; susde (mhd. schuochsütcere) Schuster; kn aide 
(mhd. snilfcre) Schneider. Vgl. ne3 (mhd. ne wäre) nur. 

3. Mhd. -wäre zu we in olwe (mhd. alwrere) albern. 

4. Das Konditionalsuffix ahd. -eti, -öti zu et, *z. B. mööcet möchte; 
weilet wollte; frooxet fragte; nennet nähme; leeset läse. 

5. Mhd. -uotc zu et in haamet (mhd. heimuote, heimöt) Heimat. 

Anm. Für Armut (mhd. armuote) sagt die Ma. gern ärmeddai. 

6. Mhd. ämei$(e) Ameise wird eemidsn (temidsn). 

7. Ahd. hemidi (mhd. hemede) Hemd wird hemet oder hem. 

§ 161. Ebenso werden geschwächt oder synkopiert die zweisilbigen 
Suffixe mit e in der Stammsilbe: 

1. mhd. -eien zu -ln, z. B. bedln (mhd. betelen) betteln; 

mhd. -eie zu -l, z. B. khaxl (mhd. kachel(e)) Kachel, und die Plurale 
wie iieegl Nägel; snecwl Schnäbel; foügl Vögel; 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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2. mhd. -eren zu en, z. B. hemm (mhd. kenteren) hämmern; leeiven 
(mhd. lebere) Leber; ledm (mhd. leitere) Leiter; 

mhd. -ere zu e, z. B. kerne (mhd. kentere) Hämmer; de gröse der 
größere; 

3. mhd. -eme zu n , z. B. beesn (mhd. beseme) Besen; broosn (mhd. 
brösme ) Brosame; foodn (mhd. vademe) Faden; 

4. mhd. -enen zu -na, z. B. recya (mhd. rechenen) rechnen; 

mhd. -ene zu -n, z. B. feedn Fäden; ööfm Öfen; 

mhd. -mene zu -m in dsam (mhd. xesamene) zusammen; 

5. mhd. -ende zu -et, z. B. brenet (mhd. brinnende ) brennend; 

6. mhd. -este zu -st, z. B. högst (mhd. hteheste) höchste; negst (mhd. 
nceheste) nächste; 

7. mhd. -ecken, -ichen zu -ty, z. B. hgsriy (mhd. hör(e)chen) horchen; 
an soliy (mhd. sol(i)chm) einen solchen; l&rxy (mhd. lSr(e)che ) Lerche; 

8. mhd. -ede zu -t, z. B. fruit (mhd. vröuwede) Freude; hemet Hemd 
ist bereits zu § 160, 7 genommen. 

Anm. Mhd. -ige in breedi(c) (mhd. bredige ) Predigt erfährt keine 
Schwächung. 


bb) Einsilbig« Suffixe und Endungen« 

§ 162. Fast alle einsilbigen Suffixe — außer -lick (unten 6); -ine 
(unten 8); -ich (unten 11); -ec, -ic (unten 23) — sind geschwächt oder 
synkopiert worden: 

1. mhd. -dt zu et, z. B. hairet (mhd. hirät) Heirat; dazu auch haien 
oder hairedn (mhd. hirdten) heiraten; 

2. mhd. -öt zu et, z. B. määnet (mhd. mänöt) Monat; (haamet [mhd. 
heimöt, keimuote ] ist schon § 160, 5 behandelt); 

3. mhd. -eit, -heit (heit) zu et, z. B. uoosret (mhd. wdrheit) Wahr¬ 
heit: qarwet (mhd. er(e)beit) Arbeit; falget (mhd. vülkeit) Faulheit; gräyget 
(mhd. krankeit) Krankheit; 

dazu auch qenoedn (mhd. erebeiten) arbeiten; gfoncet (mhd. geere- 
beitei) gearbeitet; 

Anm. 1. Viele andere Wörter auf -heit (-keit) stammen aus der 

Schriftsprache, weshalb sie halbmundartlich -hait (-khait) ausgesprochen 

werden, z. B. 

fräindlickhäit Freundlichkeit; nääickhäit Neuigkeit 

* 

Anm. 2. Neben gränget und gräykhäit kommt auch noch greyk 
(mhd. krenke ) vor, aber nur in dem Ausdruck digrtygrUy die Kränke 
kriegen. 

4. mhd. -in als stoffangebendes Suffix bei Adjektiven zu e, z. B. 
ccsde (mhd. irdin) irden; aaxe (mhd. eichin) eichen; buxe und büüce (mhd. 
buochin, büechin) buchen; gülde (mhd. guldin) golden; Wille (mhd. ivülltn) 
wollen; 

Anm. 3. Dies e bleibt auch in der Flexion dieser Adjektiva, z. B. 
(n den es gSees irdenes Geschirr; a tvülme rok ein wollener Rock. 

Zeitschrift für Deutsche Mundarton. VII. 14 


frechäit Frechheit; nädihäit Neuheit; sööhait Schönheit; 


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Hans Batz. 


5. mhd. - lin bei Diminutiven zu -la, z. B. grüügla Krüglein; bqsdla 
(mhd. bertelin ) kleines Beil; biiügla (mhd. büechelin) Büchlein; neecala 
(mhd. negellin) Nägelchen; a bisla ein bischen; hanla, hanesla Hänschen; 
hainela Heinerchen; 

6. mhd. -lieh zu - li(c), z. B. bili(c) (mhd. billich) billig; leyli(c) 

länglich; ^ 

Anm. 4. In der Flexion lautet das ch immer, z. B. a bilice wai ein 
billiger Wein; a biligs gensla ein billiges Gänschen. 

7. mhd. -tu (im Fern. Sing, und Neutr. Plur. der Adj.) zu -a, z. B. 
a Sööna fraa eine schöne Frau; groosa häise große Häuser; 

8. mhd. -ine zu -iy, z. B. heesriy (mhd. kenne) Hering; pfeniy (mhd. 
pfenninc) Pfennig; 

Anm. 5. Das daneben vorkommende pfeni(c) ist von pfennic , wie 
khüüni von künec, nicht von küninc. 

Anm. 6. Andere Wörter auf -ing kommen wohl aus der Schrift¬ 
sprache, z. B. faSiy Fasching (dafür viel häufiger und echt mundartlich: 
föosmuxt Fastnacht); Smtdeliy Schmetterling. 

9. mhd. hornig, hornuz, Hornisse lautet hgmesl (vgl. die bei Weigand, 
Dtsch. Wb. s. v. angeführten Formen hornessel, hornissel usw.); 

10. a) die lateinische Endung -us zu -es, z. B. fögedlifes Vokativus, 
Schalk; ridselesööl Rizinusöl; mayes Magnus; 

b) die latein. Endungen -um, -a, -ue sind nach i weggefallen, 
z. B. ginäasi (neben gindasium) Gymnasium; gaudi Gaudium; khumöödi 
Komödie; dooni (dääni) Antonius; 

11. mhd. -ich zu - i(c), z. B. essi(c) (mhd. ez,z,ieh) Essig; redi(c) 
(mhd. retich) Rettich; debi(c) (mhd. teppich) Teppich; 

12. mhd. -eht zu -et, z. B. Seget (mhd. scheckeht) scheckig; eget (mhd. 
eckeht) eckig; dreget dreckig, schmutzig; 

Anm. 7. Vielleicht ist auch zu naget eine solche Form *nackeht 
anzunehmen (vgl. frühnhd. nackicht), doch kann es immerhin von mhd. 
nackent kommen (vgl. edset < mhd. icxent)\ mhd. nacket würde wohl sicher 
*nagt ergeben haben. 

Anm. 8. Mit Synkope wie in der Schriftsprache: amt (mhd. atnbet 
< ambeht) Amt. 

13. mhd. -el zu nach Vokal zu l, z. B. haml (mhd. hamei) Hammel; 
khidl (mhd. kitel) Kittel; siisl (mhd. schüfet) Schüssel; bail (mhd. bil < 
bthel) Beil; 

mhd. -eit zu -It in teilt (mhd. tcerelt, tverlt, weit) Welt 

14. mhd. -er zu -e, z. B. winde (mhd. winter) Winter; khine Kinder; 
bruude Bruder; gröse größer; nüüwe hinüber; 

15. mhd. -em zu -n, z. B. boodn (mhd. bodem) Boden; foodn (mhd. 
vadem(e) Faden; 


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211 


16. mhd, -en zu -n nach Alveolaren (außer n); zu m nach b(p), 
f, io; zu y nach g, h, ch (c, x); zu a nach langem Vokal, Diphthong 
und Nasal. Beispiele 8. § 97, 2; 

17. mhd. -ef zu -f, z. B. häm(p)ft (mhd. hanef) Hanf; sem(p)ft 
(mhd. sdnef) Senf; dswölf (mhd. xtcel(e)f) 12; 

18. mhd. -e$ zu -s, z. B. grebs (mhd. krebez) Krebs; Söbs (mhd. 
schöpet;) Schöps, Hammel; obst (mhd. obe$) Obst; läys langes; 

dies s verschmilzt mit vorausgehendem s ($), z. B. haas heißes; früS 
frisches; 

19. mhd. -es zu -s, z. B. bääbst (mhd. bäbes) Papst; nigs (mhd. 
nihtes) nichts: auch vom Genitiv (der sonst geschwunden ist) in Zu¬ 
sammensetzungen, wie z. B. khindskhöpf Kindskopf; 

mhd. -est zu -st, z. B. pnst (mhd. ern(e)st) Ernst; herbst (daneben 
auch hqirbest) (mhd. herb(e)st) Herbst; negst (mhd. nähest) nächst; glenst 
kleinst; lüügst (mhd. liegest) lügst; redst (mhd. redest) redest; nimst (mhd. 
nimest) nimmst; 

20. mhd. -isch zu -§, z. B. däidS (mhd. diut(i)sch) deutsch; G-Ma. 
* 

frandsüüS französisch; sonst stets -ü, z. B. bdaierU (mhd. beierisch) bay¬ 
risch; frtggU (mhd. vrenkisch) fränkisch; bräislS preußisch; iyliM (mhd. 
englisch) englisch, z. B. di 6yl\Sn die »englischen« (seil. »Fräulein«); 

21. mhd. -ech zu -x bzw. -c, haxt (mhd. habech(t)) Habicht; nach 
Liquida und Nasal hat sich vor c ein Svarabhakti -i entwickelt, z. B. 
miltc (mhd. milch < milech, ahd. miluh) Milch; möme (mhd. münich < 
münech < ahd. munih) Mönch; Sdgsrtc (mhd. storch < storech, ahd. storah) 
Storch; 

22. mhd. -et zu -t, z. B. abt (mhd. abbet) Abt; löft (mhd. loufet) 
läuft; ret (mhd. redet) redet; gerü (mhd. geredet) geredet; 

(Entstehende Geminata wird vereinfacht, § 181, 182.) 

23. mhd. -ec, -ic zu -i(c), z. B. draisi(c) (mhd. drixec) 30; näindsi(c) 
(mhd. niunxec) 90; khüüni (khööni(c)) (mhd. künec) König; hoonifc) (mhd. 
honec) Honig; pfeni (mhd. pfennic) Pfennig (vgl. oben 8 Anm. 1); leedifc) 
(mhd. ledec) ledig; fpdi(c) (mhd. vertic) fertig; huyri(c) hungrig; ruui(c) 
(mhd. ruowic) ruhig; 

Anm. 9. In der Flexion dieser Wörter lautet das c immer, z. B. 
a ruuice mud ein ruhiger Mann; an ruuicy (neben ruuiy und ruuiya) 
mää einen ruhigen Mann; a leedigs khint e in lediges (= uneheliches) Kind. 

Anm. 10. Mhd. manec manch kommt nur flektiert vor (§129 Anm. 6). 

Anm. 11. Mhd. uenec wenig ist synkopiert: u'ey. 

24. im Inlaut ist mhd. e auch sonst verschiedentlich synkopiert 
worden, z. B. Swalm (mhd. sival(e)we) Schwalbe; qenoet (mhd erebeit) 
Arbeit; bilt (mhd. bil(e)de) Bild; grüügla (mhd. krüegelin) Krüglein; haadla 
(mhd. houbetlin) Häuptchen (Kraut); 

über das e in xe-, be-, ge- s. § 157, 4; § 159, 2, 3, 4; 

14* 


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212 


Hans Batz. 


25. auslautendes mhd. e ist überall (doch s. unten Anra.12) apokopiert 
worden: 

im starken Plural: doox Tage; neegl Nägel; 

in den st und schw. Mask. und Neutr.: khees Käse; hoos Hase; weh 
(mhd. wecke) Weck; bet (mhd. bette) Bett; Sdük (mhd. stücke) Stück; oo? 
(mhd. Öre) Ohr; 

in den mhd. Mask. auf -eere: boode Bader; Snaide Schneider; 

in den st. und schw. Femin.: sax Sache; Saut Schande; bää (mhd. 
batie) Bahn; gas Gasse; 

in den Fern, auf - inne: bdiera Bäuerin; 

in den Fern, auf - unge: dsaidiy Zeitung; 

in den Adjektiven: glaa (mhd .kleine) klein; dün (mhd .dünne) dünn; 
grüü (mhd. grüe?ie) grün; nädi (mhd. niuice ) neu; 

in den Adverbien und Partikeln: bat (mhd. balde) bald; dsam (mhd. 
xesamene) zusammen; Sä (mhd. schöne) schon; oo (mhd. abe) ab; oft (mhd. 
ofte) oft; in den Adverbien auf -liehe: fraili (mhd. vrilichc) freilich; 

in der 1. Sing.: ic droox ich trage; ic nim (mhd. ich nime) ich 
nehme; Sboos spare; 

im Konditional auf -te: mööxet möchte; neemet nähme; 

im Partizip auf - ende: brenet (mhd. brinnende) brennend. 

Anm. 12. In einer großen Anzahl von mhd. Substantiven auf -e ist 
in der nhd. Schriftsprache das -n in den Nominativ eingedrungen, vgl. 
Paul, Mhd. Gr. 6 § 130 Anm. 2. Dies ist in Ma. auch noch in vielen an¬ 
deren geschehen, die das -n in der Schriftsprache nicht angenommen 
haben, s. § 98, 2; Beispiele finden sich fast überall, besonders in 
§ 97, 2. 

Anm. 13. Die Apokope des -e muß zu einer Zeit eingetreten sein, 
wo die Dehnung kurzer Vokale in offener Silbe bereits geschehen war; 
das ergibt sich aus Beispielen wie hoos (mhd. hase) Hase u. ä., deren 
Dehnung sonst nicht erklärt wäre; denn als Dehnung einsilbiger Wörter 
kann diese nicht angesehen werden, da sie nur mhd. einsilbige Wörter trifft 



- 1. Veränderung der Vokale vor r. 


§ 163. Über quantitative Änderung vor r in einsilbigen Wörtern 
s. § 143. 

Auch sonst erleiden die Vokale vor r noch verschiedene Ände¬ 
rungen: teils hat sich vor r ein halb- oder überkurzes a entwickelt, 
wobei dann das r häufig gar nicht lautet (s. § 91, 8, 4 u. 5), teils werden 
die kurzen oder gekürzten Vokale zu weiten oder überweiten Vokalen 
gebrochen. 


a) Entwicklung eines a. 


§ 164. 1. Nach langem Vokal und Diphthong hat sich vor r ein a 
entwickelt (wobei das r häufig gar nicht artikuliert wird, vgl. § 91, 3, 4), 
und zwar 


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Lautlehre der Bamberger Mundart 


213 


a) nach mhd. langem Vokal und Diphthong, z. B. gfooa (mhd. gevär) 
Gefahr; gloos (mhd. klär) klar; hoos (mhd. här) Haar; jooa (mhd. jär) Jahr; 
woos (mhd. wär) wahr; eea (mhd. ere) Ehre; heeala (mhd. hcerltri) Härchen; 
jeeala (mhd. jerliri) Jährchen; lees (mhd. leere) leer; meea (mhd. mer ) mehr; 
Sees (mhd. schare) Scheere; Sweea (mhd. stetere) schwer; 003 (mhd. öre) Ohr; 
roos (mhd. rar) Rohr; höösn (mhd. fuhren) hören; röösn (mhd. rare) Röhre; 
faaia (mhd. rtre) Feier; Säian (mhd. schiure) Scheuer; biia (mhd. hier) Bier; 
hiia (mhd. hier) hier; niian (mhd. niere ) Niere; fiis (mhd. vier) vier; huus 
(mhd. huore) Hure; fluua (mhd. vluor) Flur; Snuua (mhd. snuor) Schnur; 
füiian (mhd. vüeren) führen; ic füüa (mhd. ich vüere) ich führe; uus (mhd. 
üre) Uhr; 

b) nach mhd. kurzem, gedehntem Vokal, z. B. oo3§ (mhd. ars) Arsch; 
003t (mhd. art) Art; boost (mhd. hart) Bart; boos (mhd. bar und pär) bar 
und paar, Paar; foo3n (mhd. vam) fahren; goo3 (mhd. gar) gar; Sboosn 
(mhd. spam) sparen; icoo3 (mhd. war(e)) Ware; dsoo3t (mhd. zart) zart; 
bees (mhd ber) Beere; heesriy. (mhd. herinc) Hering; weean (mhd. wern) 
wehren; beea (mhd. ber) Bär; heeal (mhd. hert) Herd; weea (mhd. wer) 
wer; weeat (mhd. wert) wert; gSweea (mhd. geswer) Geschwür; feeaSdn 
(mhd. versen) Ferse; miis, düs (mhd. mir, dir) mir, dir; boosn (mhd. born) 
bohren; füiia (mhd. vür) für, vor; eeces (mhd. .vre) irre; gSeecea (mhd. ge- 
schirre) Geschirr; döös (mhd. dürre) dürr. 

Anm. 1. Kommt nach dem r ein Vokal, so lautet es; das s ist 
dann ganz schwach und verschwindet wohl auch ganz, z. B. düüa Tür, 
aber di düü(3)risdsü die Tür ist zu; a döösre khpl ein dürrer Kerl. 

Anm. 2. Nach u hat sich das 3 entwickelt in den Wörtern, in 
denen es durch Rückverkürzung erhalten (nicht zu p gebrochen) ist: 
buar(i)c Burg, duar(i)c durch usw., s. § 59, 1; § 150 letzter Abs. 

2. Auch nach kurzen, gebrochenen Vokalen (außer dem nicht ge¬ 
brochenen a) hat sich dies 9 entwickelt; Beispiele s. § 165. 

b) Brechung kurzer Vokale. 

§ 165. Alle kurzen Vokale — sowohl mhd. Kürzen (außer dem 
durch Rückverkürzung erhaltenen u § 59, 1) als verkürzte alte Längen 
— erleiden vor r (doch vgl. unten Anm. 1) eine Brechung. 

1. Mhd. a erscheint als ä in mhd. einsilbigen Wörtern, z. B. äarm 
(mhd. arm) arm; Sasrf (mhd. scharpf) scharf; sdsrw (mhd. sarc) Sarg; 
Sd&arik (mhd. stark) stark; wä 9, wässt war, warst 

Anm. 1. In mhd. mehrsilbigen Wörtern dagegen erscheint mhd. a 
auch vor r als a, s. § 43, 1. 

Anm. 2. Dasselbe ä erscheint aber auch vor anderen Konsonanten, 
Beispiele s. § 43, 2. 

2. Mhd. e wird zu p, Beispiele s. § 47, 5 und § 49, 3. 

3. Mdh. e erscheint als p, Beispiele s. § 50, 3 und Anm. 4. 


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214 


Hans Batz. 


4. Mhd. i a) bleibt vor r-f-n, Beisp. s. § 53, 3a; 

b) wird zu cb und Beisp. s. § 53, 3 b und c. 

Anm. 3. Über das gedehnte de vgl. § 143, 2. 

5. Mhd. o wird zu p, Beisp. s. § 55, 4. 

6. Mhd. Ö wird zu p, Beisp. s. § 58, 3. 

7. Mhd. u wird zu p, Beisp. s. § 59, 4 und § 59, 1, 3. Abs. 

Anm. 4. Über die rückverkürzten busric usw. s. § 59, 1, 2. Abs. 

8. Mbd. ü wird zu p, Beisp. s. § 62, 3. 

Anm. 5. Über dööi dürr s. § 143, 2. 

9. Mhd. de wird zu p, Beisp. s. § 66, 3. 

10. Mhd. e wird a) zu p, Beisp. 8. § 68, 2ba; 

b) zu p, Beisp. s. § 68, 2 b ß. 

11. Mhd. 6 wird zu p, Beisp. s. § 71, 4b. 

12. Mhd. ck wird zu p, Beisp. s. § 72, 3, 2. Abs. 

13. Mhd. ie wird zu <c, Beisp. s. § 77, 3 letzter Abs. 

14. Mhd. ile wird zu p, Beisp. s. § 80, 2b. 

2. Veränderungen der Vokale vor Nasalen. 

§ 166. 1. Quantitativ wirken Nasale und Vokale nur insofern, als 
in dem Fall, wo ein Nasal am Ende eines einsilbigen Wortes vorkommt, 
der in der Aussprache ganz verschwindet (teilweise mit leichterer oder 
stärkerer Näselung), der vorhergehende kurze Vokal stets gelängt wird, 
z. B. suu (mhd. sun) Sohn; dsii (mhd. xin) Zinn (s. § 97, 1; § 142). 

2. Qualitative Änderung eines Vokals bringt ein Nasal im all¬ 
gemeinen nicht hervor; nur zeigen a) verschiedene Vokale vor Nasal eine 
Vorliebe für ä, ää\ so wird vor einem Nasal 

1) mhd. a gedehnt stets zu dd, Beispiele s. § 43, 3b; 

2) mhd. o zu ä in fä (mhd. von) von; ddneddox (mhd. donerstac) 
Donnerstag; wädna (mhd. uoneri) wohnen (neben uoona); häänifc) (neben 
hooni(c)) (mhd. honec) Honig; 

Anm. In brdidicam wird o vor m zu a wie in der Schriftsprache. 

3) mhd. ä zu da (nicht oo), z. B. sädima (mhd. säme) Samen; Sbdä 
(mhd. spän) Span; mää (mhd. man ) Mohn; rndänt (mhd. mäne) Mond; 

* r 

mdänet (mhd. mänöt) Monat; aldnäna Altane; verkürzt zu ä, z. B. mändöx 

* 

Montag; brämbdes (mhd. brämber) Brombeere; 

4) mhd. 6 zu da (nicht oo), Beisp. s. § 71, 3; 
verkürzt zu d, Beisp. s. § 71, 4; 

5) mhd. uo zu ää in dää (mhd. tuon) tun; 
verkürzt zu ä in dam (mhd. tnom) Dom. 

b) Mhd. e wird vor Nasal zu e, Beisp. s. § 50, 4. 

c) Mhd. u ist vor Nasalen erhalten, auch wo es in der Schrift¬ 
sprache zu o geworden ist; Beisp. s. § 60. 


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216 


§ 167. 1. Die vor den Nasalen eintretende Näselung der Vokale ist 
in der Ma. so schwach, daß sie im allgemeinen unbezeichnet gelassen 
werden kann (s. § 26). 

2. a) Eine (je nach der Persönlichkeit des Sprechenden) etwas stärkere 
Näselung tritt gelegentlich ein, wo bei einsilbigen Wörtern (unter Deh¬ 
nung eines kurzen Vokals) ein schließendes n weggefallen ist, so daß 
man verschiedentlich hören kann, z. B. naa n nein; maa n Main; dsäd n Zahn; 
mää n Mann; 

b) dies ist gelegentlich auch der Fall, wo das n durch Wegfall des 
-e in den Auslaut getreten und dann ebenso wie schließendes n (s. bei 
a) behandelt ist; z. B. glact* klein; Söö n schön; dsee? Zähne. 

Im allgemeinen ist diese Näselung, da sie nicht immer eintritt, 
nicht bezeichnet 

Anm. Daß die G-Ma. gelegentlich etwas mehr zur Näselung neigt, 
ist ebenfalls schou § 26 erwähnt; vgl. dazu auch haa n ds Hans; Swää n ds 
Schwanz, auch gäa n s Gans. 

IV. Kontraktion. 

§ 168. Zwei Silben sind zusammengezogen, wo j, w, h oder (einmal) 
d zwischen Vokalen geschwunden oder im vorhergehenden Vokal auf¬ 
gegangen ist Ein g ist in diesem Falle zu i geworden, so daß aus ege 
mhd. ei entstand, z. B. gedrdat (mhd. getregcde > getreide) Getreide. Inter- 
vokalisches to ist entweder zu u geworden, z. B. grau grau oder ganz 
geschwunden, z. B. gyiia (mhd. knieiven) knieen. 

§ 169. Kontraktion ist eingetreten von: 

1. a) mhd. ade zu aa> oo > o in röbfcn (mhd. radebcere) Radkarre; 

b) mhd. abe zu mhd. ä > ö > o in host, hot (mhd. habest, habet > 

häst , hdt) hast, hat; 

Anm. 1. Ohne Dehnung > a (ä): haxt (häxt) (mhd. habech) Habicht. 

2. mhd. ähe (ehe) zu ee in eei (mhd. äher, eher) Ähre; 

3. mhd. ehe zu ee in dseea (mhd. xehen) 10; 

Anm. 2. In seey und gSesy ist nicht kontrahiert, sondern das h mit 
n verschmolzen zu y. 

4. a) mhd. ije > mhd. t zu ai in baict (mhd. btht < bijiht) Beichte; 
faicala (mhd. vijeltn) Veilchen; 

b) mhd. ihe > mhd. ie zu ii: fite (mhd. vi(h)e, vich) Vieh; 

5. mhd. dhe > mhd. d zu da: näät (mhd. ndhe) nahe; mCui (mhd. 
mähen, mdn) Mohn; 

Anm. 3. Mhd. dwe zu au in blau, blaua (mhd. bldicen) blau, blauen; 
brauna (mhd. brdive) Braue. 

6. mhd. eeje zu ee: dreea (mhd. drdjcn) drehen; 

Anm. 4. Mhd. -ewee- zu f in nqs (ne webe) nur. 

7. mhd. Swe > mhd. e zu ee: see (mhd.se, sewes) See; dseea (mhd. 
xewe, xehe) Zehe; 


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216 


Han s Bäte. 


8. mhd. ehe > mhd. e zu ee: ree (mhd. re) Reh; Sleea (mhd. siehe) 
Schlehe; 

9. mhd. Sehe zu öö: flöö (mhd. fleehe) Flöhe; 

10. mhd. ije > mhd. i zu aai: Sraaia (mhd. schri(j)en) schreien; 
mhd. iwe > mhd. i zu aai: glaaia (mhd. kliive, klie) Kleie; Sbaaia 

(mhd. sptwen) speien; 

mhd. ihe > mhd. i zu. ä: laaia (mhd. Ithen ) leihen; bail (mhd. bihel, 
btl) Beil; 

11. mhd. üwe zu au: baua (mhd. büwen) bauen; 

12. mhd. iuwe (mit umgelautetem und nicht umgelautetem iu) zu 
äi: brääia (mhd. briuwen) brauen; khääia (mhd. kiuwen) kauen; äie (mhd. 
imver) euer; naäi (mhd. niuwe) neu; sai (mhd. siuwe) Säue; 

13. mhd. iewe > mhd. ie zu ii: gijiia (mhd. kniewen) knieen; 

Anm. 5. dsiiy (mhd. ziehen) nicht kontrahiert (2/!). 


14. mhd. uoive 

15. mhd. uohe 

16. mhd. üeje: 


• mhd. uo zu uu: ruu (mhd. ruowe) Ruhe; 
mhd. uo zu uu: Suu (mhd. schuoch, schuohes) Schuh; 
mhd. üe zu üü: brüü (mhd. brüeje) Brühe; blüüa 


(mhd. blüejen) blühen; früii (mhd. vrüeje) früh; khüü (mhd. kiiej 


Y «t • \ TT •« 1 


17. mhd. eije zu aai: inaai (mhd. meijc) Mai; aaie (mhd. ei(g)er) Eier; 


18. mhd. ouive zu au: haua (mhd. houiven) hauen; 


zu aa: fraa (mhd. vrouwe) Frau; genäa (mhd. ge- 

nouwe) genau; 

19. mhd. öuive zu aai: SdrSiäia (mhd. ströuwen) streuen; frääia (mhd. 
vröuwen ) freuen; häSii (mhd. höuive) Heu. 


V. Diphthongierung alter Längen. 

§ 170. 1. Von mhd. Längen sind in der Ma. nur wenige diphthon¬ 
giert, nämlich: mhd. ? zu ai und äi; mhd. ü zu au; umgelautetes ü und 
iu zu dt, z. B. graina (mhd. grinen) weinen; pfäifm (mhd. pfifen) pfeifen; 
haut (mhd. hüt) Haut; läidn (mhd. liuten) läuten; läit (mhd. liute ) Leute. 

Weitere Beispiele siehe in den §§ 69, 73, 74, 75. 

Nicht diphthongiert sind von diesen nur: 

a) die Adj. und Adv.-Endung -lieh und -liehe, die zur Zeit der 
Diphthongierung schon unbetont waren und mit kurzem i gesprochen 
wurden; 

b) die Endungen -iu und -in, die zu a bzw. e geschwächt sind; 

c) die unbetonten zweiten Glieder der Komposita: naxbe (mhd. näch- 
gebur) Nachbar; Susde (mhd. schuochsüUere) Schuster; 

d) mhd. diune Daumen, wo das ü gelegentlich zu ä: däma (aber 
daneben clauma!), und mhd. rülkeit Faulheit, wo es zu a: folget ge¬ 
kürzt ist; 

e) mhd. natiire Natur > naduus; mhd. iire Uhr > um (vgl. dazu 
§ 73, 4). 

Anm. Über das Dimin.-Suffix mhd. -lin, das zu -la, und mhd. 
uile, das zu ual (tvel) in der Konjunktion weil« gekürzt wird, vgl. §154. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


217 


VI. Verengung der Artikulation der gedehnten Vokale. 

§ 171. Kurze Vokale erleiden bei der Dehnung, falls nicht andere 
Umstände dies hindern (Brechung, Labiierung, Einfluß von Nasalen), meist 
eine Verengung der Schallöffnung im Ansatzrohr: mhd. a>oo : boodn 
(mhd. baden) baden (§43, 3a); mhd. ä und e>ee: iceey Wägen; leem 
(mhd. leben) leben (§ 49, 2 Abs. 2 und § 50, 2, doch vgl. § 50 Anm. 1); 
mhd. o in der G-Ma. zu mm: khuupf (mhd. köpf) Kopf (§ 55 Anm. 1); 
mhd. ö in der G-Ma. zu mm: khüüpf Köpfe (§ 58 Anm. 1). 

Anm. Ebenso werden die mhd. langen Vokale oft so verengt: 
mhd. &> oo: Soof (mhd. schdf) Schaf (§ 65, 1); mhd. re > ee: khees (mhd. 
keese) Käse (§ 67, 2); mhd. 6 in der G-Ma. > uu: grtius (mhd. grötf) groß 
(§71 Anm.). 

VII Monophthongieren g alter Diphthonge. 

§ 172. Die mhd. Diphthonge sind in der Ma. monophthongiert 
worden: 

mhd. ie zu ii (üü): briif ( mhd. brief) Brief; lüily (mhd. liegen) lügen; 
verkürzt zu i: lict (mhd. lieht) Licht; 

mhd. mo zu mm: huut (mhd. huot) Hut; 

verkürzt zu m: müde (mhd. muoter) Mutter; 

Anm. 1. Über dää (mhd. tuon) tun usw. s. § 166, 2a 5. 

mhd. üe zu üü: gemüüs (mhd. gemüese) Gemüse; 
verkürzt zu ü : büce (mhd. büecher) Bücher; 

mhd. ei zu aa: baadsn (mhd. beizen) beizen; 
verkürzt zu a: masde (mhd. meister) Meister; 

mhd. om zu aa: aax (mhd. ouge) Auge; draama träumen; 
verkürzt zu a: glabst (mhd . geloübest) glaubst. 

Anm. 2. Vgl. dazu sowie über die einzelnen geringfügigen Aus¬ 
nahmen die betreffenden Beispiele in den §§ 77—85. 

VIII. Labiierung. 

§ 173. Labiierung ist unter dem Einfluß vorhergehender oder nach¬ 
folgender Labiale und Velare eingetreten bei mhd. e und e, das zu ö (<j) 
wurde; z. B. Öpfl (mhd. epfel) Äpfel; gewööna (mhd. gewenen) gewöhnen; 
Swööm (mhd. siceren) schwören; wfifm (mhd. werfen) werfen; wöln (mhd. 
wellen) wollen (§ 47, 4 und Anm. 2; § 50 Anm. 4). 

IX. Svarabhakti. 

§ 174. 1. Die Entwicklung eines a vor r ist bereits in § 164 be¬ 
handelt. 

2. a) Außerdem hat sich ein (meist) überkurzes i entwickelt zwischen 
r, l, n einerseits und c (< mhd. ch, j, g), sowie dem aus -cen entstan¬ 
denen -y andererseits. Es wird verschieden lang gesprochen, und je 
langsamer und je prononcierter jemand die Ma. spricht, desto deutlicher 


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218 


Hans Batz. 


und länger ist bei ihm dies i zu hören; wer sich mehr der schriftdeutschea 
Aussprache nähern will, unterdrückt es wohl meist ganz. 

175 aufgeführten Fällen ist überall 
zunehmen, selbst wenn ahd. oder mhd. Formen mit e oder i vorliegen; 
denn wenn diese Vokale vorlägen, dann müßte das ch am Ende auch 
wegfallen können, wie in der Ma. in allen ähnlichen Fällen, z. B. beim 
Suffix - lieh, bei -ic usw. Nur bei einem Svarahakti-t fällt das c nie 
weg. So geht z. B. das mili der G-Ma. sicher auch auf mhd. milich 
zurück, während das gewöhnliche milxc unbedingt auf die synkopierte 
Form mhd. milch weist 


b) In den im § 


Synkope an- 


§ 175. 1. a) Mhd. rch und rech > r(t)c, z. B. duar(i)c (mhd. durch) 
durch; §dgar(i)c (mhd. storch < storech) Storch; säarft) c (mhd. sarc(h)) Sarg; 
sparte Särge; hgartc horch; hgariy (mhd. hör(e)chen) horchen; Igariy (mhd. 
ISrche, ISreche) Lerche; kheearxy (mhd. ldrche, ahd. kirihha) Kirche; fgarip 
(mhd. viirhten, ahd. furihtan) fürchten; 

b) mhd. rj > ric, z. B. lädwcearty (mhd. laticerje) Latwerge; 

c) mhd. rg > ric, z. B. äartc (mhd. arge) arg; bgaric (mhd. berc) Berg; 
buaric (mhd. burc) Burg; mgarty (mhd. morgen ) morgen. 

Anm. 1. Dabei wird häufig das r gar nicht gehört, z. B. bdmbgic 
Bamberg; güdmQiy guten Morgen; düicgle durchgehen. 

2. a) Mhd. Ich (lech, lieh) > lic, z. B. khälic (mhd. kalc(h)) Kalk; 
kheltc (mhd. kel(i)ch) Kelch; milic (mhd. milch) Milch; Seite Scheich, Kahn; 
dswiltc (mhd. zivil(i)ch) Zwillich. 

Anm. 2. Zu mili der G-Ma. vgl. §174, 2b. 

Anm. 3. Mbd. -lieh, -liehe > li, Beispiele s. § 162, 6; 160; 153, 2. 

b) Mhd. lg > lic, z. B. bälic (mhd. bald) Balg; galiy (mhd. galge) 
Galgen; ohne Svarabhakti: belce »Bälger«, ungezogene Kinder. 

3. a) Mhd. nech (nich) > nie, z. B. möme (mhd. mün(e)ch) Mönch; 
dümya (mhd. iün(i)chen) tünchen; düntene, düniye Tüncher, Zimmermaler; 

b) mhd. neg > nie, z. B. hoonic (mhd. honec) Honig; 

> ni(c), z. B. khüüni(c) (mhd. künec) König; 

> y in wey (mhd. tvenec) wenig. 

§ 176. Auch sonst entwickelt sich gelegentlich, allerdings nur selten, 
ein überkurzes a vor oder nach r, z. B. fÜivarik Fabrik; fAivarige Fabrik¬ 
arbeiter; khgarap Korb. 


B. Konsonanten. 

L Assimilation. 

1. Progressive Assimilation. 

§ 177. 1. a) Mhd. b und g sind an vorhergehendes m bzw. n assi¬ 
miliert, und die entstehende Geminata ist dann wie alle Geminaten 
(§§ 181, 182) vereinfacht worden: mb > mm > m; ng > yy > y, z. B. 
khema (mhd. kemben) kämmen; siya (mhd. singen) singen. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart 


219 


b) Bei mhd. d tritt diese Assimilation an vorhergehendes n teils ein, 
teils bleibt aber d auch erhalten, und es ist mir nicht gelungen, dafür 
eine feste Regel ausfindig zu machen. Beispiele s. § 117, 2 und § 118. 

An m wird mhd. d assimiliert, z. B. frem fremd; hem Hemd (§ 117, 3 
und § 118). 

Teils assimiliert, teils nicht wird d nach l und r. Beispiele s. 
§ 117, 45 und § 118. 

2. a) n nach Velar > y, z. B. gyoxy (mhd. knocke) Knochen; Swaygy 
(mhd. swanken) ausspülen durch Schwenken im Wasser. 

Mhd. -gen und -hen in unbetonter Silbe werden stets zu y, z. B. 
seey (mhd. se'gen) Segen; seey (mhd. sehen) sehen; mhd. -chen dagegen nur 
nach heute langem Vokal oder Diphthong und nach Liquida, z. B. raay 
(mhd. rouchen) rauchen; aber khoxy (mhd. kochen) kochen. 

b) Ebenso wird n nach Labial zu m, z. B. dsam (mhd. xesamene ) zu¬ 
sammen; leern (mhd. leben) leben; ribm (mhd. rippe-n) Rippe. 

3. An vorhergehendes ^ wird s nur in Flexionsendungen assimiliert, 
z. B. a hübS maadla ein hübsches Mädchen; du ivüät du wischest (§101 
Anm. 1, § 104). 

2. Regressive Assimilation. 

§ 178. 1. Ein Alveolarlaut wird sowohl im Wortinnern als auch 
bei Komposition und im Satzsandhi an folgenden Velar oder Labial assi¬ 
miliert: 

a) n wird a) vor Labial zu m, z. B. dmbös (mhd. anebög) Amboß; 
sem(p)ft (mhd. senef) Senf; entstehende Geminata wird vereinfacht: nm > 
mm >7n f z. B. imäin hdus in meinem Haus; weme wenn man; grumzt 
(mhd. gruon- mdt) Grummet; 

Anm. 1. Ebenso wird y vor Labial zum, z. B. jumpfe (mhd. ju?ic- 
vrouwe) Jungfer. 

ß) vor Velar zu y, z. B. ic b\y khüma ich bin gekommen; wey 
gtsn w&t wenn gegessen wird. 

b) d und t werden, unter Vereinfachung entstehender Geminata: 

a) vor Labial zu b (p), z. B. äpfegdat Advokat; bibrundse Bett- 

pisser; bröobäidl Brotbeutel; röb^m (mhd. radebdre) Radkarre; glespfüüa 
gehst du vor! 

ß) vor Velar zu g (k), z. B. nigeniix nicht genug; ?iäisbdgäya ins 

* 

Bett gegangen; naisröokhüma ins Rad gekommen; Sdäkhpr(i)ye Stadt¬ 
kirchner. 

Steht vor einem solchen d oder t, das assimiliert wird, ein n , so 
wird es m bzw. iy , z. B. wimbm (mhd. wintbrä) Wimper; khimbet Kind¬ 
bett; rimpßic Rindvieh; hampfl Hand voll; n& di udykhdyt an die Wand 
gehängt; läykhadn Landkarte. 

Anm. 2. In Fällen wie beyk (mhd. bmke) Bank; fiye (mhd. ringer) 
Finger u. ä. war schon mhd. das n nichts als der orthographische Aus¬ 
druck des y - Lautes. 


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220 


Hans Batz. 


Anra. 3. Durch solche Assimilation ist, wie Gebhardt a. a. 0. §188 
Anm. 2 ausführt, das Pron. der 1. Pers. Plur. wir zu me geworden: es 
verschmolz nämlich mit dem vorhergehenden n des Verbums zu m in 
Fällen wie gerne gehen wir; käme haben wir; aus diesem enklitischen 
Gebrauch losgelöst blieb auch proklitisch das m in me, betont miia. 

Dies me = wir lautet genau gleich dem me = man. 

c) s + S > SS > S, z. B. (G-Ma.) frandsüüS französisch; icu'äaSa ich 
weiß schon; glöoSfarm Glasscherbe. 

2. a) b wird vor k diesem assimiliert, Geminata vereinfacht; z. B. 
lekhüuy Lebkuchen; Sukhän Schubkarre; 

b) kt wird zu t schon im mhd. in blidsn (mhd. blitzen < blickexen) 
blitzen; Smadsn (mhd . smatxen < smackexen) schmatzen. 

§ 179. Eine andere Art regressiver Assimilation, Assimilation der 
Art nach, liegt vor, wenn in Fremdwörtern gn zu yn wird, wobei dann 
häufig yn zu y wird ( yn > yy > #), z. B. aynes und ayes Agnes; maynus 
und mayes Magnus; mäynSet Magnet; s\ynüäl Signal. 

Anm. Den Namen des Flusses Regnitz spricht die Halbmundart 
rSeyrilds (rSynXds) und rSecnlds. In der echten Ma., z. B. der Bam- 
berger Fischer und Schiffleute, heißt der Fluß nur rSeyids (rtyids), 
nicht, wie August Gebhardt (in einer brieflichen Mitteilung an den Ver¬ 
fasser) als sicher annehmen zu können meint, » reneds mit dentalem n«. 
In den weiter flußaufwärts gelegenen Dörfern, z. B. Sassanfahrt, Pautz- 
feld, Seußling, Hallerndorf sagt man allerdings rends, das zweifellos aus 
Rednitz entstanden ist, und in Forchheim schon heißt der Fluß wie in 

0 

Erlangen und Nürnberg remds (reeneds). Für die Stadt Bamberg da¬ 
gegen und die nächste Umgebung steht die Form reeyeds mit gutturalem 
Nasal unzweifelhaft fest. Nach diesem Sprachgebrauch der wichtigsten 
Stadt am Unterlaufe des Flusses, der durch Bamberger Urkunden bereits 
seit dem 16. Jahrhundert gestützt wird (vgl. dazu Peter Schneider im 
Programm des Alten Gymnasiums von Bamberg 1911, Volks-Etymologie 
in Bamberger Namen usw., S. 18 f.) ist die Berechtigung der Namensform 
Regnitz für diesen Unterlauf nicht zu bestreiten. 

3. Doppelte Assimilation. 

§ 180. Doppelte Assimilation: progressiv in bezug auf die Artiku¬ 
lationsstelle, regressiv in bezug auf die Artikulationsart liegt vor, wenn 
in unbetonter Silbe gen, eben, hen zu y und ben, wen zu m wird, z. B. 
biiy (mhd. bigen) biegen; reeya (mhd. regenen) regnen; brauy (mhd. 
brücken) brauchen; gSeey {mhd. geschehen) geschehen; geem (mhd. geben) 
geben; Swalm (mhd. swalwe) Schwalbe. 

II. Vereinfachung: von Geminaten. 

§ 181. In der Bamberger Ma. kommen wie in den meisten Mund¬ 
arten keine Geminaten vor, sondern sie sind durchweg vereinfacht. Diese 


V 

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Lautlehre der Baiuberger Mundart. 


221 


Vereinfachung ist erst eingetreten, als betonte Kürze in mhd. offener 
Silbe bereits gedehnt war; denn vor mhd. Geminata ist der kurze Vokal 
stets erhalten, z. B. bidn (mhd. bitten) bitten; ivase (mhd. loa&er) Wasser. 
Dieselbe hat auch erst stattgefunden, nachdem das auslautende n in ein¬ 
silbigen Wörtern abgefallen war; denn mhd. -nn-, das nach Apokope 
des e in den Auslaut getreten ist, ist nicht abgefallen, sondern als n er¬ 
halten, z. B. dün (mhd. dünne) dünn; wen (mhd. wenne) wenn; dän (mhd. 
danne) dann. 

§ 182. Auch alle Geminaten, die erst durch Assimilation später 
entstanden sind, sind vereinfacht, ebenso die bei Komposition und im 
Satzsandhi entstandenen; Beispiele s. §§ 177 und 178. 

in. Dissimilation. 

§ 183. Diese kommt in der Ma. nur sehr vereinzelt vor, z. B. in: 
a d&mblm'prgs ein »Tölpel merk’s!«; ds&ndla Zeltchen, Zuckerplätzchen 
(zu mhd. xülte ); außerdem in fremden Wörtern, z. B. Sdädstndes (Scor- 
zonera hispan) Schwarzwurz; fädstnödla (ital. faxzolelto ra.) Taschentuch, 
besonders auch ein Tüchlein aus Seide usw., das nur zum Schmuck aus 
der oberen äußeren Brusttasche etwas herausscbauend getragen wird. 

IV. Hetathesis. 

§ 184. Diese findet sich eigentlich nur: 

1. in Sigln (mhd. schilhen) schielen; 

2. gelegentlich in ä&mst statt ädmds Abends; 

nicht aber in wöbs Wespe, das ajif oberd. wefse zurückgeht 

Anm. Schwierige Lautgruppen in Fremdwörtern oder fremden 
Namen werden natürlich hier wie überall gerne umgestellt, z. B. inolgte 
für Moltke; gSlaaf für Sklave; doch ist dies eben keine besondere Eigen¬ 
tümlichkeit der Baraberger Ma. 

V. Ab- und Ausfall von Konsonanten. 

§ 185. 1. Fortgefallen ist h 

a) im Inlaut, z. B. bail (mhd. bihel) Beil; 

b) im Auslaut, z. B. ree Reh; 

c) im Anlaut in unbetonter Vorsilbe; z. B. roo (mhd. her abe) herab; 
nauf (mhd. hin üf) hinauf; 

d) nach r vor mhd. Vokal, z. B. fgsri (mhd. viir hin) vorwärts. 

Mit folgendem -en ist es zu y (§ 110, 3), vor s und t zu g bzw. 

c geworden (§ 110, 2). 

Anm. 1. Doch ist der Fortfall des h nicht ganz regelmäßig, z. B. 
ic siic (mhd. ich sihe) ich sehe nach p siet er sieht u. ä. Fällen. 

2. Fortgefallen ist weiter mhd. ch (h) in unbetonter Silbe, z. B. seget 
(mhd. scheckeht) scheckig. 

3. Mhd. ch ist fortgefallen in khceirica (mhd. kirchtcihc) Kirchweihe. 


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Hans Batz. 


Anm. 2. In buSd&m (neben buxSdäm) (mhd. buochstap(b)) Buchstabe 
liegt ■wohl Assimilation vor. 

4. Stimmlose Reibelaute fallen fort nach Vokal im unbetonten 
Auslaut: 

a) mhd. ch in dem mhd. Suffix -lieh und - liehe ; in Enklitiken wie 
nu noch; nüntt noch nicht; glai gleich, sogleich; i, mi, di ich, mich, 
dich usw.; 

b) mhd. y (d. i. x, c) in mailidi mein Lebtag, sowie immer in der 
G-Ma., z. B. in khüüni König; breedi Predigt; esi Essig u. &. und in den 
Adj. auf mhd. -ig (-ic), z. B. fpdi fertig. 

In diesen Fällen wird es gemeinbambergisch oft gehört: breedic, 
ftadic, frailic u. ä. 

Fiir die anderen stimmlosen Reibelaute gibt es keine entsprechenden 
Beispiele. 

5. Mhd. b ist fortgefallen a) im Auslaut, z. B. buu (mhd. buobe) 
Bube, Junge; oo ab, roo herab, noo hinab; 

bl durch Assimilation vor k in likhüuy Lebkuchen; Sükhän Schub¬ 
karre (§ 178, 2 a). 

6. Mhd. d schwindet 

a) im Auslaut in bal (mhd. balde) bald; 

b) durch Assimilation 

a) nach n, m, l, r (s. § 117, 2 — 5 und § 177, lb); 

ß) vor Explosiven (s. § 117, S). 

Mhd. t ist fortgefallen: 

a) in mhd. -htes in niys' (vegs) (mhd. nihtes) nichts, sowie beim 
Verbum, z. B. läigst (mhd. liuhtest) leuchtest; wögst (mhd. mähtest) möch¬ 
test, und im Superlativ, z. B. Siegst (mhd. slehteste) schlechteste; 

b) in mhd. -htm, z. B. fysriy (mhd. vürhten) fürchten; 

c) durch Assimilation vor Explosiven (§ 121, 2b und § 178, lb); 

d) in der Verbalendung tet > tt > t, z. B. bet betet, und ttet > 
tt > t, z. B. gerSt gerettet; 

e) in gel (mhd. gelte) gelt (Adv.); wank (mhd. market) Markt; is 

(mhd. ist) ist; sen (mhd. sint) sind; 

% 

f) in hdubmää Hauptmann. 

7. k ist geschwunden durch Assimilation vor k bzw. g, •/.. B. sdgäs 
Sackgasse; drlyglöos Trinkglas. 

8. n ist geschwunden 

a) im Auslaut (teils mit Näselung und Dehnung) (§ 97), z. B. naa 
nein; khä kann; 

b) vor apokopiertera e, z. B. glaa (mhd. kleine) klein; Söö (mhd. 
schtbne (§ 96ea und Anm. 1); 

c) vor Reibelauten, s. § 96 e/?. 


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Lautlehre der Bamberger Mundart. 

VL Anfügung und Einschub you Konsonanten. 

§ 186. 1. d ist 

a) angefügt vor die Vorsilbe er-, Beispiele 8. § 119, 1; 

b) eingeschoben (s. § 119, 2 — 6) 

a) zwischen n (y) und l, z. B. mendla Männlein; aiydli eigentlich; 
ß) zwischen n, i und s ($), z. B. hälds Hals; f&ldS falsch; 
y) zwischen f und n, z. B. häfdn Haufen; 

d) zwischen S und n, z. B. feesSdn Ferse; 

e) zwischen 8 und l, z. B. khesdl Kessel; 
t) nach wen, op usw., s. § 119, 6. 

2. t ist angefügt 

a) in n&ät nahe (s. § 122, 1); 

b) wie in der Schriftsprache: 
a) in määnt Mond; 

ß) in obst Obst; bädbst Papst; sundst sonst; 
außerdem in aneSt anders; 
y) in dnethälp anderthalb: 

c) nach f in sempft Senf; hätnpft Hanf; 

d) nach c (x) in laict Leiche; haxt Habicht; nuxet nachher; 

e) in gemtsnt gemessen. 

Vgl. dazu § 122. 

3. s ist eingeschoben 

a) in wildst willst (§ 102 Anm. 3); 

b) nach wen, wal, op usw. vor der 2. Sing., s. § 1U4, 2. 

c) in dugsn ducken und samst samt, s. § 104, 3. 

• 4. I ist eingeschoben in miiaäliy Wirsing; baalwis Beifuß; dabledsihn 
tapezieren usw., s. § 90 Anm. 

5. n ist a) angefügt in näst Ast, s. § 95 Anm. 1; vielfach am Ende, 
8. § 98, 2; 

b) gerne eingeschoben in Fremdwörtern, z. B. brisndtnt Präsident 
usw., § 96 Anm. 6. 

6. p ist angefügt bei anlautendem vl, s. § 100 Anm. 1. 

7. h ist angefügt in huldane Ulan, § 109 Anm. 3, 

eingeschoben in frändshöos Franzose, § 110 Anm. 1. 

8. Wie in verschiedenen süddeutschen Maa. wird auch in der Bam¬ 
berger Ma. ein s in Volksliedern, besonders Soldatenliedern eingefügt, 
hauptsächlich nach den persönl. Pron. ic, duu usw., sowie nach den dazu 
gehörigen Verbalformen, soweit sie nicht selbst auf s odersf endigen, z. B. 

ai du bluudjüye, Sööne wildäüds, 

ai was wildst duus den älhlh? 

* * 

daine ivundprSoöne bügse, 
ai di neemens wms diis; 

oder wens wihrs bai den meedcen $ laufen 

sains w>3s unsen Ihöönic glaic; 


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Hans Batz. 


oder slicräic wolns imiss frdygräic Slaaxen, 

Mürben als am dapfr^r heit. 

9. Zum Einschub eines hiatustilgenden r und n vgl. § 187, 2. 

VH. Sandhi. 

§ 187. 1. Die Regeln, die über Assimilation, Vereinfachung von 

Geminaten und Ausfall von Konsonanten gelten (§§ 177—182, 185), treten 

auch im Sandhi in Wirksamkeit, z. B. $s hödagldakhäft er hat ein Kleid 

* 

gekauft: si sinedöo sie sind nicht da; qibna a Sdükhüun gib ihm ein 
Stück Kuchen! 

Die Sandhiregeln gelten auch für die Zusammensetzung der Wörter, 

z. B. läykhädn Landkarte; lämpfäre Landpfarrer; bdbrundse Bettpisser. 

2. r und n, die im Auslaut usw. öfters abfallen, lauten meist (doch 

vgl. § 96 Anm. 1) wieder, wenn sie im Sandhi intervokalisch werden, 

z. B. gerne gehen wir, aber: eds gdmeröwe jetzt gehen wir aber; ic wqs 

* 

ich war, aber: do wgsri da war ich; fädtis von dir, aber: fänera von ihr, 
wie ja auch das r der Vorsilbe rer- und er- vor Vokalen lautet, s. §91, 6. 

Sekundär, als hiatustilgend eingeschoben, ist das n in duni tue ich; 
geni gehe ich (§ 97 Anm. 2 und § 98). 

So wird auch gelegentlich (nicht immer!) ein hiatustilgendes r ein¬ 
geschoben, besonders dort, wo die Endung -en nach Vokal oder Nasal 

\ / 

als -a erscheint, z. B. dii khünaröice Soö siya! die(se) können aber schön 
singen! dli styaröivs Söö! die(se) singen aber schön! iis müsdn brünaröws 
dsüdegy! ihr müßt den Brunnen aber zudecken! miis bduara nääis hdus 
wir bauen ein neues Haus. 

§ 188. Im Satzsandhi wird r-ez, zu rs (nicht r.?), z. B. do hämes 
da haben wir es (§ 101 Anm. 3), ebenso bleibt r-s und wir nicht r-S , 
z. B. des u't’s sduwe das wäre sauber (§ 103 b am Ende). 

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Lautlehre der Bamberger Mundart. 


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41. Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten. 


Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 



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Oskar Philipp. 


Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens 


nach den deutschen Flnrnamen. 


Von Oskar Philipp. 


Seit W. Arnolds »Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme, 
1875 (1881 *)« wissen wir, wie man aus bestimmten Ortsnamen — bei 
zusammengesetzten aus ihren Grundwörtern oder Bestimmungswörtern — 
auf den Volksstamm schließen kann, dem der Gründer des Ortes angehörte. 
Diesen Zusammenhang zwischen Ortsnamen und Besiedlung verfolgen im 
Königreich Sachsen u. a. 1 namentlich zwei Arbeiten: E. Gerbets Disser¬ 
tation «Die Mundart des Vogtlandes, 1896« (S. 59 — 64) und A. Meiches 
Aufsatz »Die Herkunft der deutschen Siedler im Königreich Sachsen 
nach den Ortsnamen und Mundarten«, Deutsche Erde 1905, S. 81 ff. 
Letzterer bedauert, daß er sich vorläufig noch mit den Ortsnamen be¬ 
gnügen müsse, also die Flurnamen noch nicht heranziehen könne. Diese 
Lücke wenigstens zum Teil, d. h. für den Südwesten Sachsens, auszu¬ 
füllen und damit zugleich einen Beitrag zur Mundartengeographie 
zu liefern, sei der Zweck dieser Untersuchung. Unsere Hauptquellen 
hierfür — sämtlich im Hauptstaatsarchiv Dresden, das, wie ich dankbar 
anerkenne, vorliegende Arbeit erst ermöglicht hat — sind: 

1. Die Erbbücher der alten sächsischen Ämter, zumeist aus der 
Mitte oder der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, und zwar die der drei 
vogtländischen Ämter Voigtsberg (1542), Plauen (1506) und Pausa 2 (1506), 
ferner Planitz b. Zwickau (1662), Stollberg (1591) und Grünhain (1546, 
1548, 1593). Schmerzlich empfunden habe ich es hierbei, daß die Erb¬ 
bücher der Ämter Wiesenburg (südlich von Zwickau) und Werdau ver¬ 
schollen sind. Für letzteres boten einigermaßen Ersatz eine größere 
Anzahl Aktenstücke 8 aus dem Archiv des Schlosses Schweinsburg zwischen 
Werdau und Crimmitschau. 

2. Berainungsakten, zumeist über strittige Forstgrenzen des west¬ 
lichen Erzgebirges, von 1560 bis an den Anfang des 18. Jahrhunderts. 

3. Die Steuerkataster des Amtes Zwickau, fast ausnahmslos aus 
der Zeit zwischen 1661 und 1705. Die außerordentlich geringe Ausbeute 
an Flurnamen aus diesen rund 250, z. T. recht umfangreichen Akten¬ 
stücken hat mich veranlaßt, mich vorläufig auf dieses eine Amt zu be¬ 
schränken, das mir als sprachliches Grenzgebiet überhaupt das wichtigste 

1 M. Schmidt, Zur Gesch. der Besiedelung des sächs. Vogtlandes, Progr., Dresden 
1897 (mit weitem Literaturangaben auf S. 41), und A. Laug, Grenzen, Unterschiede und 
Herkunft des Westerzgebirgischen, in dieser Ztschr. 1907/08. 

* Plauen und Pausa nach der Bearbeitung von C. von Raab in den MitteiL des 
Altertumsvereins Plauen XV (Beilage v. J. 1902; und XVI (Beilage v. J. 1903). 

* Seit etlichen Jahren im Besitz des Gewerbevereins zu Crimmitschau, dem ich 
für die freundliche Erlaubnis zur Durchsicht auch hier aufrichtig danken möchte. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 227 


zu sein schien. Eine Durchsicht der Steuerlisten der übrigen Ämter 
hätte den Abschluß der vorliegenden Arbeit um mehrere Jahre hinaus¬ 
geschoben. 

4. Flurbücher, leider verhältnismäßig wenig, aus den Jahren 
1757 — 1826. 

5. Die Flurverzeichnisse, die das Kgl. Finanzministerium im 
Jahre 1835 von sämtlichen Gemeinden — von vielen leider erfolglos — 
eingefordert hat. 

6. Die 1902 von der Kgl. Sächs. Kommission für Gesch. an die 
Gemeindevorstände zur Ermittlung der älteren Flurverhältnisse ausge¬ 
sandten Fragebogen. Meine Belege mit der Jahreszahl 1902 oder 1903 
stammen aus diesen, Angaben ohne Jahr oder mit der Jahreszahl 1835 
(1836) aus der Quelle unter Nr. 5. 

Abkürzungen und sonstige Quellen. 

A. = Amtshauptmannschaft 

Erbb. = Erbbuch. 

Flurb. — Flurbuch. 

Flurv. = Flurverzeichnis. 

Göpf. — Gottlieb Göpfert, Gesch. des Pleißengrundes (1794). 

H.St.A. — Hauptstaatsarchiv (Dresden). 

Lehm. — Christian Lehmann, Schauplatz der natürlichen Merk¬ 
würdigkeiten im Meißnischen Obererzgebirge, 1699. 
Meitzer (1684) = Christian Meitzer, ... Beschreibung der .. . Bergk-Stadt 

Schneeberg, 1684. 

Meitzer (1716) = Historia Schneebergensis renovata, 1716. 

Ob. = Oberreits Landesatlas von Sachsen, nach der 1781 be¬ 
gonnenen Landesaufnahme 1821 —1860 in Kupfer ge¬ 
stochen. 

Oesf. = G. Fr. Oesfeld, Hist. Beschr. einiger merkwürdiger Städte 
im Erzgebirge, 2 Teile, 1776 und 1777. 

Oettel = Joh. Paul Oettel, . .. Historie der .. . Berg-Stadt Eyben- 

stock, 1748. 

QuatStK. = Quatembersteuer-Kataster. 

St. Sch. K. = Steuerschock-Kataster. 

Top. K. = Topographische Karte vom Königr. Sachsen (1:25000). 
Z. f. (h)d. Maa. = Zeitschrift für (hoch)deutsche Mundarten, herausg. von 

Heilig und Lenz, 1900 ff. 

Wenn ich gerade den Südwesten Sachsens ausgewählt habe, so 
leitete mich dabei eine aus vieljähriger Beschäftigung mit dem Gegenstand 
gewonnene Erkenntnis: die Zwickauer Gegend — um diese wird sich’s 
vorzugsweise handeln —, in der sich Yogtländisch, Erzgebirgisch, Ober¬ 
sächsisch und Altenburgisch berühren, bietet ein Bild der Besiedlung, 
wie es sich bunter in so engem Rahmen in Sachsen kaum wieder findet. 

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Oskar Philipp. 


Daß mir als geborenem Zwickauer diese Gegend von Jugend auf lieb 
und vertraut ist, mußte mich zur Untersuchung nur noch mehr anreizen. 

Ehe wir an unsere eigentliche Aufgabe gehen, empfiehlt es sich, 
die für die Mundartengeographie bedeutungsvollen Ortsnamenfamilien 
kurz zu erwähnen, die der Gegend um Zwickau ihr Gepräge aufdrücken. 

Die echt mitteldeutschen Ortsnamen mit NauNieder-, -bom, 
-rode, -hain finden wir nördlich der Linie Werdau — Zwickau; südlich 
davon — abgesehen von ganz vereinzelten Ausnahmen — statt dessen 
nur die auf Oberfranken und Oberpfälzer deutenden Neu-, Unter-, 
-brunn, -reut, -grün. Sehen wir nun zu, ob die Flurnamen dieses 
Ergebnis bestätigen: 

1. Nau-, Neu-. 

Das in mitteldeutschen, besonders rheinfränkischen, hessischen und 
thüringischen Ortsnamen so häufige Nau- hat sich in den Flurnamen des 
untersuchten Gebiets, des Vogtlands und westlichen Erzgebirges, über¬ 
haupt nicht gefunden. 

2. Nieder-, Unter-. 

Will man diese Grenze mit Hilfe der Flurnamen abstecken, so 
stößt man auf ungleich größere Hindernisse als bei den Ortsnamen (für 
die ich die Grenze früher einmal gezogen habe, Z. f. hd. Maa. 1902, S. 85 f.). 
Bei den Ortsnamen handelt es sich um Bezeichnungen, die, früher nicht 
selten schwankend, endlich fest geworden sind, so daß es heute niemand 
mehr wagt, einen Ort AYederzwönitz gelegentlich auch einmal Unter- 
zwönitz zu schreiben, wie es vor Zeiten öfters geschieht: 1548 aus der 
nider(n) cxwenitx (Erbb. Grünhain 2a, Bl. 29b u. 47); Vnter Zwenitx 
1548 (ebenda 2b, BL 1); Nider Zwenitx 1548 (2b, Bl. 348); Mit dem 
Dorff vntter Zwenitx. 1593 (3a, Bl. 88). Dies nur ein Beispiel für viele. 
Höchstens am grünen Tisch entstehen heuto noch für Gegenden, wo das 
Volk nur Nieder- kennt, Neuschöpfungen wie £7w/erherold (Haltestelle, 
zur Gemeinde Herold bei Annaberg) und Lößnitz (Erzgebirge) unterer 
Bahnhof, trotzdem die Eingeborenen nur ein Niederlößnitz, einen Nieder¬ 
graben, ein Niederes Thor kennen, trotzdem dicht bei dem Städtchen ein 
Niederaffalter liegt. 

Dort, bei den Quellen der Flurnamen, ist in jedem einzelnen Falle 
erst zu untersuchen, ob die Namen auch wirklich ein Einheimischer 
niedergeschrieben hat Leider sind unsere Quellen nicht immer derart, 
daß man’s unbedenklich wagen dürfte, mit ihrer Hilfe die Grenzlinie 
zwischen Nieder- und Unter- zu ziehen. Nur soviel ergibt sich mit 
Sicherheit: das Vogtland weist eine Unzahl echter Unter-, aber kein 
einziges zweifelloses Nieder- in den Flurnamen auf. Ihr Gebiet deckt 
sich also mit dem der Ortsnamen (Unmenge Unter-, ein AYccferauerbach). 

3. -bom, -brunn. 

Die drei vogtländischen Amtshauptmannschaften Ölsnitz, Plauen and 
Auerbach kennen nur -brunn, bis auf zwei Ausnahmen: in den Flurv. 



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Dio Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 229 


von Christgrün und Pansdorf bei Elsterberg findet sich Born, im ersteren 
ein Bornuneschen und Bornackerchen, in letzterem Bornfeld, -wiese, -holx, 
Bom(s)acker. Das Pansdorfer Verzeichnis scheidet aber als verdächtig 
aus, da es nicht von der Hand des Ortsrichters herrührt Das Christ¬ 
grüner ist zwar vom »Oberrichter« geschrieben, die Handschrift ist jedoch 
für die damalige Zeit (1835) so schön, daß man es schon danach eher 
einem Schreiber von Beruf zuweisen möchte. Zudem bietet es außer 
Born noch andere nichtvogtländische Formen (die Bach, die Schu;?/>en- 
wies« statt der echt vogtländischen der Bach und Schu/j/enwies), so daß 
mir’s jetzt, nach einem Briefwechsel mit Herrn Prof. Dr. E. Gerbet, 
mindestens zweifelhaft erscheint, ob das Christgrüner Flurv. wirklich vom 
Ortsrichter stammt. 

Vom Vogtland greifen die Flurnamen mit Brunn auch nach Norden 
und Osten über, zunächst ins Gebiet der A. Zwickau. Belege haben 
sich gefunden aus den Fluren Cainsdorf (Erbb. Planitz, 1662), Ebersbrunn, 
Giegengriin 1 , Jahnsgrün sö. Hartmannsdorf s. Kirchberg (Bei/ Besichtigung 
der Jahnsgrün ... Ist der Anfang gemacht worden am Heiligbrun 1679, 
Die Bereinung des Wiesenburg. Oberforstes, de ao: 1664 . . . betr., H.St.A. 
Dresden, Rep. VII, Loc. 34212, No. 3, Teil 4, Bl. 39); am heiligen Brun 
1704 (ebenda Loc. 34211, Schwarzenberg No. 5, Bl. 32), Lichtenau, 
Lichtentanne, Lindenau (1688 und 1712, St.Sch.K. Amt Wiesenburg), 
Zwickau-Marienthal (der »Böse Brunnen «, schon 1656 in der Zwickauer 
Chronik von Tobias Schmidt, II, 57 erwähnt, liegt zwischen dem Dorfe 
Weißenöorn und dem Rittergute Weißen^r?/»«), Niederplanitz (Frauen 
Brunwiese, Erbb. 1662, Brujnciese, An Schaafbrunnen 1835) und Ober¬ 
planitz, Ruppertsgrün, Stangengrün, Voigtsgrün (1662), Wildbach und 
Wilkau ( Brunne Wies 1835), sämtliche Orte südlich der wichtigen 
Linie Werdau-Zwickau und links der Mulde, während nur wenige den 
Fluß überschreiten: Grünau bei Wildenfels (das Brun Wieslein 1835), 
Wildenfels selber und Thierfeld; aus dem nahen Beutha ist mir Brunn 
als Gattungsname bekannt. Zu beachten ist noch, daß von diesen 
16 (17) Orten nicht weniger als 6 schon im Namen oberdeutsches Ge¬ 
präge tragen: Ebers6r?rnn; Giegem/rü«, Rupports^n'm, Stangen^rön, 
Voigtsr/rtm und Grü?i&u, mundartlich »td Klud(ckrii « (wegen seiner 
Kalkbrüche). 

Im nördlichen Teile der A. Zwickau aber gilt ausschließlich Born, 
und zwar — ich gehe von Westen nach Osten — in Zwirtzschen, Stöcken, 
Rußdorf, Thonhausen, in und bei Crimmitschau, Königswalde (»Unten 
am Dorfe . . . liegt ein Brunn, der der heilige Born heißt « 1794, Göpf. 
S. 308), Mosel (an dem sog. Frlsborn), Oberrothenbach (der sog. Leiten- 
bom). Bei Crimmitschau möchte ich hervorheben, daß die alten Quellen 
nur Born kennen: so heißt es 1502 » begm Stockborn, wenn man in die 
Carthausen (Rittergut Carthause) gehet . . . unter dem Stockborn, Göpf. 


1 Aus dem benachbarten Saupersdorf s. Kirchberg kenne ich prini = Brunnenwasser. 


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Oskar Philipp. 


S. 106/107; in den Schweinsburger Akten wird 1626 auf Leitelshainer 
Flur ein Born Steig erwähnt und 1755 der Creux Born im Sahnwald, 
der heute noch bei allen älteren Crimmitschauern nicht anders heißt 
Seitdem aber die Wasserleitung in der Stadt besteht, seitdem man also kein 
Bomivasscr oder kurz Born mehr auf der Straße zu holen braucht, so daß 
auch der Bornetänder im Hause überflüssig geworden ist, seitdem drängt 
sich, wenigstens beim jüngsten Geschlecht, das nicht bodenständige Brunn 
ein, auch in den alten Namen Kreuzbom. Ähnlich in Zwickau, nur 
daß man da vielleicht von jeher zwischen Born und Brunn geschwankt 
hat, vgl. Z. f. hd. Maa. 1905, S. 43. 

Nach Südosten zu schließt sich die A. Schwarzenberg an. Leider 
sind hier die allermeisten Flurv. von berufsmäßigen Schreibern angelegt 
worden. Nur das von Hundshübel stammt vom Richter, obwohl es sehr 
flotte Schriftzüge aufweist Hier steht einmal » bis an (den) Brunnen*. 
Vielleicht ist das der > prunskhastn« im südlichen Teil des Dorfes, den 
Gerbet (in der Z. f. hd. Maa. 1900, 129/30) erwähnt, während eine Quelle 
im Norden nach ihm der Porn heißt, wie es in Hnndshübel auch pom- 
kras, einen tsiiporn und pornStanlr gibt. Ob. (Bl. XIX, 1828/31) ver¬ 
zeichnet in der Nähe des Dorfes einen Gold Brunn, Gnind Brunn und Stein 
Brunn neben einem Pferde Born, dieser aber heißt in Schreyers Chronik 
des Kirchdorfes Hundshübel, 1899, S. 4, Pferde Brunnen. Mir scheint 
dies als Angabe des Ortsgeistlichen glaubwürdiger als die Oberreitsche 
Karte, die zwar, was den Stich betrifft, geradezu musterhaft, in ihren An¬ 
gaben aber nicht immer zuverlässig ist. Soviel steht jedenfalls für Hunds¬ 
hübel fest, daß dort Brunn neben Born vorkommt. Einen Porn besitzt 
(nach Gerbet, a. a. O.) auch noch Sachsenfeld sö. von Aue, und in Aue 
selbst kommt, anscheinend aber ganz vereinzelt, porniop = Wassertopf vor. 

Im übrigen herrscht Brunn in der ganzen A. Belege aus etwa 
20 Fluren, z. B. wird bei Lößnitz 1410 ein Wald erwähnt (Oesf. I, S. 208), 
»genannt der Hochbrunn* ; in Lößnitz selbst heißt die Vorstadt nach 
Aue zu das » Brunnstädtcl «, so schon bei Oesf. I (1776), z. B. 98; das 
Erbb. von Grünhain Nr. 2b vom Jahre 1548, Bl. 352, kennt den Mittags¬ 
brun, ein Waldrevier, dessen Lage 1593 (Nr. 3a T Bl. 12) so bestimmt 
wird: leit xurischen dem Spiegelualdt vnnd dem Viehknochen hintter dem 
Closter, also südlich von Grünhain nach Beierfeld zu, dessen Flurbuch 
(1813) ihn auch erwähnt: am sogenannten Mittags-Brunn. Dasselbe 
Erbb. (1593) nennt kurz dahinter auch den Fuchsbrunnen nw. des Städt¬ 
chens; Eibenstock (in dem sog. Gold-Brunnen 1748, Oettel, S. 204; 
Wiese, der Goldbrunnen genannt, Flurb. 1806; am Sauerbrunnen, Be¬ 
obachter an der Mulde, Eibenstock 1851, S. 199). 

In der im Nordosten an Zwickau angrenzenden A. Glauchau 
herrscht fast ausnahmslos Born, für Brunn habe ich nur ein sicheres 
Beispiel gefunden: in Callenberg (Stadt) gibt es 1836 ein e Brunnemciese 
und einen Brunnenteich. Bei der Menge der Belege für Born beschränke 
ich mich auf zwei, dafür aber sehr bezeichnende, beide aus den Flurb. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 231 

von 1768: in Remse besteht damals ein Gemeinde Brunn, Richter Michels 
Born genannt, und in Kleinchursdorf ein eingemäuerter Brunn, vulgo 
Schwarxhannßens-Born genannt. Es ist sehr lehrreich, an solchen Stellen 
zu sehen, wie sich der Schreiber des Unterschieds zwischen Schriftsprache 
und volkstümlicher Redeweise deutlich bewußt ist. 

Wie in Glauchau, so gilt Born auch östlich davon in der A. Chem¬ 
nitz. Ich greife nur ein paar Beispiele heraus: Stadt Chemnitz (Bom- 
teich 1836), Euba (die Börner Wiese 1835), Seifersdorf (bis an Lindenbom 
1835), Wittgensdorf (beym Hasenbom 1835). Dagegen tritt weiter süd¬ 
lich, in der 1910 von Chemnitz abgezweigten A. Stollberg, wieder 
Brunn auf. Südwestlich von Brünlos liegt ein Waldstück » der Bären¬ 
brunn* 1903 (der Bärenbrunnenwald 1835, der bereits 1591 im Stoll- 
berger Erbb. Bl. 25 erwähnt wird: Das Stoibergische Wasser Entspringt 
aus dem Streithwald aus dem Beerenbrun genandt)\ 1835 weist Nieder¬ 
würschnitz eine Brunwiese auf, und Ölsnitz ein Brunwiesefleckchen; 
Angaben über Oberdorf aus der heutigen Mundart s. diese Ztschr. 1911, 
S. 362. Sicher gilt Brunn auch in der anstoßenden A. Annaberg: 
Geyer (der Haderbrunn. Lehm. 253); Schlettau (den süßen Kühl- und 
Löschbrunn in der Schlettau, ebenda S. 252); Steinbach (Feld, Gänse¬ 
brunn 1836), wohl auch noch in der Marienberger Gegend. 

Vergleicht man die beiden Bruim-Born-Linien, so ergibt sich zwar 
eine allgemeine Übereinstimmung des Gebiets der Ortsnamen mit dem 
der Flurnamen, im einzelnen wird aber die Ortsnamenlinie durch 
unsere Ergebnisse bedeutend ergänzt: jenseits der Verbindungslinie 
Weißenbrunn bei Zwickau und Breitenbrunn südlich Schwarzenberg liegen 
nur ganz vereinzelte Orto auf -brunn, wie Schönbrunn westlich Wolken¬ 
stein; die entsprechenden Flurnamen aber greifen viel weiter und in 
dichterer Masse nach Osten über die Zwickauer Mulde hinüber: wir 
treffen sie in Callenberg, in und bei Wildenfels, Thierfeld, Niederwürsch¬ 
nitz, Ölsnitz, Brünlos, Lößnitz, Dittersdorf, Niederpfannenstiel, Grünhain, 
Kühnheide, Mittweida b. Schwarzenberg usw. 

Anderseits schiebt sich Born in Flurnamen, allerdings ganz ver¬ 
einzelt, nach Süden in das Gebiet der Brunn- Orte: Gerbet hat das fest¬ 
gestellt für Hundshübel und Sachsenfeld im westlichen Erzgebirge. 

4. -reut, -rode. 

Es sei zunächst daran erinnert, daß die Hauptmasse der Orts¬ 
namen auf -reut dicht gedrängt an der sächsisch-bayrischen Grenze 
sitzt, daß sie nach Nordosten zu immer spärlicher werden und ihren 
nördlichsten Vertreter in dem reußischen Orte Fraureuth sw. Werdau 
haben, urkundlich zuerst 1349. 1 

Wesentlich anders wird das Bild, wenn man die Flurnamen heran¬ 
zieht, zunächst im Vogtland: da stellt sich heraus, daß sie gl eich- 

1 villarn Froucnrfd, Lehnbuch Friedrichs des Strengen, 1349/50, herausg. von 
‘W. Lippert und H. Beschorner, Leipzig 1903, S. 3. Z. 1/2. 


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Oskar Philipp. 


mäßiger auf die drei A. verteilt sind: in Ölsnitz habe ich nahe an 60, 
in Plauen gegen 55 und in Auerbach an die 40 ermittelt. 

Die A. Zwickau, die nur einen einzigen Ort Reuth besitzt — es 
ist der südwestlichste Punkt der A. überhaupt —, weist doch eine Anzahl 
Flurnamen dieser Art auf, zum Teil ziemlich weit im Norden: 

Wiesenburg sö. Zwickau, jenes alte Rittergut am linken Muldenufer, 
das bis in die neuere Zeit herein Sitz des gleichnamigen Amtes gewesen 
ist, besitzt 1619* Das Brachfeldt vf der hohen reid genand. Weist schon 
diese Reut wie überhaupt die Sprache der ganzen Gegend zweifellos nach 
Oberdeutschland als der Heimat der Mehrzahl der Siedler, so ist es höchst 
bemerkenswert, daß ganz wenig weiter nördlich, ebenfalls am linken Ufer 
der Mulde, ein adliges Geschlecht saß, das nur aus Süddeutschland 
stammen kann: auf der »Armen Ruhe«, einem Rittergute, das samt dem 
Dorfe seit 1476 Silberstraße heißt, finden wir nach Bönhoff die von Utten- 
hofen, die mit Heinricus de Uthenhoven 1234 zum ersten Mal in der 
Mark Meißen auftauchen*, »bereits vor 1251« 1 * 3 . Zwar brauchen sie sich 
nicht gerade nach »dem mittelfränkischen Pfarrdorfe Uttenhofen (Amts¬ 
gericht Uffenheim)« zu nennen, wie Bönhoff 4 mit ziemlicher Bestimmtheit 
annimmt, gibt es doch allein im heutigen Bayern nicht weniger als sechs 
Dörfer und Weiler dieses Namens, vier andere (Baden, Unterelsaß, 
Württemberg) gar nicht gerechnet; allein soviel steht fest: der Ortsname 
Uttenhofen kommt nur in Süddeutschland vor, und von all diesen Utten¬ 
hofen hat das mittelfränkische Pfarrdorf allerdings die meiste Wahrschein¬ 
lichkeit für sich. Waren aber die ersten Besitzer der Armen Ruhe 
wirklich aus Franken, so dürfen wir mit Bönhoff wohl auch »weiter 
schließen, daß die Kolonisten, welche die Dörfer w. und s. von Wiesen¬ 
burg anlegten, ebenfalls aus dem — Frankeulande stammten«. 

Die Stadt Kirchberg besitzt 1832 (Flur-Register S. 209) eine Ge¬ 
meinereuth, die noch 1908 auf der Top. K. als Gemcindereuthsberg er¬ 
scheint; Ebersbrunn südwestlich Zwickau hat 1835 eine Dornrcith neben 
anderen gut oberdeutschen Merkmalen (-.das Lehla «, die Brunnwieße, 
mehrere Beunten, Kleinod, Unter-, Bach männlich); das Flurv. von 
Trünzig westlich Werdau kennt 1835 eine Beiden Wiese, wozu die alte 
Reuth auf Oberreits Karte (Bl. XIII) vom Jahre 1850/52 wunderschön stimmt; 
etwas weiter östlich verzeichnet Ob. noch zwei Reuten , die Sand Reith 
südlich von Langenbernsdorf und die Fichtsreuth östlich vom Forsthaus 
Neudeck, gerade auf der Landesgrenze, nordwestlich vom Dorfe Reuth. 

Zwei wertvolle Belege dafür, wie mit der Umwandlung einer Rodung 
in Ackerland das Wort Reut verseil winden kann, bietet Werdau. 1663 5 

1 AViesenburgischer Gütere Auümessung lf>19, II.St. A. Dresden, Rep. VII, Loc. 

34212, AViesenburg No. 1, Bl. 1. 

3 Clera. Freiherr v. Hausen, Vasallengcsclileclitcr der Markgrafen von Meißen 

(1892), S. 543. 

8 Alt-Kirchberg. Mitteilungen des Altertunisvcr. f. Kirchberg, II (1909/10), S. 14. 

* Ebenda S. 15. 6 Stewer Register Anno 16G3, Bl. 18. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 233 

versteuert eine dortige Witwe Die Reut he am Walde und Das Feld am 
Mühlwege, zusammen mit 10 vollen Schock, wovon 8 gangbar und 2 »caduc«. 
Vier Jahre später, 1667 *, versteuert sie dieselben Schocke vom Feld am 
Walde und Mühlwege. Ebenso bei einem anderen Werdauer: 1663* wird er 
für Das Outh mit der Reuth herangezogen, 1667 1 * 3 aber heißt es einfach 
Vom Outh, obwohl beide Male der Steuersatz derselbe ist (89 volle 
Schock, davon 75 gangbar und 14 caduc). 

In der Flur der Stadt Zwickau kommt keine Reut vor, das Wort 
läßt sich aber nachweisen aus einer Rats Verschreibung von 1361, worin 
es heißt: dax dritte hus , dax der stat waz kegin den cxawen ohir an 
dem hoch, da bramrute nume ix VII. Schillinge, E. Herzog, Chronik, II 
(1845), 888. Dieses »bramrute « läßt sich nur deuten als »Reut, Rodung, 
auf der Brombeergestrüpp wächst«, und findet sein Gegenstück in der 
Flurbezeichnung »die Bramreuth « zwischen Burkhardsgrün und Posseck 
im oberen Vogtland,.Ob. Blatt XVIII (1647/50). Ein gut Stück nw. von 
Zwickau endlich, beim Rittergut Bosenhof in der Flur von Kleinhessen, 
erscheint im Flurv. (undatiert, aber sicher 1835) ein Rund mit Holtx . . . 
die Reit genand. Diese Reut, etwa halbwegs zwischen Werdau und 
Crimmitschau, ist die nördlichste 4 * 6 , die ich bisher habe finden können, 
und darum besonders wertvoll. 

Sämtliche bisher genannten Reuten liegen westlich der Mulde. Aber 
auch auf dem rechten Ufer begegnen noch ein paar: in Vielau sö. 
Zwickau ein Reit- Graben, erwähnt im Schneeberger »Berg-Buch de An. 
1555« (Meitzer, 1716, S. 442), und im Nachbardorfe Oberhaßlau ein 
»Holtxgi'undstück welches früher die Reithe genant [icurdc]« 1835, wohl 
der »Grund früher die Raithe genant « 1844, und bei Hartenstein 
1836 der Reithübel, ein Waldgrundstück, das auch Ob. noch angibt, dicht 
dabei 1787 eine Schlucht der Reitgruben, Schumann, Lexikon von Sachsen, 
III (1816), 686. 

Aus der A. Schwarzenberg sind mir nur drei Reuten bekannt: 
Schusters Reuth wsw. bei Oberstützengrün, also an der Grenze zwischen 
Vogtland und Erzgebirge, Ob. Blatt XIX (1828/31); zweitens die »huuxd 
Ra\t « bei Bockau, so nach A. Lang in dieser Ztschr. 1908, S. 17, schon 
1585 6 daß gehöltxe so der (!) Hohe Reutten genandt, Vnnd mit der hohe[n\ 
reutten reinen . . die hohe Reidt 1621®, auch bei Lehm. 1699 (Hohereut) 

1 Stouer Register Anno 1667, Bl. 59. 

f St R. 1663, Bl. 22. 3 St. R. 1667, Bl. 63. 

4 Südlicher, und zwar jenseits der Grenze, liegt Hohenölsen (sö. Weida) mit seiner 

»Ijcedc ... welche (1841) die Reuth heißt*, Vogtl. altertumsforsch. Ver. zu Hohenleuben 
16, S. 71. Hohenölsen wieder ist nördlicher als Reichenfels (Acker , die Reuthe genandt 
1577, a. a. 0.76,77, S. 18), das auf gleicher Breite mit dem Dorfe Nitschareuth und dem 
weiter östlich gelegenen Fraureuth liegt Schon bedeutend südlicher ist Greiz mit seiner 
»hohen Rcid« 1672, a. a. 0. 54,55, S. 80. 

b Reynung der Weide vnd Gehöltze im Ampt Schwartzenbergk . . . 1585 (II.St. A. 
Dresden, Loc. 34211, Schwarzenberg No. 2), Bl. 9. 

6 Ambts Schwartzenberg . . . Reinung 1621 (ebenda No. 3), Bl. 11. 


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Oskar Philipp. 


erwähnt, dann öfter in Körners >Bockauischer Chronik« (z. B. 1761 *auf 
der hohen Reit«.) und im Bockauer Flurb. von 1826 (z. B. am Krieniiz- 
bächcl bey der Hohen Reith), sowie im FJnrv. (an der sog. Hohenreuth), 
und drittens kommt 1559 eine Reude bei Lößnitz vor, und zwar zwischen 
dem Rumpelts-, dem Lößnitz- und dem Loßnitz- oder Alberoder Bach 
(N. Arch. f. säcbs. Gesch. 1906, S. 250), auf neueren Karten jedoch ist sie 
nicht mehr zu finden. 

Auch die A. Stollberg, Chemnitz und Annaberg bieten ein 
paar Beispiele: von Ölsnitz heißt es 1835 ». . . Holz, von der Loh bis 
an die Reit; von der Schaaf-Trebe bis zur Reit« u. dergl.; zwischen 
Altenhain und Dittersdorf liegt das Reutenholz (1835), bei Ob. das 
Raith Holz, schon 1758 im Atlas Saxonicus Novus von Peter Schenk 
'*Raithen Holz «. Endlich hat sich noch südlich von Annaberg in der 
Gemeinde Stahlberg an der böhmischen Grenze eine Reut gefunden, 
die Brandreuth (1835). 

Wie aus dem Bisherigen hervorgeht, werden die Reuten von West 
nach Ost immer spärlicher: in der A. Zwickau haben sich 11 nachweisen 
lassen, in Schwarzenberg 3, Stollberg, Chemnitz und Annaberg je eine. 
Höchst beachtenswert ist aber das Ergebnis, daß wir in einem Gebiet, 
worin nur ein einziger Ort Reuth vorkommt, noch dazu unmittelbar 
an der Grenze des Vogtlands, nicht weniger als 17 Renten als Flur¬ 
namen ermittelt haben. 

Noch größere Überraschung bringen uns unsere Quellen, wenn wir 
sie auf das Wort Rode hin prüfen: in demselben Gebiete, in dem Orts¬ 
namen auf -rode fast ganz fehlen (dem Vogtland), erscheinen die Flur¬ 
namen wider Erwarten häufig, allerdings fast immer verkappt unter der 
mundartlichen Form Runs 1 * * * * * 7 , die von den Schreibern gewöhnlich mit 
Ruhe, Roh u. ähnlich wiedergegeben wird. Bei etlichen dieser Flur¬ 
namen läßt sich freilich nicht entscheiden, ob Rode ■= Rodung oder die 
Ruhe zugrunde liegt, in manchen steckt sicher das Eigenschaftswort rot 
oder der Familienname Roth(e). So könnte die Bezeichnung Ruhplatz 
im Flurv. von Wiedersberg im Vogtland an sich einen Platz zum Aus¬ 
ruhen bedeuten, wenn es auch als Rodeplatz wahrscheinlicher ist; eine 
Rödeluiese braucht nicht aus einem Rödel, d. h. einer kleinen Rodung, 
entstanden zu sein, sondern kann ihren Namen ebensogut nach dem 
Besitzer Rödel bekommen haben usw. Aber trotz dieses Zugeständnisses 
bleibt doch noch eine Menge Flurnamen übrig, die unzweifelhaft auf 
Rode = Rodung zurückgehen. Dahin gehören zunächst Bezeichnungen 


1 So, oder mit Artikel to lluua, lautet aucli Rodau b. Plauen im Volksmund (1224 

1lode), neben Foschenroda b. Netzschkau (1140 Faschenrod, ma. Forsjruuj) der einzige 

Ortsname dieser Art im Vogtland. Gerbet, S. 59. Der Ausfall des inlautenden d , der 

mir u. a. auch aus dem 1835 (Flurv.) häufig vorkommenden vogtl. Flurnamen Zeidcltceik 

< Zcid"liccide bekannt ist, findet sich genau so auf niederdeutschem Hoden: aus dem 

alten Harzgau verzeichnet R. Block (Z f. d. Maa. 1911, S. 23 —25. nicht weniger als 

7 Ortsnamen auf - roo9, darunter z. B. xnuiron3 < Suthrrrode 1018, Suderode. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 235 

wie das Roth (Wildbach bei Stein, 1835) und die obere, die niedere Rod 
(Stangengrün, 1835), wobei das verschiedene Geschlecht nicht überraschen 
darf: schon in der alten Sprache stehen nebeneinander das Rod und die 
Rod(e ), das letztere begegnet z. B. auch in dem erzgebirgischen Dorfnamen 
Alberoda (bei Lößnitz), im Volksmunde 1 *td Olvnruut «. Ferner rechne 
ich zu diesen echten Bezeichnungen Flurnamen wie Ruhacker, Roh- oder 
Ruhfeld, die Roef)äume, Rohholx und Rohelzel, Roh-, Ruliland, Rohleite 
(nicht zu verwechseln mit Rohlehde ), Ruhteich, Rohe- oder Ruhwies(e), 
Ruhe- oder Rohweg , die Schafruh u. dergl. Danach ergeben sich: 

in der A. Ölsnitz mindestens 10 Fluren, worin Rode vorkommt, 
bei den meisten neben Reut, 

in Plauen über 30 Fluren, darunter die Hälfte zugleich mit 
Reuten , und 

Auerbach mit mindestens 6 Fluren, überall neben Reut. 

Ich beschränke mich auf einige Beispiele, die, wo nicht anders 
angegeben, aus den 1835er Flurv. stammen. 

Ölsnitz: Bergen (die rohe Wiese) ; Elster (Holz, die Ruhäeker)] 
Eubabrunn (Wald, über der Schaafruh; vgl. aus dem Nachbardorf Wohl¬ 
hausen » Wald, der Sehaafruhhau « 1902): Planschwitz ( Wald, Rohleite 
1902); Ramoldsreuth (Feld heist Ruland; Ruhwies)] Voigtsberg (Wald am 
Ruheweg in Potland). 

Plauen: Cunsdorf (Holz, Roh Lehde 1839); Elsterberg (Wald, das 
Rödel 1902, nach Gerbet, S. 60, Riodl — Reedl, wohl das Röthel bei Ob., 
Bl. XIII v. 1850/2); Jösnitz (Holz, das Roh) und Kauschwitz (das ob. Roh), 
zwischen beiden Orten bei Ob., Bl. XVIII v. 1847/50, das Roh; Langen¬ 
buch (die Roebäume); Mühltroff (Wälder 1903: Rödel; auf der Reuth)] 
Reinsdorf (z. B. Rohteich 1835, auch bei Ob., Bl. XVIII); Reuth b. Guten¬ 
fürst (Wald, das Rodel)] Trieb (z. B. Roh-, Rohcholz 1835, bei Gerbet, 
S. 60, s Raus, s Ruuohglls: dem Dorfe »fehlt die Ra(t ‘Reut*, die nur 
selten, wie etwa in ti ältd Ra(t Ort, wo nichts wächst als ‘Staudenzeug’, 
gebraucht wird«); Zschockau (Holz, das Rustädtel). 

Auerbach: Herlasgrün (der Rohacker)] Schnarrtanne (Fussteig Ruhe 
genannt)] Waldkirchen (die Rohwiese). 

Ein Umstand fällt hierbei auf: während der Süden des Vogtlands, 
die A. Ölsnitz, die meisten Reuten enthält, sowohl in Orts-,- als auch 
in Flurnamen, weist er verhältnismäßig wenig Rode auf. Umgekehrt 
bietet die A. Plauen weniger Belege für -reut, dafür aber fast dreimal 
so viel -rode als Ölsnitz in den Flurnamen, wie es ja auch die beiden 
einzigen Orte dieser Art — Rodau und Foschenroda — besitzt. Ich 
erkläre mir das so, daß der Süden schon seiner Lage nach dem Einfluß 
der aus Bayern kommenden Siedler am meisten ausgesetzt gewesen ist, 


1 Z. f. d. Maa. 1 DOS, S. 17. Es hat sein Gegenstück in dem hessischen Olberode 
(Kreis Ziegenhain), das (ebenda 1909, S. 370) 1353 Odolferode und jetzt im Volksmund 
Olicarood lautet. 


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Oskar Philipp. 


der Westen aber einen stärkeren Strom Thüringer aufgenommen hat, der 
sich nach Osten zu — Auerbach — allmählich verläuft Auch weiter 
nördlich liegt es ähnlich: 

Zwickau im Westen hat 5 — 6 Fluren mit -rode, darunter Stangen¬ 
grün (Feld, die neue Rod, die obere Rod, die niedere Rod) zugleich mit 
-reut, Schwarzenberg aber nur 3 (z. B. Neidhardsthal-Unterblauenthal 
eine neue Rode, 1835), während ich für Chemnitz und Annaberg kein 
einziges Beispiel ermittelt habe. 

Außer Rod(e) erscheint im östlichen Vogtland und westlichen Erz¬ 
gebirge hier und da auch die Rott, sö in Wernesgrün (z. B. Feld, die 
neue Rott beym Wald); Wiedenberg (Fehl, die neue Rott an Wiedenberg); 
Lichtenau (Feld, die Rotte, neben die Roth(e) und die Rodha ); bei Schnee¬ 
berg 1547, 1573 und 1682 eine Zeche in der Nassen Rott (Meitzer, 1716, 
S. 680, 740 und 828). 

Als bemerkenswert möchte ich endlich noch die Tatsache hervor¬ 
heben, daß die A. Glauchau bereits einen Beleg für die niederdeutsch 
anmutende Form Rade- aufweist: die Gemeinde Cauritz besitzt einen 
»Wald, das sog. Radeland l , jetzt (1903) urbar gemacht«. Die wenigen 
anderen Beispiele weisen jedoch auf die Form -rode zurück: nordöstl. 
von Rothenbach liegt nach Schenks Atlas von 1757 ein Roh Teich, und 
1844 gehört zu derselben Flur ein Wald, das Rohland; der gleiche Flur¬ 
name begegnet 1836 in Wernsdorf und dem angrenzenden Schlunzig; in 
letzterem heißt es einmal am Ruhland, woraus der Berufsscbreiber an 
anderer Stelle eine Flurbezeichnung »der kleine, der grose RuhlmuU 
macht, während eino Beilage von 1844, von der eckigen Hand des Ge¬ 
meindevorstands, wieder richtig daß Rohlandt bietet. 

Werfen wir noch einmal einen Blick zurück, so glaube ich folgendes 
behaupten zu dürfen: Auch wenn wir manchen mit Roh-, Ruh zusammen¬ 
gesetzten Flurnamen als zweifelhaft ausschalten, so bleiben doch noch 
soviel echte Rode im Vogtland übrig, daß wir dort, zumal im Westen, 
eine viel stärkere Einwanderung aus Thüringen annehmen müssen, als 
es nach der Mundart und den Ortsnamen bisher möglich schien. 

5. Grün und Hain. 

Die Nordostgrenze des Verbreitungsgebietes der Ortsnamen auf -grün 
wird gebildet durch die Dörfer Ruppertsgriin s. Werdau, Friedrichsgrün 
sö. Zwickau (»id Friitr{cskrii «, jedoch erst 1755 gegründet), Griinau bei 
Wildenfels (1401 das gantsc Dorff die Grün unter Wildenfelß, Schöttgen 
u. Kreysig, Diplomatar. II, 546, mundartlich »fc Am* oder seiner Kalk¬ 
brüche halber »/a Khäl{ckrii«, wie schon 1710 Kalchgrün, Meitzer, 1716, 
S. 443, und 1776 bei Oesf. I, 110 die Kalchgrün ), Qriina nördlich Lö߬ 
nitz (1532 die Gruna, Oesf. I, 236, im Volksmunde »/a Wcccetskrii*, also 

1 So (d. linde Land sö. Gößnitz) schon 1813, Glasewald, Chron. der Stadt Gößnitz, 
S. 205,1519 aber erscheint das Gehölz noch als das Radiant, 1520 als liodelant, ebendaS. 11- 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 237 


ein Gegenstück zu dem Dorfe Waitxengrün, 1408 Weixengrun, im nord¬ 
westlichen Böhmen), Orüna, 1442 cxu der Qrune, Cod. dipl. Sax. II, 6, 
S. 359, westlich Chemnitz, und Grünau, zur Gemeinde Hopfgarten nördl. 
Wolkenstein (beide »to Krii « wenigstens im Munde alter Einheimischer), 
Bermsgrün und Rittersgrün südlich Schwarzenberg (mundartlich in der 
Riltersgrü, z. B. 0. Dähnhardt, Volkstümliches aus dem Königreich Sachsen, 
2. Heft, 1898, S. 30) und endlich die Wüstung Kämpfersgrün (Oesf. I, 111) 
zwischen Beutha, Grüna und Gablenz bei Stollberg. Sämtliche Orte außer 
Ruppertsgrün liegen schon östlich der Zwickauer Mulde. 

Während nun südwestlich dieser Linie die Ortsnamen auf -grün 
ungemein häufig sind und dem Vogtlande geradezu sein Gepräge auf¬ 
drücken, finden wir die Flurnamen hier verhältnismäßig selten, ganz im 
Gegensatz zu -reut, bei dem es gerade umgekehrt ist 

In der A. Ölsnitz begegnet uns die Grün in folgenden Fluren: 
Blosenberg, Bobenneukirchen, Brambach, Elster (ein Stück Wald genannt 
»die alte Grün« 1903, auch bei Ob., Bl. XVIII, 1847/50, und Peter 
Schenk 1758 » Altegrün*), im Erlbacher Staatsforstrevier auf Zwotaer Flur, 
in Eschenbach (1533 1 den Wald, Streitgrün genannt; 1542 im Erbb. 
von Voigtsberg, BL 396 holtxs die Streitsgruehnn genant; bei Peter Schenk 
1758 Streugrün, so auch 1903, 1835 aber die Streitgrün wie bei Ob., 
Bl. XIX, 1828/31), Eubabrunn, Gunzen, Hartmannsgrün {Feld, die Ganß- 
grünn) , Landwüst (die hintere, die fodere Grün), Ober- und Untertriebei, 
Wernitzgrün und Adorf: 1542 erscheint im Erbb. Voigtsberg, Bl. 76 unter 
*Der von Adorf wueftung « ein Gruenn und ein Zins von eim halbem 
hoff vff der grün, womit vielleicht das von E. Herzog (Arch. f. sächs. 
Gesch. II, 77) aufgeführte ehemalige Dorf Grün gemeint ist. 

Plauen besitzt nur 2 Fluren, worin Grün vorkoramt, Thossen und 
Ebersgrün bei Pausa: in letzterem findet sich 1835 ein Holz die Reibolls- 
grü, das bereits 1451* erwähnt wird als Reibesgrune, 1506 8 Die Reyberß - 
grün, 1593 4 vff der Reiberfgrun und noch bei P. Schenk 1758 als Rei¬ 
bersgrün Bereits jenseits der sächsisch-reußischen Grenze, in der Ge¬ 
meinde Triebes n. Zeulenroda, findet sich 1522 1 * * 4 5 die Flurbezeichnung 
»auf der grün«.. 

Nicht viel häufiger, 4 mal, begegnet Grün in der A. Auerbach: 
so wird in der Flur Bergen 1836 ein Feld erwähnt »in der Gansgrün 
gelegen «; diese Flurbezeichnung kennt auch Ob.,. Bl. XVIII (1847/50) 
zwischen Zschockau und Unterbergen, während die Top. K. Bl. 143 (1877, 
1890, 1904) an der Stelle etliche Güter namens Jahnsgrün angibt. Sodann 
verzeichnet Ob., Bl. XIX (1828/31) dicht bei Gottesberg »die Grüne«, 
einen Wald. Unterlimbach kennt eine Pfarrgrün 1835, die auch bei 

1 Mitteil, des Altertumsver. zu Plauen 13, Beii. S 1H5. 

* Mitteil. Plauou 1903, Beil. S. 14. 

* Ebenda S. 106. 

4 Erbb. Voigtsberg, Append. IV, Bl. 37. 

* Variscia (Mittbeil, aus dem Arch. des Voigtl. altertumsf. Ver) 5, 8. 139 u. 150. 


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Oskar Philipp. 


Ob. XIII (1850/52) vorkommt, und endlich erscheint Grün 1835 sehr oft 
in Schreiersgrün, z. B. die untere Wiese in der Grün, die Härte in der 
Grün. 

Aus der A. Zwickau ist mir nur eine Grün bekannt geworden, 
die Jahnsgrün im Wiesenburger Forst, jetzt eine Häusergruppe sö. Hart¬ 
mannsdorf (bei Kirchberg) und zu dieser Gemeinde gehörig. Sehr an¬ 
ziehend ist es hier zu beobachten, wie aus dem ursprünglichen Flurnamen 
allmählich ein Ortsname wird: noch lange nach der ersten Erwähnung 
(1524 die Janßgrün bei Meitzer, 1716, S. 219, wo am Rande »Kauff der 
Ganßgrün « mit mundartlichem g- für j- steht) wird sie nur ein Raum 
im Walde gewesen sein, dessen Grasnutzung dem Amte Wiesenburg zu- 
stand: 1619 1 * 3 * umfaßt » der wisenwachs vf der Jansgrün . . . sambt der 
wenigen doran gelegenen hutweide « 11 Acker 24 Ruten, es ist aber auch 
noch »viel an gehölx daroffen vorhanden «, denn der Flächeninhalt ins¬ 
gesamt beträgt 50 Acker 135 Ruten*. Der Wiesenwachs *uf der Gahns- 
grühn « wird auch später noch oft erwähnt, so z. B. 1664*. 1817* stand 
auf der Jahnsgrün ein einzelnes Gut, der Sitz eines Oberförsters, mit 
6 Einwohnern. Heute 5 6 besteht die kleine Ansiedlung aus 3 Gütern. Sie 
liegt dicht an der Grenze zwischen den beiden A. Zwickau und Sch warzen- 
berg. Aus letzterer kenne ich drei Grün: 

S. Eibenstock, auf der Grenze der Forstreviere Eibenstock und 
Auersberg, erhebt sich eine waldige Bergkuppe (927 m) genannt die 
Wintergrün, so bei Ob. XIX (1828/31) und auf der Top. K. Bl. 145 (1875 
und 1897), während P. Schenk einmal Wintergrün und 1761 gar Wuntcr- 
grtin druckt. Eine zweite Grün, die Grün schlechtweg genannt, liegt 
dicht nördlich von Eibenstock, Ob. XIX (1828/31), vielleicht dieselbe, die 
Oettel in seiner Eibenstocker Chronik (1748) unter den Jahren 1546 bis 
1659 häufig erwähnt. Die dritte Grün endlich muß — genauer läßt sie 
sich vorläufig nicht bestimmen — südöstlich von Lößnitz gelegen haben: 
1522 leiht die Lößnitzer Johanniskirche dem Nicol Rau zu Dittersdorf 
ein Stück Waldes u. einen Wiesenraum die Grün genannt, bey des 
Michel Zechendorfs Grün, Oesf. II (1777), S. 5; 1559 übergibt Michael 
Zochendörffer den Fischbach in der Grün der Gemeinde [Lößnitz], Oesf. I 
(1776), S. 224; 1561 wird ein Wald genannt, der mit der Grün, auch 
etlichen Ditlersdörfern, Kühnheidern u. mit den Schmieden xu Geyer 
reinet, ebenda S. 54. 

Den östlichsten Vertreter der Familie Grün stellt die A. Freiberg: 
es ist die Grüne, eine Waldung n. von Dorfchemnitz w. der Freiberger 


1 Wiesonburgischcr Gütcro Außmessung 1619 (H.St. A. Dresden, Rep. VII, Loc. 
34212, Wiesenburg Nr. 1), Bl. 4. 

? Ebenda Bl. 5. 

3 Bereinung zwischen dom Ambte Schwarzenberg u. Wiosenburg . . 1704, ebenda 

Loc. 34211. Schwarzenberg Nr. 5, Beil v. 1696, Bl. 54. 

* Schumann, Lex. von Sachsen, IV, 264. 

6 Neue Siichs. Kirchengalerie, Ephorie Zwickau, Sp. 590 (v. J. 1901). 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 239 

Mulde. Sie erscheint bereits 1349/50 1 : villam diclam Mulda . . ., item 
villam desolatam dictam xcu der Grüne, dann kurz vor 1600 auf Matthias 
Oders Karte (Ausgabe von Sophus Rüge, 1889), Tafel VI als » Die Gruna «, 
ferner bei P. Schenk 1760 als Grüne, bei Ob. XVI (1821) als die Grüne, 
so auch auf der Top. K. 117 (1880, 1895, 1906). 

Überblicken wir das Gebiet der Grün rasch noch einmal, so stellt 
sich heraus, daß die Flurnamen dieser Art von Südwesten nach Nord¬ 
osten immer seltener werden, genau wie bei den Reut. Zugleich drängt 
sich aber die Beobachtung auf, daß im Vogtland die Flurnamen auf 
-grün am häufigsten da auftreten, wo die Ortsnamen auf -grün ver¬ 
hältnismäßig selten sind: der Süden (A. Ölsnitz) besitzt doppelt soviel 
Fluren mit Grün, als der Norden (Plauen und Auerbach zusammen), 
wofür der Norden, besonders Auerbach, wieder mehr Ortsnamen mit 
Grün aufweist Alles in allem sind aber die Flurnamen auf -grün 
bedeutend seltener als die Ortsnamen, während bei den Reut das Um¬ 
gekehrte gilt. Mit anderen Worten: von den Örtlichkeiten, denen die 
von Süd westen kommenden Siedler den Namen Grün gaben, haben sich 
die allermeisten zu menschlichen Wohnplätzen, Dörfern, ausgewachsen, 
die meisten Reuten sind aber unbewohnt geblieben. 

Untersuchen wir nunmehr die Verbreitung des Wortes Hain, so 
sei daran erinnert, daß die am weitesten nach Südwesten vorgeschobenen 
Posteu die Orte Blankenhain, Leiteishain (1301 Lutoldishayn) und Lauen¬ 
hain (1278 larvenhain) bei Crimmitschau. Nichxenhain bei Werdau (an¬ 
gelegt um 1609, mundartlich N\lcsnhce(e neben N(kstitggrf) und Jüdenhain 
(Kiitnhää) bei Zwickau sind.* Auf den höchst lehrreichen Übergang in 
der Aussprache des Wortes -hagen > -hain, von -heen, -h$$n im Westen 
über -htece zu -hää im Osten will ich hier, wo es sich um das Vor¬ 
kommen des Wortes handelt, nicht eingehen. 

Südlich dieser Linie Blankenhain-Jüdenhain treffen wir nur einen 
einzigen Ort auf -hain, Hinterhain bei Auerbach im Vogtland, der noch 
dazu nicht einmal alt zu sein scheint, die Flurnamen aber ungleich 
häufiger, selbst in der Amtshauptmannschaft 

Ölsnitz 7 mal, z. B. in Markneukirchen (1542 Einn Pechla das 
Ilaxjnn Pechla, Erbb. Voigtsberg, Bl. 82), Ölsnitz (die Wiesen unter dem 
Hain 1544 1 * 3 u. dergl.) und Voigtsberg (den Hain 1405 4 , im Hain 1542 5 , 
beym Haynbach 1693®, Hain-Wiesen 1902). 

Fast noch einmal so viel Haine, nämlich 13, habe ich ermittelt in 
Plauen, z. B., um nur ein paar ältere Belege anzuführen, in Geilsdorf 

1 Li p pert-Besch orn’er, Lehnbuch Friedrichs des Strengen (1903), S. 61. 

* Bei Lauenhain scheint ein Dorf Lenkershain gelegen zu haben, das noch 1553 
(Erbb. Zwickau, Bl. 65) im Zusammenhang mit Harthau genannt wird: mit den dorffem 
harte vnnd lenkershain. Leiteishain ist seit kurzem der Stadt Crimmitschau einverleibt 

* Mitteil. Plauen 13. Beil. S. 245. 

4 Ebenda 10, S. 17. 

4 Erbb., Bl 98b. 

4 Erbb., Append. IV, Bl. 69. 


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Oskar Philipp. 


(die Hainu'iesen, das Hamholx 1537 1 ), Elsterberg ( Hain 1533 2 3 , auch 1902) 
und Leubnitz (1576 3 an der Hainleiten ), während sich in 

Auerbach wieder weniger finden, nämlich 8, so in Auerbach selbst 
(das Stück vom Hayn, der zum Hofe gehört 1534 4 , der Hain heim 
Schlosse 1580 5 ). 

Wieder gewinnt man, wie bei Rode, den Eindruck, daß der Westen 
des Vogtlands, die A. Plauen, dem thüringischen Einfluß am stärksten 
ausgesetzt gewesen ist, einem Einfluß, den die Ortsnamenforschung 
nimmermehr hätte nachweisen können. 

Wenden wir uns nun aus dem Vogtland nach Nordosten, so stoßen 
wir, wie nicht anders zu erwarten, dort erst recht auf solche Spuren 
thüringischer Einwanderung, zunächst in der Amtshauptmannschaft. 

Zwickau in 8 Fluren (die Exklave Liebschwitz eingerechnet), z. B. 
in Lauterbach sö. Crimmitschau (die Haynuriese 1805, Flurb., desgl. 1902) 
in Niederplanitz (1662 der Haynteich, Erbb. Planitz, Bl. 240) und in 
Thierfeld b. Hartenstein (das Pfärhcectnl, Wäldchen.dicht an der Kirche) 
und ebensoviel in 

Schwarzenberg, beispielsweise in Beierfeld (1813 Gemeinde-Hayn, 
Flurb.; das Hühnel, Ob. XIV), Bockau (vom Haynberg herab 1751, Bockau- 
ische Chronik, Cap. II, 71 u. ö., im Gemeinde-Hayn 1799, Flurb.), 
Breitenbrunn (Hain, ein Forstort, 1835) und Lauter (Ortsteil der Gemeinde¬ 
hain, 1752 in der Bock. Chr. HI, 81 Gemein-Hah, und der hohe Hahn, 
Ob. XIX, 1828/31, schon bei Lehmann, 1699, den Hohenhayn). 

6. Beunt. 

Der Ausdruck bezeichnet »ein vom Flurzwang und gemeiner Nut¬ 
zung losgelöstes, daher meist eingezäuntes Grundstück« und ist nur den 
oberdeutschen Mundarten eigen. Auf alemannischem Boden finden wir 
ihn in Baden, z. B. 1381 in Weinheim (vf der beunden, Z. f. hd. Maa. 
1903, 185), 1303 in Nußbach (Oberkirch) eine lutoltxbunde, Z. f. d. Maa. 
1908, 229, sogar als Bestandteil von Ortsnamen (0. Heilig, Die Ortsnamen 
des Großherzogtums Baden [1906], S. 63), und im Allgäu (Julius Miedel, 
Oberschwäbische Orts- und Flurnamen, 1906, S. 43); in Bayern, wofür 
Schmeller in seinem Bayrischen Wörterbuch (I*, Sp. 395) reichliche Be¬ 
lege bringt, z. B. in Nürnberg (f di baynd, f der Peunthof = Bauhof, 
die Peuntgasse, s. August Gebhardt, Gramm, der Nürnberger Ma., 1907, 
§ 107, Anm. 1). Aus Bayern ist das Wort mit dem fränkischen und ober¬ 
pfälzischen Siedlerstrom auch nach Sachsen eingedrungen, hier aber auf 
den Südwesten beschränkt geblieben, d. h. außerhalb des Vogtlands treffen 
wir es nur in 6 Fluren der A. Zwickau und einmal in Eibenstock. 

1 Mitteil. Plauen 13, Beil. S. 208. 

* Ebenda S. Iü8. 

3 Ebenda 1904, S. 81. 

4 Ebenda 13, Beil. S 178. 

6 Ebenda 12, S. 30. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 241 


Bei der Unmenge der Belege — im Vogtland habe ich nicht weniger 
als 160 Fluren mit Beunien ermittelt — kann ich nur ein paar, haupt¬ 
sächlich ältere Beispiele anführen. 

Ölsnitz: Ebmath ( Dorfpeintlein, Qemeindepeinte 1835, jetzt noch 1 
ma. Kmaapaintn ), Markneukirchen (ronn einer wiesen vnnd Peuntt 1542, 
Erbb. Voigtsberg, z. B. Bl. 84; 1835 viele Peinten ), Rebersreuth (1542 
vonn einem Beunttlein, Erbb. Voigtsberg, Bl. 319), Voigtsberg ( der Schloß - 
beinthe halber 1696, ebenda App. IV, z. B. BL 107). 

Plauen: Leubnitz (Peunte, eine der Pfarrwiesen, 1582 2 , und 1835 
die Peinte, Pfarrwiese), Plauen ( ein garten vnd scheun an der spitel - 
bewnten 8 1506), Straßberg (1539 Peuntlein 4 ; 1835 Wiese , das Beundel). 

Auerbach: Treuen (auf des [ Rittergutes] obem Theils Ober-Peinte 
1691 6 ; 1835 die Sch[(]oßbeinde). 

Aus der A. Zwickau muß ich die Belege vollständig geben. Beunt 
findet sich 1902 in Altschönfels ( die Peint ), Schönfels ( Peinte) und Beiers¬ 
dorf (Painte, Wiese, gehört zum Schullehn); 1835 in Ebersbrunn ( Schul - 
peinde, Pfarrpeinde, 6 Gemeinde Peinden) , Stangengrün (Peinte sehr oft, 
Pfarrpeinte) und Stenn (Pfarrpeind), wie man sieht in Orten, die alle 
im Süd westen, nach dem Vogtlande zu, liegen. Nur ein Ort liegt ab¬ 
seits, weiter nach Norden: Culten südlich von Crimmitschau. Hier er¬ 
scheint 1835 eine Wiese, die Peinte genannt, und eine andere Wiese, 
die Peindte ebenfalls genannt, sowie ein Laubholz, der Peindtenbusch. 
Diese Cultener Beunten erscheinen mir besonders wertvoll, haben wir 
doch in allernächster Nähe, im Nachbardorfe Kleinhessen, die nördlichste 
Reut nachgewiesen. Dazu kommt noch eins: gerade in dem Strich, in 
dem Culten mit der nördlichsten Beunt und Kleinhessen mit der nörd¬ 
lichsten Reut liegen, geht die dem. Vogtländischen nahe verwandte 
Mundart der Werdauer Gegend allmählich in das von Norden herauf¬ 
dringende Obersächsisch über: noch in Langenbernsdorf und Stöcken bei 
Werdau spricht man, um nur das Wichtigste herauszugreifen, das vogt¬ 
ländische pf (die Schupf, der Erdäpfel usw.), weiter nördlich aber, um 
Crimmitschau, das obersächsische pp (der Schuppen , Erdäppel). So sehen 
wir, wie sich hier die Ergebnisse der Flurnamenforschung mit denen 
der Mundartenforschung decken. 

Noch viel weiter abseits von der Hauptmasse der Beunten liegt 
endlich die sogenannte Peinte in Eibenstock, die einzige der A. Schwarzen¬ 
berg. Sie kommt bereits 1748 in der Ortschronik vor (S. 154), dann 
1806 im Flurb., 1835 im Flurv., und 1850 im »Beobachter an der Mulde«, 
S. 135 (Grasflecke auf unserer Peinte). Wohl kein Zufall ist es, daß 
dicht in der Nähe die beiden Grün liegen und nicht allzuweit davon die 

1 Nach einer freundl. Mitteilung des Herrn Prof. Dr. R. Hofmann in Zwickau. 

* Mitt. Plauen 1904, S. 94. 

* Ebenda 15, Beil. S. 227. 

* Ebenda 13, Beil. S. 213. 

* Klingner, Samml. zum Dorf- u. Bauren Rechte II, 916. 

Zeitschrift für Deutsche Man (Urten. VII. lg 


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242 


Oskar Philipp. 


>huux9 Rait « bei Bückau. Dazu gesellt sich nun viertens noch der 
*wiiit$9 tnok « bei Eibenstock als weiterer Beweis dafür, daß diese Gegend 
auch von Einwanderern aus dem nordöstlichen Bayern, etwa dem Fichtel¬ 
gebirge, besiedelt worden ist, was bereits Körner in seiner Bockauischen 
Chronik richtig erkannt hat. Das Wort 

7. Knock 1 , Hügel, 

dasselbe wie Knoch(en) — man vergleiche mhd. bloch und nhd. Block, 
letzteres »schon vereinzelt mhd. und bei Hans Sachs« (Weigand 8 , Sp. 255)—, 
ist bei Schmeller (I 8 , 1347) und danach im D. Wb. ausdrücklich — das 
ist bemerkenswert — als oberpfälzisch bezeichnet Dies könnte ein 
Fingerzeig dafür sein, daß da, wo bei uns Knock vorkommt, oberpfälzische 
Siedler — natürlich nicht ausschließlich - sitzen. Zum mindesten wissen 
wir seit Gerbet, daß die vogtländische Mundart an der bayrisch-säch¬ 
sischen Grenze deutliche oberpfälzische Merkmale aufweist Dazu stimmt 
nun auffällig die neue Tatsache, daß gerade in diesem Strich das Wort 
Knock als Flurname auftritt, in der 

A. Ölsnitz in Görnitz ( das Knockäckerlein 1835); Gunzen ( Huth, der 
Knock genannt; Huth, Knockfiichtxet 1835; Knock, Wald, 1903); Land¬ 
wüst {der Schiefer Knock, Ob. XIX, 1828/31; Feld, der Steinknock 1835; 
Knock, Top. K. Bl. 154 [1877, 1887, 1903]); Markneukirchen {ein öder 
Felsenknock; Feld, aufn Knock 1835; Feld, auf dem Steinknock 1902); 
Schönlind (Nr. 91: Feld, Knockacker 1835, dazu Anmerkung: Nr. 87—91 
liegt größtenteils in [Mark]Neukirchner Flur); Oberbrambach {Feld, der 


1 Nachdem vorliegende Arbeit bereits abgeschlossen war, teilte mir Herr Dr. 
H. Heerwagen, Konservator und Bibliothekar am Gorm. Museum in Nürnberg, dem 
ich für seine liebenswürdige Bereitwilligkeit auch hier aufrichtig danken möchte, 
folgendes mit: 

»Das mir bekannt gewordene Gebiet der knock beginnt im Westen schon links 
der Regnitz: vereinzelt ein Dachs-Knock südl. von Weisendorf (A. G. Herzogen¬ 
aurach). Dann folgt nö. die Fränk. Schweiz: n. Lohndorf und s. vom Schloß Giech ein 
Satz-Knock (Bez.-A. und A. G. Bamberg); ein Oeis-Knock zw. Oberfellendorf und Göß- 
mannsberg (Ebermannstadt); zw. Oberfelleudorf und Neudorf bei Müggendorf ein Gack- 
(? Guck-)Knock ; zw. 0. uud Störnhof ein IVcspen - Knock, w. Ebermannstadt ein Wacht- 
Knock. Die vier letzten Namen finden sich nahe beisammen. Ferner Kutscher - Knock 
sw. Schcufeld, n. Plankenfels (A. G. Ilollfeld, Bez.-A. Ebermannstadt); Knock nw. Obern- 
secs, halbwegs Dach Schönfeld zu; Knock und Pöppcl-Ktiock ö. Leutenbach (Forchheim); 
Webers Knock , nw. Egloffstein (A. G. Gräfenberg, Bez.-A. Forchheim); aus dem Fichtel¬ 
gebirge: Moosknock, kleine bewaldete Erhöhung nächst Fichtelberg gegen Oberwarmen- 
steinach zu [also zw. Wunsiedel und Bayreuth], nicht auf den gewöhnlichen und General¬ 
stabskarten; Stcin-Knoch (so!), n. Fuchsmühl (Oberpfalz, A. G. Waldsassen, Bez.-A. 
Tirschenreuth. Große Karte des Ficbtelgebirgs-Ver., Ausg. 1898); Hau-Knock, auf der¬ 
selben Karte bei Kirchenlamitz gegen Martinlamitz zu, an der Grenze der Bez.-Amter 
Wunsiedel und Rehau. — Die Blätter Pegnitz-West, Pegnitz-Ost und Amberg-Ost der 
bayr. Generalstabsk. enthalten, soviel ich sehe, keinen einzigen Namen auf -knock. In 
der Windsheimer und Scheinfelder Gegend (westl. Mittelfr.) ist mir knock nicht vor- 
gekommon«. — Sämtliche von Herrn Dr. H. genannte Knöcke bis auf den vorletzten 
liegen in Oberfranken. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 243 


Knock 1835); Zettlarsgrün ( Feld und Holz, Knuk; weiter unten 4 mal 
Knock 1835). In Raun erscheint 1835 der Familienname Knöchel. 

Plauen bietet nur 2 Beispiele: Pöhl (Holz, der Hammer Knock 
genannt 1835) und Thoßfell (Feld der Knock 1835), desto mehr aber 

Auerbach: Abhorn ( Steinknöcke 1835); Falkenstein (Wiese, der 
Schmiedeknock 1835); Grünbach (Feld, Knock 1835); Herrlagrün (4 mal, 
1835, z. B. Nr. 40: Steinknock mit Laubholz bewachsen im Felde Nr. 39)-, 
Kottengrün (der Steinknock, Feld, 4 mal; Holz, 2 mal, 1835); Neustadt 
(sehr oft, z. B. Knockacker; Hut, d. Knöchel genannt; Feld, der Scheiben¬ 
knock; außerdem gibt es einen 1838 einverleibten Ortsteil Scheibenknock 
und sö. Neustadt einen Winner Knock [Ob. Bl. XIX, 1828/31; Top. K. 
Bl. 144, 1888, als » Winn Knock «, nach dem 1838 einverleibten sog. 
Winn ])\i Oberlauterbach (z. B. Lehden, Knochreuthel gen. 1835); Pech- 
telsgrün (häufig 1835 die Mehrzahl Steinknöck, z. B. Feld mit anliegenden 
Steinknöcken, wofür seltener das gleichbedeutende Steinfelsen)-, Plohn 
(1835 häufig Steinknock und -knocke)', Röthenbach (1835 z. B. Lehde, der 
kleine Knock; drcy Steinknöck) ; Rothenkirchen (1835, Nr. 330: ein Knock 
Wald ist in der Wiese Nr. 327; der Knock nw. R., Ob. XIX, 1828/31); 
Schreiersgrün (Holz, der Knock 1835, Ob. XIX; Top. K. 134 [1877, 1892]); 
Wildenau (1835 häufig, z. B. ein Stautenknock). Es fällt auf, daß im 
Vogtland das Wort Knock auf den Süden und Nordosten beschränkt ist, 
während die Mitte und der Westen fast leer ausgehen. Fast ebenso reich 
an Knocken wie der Nordosten des Vogtlands ist aber der Süden der 
angrenzenden 

A. Zwickau: Bärenwalde (im Flurb. von 1791 viermal, z. B. S. 95 
ein ivüster Berg, der Knock genannt); Giegengrün (der so genande 
Wacholder Knock; ein Stein u. Stauden Knock der Baumes Knock genant, 
und ähnlich. 1835); Haara (wüster Holzknock, Fuchshübel gen. 1835); 
Hartmannsdorf s. Kirchberg (1688 holtzgepüschc undt Steinknöcker, 
Quat. St K. des Amts Wiesenburg; 1835 z. B. Birckcnknoc, in der Wiese 
gelegen; fünf Steinknöc 1835); Hirschfeld (Steinknöcke 1835); Leuters¬ 
bach (Holzknock 1835); Saupersdorf (1796 im Quat. St K. sehr häufig, 
z. B. Steinknöck mit Wacholder, dreg Steinknöcke; Steinknöck oft 1835); 
Stangengrün (1835 oft, z. B. Steinknöcke; das untere Knockäckerlcin); 
Voigtsgrüu (Steinknock 1835); Wiesen (Holzknock 1835); Wolfersgrün 
(Feit, worinnen 2 Steinknot, sonst immer Steinhaufen 1835). 

Schwarzenberg: Dorf studier Knock auf Breitenbrunner Befer 
1699, Lehmann 115; Eibenstock (Windisch-Knock, beg Egbenstock wie 
noch iezt im Fichtelbcrg, d. h. -gebirge, 1751, Bock. Chron. II, S. 60; 
dem Windischen Knock , Oettel, 2. Fortsetzung 1750, S. 13, des Wendischen 
Knocks, 5. Forts. 1753, S. 38; Wendischbiock beg Eibenstock, Chr. H. Hecht, 
Gesch. v. Sosa, 1778, S. 16; 1835 jedoch Feld der Windischknoch gen., 
während die heutige Mundart »tor w-intsa tnok « sagt, A. Lang in der Z. 
f. d. Maa. 1908, S. 16); Grünstiidtel (unterm Knock 1835); Lindenau 
(ungemein häufig, 1835, z. B. in diesem Felde liegt ein Steinknock, der 

16 * 


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244 


Oakar Philipp. 


Ochsenknock genannt ); bei Neidhardtsthal ( Daniel auf dem Knöchel 1632, 
Eisensteinzeche, Helbig, Gesch. der Kirchfahrt Zschorlau, 1896, S. 56); 
Schönheide ( der Knock , Ob. XIX, 1828/31, und Top. K. 136, 1891 bzw. 
1894, aber 1876 noch nicht; Schumann, Lex. v. Sachsen, XVIII [1833], 
726 f.: am Niederdorf ist südlich der Knock oder Knochen; E. Flath, 
Heimatk. v. Schönheide [1910?], z. B. S. 6 » Oberförsterknock «); Sosa (der 
EirschJcnock 1778, Hecht S. 16, aber Top. K. 145 [1875, 1897] Hirsch¬ 
knochen). Dasselbe Schwanken herrscht weiter östlich bei Rasebau: 1546 
heißt es im Erbb. Grünhain Nr. 1, Bl. 83: Gehen auf die WiU Jagt Wan 
man bey Jnen, An dem Raschawer knock (der Knochen zwischen Wildenau 
und Raschau, Ob. XIX, 1828/31, und Top. K. 137 [1876, 1893, 1908]) 
Ader vmb dy Scheybe Jagt , zwei Jahre später aber, 1548 (Erbb. Gr. 2a, 
Bl. 283), steht ... an dem Raschawer Knochen . . ., desgl. 1593 (Erbb. 
Gr. 3a, Bl. 244) . . an den Raschauer Knochen . . ., ein Beweis dafür, 
daß man schon damals das Wort Knock richtig als Knochen deutete. 
1835 heißt der Berg Knoch: aufn Knoch (Markersbach mit Unterscheibe), 
über den Knochwald (Mittweida), über der Wildenauer Straße bis an den 
Knoch (Raschau). Bei Meitzer, 1716, S. 863, begegnet wieder die Schrei¬ 
bung xur Raschau am Knock (1713) neben Knoch , S. 21. 

Auch jenseits des Gebirgskamms, in dem nachweislich von der 
Oberpfalz aus besiedelten Egerland, haben sich Knocke gefunden, ein 
weiterer Beweis dafür, daß unser Knock nordgauischen, oberpfälzischen 
Ursprungs ist Bei Neudeck wird 1581 ein Ziegenknock erwähnt (Mitteil, 
des Ver. f. Gesch. der Deutschen in Böhmen 8, S. 265), auf neueren 
Karten findet sich sö. Falkenau ein Knock (856 m) und bei Schönficht 
ö. Eger ein Steinknock (737 m), in Halmgrün n. Karlsbad erscheinen 
* Schafknöck, ein [!] ziemlich unfruchtbarer Hügel «, Unser Egerland, hg. 
v. Alois John, 10 (1906), S. 201, in Gfell b. Schlaggenwald ein Haideknock 
(S. 202), in Wasserhäuseln und Petschau (beide im Bez. Tepl) ein Berg 
Holxerknock bzw. da Knock (S. 203). Sonst tritt das Wort nur in der Form 

Knoch 

auf, vereinzelt schon im Vogtland: Engelhardsgrün (A. Ölsnitz) hat 1835 
einen Knochhübel und Mißlareuth (Plauen) einen Knoch, während in 
der A. Auerbach nur Knock gilt Lauterhofen bei Kirchberg (A. Zwickau) 
verzeichnet 1835 viele SteinknÖche , und nw. von Zwickau, dicht vor 
Weißenborn, erscheint Ende des 18. Jahrhunderts ein Schusterknöchel 
(E. Herzog, Chronik II, 1845, auf dem Plan). Je weiter wir nach Osten 
im Gebirge vorrücken, desto häufiger stoßen wir auf solche Knoch(en). 
Ich greife nur ein paar Beispiele heraus: zwischen dem Spiegelivaldt vnnd 
Viehknochen hintter dem Closter [Grünhain] 1593, Erbb. Gr. 3a, Bl. 12; 
Zwischen dem Sachssennstein vnnd Laugkners knoch . . . kegen dem 
Lauckners knocken 1585 \ der Laukners- oder Meisters Knochen 1799, 

1 Reynuog im Ampt Schwartzenbergk . . . lf>85 (H.St.A. Rep. VII, Loc. 34211, 
Schwartzenbergk No. 2), Bl. 7; ebenda Bl. 11 der Hirschknochenn. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 245 

Flurb. von Lauter b. Aue; in die Soßa . . vber den Hirschknochen 1621 *; 
Lehmann (1699) S. 115 und Hecht (1778) S. 16 und 25 bieten aber 
Hirschknock, wobei letzterer (S. 16) ausdrücklich sagt: »Er hat den Namen 
von den ficbtelbergischen Bergleuten, indem man auch auf dem Fichtel- 
berg [d. h. -gebirge!] einen Knock antrifft«. Meitzer (1684, S. 22) spricht 
von dem Auer Knöchel als einem Ausläufer des »Klößbergks« bei Schnee¬ 
berg, der sich in »unterschiedliche KnöcheU teile; nw. Clausnitz (A. Freiberg) 
verzeichnet Ob. 1821 (Bl. XVI) einen Rupprichts Knochen, sö. von Pötzscha 
in der Sächs Schweiz erhebt sich ein Knöchel, und weit im Osten, schon 
in Böhmen, liegt nach der Top. K. 109 (1883) etwa 6 km südlich Raspenau 
der » Abschknochen «. 

Ich komme nun zu einem Flurnamen, den zu deuten mir noch 
nicht recht gelungen ist, dem Worte 

8. Härte. 

Es erscheint meist als Bezeichnung für eine Wiese, was für eine 
jedoch damit gemeint ist, darüber klären uns die Flurv. nicht auf. Am 
ehesten möchte man die Härte der außerordentlich häufigen Säure gegen¬ 
überstellen, worunter zweifellos eine nasse Wiese zu verstehen ist, auf 
der nur saures Gras wächst. Dann würde wohl Härte ein Flurstück mit 
besonders festem, hartem Boden sein. In dieser Auffassung bestärkt 
mich die Tatsache, daß in Oberdorf bei Stollberg im Erzgebirge »die 
H$rt* wirklich den oberen, natürlich härteren Teil einer bestimmten 
feuchten Wiese bezeichnet. Vgl. Z. f. d. Maa. 1911, S. 364. 

Erschwert wird die Deutung noch dadurch, daß aus der Schreibung 
fast nie hervorgeht, ob Hce<erte oder Heerte zu sprechen ist Die Schreiber 
der Flurv., seien es nun die Ortsrichter oder Vermessungsbeamte, haben 
offenbar mit dem seltsamen Worte auch nichts anzufangen gewußt: so 
findet sich neben der gewöhnlichen Schreibung Hürt(e) oder Hert{e) 
auch Hirt und Hört, was allerdings für die Aussprache ohne großen 
Belang ist, denn -ir und -ör klingen ja in der Mimdart fast überall 
wie -eer. 

Was die landschaftliche Verbreitung 2 des Wortes bei uns betrifft, 
so finden wir es fast ausschließlich im Vogtland, und zwar auf die drei 
A. ziemlich gleichmäßig verteilt, im ganzen (1835) in etwa 30 Fluren, 
überall für Wiesen, wo nicht anders angegeben: 

Ölsnitz: Bergen bei Adorf (die Harte genormt ); Dechengrün (Hirt)’, 
Eschenbach (Wiesfleck, die Härte beim Hause)-, Freiberg (die alte Hört 
genannt; die Hört über den Hauß); Lauterbach (die Härte; Huth, die 
alte Härte)-, Marieney (Huth und Feld, die alte Herth ); Oberhermsgrün 
(Nr. 171 und 215: Wiese, die Säure; 173 und 216: Wiese die Härte!)-, 


1 Ebenda No. 3, Bl. 5. 

* Einen alten Beleg aus Baden bringt die Z. f. hd. Maa. 1903, S. 188: (Weinwachs) 
vf der hert(e) 1381, Weinheim. 


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246 


Oskar Philipp. 


Untergettengrün (Feld, der Hertacker); Untertriebei: die Hirt(e)\ Wohl- 
bach (die Härte genannt). 

Plauen: Cunsdorf bei Elsterberg (Harte)-, Ebersgrün (die Herten 
Wiese; die [!] Herden acker Feld; die Herden Wießc usw.); Foschenroda 
(eine Wies die hert; ein Stück Feld desgl.); Gut Heydenreich zu Plauen 
(die Härth genannt ); Pöhl (die Härte genannt ); Rodersdorf (die Härte): 
Schneidenbach (die Hart genannt ); Stoekigt (Mühlhärte); Zwoschwitz 
(Altehärt Wies; härt äckerlein). 

Auerbach: Bergen bei Falkenstein (Peintenhärte, Wiese, . . . am 
Bach)-, Grünbach (Feld, Herte; außerdem u. a. Wiesen, Altcsäuer ); 
Kottengrün (die Hürde)-, Neustadt (die Härte gen.)-, Obergöltzsch (die 
Härte-Wiese, der Härte-Acker) und Rittergut Untergöltzsch (Herten-Wiese): 
Oberlauterbach ( die Härte geyi); Poppengrün (Harrt genannt ); Rützengiün 
(Heerd gen.); Schreiersgrün (die Härte); Waldkirchen (die Härdwiese; das 
härten Hoh, die härten Wiese); Wernesgrün (die Hert an Wald Teich 
liegent ); Wildenau ( Wiese und etwas Lehde, die Härte genannt). 

Außerhalb des Vogtlands ist mir das Wort nur 3 mal begegnet, näm¬ 
lich in Oberdorf, A. Stollberg (s. o.), in Neukirchen 1 , A. Chemnitz (Fehl 
die Härte und der Hülldamm genannt 1835), und im Dorfe Thum, 
A. Annaberg (Feld, die Härt genant; Wiese, Hert, 1835). 

9. Der Lust. 

Noch beschränkter als bei Härte ist das Verbreitungsgebiet des 
Wortes Lust. Schmeller (I 1 , 1519) erklärt es als »Portion, die bei der 
Verteilung von unkultivierten Gründen auf einen der Teilnehmer gefallen 
ist«, bringt es also zusammen mit Los und belegt es schon aus dem 
9. Jahrhundert (vgl. auch Weigand 2 , H, Sp. 83: ahd. hluz,, lu$ m. »durchs 
Los zugefallener Anteil, Landanteil«). Bei uns tritt es nur im Süden 
des Vogtlandes auf, wo ja der Einfluß aus dem benachbarten Bayern 
am stärksten ist. Das älteste Beispiel aber, das ich habe ermitteln können, 
stammt erst aus dem Jahre 1542, und zwar aus dem Erbb. Voigtsberg. 
Hier heißt es (Bl. 401) unter der Überschrift »Vom Ackergebewde«: Eynn 
Last feldes xivischen dem schloß [Voigtsberg] vnnd der Stadt' Olßnicxs 
gelegenn gehett vonn der hoeff wiesenn ann . . . Docxiv einn stuck fehles 
Neben [dem] Jatmspergkh gelegenn der stmnckende Acker genant. Dicxs 
jst ein Zeih Tunge feldes. Eynn Annder Lust feldes Leit Nebenn dem 


1 Es ist merkwürdig, wenn auch vielleicht nur ein Spiel des Zufalls, daß zwei 
von diesen Dörfern (Oberdorf und Neukirchen) bei einer Gruppe von Orten liegen, deren 
Namen auch im oberen Vogtland nebeneinander wiederkehren: die niedererzgebirgiscüe 
Gruppe Ölsnitz, Nieder- und Oberwürschnitz, Lugau (ma. Lnux), Kirchberg, Erlbach, 
Ursprung; Neukirchen und Adorf entspricht der vogtländischen Ölsnitz, Unter-und Ober¬ 
würschnitz, fLoch (jetzt Unteroichigt), Erlbach, Markneukirchen, Adorf, Kirchberg und 
Ursprung (letztere beiden böhmisch). Eduard Trauer vermutet deshalb (Chronik des 
Dorfes Marieney i. V.. Plauen 1903, S. 67) »es könne die Besiedelung des Landes zwischen 
den Gauen Zwickau und Chemnitz vom Vogtlande aus . . . erfolgt sein«. 


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Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens nach den deutschen Flurnamen. 247 


Schloß Auß do mann Nach Plauenn Zeucht xur Reckten hanndt . . . 
.Ferner Bl. 402: Nebenn diesenn dreyenn Lust feldes die getungett vnnd 
xu hertlenn geiraidt gebraucht werdenn ... 

Jetzt scheint das uralte AVort nicht mehr lebendig zu sein; 1835 
aber tritt es noch in 12 Fluren auf: Altmannsgrün (Feld, das Schmalüstel, 
also ■= das schmale Liistel) ; Arnoldsgrün (Feld, der Hauslust; Holx, der (!) 
Listei, dei- Holxlust, der mittlere Lust; Feld, der Anger peintlust ); 
Bergen (Wiese, das Liistel)-, Droßdorf ( Wiese, der Hoflust, auch Feld; 
Wiese, Schmaliist, also Mehrzahl? Feld, 2 te * Schmallüstel u. ö); Görnitz 
(Feld, das Liistel)-, Oberwürschnitz (Feld, der Haußtust)-, Raschau (Feld 
das Liistel)-, Schloditz (Feld, der Hoflust ); Tirpersdorf (Wiese, das Liistel ); 
Untereichigt (Feld, der Boilust [?]); Untermarxgrün (der Lehde Lustberg ); 
Zaulsdorf (Feld, der Hoflust). 

Im Erzgebirge erscheint es nur einmal (Lehmann, 1699, S. 111): auf 
Lauterer Revier im Ober-Amt Schwarzenberg erstreckt sich der » Heun - 
wald Henneberg und Halßbach vom Lauterer Lust- Raum, Kittelkappe 
genandt, bis an 3 Tannen «. 

Anmerkungsweise möchte ich erwähnen, daß Lus auch im (stark 
oberpfälzischen!) Egerland vorkoramt, z. B. in Wickwitz, Bez. Joachims¬ 
thal, Liß (kleinere Grundstücke, durch Losaufteilung entstanden), Unser 
Egerland 10 (1906), S. 204. 


10. Die Egert. 

Das Wort, mhd. egerde f., ist nach Weigand* I, 404 »in Ober¬ 
deutschland noch volkstümlich«. Für das Allgäu bringt Miedel (S. 42) 
viele Belege, bayrische s. bei Schmeller I. 941/42, wo die Egärl(in), 
Egert(en) erklärt wird als »ehemals gepflügte, Acker gewesene Feldfläche, 
die später zu Graswuchs, in der Folge wohl gar zu Holz oder ganz öde 
liegen geblieben ist«. Mit den nordbayrischen Siedlern ist das Wort nach 
dem sächsischen Vogtland eingewandert, aber nicht weit vorgedrungen. 
Seine Häufigkeit nimmt nach Nordosten zu allmählich ab. 

A. Ölsnitz: Brambach (das Aegeten Äckerlein; der Eggenden Acker)-, 
Eubabrunn (Feld, die Egert genannt)-, Gopplasgrün (Holx, die Kalte Egert)-, 
Gürth (1 Stück alt Egerten)-, Hermsgrün (die Eggert wiese)-, Landwüst 
(Feld, die hintere Egert; Holx, die alte Egert)-, Marieney (Holzboden, die 
Egerth; E. Trauere Chron. des Dorfes M., 1903, S. 5 kennt Egerth für 
Feld); Tirechendorf ( die Egert, Feld und Holz). Zweifelhaft, ob hierher 
gehörig, erscheint ein Feld (auch Wald) *heist Agenda in Raminoldsreuth. 

A. Plauen: Großzöbern (Feit, die Aehget 1835; 1903 Eget, Egget)-, 
Steins ( Egetsiciese ); Ruderitz (Aeget, Feld und Lehde); Thiergarten (Kalligs- 
äget, Feld, Wiese). Unsicher: Rödersdorf (Achet, Feld, Lehde). 

A. Auerbach: Kottengrün, halbwegs zwischen Falkenstein und 
Ölsnitz (Feld die Ehget). 

Auch bei diesem Worte zeigt sich die enge Verwandtschaft der 
südvogtländischen Mundart mit der des Egerlandes. Es findet sich z. B. 


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248 


Oskar Philipp. Die Besiedlung des südwestlichen Sachsens usw. 


in Pobitz (Bez. Tepl) als d’Eghatn (Mitteil, des Ver. f. Gesch. der Deutschen 
in Böhmen 36, S. 473); n. Karlsbad: in Roßnitz (Egefn, Schwarxeget - 
Paint, Unser Egerland 10, 201) sowie in Drahowitz {mit . . . Gerten 
wiesen Eckeren Eegerthen . . . 1493, ebenda S. 193), und in Oberlohma 
bei Franzensbad ( Schorl- und Schmelleregeten, ebenda 2, 57). 

Noch schwächere Spuren als Lust und Egert haben zwei andere 
echt oberdeutsche Wörter zurückgelassen, Schachen und Wasen. 

11. Der Schache(n) 

bezeichnet nach dem Grimmschen Wb. ein Vorgebirge, eine Landzunge, 
auch eine Waldparzelle, nach Julius Miedel (Oberschwäb. Orts- und Flur¬ 
namen, 1906, S. 55) ein kleines, schmales Holz, und ist uns allen aus 
Wilhelm Teil, IV, 3 bekannt: »Der Klostermeier vom Mörlischachen . .« 
Bei uns haben sich 2 Vertreter dieses süddeutschen Wortes gefunden: 
der Heidschachen 8. Vogelsgrün, A. Auerbach (Flurv. von Tannenbergs¬ 
thal, ohne Jahr, aber sicher 1835: Feld, der Haidschachen genannt ), 
und der Milchschachen am Milchbach sw. Erlabrunn (Schwarzenberg), 
beide auf Oberreits Karte Bl. XIX (1828/31), der letztere nach Oettel, 
S. 220, schon 1562 erwähnt und später (1778) bei Hecht (Gesch. von 
Sosa, S. 25). 

Auch die Nebenform - schacht findet sich, im Vogtland und im 
vogtländisch-erzgebirgischen Grenzgebiet, allerdings nicht so früh wie in 
Bayern (1418 ainen schachten an dem Aichach, Mon. boica 13, 432). 
Im Flurv. von Gunzen (A. Ölsnitz) erscheint 1835 ein Holz, Schachten - 
hau genannt, und ein anderes, [die] Schachtenbüsch genannt. Unter den 
ostvogtländischen Gütern, die Kurfürst August den Edlen von der Planitz 
1563 abkauft, ist auch » ein schöner, frischer Schacht, Von Buchen, 
Ahornen, Tannen vnd Fichte Hohe «, Archiv der Sächs. Gesch. v. G. A. Arndt, 
n (1785), S. 384, und ebenda haben wir 1563 » den Weiß-Schachten* zu 
suchen (a. a. 0., S. 386: Die Kohlung bis an die Schnarrdanne l , den 
Kuhebergk, das Gelach, dm Weiß-Schachten, bis auffs Keilh-Holx, vom 
Keilholz bis an den Geittcnbach). Noch weiter südöstlich erscheint ein 
Ziegenschacht bei Johanngeorgenstadt, aber schon auf der böhmischen 
Seite, doppelt lehrreich, weil sich in dem Ziegen- das obd. Zichm, 
Zigm = Kiefer verbirgt (Schmeller, II* Sp. 1105, mit Belegen auch aus 
der Oberpfalz; Miedel, S. 57). 

12. Der Wasen, 

d. h. Rasen, der z. B. in der Zusammensetzung zpfingstwasm « 1579 aus 
Stupferich in Baden (Kirchspiel Palmbach, Bezirksamt Durlach) belegt 
wird (Z. f. d. Maa. 1906, S. 28), begegnet nur einmal, und zwar in Drös- 
wein (A. Plauen) 1835: der obere, der untere Wasen. Südwestlich von 
Dröswein verzeichnet Ob. Bl. XIII (1850/52) das Wasen Holz. 

1 Dorf Schnarrtanne, A. Auerbach. 


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Edmund Protsch. Beiträge rar Mundart von Laubach (Hunsrück). 


249 


Wenn ich zum Schlüsse die Hauptergebnisse unserer Unter¬ 
suchung hervorheben darf, so ergeben sich — nach meiner Ansicht mit 
zwingender Notwendigkeit — folgende Schlüsse: 

1. Die häufigen Flurnamen auf -rode und -hain im Vogtland be¬ 
weisen, daß hier bedeutend mehr thüringische Siedler eingewandert 
sind, als die Ortsnamenforschung bisher annahm. 

2. Der von Südwesten kommende Strom oberfränkisch-ober¬ 
pfälzischer Siedler ist — das bezeugen die Flurnamen auf -reut und 
-brunn — weiter nach Norden und Osten vorgedrungen, als die Orts¬ 
namenforschung vermuten ließ. 

3. Der auch in der A. Schwarzenberg und im Süden der A. Zwickau 
auftretende Flurname Knock bestärkt uns in der Annahme, daß im 
westlichen Erzgebirge auch ein ziemlicher Bruchteil Oberpfälzer 
und Oberfranken sitzen (vgl. die Korrekturnote zu Knock). 


Beitrüge zur Mundart von Laubach (Hunsrück). 

Von Edmund Protsch. 

Die Steigerung der Eigenschafts- und Umstandswörter. 

Wie die Schriftsprache, so verwendet auch die Mundart zur Be¬ 
zeichnung der verschiedenen Grade einer Eigenschaft die Steigerung. 
Zur Erreichung ihres Zwecks bedient sie sich mehrerer Mittel. Sie ver¬ 
fährt dabei nicht immer streng logisch, ja scheint manchmal den Gesetzen 
der Logik ein Schnippchen zu schlagen. Die Mundart fragt eben nicht 
oder doch nicht in erster Linie nach Gesetzmäßigkeit; sie prüft uicht, 
ob das von ihr angewendete Mittel gesetzmäßig ist oder nicht, sondern 
handelt lediglich nach dem praktischen Bedürfnis. Darum benutzt sie 
alles Sinnenfällige; gerade hierauf beruht aber zum großen Teil, wenn 
nicht ausschließlich, ihre Treffsicherheit im Ausdruck, worin aber zu¬ 
gleich das Geheimnis der Urwüchsigkeit besteht, die die Mundart vor 
der Schriftsprache auszeichnet. 

Fragen wir nun, welches die Mittel sind, die von der Mundart zur 
Bezeichnung der verschiedenen Grade angewendet werden, so finden wir 
folgende 3 Arten: 1. die Steigerung im engsten Sinne des Worts durch 
Anfügung von Steigerungssilben; 2. die Steigerung durch % (Vorgesetzte) 
Beiwörter und 3. durch Umschreibung. Dabei muß aber von vornherein 
betont werden, daß die Mundart diese drei Möglichkeiten der Steigerung 
nicht streng voneinander scheidet, sondern sie bunt durcheinander an¬ 
wendet, je nachdem es der Zweck, d. h. das praktische Bedürfnis, er¬ 
fordert. Auch hierin ist eine gewisse Bestätigung dafür zu finden, daß 
sich die Mundart wenig um Logik kümmert 


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250 


Edmund Protsch. 


L Die Steigerung durch AnfUgting von Steigerungssilben. 

Die Mundart unterscheidet wie die Schriftsprache drei Steigerungs¬ 
grade: die Grundform oder den Positiv, die höhere Stufe oder den 
Komparativ und die höchste Stufe oder den Superlativ. Zur Bildung 
dieser beiden letzteren Stufen fügt die Schriftsprache bekanntlich die 
Silben er und est (st) dem Positiv an; außerdem wird beim Superlativ 
entweder der Artikel »der, die, das« oder das Wort »am« vor das Ad- 
jektivum gesetzt. Die Mundart bildet die höhere und höchste Stufe eben¬ 
falls durch Anfügung der Endungen »er« und »s/«, setzt aber beim 
Superlativ stets und ständig nur das Wörtchen »da« (= der) vor. Wie 
im Hochdeutschen, so muß auch hier zwischen einer regelmäßigen und 
unregelmäßigen Steigerung unterschieden werden. 

a) Die regelmäßige Steigerung. 

Bei ihr bleibt das Stammwort, wie es den Positiv bildet, an sich 
unverändert. Es werden lediglich die Steigerungs-Endungen angefügt. 
Hierher zählt die große Mehrzahl der Eigenschaftswörter. Als Beispiele 
seien folgende angeführt: 

1. dum — dumm, dumar, da dumst; 

2. faul *= faul, fäular, da faulst; 

3. friS = frisch, friSar, da friSst; 

4. Icubaaical = gewandt, stark, koboaivalar , da kvbaaicalst; 

5. Sdufal = häßlich, widerwärtig, Säufalar, da sdufalst; 

6. sdumb — stumpf, Sdumbar, da Sdumbst; 

7. smaal — schmal, Smaalar, da Smaalst; 

8. tsaam = zahm, tsaamar, da tsaamst; 

9. wil wild, wilar, da teilst; 

10. frii = frühe, friiar, da friist (Adverbium). 

Ferner gehören hierher alle Adjektive auf ic , wie: 

1. bundic — bunt, bundicar, da bündlest; 

2. bandtc = geschmeidig, bandicar, da handlest; 

3. cerjarlie — ärgerlich; 

4. wglic = eklig, abscheulich; 

5. xeiic = sch weinig; 

6. dregte = schmutzig usw., 

sowie die Adverbien: frarxarhe = freislich, schrecklich; megarlic — gruselig 
und andere. 

Eine besondere Gruppe bilden die Adjektive auf ar, die zwar auch 
der regelmäßigen Steigerung unterliegen, aber insofern eine kleine Ab¬ 
weichung zeigen, als sie den Superlativ nicht mit st , sondern mit St bilden: 

1. xäuar — sauer, xäuarar, da xüuarst; 

2. bidar = bitter, bidarar, da bidarst; 

3. deiar = teuer, deiarar, da deiarSt; 

ebenso: geiar «= wählerisch, raar = selten, klgor <= fehlerlos, dabar = wacker. 
niaar = mager, dor = dürr usw. 


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Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück). 


251 


Nebenbei sei hier bemerkt, daß die Hunsrücker Mundart überhaupt 
das Bestreben zeigt, das auf r folgende s in g umzuwandeln; so werden 
viele Namen für weibliche Berufe (die im Hochdeutschen auf »in* ge¬ 
bildet werden) mit der Endung g bei vorhergehendem r gebildet: di 
wegarg — Wäscherin, dt biiahrS = Büglerin, di butsmoxarg — Putzmacherin. 

b) Die unregelmäßige Steigerung. 

Bei dieser werden nicht nur die Endungen ar und st angefügt, 
sondern das Grundwort selbst erleidet eine Veränderung. Man kann 
dabei mehrere Untergruppen unterscheiden. Die Veränderung der Grund¬ 
form erfolgt: 

1. Durch Ablaut des Stammvokals. 

1. kgprts = kurz, keertsar, da keertst; 

2. hpprdic = hurtig, flink, heerdicar , da heerdicst; 

3. groos = groß, grecsar, da greest. 

2. Durch Konsonantenverschiebung. 

Die Verschiebung des Konsonanten tritt nur im Komparativ ein, 
während im Superlativ wieder der Stammkonsonant erscheint. 

1. brcet ■= breit, brtcterar, da brceretst; 

2. Sb^t = spät, sbqqrar, da gb^qtst; 

3. gruub = grob, gmuivar, da gruubst ; 

4. daab =■ taub, daaivar, da daabst. 

Weitere Beispiele: driib =* trübe, liib = lieb, bleed — blöde, fr red 
= hart, abgehärtet. 

3. Ablautung und Lautverschiebung. 

1. alt = alt, ehr, da eist; 

2. kalt = kalt, kelar, da kelst; 

3. hoox = hoch, heecar, da heegst. 

4. Aus- oder Abstoßung eines Lautes (mit oder ohne Ablautung 

dos Stammvokals). 

1. gdaang = stark, gdcecergar, da sdeerrrigst; 

2. gaarab =* scharf, scecerbar, da swcerabst; 

3. layg — lang, legar, da legst. 

Weitere Beispiele: waaram =» warm, aarain = arm, juyg = jung, 
krumb — krumm. 

5. Ganz unregelmäßig. 

1. niira = niedrig, niirarar, da niiricst; 

2. guud ■=» gut, besar, da best; 

3. fiil = viel, mee , da meergt und da intest. 

Bei letzterem Wort war tda meergt « die ältere, ursprüngliche Super¬ 
lativform; erst in neuerer Zeit ist daneben, wohl unter dem Einfluß des 
hochdeutschen »meist«, die Form *de meest » in Aufnahme gekommen. 


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252 


Edmund Protsch. 


n. Die Steigerung durch Torsetzung eines Wortes oder einer Silbe. 

Die oben erwähnte Tatsache, daß die Mundart oft nicht nach Logik 
fragt, tritt besonders scharf bei dem Adjektivum fol ( = voll) hervor. 
Während im Hochdeutschen logischerweise eine Steigerung unmöglich ist 
(was voll ist, kann nicht voller werden), bildet die Mundart ganz unbe¬ 
denklich die Formen folar, da folst und wendet sie auch an. Erklärlich 
wird die Sache am praktischen Beispiel. Es handelt sich dabei um den 
Gebrauch von Maßen und Gefäßen. Zum Messen des Getreides dienen 
Hohlmaße; als solche verwendet der Bauer noch immer seine alten Maße, 
besonders das ximar — Simmer. Nun kann ein solches Gefäß genau bis 
zum Rande gefüllt, also »richtig fol* sein. Es kann aber auch »schlecht« 
und anderseits »gut« oder »stark« gemessen werden. Im ersteren Fall 
fehlt noch etwas Getreide, um das Maß richtig fol zu haben; im anderen 
Fall sind die Körner mehr oder weniger über das Maß hinaus aufgehäuft 
Dann eben sagt der Bauer: dad ximar is folar os dad anar, dad is da 
folst. Er unterscheidet aber oft noch mehr Grade des Vollseins und 
verwendet zur Bezeichnung dieser Grade die Grundform des Adjektivs 
in Verbindung mit Adverbien des Grades: dad is aaric fol, arbcecermlic 
fol , unnadeerlic fol usw. Außerdem bildet er Zusammensetzungen der 
Eigenschaftswörter, wobei die Bestimmungswörter den Grad der Eigen¬ 
schaft angeben und so die Stelle des Adverbiums einnehmen. Diese 
Zusammensetzungen gehen stets auf bestimmte Einzelfälle zurück und 
bezeichnen dadurch den Grad der Eigenschaft in besonders anschaulicher 
Weise. So bildet, um auf obiges Beispiel zurückzukommen, der Land¬ 
mann von dem im Maß voll aufgehäuften Getreide den stehenden Aus¬ 
druck gahäufda-fol. Im einzelnen ist noch folgendes zu bemerken: 

a) Bei der Steigerung durch Vorsetzung von Adverbien. 

Von allen Adverbien des Grades wird am meisten das Wort »aar/c« 

• 

= arg verwendet. Es sind nur wenige Eigenschaftswörter, bei denen 
dieses Wort nicht in Wirksamkeit tritt Selbst da wird es benutzt, wo 
es die Logik eigentlich verbieten müßte. So ist nicht nur ein Ding 
*aartc $ lim, aaric groos, aaric lagg , aaric krayk « und dergl., sondern 
es finden sich ebenso häufig Ausdrücke wie: aaric klcen, aaric Seen 
(schön), aaric guud, aaric xiis, aaric gqqra (gern) und ähnliche. Das 
Wort aaric nimmt in der Mundart ganz die Stelle des hochdeutschen 
»sehr« ein. Letzteres Wort kennt die Mundart auch; sie verwendet » xeer « 
aber nicht zur Steigerung von Adjektiven, sondern gebraucht es, soweit 
ich die Sache übersehe, einzig und allein in dem Ausdruck: ad rqqnt xeer 
= es regnet sehr. Nebenbei sei hier bemerkt, daß das Wort, um einen 
stärkeren Grad des Regnens zu bezeichnen, auch noch gesteigert wird: 
ad rqqnt xccrar. 

Außer aaric werden am häufigsten noch die Adverbien arbcecermlic 
und unnadeerlic, sowie ätts da’rei gebraucht; letzteres bedeutet soviel 
wie »über Erwarten, ungewöhnlich«. So ist ein kräftiger Mann arbcecermlic 


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Beiträge zur Mundart von Laubaoh (Hunsrück). 


253 


Sdaartg, ein Baum arbcecermlic hoox; Früchte sind unnadeerlic dig. Ein 
Kind ist äus dar rei kluux, ein Stück Vieh äus dar rei Seen und dergl. 
Außer diesen vier finden dann noch vereinzelt einige andere Adverbien 
Verwendung zur Steigerung, wie gund und uygaheiar : Ein Topf ist guud 
fol; ein Strick kann uygaheiar dig oder uygaheiar Sdaartg sein. Im 
ganzen ist aber die Anzahl der zu diesem Zweck benutzten Adverbien 
beschränkt Das Gleiche gilt 

b) von den zusammengesetzten Eigenschaftswörtern, 

deren Bestimmungswort den höheren Grad kennzeichnet, wenn auch hier 
etwas mehr Mannigfaltigkeit besteht Hierbei sind zwei Gruppen zu 
unterscheiden, nämlich solche mit 2 und solche mit 3 Stufen; die 3. Stufe 
wird durch mehrfache Zusammensetzung gebildet. 

1. Untergruppe: mit 2 Stufen. 

Bei manchen Adjektiven bildet die Mundart zur Bezeichnung der 
höheren Stufe nicht nur ein einziges zusammengesetztes Wort, sondern 
deren mehrere, die gleichwertig nebeneinander stehen und für Sonderfälle 
nötig wurden. Auffällig ist in dieser Hinsicht gerade das Wort fol, weil 
es die meisten dieser Bildungen aufweist Es ist dies ein Beweis dafür, 
welche Bedeutung die Maße im Leben des Landwirts spielen, aber auch 
für die Bildungs- und Ausdrucksfähigkeit der Mundart Wo das Be¬ 
dürfnis besteht, ist sie um die Bildung eines entsprechenden Ausdrucks 
nie verlegen. Beispiele: 

1. fol — voll: gahäufda-fol bei Fruchtmaßen; gaSdrica-fol bei Flüssig- 
keits- und Fruchtmaßen (erstere, weil sie voll bis zum Aichstrich 
sind, letztere, weil die Frucht, die zu viel ist, abgestrichen wird); 
Slabar-fol bei Flüssigkeiten, d. h. das Gefäß ist so voll, daß man 
den Inhalt farSldbart = verschüttet; gaSliiwart-fol = so voll, daß 
kein sliiwar, d. h. Splitter, mehr darauf liegen bleibt; garatsda-fol 
von Obstbäumen gesagt; ga.sdobda-fol, gaSdumbda-fol = so voll, als 
ob der Inhalt hineingestopft wäre (Sdobe und Sdumbe =- stopfen, 
stoßen, drücken); Sdeif-fol ein Raum ist steif-voll Menschen, so 
voll, daß sie sich nicht rühren können, sondern steif stehen müssen. 
Vieh ist steif-voll Ungeziefer. 

2. oaram = arm: b^ral-aaram «= bettelarm. 

3. bay = bang: tsiira-bay = so bang, daß man zittert 

4. bees = böse: Sbina-bees — so bös wie eine Spinne. 

5. bidar = bitter: gala-bidar = so bitter wie Galle. 

6. blayg — blank: blitsa-blayg =* blitzblank. 

7. brcccet = breit: fiyar-brcecet => fingerbreit, handa-brcecet = so breit 
wie eine Hand. 

8. bugalic = bucklig: krum-bugalic = krummbucklig. 

9. dig = dick: däumas-dig = daumendick, fäusda-dig «= faustdick, 
fiyar-dig = fingerdick. 


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254 


Edmund Protsch. 


10. druga = trocken: &daab-druga — staubtrocken. 

11. duygal = dunkel: sdica-duygal — stockdunkel. 

12. faul = faul: braU-fäul meist von Obst gebraucht: so faul, daß es 
zu bratS , d. h. steifem Brei, wird; Sdiyg-f&ul meist von Personen 
gebraucht: so faul wie Käse sein, der stinkend wird, weil er still 
liegt und sich nicht rührt. 

13. fed =*= fett: dqic-fed -=■ teigfett; Slabar-fed «= so fett wie ein Schwein, 
dessen Speck slabart, d. h. sich hin und her bewegt 

14. fest = fest: bmnba-fest = bombenfest. 

15. gaxund = gesund: qical-gazund = gesund wie eine Eichel; k^ra- 
gaxund = kerngesund. 

16. glat = glatt: sbiial-glat = spiegelglatt 

17. graad = gerade: keertsa-graad = kerzengerade. 

18. kalt -=» kalt: eisa-kalt = eiskalt. 

19. klcecen = klein: hppr un Idcecen =■ haarklein (vermutlich ist hier die 

2. Stufe dem Ausdruck kggrts un klcecen = kurz und klein nach¬ 
gebildet, wodurch das unberechtigte un = und eingeschoben wurde). 

20. layg = lang: funs-layg = fußlang; aarmas-layg = armlang; handa - 
layg = handlang; vh-layg — ellenlang; jggra-layg =■ jahrelang; 
ggm-layg = so lang wie ein Atemzug; sduna-layg = stundenlang. 

21. zäuar a) -= sauer: estc-xduar = essigsauer; gifdtc-xäuar ■= so scharf 
sauer, wie ein Gift; b) = mühsam: bluud-zäuar = blutsauer. 

22. xiis -= süß: tsugar-xiis = zuckersüß; iviiralic-xiis «= widerlichsüß. 

23. Sdeif = steif: sdega-sdeif «= stocksteif. 

24. wanram = warm: brii-waaram = brühwarm. 

25. waic = weich: brei-waic — breiweich; budar-uaic = butterweich. 

26. weenic = wenig: bluud-iceenic = blutwenig. 

Die beiden folgenden Wörter kann man als Üborgang zu der Gruppe 
mit 3 Stufen betrachten. Sie haben zwar nur 2 Stufen; aber die Bildung 
der höheren Stufe entspricht der 3. Stufe bei der nächsten Gruppe: 

1. alceccn = allein: muura-enda-xeelic-alcecen =» rautterendeseligallein. 

2. klaren = klein: knortsan-hiiniala-hailica-klrecen — kurz- und himmel- 

* • 

heiligenklein. 


2. Untergruppe: mit 3 Stufen. 

1. dood = tot: müusa-dood, muusa-ragar-dood. 

2. dor = dürr: mbal-dor, knoxa-mbal-dgr. 

3. ful = besoffen: gmnaada-fol, Sdcra-granaada-fol (= sterngranaten- 
voll). ' 

4. hart = hart: knibal-hart, knoxa-hart, knibal-knoxa-hart. 

• # 

5. krayk =* krank: dood-krayk, dood-sderncas-lcrayk. 

6. nagic — nackt: puural-nagic, puural-graas-nagic. 

7. nas =* naß: blets-nns, I dribsa-rina-nas, 

dggric-nas, f dognc-ilribsa-rina-nas. 

8. waic = weich: Irrra-icaic, dogric-lerra - waic. 


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Beiträge zur Mundart von Laubaoh (Hunsrück). 


255 


Ähnliche Bildungen finden sich auch bei den Farben; doch handelt 
es sich dabei nicht mehr um wirkliche Steigerungen, sondern nur noch 
um solche der Form nach. Yon ihnen soll im nächsten Aufsatz die 
Rede sein. 

IIL Die Steigerung durch Umschreibang. 

Die Erklärung der in der Abteilung II angeführten Steigerungs¬ 
formen hat gezeigt, daß diese Wortbildungen eigentlich nur die kurze 
Zusammenfassung eines Vergleichsatzes sind. Was so sauer wie Essig 
ist, ist eben esjc-xäior. Auf deu ersten Blick scheint allerdings der 
Satz » dad ts xoo xüudr uni estc « gar nicht eine Steigerung auszudrücken. 
Es scheint jedoch nur so, nämlich wegen der äußeren Form. Geht man 
aber auf den Inhalt oder richtiger auf die Entstehung des in dem Satz 
ausgedrückten Urteils ein, so sieht sich die Sache anders an. Die Steige¬ 
rung eines Eigenschaftsworts ist das Ergebnis eines Vergleichs, wobei 
festgestellt wird, daß dieselbe Eigenschaft bei zwei Dingen vorkommt, 
aber in verschiedenem Grade. Nun muß zwar nicht jeder Vergleich mit 
dem Urteil der Verschiedenheit oder Ungleichheit endigen; sehr oft kann 
sich auch eine Gleichheit ergeben. Drückt denn der oben genannte Satz 
nicht gerade eine Gleichheit aus? Gewiß — aber nicht allein; denn 
wenn ich von einem Ding urteile, daß es » xoo xäusr uni estc* ist, be¬ 
zeichne ich einen bestimmten Grad der Säure und hebe also das damit 
bezeichnete Ding gegenüber den anders sauren, seien sie mehr oder 
weniger sauer, heraus. Daß diese Art der Vergleichssätze tatsächlich 
eine Steigerung, d. h. einen höheren Grad eiuer Eigenschaft bezeichnen 
und bezeichnen wollen, zeigt sich am schärfsten bei der Anwendung im 
praktischen Leben. Wenn eine Mutter ihrem Kinde sagt: » di kwctsd 
(Zwetschen) xin noox xoo xüudr wii esic*, so will sie das Kind damit 
vor den unreifen Zwetschen warnen. Sie weiß, daß die reifen Zwetschen 
auch noch Säure enthalten, noch sauer sind; aber dieses Sauersein ist 
durch die Reife viel gemildert Sind aber die Zwetschen *nox xoo xäudr 
wii esic«, so kommt ihnen die Eigenschaft des Sauerseins noch in höherem 
Grade zu, ja in einem so hohen, daß dieses Sauersein für die Gesundheit 
schädlich ist. Mit großem Geschick wählt denn auch die Mundart — 
und das ist ein zweiter Beweis dafür, daß es ihr um die Bezeichnung 
eines höheren Grades zu tun ist — recht auffällige Vergleiche aus, die 
keinen Zweifel lassen, ja sie scheut dabei selbst nicht vor Übertreibungen 
zurück. Die Mundart verfügt über einen großen Reichtum an solchen 
Vergleichssätzen, die zu stehenden Redensarten wurden. Hier kann nur 
eine beschränkte Anzahl aufgeführt werden. Nach der äußeren Form 
der Satzbildung lassen sich dabei auch mehrere Untergruppen bilden: 

a) Die einfachen Vergleiche (xoo — wii). 

1. xoo alt wii uidtiutxalcin. 

2. xoo aardtn wii job. 


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256 


Edmund Protsch. 


3. xoo bidar toii elts, d. h. Wermut, bezeichnet also einen hohen Grad 
des Bitterseins. 

4. xoo dggrtc wii an laabtc reis >= so närrisch, wie ein belaubtes Reis. 

5. xoo dum wii layg. 

6. xoo fol wii 3 kvnggn = schwer besoffen. 

7. xoo free wii gasadreg. 

8. xoo gaxund wii a fiS im wasar. 

9. xoo gaxund wii a gical. 

10. xoo gruub wii xeiboona-Sdroo. 

11. xoo hart wii an holtsabal. 

12. xoo klggr wii kleesbrii = so klar wie Brühe, in der Klöße gekocht 
wurden (ist spöttisch gemeint). 

13. xoo krayk wii an alt bayk. 

14. xoo layg wii an deiar jggr — Jahr mit einer Teuerung. 

15. xoo neiSeeric wii an alt fraa = so neugierig wie eine alte Frau. 

16. xoo Sdeif tvii an bug (Bock). 

17. an naas xoo Sbits wii an x&ul (die Saul ist ein Schustergerät, um 
ins Leder Löcher vorzustechen). 

18. xoo Sbrug tvii glaas — so spröde wie Glas. 

19. xoo Sleect wii dt naaxt (Nacht), d. h. sehr schlecht. 

20. xoo tscece wii juxda-lggra — so zäh wie Juchtenleder. 

b) Der höhere Grad wird durch einen daraus folgenden 

Zustand gekennzeichnet (xoo — dad). 

1. xoo dgr, dar ar brent (so dürr, daß er brennt). 

2. xoo cecemfelic, dar an dt gens beisa. 

3. xoo dum, dad mar wen mir am kan inrena. 

4. xoo faul , dar ar Sdiykt. 

5. xoo feerdtc, dar ar nid mee k^s kan xaan. 

c) Der Vergleich erfolgt nicht mit einem Ding, sondern 

mit einem Zustand oder einer Tätigkeit. 

1. dad kind is nox nid xoo lay ruutc, as mar da fiyar im fäuar kan 
leira oder: 

2. as mar an fadar-unxar bggt. 

3. dad nurcedca is xoo Seen, as wii gamgglt. 

4. dgg gugt xoo hailtc, as hin ar ka?<c wesarca driiwa. 

5. dg$ Sdelt xic xoo imgawand, as kin ar krece drei tsiila. 

6. ar mict an gaxiiet xoo xduar, as herr a uuxam h^rgod dad esic- 
kriicalca farSud. 

d) Sonstige Vergleiche. 

1. dq$ is tsu dum fggr in dt hei (Hölle), er drqgt di klcecena deiwalear dood. 

2. dumor, as dt bolatsei arlcerebt. 

3. (Ewmfehcar, als an klcece kind. 


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Beiträge zur Mundart von Laabach (Hunsrück). 


257 


Überblicken wir nun noch einmal alle diese Formen, so ist unschwer 
zu erkennen, daß die letzte Hauptgruppe, die der Vergleiche, wohl die 
ursprünglichste und älteste Form der Steigerung darstellt oder doch 
wenigstens die Veranlassung zur Bildung der Steigerungsformen gab, daß 
sich dann aus ihr die zweite Hauptgruppe bildete und sich aus dieser 
schließlich die Formen mit den Steigerungssilben herausschälten, die wir 
jetzt nur noch als Steigerung im eigentlichen Sinn empfinden und ansehen. 

Die F&rbenbezeichntmgen in der Mundart 

Unser deutsches Volk hat von jeher ein lebhaftes Empfinden für 
Farben und farbige Dinge gehabt, wenn auch in seiner Geschichte Zeit¬ 
abschnitte Vorkommen, in denen die Freude an der Farbe mehr oder 
weniger in den Hintergrund trat Dafür zeichnen sich andere Zeiten 
um so schärfer durch Farbensinn und Farbenfreudigkeit aus. Diese 
Charaktereigenschaft des Deutschen beruht im Grunde genommen auf 
seiner Vorliebe für und Freude an der Natur, zu der er sich so über 
alles hingezogen fühlt Bietet doch die Natur einen schier unermeßlichen 
Reichtum an allen nur denkbaren Farbenschattierungen. Wir dürfen uns 
daher nicht wundern, wenn wir auch in der Sprache, in der Mundart 
reiche Spuren von dem Farbensinn des Volkes finden. Gehen wir einmal 
diesen Spuren nach! Zunächst wollen wir uns mit der Wortgruppe be¬ 
fassen, die sich an das Wort »Färbet selbst anschließt 

I. Das Wort »Farbe* in der Mundart. 

Das Wort »Farbe* erscheint in der Hunsrücker Mundart in der 
Form: faarab, M. faanca. Es wird in seinem eigentlichen Sinne ge¬ 
braucht: dggric dad ftila r^na (Regnen) hgdad häu gants di faarab far- 
loor, als auch im Sinne von Farbstoff: di faarab is neist mee nuts, ic 
muus mar näu kaafa. Je nachdem die eine oder andere Bedeutung ge¬ 
meint ist, spricht man davon, dad di faarab alt oder näu, Seen oder 
tfgltc (unschön), guad oder Sleect oder fardoorab, friS oder farSos (ver¬ 
schossen), grel oder duus (= düster und matt) oder Jeei (matt) is. Dinge 
von bestimmter Farbe sind faarivic (farbig); dieses Eigenschaftswort wird 
nicht gesteigert. Hat der Gegenstand nur eine Farbe, so is ar eecenfaarwic. 
Die Ausdrücke mehrfarbig und vielfarbig finden sich nicht in der Mund¬ 
art; sie werden umschrieben mit fiila faarwa oder ersetzt durch bundtc 
= bunt, das steigerungsfähig ist: bundwar, da bundtest. Will man einer 
Sache eine bestimmte Farbe verleihen, so muß sie gafcvwrabt werden; Grund¬ 
form: fceceriva = färben, dad fcecenoa (das Färben) geschieht nur noch 
wenig von den Leuten selbst; die immer weiterschreitende Arbeitsteilung hat 
diese Arbeit der häuslichen Verrichtung fast ganz entzogen. Am häufigsten 
kommt noch das Färben der Ostereier vor (s. meinen Aufsatz über die 
Tiere, Jahrgang 1911 dieser Zeitschrift S. 220). Recht selten geworden 
ist schon das Färben der Schafwolle, Strickwolle mit indtc = Indigo 
(s. Jahrgang 1911 S. 154). Diese Arbeit ist den Landleuten abgenommen 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 17 


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258 


Edmund Protsch. 


von dem fatcerwar = Färber, oft blgg-feerer war genannt, weil er die Stoffe 
meist blau zu färben hat. Trägt doch der Landmann, im Sommer wenig¬ 
stens, vorwiegend Kleider aus blau gefärbtem Leinen. Ist die Farbe ect. 
so geet xd beim weSa nid äus; duiid xa awar abfceeerwa, so war sie nid 
ect. Aber nicht nur Sachen, sondern auch Personen können ihre Farbe 
verlieren, durch Erregung oder durch Krankheit: xa farfeecerwa xic. Noch 
ein zweiter Handwerker hat viel mit Farben zu tun; das ist da oan- 
Sdreicar oder weisbinar (Weißbinder, Maler). Je nach der Art und Be¬ 
schaffenheit der von ihm verwendeten Farben unterscheidet man holts- 
faarab, eelfaarab und wasarfaarab , Holz-, öl- und Wasserfarbe. Der 
Topf, in welchem eine Farbe angerührt wird, is dad faarabdiba. Wird 
ein Gegenstand nicht angestrichen, bleibt er uygafcecerabt, so bahUt ar xei 
nodgprfaarab. Der Hunsrücker kennt aber aus der Natur noch eine be¬ 
sondere Art Farben, das sind di rqqnbggafaarwa = Regenbogeufarben. 

II. Die einzelnen Farben. 

Bei ihnen sind drei Untergruppen zu unterscheiden: Unbestimmte 
Farben, bestimmte Farben und Mischfarben. 

a) Unbestimmte Farben. 

1. duygal — dunkel: ad ivcerd aicdi (= jetzt) Sun xoo frii duygal. Wer 
sich jemand ins Licht stellt und ihm dadurch Schatten macht, hod 
duygal glaas aan xic. Von duygal sind als Ableitungen gebildet. 
duygaltc =■ dunklig: eie grduala (fürchte mich), ad is dräus Sun ganU 
duygälte; sowie duygalhcccct =■ Dunkelheit: bei dqq duygalheeeet kn’mar xic 
leict qr geen (irre gehn). Verdunkeln wird umschrieben mit duygil 
maxa. Das Dingwort »das Dunkel« kennt die Mundart nicht Neben 
der eigentlichen Steigerung duygal, duygalar , da duygalst findet sich 
die besondere Steigerungsform Sdica-duygal =■ stockdunkel und hiervon 
die Zusammensetzung Sdica-duygal-noaxt (Nacht). Kleine Kinder werden 
mit dem duygalman fürchten gemacht; ob dieser duygalman der letzte 
Rest einer mythologischen Vorstellung oder eine freie Erfindung der 
Volksphantasie ist, vermag ich nicht zu entscheiden. 

2. hei = hell: xoo an heia Sduft (Stoff) hqr tc mar nid kaaft. Sagt man 
von jemand, daß er nid ganls hei im kob ist, so will man ihn als 
nicht ganz zurechnungsfähig bezeichnen. Von hcl sind abgeleitet: 
helfe = heilig: haut mogrja hgd’s Sun im finaf duar (5 Uhr) aygafoy 
un is heltc wggr; ferner rqqnhel = regenhell: damit bezeichnet man 
das hinter den ersten schwarzen Haufenwolken kommende Gewölk, 
das viel heller als jene ist und den Regen, oft auch Hagel bringt 
Statt »erhellen« sagt der Hunsrücker hei maxa; anderseits kennt er 
das Wort tifhela = aufhellen: ded icqqra (Wetter) duud xic ufhela. Die 
Zusammensetzung aam hel-licdica daax entspricht dem hochdeutschen 
Ausdruck »am hellen, lichten Tage«. 


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Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück). 


259 


3. blas «=» blaß: dad Jcind xiit xoo blas Aus. Ableitung: farblasa = ver¬ 
blassen: dabSeda (Tapeten), faarwa farblasa usw. Mit bles wird ein 
Tier bezeichnet, das auf der Stirn einen hellen Fleck hat Im weiteren 
Sinn bezeichnet bles überhaupt jedes auffallende Zeichen, besonders 
auch das durch einen Schlag verursachte; daher jemand blesa — jemand 
schlagen, daß er ein Zeichen davonträgt 

4. Das Wort »bleich« kommt selbst in der Mundart nicht vor und wird 
durch das sinnverwandte *blas « ersetzt. Dafür sind einige Ableitungen 
von »bleich« gang und gäbe, in erster Linie das Verbum blqica = Wäsche 
und Leinen bleichen; weiterhin: dt blqic = die Stelle, auf der man 
bleicht, wofür oft noch deutlicher blqic-blats gesagt wird; blqic-boora, 
der Brunnen, dessen Wasser vorwiegend oder ausschließlich zum 
Bleichen dient 

5. driib = trübe. Dieses Wort kommt hier nur so weit in Betracht, als 
es auf eine Farbe Bezug hat: dad wasar ü fum rqqna aaric driib wpgr. 
Hierher gehört auch das abgeleitete Verbum driiwa = trüben, trüb 
machen sowohl im eigentlichen, als auoh im übertragenen Sinn: dqq 
xiit Aus, as kint ar keeee wesarca driiicd. 

6. faal — fahl: dt unisa un dad laab wqqra im heenbst faal. Das Wort 
dient auch als Name für ein Stück Rindvieh mit fahler Farbe. 

7. klQ<?r bedeutet in der Mundart einmal »fehlerlos«, dann aber auch 
»rein«. Nur im letzteren Sinne ist es hier anzuführen: wad hgd dad 
kind a klggr häat! — dd hiimal is xoo klppr, dd is kcrce welikca xd xiin. 
Daher die Ableitung vfklqqra : dd hiimdl klqqrt xic uf; aber auch eine 
Person kann aufgeklärt werden: ic veerd dqcn omool ufklqera, irii xic 
di xax fdrhal hod. 


b) Bestimmte Farben. 

Vorbemerkung: Wie bei vielen Eigenschaftswörtern, so findet auch 
bei den bestimmten Farben eine Steigerung durch Vorgesetzte Silben, 
also durch Bildung zusammengesetzter Wörter, statt, zum Teil mit zwei, 
zum Teil mit drei Stufen. Die Formen mit drei Stufen zeigen nun meist 
eine merkwürdige Ähnlichkeit, die noch dadurch verstärkt wird, daß 
dabei der Stabreim verwendet wird. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß 
die Entstehung dieser Formen auf einen bloßen Zufall zurückzuführen ist. 

1. schwarz: Swarts. 

Steigerung: 2.Stufe: kuald-Sicarts (kohlschwarz); | 3. Stufe: kuüls- 

raaivd-Sicarts (rabenschwarz);) raawd-Sivarts. 
bec-Sicarts (pechschwarz). 

Vergleiche: xoo Stvarls icii an raob; xoo Suarts wii linds (Tinte); xoo 
sivarts wii garqict (geräuchert); xoo Swarts icii di haarSt oder in 
dar haarSt (Schornstein); xoo Sivarts wii an haarSda-rceceral (Schorn¬ 
steinquerstab, an den das Fleisch zum Räuchern aufgehängt wird); 
xoo Sivarts wii an SoorSda-fqera (Schornsteinfeger). 

17* 


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260 


Edmund Protsch. 


Ableitungen: su^rtslic = schwärzlich; dH §w%$rts, uua-Sw^rts — Ofen¬ 
schwärze. 

Zusammensetzungen und stehende Ausdrücke: Swarts-bol = die ge¬ 
ringste (dritte) Sorte Mehl, die sich bei der Gewinnung von WeiÄ- 
mehl ergibt; bol ist entstanden aus pollis = Mehl; Swartsa b&uiux: 
Bezeichnung für Zigeuner. 

2. weiß: weis. 

Steigerung: 2. Stufe: Snee-weis ~ schneeweiß; 3. Stufe: 

bliia-weis = blütenweiß; Snitsa-Sneeweis. 

kreira-weis — kreideweiß; 

Sl^iar-weis = schleierweiß; 

Slgg-weis = schlohweiß. 

Vergleiche: xoo weis icii di wand; zoo weis wii d lein-duux (Leintuch). 

Ableitungen und Zusammensetzungen: weislic — weißlich; weisbinar 
=- Weißbinder, Maler; weis-cecerS = eine Hummelart, deren Hinter¬ 
leib hell gefärbt ist; weis-kob =• ein Mensch mit hellblonden Haaren; 
weis-mtfl — Weißmehl, Kuchenmehl; weis gas^r *=> Weißwäsche. 

3. blau: blgg. 

Steigerung: 2. Stufe: blitsa-blgg; 

fplcas-blgg — veilchenblau; 
hiimal-blgg — himmelblau; 
indic-blpg = indigoblau; 

Sdaal-blgg = stahlblau. 

Vergleich: xoo blgg wii an wq%l (= Heidelbeere). 

Ableitungen und Zusammensetzungen: bfäsltc = bläulich; dt bl& 
— Bläue, Ultramarin; bl&a = Wäsche bläuen, Part gablet; duygalr 
blgg «= dunkelblau; hel-blgg = hellblau; blgg-holts = Blauholz; blgg- 
kob = Schimpfname für Evangelische; bl{>g-wes — Buntwäsche; 
blimarand-blgg = Bezeichnung für eine üble, ungemütliche Stimmung 
und den Zustand des Unbehagens infolge eines Leidens oder Be¬ 
trunkenheit (Katzenjammer); blppa moondaax = blauer Montag. 

Das Wort fiioUd (= violett) kommt nur in der Redensart vor: ad is 
mar xoo fiiolcd iiwdr di kaduuna xeit (über die kattunene Seite), 
womit ebenfalls die Katzenjammerstimmung bezeichnet wird. 

4. braun: bräun. 

Steigerung: 2. Stufe: bräun-brintsahc (= brenzlich); 

kafi-bräun = kaffeebraun; 
knsdonje-bräun = kastanienbraun; 

Irnvar-bräun = leberbraun; 
rre-bräun = rehbraun; 
rost-bräun *= rostbraun; 
sogf-bräun = schafbraun; 
tuuaks-bräun = tabaksbraun. 

Vergleich: bräun-brintsahc uii an ogsa-foorts. 


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Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück). 


261 


Ableitungen und Zusammensetzungen: breinlic = bräunlich; duygal- 
bräun = dunkelbraun; hel-bräun — hellbraun; unbräun — eine 
Anstrichfarbe; roosd-brein — Rosenbräune, eine Schweinekranbheit; 
hals-brein = Halsbräune. - 

5. gelb: g^l. 

Steigerung: 2. Stufe: golda-g^l; 3. Stufe: golda-kwida-g^l 

griin-gtfl = grüngelb; =* golden * quitten - gelb. 

tsidroona-gqql = zitronengelb. 

Vergleiche: xoo gggl uni an gi-dggra (Eidotter); xoo g&l uni xdfrggn 
(Safran). 

Ableitungen und Zusammensetzungen: g^ltc — gelblich; duygal-g^gl 
— dunkelgelb; hel-gftl — hellgelb; gfeledarcar, gölemarcar — Gold¬ 
ammern; gtfla oogar — Ocker; g$$la fajöola — Goldlack; ggqla Sneira 
= Salamander; g$qla §n$gla — gelbe Schnecken; da gqqla neid = der 
gelbe Neid. 

Als Besonderheit ist hier noch das Wort goldtc = goldig zu erwähnen, 
das zur Bezeichnung einer goldähnlichen Farbe dient 

6. grün: grün. 

Steigerung: 2. Stufe: graasa-griin (grasgrün); 3. Stufe: 

muus-griin ■= moosgrün. graasa -gritsa -griin. 

Vergleich: xoo griin uni graas. 

Ableitungen und Zusammensetzungen: griinlic =»grünlich; duygel-griin 
= dunkelgrün; hel-griin — hellgrün; griins = (eigentlich Grünes), 
Küchenkräuter); griin-ebdl = grüne Reinette; griin fl$iS = frisches 
Fleisch; griin gamiis — frisches Gemüse; griin kraut = Muß (in 
Kirchberg); griinar buu, griinSnaawal = Schimpfwörter für vorlaute 
junge Leute. 

7. grau: grgg. 

Steigerung: 2. Stufe: gritsa-grgg; 

katsa-grgg = katzengrau (damit wird eine hinter¬ 
listige Person bezeichnet, der man nicht 
recht trauen kann). 
s Wf-g r W — schafgrau. 

Vergleich: xoo grgg wii an iixal. 

Ableitungen und Zusammensetzungen: grölte = gräulich; duygel-grgg 
= dunkelgrau; hel-grgg = hellgrau; grgg-ceterS = Hummeln mit grauem 
Hinterleib; grgg-Simal = Grauschimmel. 

8. rot: rood. 

Steigerung: 2. Stufe: ritsa-rood; 

fäuar-rood; 3. Stufe: fduar-fagal-rood 

bluud-rood = blutrot; (feuer-fackel-rot). 

brand-rood und knal-rood = brennendrot; 
fugs-rood = fuchsrot; 
kamasiin-rood =• karraoisinrot; 


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262 


Edmund Protsch. Beiträge zur Mundart von Laubach (Hunsrück). 


mt 


Steigerang: 2. Stufe: roosa, roosa-rood = rosa, rosenrot; 

Mrlax-rood = scharlachrot; 
rost-rood = rostrot. 

Vergleiche: baga xoo rood vni gamgglt; xoo rood wii an klabar-roos. 

Ableitungen und Zusammensetzungen: reeraltc = rötlich; duygel-n 
= dunkelrot; hel-rood = hellrot; roos, M. dt roosa = Rose; reeral 
= Rötel; roora mente = Mennige; reerala = Röteln; rood-laaf = Rot¬ 
lauf; di rood rggr = die rote Ruhr; rood-ebdl = Rotäpfel; rood- 
bristca = Rotkehlchen; rood-Swentsjd = Rotschwänzchen; rood-eecpr$ 
= Hummeln mit rotem Hinterleib; da rood, an roorar, da rood-hggrtc 
= rothaariger Mensch; xa hod da roora (oder dt frantsoosa ): Um¬ 
schreibung für Menstruation. 


c) Mischfarben. 

Zu dieser Gruppe sind folgende Ausdrücke zu rechnen: 

1. an farmegt faarab = eine unbestimmbare, undefinierbare Farbe. 

2. an dreg-faarab = eine Schmutzfarbe. 

3. blegalic — fleckig: an blegalicar hund, an blegalic kats. 

4. $breegalic = gesprenkelt: an Abreegalic higgal. 

5. Sqggtc = scheckig: an Sgggtc kuu; hiervon ist der Name Sggg (für Kühe) 

abgeleitet. 

6. wette = wie die Weihe gefärbt: an iveiic higgal. 


Zum Schluß möge noch ein »Farbenlied« angeführt sein: 

1. sicarts, Swarts , Swarts sind alle meine Farben, 

Swarts, sicarts, Quarts liebt jedermann; 

Drum lieb’ ich, was schwarz ist, dieweil mein Schatz ein Schornstein¬ 
feger ist 

2. Blau, blau, blau sind alle meine Farben, 

Blau, blau, blau liebt jedermann, 

Drum lieb’ ich, was blau ist, dieweil mein Schatz ein Blaufärber ist 

3. Grün, grün, grün sind alle meine Farben usw., 

dieweil mein Schatz ein Jäger ist 
So werden alle Farben angeführt, und bei jeder wird ein anderer 
Beruf besungen. 


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Friedrich Graebisch. Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


263 


Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 

Von Friedrich Graebisch. 

(Fortsetzung.) 

VI. Alt-Waltersdorf bei Habelschwerdt (Grafschaft Glatz). 

Die Mundart von Alt-Waltersdorf stimmt im Vokalismus im wesent¬ 
lichen mit der des benachbarten Kieslingswalde überein, welche Pautsch 
grammatisch dargestellt hat (1901). Besonders auffällig ist in diesem 
Mundartgebiet die Vertretung von schles. ii (aus mhd. i, ii, e, ce) und uu 
(aus mhd. u, ö) durch ee und oo, sowie von mhd. tu durch ae. Vor r 
bleibt gedehntes mhd. i/ü als ii erhalten, also miir, tiira, ebenso gilt 
ii in nii (nicht), wohl durch Einfluß östlicher Nachbarmimdarten. Man 
sagt also in dieser Mundart »s geet nii* (es geht nicht), dagegen in der 
nördlichen, westlichen und südlichen (Mittelwalde) Grafschaft »s giit nee*. 


1. Die Tuslamutter. 1 


Da setzen sich die Mädchen 
(hintereinander) in eine Reihe, und 
eine geht im Kreise herum und 
spricht dabei: 

Hink, hink, 

Tuslamutter stink! 

Bin in des Schulzen Schoten gewesen, 
Habe gerupft und habe gerauft. 

Dann fragt sie die erste: »Wo 
wohnt die alte Tuslamutter?« Und 
jene spricht: »Ein Häuschen hinter 
mir.« Da spricht das hinter ihr 
sitzende Mädchen: »Nein, ich bin 
es nicht« Und da sagt das Mäd¬ 
chen, das herumgeht, zu dem ersten 
Kinde: »Du hast mich belogen; komm 
mit! Ich führe dich dreimal um 
dies Häuschen.« Darauf hält es ihm 
ein Stöckchen vor und spricht: 
»Hüpfe dreimal darüber und lache 
nicht! Wenn du lachst, bist du ein 
Teufelchen, und wenn du nicht 


doo x^tsa x\c dd median ae a 
raeo, gn ggn» geet arggt rem, gn 
doo Sprect so dorbae: 

>hiyk, h\yk, 
tuuxlamtftor $t{yk*! 
been ae sooltsa üoota govaast, 
hgg gjropt gn hgg goraaft .« 

dan freet so dd tersto: »t oo 
voont~~ (d)i cialo tunxlami{tor?* gn 
doo sprect'' (d/ii: »a fiacxla hencter 
miir.* gn doo Sprect~'(d)ii hendor 
daar: »wff, eec been s nii.* gn doo 
sprect dgs tntfdla, diidd remgeet, 
ts\{m (erSta kendo: *duu host m\c 
bolooja; kom~'(m)eet! \c ftir d\c 
draemool em dgs haexla.* domoox 
leet s m a St^kla fiir gn Sprect: y>hop 
draemool dreetvor gn lax nii! vgn 
do laxst, heslo a taevala, gn vgn dd 


1 Das Spiel ist unter demselben Namen auch in der nordwestlichen Grafschaft 
Glatz (z. B. Sackisch) bekannt. In Brzesowie heißt es *(ls kuuxla-baabo «, was man zu 
tschech. k/lzlc, Zicklein, stellen könnte, doch ist älteren Personen noch die Form tuuxla- 
baabd geläufig, weshalb nur eine Umbildung anzunehmen ist; baabi von tschech. baba. 
Großmutter. 

* Sonst steyk mit e. 


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264 


Friedrich Graebisch. 


lachst, bist du ein Engelchen.« Das nii laxst, besta a ggala.* gn doo 
Mädchen macht es (so) bei allen maxi sd s bae gla kendan b\s tsum 
Kindern bis zum vorletzten, und fiirlgtsta, gn dH nii laxa, koma ae 

wer nicht lacht, kommt in den a h\ml gn dt andan koma ae da 

Himmel, und die andern kommen hgh. gn vgn xa bae dar tuuxlamigtar 

in die Hölle. Wenn es sodann bei darnoo g ees, gn doo freet sa: »xaed 
der Tuslamutter ist, fragt es: »Seid iirS ?« gndiixggt: » joo, eec beens.i 
ihr es?« Und diese sagt: »Ja, ich gn doo fglt'" (d)ii em gn es toot. gn 
bin es.« Und dann fällt sie um doo ht{lt sd da ggalan gn Sprect: 
und ist tot. Da holt das Mädchen » komt gx, di tuuxlamigtar es ga- 
die Engelchen und spricht: »Kommt Stärwa /« gn doo Stgla z\c gh em 
nur, die Tuslamutter ist gestorben!« xd rem gn flgna gn tuun aoslgta: 
Nun stellen sich alle um sie herum *b\m — boom, b\m — baom /« dan 
und weinen und läuten aus: »Bim freeja xa anandar, vgsa ggtsiin, ren 
— bäum, bim — bäum!« Dann xa xa van tst{ grggtva trggn. doo 

fragen sie einander, was sie anziehen Sprect'" (d)o cerSto: »da vgsarkgna « gn 

(werden), wenn sie sie zu Grabe da tsveta 1 : »a oovatoop* gn da dreta: 
tragen werden. Da spricht die erste: »a kdfeetoop « gn ggna: »s bgta « gn 
»die Wasserkanne« und die zweite: jeeda xgqt vgs andarS. gn dan tr^n 
»den Ofentopf« und die dritte: »den xa xa a Steka fat ov a kcerchoof gn 
Kaffeetopf« und eine: »das Bett«, dgka xa met rps tsuu. gn vii xa 
und jede sagt etwas anderes. Dar- fom grggua vgk(g)een , Steet'"(d)a 
auf tragen sie sie ein Stück fort iuuxlam\{tar hendan oof gn Itfft 
auf den Kirchhof und decken sie a anoox. gn dggs kent, vgsd tsu- 
mit etwas zu. Und sobald sie vom cerSt fegt *, dggx ees damoox di 
Grabe weggehn, steht die Tuslamutter tnuxlami(tar. 
hinter ihnen auf und läuft ihnen 
nach. Und das Kind, das sie zuerst 
fängt, ist darauf die Tuslamutter. 

2. Ringlein einstreichen. 2. regia aeStraeca, 3 

Da setzen sich die Kinder in doo xgtsa x\c da kendar ae a 
eine Reihe, und eins nimmt ein raea, gn ggs nemd a regia ggdar a 
Ringlein oder ein Steinchen oder Stggnla ggdar a andar degk, gn ggs 
etwas anderes, und eins muß raten muns roota geen. gn dgs cerSia kent 
gehen. Und das erste Kind nimmt nemt~(d)gs degk , rgs (s) hoot, 
das, was es hat, zwischen die Hände, tsveSar da hgnda, gn dt andan kendar 
und die anderen Kinder müssen m(sa aa gh da hgnda tsi{zgma tuun. 
auch alle die Hände zusammen- gn ets geei"(d)ii , diida dgs regia 
klappen. Jetzt geht die, welche das hoot, gn Straect gla ae da hgnda . 
Ringlein hat, (herum) und streicht 

1 Mit geschlossenem e. 

* Mit geschlossenem r, in der nordwestl. Grafschaft 

* Dasselbe Spiel beschreibt von Unwerth aus Mittelsteine (Mitt d. Schles. Ges. f. 
Volksk., Heft XVII), auch in der nordwestl. Grafschaft Glatz ist es bekannt 


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Proben schlesisoher Gebirgsmundarten. 


265 


alle in die Hände, und bei einem 
(Kinde) läßt sie es fallen. Jetzt 
mnß das andere Mädchen raten, 
welches Kind jetzt das Ringlein hat, 
and wenn sie es erraten hat, muß 
das Mädchen (raten) gehen, das zuerst 
das Ringlein hatte, und die (welche 
geraten hat) setzt sich an den Platz, 
wo die andere (die nun das Ring¬ 
lein hat) weggeht 

3. Von einem 

Es ist einmal ein Kutscher ohne 
Laterne gefahren. Da ist es dann 
schon Nacht geworden, und er hat 
noch ein Stück (Wegs bis) heim 
gehabt Da hat er ein Licht ge¬ 
sehen und gesagt: »Feuermännchen, 
komm, leuchte mir!« Da hat sich 
dieses vorn auf die Deichsel gesetzt 
und hatihm bisnachHausegeleuchtet 
Darauf hat er »Gott bezahl’s!« ge¬ 
sagt, und da ist das Licht weg 
gewesen. 

4. Bruchstück 

Im Himmel ist gut leben, 

Nichts als Pfefferkuchen, Baben 8 , 
Honigschnitten, die nur so klecken, 
Daß man (sich) möchte die Finger 
lecken. 


gn bae qm let sa 8 fgla. ets muus 
da andra roota, vqlca 1 jets dgs reyla 
hoot, gn rqn xa s darooia hoot, gn 
doo muus dii geen, dii tsiqcerSt dgs 
reyla hgt, gn dii xqlst x\c gg da 
plgts , voo di andra vqk(g)eet. 


Feuermann. 

doo eex amool a kotsar oona 
Igtqma gafiiurn. gn doo es darnoox 
Sont naxt gaväm, qn a hoot noo% 
a Steka hqqm gahggt. gn doo hood 
a a l\ct gaxaan gn hoot gaxqqt: 
»faearmanla, kom gn Iqct mar/t gn 
hood x\c s fa(r)na of da dqstl ga- 
xgtst gn hood m galgxt b\s hqqm. 
gn darnoox hood a »batsggl s gootU 
gaxqqt, gn doo es dggs l\ct vgk'~' (g)a- 
vaast. 

eines Liedes.* 

ae dam h\ml es gut laawa, 
nfä rii pfafarki{xa, baawa, 
hoonyc - Sneeta , dgsa klgka, 
dgs ma m$ct~' (d)a feyar l{ka. 


5. Ein Hochzeitgedicht. 


Ach, Herr Je(sus)! Gibt’s da viele 
Lichter! 

Die funkeln ja wie helle Sterne; 
Und solche große Fenster, 

Man steht ja da wie in einer Laterne! 
Guten Abend! Gott sei Dank, 

Nun bin ich endlich da. 

Man spürt wohl die siebzig Jahre 
Ganz deutlich in den alten Knochen. 


gx hqr jee! hoot s doo feel l[ctar! 

dii fiykan joo rii hala stqma; 
gn xela groosa fanstar, 
ma Meet joo doo, vii ae ar Igtrma! 
guuda oomt! goot xae dayk, 
nu been \c qntl(c doo. 
ma Spürt vol da x{pts(c jdfira 
gants daetl(c ae da aala knoxa. 


1 Interrogativ. 

* »Der schlesische Bauemhimmel«, vgl. u. a. H. v. Fallersleben, Scliles Yolksl. 
Nr. 269. 

* Art Napfkuchen. 


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266 


Friedrich Graebisch. 


Doch als der Urgroßmutter 
Stieftante Tochter Rechterge¬ 
schwisterkind 

Dachte ich, mußt du gehen, 

Und wenn du dich (auch) ein paar 
Wochen schleppen mußt. 

Ich habe mir es ja schon lange ge¬ 
wünscht, 

Daß du möchtest in den Ehestand 
treten, 

Habe mich, bekümmert, gewundert 
und befragt, 

Und auch um einen Mann für dich 
den himmlischen Vater gebeten. 
Und als ich auf dem Dohlenberge 
Die freudige Nachricht vernommen, 
Du kannst mir es glauben, 

Es war ein abscheulicher Kot, 

Aber zu der Hochzeit mußt du 
gehen (dachte ich), 

Das nützt alles nichts! 

Aber was nehme ich ihr nun mit? 
Die Frage war nicht leicht. — 

Da kam mir auf einmal ein kluger 
Gedanke, 

Während ich so nachdachte, 

Ich dachte, ein tüchtiger Wisch¬ 
hader auf der Ofenbank 
Ziert (doch) die ganze Stube. 

Und so bringe ich dir (nun) einen mit 
Es ist zwar nur ein Lappen, 

Aber ein ganz unentbehrliches 
Stück im menschlichen Leben. 

Und wozu er nun zu gebrauchen ist, 
Werde ich dir gleich erklären, 

Du wirst’s ja selbst schon wissen, 
Doch kannst du dir es von einer 
alten erfahrenen Muhme noch 
einmal anhören: 

Wenn die Jungen zum Reden zu 
flink 

Und zum Arbeiten zu faul 


1 Bei Rohndorf, Kreis Habelschwerdt. 
* Oder aleena. 


dgx doo gls dar uurgroosmt^tarS 
Stiiftantas toxtar rgctgaSvestar kent 

dooxt \c, mysta geen, 

gn vgn da tggparSt a p&ar voxa. 

\c hgg marS joo Son latja gavenät, 

dgs da mgcst ae da eeaStanf' (t) raata, 

hgg m\c gakemart, gavondart gn ba- 
frcect, 

gn aa em an mggn far deec tsi{m 
h\mlfggtar gabaata. 
gn vii \c of dam toolabarja 1 
da frggd\ja nooxrect famoma , 
di{ kgnst mar S glggwa, 
dgs v&är a gpSael{jar kvärk, 
gguar tsi{ dar hokst mi^sia geen , 

dggs notst gls n\$t! 
gguar vggs naam \c ar nuu meet? 
dii frooga vMr farfl(M. — 
doo kggmT (m)ar of fämool a klnu^ar 
gadayka, 

vael \c axoo tggt xemliim, 

\c dooxt, a teclfjar veihggdar of dar 
oouabayka, 

daar U{C (dja gantsa stoowa tsiirn. 
gn doo brqy \c dar gn meet. 
x eex gx axoo a Igpa, 
gguar a gants i{nampceccrl\e 
steka aemT (m)gnSl{ja laaiva. 
gn tsu vggx a nuu tsi{ gabraoxa ees, 
vaar \c dar glae darklcecern, 
duu vast s joo xahcar 2 Son vesa, 
dgx kgnsC (d)arS foo ar aala dar- 
fdüma tnuuma noo% amool gg- 
hfPcern : 

vrn da joija tsum rccda tsi{ fl{yk 
gn tsujn arpta tsu faol 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


267 


— Ich meine halt die Jungen zu 
Hause —, 

Da stopfst du ihnen das liederliche 
Maul 

Und gibst ihnen einen Schwapper 
in die Beine. . 

Die werden es sich merken, 

Denn vor der Haderbekanntschaft 
Hat ein jeder Furcht! 

Und hat sich einmal der Mann barbiert 
Und in der Rasierwut zuviel Seife 
um den Mund geschmiert 

— Das ist ja weiter kein Unglück, 
Die Seife macht ja keine Flecke —, 
Da läufst du schnell nach dem 

Wischhader 

Und wischst die Schmiere weg. 

Und läuft dir einmal der Brei davon, 
Da hilft dir der Wischhader allein 
wieder heraus. 

(Du) kannst dir auch die Spinnweben 
von der Wand herunterschlagen 
Und kannst die Stube damit kehren, 
Schlägst den Schmutz von der Decke 
in eine Ecke 

Und schüttelst den Staub unter das 
Bett, 

Da ersparst du dir den Besen und 
den Handfeger 

Und hast es überall hübsch ordentlich. 
Und ist er schmutzig und zerrissen 

— Wie es schon nicht anders wird, 
Wie wir alle wissen —, 

Da bekommt ihn für schweres Geld 
der Lumpenmann. 

Da wird er in die Papiermühle ge¬ 
bracht 

Und ein Bogen Papier daraus ge¬ 
macht 

Und bekomme ich den Bogen (ein¬ 
mal) in die Hände, 

Ihr könnt mir es glauben, den kaufe 
ich gewiß 

Und schreibe in fünfzig Jahren zur 
goldnen Hochzeit 


\c mqqn half' (d)d joya darh^gme —, 

doo Stopst a dgs leedarl\ja maol 

gn gest a n Svgpar ae da bqqna. 

dii van x a meerka, 
dqn fiir dar hggdarbalcantSgft 
hood a jeedar Svoyk! 
gn hoot x(c amool dar mggn pglwiirt 
gn ae dar raxiirvuut lsi{ feel xggfa 
em s maol gaSmiirt 

— dggx ees joo vgtar ktf t^ngleka, 
di xtffa maxt joo kqg flgka —, . 
doo Itffsta Snql noo% m veShggdar 

gn veSf' (d)a Smiira r(k! 
gn l{$fC(d)ar amool dar papa darfoo, 
doo helfC (d)ar dar veShggdar al$gna 
veedar raos. 

kgnsC(d)ar aa da Spenveeioa foo dar 
vant rondarsloon 

gn kgnsC(d)a Stoowa darmeet keerern , 
Sleest a drqk foo dar d$ka ae a $ka 

gn pleedarSt a Staap ondar s btfa, 

doo darSpuursC (d)ar o baaxm gn 
a bdrStaveeS 

gn host s eewarggl h\pS nqta. 
gn eex a baSesa gn tsi{resa 

— vii s Son~nii andarS veert, 
vii mar gla vesa —, 

doo kriiet a fiir a Svceceras gglC (d)ar 
lompamggn. 

dat veert a ae da pgpiirmeela trans- 
purtiirt 

gn a boo%a pgpiir draos faabralsiirt. 

gn hriij \e da boo^a ae da h^nda, 

iir kent mar S glqgica, daan keev (c 
gavees 

gn Sraep ae fufts{c juärn Isar goldna 
hokst 


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268 


Friedrich Graebisch. 


Meinen Glückwunsch wieder darauf. 
Und daß euch der Brief antreffe 
So frisch und vergnügt und verliebt 
wie heute, 

Das wünsche ich euch recht herzlich, 
Ihr lieben Brautleute! 


di graatlatsjqon veecter droof. 
qn dqs \c daar briif qqtreft 
axoo freS qn fdrgniict qn fdrliipt gs 
vii haetd, 

dqqs venS \c aec rgct hcertsl\c, 
iir liiwa braotlaetd! 


6. Klage eines verschmähten Mädchens. 1 * * 4 

qx goot, qx goot, eec hqq mae laaica 


Ach Gott, ach Gott, ich bin des 
Lebens müde, 

Es ist mir zuwider bis zum Hals, 
Ich habe wirklich auf der Welt kein 
Glück, 

Mich ärgert und verdrießt doch alles. 
Ach, ihr lieben Leute, 

Ich werde euch gleich meinen Kum¬ 
mer klagen, 

Ich bin heute gerade dreißig Jahr 
Und habe doch noch immer keinen 
Mann. 

Zwei Schwestern hatte ich, beide 
jünger (als ich), 

— Wie mich das noch manchmal 
verdrießt — 

Das waren noch grasgrüne Dinger, 
Da machten sie schon beide Hochzeit 
Mit achtzehn Jahren schon die 
Karoline, 

Die nahm sich einen Klempner aus 
Berlin, 

Sie hat es wunderschön getroffen, 
Es kann ihr gar nicht besser gehen. 
Die andere namens Auguste 
Zählte fast einundzwanzig (Jahre), 
Diese heiratete, weil sie mußte, 
Sonst konnte es ihr gerade so er¬ 
gehen wie mir. 

Allein bin ich in meinem Schmerze 

— Wie doch die Zeit so (schnell) 
verfliegt! —, 


defo, 

\c hqq s dekd b\s em a hqls , 

\c hqq halt of daar vglt kqq glekd, 

meej cerjort qn fordr\st halt qls. 
qx , iir liiwa laetd, 

\c vaar \c glae mqn komdr klggn 

ifi been dr grqqdd draes\c haetd 
qn hqq halt emdr noox ken mqgn s . 

tsvee Svastan hqt \c, beedd jegsr, 

— vii meec dqqs noox mqncmool 

fopt 4 — 

dqs väm noox grqqxogriind deyvr , 
qn doo maxta xd Son beech höhst, 
met axtsa jädrn Son dt kaliind, 

dii nqqm x\c n klqmpnor aos hierhin, 

dii hoot s gdtrofa vonckrSeend, 
daar kqqn s joo gäär nii bgsdr geen. 
di andrd, di aogifstd, 
dt tsaalt dr qgnqntsvants\c Siir, 
dii haerqtd, vael xd miqstd , 
xest tyn x dr grqqdd geen axoo vii 
miir. 

alqgnd been \c ae rnqm Smcertsd 

— vii axoo do tsaet fdrflaect! —, 


1 Vgl. oben S. 135 ff. 

* und * Die Zeilenausgänge kl$en und mqqn verraten (wie auch andere Stellen) 

die Herkunft des Gedichtes aus einer nördlichen Mundart. 

4 Zu erwarten wäre » fokst « (fuchst). Dieser Ausdruck soll aber in Alt*Waltersdorf 
nicht gebräuchlich sein. 


k 


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Proben schlesischer Gebirgsmnndarten. 


269 


Ich habe wohl mit meiner Schürze 
Schon manche Zähre abgetrocknet 
Ich denke wohl daran, jetzt und 
immer wieder 

— Ich zählte fast dreiundzwanzig 
(Jahr)! —, 

Da schien die Sonne mir ib hellem 
Glanze, 

Wie glücklich ich doch damals 
war! —: 

Da kam zu mir einmal ein Brauer, 
Sein Name war Emil Bensch, 

Den liebte ich doch mit wahrem Feuer, 
Denn er war ein allerliebster Mensch! 
Jedoch das Glück sollte sich wenden, 
Es sollte mir wieder Schlimmes be¬ 
gegnen. 

Da kam er (nämlich) einmal Sonntags 
Wie gewöhnlich zu mir her, 
Undweil er gern las,nahm ereinBuch 
Zur Hand und las etwas vor. 

Er liebte z. B. sehr Gedichte 
Und Rätsel löste er, 

Und für Naturgeschichte 
War er ganz besonders begeistert 
Da stand (in dem Buche): »Zu Brüssel 
Gab es einmal einen Elefanten, 

Der war geschickter mit seinem Rüssel 
Als mancher Mensch mitseinerHand.« 
Da fragte ich verlegen: 

»Was für Vögel sind denn das? 
Sind sie groß, hält man sie der 
Federn wegen 
Oder legen sie nur Eier?« 

Auf diese Frage hin 
Nahm mein Geliebter Stock und Hut 
Und sagte, es sei ihm nicht gut, 
Er habe Magenbeschwerden. 

Er' soll aber bis heute noch wieder¬ 
kommen! 

Ich weiß nicht, was ich ihm getan 
habe; 

Ob er mir es übel genommen hat, 


1 Mit geschlossenem e. 


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\c hgg rol Son met maenar Scertsa 

mgnca trqqna gggatraect. 

yc dgyk vol drgg jets gn noo% emar 

— ifi tsaaÜ ar draegntsvants\c 
Siir! —, 

doo Seen da xona miir am S\mar, 

vii gleklyc, dgs \c data vä&r! —: 

doo kggm tsy miir amool a braear, 
met nggma hiix a eem\l bgnS, 
daan liipt yT (j) oo met vä&r am faear, 
dgn dgs vä&r a glarliipstar mqnS! 
dgx dgs gleka myst x\c vqnda, 
gn myst mar veedar drflyc geen. 

doo kggm a amool (das) xont\cs 

vii gaveenl\e haar tsy miir , 

gn vael a gana Iggs, nggm a a buuz 

tsar haut gn Iggs vggs für. 

a liipt axoo gadysta, 

gn rqqtsIT (l)eest a oof 

gn of natuurgaäecta 

vä&r a gäär a gaear droof. 

doo Stggn s: »amool tsy btysl, 

doo hgt s n eelafant, 

daar vaär gasektar of xqn resl , 

vii mgncar mgnS of xaena hant .« 

doo freet \c farlqejn: 

» vggs"'(z) aen dn dggs far feejl? 
xaen za groos, heit 1 ma dii a 
faadan vggjn 
ggdar leen za q^ar bloos?« 
of dii frooga 

nggm z(c mae liipstar Stoog gn hyt 
gn xqqta, s vcecer m nii gyt, 
a hqta da mgg^aploo^a. 
a zool ggicar haeta noox veedarkoma! 

\c rqqs nii, vggz eej m hgg gatoon; 

ob a miir § hood ceivlgonoma, 


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270 


Friedrich Gräbisch. 


Daß ich ihn nach etwas fragte? 

Denn ich war doch keine schlechte 
Partie, 

Ich hatte Geld, ich hatte alles 

Vom Glasschrank bis zum Schlempe¬ 
kübel 

Und eine Wiege allenfalls. 

Wenn Eheleute in Liebe 

Des Sonntags miteinander spazieren 
gehen, 

Wenn sie einander so hübsch führen, 

Das rührt mich ordentlich in der 
Seele. 

Und gehen sie abends miteinander 
zu Bett, 

Da heißt es: »Nun komm, mein 
liebes Docht 1 !« 

Ich aber habe nichts anderes zu 
erhoffen 

Als mein altes zerdrücktes Lager! 

Ich denke, ich bekomme 

Schließlich überhaupt keinen Mann 
mehr, 

Da muß ich auf die Dauer 

Mein Leid allein tragen. 


dgs eej a tggt cm vggs freen? 
dgn pp miir tggt vgtar kotier eeicl, 

eec hgt gglt, eec hgt gls 
fom glggsSrayka b\s istfm Slgmpa - 
keewl 

gn a viija glvfgls. 

rfn eealaeta gi{t metsgma 

(das) zojitjcs geen azoo Spgtsiirn, 

vqn za azoo h\pS fiim anandar, 
dggs tut m(c antl(c ae dar zeela rin n. 

gn geen za ootns metsgma Slofa, 

doo fixest s: »doo komT (m)ae liitras 
tooxt! « 

dgx eec hgg v^tar n\St isy hofa 

gls vii of mae aalt farfänas booxt! 

\c dqnk vol gm qnda, 

dgs eej gn kriij amool kqn mggn, 

doo muttz \c of da Iqya 
mae le%d altfna tr^n. 


VII. Die Westhalfte des Kreises Glatz. 

Der Glatzer West- oder Oberkreis ist das Gebiet um Lewin, Reinerz 
und Rückers. Er grenzt im Westen und Süd westen an Böhmen, im 
Norden und Südosten bilden das Heuscheuergebirge und die ausgedehnten 
Nesselgrunder Forsten natürliche Grenzwälle gegen die Kreise Neurode 
und Habelschwerdt. Im westlichsten Teil, dem Lewiner Gebiet (auch 
der »böhmische Winkel« oder die »Glatzer Westecke«* genannt), über¬ 
schreitet die tschechische Sprachgrenze die politische Grenze mit den 
Ortschaften Straußeney mit Bukowine, Preußisch-Tscherbeney mit Jako- 
bowitz, Kudowa mit Blasewey, sowie Schlauey. Das südöstlich von Schlaney 
gelegene preußische Grenzdorf Brzcsowie zeigt einen vielfach abweichenden 
deutschen (glätz.) Dialekt, der getrennt zu behandeln ist, ebenso der süd¬ 
lich von Lewin grenzende deutsch-böhmische Markt Gießhübel an der 
hohen Mense, dessen Mundart sich ehemals auch über das preußische 


1 Vgl. oben S. 137. 

* Diese Bezeichnung stammt von dem um die Glatzer Heimatkunde hochverdienten 
Rektor Wilhelm Mader in Lewin. Einen auf dieses Gebiet bezüglichen Aufsatz hat er 
in den »Bunten Bildern aus dem Schlesierlande«' 1, 2. Autl., S. 309 —31T veröffentlicht. 


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Proben schlesischer Gobirgsmondarten. 


271 


Grenzdorf Tassau erstreckte, hier aber von der Lewiner nahezu verdrängt 
ist Trotzdem nun das verbleibende Gebiet des Glatzer Oberkreises eine 
natürliche nationale oder physikalische Abgeschlossenheit zeigt, trägt die 
Mundart rein glätzischen Charakter. Zwar besteht keine völlige Über¬ 
einstimmung mit der von Klesse (Vierteljahrsschrift f. Gesch. u. Heimats¬ 
kunde d. Grafsch. Glatz, III u. IV) und v. Unwerth (Schles. Ma.) darge¬ 
stellten glätzischen Mundart, aber die Abweichungen reichen fast sämtlich 
beträchtlich über die Grenzen dieses Teilgebietes hinaus. Nur eine be¬ 
merkenswerte Eigentümlichkeit scheint hier ihren Mittelpunkt zu haben, 
und da sie meines Wissens einzig im Glätzischen 1 dasteht, so glaube ich 
berechtigt zu sein, die Ma. des Glatzer Westkreises als besondere Teil- 
raundart der niederglätzischen Gruppe anzusehen, und schlage für sie die 
Bezeichnung westglätzisch vor. Die Besonderheit besteht in der Ver¬ 
schiebung des aus mhd. ä und e entwickelten schles. und glätz. a vor 
r +Velar, Labial oder $ bis zu p ( ä ): xgijd (Särge), prpsj (Erbse), hprivd 
(herb), ngrS (närrisch), bgrk (Berg), dgrics (derb), fgrS» (Ferse). Vor r + l, 
n, ts bleibt a, teilweise auch p: ka(r)h (Kerl), pa(r)la (Perle, Dimin.), 
ga(r)nd (gern), la(r)na (lernen), a{r)nst (ernst), Stgrnla (Sternlein), hgrtsd 
(Herz). Gemeinsam mit der Verschiebung der aus mhd. ä/e entstandenen 
a zu p ist diejenige der mhd. a und o entsprechenden glätzischen a vor r 
(vgl. v. Unwerth, § 2 und § 13, S. 15) erfolgt: grm, mgrnd u. a. Dieser 
Vorgang wäre an sich nicht bemerkenswert, da auch das Gesamtschle¬ 
sische (nur mit Ausnahme des Glätz.) hier p (und aus mhd. o meist if.) 
zeigt. Da aber die angrenzenden Gebiete (Braunau, Neurode, Glatz, 
Habelschwerdt, Adlergebirge) sämtlich a haben, ist eine Entwicklung aus 
älterem p über a zu sekundärem p anzunehmen, die gleichzeitig mit der¬ 
jenigen von mhd. ä/e eintrat. Eine Ausnahme scheint da(r)t (dort), das 
in Sackisch, Lewin üblich ist, zu bilden, doch dürfte dieses a, wie die 
östlich von Lewin (z. B. Keilendorf), in Brzesowie und im nördlichen 
Adlergebirge vorkommende Form dgrt, (Uert andeutet, erst in neuerer 
Zeit (über tieftoniges drt, ddrt?) aus p entwickelt sein, ähnlich erscheint 
fat in Sackisch (sonst meist fgrt , in Brzesowie fort). In einigen Dörfern 
nordöstlich und östlich von Lewin (Keilendorf, Hallatsch, Tschischney, 
Roms, Friedersdorf) nähert sich p vor r (auch bei Dehnung) stark dem 
a, ohne dieses völlig zu erreichen. 

Weitere Einzelheiten und Texte seien einer späteren eingehenderen 
Darstellung dieser Mundart Vorbehalten. 

1. Der Mann ohne Kopf (Großgeorgsdorf). 

Im Hinterlisken sind einmal s (f)aen amool a paar holtssactd 
einige Holzscheite über Nacht im iiuzr naxt hass gdbliin m berühr- 

1 Einige Ortschaften im westlichen Kreise Frankenstein (z. B. Gierichswalde, 
Hemmersdorf) zeigen allerdings die gleiche Entwicklung. Sollte ein Zusammenhang mit 
diesem Gebiete bestehen, so könnte ihn nur der Südwesten des Neuroder und der nord¬ 
östliche Zipfel des Glatzer Kreises bilden, was noch der Feststellung bedarf. 


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272 


Friedrich Graebisch. 


Freien liegen geblieben. Und jedes- l\ska l . gn doo väär £ emar ae dar 

mal, wenn die zwölfte Stunde da tsvglfta Stignda, gn doo \s a mggn 

war, kam ein Mann, der hatte den koma, daar hgta a Jcoop ondar m 
Kopf unterm Arme. Das hat der ärrrna gahgqt. gn doo vä&r halt (d)ar- 
Förster nicht glauben wollen. Da noogar dar jqgjar, daar hoot s nee 
ist er einmal hingekommen und hat vgla glggiva. gn doo Hx a amool 
es doch gesehen, als die Zeit da war. naoskoma, gn doo hood a s dgxga- 
Danach ist er ganz still wieder fort- xaan, vH da tsaed \s ggkoma. gn 
gegangen und fernerhin nicht mehr darnoo^ar, doo \x a gants Stela vüdar 
hingekommen. färtgaya gn \s vgtar neme naoskoma. 

2. Von einem Verstorbenen (Großgeorgsdorf.) 

Als ich noch ein Junge war, gls \c noo% a joya b\n gavaast, 

gingen wir einmal zu dreien von gn doo g\y mar amool foo jdkav\ts 

Jakobowitz nach Lewin. Und wie ov a Ueviin onzar draea. gn vH mar 
wir dort nach Großgeorgsdorf hin- data of gruus-jckrsdrof nt{fgiin, doo 
aufgehen, kommt der . . . bauer dort kernt (d)ar .. . paoar dat naos. daar 
hinaus. Er war gekleidet wie der vä&r gaklgt vH dar rect\ja, ggwar s 
richtige, aber es war der verstorbene, väär dar farStärwna. vii mar ov a 
Wie wir auf den Weg kamen, war vggk kvggma, doo vä&r \c nee v tf 9r 
ich nicht weiter von ihm, als (von dar foo, gls vii b\s tso daam fanstar, 
hier) bis zu diesem Fenster, und gn da hä&ra Stggnda miir keebärja, — 
die Haare standen mir zu Berge, — gn doo väär a of dam heerta 1 wj) 
und da war er auf dem festen ov amöol farSvonda. 

(■= Fahr-) Wege plötzlich ver¬ 
schwunden. 

3. Popinkel 8 , ein Spiel (Großgeorgsdorf). 

Da werden einem (der Mitspieler) doo vaarn fm da aa%a tsuuga- 
die Augen verbunden, und dieser bonda, gn daar ruft: »pgpiykl, kr{c 
ruft: »Popinkel, kriech zu Winkel!« tso v\ykl! « gn a andrar freect, i'ifl 
Und ein anderer fragt, wieviel Sriita, dgs a tso giin hoot. gn doo 
Schritte er gehen solle. Da sagt Sprect daar: » femva « ggdar » xiimnat 
jener: »fünf« oder »sieben« oder ggdar v\fl a ppws xggt, gn doo get 
soviel er gerade will, und weist a jeedm da Sriita uuf vii vaet, dgs 
jeden an, wieviel Schritte er machen a tso giin hoot. nooxhggr mtfs a 
soll. Danach muß er (einen zu xigxa; doo grgtSt a, gn dam (ersta . 
fangen) suchen; da tappt er umher, daan a fgyt, rarn vüdar da oa%a 
und dem ersten, den er fängt, farbonda, gn daar kernt (d)rgg. 
werden nun die Augen verbunden, 
und dieser kommt an die Reihe. 

1 Teil des Gelleoauer Forstes, Nom. -l\8ka. 

* lm Lewiner Gebiet überwiegt die Form härta. 

8 pqpiykala (n.) heißt auch die wilde Primel (Sackisch). 


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Proben sohleaiacher Gebirgsmund arten. 


273 


4. Glückheben 1 * * (Sackisch). 


Auf den Tisch werden vier 
Schalen (= Tassen) gestellt und 
umgestürzt, nachdem unter je eine 
Geld, Brot, Erde und ein Läuse- 
kamm* gelegt worden ist. Nun muß 
oiner (der Anwesenden) hinausgehen, 
und inzwischen werden die Schalen 
umgetauscht. Danach wird der (Be¬ 
treffende) hereingerufen, und nun 
muß er raten, was unter einer jeden 
Schale liegt Und das, was er auf¬ 
deckt, soll bedeuten, was ihm das 
Jahr bringen wird. Deckt er Geld 
auf, wird es ihm daran in diesem 
Jahre nicht fehlen; deckt er Brot 
auf, da wird er das ganze Jahr Brot 
haben; deckt er den Läusekamm 
auf, da werden ihn die Läuse fressen, 
und trifft er auf die Erde, so wird 
er dieses Jahr sterben. 


doo vaarn ov a tiiä für Sppla 
gaStplt, pn d\i vaarn emgaStcertst, 
pn ondar ppna vcert emar gpld pgdar 
bruud pgdar oada pn a loexakgmp 
drondar gatoon. nuu muux pps naos 
giin, pn doo vaarn dartsveSa da 
Sppla emgalaoSt. darnooxta vcert (d)ps 
raegarnfl, pn doo muux a roota, 
vps ondar jeedar äggla iis. pn vps 
a ppbm uuf dpkt, doo tippst s, dps 
vcert a dpps jäär hppn. dpkt a gpld 
uuf doo vcert s om om 8 gplda nee 
faala dpps jäär; dpkt a bruud uuf\ 
doo vcert a bruut hppn s ganlsa 
jäär; dpkt a a loexakpmb uuf, doo 
vaarn a da locxa frasa, pn ircft a 
da oada, doo vcert a Stcenva 4 * dpps 
jäär. 


5. Das Rülpenfangen 6 * (Sackisch). 


Wenn ira Advent die Nächte 
lang und sehr finster sind, wird oft 
gesagt: »Heute wäre es gut, auf 
den Rülp9nfang zu gehen«. Wer 
das noch nicht kennt, will doch 
auch sogleich auf den Rülpenfang 
gehen. Da wird nun ein großer, 
weiter Sack genommen, und der 
andere nimmt einen großen, langen 
Stecken, und (dann) gehen (sie) ein 
Stück hinaus in den Garten oder 
aufs Feld. Der eine muß sich (dort) 


vpn om fpfpnda da npcta layk 
pn xcecer fenslar xaen, doo vcert 
ofta gazppt: »hoeta vcecer § gi{l tsom 
rclpafatjagiin «. vaar dpps noox nee 
kpnt, daar v\l dpx glae aa relpa 
faya giin. doo vcert halt a gruusar 
raetar xaak (g)am{ma, pn dps andra 
nemd an gniusa laya stpka, pn giin 
a Steka naos ae a gäärta pgdar ofs 
fplt. pn dps ppna mifs (x)\c uuf- 


1 Denselben Brauch aus Brzesowio babo ich mitgeteilt in der »Dt. Volksk. a. d. 
östl. Böhmen«, XI, S. 44. Vgl. auch Paul Keller, Der Sohn der Ilagar, S. 100 f. 

* Gemeint ist ein engsprossiger Kamm (Staubkamm). 

* Mit geschlossenem o. 

4 Seltener Stänca. 

6 relpa (f.) bedeutet eigentlich einen Waldgeist (Buschweib), z. B. am Heideiberge 

bei Habclschwcrdt, gewöhnlich aber werden ungezogene Kinder giätz. »relpa* genannt. 

Derselbe Scherz heißt bei Strehlen trqpafaya (Tiappenfangeu), bei Weidenau, Ost.-Schl., 
wohl entstollt tqpafaya. 

Zeitschrift für Deutsche) Mundarten VII. 18 


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274 


Friedrich Graebisch. 


mit dem Sacke aufstellen und (ihn) 
recht weit aufhalten, und der andere 
mit dem Stecken geht in einiger 
Entfernung umher und spricht: »Ich 
werde die Rülpen jetzt herbei treiben« 
und begibt sich in einem großen 
Bogen, wobei er »sch, sch« macht, 
langsam nach Hause. 

6. Von Feuermännern [a) 

a) Wir waren (gerade) beim 
Schuhmacher Knauer zu Besuch, 
als ein Mann hereinkam und sagte, 
vom ersten Schlaneyer Hause nach 
dem Viehweg hinaus, wo man nach 
Tscherbeney geht, dort treibe der 
Lichtmann wieder sein Wesen. Wir 
eilen aus der Stube heraus, um uns 
zu dem Lichtmann zu begeben. Da 
sind wir an tausend Meter auf ihn 
zu gelaufen, und dann blieben schon 
einige (von uns) zurück. Aber drei 
(Mann) rannten auf den Lichtmann 
zu. Als wir (an ihn) herankamen, 
war er weg und stockfinstere Nacht 
vor unseren Augen. Wir wußten 
nicht, wo wir waren, und mußten, 
um heimzukommen, gerade über die 
Felder gehen. 

b) Einst wollte mein Vater nach 
Tscherbeney in die Roratemesse 
gehen, und dabei verläuft er sich 
auf den Luxschen Wiesen. Dort 
sah er von weitem einen Feuermann 
und glaubte, es sei ein Licht, denn 
es war sehr finster. Und da ging 
er darauf zu, konnte es aber niemals 
erreichen. Wenn er wieder dachte: 
»jetzt habe ich ihn (= den Feuer¬ 
mann)«, war er wieder weg. Da ist 
er so eine Stunde (lang) auf den 
Feldern umhergeirrt, bis es Tag war. 
Und da fand er sich zurecht und 
war nicht weit vom Hause weg. 


stqla met dam xaka gn rqct vaet 
uufhaala, gn dgs andrd met (d)am 
laya stqJca giid a .steh darfoo rem 
gn sprect: »\c vaar ia cts atsitu 
iraewa, da relpa « gn maxi bald an 
gruasa booga gn ti{t s" xrm gn 
gilt xaxla viidar hqqm. 

bis c) Sackisch, d) Tassau]. 

a) mar vurn bqm knooar-su- 
stor of baxuux. gn doo kggm 
qqnar rae, gn a xqqta, fom Slüanae 
fom frr&ta haoxa ofs ftiw\c nnos, 
ruu z ov a Ucernac tsuu gilt, doo 
gilt (d)or l\ctmggn viidar. miir maxn 
aos dar Sluuwd raos gn vi{lda bald 
of da l{ctmggn giin. doo zae(n) mar 
galofa a taoxnt meetar ov a tsuu, 
gn dan blihva son a paard tsoreko. 
ggtrar draca maxia of da Ifctmggn 
tsuu. vii mar dartsuu kgoma, ranr 
dar Ifctmggn vqlc gn stookfemtar far 
a aa%a. mar vosta nee, ruu nur 
vurn; miir migsta, cm dgs nur 
viidar isorcka kggma, glaeca iitear 
di fqldar giin. 

b) doo viflda amool mae fggtar or 
a iSternac aes rgrdat giin gn fori {{ft 
x\c doo of lt{ksa (Gen.) viixa. dnt 
xggg a foo dar vacta n focannggn , 
gn a dooxia, s vcecer a l\ct, vacl 
s (t)cecer fenstar vuur. gn doo g\y 
a druuf tsuu, h\nt s ggwar niimools 
aelmla. von a viidar dooxta: *cls 
hgg \j n<f, vuur a viidar vqk. nn 
doo Hz a axuu n stund j rcwgjrrrt 
of da frjdan, b(s(s) tuak vuur. gn 
doo bakant a x\c, gn doo vuur o 
vor varf fom hnoxa rrk. 


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Proben schlesischer Gebirgsmnndarten. 


275 


c) Dort drüben auf derVeitschen 
Wirtschaft stand einst eine alte 
Weide. Bei dieser ließ sich in der 
Adventszeit immer ein Lichtmann 
sehen, der immer rief: »Übel, Übel, 
Übel«. Da glaubte man, wenn je¬ 
mand »Amen« sage, könne der 
Lichtmann erlöst werden. Da nahm 
sich (nun) eine alte Frau, die »alte 
Hauschken« genannt, vor, diese arme 
Seele zu erlösen. Zuvor ging sie 
zur Beichte und Kommunion, als¬ 
dann schritt sie einmal des Abends, 
als der Feuermann wieder (an seinem 
Platze) stand, auf ihn zu und wollte 
»Amen, Amen« sagen. Sie hat es 
aber nicht zustande gebracht und 
(ist) vor Angst wieder umgekehrt 
Und seit dieser Zeit ist der Feuer¬ 
mann verschwunden. 

d) Es ging einmal ein Mann 
über die Felder, als es schon sehr 
finster war. Da sah er einen Licht¬ 
mann und sprach (zu ihm): »Licht- 
niann, leuchte mir!« Da ist der 
Lichtmann mit ihm gegangen bis 
nach Hause. Daheim angelangt lehnte 
er sich an der Tür hinauf und ging 
nicht mehr fort und brannte (dabei) 
wie eine Schütte Stroh. Da nahm 
der Mann den Besen und schlug 
ihn ein paarmal damit Und nun 
sprach der Lichtmann: »Gott be¬ 
zahlt! Jetzt habt ihr mich erlöst 
Wie ich noch auf dieser Welt war, 
habe ich einmal einem Bettler ein 
paar Schlüge mit dem Besen ge¬ 
geben, und (dafür) mußte ich nun 
als Lichtmann umgehen.' 


1 soft mit geschlossenem o. 


c) doo diixca of faeta rrerUoft 1 
hoot s n nah raeda Sliin gahppt, pn 
bae daar l\s (x)\c ae dhr ppfqntsaet 
ZfS (x)\c emar a l\ctmppn xaan, 
daardh emar Sriir: » iiwl - iiwl - iiwl! « 
doo mqqnta dt loeta, vqn qqnar Spreeca 
*aavnan* f kqnd a dhrliist xaen. pn 
doo hoot x\c a aalt vaep, da aala 
haoSky, dii hoot x\c fiirganipma , 
dpsa vqlda dii ärma xeeh darlüxa. 
pn doo \sa tsofdur tst{r baect9 pn tsip- 
komjöon gaya, darnooxta {Sa amool 
ooms, vii dar foearmppn viidar 
Stppnda ov a tsuu gagaya pn viflda 
xqq n: *aaman, aaman «. xa hoots 
ppwar nee axuu vaet gabrooxt , pn 
far aysl viidar emgadreet. pn foo 
daar tsaed {s daar foearmppn vqk. 


d) x \x amool a mppn iiwar da 
fqldar gaya, pn s väür Xon xren-r 
fcnstar. pn doo xpp% a an l(elmppn, 
pn doo mqqnt a: »l\ctmppn Iqct mar!* 
pn doo \s dar l(ctmppn m{lgaya b(s 
hqqm. pn darhqqma laant a x\e pp 
dar tiira ni{f pn g\ya ncme fat, pn 
a branta vii n Siita strun. pn doo 
npprn daar mppn a baaxm pn haot 
(präter.) m a padra rondar. pn doo 
mqpnia dar l\ctmppn: » batsppl s goot! 
cts hpt ar m\r. darlccst. vii \c t{f 
dar vqlt vu&r, hpp \c amool am batl- 
mpna a pdnra m\d m baaxm iiwar- 
gahaot pn musta rts far l\ctmppn 
retngiin .« 


(Fortsetzung folgt.) 



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276 


R. Block. 


Volksreime aus dem Harzgau. 

Von R. Block. 

1. Neckreime. 


1 . 

(n swanabek däu roond ek, 

groina läudti hewa ek, 

p p da eka t oona ek, 

oola yasgf haita ek, 

maumxaft fgrkggpa ek, 

i(n vqgr rat v\l dee kooma ng tnck. 

[Schwanebeck.] 

2 . 

{n swanabek ddd vooana ek 
maumxaft fgrkggapa ek. 1 

[Eilsdorf.J 

3. 

in fclln * xünt da tsuctZen viipa, 
faftain 3 peuic kg st da kiipa. i 

[Veltheim.] 

4. 

vii hggart nü& feltn, 

ceanit figlt, hoi, strooa un vi(la 

i(n driykat unlar f/(ln py,la. 

[Veltheim.] 

5. 

In Dardesheim übertrug man das 
Tuten des Kuhhirten: 
in gstanviik deen ft (ln zaltfp, 
da gantsa vgx karti(fallsi(p 
i(ii dat xgitdud^s mau-rau, mau-rau. 

6 . 

In Dingelstedt singt man: 


ki(kat uutar luuka 
määkt na d\ka snuuta. 

Die Eilsdorfer singen dasselbe 
von den Dingelstedtern, die Schlan- 
stedter von den Eilenstedtern und 
diese von den Schlanstedtern. 

7. 

da ströoapSa man 8 
hat hooaxan an 
Un hatar Icaina kngpa dran, 
dat is da strböapXa man. 

[Eilsdorf.] 

8 . 

da Swetsanman 
hat hooxan an, 

hat h(n t(n fgrn twai kngpa dran , 
dää 3 u&t xa m\t na hen, 
d&ä gadt xa m\t na hen. 

[Hornhausen.] 

9. 

Zt(ndax, ZH”dax, hqr flecdarv\s, 
hüiila galt da v\nt xau koolt i(n ftp; 
rgrak v\c in diina sluuwa kooip, 
rüra mek da itqexa fgn kgpa fgrfroorn. 

[Silstedt.] 

10 . 

keearl 

m\t n lenavansan kweearV 
hqra n Iqdarn nie vecamqjan , 
hqra kaiij lenavansan krqjan. 

[Eilsdoif.j 


uilsdgrpsa irumaltasan , 6 
Z<iut gp iiuxan fela nasan, 

1 Iu Gr.-Alslebon mit dem Zusatz: \n da cko roond ck 

bla na fenstar heica ek. 

7 Veltheim. 3 fünfzehn. 4 Korb. 

r ' 'gl Unseborschc Rumpeltaschen, Gcschichtsblätter f. Magdeburg 9. 
b Mann aus Stiöbcck. ' ],cin\\andgürtel. 


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Volksreime aus dem Harzgan. 


277 


11 . 

haindr\c paindr(c duubrpnest 
\s \n uuxsn gääm vest, 
hat uns epsl ipi beesrn dstoodln, 
vcnsvsns 1 kriit, v\lavsns 2 n äärs fgr- 
x ooo ln. [Eilsdorf] 


12 . 

haindr\c fgn Sain\c 8 
hat sni^rtcsn* gn Imin, 
hai kan xo n\c Hin , 5 
hai mgt xo ääfsniin. 


[ Bilsdorf.] 


13 . 

ans* klapdno 

xct tgpksn gpt fiiür, 

koosks boosn, koosko booori, 

st broost \s xau diiür. [Bilsdorf.] 

14. 

ans 6 klapdno 

slgpt jeesrn bii n mans, 

slgpt jeesrn bii n xgldäätn 

kant fartssn nie lä&tn. [Eilsdorf.] 

15., 

katriins, katrääns, 
vat mädkst diin häans ? 
hai x\t gpm mess 7 
i{n rgpt klgks xess. [Derenburg.] 8 

16. 

riiksllcsn, friidsriikslksn, 
vat hast \n diiri biiükslksn? 
xuurn kool i\n SivetSanklump , 
dääfgn \s ds buuk xau npit. 

[Derenburg.] 

17. 

fetsr bl\k, feisr bl\k, fetsr blak! 
hai stook xiins farksn iy xak. 


i{n vii gwsrn hüiibarc 9 käätn, 
dää väärn xs als kapi\ts Icapats gdän. 

[Schwanebeck.] 

18. 

ax veens man nie, 
ax veens man n\c, 

\n da röösia 10 stait klif,mp, 
duu xiiüst ns man n\c. 

[Eilsdorf.] 

19 . 

ax veens man n\c,ax veens man n\c, 
\n de röösrs stait ktymp, 
dal vetsts man n\e , 

\n Smoorpgt is muxiiks, 
dää danxt ds lääms haindsr\c 
mH xiinsr fintln riike. 

[Derenburg.] 11 

20 . 

biste böösxs, 
krimp in keesxs; 
bists vggr juut, 

kruup vggr ruut. [Eilsdorf.] 12 

21 . 

bgdakar, bgdsksr, bi{>n bi{m bum, 
slait xiins fruu ds ittfxs hri{in, 
sm^rt xs mit pgm&äds 
rart xs vedsr jrääds, 
dickst xs int räätsr, 
bremst xs vii xaun käätsr. 

[Veckenstedt] 

22 . 

bijdaksr, biidskor, bt^m bi{m bipn, 
slait xiins fruu in huuxs n{m, 
jift xs n sti{ks kecsxsbroost, 
slait xs m\t da küüls doost. 

[Eilsdorf.] 13 


1 wenn wir ihn. * wollen wir ihn. 1 SchöningeD. 4 buntes Band. 8 leiden. 
8 Anna. ’ Mist. 

8 Vgl. auch Böhme, Kinderlied und Kinderspiel, S. 279; desgl. Nd. Jb. 34, S. 1Ö0. 
8 Huyberg. 18 Ofenröhre. 11 Ähnlich in Ascherslcben (Drosihn S. 131). 
'* Ähnlich in Sorge i. Harz (Drosihn S. 133); vgl. auch Simrock. 

18 Vgl. Böhme, Deutsches Kinderlied und Kinderspiel 1897, S. 280. 


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278 


R. Block. 


23. 

bgddkor, fjp/Iokdr, bum bum bum, 
slait xiino fruu in huuxo rum, 
smit xd pp dat vnntor, 
bripmdt xd rii xaun käätor, 
jift xe n sli{kd iilo broot, 
slait xd m{t dd küüld doot. 

[Derenburg.] 1 * 

24. 

seeornslUpdr naxlofii, 
foird kam kraux fgrbii, 
kipmdtd * hen np ts\l\c 3 * 
xi\ntd A mcejdns b\l\c. 

[Eilsdorf.] 

25. 

scernsliipor gporman 
ki{mt m\t xiind kard an, 
ki{mt hai hen na laijonstain, 
xüntd A kliprp jroot i{n klain, 
ki{int hai hen na dcembprc, 
kan hai n\c fpr drekd dprc, 
ki{mt hai hen na ts(/{c , 8 
sliipt hai dd seern b{l\c, 
ki{mt hai hen na hoiwor 5 
hänlt nd* zliiks dd doiwdl. 

[Derenburg.] 

26. 

3 i(ii(fax, zundax, fctdr pporman, 
spano diiiid tsilco an, 


foird hen na lsil(r. 
m\do hen na amstordam, 
fpn amstordam na knul(kam, 
fgn kuul(kam na huus, 
da spanstd diino ts\ko vcdor mit. 

[Sargsted t.] 

27. 

mi[\or, mi{lor, muälor, 
de srpol hpst n daälor. 

[Homhausen.] 



ini{ldor, muälor , 
matnstaulor, 1 
kliinbiitor, 
hoooxonSiitor. 


[Eilsdorf.] 8 



suuslor, suustor, 9 hop hpp hop, 
xeld mek on /l{kon pp, 
ii(c do groodt t{ii n\c dd klain, 
den varst dun ds besto xain. 9 

[Eilsdorf.] 

* 30. 

sniulor, sniidor, hpp hpp hpp, 

xeld mek on fl{kdn pp, 

h(n ai/ m i, fprrid ain, 

ppip pukdl ook (oodk?) npx ain. 

[Hornhausen.] 


II. Tierstimnien. 


1 . 

Der Hahn ruft: 
kükdri{küü 
dd bgtdr (s düiir, 
do kccoxd xünt vplfai/o, 
miino ini(tor hat dgx kaino. 

[Eilsdorf.] 


9 

Als Besucher auf den Hof kommen, 
ruft der Hahn: 

lautdr groooto lüü! 

Darauf antwortet der Enterich: 
pak, pak. 

[Eilsdorf.] 


1 Aus Hornhauson sind mir nur die Anfangszeilen berichtet. 

* kommt or. 1 Zilly. Zu den Ortsnamen vgl. Zoitschr. f. d. Ma. 1911. 

4 sind die. " Heudobcr. ü holt ihn. 7 Metzonstehler. 

H Vgl. Uöhmo a. a. 0. S. 281. y hd. Formen. 


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Volksreime aus dem Harzgau. 


279 


:i. 

Erster Hahn: vai xünt 3 roota lüü! 
Zweiter Hahn: vai 00 k! 

Dritter Hahn: vai höört ääwdr 00 k 

(hrtau ! 

Enterich: pak, pah, pak! 

[Schwanebeck.] 1 

4. 

Das Huhn, das ein Ei gelegt hat, ruft: 
mek smart , mek smart miin darslok! 
Darauf tröstet der Hahn: 
datjift zek, dal j\ft xek! [Eilsdorf.] 

5. 

Die Blaumeise ruft: 

,s iykdnspek, syjkanspek, 
und wird danach auch so genannt. 

[Eilsdorf.J 

6 . 

Goldammer im Winter: 
buur, buur, buur! 
laut mek \n dum süüna! 
im Sommer: 

buur, buur , buur! 

l{k mek \n stüüt! [Eilsdorf.J 

7. 

Die Lerche trillert den Mägden, wenn 
sie aufs Feld kommen, zu: 

vekd söön m^rkan! 

Dio Schwalbe antwortet: 
ven duu za zaist, ven ek za zai, 
von xa mplää^s \n da kööka staut, 
zaii xa uut vii da düüwal \n da h(ila. 

[Ilsenburg.] 


S. 

Lerche: 

veka söön meekan! 

Schwalbe: 

dduar ven ik xa zai, 
mgrjans \n dreh rum klain , 
könak mik soon brcekan. 

[Uhrsleben.] 

9. 

Täuberich: 

kain ^latar frlk, kain jlatar fplk , 
als fruuansfylk, als fruuansf{)lk. 

Taube: 

duu xgst xa zain ven ik za zai, 
ik xa zai, 

dat mgijans ven da sucen 2 ruut- 

dr ift, 

den xnit xa uut vii da uuln, vii 
da uuln. [Hödingen.] 

10 . 

Täuberich: n{kad(/cuu, tüiir \s ngx 

tsuu! [Eilsdorf.J 

11 . 

Der Halm ruft am Weihnachts- 
morgen: 

knstus is jabooarn ! 

Darauf antwortet im Nachbarhofe 
die Kuh: 

vuu dena? 

Darauf im andern Hofe die Ziege: 
\n bctlahem , (n bülahem! 

[Eilsdorf.] 


1 Vgl. Rocbholz, Aloman. Kinderlied, S. 80; dosgl. Firmenich 3, 476. 

2 Schweinehirt; mud. streu, ahd. stccin, ags. strän. 


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280 


Bücherbes prechungen. 


Bücherbesprechnngen. 

Fritz Holzträger, Syntaktische Funktion der Wertformen im Ntfsnisehen. Tübinger 
Dissertation. Kommissionsverlag von W. Kloeres, Tübingen 1012. 208 S. 

Während die ober- und niederdeutschen Mundarten syntaktisch noch sehr wenig 
erforscht worden sind, hat das Mitteldeutsche auf diesem Gebiete eine größere Zahl vor¬ 
trefflicher Arbeiten zu verzeichnen. Zu der Syntax des Egerländischen von J. Schicpek, 
des Erzgebirgischen von 0. Böttger, des Altenburgischen von mir, des Sonnebergischen 
von K. Ehrlicher und des Mainzischen von H. Reis gesellt sich nun die vortreffliche 
Abhandlung von Fr. Holztrfiger, die außer dom Gebrauche der Redoteile noch die Wort¬ 
stellung und die Eröffnungsformen des Gesprächs behandelt. Nach jahrelanger Samm¬ 
lung des einschlägigen Stoffes auf Wanderungen in der Umgegend von Bistritz io 
Siebenbürgen (dem Nösnerlande) und ira verwandten moself'änkischen Gebiete hat er die 
Arbeit in Angriff genommen, dabei aber die in Betracht kommende Literatur, dio mund¬ 
artliche wie die urkundliche, gewissonhaft herangezogen und überdies die Nachbarsprachcn, 
von denen das Siebenbürgiscbe oder Luxemburgische beeinflußt worden ist (besonders 
die rumänische, magyarische uod französische) möglichst berücksichtigt Da er dio 
einzelnen Spracherecheinungen in ihrer geschichtlichen Entwicklung verfolgt und kritisch 
zu Werke geht, daher alle unsicheren Vermutungen anderer vorurteilsfrei prüft, so bietet 
er uns einen sehr brauchbaren Beitrag zu einer vergleichenden Satzfügung der deutschen 
Mundarten, deren Bearbeitung der Zukunft Vorbehalten bleibt 

Dem Forscher bringt das Buch manches Neue, da das Nösnische zahlreiche Eigen¬ 
tümlichkeiten aufweist. So finden wir, um nur einiges heranszugreifen, Eigenartiges in 
der Wortstellung, z. B. in der Stellung des Infinitivs (der Trost wird sein zum annehmen, 
aber unser Freund wird nicht mehr sein zum finden, S. 28), des Objekts (hast du ihm 
gegebon sein Geld? S. 30f.), der Negation (mach hurtig, nicht daß wir zu spät kommen 
= daß wir nicht zu spät kommen, 8.36), wo zum Teil rumänischer Einfluß im Spiele 
ist, zum Teil Altertümliches sich erhalten hat 1 , ferner in dem Gebrauche des Teilungs- 
genetivs bei esson, trinken u. a. (S. 73), den 0. Kisch in seinem vergleichenden Wörter- 
buche der Nösner und der moselfränkischen Mundart S. 29 auch für die letztgenannte 
bezeugt: eich ässn dier appel, he drenkt dies wei, ich esse von diesen Äpfoln, er trinkt 
von diesem Wein, in der luxemburgischen Bildung des Passivs aus gin (geben) statt 
werden S. 138 und der aktiven Präsensumschrcibung ich gi mich fröen , ich frage mich, 
ich gi mer denken , ich denke mir, S. 147; ebenso beachtenswert ist die Verwendung 
des Hilfszeitwortes sollen in Fügungen wie (S. 155): sie mußten ihm die Äxto hinlegen, 
damit er sich die beste auswäblen könne: date sich de hast sei kän au Hierin (solle 
können auswählen) oder die Verbindung von satt mit dem Dativ: ich bän em (ihm) 
sat = ich habe es satt (S. 65). 

Unter der Einwirkung des Auslandes sind Fügungen entstanden, wie luxeinburgis-h 
ich hun kalt, warm == franz. j’ai froid, chaud (S. 68) oder nösnisch ich ha mich begent 
mäd em (nach rumänischem Muster, 8. 60), ebenso, was Holzträger nicht anmeikt, 
luxemburg. et äs fir (für) xe lachen (= franz. pour rire) oder e kam ale heilen(d), ale 
lachen(d) (= franz. il vint tout en pleurant). Nach französischem Vorbilde steigert man 
auch die Eigenschaftswörter, z. B. nösnisch mi beldift, mehr beliebt, beliebter, luxomburg. 
e mei scheint haus , ein mehr schönes = schöneres Haus = une plus bolle maison (8. 102.) 

Wie über die Steigerung, so eihält man gelegentlich auch über andore Erschei¬ 
nungen der Formenlehre Aufschluß: so wird der merkwürdige Imperativ seif = sei, den 
Kisch für eine Verschmelzung von sei und wis hielt, wohl richtiger aufgefaßt als Analogie¬ 
bildung zum Konjunktiv-Optativ hief , habe (S. 164), ferner S. 76 ein Imperativ auf k 
erwähnt (gik, gehe), S. 83 Komposita mit »s* in der Wortfuge wie Hundspoitsche an¬ 
geführt, S. 176 Doppelformcn, wie hausbaken und hausgebäken brüt , hausba» kencs Brot, 
S. 196 das Partizip gefrändert = geverändert, d. h. vorheiratet, ein Seitenstück zu gefressen 
= geveressen, S. 148 in der alter Zoit, also mit starker Biegung hinter dem bestimmten 

1 Vgl. Grimm, Deutsche Gramm. III, 740 (Prohibitivnegation) und englisch no 
more money mit nösnisch ich han kä meh broet, ich habe kein Brot mehr. 


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Bücherbefprechungen. 


281 


Artikel, was S. f>9 mit hätte berücksichtigt worden lönneD. Beachtung verdienen aucli 
Wörter wie entworden = entkommen (S. 66), Hundsmücken (8. 43) = Mucken, Laten = 
Schlamm (mhd. leite, Lehm), haperleken, Kleinigkeiten (ebenda). 

An manchen Stellen hätte der Verfasser, wenn er meino Schrift »Unsere Mund¬ 
arten, ihr Werden und ihr Wesen« (Leipzig 1910) gekannt und benutzt hätte, oder die 
Werke von Schiepek u. a. eingehender berücksichtigt oder die Zeitschrift für deutsche 
Mundarten ausgiebiger verwertet hätte, mit Leichtigkeit mancho Parallelen zu dem von 
ihm besprochenen nösnischen Sprachgebrauche finden können. Die S. 33 erwähnte Wort¬ 
stellung in dem Satze: ich werde an zu singen fangen ist auch im Alten burgischen üblich, 
sogar im Nebensatze: ich denke, daß es bald an zu regnen fängt. Ferner konnte H. 
aus meiner Syntax der Altenburgischen Mundart S. 154 und aus meiner einschlägigen 
Abhandlung in der Zeitschr. f. deutsche Mundarten 1906, S. 193ff. ersehen, daß man 
hierzulande (aber auch anderswo) zu sagen pflegt: er hat sollt in die Stadt gehn = nösnisch: 
er huat sin [solln] än de achtat go (beides mit gleicher Stellung des Hilfsverbs, nur mit 
dem Unterschiede, daß im Nösnischen das Partizip sollt = gesollt an den Infinitiv gehen 
angeglichen worden ist). 8. 49 ff. war bei der Behandlung der erstarrten prädikativen 
Adjektivs mit Nominativflexion, wie er kit gesunder, heilener , er kommt gesund, heulend 
nicht auf Behaghels Deutsche Sprache hinzu weisen, wo bloß zwei bayerisch-österreichische 
Beispiele stehen, sondern auf meine Schrift »Unsere Mundarten, ihr Werden und ihr 
Wesen« S. 88f., wo die ganze mundartliche Literatur zusammengestellt ist und eine 
größere Anzahl von Belegen geboten wird. In der ebengenannten Schrift 8. 80 f., sowie 
in moiner Abhandlung in Lyons Zeitschr. f. d. doutschen Unterr., XII, 790ff. finden sich 
eingohende Erörterungen überden Oenotivus possossivus mit begleitendem besitzanzeigendem 
Fürwort, was S. 78 erwähnt werden konnte, zumal wegen meines ausführlichen Literatur¬ 
verzeichnisses. Zu 8. 88f. ist zu bemerken: Die Fügungen wegen oder trotx meiner, 
deiner, seiner sind nicht bloß im Nösnischen und Luxemburgischen bezougt, sondern 
auch im ganzen bayerisch - österreichischen Sprachgebiet, wo diese erstarrten Genetive mit 
allen möglichen Präpositionen verbunden werden können (vgl. Schmeller, Die Mundarten 
Bayerns, § 877, Schwfibl, Die altbayerische Mundart, § 111, Nagl, Roaoad S. 84 zu 
Vers 93, Lessiak, Die Pemegger Mundart, § 193); im Ostfränkischen wird dafür die 
kürzere Genetivform mein, dein, sein gebraucht, z. B. wegen mein, vor mein. S. 167: 
Bei der Form dir = ihr war meine Abhandlung über die sogenannte Flexion der Kon¬ 
junktionen in der Zeitschrift für deutsche Mundarten 1907, S. 199ff. zu erwähnen; S. 123: 
Für ein bei Zeitbestimmungen zur ungefähren Angabe ( äm än fdr, um ein vior, etwa 
um vier) war auf meine Abhandlung in derselben Zeitschrift 1910, S. 262 A. zu ver¬ 
weisen. 8. 138: Die Luxemburgische Passivumschreibung mit geben (e get geluefi, er 
wird gelobt) würde leichter verstanden werden, wonn dabei verwandter Erscheinungen 
gedacht würde, wie hessisch wöttu en billhaucr gäwen, willst du ein Steinmetz worden? 
oder triorisch morje göste brattd, morgen wirst du Braut (vgl. Orimms Gramm. IV. 230, 
D. W. IV, 1, 1702 und nhd. jemand, z. B. einen Soldaten, abgeben, es gibt = rheinisch 
es gebon viele Bäume). 8. 161: Zu luxemburgisch los mer go, laß wir gehn = laßt uns 
gehn ist zu vergleichen ostpreußisch laß or kommen (nach Analogie von mag or kommen; 
vgl. Zeitschr. f. d. deutschen Unterr. 1907, S. 337, und Frischbier, Ostpreußisches Wörter¬ 
buch unter lassen); dieselbe Fügung findet sich in Grevenbroich (Grevenbroicher Programm 
1(KA), S. 13) und in Riga, hier schon für 1649 bezeugt (vgl. Guido Eckardt, Wie man 
in Riga spricht, Riga 1911, S. 17). S. 171: Die Verwendung des bestimmten Artikels 
beim Infinitiv mit zu (zum statt zu), z. B. in Sätzen wie: Die Leute waren angst, in 
den Wald zum gehon (de leit wom angest än dn wält xem gö) ist in ausgedehntem 
Maße auch im Egerländischen üblich (vgl. Schiepek, Satzbau der Egerländer Mundart, 
S. 199, z. B. fimf gülden sann xen xöln, fünf Gulden sind zu zahlen, du haust x schweigen 
oder xen schiceigen, du hast zu schweigen). Hin und wieder ist auch der Ausdruck zu 
beanstanden; so findet sich wiederholt »scheinbar« im Sinne von »anscheinend« oder 
»allem Anschein nach« oder »wie es scheint«, z. B. Seite 113 und 180 (»charakteristisch 
für das Nösnische und scheinbar auch für das Nordwestlothringische ist die Behandlung 
der Verbindung kein mehr«; das heißt: es scheint so, ist aber nicht so). S. 172 lesen 
wir: »Der Infinitiv ohne zu (mit fehlendem zu) steht nach don Verben wollen, sollen, 


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282 


Bücherb©8prechangen. 


können, dürfen * usw. Hier fehlt aber kein »za«, weil von der ältesten Zeit an keios 
da gestanden hat. S. 189 heißt es: Sonst hab ich’s unterlassen, mich eingehend über die 
Verhältnisse beim Verbum zu informieren, da ich oft zwar die gewünschte Antwort bekam, 
die sich dann aber als falsch horausstellte (= diese sich aber . . . herausstellte). 

Doch will ich mit diesen Ausstellungen den Wert der hübschen Arbeit nicht 
beeinträchtigen, empfehle sie vielmehr jedem angelegentlich, der sich mit dem Studium 
des Satzbaues unserer Mundarten beschäftigt. 

Eisonberg, 8.-A. O. Weise. 

Karl Müller - Fraureuth , Wörterbnch der obersftehsischen and erzgebfrgiscben 
Mundarten. Lieferung V, Bd. I, S. 529 — 575: Horizont bis Juwelier, Bd. II, S. 1—Dt): 

K bis Krankheit. Dresden 1912, W. Bänsch. 

Das fünfte Heft des oboisächsisohen Wörterbuchs bringt wieder eine große Menge 
sprachlich und kulturgeschichtlich wichtigen Stoffes und bietet außer dem Wortschatz 
noch syntaktische Erörterungen, z. B. über den Gebrauch von Fürwörtern wie ihr und 
Fürwortformen wie ihrer, Zusammenstellungen aus dem Bereiohe der Wortbildung, z. B. 
über Eigenschaftswörter auf -ig (S. 555) und weibliche Hauptwörter auf -in (S. 558), 
vor allem aber läßt es uns vielfach interessante Einblicke in kulturgeschichtliche Ver¬ 
hältnisse früherer Zeit tun, z. B. bei Wörtern und Wendungen wie: bei der Kartause 
kriegen, II, S. 19 = beim Genick packen, beim Kragen nehmen, ursprünglich an der 
Kapuze fassen, wie sie von den Kartäusermönchen getragen wurdo; kalvinisch = albern, 
II, S. 9, katholisch = unverständlich (katholisch herreden = allerlei schwatzen, was man 
nicht versteht, II, S. 24), Kät (= Katharina), Volksfest in Annaberg, das mit Jahrmarkt 
verbunden ist und ursprünglich zu Ehren der heiligen Katharina gefeiert wurde, II, S. 23. 
Jesusblümcben, Sedumart, Jesusschweiß, Labkraut, I, S. 569, dir will ich schon einen 
Kanker (= Spinne) kauen = dir will ich etwas antun, nach dem Glauben, daß die Spinn-.’ 
Unglück verkündigt, wenn man sie früh sieht, II, S. 12, schampetäschchen, lustig und 
guter Dinge, Adverb zu Jean Potage, I, S. 568. Manche Artikel wie Hund, Huhn, Kite- 
Junge sind besonders reich an Belehrung. 

Auch der Humor kommt zum Wort, z. B. in Redensarten wie: die hat ein Huf¬ 
eisen verloren, d. h. sie hat als Unverheiratete ein Kind geboren, oder Traugott quirlt 
ein bischen sohr mit der ZuDge, als hätte er ein Hühnerauge drauf. 

Erfreulich ist es, daß die Buchhandlung ein schnelleres Erscheinen der einzelnen 
Hefto des zweiten Bandes in Aussicht stellt, so daß fortan nicht mehr wie bisher jährlich 
bloß eino Lieferung ausgegebon wird und demgemäß in kurzer Zeit das ganze Werk 
abgeschlossen werden kann. 

Eisenberg, S.-A. 0. Weise. 

Julius Leithäuser, Berglsehe Pflanzennamen. Elberfold, A. Martini und Grüttefien, 
1912. 61 S. 

Gleich der 1907 veröffentlichten Abhandlung Leitbäusers über die bergischen Tier¬ 
namen beruht auch die vorliegende auf der gemeinsamen Sammelarbeit vieler Mitarbeiter 
aus den verschiedensten Teilen des bergischen Landes. Wie dort sind auch hier Redens¬ 
arten, Sprichwörter, Kinderliedchen u. a. herangezogen worden; überdies hat die Ver¬ 
wendung als Nahrungs- oder Heilmittel und die Bedeutung im Volksglauben Berück¬ 
sichtigung gefunden. Wir erhalten somit nicht bloß Aufschluß über den Wortschatz 
und die Sprachform, sondern auch vielfach über volkstümliche Anschauungen. 

Mit großer Gewissenhaftigkeit sind die Ortschaften, aus denen die Belege stammen, 
verzeichnet. Die Etymologie wird meist angegeben, ebenso der botanische lateinische 
Name. Andere Mundarten, namentlich des westlichen Deutschlands, findet man oft zur 
Vergloichung verwendet; ab und zu werden auch die entsprechenden französischen und 
englischen Ausdrücke gebucht, z. B. bei der Herbstzeitlose, hessisch nackte Jungfer, 
frz. damo nue oder daine sans chemiso, engl, naked boy oder naked virgin. .Ein aus¬ 
führlicher Index erleichtert das Auffinden aller Wortformon. 

Natürlich sind, wie schon der Mangel des Artikels im Titel (nicht: die bergischen ( 
Pflanzennamen) erkennen läßt, nicht alle Pflanzen vertreten, z. B. vermißt man Spinat 


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Bücherbe8preohungen. 


283 


und Spargel. Unter denen, die anfgenommen worden sind, zeigt die Mehrzahl zwei, 
drei und mehr verschiedene Bezeichnungen, namentlich Löwenzahn, Wolfsmilch, Wegerich, 
Hundsrose, Wucherblume weisen zahlreicho Benennungen auf. Dagegen gehen fremde 
wie Myrto, Pfeffer, Ingwer, Estragon, Lupine, Sellerie, Levkoje u. a. in einer Namens- 
form durch das ganze Land. Einblicke in das Spiel der Volksphantasie gewähren Be¬ 
zeichnungen wie kiik dörch den tuun (blick durch den Zaun) oder kruup dörch den (nun 
(kriech durch den Zaun) für Gundermann, jümferken em grünen oder cm beltstrüa für 
den Schwarzkümmel, düvken (Täubchen) cm kosten oder em wagen für den Sturmhut. 
Voikswitz bekunden Ausdrücke wio jüddefleesch (Judenfleisch) für alle Pilzarten, Schawuu- 
geseech (Savoyerkohlgesicht) für ein pockennarbiges Gesicht, Buschlercbe (Dirne). Roligiöso 
Anschauungen treten uns entgegen in Wörtern wie Hexoumilch (Wolfsmilch), Hexen¬ 
mehl (Bärlapp), Teufelsauge (Adonisröschen), Teufelszwirn (Geißblatt), Teufelsbeere (Faul¬ 
baum), Teufelsblume (Storchschnabel), Teufelskirsche (Eberesche), Teufelsdraht (Kleb¬ 
kraut) u. a. 

Aus der großen Zahl von Kedensarten greife ich als bezeichnend heraus: met de 
wengen schloopen gönn, mit den (Aoker)winden (die sich früh abends schließen) schlafen 
gehn, de säet ut wie suuermuues (Sauerampfer) = mürrisch, dal sind dinc buunen 
nit, das sind deine Bohnen nicht, das geht dich nichts an, ct es schlemm , wenn de 
gronert (das Grumt) durch et maiheu wässt (wächst), es ist schlimm, wenn die jüngere 
Tochter vor der älteren heiratet. 

Zu tadeln ist nur, daß die Worterklärung nicht überall mit der Forschung Schritt 
hält. So wird Zwetsche S. 38 für stammverwandt mit Queck und Quecke angesehen, 
während dies doch nur dann der Fall sein könnto, wenn dem anlautenden qu und zw 
ein tw zugrunde läge, wie bei quer und zwerch, mhd. Urer, oder bei Quehle und Zwelile, 
mhd. twehclc; fernor wird Melde von mahlon abgeleitet, was gar keinen Sinn hat, während 
es nahe liegt, es mit grieoh. ßk(iov=pUjov, Melde zusammenzustellen. Auch olk , Zwiebel 
kommt wohl nicht von allium her, sondern nach Viehhoff bei Kehrein, Volkssprache 
in Nassau 8. 207, von önlook. 

Doch sollen diese kleinen Ausstellungen don Wert des hübschen, sehr brauchbaren 
Büchleins nicht beeinträchtigen. Jedenfalls werden alle die ihro Freude daran haben, 
die sich mit volkstümlichen Pflanzennamen befassen. 

Eisenberg, 8. A. 0. Weise. 

Michel-Stephan, Methodisches Handbuch zu Sprachübungen. 5. Auflage. Verlag 
von Quelle k Meyer, Leipzig, 1911. Geh. 2,40 Mk., gob. 2,80 Mk. 

Das Handbuch will den Sprachunterricht der Schule mit den Einsichten der heutigen 
Sprachwissenschaft in Einklang bringen. Es will sein Hauptaugenmerk richten auf sorg¬ 
fältige Schulung der Aussprache unter steter Berücksichtigung der Mundart, Behandlung 
der Abstammung und des Bedeutungswandels, klaro Erkenntnis dessen, was im heutigon 
Schriftdeutsch als fehlerhaft oder zopfig anzusehen ist. Klar wird erkannt, daß 
unserm Unterricht Einfachheit, Frisoho und Volkstümlichkeit not tut. Es sind erfreu¬ 
liche Grundsätze, auf denen das Buch aufgebaut ist; es sind in letzter Linie die Lehren 
Hildebrands, der uns im deutschen Unterrichte Evangelist sein und bleiben sollte. Nicht 
leicht ist es vielfach, an die Mundarten anzuknüpfen, unsere Literatur ist noch lückenhaft. 
Doch zeigt das Buch, daß überall das Wesentliche mit herangezogen ist. 

Einige erweiternde oder berichtigende Zusätze möchte ich machen. Wenn zwischen 
-Ich, -nch , -rch heute oft ein Vokal in don Mundarten steht, so ist er vielfach sekundärer 
Sproßvokal, so im fränk. Marik = Mark (S. 20). nd wird ng vor allem auch im Thü¬ 
ringischen, dorther stammt unser schlingen neben Schlund (ahd. slintan). Im Badischen 
hat den Wandel ndy>ng u. a. das Kandertal (S. 21). Der Bank ist alem.-schwäbisch. 
In süddeutschen Mundarten tritt t an in Sen ft, Borscht — Bursche (S. 25). Die Ent¬ 
stehung von machst , fragst (S. 41) könnto genauer gegeben werden. S. 42 miech, Prät. 
zu machen, ist auch im Alemannischen gebräuchlich (Wiesental). Im Südfriinkischen 
tritt ge- auch auf in gebricht — berichtet, geprobiert = probiert. Dio Endung -ung wird 
im Fränkischen zu -ing (S. 72). Nach Pfenning wird im Süd- und Rheinfränkischen 
Pfersching, Persching gebildet, auch Händsching. Genauere Angaben ließen sich leicht 


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28t 


Bücherbesprechungen. 


in § 23, 2 (S. 77) über die Mundarton geben. Wo ist im Oberdeutschen Estrich — Dach¬ 
boden? Das Alemannische, Schwäbische nennt don Dachboden Bühne (Bühnt) (S. 79). 
Die alemannische Namensform der Elster ist Egerste, Egerstenaug = Hühncraug, in der 
Pfalz Alxelaag. Die Angabe »südd. hals de = sobald du« ist ungenau, bat gehört den 
bayerischen Mundarten an (S. 101). Über -tng in Ortsnamen gibt Kluge neuen Aufschloß 
in seinen Bunten Blättern, S. 120 (S. 110). Zu §46,4 ließo sich noch aufführen süd- 
und rheinfränkisch Vortl =■ Vorteil, Hochxich = Hochzeit, schweizerisch, markgräflerisch 
Bammert = Bann wart, Flurschütz. Das Partizip zu behalten lautet ira Südfränkischen 
gebhalte (S. 152). S. 176 ist in dem Worte Prädikat das t weggefallen. 

Vielleicht können einige meinor Nachträge in oinor weiteren Auflage des Buches 
verwertet werden. 

Lörrach i. Wiesontale. Olhmar Meisinger. 

Ehret, Lautlehre der Mundart von St. Georgen Im Breisgau. Freiburg im Breisgau. 

C. A. Wagner, 1911. 

St. Georgen liegt nördlich der eA-Grenze, es ist der erste Ort des k- Gebietes bei 
Freiburg (vgl. auch Bohnenberger, Die Grenze vom anlautenden k gegen anlautendes ch. 
Alemannia 28, 124 ff.). Die Arbeit Ehrets ist somit für unsere badischen Mundarton sehr 
wertvoll, da sie an einem Grenzgebiet don Lautstand schaif festlegt. Ähnliche Arbeiten 
sollten uns nun auch einmal über die noch wichtigere alemann - fränkische Grenzo in 
Baden gegeben werden. 

Meist begnügt sich der Verfasser mit der Aufstellung der Lautgesetze, ich ver¬ 
misse bei Ausnahmserscheinungen den Versuch der Erklärung. Der in der Mnndart 
Iloimische sollte diese geben, der Fernerstehende haut hier zu leicht daneben. Wenn 
eurfy = eher kein offenes e zeigt, wie die übrigen Wörter mit e -)- Nasal, so liegt dies 
daran wohl, daß cs früher ehender lautete. Das Wort bibili = junges Hühnchen ist »os 
dem Lockrufo bi, bi entstanden (8. 11). Die geschlossene Qualität des e in dert = dort 
orkläit sich wohl so, daß dort zunächst zu dört wurde, was noch in der Markgrafschtft 
vorliegt (mit maikgrüfler Dehnung vor r -|- Konsonant döört). 

Wie erklärt E. das g in bfulge = Kissen ? (S. 13). Daß Schönberg zu mhd. 
gehört, sollte als nicht so durchaus sicher hingestellt werden. Die Angabe zu ßin 
»ordnen, sondieren« ist ungenau, tiregt ist eine hyperhochdeutsche Form, wie im 
Fränkischen Thirektor , Thialekt , Orenartier. Man weiß, daß man in der Mundart meist 
d statt t spricht; so setzt man denn t dahin, wohin es nicht gehört (8. 37). Wie lautet 
Fastnacht in der Mundart von St. Georgen? Dies wäre in § 40 erwähnenswert gewesen. 
Eine Erklärung der Dialektforra Schicalm gibt Heilig in seiner Ostfräukischen Grammatik, 
§106, 3. In §74 hätte es sich gelohnt anzugoben, wie die Bewohner der Orte aol 
• heim genannt werden. Auch das Oberland kennt die Erscheinung, die sich im Fränki¬ 
schen findot, daß die Endung - emer (aus - heimer ) auf Ortsnamen übertragen wird, dio 
nicht auf -heim ausgehen. In Markgräflerlande heißt Wein aus Weil , Weilemcr. 

Entgleist ist Ehret, wenn er behauptet, in gebei Gebäude sei die Endung voll¬ 
ständig gefallen; gebei batte kein -rfe-8uffix, sondern geht auf mhd. gebiuwe zurück. 

Wenn Ehret alles aufs Mhd. zurückführt, so duifte er nicht sagen, daß dem 
schriftsprachlichen - lieh in Farbbezeichnungon - lext entspricht, sondern wir hier das 
mhd. -Icht trümmerhaft erhalten haben. Die fränkischen Mundarten Badens kennen es 
noch in weiterer Verwendung, wie kühllecht u. ähnl. Hoffentlich beschert uns Ehret bald 
auch eine Flexionslohre seiner Mundart. 

Lörrach. Othmar Meisinger. 

Hebels Werke, herausgegeben von Adolf Sütterlin. Berlin, Deutsches Verlagshaus. 

Bong & Co., 2 Bde., geb. 4 Mk. 

Sütterlins Hebelausgabe besitzt eine große Reihe von Vorzügen, die sie über 
frühere Ausgaben, auch über die Ausgabe Kellers (Verlag Hesse) stellen. Vor allem 
ist sie vollständiger, sie enthält neben den alemannischen und hochdeutschen Gedichten 
die lateinischen Kirchenlieder, die Rätsel, den Katechismus, dio biblischen Geschichten, 
Aufsätze und einen Teil der Predigteu, das Schatzkästlein mit verschiedenen Nachträgen. 


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Büoherbesprechongen. 


285 


Briefe sind nicht aufgenominen. Hätte es sich hier nicht gelohnt, wenigstens den Brief 
Hebels za veröffentlichen, der im Gotte-Stiiebli mitgeteilt ist, da er interessanterweise 
durchaus in der Mundart geschrieben ist? 

Neben der Vollständigkeit hat die Ausgabe den Vorzug, daß sie durchaus die 
orste Aasgabe der Gedichte zugrunde legt. Dem Nichtalemannen kommt sie durch die 
Schreibung sehr entgegen, vor allem durch Scheidung offener und geschlossener e-Laute- 
Ais Alemanne ist Sütterlin hier ein zuverlässiger Führer. 

Die Oedichte und Erzählungen sind mit erklärenden Anmerkungen versehen. Zwar 
sind hier nicht alle Rätsel gelöst, trotzdem wird reioho Förderung des Verständnisses 
gobracht. Auch ein Wörterbuch ist beigegeben, das der Waschzettel des Verlegers stolz 
die erste Sammlung alemannischen Wortschatzes überhaupt nennt Hoffentlich legt er 
darauf keinen Eid ab. 

Es soll hier nun vor allem das Philologisch-Germanistische der Arbeit gewürdigt 
werden. Vielleicht lassen sich dabei auch einige Beiträge liefern. Die Einleitung über 
dio alemannische Mundart und ihre Schreibung erhebt sich durch Gründlichkeit weit über 
jenen Versuch, den Keller in seiner Ausgabe gomacht hat, der von Rechts wegen all¬ 
gemeine Ablehnung gefunden hat. 

Doch läßt sich auch bei Sütterlin manches besser fassen. S. XLVI heißt es: wo 
man sagt: er ging, er warf er lebte ist kein alemannisches Sprachgebiet mehr. Es könnte 
hier scheinen, als sei der Verlust des Präteritums eine besondere Eigentümlichkeit des 
Alemannischen. Die Grenze von anlaut. k und eh bat Bohnenberger gezogen, sie ver¬ 
läuft im Badischen über den Feldbcrg (S. XLV1I). Die Erhaltung von n in tueni muß 
wohl auf ich tuon zuriickgefübrt werden (S. LVIII). Wenn der Alemanne sagt e ruuche 
Maa (ohne r des Beiworts), so braucht hier kein r ausgefallen zu sein, es kann Kasus¬ 
übertragung sein (S. LVIII). 

Warum ist k erhalten in Kaff, Kätterli , keie? Kaff ist Fremdwort, ebenso 
Kätterli , keie geht nach dem Schweizer Idiotikon auf geheien zurück (S. LX). Als 
umlauthindernd war 8. LX vor allem ck zu nenneu. 8. LXV1I redet Sütterlin »von den 
erweiterten Formen vieri, xwölfi , '« het fünfi geschlage , die als Mehrzablsformen zu 
gelten haben«. Es liegt hier mhd. tu zagrunde. Im Ost- und Südfränkischen sagt 
man 's hot finf9 geschloag», Heilig, Gramm, der ostfräuk Ma , § 83, Meisinger, Die 
Rappenauer Mo., Flexionslehre §30. Eine Erklärung des Konjunktivs haig (zu haben) 
wird nicht gegeben (8. LXVIII). Hierüber gibt das Schweizer Idiotikon genaueren Aufschluß. 

Über Chnab (Anm. S. 293) in seiner weiten Bedeutung belehrt auch das Schweizer 
Idiotikon. Überhaupt hätte Sütterlin hier manche Frage, mit der er sich abgibt, gelöst 
findon können. Auch das Elsässer Wörterbuch hätte horangezogen werden müssen. Anm. 
S 296 ist doch wohl Ehnet -Fahrnau zu schreiben. Die Ableitung des Ortsnamens 
iJörrach von Lerche wird S. 293 mit Recht bestritten. Ich stelle es zum Flurnamen 
• An der Löhr «. So kann es dann auf ahd. lor — Tanno zurückgehen; eine Bildung wie 
Weidach, Holxach. 

Dio niiünte Nacht hat ihre Begründung in der großon Bedeutung der Neunzahl 
im Volksaberglauben, worüber uns Weinhold foinsinnige Aufklärung gegeben hat in seiner 
Schrift über die Mystische Neunzahl. (9 Kräuter, 99 Fieber usw.) Anm. S. 310. Batxe 
ist nlte Bernermünze ursprünglich (=Betz, Bär, Anm. S. 320). Dio Aussprache Jeneral 
wird Anm. S. 325 in Parallelo gestellt zu Jauner für Oauner. liier ist jedoch zu beachton, 
daß Jauner neben Oauner das Ursprünglichere ist (vgl. Klugo, Et Wb. unter Gauner). 
Anra. S. 322 nit der Zit ist zweifellos Genitiv, im Fränkischen * hab khai n to tsait. 

Über Hornung (Anm. S. 354) vgl. Schweiz. Idiot. II, 1628. Kerns (Anm. S. 354) 
ist als zweifellos keltisch nachgewiesen, gehört nicht zu lat. campus , sondern lautete 
keltisch Cambete, wo es als Krümmung erklärt wird. Das Käsperlein (Münze) hat bis 
heute keine Erklärung gefundou, ich stello es zu der Wiener Bezeichnung Kasperl, dio 
Castelli erwähnt (Klugo, Rotwelsch I). Kasperl war eine Münze, die 34 Kreuzer galt, 
weil man im I/jopoldstädter Kasperltheater auf dem Parterre 34 Kreuzer zahlte. Von 
Wien mag das Wort in vorderösterreichische Lande gewandert sein. Anm. S. 359: Der 
Rappe = Münze stammt aus Freiburg, dessen Stadtwappen dou Raben führt. Der Elias¬ 
wagen (Anm. S. 359) spiolt heute im Volksmunde noch eiue Rolle, im Volkslied ist 


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286 


Büoherbesprechungen. 


Elias der Begründer des Handwerks der Wagner. Stellasche hat mit etalage nichts zu 
tun, sondern gehört zu stellen, Oesteil; die Endung -age an deutschen Stämmen kennt 
besonders das Niederdeutsche (vgl. Kluge, Et. Wb. unter Stellage, Anm. S. 363). Joehem 
ist volksetymologische Entstellung aus hobr. jajin = Wein, gefünkelter Joehem stammt 
aus der Gaunersprache. 

In der Gaunersprache heißt der Bettler nicht Roter , sondern Rot (Anm. S. 369). 

Das Zeitwort bäckt (Wörterb. S. 6) gehört zu picken , da es in der Schweiz auch 
»mit dem Schnabel picken* bedeutet. Schweiz. Idiot. IV, 1111; basehge (S. 7) hat mit 
Hast — Saumsattel nichts zu tun, es ist eine Weiterbildung zu basten (bastegni), weiteres 
s. Schweiz. Idiot. IV, 1781, D. Wb. unter basten; biete (S. 7) steht nach Schweiz. Idiot IV, 
1881 im Ablautsverhältnis zu butel , elsäss. bütel Hosentasche, Eis. Wb. II, 121, im 
Fränkischen housspaitl. Böbbi = Jakob (S. 8) ist durch Seiler, Baseler Wörterbuch S. 37a 
gesichert: Böppi , Boppi, Beppi, Beppcli = Jakob, auch Spitzname der Baseler. Auch 
daß Borxcr zu Bürzel gehört, ist zweifollos, im Fränkischen Borxer = Huhn ohne Schwanz¬ 
federn, vgl. mein Bappenauer Wörterbuch, S. 130a, Schweiz, borxhenna, bayer. burxel- 
henn. S. 8 ist boxen zu schreiben statt boxen. Über Burble findet sich näherer Auf¬ 
schluß bei Grimm, D. Wb. II, 2002, Eis. Wb. II, 89b, Schweiz. Idiot IV, 1598. Chaib 
dient auch zur Steigerung in gutem und bösem Sinne (chaibcschön) , S. 10. Chramanxlete 
ist doch wohl zu mhd. gramaxie (aus grand merci) zu stellen. bei Hans Sachs kramanxen 
höfliche Knixo, D. Wb. unter Kramanxen , Eis. Wb. I, 518, Schmeller I, 1368. Daß 
Chunst früher Holxerspartingskunst hieß, zeigt uns das Schweizer Idiotikon III. 368; 
so nannte der Erfinder die Einrichtung, vgl. auch meine Volkswörter und Volkslieder 
a d. Wiesentale, S. 29. Daß eb , öb (bei Freiburg, Krotzingen ob) auf S ob zurüokgeht, 
beweisen alte Urkunden, Eis. Wb. I, S. 6, Schweiz. Idiot. I, 10. 

Egertc , das in alten Glossen schon bolegt ist (Steinmeyer III, 398), wird mit 
griech. dürftig zusammengestellt. Muhni wird eher ein lautmalendes Wort sein, 
als daß es zu mhd. munich gehört (S. 26 got. munan dumpf brüllen, Eis. Wb. I, 691. 
Schweiz. Idiot. IV, 316). Ktiefcr ist nicht zu got. abrs zu stellen, sondern zu aisl. noefr 
klug, gewandt, D. Wb. VII, 977/78; se ist = mhd. sc, got. sai (S. 34). Eine Zusammen¬ 
setzung zu iirtc kennt heute noch das Wiesental, ürtehoehxit , eine Hochzeit, bei der 
joder seine Zecho zahlt. 

Sütterlins Hebelausgabe verdient weiteste Verbreitung, verglichen, mit früheren 
Ausgaben bodeutet sie einen mächtigen Fortschritt. Es bat hier ein Alemanne mit großer 
Liebe und reichster Kenntnis dem Dichter einen trefflichen Dienst geleistet 

Lörrach. Othmar Mcisinger. 

Elise Beck , Baoernbluat. Niederbay'rischo Gedichte. Mit dem Bildnis der Verfasserin. 
Zweito bedeutend vermehrte Auflage. Walhalla-Verlag München. Dr. Wildsclie 
Buchdruckerei, Gebr. Parcus, München. Treis geh. 3 M. 

Seitdem Karl Stielers »ü jour gefaßte Volksgedanken« (Kulturbilder aus Bayern, 
die oberbayer. Mundart, S. 83 — 84) ihren Siegeszug durch die deutschen Gaue gemacht 
haben, kann sich die bayer. Mundartdichtung, von wenigen selbständigen Ausnahmen 
abgesehen, von Stielers Art nicht mehr frei machen. Ganz und gar vergessen sind des 
tiefgründigen Altmeisters der bayer. Dialektdichtung, Franz Kobells, anmutige Lieder 
und Erzählungen, mißverstanden aber ist Stieler selbst. Man sieht bei ihm nur die über¬ 
raschende, witzige, scharf zugospitzte Schluß Wendung und ahmt sio nach, nicht aber 
auch die poetische und trotz gelegentlicher sprachlichen Verstöße volkstümliche Fassung 
«les Ganzen. Das vorliegende, recht hübsch ausgestattete Bändchen macht keine Aus¬ 
nahme. Doch wir richten mit der liebenswürdigen Verfasserin nicht. Will sie doch 
mit den in Verso gebrachten Anekdoten, bäuerlichen Verkehrtheiten und wunderlichen, 
oft derbwitzigen Ansichten und Aussprüchen, wie sie der Strom des Lebens vor ihre 
beobachtenden Augen gespült hat, nur »d’Leut zum lacha« bringen. Dies gelingt ihr umso¬ 
mehr, als ihr »Bauernbluat* redet, »wia nahm da Schnabl gewachsn is« und alles, was es 
erlebt, »briiahwarm« erzählt. Sie will also nichts beschönigen, weder das derbe Milieu 
vieler ihrer Gestalten noch die urwüchsige Kraft dps niederbayerischen Dialektes (oder 
vielmehr richtiger: des Idioms ihrer engeren Heimat in Niederbayern). In letzterer Be- 


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Bücherbesprechungen. — Mitteilungen. 


287 


ziebung aber haben sich zahlreiche versfüllende Anlehnungen an das Schrift¬ 
deutsche eingeschlichen: a echtes, — weißes — ganzes — schönos; zu meines Schatzerls 
Haus,. seine Dusn, der Größte, Liabesleut’, ihr erstes Kind usw. Umgekehrt finden sich 
auch unstatthafte Kürzungen: ihr’ Tochta, dei' Kinda, Hos’, Nos’ (gelegentlich aber doch 
wieder Nasn). Yaschmitzt — siegesfroh — aneifernd — bei sich — leise — schwanken 
— Spender — rügt usw. sind der Volkssprache fremd, Verso wie: »Schwül da Tag 
woar, hoaß dö Arbat, — do' da Abend mild und lind, — wirkt erfrischend af dö 
Müadn, — macht fidel und froh sie g’stimmt« sind ganz Schriftdeutsch empfunden. 
Auch das öfter vorkommende erzählende Imperfekt: war — wurd’ — muaßt’ i — 
schenkte kennt die Volkssprache nicht, ebensowenig den Wegfall des Hilfszeitwortes in: 
daß er z’letzt ganz vozwirt — wia sei’ Weh vertobt — wias mit Olim firti’ — der be¬ 
kannt als recht a großa Fraß. — Der Reim ist im ganzen gut gehandhabt Doch wird 
um seinetwillen der Mundart öfter auch Gewalt angetan. Wegen Sinn — drin — Medizin 
muß geschrieben werden: bin — hin — dahin für bi’ — hi’, wie der Bayer spricht; 
wegen ro' — do (herab — da): o’ (an), welch letzteres aber immer gonäselt wird; 
wegen Trab — ab (!); wegen Blick, geschickt: zurück, verrückt für z’ruck, verrückt; 
wegen Ort — fort für furt. Der Fremde mag darüber hinwegleson, der Einheimische 
dagegen findet solche Papierreime recht störend. Noch mehr aber mutet die Verfasserin 
dem Leser durch die Schreibweise mancher Wörter zu, deren Aussprache sio dadurch 
andeuten will. Wozu das? Der Bayer spricht doch viel — zielt — allweil — Miiul — 
b’halt ers u. ä. ohnehin sofort richtig, dem Nichtbayern aber ist mit den Wortungebilden 
vüi — züit — ohveil — Mai — pfolt ers u. ö. ganz und gar nichts gedient. Sie lehren 
ihn die Mundart nicht sprechen, erschweren ihm aber unnötigerweise das Verständnis. 
Dazu kommt noch, daß ihn auch das angefügte Wörterverzeichnis häufig im Stiebe 
läßt. So erklärt dieses Mai — Mund, was zwar sachlich, aber nicht sprachlich richtig 
ist; mit pfolt ers sucht man dort eine Menge anderer der Erklärung bedürftiger Wörter 
vergebens, so: spota, wogt, firti’ — fürti’, wibrt, siri, Irml, ferd, schletze, zeahm, 
letz, offat, Milli, emmerweis, zit, wegga usw. Vor allem hätte das für dio Sprache 
des bayrischen Unterlandes so kennzeichnende »gen« wenigstens sinngemäß erklärt werden 
sollen. — An offenbaren Druckfehlern sind uns aafgefallen: ermannt für ermahnt 
(S. 18), den f. denn (S. 30), Thoil (S. 30; im W. V. Tail — Teil), war f. waren (S. 98), 
auf seim f. sein’ Fleck (S. 111), denn s’ f. den s’ (S. 109), Fluhra f. Flurer (S. 90), in 
seim f. sein’ Stuhl (S. 134). 

Diese Aussetzungen boweisen unser großes Interesse für das Bändchen, das sich 
neben vielen anderen dieser Art wohl sehen lassen kann. Der Verfasserin gebührt be¬ 
sonderer Dank dafür, daß sie auch niodcrbayrischos Volkstum zu Ehren bringen will. 

J. N. Schtcübl. 


Mitteilungen. 

Der bekannte Dialektdicbtor Adolf Stoltzo, geb. in Frankfurt n. M. 1842, feierte 
am 10. Juni d. Js. seinen 70. Geburtstag. In seiner Jugend übte er das Geschäft eines 
Mechanikers aus, gab sich aber in seinen freien Stunden mit Leidenschaft der Rchrift- 
stellerei hin. Mit seinem in Frankfurter Mundart geschriebenen Volksstück »Alt-Frankfurt«, 
1887, eroberte sich Stoltze nach langen, schweren Kämpfen die Bühne in seiner Vater¬ 
stadt und auswärts. Die Gunst des Publikums begleitete fortan alle seine Werke, die 
10 Bände umfassen und von denen 7 in Mundart geschrieben sind. 

Möge dem um die Hebung mundartlicher Poosio so verdienten Manne, dessen 
Schriften eine begeisterto Liehe für Vaterland und Vaterstadt atmen, ein ungetrübter 
Lebensabend heschieden sein! O. TJtj. 


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283 


Mitteilungen. 


Aufruf zur Begründung eines Deutschen Germanisten-Verbandes. 

Mehr und mehr ist in allen Kreisen, denen es um die Zukunft unseres Volkstums 
Ernst ist, die Überzeugung zum Durchbruch gekommen, daß unser deutsches Geistes¬ 
leben stärker als bisher auf völkische Grundlagen gestellt werden muß. Noch Endet dies 
Bostreben keine freie Bahn. Ihm steht vor allem im Wege, daß der Unterricht im 
Deutschen an unsern höheren Schulen nicht die Stellung einnimmt, dio ihm in Rück¬ 
sicht auf Volkstum und Erziehung zakonimt. 

Zwar weist der Wortlaut der Lehrpläne nachdrücklich auf die hohe Bedeutung 
dieses Unterrichts hin, aber die Erfahrung hat gezeigt, daß die dort ausgesprochene 
Mahnung, es sollten alle Fächer zur Pflege des Deutschen Zusammenwirken, allein nicht 
holfen kann. 

Wollen die höheren Schulen ihre Pflicht wirklich erfüllen, die ihnen anvertrantc 
Jugend zu fruchtbringender, auf gediegenem Verständnis begründeter Mitarbeit an dor 
Ausgestaltung unseres Volkstums und unserer Kultur zu erziohen, so ist eine ent¬ 
schiedenere Betonung des Deutschen unbedingt erforderlich. 

Eine Vertiefung des Unterrichts im Deutschen und eine zielbewußte Verknüpfung 
mit den andern Schulfächern ist aber unter den heutigen Verhältnissen nicht möglich. 
Sie zu erreichen, muß der Unterricht im Deutschen verstärkt und darf auf allen Stufen 
nur von fach wissenschaftlich vorgebildeten Lehrern erteilt werden. 

Diese müssen auf der Hochschule gründlich in alle Seiten ihrer Wissenschaft 
ßingeführt werden Zugleich aber müssen an die Lohrer insgesamt bei der Staatsprüfung 
höhere Anforderungen in Kenntnis und Verständnis des Deutschen gestellt werden. 

Endlich ist durch Fortbildungskurse und durch Reiseunterstützungen dafür zu 
sorgon, daß die Lehrer im Amte an ihrer Weiterbildung arbeiten können und die Fühlung 
mit der stets fortschreitenden Wissenschaft nicht verlieren. 

Um dies Ziel zu erreichen, halten cs die Unterzeichneten für geboten, nach dem 
Beispiel der Religionslehrer, der Neuphilologen, der Mathematiker und Naturwissen¬ 
schaftler und anderer Fachgruppen einen Zusammenschluß dor Germanisten, insbesondere 
der Vertreter des Deutschen an den Hochschulen und den Höheren Schulen, zur Förderung 
dos deutschen Unterrichts herbeizuführen. 

Der Aufruf ist unterzeichnet von ungefähr 150 Vertretern der germanistischen 
Wissenschaften an den Universitäten und Höheren Schulen, in staatlichen und städtischen 
Verwaltungen oder literarischen Berufen, darunter bekannte Namen wie Arnold (Wien), 
Baesecke (Berlin), Beck (München), K. Berger (Daruistadt), Bernt (Gablonz), A. Biese 
(Nouwied), G. Boetticher (Berlin), Braune (Heidelberg), Bremer (Halle), Brenner (Würz¬ 
burg), Breul (Cambridge), Elias (Berlin), P. Ernst (Weimar), Geyer (Brieg), Götze (Frei¬ 
burg), de Gruyter (Borlin), von der Hellen (Weimar), Helm (Gießen), Hirt (Leipzig). 
Hofmiller (München), A. Horneffer (Solln bei München), Jostes (Münster), Kauffmann 
(Kiel), Klee (Bautzen), Kluge (Froiburg), Koch (Breslau), Kosch (Czornowitz), Kossinna 
(Borlin), Krauß (Stuttgart), II. A. Krügor (Hannover), LaufTer (Hamburg), Lcitzmann 
(Jena), v. d. Leyen (München), Linienfein (Berlin), Litzmann (Bonn), Lyon (Dresden), 
A. Matthias (Berlin), Th. Matthias (Plauen), Maydorn (Thorn), Maync (Bern), Meißnor 
(Königsberg), Michels (Jena), Minde-Pouet (Bromberg), Mogk (Leipzig), Muncker (München), 
von Oettingen (Weimar), Paul (Münchon), Petsch (Liverpool), Petzet (München), Borger 
(Hannover), Sahr (Gohrisch), Saran (Halle), Sauer (Prag), Schlee (I^ndsborg), Sievers 
(I/eipzig), Sulger-Gebing (München), Schüddekopf (Weimar), Schultz (Straßburg), Spiero 
(Hamburg), Strauch (Halle), Sütterlin (Heidelberg), Waag (lloidelberg), Walzel (Dresden), 
Wegener (Greifswald), Weise (Eisenberg), Witkowski (Leipzig), E. Wolff (Kiel), 0. Wolff 
(München), Wolkan (Wien), Woerner (München), Wustmanu (Dresden), Wyohgmm (Lübeck). 


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Fritz Beuter und Anton Sommer. 

Von Paul KannengieBer. 

Die im Todesjahr des Dichters einsetzende und namentlich seit 
Anfang der neunziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts regsam sich 
ausbreitende Reuterforschung ist mit erfolgreichem Eifer auch den Quellen 
seiner Erzählungen nachgegangen. Bemühte man sich hier zunächst 
hauptsächlich, die Urbilder zu der bunten Fülle Reuterscher Gestalten in 
des Dichters näherer und weiterer Umgebung aufzuweisen, die von ihm 
erzählten Geschichten, besonders seine Läuschen, auf wirkliche Begeben¬ 
heiten innerhalb seines mit Humor ja reich gesegneten Heimatlandes 
zurückzuführen und auch da, wo Reuter älterer Überlieferung zu folgen 
schien, wenigstens deren mecklenburgischen Ursprung und so überhaupt 
die Bodenständigkeit von Reuters Schaffen möglichst zu betonen, so ver¬ 
folgt eine etwas jüngere, man möchte sagen modernere, aber auch wissen¬ 
schaftlich reicher ausgestattete Richtung, die sich vor allem im Jahrbuch 
des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung betätigt, die streng literar- 
geschichtliche Aufgabe, den Zusammenhängen Reuterscher Erzäblungs- 
stoffe mit älteren und neueren Schriftwerken des In- und Auslandes 
nachzuspüren; ihre Ergebnisse sind in der unter W. Seelmanns Leitung 
vom Bibliographischen Institut (Leipzig und Wien) veranstalteten Gesamt¬ 
ausgabe von Reuters Werken umsichtig verwertet und harren wohl noch 
mancher Bereicherung, wozu ja auch die Säkularfeier von des Dichters 
Geburtstage erneute Anregung bot. 

Die beiden Richtungen bilden, obwohl auch zwischen ihnen pein¬ 
liche Zusammenstöße nicht vermieden wurden, doch eigentlich keine 
Gegensätze, sondern eine ergänzt die andere, wie ja gerade auch das 
Niederdeutsche Jahrbuch anläßlich jener Säkularfeier die Urbilder ver¬ 
schiedener Gestalten Reuters, so von Pomuchelskopp und Onkel Bräsig, 
in neues Licht gerückt hat Bleibt somit aber auch die Mecklenburger 
Herkunft mancher Reuterscher Figuren und Geschichten unangefochten, 
liegen sicherlich manchen Läuschen, wie z. B. »de Ihr un de Freude, 
»de Pirdkur«, »de goldne Hiring«, »Wo is dat Fü’r?« Begebenheiten zu¬ 
grunde, die dem Dichter aus seiner eigensten Umgebung oder aus seinem 
weiteren Bekanntenkreise berichtet worden, so steht doch ebenso sicher 
fest, daß er in ausgiebiger Weise auch aus schriftlichen Quellen geschöpft 

Zeitechrift für Deutsche Mundarten. VII. ]9 


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290 


Paal Kannengießer. 


hat, aus Erzählungsbüchern und Anekdotensammlungen mecklenburgischen 
und außermecklenburgischen Ursprungs, aus den zur Zeit der Abfassung 
von »Lauschen un Rimels« gerade in Aufnahme kommenden »Fliegenden 
Blättern« und selbst aus humoristischen Schriften englischer Zunge, die 
ja im Gesichtskreise des auch in sprachlichen Fächern bewanderten 
Privatlehrers Reuter lagen. Einzelne Läuschen lassen sich sogar noch 
über die Schwanksammlungen des Reformationszeitalters und der Renais¬ 
sance zurück bis in das klassische Altertum und den Orient verfolgen, 
und wir sehen, wie der Strom der "Weltliteratur aus fernen Zeiten und 
entlegenen Räumen seine Stoffe auch dem Mecklenburger Humoristen 
zugetragen hat 1 Auf welchen vielfach verzweigten Wegen sie dorthin 
gelangt sein mögen, entzieht sich unseren Blicken; greift ja doch in die 
schriftliche Überlieferung immer wieder auch die mündliche ein und 
trägt die ihr zugeflossenen Stoffe, je nach der Gestaltungskraft des Er¬ 
zählers und der Einwirkung landschaftlicher Umgebung mannigfach ver¬ 
ändert, in Nah und Ferne, um sie dann an irgend einer Stelle dem 
Schrifttum wieder zu weiterer' Verbreitung und erneuter Umgestaltung 
zuzuwerfen. Eben dieses Eingreifen mündlicher Überlieferung gemahnt 
überall noch zu besonderer Vorsicht, wo die Ähnlichkeit zweier schrift¬ 
lich festgehaltener Erzählungen auf ein AbhängigkeitsVerhältnis zwischen 
beiden hinzudeuten scheint Jedenfalls aber bedarf unsere Reuterforschung 
gerade nach der literarhistorischen Seite hin noch der Ergänzung und 
könnte eine solche u. a. auch wohl erfahren, wenn man in der zum Teil 
schon einige Zeit vor Reuters Auftreten sich bekundenden Thüringer 
Dialektdichtung genauer Umschau halten würde. Die Regenhardtsche 
Sammlung deutscher Mundarten führt in ihrem zweiten Teile (mitteldeutsch) 
eine stattliche Anzahl von Vertretern auf, und so gut, wie der west¬ 
fälische Erzähler Z umbroock (vergl. Niederdeutsches Jahrbuch, Bd. XXXII, 
1906, S. 90ff.) verdienten auch die Thüringer Giebelhausen, Marbach, 
Mylius, Ryemer, Ullrich, Wucke u. a. Beachtung. Reuters zwei¬ 
maliger Aufenthalt in Thüringen, seine Jenaer Studentenzeit und der 
Ausgang seines Lebens am Fuße der Wartburg legen sie uns nahe, und 
wird er jene Dichter auch zur Zeit, da er im Mecklenburger Lande seine 
Läuschen schrieb, schwerlich aus eigener Lektüre gekannt und mag er 
sie auch während seiner Eisenacher Periode niemals kennen gelernt 
haben, warum sollten nicht einzelne der von ihnen erzählten Geschichten, 
die sie doch selber wieder großenteils dem Volksmunde entnahmen, durch 
mündliche Vermittelung schon dem Jenaer Studenten zugetragen sein 
oder später in Eisenach mittelbar sein Schaffen irgendwie beeinflußt 
haben? Hat ihm doch auch sonst sein Thüringer Aufenthalt mancherlei 
Erzählungsstoffe zugeführt (s. A. Römer, Geschichten und Anekdoten aus 


1 Das merkwürdigste Beispiel für diese Wanderung ist wohl die im ersten Bande 
der »Läuschen un Rimels« erzählte Geschichte »Dp Gaus’handel« (Seelmannscbe Ausgabe 
von Reuters Werken I, S. 96 ff. und S. 397). 


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Fritz Reuter und Anton Sommer. 


291 


Fr. Reuters Unterhaltungsblatt, Einleitung S. 41 f.; cf. S. 60ff. u. S. 143; 
vergl. auch C. Walther im Korrespondenzblatt des Vereins für nieder¬ 
deutsche Sprachforschung, Jahrg. 1903, Heft XXIV, Nr. 5, S. 71 — 73). 
Möglich doch auch wohl, daß ihrerseits die Thüringer Dialektdichtung 
Reuters Einfluß allerlei verdankt Nur Forschung kann diese Fragen 
entscheiden. 

Mir drängten sie sich auf, als ich vor einiger Zeit zum ersten Male 
die Sachen von Reuters Thüringer Zeitgenossen Anton Sommer las, 
der 1816 zu Rudolstadt geboren, dort lange Jahre als Lehrer und Geist¬ 
licher wirkte und 1888 starb. Seine in heimatlicher Mundart, teils in 
Versen teils in Prosa verfaßten Schilderungen und Erzählungen, Späße 
und Schnurren (Schnärzchen und Raupen) spiegeln mit gemütvollem Ver¬ 
ständnis und köstlichem Humor das Thüringer Volksleben, hauptsächlich 
das Kleinbürgertum der Vaterstadt wieder und erwarben dem liebens¬ 
würdigen Dichter allmählich eine weit über die Grenzen seines Heimat¬ 
landes sich ausbreitende Gemeinde von Verehrern. Sie erschienen, nach¬ 
dem einzelne von ihnen schon in Lokalblättern Beifall gewonnen, der 
Reihe nach unter dem gemeinsamen Titel »Bilder und Klänge aus 
Rudolstadt in Volksmundart« in neun kleinen, jetzt vergriffenen 
Heften, das erste 1853, das letzte 1880; die Einzelhefte erlebten eine 
Anzahl nicht unbeträchtlich vermehrter Auflagen und wurden später zu 
einer Gesamtausgabe vereinigt, von der die Fürstlich priv. Hofbuch¬ 
druckerei zu Rudolstadt (F. Mitzlaff) 1910 bereits die 18. Auflage veran¬ 
stalten konnte. 

Im ersten Bande dieser Sammlung findet sich nun eine Anzahl von 
Geschichten, die mit gewissen Reuterschen Lauschen eine auffallende 
Ähnlichkeit haben. Ich führe sie mit Nummer und Seitenzahl sowie 
auch in der Schreibweise der Gesamtausgabe von 1910 an, während mir 
für Reuters »Läuschen un Rimels« die Seelmannsche Ausgabe zugrunde 
liegt; den Inhalt der betreffenden Geschichten bei Reuter setze ich als 
bekannt voraus. 

Da begegnet uns Nr. 73, S. 173f. unter der Überschrift »Was rächt 
ös« die in »Läuschen un Rimels« Bd. I, Nr. 42 erzählte Geschichte »De 
blinne Schausterjung«; nur führt uns Sommer in das Hauswesen von 
»Leinwaber Gramersch« und gibt im Eingänge eine drollige Schilderung 
des strengen Regimentes seiner geizigen Ehefrau. — Nr. 85, S. 191 f. 
»Ä Tram« stimmt wenigstens in der Hauptsache mit Läuschen II, Nr. 47 
»De Drora« überein: dem alten Schuster Silge in d’r Saalgasse erzählt 
sein »Lehrjong Friede, ä Rackerjonge«, seinen Traum, wie er beim Über¬ 
gang über eine Brücke samt seinem Meister hinabplumpst, der Meister 
auf der einen Seite in eine Honigflut, der Junge »in Schlamm on 
Drack«; die Pointe ist dann dieselbe wie bei Reuter. — Nr. 97, S. 214ff. 
bringt »Ä paar Schnärzchen«, unter ihnen S. 216f. eine Geschichte, in 
der der »Gregorjus« (so heißt auch bei Sommer der Chirurg), »d’r alte 
Schertlich« den geizigen »Hammörten von Ongerhasel« »om Gottswillen« 

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292 


Paal Kanneogießer. 


halbiert, und stimmt im wesentlichen überein mit Lauschen I, Nr. 23 
»Dat Sößlingsmetz«, das »oll Dokter Metz« führt; Sommers Gregorjus 
seift übrigens den Geizhals mit einem Seifensud ein, in den er »ä Uns¬ 
chön Sand« hineingetan, so daß er »erseht GesÖchter schnött, als wenn ’r 
Feier in Leibe hätte, nacher brüllt ’r wie ä Zahnbracher on’s Wasser 
schossen nur su aus’n Agen raus«. — Nr. 118, S. 263 »Offn Marke« 
bringt in gleicher Gedrungenheit das Marktgespräch in Läuschen I, Nr. 17 
»Wo büst du rinne kamen?« Bei Sommer hat »Möllersch Hantöffel« 
»ä Kibichen reinjetrieben«, d. h. ein Kühlein, eine kleine Kuh. — End¬ 
lich vergleiche man Nr. 121, S. 265 »Änne narrsche Ansicht« mit Län- 
schen I, Nr. 58 »Dat Tähnuttrecken«. Der von Reuter in wirksamster 
Ausführlichkeit geschilderte Hergang wird von Sommer nur kurz be¬ 
richtet »D’r lange Hangärge aus Kolks«, den früher einmal bei glei¬ 
chem Leid ein Balbier » änne halbe Stonne lang off’n Dielen romgeschläft« 
hat, ist hier mit der prompten Erledigung des Geschäftes durch den 
alten SchärtUch (so wird der Name hier geschrieben) ebenso unzufrieden 
wie oll Päsel mit der Geschicklichkeit von Dokter Metzen und mißt den 
Lohn in ähnlicher Weise ab. 

Wie lassen sich diese Übereinstimmungen erklären? Da ist nun 
unsere Aufgabe durch den Umstand erschwert, daß die Gesamtausgabe 
keinen Anhalt für irgend eine sichere Feststellung bietet Die alten 
Einzelhefte sind ohne chronologische Angaben und ohne sichtliche Ab¬ 
grenzung gegeneinander in sie aufgenommen, allerdings, wie genauere 
Nachforschung erkennen läßt, in ihrer ursprünglichen Reihenfolge, die 
auch innerhalb hinsichtlich der einzelnen Stücke gewahrt worden ist; 
jedem Hefte sind gleich auch die Erweiterungen der späteren Auflagen 
hinzugefügt, und die einzelnen Stücke sind in fortlaufender Reihe durch 
Nummern gekennzeichnet (Band I von 1 —137, Band II von 1—175). 
Nun gibt freilich das von einem ungenannten Verfasser geschriebene 
Vorwort (XVI Seiten) wenigstens für die ersten vier Hefte, mit denen 
unsere Untersuchung es allein zu tun hat, das Druckjahr der ersten Auf¬ 
lage an; Heft 1: 1853; Heft 2 und 3: 1854; Heft 4: 1856. Aber diese 
Zahlen sind ungenau. Sie scheinen wie auch sonstige Angaben des Vor¬ 
wortes einer der Volksausgabe der »Bilder und Klänge« (1897) als zehntes 
Heft beigefügten Biographie des Dichters von Karl Höhn zu entstammen, 
der selbst aus eigenhändigen, »Zur Geschichte der Bilder und Klänge« 
überschriebenen Aufzeichnungen Sommers geschöpft hat, gehen vielleicht 
auch unmittelbar auf dieselbe Quelle zurück; diese Aufzeichnungen jedoch, 
die nach Sommers Tode in den Besitz eines Neffen gelangten und von 
diesem auch mir zur Durchsicht freundlichst überlassen wurden, erweisen 
sich als wenig zuverlässig. Das sehr bescheidene, meist auf knappe 
äußere Angaben sich beschränkende und auch hier nicht lückenlose 
Manuskript verdankt seine Entstehung einer Zeit, da der betagte und 
erblindete Dichter größtenteils auf sein Gedächtnis angewiesen war, und 
sein Gedächtnis hat ihm manchen Streich gespielt, wie ich an an- 


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Fritz Reater and Anton Sommer. 


293 


derer Stelle ausführlicher dargelegt habe. 1 Die Irrtümer dieses Manu¬ 
skriptes aber sind dann unbesehen in die Höhnsche Biographie wie in 
das Vorwort übergegangen. Tatsächlich tragen von den Originalheften, 
die ich nach längerer vergeblicher Umfrage endlich bei der königlichen 
Bibliothek zu Berlin aufzutreiben vermochte, die beiden ersten zwar 
auch die von Sommer angegebenen Jahreszahlen 1853 und 1854, das 
dritte aber statt 1854 die Zahl 1856 und das vierte statt 1856 die Zahl 
1859. Sollte aber je ein Zweifel aufkommen, ob diese Berliner Hefte 
wirklich auch die gesuchten Originalhefte seien, so beseitigt ihn der 
Umstand, daß die Anzeigen, mit denen das Rudolstädter »Wochenblatt« 
das Erscheinen jedes neuen Heftes der »Bilder und Klänge« ankündigte, 
dieselben Jahreszahlen bieten; auch stimmen damit die Angaben in Kaysers 
Bücherlexikon überein. 

Auf Grund dieser Feststellungen ergibt sich nun mit Sicherheit, 
daß von den uns hier beschäftigenden Sommerschen Geschichten Nr. 73 
und Nr. 85 der ersten Auflage des dritten, 1856 erschienenen Heftes 
(Nr. 11 und 23), Nr. 118 der ersten Auflage des vierten, 1859 erschie¬ 
nenen Heftes (Nr. 20) angehören, während Nr. 97 und Nr. 121 erst in 
eine spätere, mir nicht zugängliche und zeitlich mir auch nicht bestimm¬ 
bare Auflage des dritten und vierten Heftes (Nr. 33 und 23) fallen. Von 
Reuters »Läuschen un Rimels« erschien bekanntlich Band I im Jahre 
1853, gleichzeitig mit dem ersten Hefte der »Bilder und Klänge«, Band II 
im Jahre 1858. Das dem Sommerschen Stücke Nr. 85 (Heft 3) ent¬ 
sprechende Reutersche Läuschen Band H, Nr. 47 (De Drom) war aber 
nach Seelmann (Reuters Werke I, S. 408) bereits im »Unterhaltungsblatt 
für beide Mecklenburg und Pommern« 9. März 1856 von Reuter ver¬ 
öffentlicht worden. Für die anderen vier Sommerschen Nummern findet 
sich das Gegenstück jedesmal schon im ersten Bande der Läuschen. Eine 
Abhängigkeit Reuters von seinem Thüringer Zeitgenossen erweist sich 
also für alle Stücke als unmöglich. Schwerlich möchten wohl auch da¬ 
mals schon die unscheinbaren Hefte Sommers die Thüringer Grenze über¬ 
schritten haben. Weitere Verbreitung scheinen sie überhaupt erst An¬ 
fang der 70 er Jahre gefunden zu haben, wo Dr. Braun-Wiesbaden in der 
»Schlesischen Presse« Jahrg. 1873 (Nr. 121, 123, 125) zuerst auf sie auf¬ 
merksam machte; im Februar 1875 widmeten die »Grenzboten« dem »Volks¬ 
dichter Thüringens« einen Aufsatz, und die »Gartenlaube« brachte im Herbst 
desselben Jahres (25. September) eine Probe aus dem 6. Heft, sowie 1876 
einen von Richard Keil geschriebenen Artikel mit dem Bilde des Dichters.* 


1 »Zar Geschichte der Bilder und Klinge von Anton Sommer« (Beilage zur Schwarz- 
burg-Rudolst&dtischen Landeszeitung, Sonntag, 11. August 1912). 

* Sommer, dem auch Höhn S. 94 wieder folgt, nennt irrtümlicherweise statt der 
»Schlesischen Presse« die »Breslauer Zeitung«. In dem Aufsatz der »Grenzboten« ist 
für das erste Heft der B. u. Kl. fälsohlich das Jahr 1848 angegeben, und diese Zahl 
bringt auch der Keilsche Aufsatz in der »Gartenlaube« wieder; merkwürdigerweise findet 
sie sich auch in Franz Brümmers Lexikon Bd. IV, 4. Aufl. S. 100, oben. 


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294 


Paal Katmengießer. 


Nicht unwahrscheinlich ist dagegen, daß Reuter nach seiner 1863 
erfolgten Übersiedelung nach Eisenach die bis zu seinem Tode (1874) 
schon in 5 Heften und in mehreren Auflagen verbreiteten »Bilder und 
Klänge« kennen gelernt hat; die persönliche Bekanntschaft Sommers hat 
er, wie mir aus dessen Familie mitgeteilt wurde, nie gemacht Jener 
Vermutung aber gibt eine auffallende Ähnlichkeit zwischen einem Ab¬ 
schnitt in »Dörchläuchting« (1866) und einer kleinen Verserzählnng 
Sommers wenigstens einigen Raum. Im zehnten und elften Kapitel von 
Dörchlauchting lesen wir die ergötzliche Geschichte, wie der Läufer 
Halsband auf gehässiges Betreiben des Kammerdieners Rand von seinem 
Fürsten unmittelbar vor Pfingsten mit einem Eilbrief von Neubranden¬ 
burg nach Berlin geschickt wird, da man ihn verhindern will, beim 
Feste im Nemerower Holz mit seiner Auserkorenen zu tanzen, und wie 
er dann des Auftrags sich mit solcher Schnelligkeit entledigt, daß er 
zu aller Überraschung doch noch rechtzeitig beim Tanz erscheint Ein 
Gegenstück erzählt uns Sommer in Nr. 16 (erste Ausgabe des ersten 
Heftes, also 1853) unter der Überschrift »D’r Lafer« (in spätem Aus¬ 
gaben »D’r Läfer«). Hier ist der Held allerdings ein »Mordkraköler«, 
Urheber zahlreicher Keilereien und für die Polizei ein Gegenstand steter 
Besorgnis. 

Im Cumbaoh sollte Kirmse sein, 

Da freit ’r sich schonn sihre, 

Denn da gab's Wamse satt derbei. 

Da könnt ’r excelliere, 

Sei Rettel lag a schonn parat — 

Da kam ’n Tags vorher gerad 
Was galjend in de Quare. 

Er wird mit einem Eilbriefe von Rudolstadt nach Drasen (Dresden) ge¬ 
sandt, die Polizei atmet auf — aber noch am selben Abend ist »der 
Teifelskerl« wieder zurück, und in Cumbach hat’s die Nacht »ä Mord¬ 
krawall« gegeben. 

Ist dieses Stück nun wohl das Vorbild für Reuter gewesen? Raatz 
(Wahrheit und Dichtung in Fritz Reuters Werken, S. 150) berichtet, »daß 
der Läufer Halsband keine erdachte, sondern eine in solcher Stellung 
und unter gleichem Namen vorhandene Person« gewesen sei; daß dieser 
aber auch unsere Geschichte selbst erlebt habe, ist damit nicht gesagt 
Immerhin ist es möglich, und liegt wirklich eine Begebenheit zugrunde, 
so scheint dieser die Reutersche Erzählung doch näher zu stehen, als 
der ganz ins Unmögliche übertriebene Dauerlauf des Rudolstädter Teufels¬ 
kerls. Ihren Mecklenburger Ursprung vorausgesetzt, mag also die Ge¬ 
schichte irgendwie, wahrscheinlich auf mündlichem Wege, auch nach 
Thüringen gewandert und so zu Sommers Kenntnis gelangt sein, viel¬ 
leicht schon in der veränderten Gestalt, in der er sie darbietet; möglich 
bleibt aber doch auch anderseits, daß Reuter sie erst in Thüringen kennen 
gelernt hat, sei es nun aus der Erzählung Sommers, sei es durch münd¬ 
liche Überlieferung, aus der jener selbst geschöpft haben wird. 


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Fritz Beater und Anton Sommer. 


295 


Schließlich könnte wohl noch eine Ähnlichkeit zwischen unsern 
beiden Dichtern auffallen: Liest man nämlich Sommers gemütvolle Schil¬ 
derung x-Von’n Sperling was« (Nr. 101, S.221, aus Heft IV, Nr. 3, cf. auch 
ßd. II, Nr. 9 »Mei Sperling« u. Nr. 124 »Unsre Sperlinge«), so fühlt 
man sich unwillkürlich an die Spatzenfamilie in »Hanne Nüte« erinnert; 
sicherlich schöpfen hier aber beide Dichter aus eigenem Erlebnis, und, 
wie der Thüringer das Nest »saltuben onger mein Dache« mit sinnigem 
Verständnis betrachtete, so fütterte und beobachtete der Mecklenburger 
an seinem Wohnhaus zu Neubrandenburg das Nest seiner gefiederten 
Nachbarn (Gädertz, Fritz Reuter, Reclam Nr. 4798t, S. 186f.). Wie 
der vogelsprachenkundige Reuter zeigt sich auch Sommer sonst noch in 
seinen Dichtungen als Freund der Bewohner des Luftreichs. 

Könnte aber wohl für die zuerst besprochenen fünf Stücke Sommer 
seine Stoffe Reuter verdanken? Bedenkt man, daß auch Reuters Schriften 
erst seit Erscheinen der »Franzosentid« (1859) sich über die Grenzen 
seines Heimatlandes auszubreiten begannen, so stellt sich wenigstens für 
die Nummern 73, 85 und 118, die schon in der ersten Auflage des 
dritten und vierten Heftes (1856 und 1859) ans Licht traten, eine solche 
Annahme als ganz haltlos dar, und sie besitzt auch für die beiden an¬ 
deren Nummern (97 und 121) nur sehr geringe Wahrscheinlichkeit, ob¬ 
wohl diese erst einer spätem Auflage angehören. Denn sollte Sommer 
wirklich hier bei dem inzwischen ihm bekannt gewordenen Mecklenburger 
eine Nachlese gehalten haben, warum fiel sie bei der Fülle, die sich 
ihm erschloß, so dürftig aus, und hätte das Gedäohtnis ihm so wenig 
davon aufbewahrt, daß er für seine späteren Hefte nichts mehr zu ver¬ 
werten fand, obwohl zunehmende Augenschwäche ihm die Wiederholung 
der Lektüre versagte? Ein Großneffe Sommers, zugleich sein Geistes¬ 
erbe (W. Klinghammer, Mei Rudolschtadt, 3 Bände, 2. Aufl. 1909f.), der 
in seiner Jugend viel im Hause Sommers verkehrte, versichert, nie von 
seinem Onkel gehört zu haben, daß er Reuters Schriften kenne, und be¬ 
sessen habe er sie sicherlich nicht Überhaupt scheint Reuter mit seiner 
Mecklenburger Mundart erst spät in Thüringen Eingang gefunden zu 
haben. 

Ein Einfluß Reuters auf Sommer erweist sich demnach als fast 
ebenso unwahrscheinlich, wie, von jener Läufergeschichte etwa abgesehen, 
das umgekehrte Verhältnis. 

Für zwei der hier in Frage kommenden Geschichten ist ja auch 
der Stoff bereits als alt und weit verbreitet nachgewiesen: für »De blinne 
Schausterjung« (Sommer: »Was rächt ös«) und für »Dat Sößlingsmetz« 
(Sommers Schnarzchen vom »Balbieren om Gottswillen«). 1 Letztere 
läßt sich bis ins 16. Jahrhundert nach Italien zurückverfolgen und hat 

1 Reuters Werke I, S. 399, 42), vergl. Korrespondenzblatt des Vereins für nieder¬ 
deutsche Sprachforschung Bd. XVII (1893), S. 87, und Niederdeutsches Jahrbuch 
Bd. XXXII (1906), S. 90 ff. 


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296 


Paal Kannengießer. 


seitdem auch im deutschen Schrifttum eine Reihe von* Bearbeitungen 
erfahren, so auch von dem Westfalen Zumbroock, dessen »Poetische 
Versuche in Westfälischer Mundart« — mir lag vom ersten Bändchen 
die 8. Auflage von 1868 vor — nach Seelmanns mit Recht sehr vor¬ 
sichtig ausgesprochener Vermutung Reuters Quelle gewesen sein mögen 1 — 
vielleicht auch nicht, und sicherlich nicht für Sommer, trotzdem bei 
diesem auch der Schluß wieder an Zumbroock erinnert Die Geschichte 
ist wohl nicht nur literarisch, sondern auch mündlich schon seit langem 
weit verbreitet gewesen, und vielleicht trifft man sie auch noch bei einem 
der früher genannten Thüringer Volksdichter wieder an. Jedenfalls 
haben beide, Reuter wie Sommer, ihren Gegenstand, woher sie ihn auch 
genommen haben mögen, in so urwüchsiger Weise behandelt, ihn so ge¬ 
schickt in den heimatlichen Boden eingepflanzt, daß man bei beiden den 
Eindruck hat, sie erzählten ein Erlebnis ihrer eigenen Umgebung. 

Von geringerer Ursprünglichkeit scheint mir dagegen beiderseits 
das kurze Marktgespräch zu sein, das bei Reuter (I, Nr. 17) »Wo büst 
du 'rinne kamen?« und bei Sommer (Nr. 118 = IV, 20) »Off’n Marke« 
überschrieben und dessen Vorbild schon im Jahrgang 1849 der »Fliegenden 
Blätter« und über diese hinaus in A. Drägers mir leider nicht zugäng¬ 
licher Anekdotensammlung »Pladdüütsch Konfekt« (1848) aufgefunden 
ist (Reuters Werke I, S. 394,17). Daß Sommer, für den Drägers Samm¬ 
lung ja nicht in Betracht kommt, hier aus den »Fliegenden Blättern« 
geschöpft habe, bleibt solange unwahrscheinlich, als nicht, wie es für 
Reuter tatsächlich geschehen ist, auch für Sommer die Benutzung des 
Münchener Witzblattes aus einer wuchtigen Anzahl von Überein¬ 
stimmungen mit einiger Sicherheit sich ergeben hat (s. Niederdeutsches 
Jahrbuch XXIX, 1903, S. 52ff. und XXXII, 1906, S. 104ff., sowie 
Korrespondenzblatt XXIV, 1903, S. 5, S. 71 ff., vergl. auch Reuters Werke 
I, S. 389f.). Vielmehr scheint einer glaubwürdigen Mitteilung aus Rudol¬ 
stadt nach das Witzblatt zu jener Zeit dort gar nicht in Umlauf gewesen 
zu sein, während Reuter hinreichend Gelegenheit hatte, es zu lesen. 
Mittelbar mag Sommer ja immerhin die Geschichte von dorther oder 
sonst aus irgend einer literarischen Quelle bezogen haben, wie mich das 
in diesem Falle auch hinsichtlich Reuters sehr wahrscheinlich dünkt, 
und zwar deswegen, weil ich glaube, daß im Volksmund die Geschichte 
ursprünglich etwas anders gelautet hat. Wenigstens erinnere ich mich, 
sie vor etwa 40 Jahren und somit freilich erst nach Erscheinen der 
Reuterschen Läuschen in meiner mecklenburgischen Heimat mit wirk¬ 
samerer Pointe gehört zu haben: der Bursche hat ein Kalb zur Stadt 


1 Niederdeutsches Jahrbuch Bd. XXXII a. a. O. Seelmanns Vermutung, daß 
Reuter Zumbroocks Poetische Versuche gekannt habe, könnte vielleicht auch darin noch 
eine Stütze finden, daß sich hier auch die von Reuter im »Pirdhandel« (1,4) erzählte 
Geschichte unter dem Titel »De Handelskniep« (Nr. 32) wenigstens der Hauptsache nach 
findet. Vergl. aber auch S. 392,4, wo als Quelle Reuters wieder die Fl. Bl. in Anspruch 
genommen werden. 


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Fritz Reuter und AntoD Sommer. 


297 


getrieben. Wer je Zeuge der drolligen Mühsal gewesen ist, diese ver¬ 
körperte Unvernunft schiebend, zerrend, drängend und selber wieder ge¬ 
drängt und geschoben, vorwärts zu bringen, der hat den Eindruck, als 
sei mit Einführung einer Kuh (Fliegende Blätter und Sommer) oder 
eines Ochsen (Reuter und doch wohl auch Dräger?) der Geschichte die 
Spitze abgebrochen. 1 

Für die beiden, den Sommerschen Stücken Nr. 85 und Nr. 121 ent¬ 
sprechenden Bäuschen »De Drom« (II, Nr. 47) und »Dat Tähnuttrecken« 
(I, Nr. 58) ist, soweit ich übersehe, ein Gegenstück bisher nicht auf- 
gefunden worden. Haben beide vielleicht aus einer uns bisher noch 
nicht bekannten literarischen Quelle geschöpft? Oder ist die Quelle 
auch hier wieder weitverzweigte mündliche Überlieferung? Dem Thü¬ 
ringer, den wenigstens bei seinem späteren Schaffen zunehmende Augen¬ 
schwäche immer mehr auf diese Quelle beschränkte, mag sie kaum 
weniger reichlich gesprudelt haben als Reuter innerhalb seines anekdoten¬ 
freudigen Bekanntenkreises. Denn schon sein Vater war in Rudolstadt 
als gewandter Schnurrenerzähler geschätzt (Höhn S. 12f. und Vorwort 
S. VI) und wird also auf den Sohn nicht nur die glückliche Erzählungs¬ 
gabe, sondern auch einen reichen Schatz von Schnarzchen und Raupen 
vererbt haben. Und warum sollte nicht aus diesem Schatze, der sich 
da im Sommerschen Hause zu Rudolstadt aus vielerlei Bächlein des 
Thüringer Landes, zum Teil vielleicht nach langer, weiter Wanderung, 
mag angesammelt haben, mittelbar auch dies und jenes bereits dem 
jungen Reuter zugeflossen sein, als er in Jena mit seinen Verbindungs¬ 
brüdern heitere Geschichten austauschte? Und anderseits, könnte er 
nicht auch selber, damals ja schon ein unterhaltender Erzähler, diesen 
Schatz aus eigner Fülle vermehrt und manches Läuschen seiner Mecklen¬ 
burger Heimat nach Thüringen verpflanzt haben? Sorgfältige Umschau 
bei den zahlreichen Thüringer Dialektdichtern, die uns Regenhardt mit 
einigen wenigen Proben vorstellt, mag noch manche Ähnlichkeit mit 
Reuterschen Läuschen zutage fördern, wie denn auch einige Stücke von 
Sommer uns schon bei. dem Mansfelder Giebelhausen (1800 — 1877) 
und dem Altenburger Ullrich (1776 — 1874) begegnen. 2 

1 In der mir bekannten Fassung erinnert die Geschichte auch noch einigermaßen 
an die bei Reinhold Köhler, Kleinere Schriften, Bd. I, S. 445ff. in zahlreichen Varia¬ 
tionen wiedergegebene Erzählung »Vom klugen Mädchen«. Ob sie sich aus dieser eigen¬ 
artig herausgebildet hat? Ich wage nicht, es zu behaupten. 

* Die auffallendste z. T. fast wörtliche Übereinstimmung zeigt Sommers rührende 
Erzählung I, Nr. 5: »De arme Fra met ihren klänn Mägen« mit Friedrich Ullrichs bei 
Regenhardt II, S. 301 f. mitgeteilter Darstellung. Der Stoff hat auch hier wie überall 
bei Sommer Lokalfarbe erhalten. 


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298 


Wilhelm Schoof. 


Hessische Ortsnamen in mnndartlicher Gestalt . 1 

Von Wilhelm Schoof. 

Die hier folgenden mundartlichen Ortsnamen beruhen durchweg auf 
unmittelbaren Angaben durch persönliches Befragen im Volke. Wenn 
nicht in allen, so wurden doch in möglichst vielen Ortschaften eines 
Kreises Nachfragen angestellt, vorwiegend in solchen, welche als Sitz 
einer Mutterkirche oder als Marktflecken starken Verkehr von andern 
Ortschaften aufzuweisen haben. Die Belege wurden zum größten Teil 
so festgestellt, daß die gesuchten Ortsnamenformen im Satzzusammenhang 
erschienen, so daß sich auf diese Weise auch mancherlei syntaktische 
Eigenheiten wie der Gebrauch des Artikels, Gebrauch der Diminutivform 
bei Ortsnamen u. a. m. ergab. Die Feststellungen fanden ferner in der 
Regel, soweit dies möglich war, im Beisein mehrerer Ortsansässiger 
oder in Nachbardörfem wohnender Bauern statt, so daß fortwährend 
gegenseitige Kontrolle vorhanden war unc^ Irrtiimer wohl ziemlich selten 
sind. Wo lautliche Verschiedenheiten vorkamen, die sich aus der ver¬ 
schiedenen Sprechweise einzelner Ortschaften ergaben, wie z. B. -huum 
neben -hüüsdn, -hääy neben -hiiän, -dprf neben -d^rf, wurden die aus 
Nachbardörfern stammenden Formen in Klammer angeführt. 

Wo eine Befragung mehrerer Ortseinwohner nicht möglich war 
oder wo sich sonst Zweifel an der Zuverlässigkeit der Angaben ein¬ 
stellten, fand eine Nachprüfung durch mündliches oder schriftliches Be¬ 
fragen der Lehrer des betreffenden Dorfes statt Zu besonderem Danke 
bin ich hier Herrn Kantor Heinrich Kurtzrock in Pfieffe (Kreis Mel¬ 
sungen) verbunden. 

Die urkundlichen Belege habe ich durch Benutzung der mir wieder 
bereitwilligst von der historischen Kommission für Hessen-Nassau zur 
Verfügung gestellten handschriftlichen Zettel für das von Archivdirektor 
Dr. Reimer begonnene Hessische Ortslexikon gewonnen. Wo diese Hilfs¬ 
mittel nicht ausreichten oder wo sonst eine Ergänzung der Belege wün¬ 
schenswert erschien, habe ich die von Arnold in seinem Werke 
»Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme« (Marburg 1881) 
angegebenen Belege benutzt, zuweilen unter erneuter Nachprüfung der 
Quellen. Daß sich auf Grund dieser gesammelten mundartlichen Be¬ 
lege im Verein mit den urkundlichen Formen eine schier unglaub¬ 
liche Zahl von Fehlschlüssen in der von Arnold versuchten Deutung der 
Ortsnamen ergibt, sei hier nur nebenbei erwähnt. Diese Zahl von Irr- 
tümern wird sich wahrscheinlich noch vermehren, wenn erst eine syste¬ 
matisch abgeschlossene Sammlung der hessischen Flurnamen vorliegen 
wird, eine Aufgabe, die nicht dringend genug gemacht werden kann. 

1 Vgl. Ztschr. f. d. M. 1909, 369 ff.; 1910, 264 ff.; 1911, 345 ff., 1912, 123ff. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


299 


Die Sammlung mundartlicher Namenaforraen soll jetzt in rascher 

Folge fortgesetzt werden. Eine systematische Behandlung einzelner Kreise 

auf der hier gegebenen Grundlage behalte ich mir vor. 

Der Kreis Melsungen. 

O / 

1. Adelshausen, ma. Adahhüüsan, < Odoluishusen 1269, Odolfiskusen 
ca. 1360, Odelshusen 1438, Odelshausen 1575, ca. 1620, 1747, Ödeis- 
hausen 1585. 

2. Albshausen, ma. Albshüüsan, < Alvoldishusun 1060/84, Alboldes- 
husen 1123, 1328, 1331, Alvoldeshusen 1232, Albeshausen 1585. 

Q 

3. Altenbrunslar, ma. Aälanbrinklär, gewöhnlich nur Br\telär, wenn 
keine Unterscheidung nötig wird, < Bruneslar, Brunslar 1154, 1505, 
1579, Brunslare 1320, Ober Brunslar 1336, Altenbrunslar 1555. 

4. Altenburg, ma. Aalanburc, < Aldinborg 1376, Aldenborg 1448, 1456, 
Aldenburg 1453, Altenburg 1527. 

5. Altmorschen, ma. AalamQ(r)San , gewöhnt nur M$(r)San, < Mursen- 
aha, Morsene, Morsne 13. Jh., AUen Morssen ca. 1620, Aldenmorsen 
1505. 

6. Beiseförth, ma. Beesaf^rda, auch Biisaf$rda, < Beysenvorte 1348, 
Beysefurte 1411, Beisefort 1585, Beiseförth 1603. 

7. Bergheim, ma. Bärkheem, < Bercheim 1366, Berckheym 1540, Bergk- 
heim 1585. 

8. Beuern, ma. Biiam, < Bum 1303, Buren 1309, Buerin 1358, 
Beuren 1555, Beuern 1585. 

9. Binsförth, ma. B\nsf$rde , < Binnisforte 1270, .. Binesforte 1286, 
Bindisförte 1330, Bynsforte 1353, Binsforthe 1485, Binsfurthe 1579, 
Binsfort 1585. 

10. Bischofferode, ma. Bisbaröod . < Bischoverode 1348, Bischofferod 
1540. 

11. Böddiger, ma. BSdagäänn , < Bodingemun, Bodengcmun, Bode- 
gernun, Bodigemun, Bodogernun 1074, Boidegeren 1123, Bodegerne 
1237, Buthegemc 1252, Boddeger 1260, Bodegern 1275, 1343, Bode¬ 
gerne 1318, Bodegherne 1331, Boddigern 1444, Böddigem 1555, Baldi¬ 
gem 1585. 

# * 

12. Büchenwerra, ma. Biicawär, auch Biicawära, < Buhcehenenuuinl 
, 786, Buohweride 948, Buchentverde 1256, Buchewerde 1390, Buchen¬ 
werda 1585, Buchawerda ca. 1620. 

13. Connefeld, ma. Köjwfdld, < Cunnenelt 1238, 1262, KuninveUl 1263, 
Connevelt 1220, Cunnevelt 1319, Kunncfelt 1329, Kan feit 1388, Con- 
felt , Canfelt 1505, Connefelt 1585. 

14. Dagobertshausen, ma. Dä (ä) waldshüiisan, < Dageboldeshusen 1106. 
1194, Taboldeshusen 1253, Thaboldeshusen 1275, Tabolt \husen 14 77, 
Tabelshausen 1537. Dabelshausen 1585, ca. 1620. 


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300 


Wilhelm Schoof. 


15. Deute, ma. Deeds, < Thoyten 1314, zu der Toyten, Teuten 14.15. Jh., 
Toythen 1387, Toyte 1347, Theute 1555, Teutte 1585. 

16. Elbersdorf, ma. ÄlwarSdorf, < Elbriehestorp 1220, Elbirsdorf 1338, 

1364, Elbisdorf 1364, Eiwersdorf 1540, Elbesdorf 1585. 

• • * 

17. Elfershausen, ma. AlworShüUsm , < Elfershusen 1253, Elphers- 
husin 1345, Elffirshusen 1438. 

18. Ellenberg, ma. Ä'lsnbääsk, < Ellinberg 1357,-tum Einberge 1511, 
Einberg 1585. 

19. Empfershausen 1 , ma. Ämpforshüüson, < *Embricheshusun, Enf- 
firteshiisen 1460, Ein fershusen 1491, Ober - Niedereinffershausen 1575, 
Einfershausen 1585, Enfersshausen 1534, Empfershausen ca. 1620. 

20. Eubach, ma. liwax, < Ubach 1281, 1333. 

21. Felsberg, ma. FÜsbääsk, < Vilsperg 1275, Velsperg 1289, Felsberg 
1462. 

22. Gensungen, ma. Gäntsörpn, < Oeinsingen 1253, Ohensinghin 1263, 
Gensingen 1085, 1474, 1527, 1555, 1585, Gensungen 1356, 1322. 

23. Grebenau, ma. Greewsnöij, < Grabennowe 1339, Qrabenaw 1505, 
1575, 1585. 

24. Günsterode, ma. Ginscteröods, < Gunszroide 1325, Gunsrode 1525. 

25. Guxhagen, ma. Giikshgyn, < Qukishain 1357, Kukushayn 1352, 
Guxhain 1513, Kuxhayn 1476, Guckeshan 1399, Gauckeshagen 1620. 

26. Harle, ma. Harte, < Harlon 1275, 1307, 1336, 1358, 1425, Harloyn 
1292, Horlan 1404, Harle 1555, Harten 1747. 

27. Heine, ma. Hädn(y)csn *, < zum Haine 1579, in Haine 1540, zum 
Hayn ca. 1620, zum Hain 14. 15. Jh., Hayn 1505. 

28. Heinebach, ma. H^insbax (H^inswax), < Heginebahe (brev. StLulli), 
Hegenebach 1196, Hennebach 1277, 1303, Heinebach 1277, 1310, ca. 
1620, Heynebach 1505. 

29. Helmshausen, ma. Hälmsshiiüsm, < Helmungeshusen 1123, 1226, 
ca. 1360, Helmungishusen 1326, Helmugishusen (bei Hesenrade) 1400, 
Helungeshusen 1401, Helmesshausen 1555, Helmeshausen 1747. 

30. Herlefeld, ma. Hartefäls, < Herlefelde 1364, Herlevelth 1540. 

31. Hesserode, ma. Hässröods, < Hasenroth 1123, Herzenrode 1316, 
Herzenrade 1327, Hertzenrodc 1401, Hesenrode, Hesenrod 1151, 1246, 
1505, Hesinrade 1401, Hesilrode 1226, Hesellnrode 1475, Hercenrodc 
1286, Hersenrode 1555, Herssenroda 1585, Hessenrode 1337. 

32. Heßlar, ma. H(slär, < Heselare 1061, Heselere 1352, Heslere 1295, 
Heseler 1351, 1555, Hesseler 1403, 1585, 1747, Hesseller 1514, Heys- 
seler 1493. 


1 Schwerlich dürfteu die von Arnold 398 angeführten Belege (Engeltiiarcshusen 
1123, Engilbrahthtiaen 1380, Engelbrechteshusen 15. Jh.) hierher gehören. 

* (c w\l tnool nädx HUägcsn gin = ich will mal nach Heine gehen. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt 


301 


33. Hilgershausen, ma. HeljsrShüüssn , < Hildegereshusun 1106, Hilde- 
gerishusen 1194, Hildegershusin 1353, Hildegershuseri 1244, 1253, 
Hilgershausen 1585. 

34. Kehrenbach, ma. Kterombar, < Kurinbach 1329, Kömbach 1575, 
Combach 1747. 

35. Kirchhof, ma. Kircoof < [villa\ Kirchob 1374, Kirchoff 1585. 

36. Körle, ma. Kerls, < Chrullef?) 1074, Kurie 1172/81, CArla 1299, 
Ourle 1341, Corlle 1357, Cörlla 1575, Corla 1585, 1747. 

37. Landefeld, ma. Lansfäla, < Lannefelt 1343,1540, zu Lanfelde 1411, 
Lannefelt 1585, Landefeld ca. 1620. 

38. Lobenhausen, ma. Looumihüüsm, < Lubenhusen 1151, Lubinhusen 
1494, Lubenhausen 1575, 1585, Ibbenhausen ca. 1620. 

39. Lohre, ma. Loors, < Lare 1123, 1318, 1389, 1505, Lhoer 1555, Lora 
1585, Lohra 1747. 

40. Malsfeld, ma. Mdltsfäld, < [m] Malzvelten 1196, Malzveld 1231, 
Malzuelt 1253, Maltzfelt 1410, 1482, Maltzfeldt 1505, Malsfeld 1581, 
ca. 1620. 

41. Melgershausen, ma. MäljsrShüüssn, < Medelhereshusen 1151, 1215, 
1246, Medelherehusen 1218/27, Melhershusen ca. 1370, Melgirshusen 
1397, Melgershnsen 1295, 1383, Melgershausen 1585, 1747. 

42. Metzebach, ma. M^dssbax, < Metzebach 1374, Messebach 1540, Metx- 
bach 1585, 1747. 

43. Melsungen, ma M(Ulsiysn, auch Mfldsilym, < Milisunge, Milsungen 
1196, 1321, 1585, 1747, Mglsungen 1269, Melsungen ca. 1620. 

44. Mörshausen, ma. Meershüüssn, < Meynthartishusen 1343, Meyn- 
hartshusen 1483, Mfinhartshusen 1397, Megnhershusen ca. 1360, 
Mengershusen 15. Jh., Mershausen 1540, 1585, ca. 1620, 1747. 

45. Nausis, ma. Nöiods\s, < Nideni Nuicesesse 1392, Niddem Nuwrn- 
sessen 1420, Newses, Neuwesses 1540, Nauses 1585, 1747. 

46. Neuenbrunslar, ma. Nööjdbr\nslär, gewöhnlich nur Br{nSlär } wenn 
keine Unterscheidung mehr nötig ist, < Orossenbrunslar 1333, Grozen 
Irrunslar 1333, Nuwen Brunslar 1437, 1507, Neuen brunsslar 1555, 
Neuen Brunslar 1747. 

47. Neu morschen, ma. NööijsmQrssn, < Nuwin MSrssin 1347, Nuurin 
Morssin 1347, zu Nuwen Morsine 1355, Neuenmorschen 1585, 1747, 
Nuwenmorsen 1505. 

48. Niedermöllrich, ma. Melrje oder Nedsrm<!lr\c l , < [in] Meldriche 
1227, Niedern Mildrike 1272, Nidem Mellerich 1555, Nider Mellerich 
1585, Nider Melderich 15. Jh., Nieder Mellerich 1585, 1747. 

49. Niedervorschütz, ma. Ftersits oder Neersrßersits, < Nydern Vor¬ 
schulz 1429, Niedern voischutz 1460, in inferiori Vorschutze 1318, 

1 Neben Ned»nnelr\c hört mau auch Nenrrnelr\c. Die beiden Laute d und r 

gehen faxt ineinander über. 


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302 


Wilhelm Schoof. 


Nidem Vürschütz 1555, Nydervoorschutz 1428, Nider Vorschule 1585, 
1747. 

50. Obermelsungen, ma. Ooirarmältsigan , < Superior Melsungen 1151, 
Obermilsungen 1534. 

51. Ostheim, ma. Öosdkeem , < Ostheini 1145, 1344, Osthem 1357, Ost¬ 
heim oder Ostern 1537. 

52. Pfieffe, ma. Piifa, < Piopha 1037, Phiphen ca. 1340, Plriffa 1425, 
Pfyffc 1483, Peyffe 1540, Pfeiffa 1585, 1747, Pfeift ca. 1620. 

53. Rhünda, ma. Riido, < Ruhende nach 1200, 1312, Runden 1356, 
Runde 1397, Ruene 1555, Ruende 1585, Rüiide 1747. 

54. Röhrenfurth, ma. Reeranfdrd, < Rorenvort 1199, Romeuwl 1291, 
Rurenvort 1269, Rorenvurt 13. Jh., Rörenfurt 1481, RSrnfort ca. 1620, 
Rümforth 1585. 

55. Schnellrode, ma. Snälröora, auch Snülröoda, < Snelnrode 1430, 
Schnelnrod 1540, Schneirode 1585, ca. 1620. 

56. Schwarzenberg, ma. Üwdtsabädvk, < Swarlenberg 1290, Sivarzen- 
berch 1417, Swarxenbeig 1280, 1307, Schwarzenberg 1487, Schwartxe- 
berg 1585. 

57. Spangenberg, ma. Sbdydnlxiävk , < Spangenlterc 1261 , Spangen¬ 
berg 1438. 

58. Stolzhausen, ma. Sdoltshüüsan, < * Stollenhusen wie Stoltxenbach 
< Stoltenbach 1266. 

59. Vockerode, ma. Fgkaroora , < Vockenrode 1294, 1343, Foclcerode 1346, 
Vogkenrode 1460, Fockenrod 1540, Vockenrode 1585, 1747. 

60. Wagenfurth, ma. Wöömfard,< Wanfurtl 391, Wanfort 1341, Wayn- 
fort 1484, Waynfurt 1486, Wainforth 1585, 1747, Wagenfort ca. 1620. 

61. Weidelbach, ma. Wiidslbax, < Widilbach 1335, Weydelpach 1540, 
Weidelbach 1585, ca. 1690, 1747. 

62. Wichte, ma. Wieds, < Wichten 1196, Withe 1263, Wihte 1256, 1275, 
Wigthe 1219/25, Wichta ca 1260, Wichte 1237, 1238, 1505, 1585, 1747. 

63. Wolfershausen, ma. Wolfsrthünssn, < Wolfhartdeshusen 1357, Wol- 
fershusen 1267, 1274, Wulffirshusen 1436, 1438, Wolfershusen 1505, 
Wolffershausen 1585, 1747. 

64. Wollrode, ma. Wolröora, < Wolvolderode 1228, 1289, Wolvolderod 
1232, Wolvilderode 1309, Wolfolderode 1318, Wolfelderode 1318, Wolde¬ 
rade 1412, Walderode 1505, Wulderode 1534, Wollenrode 1579, ca. 1620. 
Wollerodt 1585, 1747. 

Der Kreis Homberg. 

1. Allendorf, ma. Aalsndgrf, < Aldindorff 1259, AUlendorft 1238, 1578, 
1585, 1747, AIndorf 1537. 

2. Allmutshausen, ma. Almsdshüüssn , < Alniudchnsen 1225, Almets- 
husen 1338, Almishusen, Almeshusen 1330, 13X1. Aimshnnsen 1587, 
Almetshausen 1537, 1585, 1747. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt 


303 


3. Arnsbach, ma. OnSbax, < Amesbach, Amespach 1245, 1286, Arns- 
pach 1304, 1402, 1480, 1505, 1537, 1613, Arnsbach 1368, 1585, 1747. 

4. Berge, ma. Bäävjd, < in monte 1280, darf xum Berig 1537, Berg 
ca. 1550, Berge 1585, 1747. 

5. Berndshausen, ma. Bämsküüson , < Bemeshusin 1248, Bemshusen 
.1303, Bemtshausen 1585, 1747. 

6. Caßdorf, ma. Kdsdgrf, < Castorf 1244, 1537, Kastorff 1477, 1585, 
1747, Casturff 1505. 

7. Dickershausen, ma. DegorShüHsan, < Diggcrcshusun 1108, Dickers¬ 
hausen 1537, 1585, 1747. 

8. Dillich, ma. D\lco, < Thielleichi, Dycliche 1018, Dirlichcn 1196, 
Di liehe 1302, 1361, T hi liehe 1305, Dilche 1357, 1505, Dilcchc 1245, 
1585, Dillich 1647, 1747. 

9. Ellingshausen, ma. EUrjshüüsdn, < Elingshusen 1317, Ellingshausen 
1630, 1747. 

10. Falkenberg, ma. Fdlgznbääsk, < [das tal vor] Falkenberg 1488, Thal 
Falckenberg 1585, 1747. 

11. Freudental. ma. Frierondggl, < Vrowechctulal, Vrowdental, Fro- 
wedental 1222, Frogdentail 1397, 1431, Froudentail, Froudental 1445, 
Freudental gen. xu der Strud 1406, Freudenthal 1478, 1585, 1747. 

12. Gombeth, ma. Gümbqeh, Gömb$d, < Guntbot[ere marca ] 805, Gum- 
pethde 1123, Gumpethe 1251, Gumpette 1223, 1316, Gumpbette 1537, 
xu Qumpetten 1477, Gumpeht 1285, Gumpetthc 1192, Gnmbcth 1364, 
1585, 1747, Qumperte 1506. 

13. Grebenhagen, ma. Gr^wxnhdin, < Grgffenhagn 1457, Grebenhagn, 
Grebenhain 1505, 1585, 1747. 

14. Haarhausen, ma. Hoorrhüiisdn, < Ilorhusm 1408, Horhausen 1585, 
1747. 

15. Hebel, ma. Hääwdl, < Hebilide 8. Jh., Hebeide 1505, Hebel 1144, 
1537, 1585, 1747. 

16. Hergetsfeld, ma. Hpjsfäld, < Hergersfeld 1331, 1361, 1462, Her- 
gersfclde 1587, Herrgottsfeldt 1642, Hergesfelde 1585, 1747. 

17. Holzhausen, ma. Hgltshüüsan, < Holxhusen 8. Jh., 1196, Holx- 
husin 1277, grossen Holxhusen 1295, 1333, 1500, Groissenholtxhusen 
1477, Grossholxhusen 1454, Hoiltxhusin 1342, Obern Hoilchnsen 1228, 
Holxhausen 1348, 1585, 1747. 

18. Homberg, ma. Hpmbääok, Rfrmäüak , Hfinurk, < Hohenburch 1146, 
Hohenberc 1189, Homberg 1235, Hoinberc 1236, Hohnberc 1244, 
Hohinberg 1248, Honberg 1195, 1256, Haynberg 1449, Hombereh 
1231. 

19. Hombergshausen, ma. Hgmdrhiiüssn, < Wanlx/rgehttsin 1269, Wom- 
borgehusin 1322, Wombergehusen 1491, Hombergenhusen 1528, Ham¬ 
mer hausen 1642, Homberhauseyi 1585, 1747. 


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304 


■Wilhelm Schoof. 


20. Lendorf, ma. Leendgrf, < Lintdorph, Lintdorf 1222, 1226, 1270, 
Leintdorff 1332, Lintorf, Lintorp 1221, Lentdorf , Lendorf 1537, 
Lentdurf 1505, Lentorff 1585, 1747. 

21. Leuderode, ma. Liidzröodd (TAidaröora), < Ludinrot, Ludenroth 1196, 
1213, Ludenrode 1254, Lutenrod 1233, Luthenrode 1269, Luderodt 
1537, Leuterirode 1585, 1747. 

22. Lützelwig, ma. Ltttsalioik, < Luczilwig 1224, LutziluAeh, Lutxel- 
wich, Lutzilwig 1247, 1307, 1350, Lützelwig 1544, lAitzelwig 1389, 
Lotzelwigk 1585, 1747. 

23. Mardorf, ma. Mädvdgrf, < Marchdorf 1107, Martdorf 1107, 1537, 

Marcdorf 1300, Mardorf 1343, Marturff 1505, Marttorff 1585, 1747. 

* 

24. Mörshausen, ma. Meejrshüüsdn, < Meynhardcshusen 1304, Mein- 
hartshusen 1276, Megnartshusen 1339, Mershausen 1481, 1637, Mehrs- 
hausen 1642, Mörshausen 1585, 1747. 

25. Mosheim, ma. Möosheem, < Mazheim 1194, 1253, 1267, Mashegm 
1337, Mazhem 1324, Mazem 1231, Mossrm 1537, Mosheim 1461, 
Mossheim 1585, 1747. 

26. Mühlbach, ma. M\lbax, < Milmenebaeh 1070, Milmilbach 1100, 
Millebach 1194, 1197, 1231, 1286, 1353, Milbach 1505, 1537, ca. 1580, 
1585, 1747. 

27. Mühlhausen, ma. Melhüüsan, < Milenhusen 1231, 1267, 1348, 1306, 
Milnhausen 1534, 1537, 1585, 1747. 

28. Nassenerfurth, ma. Nasanärbon, < Erffrede 1040, Erffrith 1123, 
Erphorf 1269, Naxzinerphurt 1359, Nassen Erffort 1430, 1464, 
Nassen Erfurdt 1437, Nassen Erffert 1537, Nassenerfurt 1585, 1747. 

29. Neuenheirn, ma. Noidnhdin, < Nnhenhagcn 1302, Nawenhain 1368, 
Newenhain 1647, Neuenhain 1585, 1747. 

30. Nieder-Appenfeld, ma. Nersrabmfäld, < Appcnfelt 1250, Apen- 
feldt 1537, Appenfelde 1585, 1505. 

31. Niederbeisheim, ma. Nedsrbcesheem (Nersrbtesheem), < Beisheim 
12. Jh. (brev. St. Julli), Begsheim 1319, 1356, Beisheim [und Klein- 
beisheim\ 1378, Nedem Beyshegm 1393, Nedirn Beshegm 1374, Nidem- 
bessem 1537, Nider Beisheim 1585, 1747. 

32. Niederhülsa, ma. NedarhÜts» (NerarhÜts), < Hülse 1248, 1505, 
Hills 1537, Huls am born [neben dem Kirchdorf Hülse ] 1592, Hülsa 
1614, Niederhülse 18. Jh. 

33. Oberappenfeld, ma. Ooimrabznfäld, < Appen feit 1459, Apenfeldt 
1537, Appenfelde esos 1585. 

34. Oberbeisheim, ma. Ooivarbtesheem, < Kleiniteisheim 1338, Obern- 
begsseim 1295, Obembegsheim 1358, Obirnbeshegm 1370, Obern,beis¬ 
heim 1587, Ober Beisheim 1585, 1747. 

35. Oberhülsa, ma. OoivarhUts(o), < Halse 1248, 1505, 1592, Hulsa 
1614. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt 


3^5 

36. Pfaffen hausen, ma. Pafanhüüsan, < Pfaffinhusin 1359, Pfaffen¬ 
hausen 1585, 1747. 

* 

37. Raboldshausen, ma. Räwaltshüüsdn, < Rabenshusen, Rabinshusen 
1267, 1224, 1373, 1505, Rabanshausen 1581, Rabinxhusen 1347, 
Rabelskausen ca. 1580, 1588, Raboltxhausen 1505. 

38. Red dingshausen, ma. Rediyshüüssn, auch Räänshüüsan, < Ret- 
-winishusen 1226, Redingeshusen 1403, Redinyshausen 1537, Reding- 
hausm 1585, 1747. Vielleicht gehört auch Reingshausen 1537 (Homb. 
Saalbuch) hierher. 

39. Relbehausen, ma. Rälwahüüsan, < Reibehusen 1394, 1488, Relbes- 
husen 1460, Relivehausen 1537, Relbehausen 1585, 1747. 

40. Remsfeld, ma. R{msfäld, R\mdsfäla, < Rimegoxesvelde 1105, 1108, 
Rimegoxisfelden 1256, Reinegoldesweide 1314, Reimegoxisveit 1271, 
Remegodisfeld 1369, Reinegodesfelde 1403, Remygoxfelt 1366, Reint- 
gotfelden 1506, Rengersfelde 1505, Remesfelde 1585, 1747, Remsfeld 
1537. 

41. Rodemann, ma. Rooramdn (Roodsman), < Rotinmannin 1253, Ratin¬ 
mannin 1270, Rodemannen 1338, 1339, Rodenmanne 1441, Rodeman 

1537, Rodemanne 1585, 1747. 

* 

42. Römersberg, ma. ReemarSbäävk, < Remmersxhusen 1367, Remers- 
hawsen 1530, 1585, Rommershausen 1647, Römersberg oder -hansen 
1747. 

43. Roppershain, ma. R&bdrShdin, < Ruprechtishayn 1367, Rupershagen 

1431, Rupershain 1445, 1478, Roppershayn 1585, 1747. 

* 

44. Rockshausen, ma. Rgkshüüssn, < Rukishusin 1269, Rukershusen 
1338, Ruckeshusin 1273, 1322, 1434, Rockershusen 1416, Rackshausen 
1609, Rockeshausen 1585, 1747. 

45. Rückersfeld,, ma. RegsrSfdld, < Ruckersvelt 1224, Ruckersfelt 1537, 
Rugkersfelde 1450, Rückersfeld 1585, 1747. 

46. Saasen, ma. Sääsdn, < Sahson 1100, Saxin 1216, Sassen 1267, 1580, 
1585, 1747, Sachsen 1505. 

47. Salzberg, ma. Sdaltsbäävk, < Salxesberg 782, Salxisberg 1090, 1190, 
Sa Ix herg ca. 1580, Saltxbergk 1585, 1747. 

48. Schellbach, ma. $$lbax, < Scilbach 1196, [villa] Skiltpach 1287, 
1300, Schelpach 1587, 1585, 1747. 

49. Singlis, ma. SiydlSdn, Suysl&n, < Sungeslon 1123, Sungsule 12. Jh. 
(brev. St. Lulli), Sungelsen 1265, 1266, Sungilsen 1270, Sungilschen 
1385, Sungelschen 1505, Sünglisch 1585, Singlis 1747. 

50. Sipperhausen, ma. Sebdrhüüsan, < Svipburgehusun ca. 1140, Swip- 
purgehus 1194, Svigburgehusen, Svipurgehusen 1195, 1267, 1234, 
Sviporgehusen 1253, Sipporgehusen 1322, Syppergihusen, Sypergehusen 
1488, 1366, Siprigehusen 1400, Siprigshusen 1403, Sij)perhusen 1505, 
Sipperhausen, Siperhausen 1537, 1585, 1747. 

Zeitschrift für DeuUcho Mundarten. VII. 20 


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306 


Wilhelm Schoof. 


51. Sondheim, ma. Söndheem, < Suntheim 1262, 1348, Suntheym 1278, 
Sontheym 1493, Sontheim 1508. 

52. Steindorf, ma. Sdföndorf, < [hof ] Steijidorf 1537, 1587, 1585, 1747. 

53. Stolzenbach, ma. Sdpltssnbax, Stolzinbach 1266. 

54. Trockenerfurth, ma. Drggsnärbsn, < Erffrcde 1040, Erffrith 1123, 
Erphort 1269, Trocken Erphorde 1258, Trokin Eiphirte 1318, Drocken 
Erphirte 1348, Trockin Erphorte 1365, Drockenerphirte 1348, Drocken- 
erffort 1425, Truckenerfurdt 1505, Drucken Erffert 1537, Trocken¬ 
erfurt 1585, 1747. 

55. Unshausen, ma. Ontshüüssn, < Unshusen 1196, Unneshusen 1248, 
Onshusen 1494, Unshausen 1476, 1555, 1585, 1747. 

56. Verna, ma. Fqmd, < Firne 12. Jh. (brev. St. Lulli), Phirfiihggouwe 
1008, Verne 1240, 1325, 1505, Vieme 1354, Veime 1233, 1259, 
Vem 1537, Verna ca. 1580, 1585, 1747. 

57. Völkershain, ma. FglgdrShdin, < Volkershain 1462, 1585, 1747. 

58. Wallenstein, ma. WdabnSdcen, < Waldinstein 1267, 1332, Walden- 
steyn 1226, Waldenstein 1381, 1585, 1747, Wallenslein 1456, 1594. 

59. Waßmutshausen, ma. Wasmsdshüüssn, < Wasmundishusen 1213, 
Wasmudizhusen, Wasmudeshusen 1372, 1213, 1254, 1249, 1505, Was- 
manshusen ca. 1340, Wasmutshusen 1537, Wasmetshausen 1585, 1747. 

60. Welferode, ma. Wälßröods ( Wälfsröors), < Belferoih 1196, Welfe¬ 
rode 1253, Welfferodt 1537, 1585, 1747. 

61. Wernswig, ma. Wänisw\k, < Wernesioic 1097, Wemeswich 1220, 
1231, 1265, Wemitzwig 1356, Wemesivig 1237, 1248, Wemisivig 
1265, Wernswig 1323, 1440, 1505, Wernswigk 1537, 1585. 1747. 

Der Kreis Fritzlar. 

1. Besse, ma. Bäso, auch Bass, < Passahe, Bessehe 1122, Bessen 1123, 
in superiori Besse 1291, Overen Besse, Oberbesse 1292, 1312, 1395, 
1408, Besse 1293, 1326, 1443, Bessa 1579, 1585, 1747. 

2. Betzigerode, ma. Bätsgsröors, < Betxichenrods 1296, Betzigerode 
1592, Betzingerodt 1585, 1747, Betzgeroda 1713. 

3. Bischhausen, ma. Bfihuussn, < Bissopheshusen 1196, Bischoffis- 
husen 1359, Bischhausen 1585, 1747. 

4. Densberg, ma. D&isbäävk, zuweilen noch mit Artikel: ofds Dtnsbäävk. 
fom Dtnsbäävk, < Dcnisburc 1085, Densborg 1232, 1359, Thensburg 
1193, Dcnesberg 1248, Densburg ca. 1580, Densberg 1585, 1747. 

5. Dissen, ma. Desm , < Dusinun 1074, Dösene 1123, Tosene 1342, 
Thusene 1298, Kirchthusene 1357, Kerichtosen 1319, Toyssen 1362, 
Tosin 1386, Thussen 1439, Tuessen 1528, Tuisscn 1325, Toysse 1533, 
Tosse 1525, Dose?i 1370, Tassen 1585, Düssen 1747. 

6. Dorheim, ma. Döoreem, < Torhem 1245, Dorheym 1431, Torheim 
1359, 1365, Dornheim 1585, 1747. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


307 


7. Dorla, ina. Dprh, Dgrl, < Thurisloun, Durloon 1040, Torloyn 1313, 
Borlohin 1382, Thorion 1397, Torion 1327, 1487, Toyrlon 1398, Torloin 
1397, Torle 1529, Dorlen 1538, Dorlan 1416, Dorla 1464, 1585, 1747. 

8. Elnrode, ma. Elnröord, < *Ellinrode, Eimerodt 1585, 1747, Eln¬ 
rode 1647. 

• • • • 

9. Ermetheis, ma. Armddoiso (Fritzlaer Gegend), Armoddis (Hornberger 
Gegend), Ärmadüsd (Melsunger Gegend), < Ermenteus 1334, Ermen- 
toys 1376, Ermetheis 1353, das Ermetheuss 1555, Ermetheus 1579, 
1585, 1747. 

10. Fritzlar, ma. EV\tslär, I\r§lär, F\r§lor, < Fritislare ca. 880, Frides- 
lare 1040, 1126, Fritislar 943, Friteslar, Frideslar 1172/81, 1085, 
Fritzlar 1369, 1463, 1482. 

11. Geismar, ma. Giesmor, < Gaesmere, Oesmari , Qesmar 1238, Geis¬ 
mar 1511, 1586, 1747. 

12. Gilsa, ma. Gelss, < * Oilsaha , Gilsa 1359, 1585, 1747. 

13. Gleichen, ma. Glicsn, < Gilihha 850, ober- und nieder - Glichen 

1269, inferiori Glychen 1285, Glichen 1290, 1275, 1505, Gleichen 
1585, 1747. 

14. Grifte, ma. Grefds, < Girophti(?), Grifethe 1074, Grifide 1123, 
Griffede 1315, Grifede 1132, 1290, Griffeide 1298, Griffta 1505, 1585, 
Grifte 1597. 

15. Großenenglis, ma. Qroosonäyols, < in Angelgise 12. Jh. ( brev . 
St. Lulli), Angilgise 1074, Angelgisen 1123, Engilgis 1196, grossen 
Engelgis 1259, 1339, major Engilgis 1314, 1505, Groszen Engilis 
1339, Grossen Englis 1537, 1585, 1747. 

16. Gudensberg, ma. GürsnSbgrk, QürsrSbgrk, GürdSbgrk, < Wodenes- 
berg 947, Gudensberg 1131, 1272, 1585, 1620, 1747, Quodensberg 
1152, Wüdenesberg 1170, Wudenesberch 1154, Wodenesberch 1189, 
Gudenesberc, Gudenesberge ca. 1215, Wödensberg 1226, Qodensperg 
1311, Godensperch 1309, Qudinsberg, Gudinsperg 1307,1308, Quihens- 
berg 1269, Gudenspergk 1534. 

17. Haddamar, ma. Halmsr, < Hademare 1252, Hademor 1245, Hade- 
mar 1386, 1396, Haddamar 1579, 1585, 1747. 

18. Haidorf, ma. Hdaldgrf, < Halthorpe ca. 1020, Haldropf 1255, Haul- 
dorf 1503, Haidorf 1253, 1255, 1260, 1410, 1585, 1747. 

19. Holzhausen, ma. Hgltshüus9n, < Haieshusen 1274, Holthusen 1290, 
Holzhusun 1074, ca. 1120, Holtxhausen 1585, 1649, 1747. 

20. Hundshausen, ma. Hontshüusdn, < Hunoldeshuson 969, Hunoldis- 
husen 1351, Huntxhusen 1480, Hunshtisen 1514, Honshusen 1522, 
Hundshausen 1584, 1747. 

21. Jesberg, ma. J$sbäävk, < Lensicideshusen nunc Jagsberg, Jag es- 
berg 1241, Jaisberg 1277, 1281, 1315, Jespurgk 1528, Jesperg, Jesberg 

1270, 1345, 1429, im 15. u. 16. Jh. Jesburg und Jesberick. 

20 * 


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308 


Wilhelm 8ohoof. 


22. Kappel, raa. Kabdl, < Capelia 1291, Cappel 1384, 1428, 1585, 
Cappell 1747. 

23. Kerstenhausen, ma. QärSdanhüusan, auch KärSanhüusan , > Cristine- 
husen 1044, Kyrstenhusen 1291, 1537, Kirstenhusen 1319, Oroxin- 
kerstinhusin 1348, Kerstinhusen, Kerstenhusen 1314, 1348, Kersten¬ 
hausen 1585, 1747. 

24. Kirchberg, ma. K\rbard, < Kirberg 1339, Kerperch 1515, Kirch- 
berg 1285, 1344, 1378, Kerchberg 1438, Kirpurg 1505. 

25. Kleinenglis, ma . Kleenäyals, minor Engelgis 1258, in minori Eng - 
ligis 1292, in minori Enghelis 1291, in minori Englis 1290, Wenigen 
Engilgis 1359, Wenygen Engelgys 1339, Klein Ingilgis 1270, Kleinen 
Engillis 1333, Kleinen Englis 1329, Klein Engelis 1262, Engelgis 
minor 1505, Klein Englis 1585, 1747. 

26. Lohne, ma. Loona , < Lon 1122, 1123, Lohn 1339, Loen 1500, Lona 
1579, Lohna 1585, 1747. 

27. Maden, ma. Määran, < Madoha 874, Mathanon 12. Jh. (brev. St. 
Lulli), Madanun 1045, Mathenun 1074, in maiori Madene 1295, 
Madin 1323, 1407, Maden 1585, Maaden 1747. 

28. Metze, raa. Mätsa, auch Matsa, < Metzihe 1060/84, Mezzehe 1145/59, 
1219, 1233, Mexehe 1074, Metxa 1579, Metz 1585, 1747, Melxehe 
1312, Mecxehe 1291, (villa) Metxe 1334, 1534. 

29. Niedenstein, ma. NiiranSdien, < Nidinstein 13. Jh., Niedenstein 
1343, 1366, Nydcnsteinc 1505, Neidenstein 1595, 1747. 

30. Niederurff, ma. Nerarürfa, < Urpha (*Urapha) 1085, 1220, Orpha 
1184, Oyiphe 1281, Hurephe, Urfe 1291, Urphe 1315, Orphe 1272, 
Niddern Urff 1585, 1747. 

31. Obermöllrich, ma. Ooivarmflric, auch bloß Mflric, < Obim Mel - 
derich 1380, in superiori Meldenke 1234, curiam Melderiche 1288, 
de Melderico 1305, Melderiche 1295, Obir Meldrich 1388, Ubeim Mel- 
deiich ca. 1490, Uber Melderich 1489, Obim Meldrich 1395, Ober 
Melderich 1585, 1747, Obormellerich 18. Jh. 

32. Oberurff, ma. Ooivarürfa, < Obim Orphe 1318, Obern Urphe 1321, 
Obern Urff 1575, 1627, 1747. 

33. Obervorschütz, ma. OowarfierSitsa, auch bloß Fier Sit sa, ein Buri- 
scuxze, Burischuzze, Vurescuzze 1074, Burscucede 1123, Furscuzze 
1200, villa Vorsuzze, Worsuzxe 1250, in villa superiori Vorschutze 
1334, superior Vorskuthe 1275, Obim Vorschutz 1357, Obdrn F\ir- 
schutze 16. Jh., Forschutze 1454, Obervorschütz 1585, 1747. 

34. Reptich, ma. Rqbdca, < Reptich 1747. 

35. Rothelmshausen, ma. Roodälmshiiusan, Roodamshüusan, < Rut- 
hclmeshusen 1308, 1309, 1321, Ruthelmishusen 1324. 

36. Schiffeiborn, ma. &ifalb$n, gewöhnlich aber L(waSdeen, < Lewen¬ 
stein 1316, 1317, Schiffelborn 1747. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


309 

37. Schlierbach, ma. SlUorbax, < Slirbach 1245, Slyrbach 1359, Sler- 
bach 1367, Schlierbach 1585, 1747. 

38. Strang, ma. dä Sdrayk (mit Artikel), < der Slrangk 16. Jh., Strangk 
1747. Vgl. die Waldorte Der Strang bei Sindersfeld, Breuna, 
Ehlen u. a. 

39. Udenborn, ma. GurdnbQn, auch QuroSbQn, < ITdenbrunnen 1040, 
Udinbumen 1358, Udenbumen 1277, Odenbomen 14. Jh., Udenbomen 
1365, Odenborn 1537, Udenborn 1585, 1747. 

40. Ungedanken, ma. Öygodaykdn, < Ungedanken 1321, 1324. 

41. Uttershausen, ma. OdsrShüusdn (OdarShüüssn Hornberger Gegend), 
< Oderadeshusnn, Oderadeshusen 1074, 1131, Uhdereshusun 1108, 
Uderadeshusen 1131, Ochtereshusen 1231, Utirshusin 1322, Uters- 
husen 1196, 1319, 1443, 1505, Othershusen, Hotthershnsen 1221, 
Uttershausen 1607, 1585, 1747. 

42. Wabern, ma. Wggwsrn, < Waberen 1244, Wabim, Wabern 14. Jh. 

43. Waltersbrück, ma. Walchrs brfyo, auch di WalddrSbrtgd, < Walters- 
pruckin, Waltersbrucken , Waltersbrugken 1342, 1359, 1423, Walters¬ 
brücke 1585, 1747. 

44. Wehren, ma! Wääron, < Wernhenne 1259, Werheyn, Werben 1291, 
1312, 1369, Werhene 1272, Weheren 1360, Weren 1266, Wehm 1579, 
1585, 1747. 

45. Wenzigerode, ma. Wentsgwöord , < Wencenrode 1349, Wentxige- 
roda 1738, Wenzigerode 1747. 

46. Werkel, ma. Wäägdl, < Werkele, Werde 1253, 1308, Werckel(e) 1383, 
1585, 1747, Werkeln 1361. 

47. Wichdorf, ma. Wöcdqrf, < Wighthorph, Wichthorf 1074, Wichtorp 
1328, Wiehtorpe 1234, Wichtorf 1350, Wychdorff, Wichdorf 1437, 
1213, Weichdorf 1579, 1585, 1747, Wickstorff 1530. 

48. Zennern, ma. Tsänd{r)n, < in superiori Cenre 1279, Hydern Cenre 
1376, in Cenre infenori, in Cenre 1298, Czenner 1527, Zchenre 1429, 
Zender 1537, Ober Zenner 1505, Zendem 1585, 1747. 

49. Zimmersrode, ma. TsemdrSröord, < Ziemansrode 1307, Zymans- 
rodde 1310, de Zimansrode 1312, Tzymisrade 1394, Ziimmersroda 1585, 
1747. 

50. Zwesten, ma. Tswäsddn, < Tu westenTivesten 1425, Twiste 1325, 
Tioisten 1585, 1747, Zwesten 1647. 

Der Kreis Kirchhain. 

1. Albshausen, ma. Albtshäusd, < Aldeboldishusen 1374, Alboldes- 
husen 1283, 1388, Albolczhusen 1388, Albulshusen 13. Jh., Albuts- 
husen 1336, Albatshusen 1310. Albshusen ca. 1500, 1570, Albtshausen 
1577, Albshausen 1747. 


1 Dronke, Codex diplomaticus 1, 39. 


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310 


Wilhelm Schoof. 


2. Allendorf 1 , ma. Aandgrf, < villa Berinscoxo 782, Bereskyex o. J., 
Beriscixa 12. Jh., Aldindorf in dem Berschiessen 1410, Aldendorf 
Berschissin 1472, Aldendorf in den Berschissen 1488, Aldendorf im 
Berschyssen 1511, Allendorf im Bärschiessen, Allendorf im Bern¬ 
schuss 1577, 1747. 

* 

3. Amöneburg, ma. Oommbgrk, < Amanaburch, Hamanaburch 722, 
Amneburch 1235, Ameneburyh 1276, Ameneburg 1268, 1266, 1289, 
1343, 1427, 1562, ca. 1760, Ameneburc 1244, Amenburch 1244, Aniel- 
burg 1205, 1458, 14. Jh., Omelburg 1325, Omenburg 1515, Amaene- 
burgk 1564. 

4. Anzefahr, ma. Antsofädv, < Anxenvar 1259, Ancxenfar 1364, Ancin- 
var, Anxinvar 1256, 1277, Antxenfare ca. 1500, Anxenfare 1254. 

5. Burgholz, ma. Borkh$lts, < Borgholcx 14. Jh., Borghoilcxe 1401, 
1406, Borgkholtx 1571, Burckholtx 1577, Burgholz 1778. 

6. Emsdorf, ma. Eemsdgrf\ < Enisdorf 1358, 1681, Empsdorff ca. 1500. 

• • 

7. Erfurtshausen, ma. Arwdtshdusd, < Erfrateshusen ca. 920, Eren- 
frideshusen 1276, Erenfershusen 1266, Erferts-, Ervershusen 1260, 
1368, Erfirs-, Erfershusen 1411, 1431, Erfurdishusen ca. 1455, Er¬ 
ft" tshausen 18. Jh. 

8. Erksdorf, ma. Ärksdqrf, < Erkeirsdorff 1366, Erkirsdorff 1369, 
Erkersdorf 1270, Erpdorff ca. 1500, Erxdorf 1747, Erksdorf 1778. 

9. Ernsthausen, ma. Ernsdhäusd, < Erneshnsen 1303, 1312, Erens- 
husin 1324, Ernshusen 1374, Erntxkusen 1502, Ernsthusen ca. 1500, 
Ernsthnsen 1577, 1747, 1778. 

10. Gemünden, ma. Oomins, < Munden 1265, 1266, Oemunden 1361, 
1372, 1448, Oemunden an der Ware 1378, Qemünden 1227, 1253, 
1434, 1570, 1747, Ohemundin 1260. 

11. Großseelheim, ma. Oroosscehm, auch bloß Seeldm, wenn Verwechs¬ 
lung ausgeschlossen ist, < Scleheim 722, Seliheim 920, ca. 1046, 
villa Kyrchselhem 1292, in utroque Seihern 1296, Seilheym ca. 1500, 
Grossen Sehlheim 1577, 1747, Gvossenseelheem 1778, Scelheim 1335. 

12. Halsdorf, ma. Hälsdprf < Hadeboldestorff 1390. Hadeboldisdorff 1370, 
Hadeboldistorf 1360, Iledeboldistorff ca. 1360, Habelsdorf ca 1500, 
Hadilsdorff 1400, Hadilinstorf 1395, Haudilstorf 1400, Hatlsslorff 
1502, Halsdorf 1541, 1577, 1747, 1778. 

13. Hatzbach, ma. Hdtsbax, < Hattisbach ca. 1360, Halxbach ca. 1500, 
1577, 1747, 1778. 

14. Hertingshausen, ma. Hädiyshduso, < Hertingishusen, Hertingen- 
husen 1329, 1374, Hertingshausen 1580, 1747, 1778, Hetgeshauseu 
18. Jh., Hettingshusen 1392, Hettingishusen ca. 1500. 


‘ Zum Unterschied von noch andern gleichnamigen Ortschaften (außer drei 
Wüstungen), z.B. Allendorf a.d. Werra, Allendorf a.d.Landsburg, Allendorf in derWüste, 
wird es Allendorf im Bäreuscliuß oder auch Katholisch Allendorf genannt 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 311 

15. Himmelsberg, ma. H{malsbärc, < Himclsberc 1280, xu Hymmels- 
perge 1388, Himelsberg 1571, Hymmelsberge ca. 1500. 

16. Holzhausen 1 , ma. RguSholtshdusd, < Holxhusen 1251, Holtxhusen 
1366, ca. 1500, Holtxhusen vom dem Schyneberg, H. by dem Schene- 
berg 1374, 1380. 

17. Joßbach, ma. J$sbax, < Jaxbach 1196, 1280, Jaspach 1364, Jospach 
1358, Josbach 1522, ca. 1500. 

18. Kirchhain, ma. Ktrchaa, < Werplchen 1146, villa que Kirchhain 
nuncupatur, quondam auiem Werflo 1244, Kirchagin 1270, Chirchan 
1294, Kircheyn 1295, Kirhen 1260, Kyrchain 1306, Kirchhayn 1747, 
Kirchhain 1344 u. ö., cxu deine Kirchayn 1370. 

19. Kleinseelheim, ma. Kleesdelsm, auch wohl nur Seelom, wenn Irrtum 
ausgeschlossen ist, < Nidem Selheim 1350, Niedern oder Wenigen 
Selheim 1358, Wenigen Selheim 1341, xu Cleynen Selheym 1478, 
Kleinseelheim 1512. Seilheym ca. 1500, Klein Sehlheim 1577, 1747. 

20. Langendorf, ma. Ldyddyrf, < Langendorff 1367, Langendorf 1334, 
1577, 1747. 

21. Langenstein, raa. Laarpsdte, < Langenstein 1256, 1269, 1571 u. ö. 

22. Mardorf, ma. Määdqrf, < Marachdorf (Arnold 375), Martdorf 1236, 
Martorff 1233, 1393, ca. 1500, Marcdorf 1234, 1343, Mardorf 1265. 

23. Momberg, ma. Mömbääsk, auch Mömsrc *, < Mumenberc 1231, 
Mumenberg 1360, 1372, Momberg 1253, Mummenberg ca. 1500, Mom- 
merg ca. 1762. 

24. Niederklein, ma. Ndrorklee, < Olcne ca. 920, 1318, 1369, Oleine 
1280, Niedemglen 1417, Niedergleina 1590, Nieder Olein ca. 1762. 

25. Niederwald, Nerdrwa&ld, < Niederenwalt 1268, villa Nyderwalde ' 
1243, Niederivalde 1262, cxu deine Niddernualde 1370 Nid er Waldt 
1571, Nyderwalde ca. 1500, Niddern Wallen 1577, 1747, Niederwald 
1778. 

26. Neustadt 8 , ma. NaiSdad, < Nuwcnstat 1348, ca. 1500, Neustadt 1490, 
Neuenstadt 1487. 

27. Rauschenberg, ma. RpiSsburk, auch R^iSdbäävk, < Ruschenberg 
1219, Ruskinberg, Rusckinberg 1270, Ruschinberg 1275, Ruschimberg 
1318, Russinberq 1335, Rusqensberq 1276, Ruschemberq 1287, Rauschen¬ 
berg 1338, 1577, 1747 u. ö. 

28. Roßdorf, ma. Rusd^rf, < Rastoif 1255, Rorstorf 1260, Rosdorf 1260, 
1276, Obern Rustorp 1349, Obern Roixdorf 1335, Abernroixdorf 1335, 


1 Zum Unterschied von andern Ortschaften gleichen Namens (außer vier Wüstungen), 
z. B. Holzhausen im Loch, Holzhausen am Streichenberg, wird dieser Ort Rauisch Holz¬ 
hausen oder Rauschholzhauson genannt nach der Adelsfamilie derer von Rau zu Holz¬ 
hausen. Früher hieß es H vor dem Schyneberg. 

* Pfister, Chatt. Stammeskunde 108 kennt es noch mit Artikel: noh der Mumm'crg. 

1 Pfister a a. 0. kennt es mit Artikel: us der Neishtod, vf di Neishtod , auch als 
Diminutiv 'a Naüdädco kommt es vor, z. B. of’s Naüdädco foorm . 


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312 


Wilhelm Schoof. 


Grosses Rosdorf 1499, in majori Rostorpf 1308, Qrosen Rosdorff 
ca. 1500. 

29. Schiffelbach, ma. Sifalbax, < Schauffelbach 1549, Scheffelbach 
1619, Schiffelbach 1555, 1747. Nach Landau, Ritterburgen I, 1137, 
Anm. 2 hieß das Dorf früher Löwenstein (ma. Lewdsdee), wie auch 
Schiffeiborn im Kr. Fritzlar, so noch 1569. 

30. Schönbach, ma. Sinbax, < Schoninbach ca. 1295, Schonerbach 1256, 
Schonenbach 1261, Sconenbach 1270, Schönenbach 1577, 1747, Schöne¬ 
bach 1778. 

31. Schwabendorf 1 , ma. di Swoowo, > auf der Schwabe, die Schwabe 
1687, Schwabendorf 1747, Schwabendorf oder auf der Schwöb 1778. 

32. Schweinsberg, ma. Swdensbork, < Sueinsberg ca. 1220, Suenislerg 
1250, Swetisberg 1264, 1314, Swensperg 1390, Suines-, Suensberg, 
Suinesburg (Engelhard, Erdbeschr. Hess. Lande), Schweinsberg 1315, 
1747, 1778. 

33. Sindersfeld, ma. SonorSfäh, < Sindelatsfeld 1255, Sindelasfelt 1241, 
Symmcrsfeld 1500. . 

34. Speckswinkel, ma. Sbäkswtykol, < Speckiswynkil ca. 1360, Spex- 
winckel 1493, Specksimnckel 1502, Speckswinckell 1747. 

35. Stausebach, ma. SdQusobax, < Sluxenbach 1279, Stusxenbaig, Stusin- 
bach 1294, Stausscnbach 1571, Slussenbach ca. 1500. 

36. Wohra, ma. Wooro, < Wara 1334, ca. 1500, Waraha 12. Jh. (brev. 
St. Lulli), Ware 1272, Wora 1502, Wohra 1570, 1577,1747, Wohre 1778. 

37. Wolferode, ma. Wolforöore, < Wulfferode 1381, Welferoda 1359, 
Welferode 1502, Wolferode 1382, Wolffenrade 1478, Wolffenrhoda 
1570, Wolffenrodt 1577, 1747, Wolfenrode 1778. 

38. Wolfskaute, ma. uf dar Wölfskgudo, < Wolfskaute 1747, 1778; 1699 
als französische Kolonie begründet 

Der Kreis Marburg. 

1. Allna, ma. An, < Allanaha, Alnaha 1254, Alnahe 1291, 1302, 1306, 

1505, 1352, Alna 1380, 1398, Ayln 1586, Ahln 1577, 1582, 1747. 

* 

2. Altanvers, ma. AahferS, < Altenversse 1502, Altenverssa 1572, 

Aldenverse 1505, Alten Vers 1747. 

* 

3. Amönau, ma. Oomonaa, < Amnouwa ca. 1200, Amenauwe 1287, 
Ammenowe 1331, Amenowe 1234, Amenaw inferior u. superior 1505, 
Amenauw 1502, Omenawe 1574, Amenawe 1577, 1747, Amenau 18. Jh. 

4. Arg enstein, raa. AorjoSdde, < Argenstein 1725, 1747. 

5. Bauerbach, ma. Baüorbax, < Burbach 1288, 1248, 1250, 1263 
1270, 1311, Burebach 1260, Burebhac 1305, Buerbach 1505, Baur- 
bach 1571. 


1 In der Nähe das Wirtshaus an der Schwab. »Er ist von Schwabendorf«: hä es 

v w 

foo dar Suooica , »Er ist in Schwabendorf gewesen«: hä es of dar Swooics gatcääsd. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


313 


6. Bellnhausen, ma. Bqnhdusd, < Badelingehusen 1316, 1319, 1312, 
Badelogehusen 1308, xu Beinhusen uff der Logic 1467, Beinhausen, 
Bellnhausen 1505, 1572. 

7. Beltershausen, ma. BäldsrShdusd, < Beltershusen 1313, 1251, 1248, 

Beltirshusin 1343, Belttershausen 1571, ca. 1600, 1747. 

* 

8. Berndsdorf, ma. Bärnsdorf, < Bemistorf 1361, Bemsdorff 1571, 
1505, 1592, Bemsdorf 1577, 1747. ^ 

9. Betziesdorf, ma. Bärtsjdsdqrf Bä[r)tsd$rf < Bezxekendorf 1280, 
Bezxechindorf 1282, Betxichindorf 1335, Betxigendorff 1334, Becxigin- 
dorff 1395, Bechichendorf 1292, Betxgensdorf 1489, Belxgesdorff ca. 
1500, 1592, ca. 1600, Betxigsdorf 1571, 1587, Betzendorf 1500, Betz¬ 
dorf 1577, 1747. 

10. Bortshausen, ma. BgUhdusd, < Borkeshusin 1343, Brodehusen 
ca. 1500, Bortshausen 1571, Bortthausen 1577, 1747. 

11. Bracht 1 , ma. Brä&xd, < Brathfa 1265, Brachtfe 1334, Brahtfe ca. 
1248, Bratfe 1280, 1302, Brachte ca. 1500, Bracht 1577, 1747. 

12. Brungershausen, ma. BrdysrShdusd , < Brungoxishusen 1265, 

Brungoxhusen 1235, Bmngelshusen 1269, Brungershusen 1270, 1281, 
1290, Brungirshusen ca. 1500, Brungerhusin 1283, Brengershusen 

1515, Brommershusen 1577, 1747. 

13. Bürgeln*, ma. Birjdl, < xe den burgilun, in Byrgelin 1334, Byrgeln 
1351, Birgiln 1388, Birgeln 1434, 1577, Birgele ca. 1500, Byrgele 
1334, Bürgeln 1747. 

14. Caldern, ma. Kaalsm, < Calantra (Arnold 123), Kalderen, Kaldem, 
Calderen, Caldre 13. Jh., Kallei-n, Callern 1502, 1592, Kaldirn ca. 1500. 

15. Cappel, ma. Kabsl, < Capela 1137/40, 1284, Capelia 1232, 1248, 
Koppele 1341, Capple 1235, Cappel 1577, Cappell 1747. 

16. Cölbe, ma. Kelwa, < Oulbe 1271, Culbe 1334, Kulbe 1318, Colb 

1516, Kolbe ca. 1500, Köelbe 1571, Colb ca. 1600, Kölb 1577, 1747. 

17. Cyriaxweimar, ma. Tsiljatswdimor, < [in villa] Wymere 8. Cyriaci 
1320, [hof xu] s Cyliacus Wymar 1344, Oiriaci Wimare 1374, Wymar 
Oiriaci ca. 1500, Ciriaxweimar 1577, 1747, Cyriakirsunmer 1306. 

18. Dagobertshausen, ma. Dääu&rtshduso 3 , < *Dagobrahtishusun, 
Deibratishusin 1273, Debrachtishusin 1374, Debratshusin 1234, Da- 
brachtisheusin 1355, Dabretshusen 1260, Daberxhtisen 1540, Bauwerx¬ 
hausen 1534, Dabortzhansen 1592. Daubertshausen 1562, 1550, De- 
birtshusen' 1374, Teberlxhusen 1389, Bebertshauscn 1572, Daberts- 
hausen 1577, 1747. 

1 Flurbezeichnnng: Zu Altenbracht. 

* 1419 wird dort eine Burg Birgeln genannt (Engelhard, Erdbeschreib.). 

* Wenn Engelhard (Erdbeschreibung der Hess. Lande 1. u. 2, Kassel 1778) sagt, 
daß der Ort in der Gegend Tabeishausen genannt würde, so verwechselt er das mit dem 
gleichnamigen Dorfe im Kreise Melsungen. 


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314 


Wilhelm Schoof. 


19. Damm, ma. Dam, < Zu Thammo 1271, Damme, Tamme 1320, 1338, 
1325, 1376, Dampme 1365, Thamme 1271, 1502, Thamm 1572, Dam 
1577, 1747. 

20. Dilschhausen, ma. DilShdusd, < superior Dylshusen 1285, Dyles¬ 
husen 1374, Tyleshusen, Tylshuseh 1372, Obern Dielshusen 1443, im 
obern dorf Thielsshussen 1527, Dielshusen ca. 1500, Dilshausen 1592, 
Dielshausen 1577, Dilschausen 1747, Dilschhausen 1778. 

21. Dreihausen, ma. Draihdusd, < Husin 1270, curia in Eusin, villa 
Husen 1278, 1326, Obernhusin, Nidemhusin 1374, Husen, Neddern- 
husen 1467, Obern-, Mittel-, Nidemhausen 1570, Obern-, Mitteln-, 
Nidderhausen 1577, 1747, Ober-, Mittel-, Unterhausen 1778. 

22. Ebsdorf, ma. Eesdqrf, < Ewilixdorf 12. Jh. (brev. St. Lulli), Ebliz- 
dorf 1066, Eiblixdorf 1272, Ebihdorf, Ebelxdorf 1267, 1257, Ebinz- 
dorf 1270, Ebixdorf 1289, Ebirsdorff 1451, Ebestorff 1372, Ebelsdorf, 
Ebelxdorf 1279, 1257, Ebisdorf 1348, 1577, 1747, 1778. 

23. Elnhausen, ma. Enhdusd, < Elinhusin 1234, 1337, Eylinhusin 
1356, Einhusen 1366, Alnhusen 1406, Ailnhausen 1534, 1577, 1747, 
Eylnhausen 1572, Elnhausen 1592. 

24. Erbenhausen, ma. Ärwdhdusd, < Erbenhusen 1315, Erbenhausen 
1570, 1577, 1747. 

25. Fleckenbühl, ma. Flügabiisl, < Fleckinbohel 1339, Fleckinbuhcl 
1346, Fleckenbeyl 1376, Fleckinbüle 1334, Fleckenbühl 1485, Flecken- 
buheü 1577, 1747. 

26. Fronhausen, ma .Froohdusa, < Fronenhusin 1108, Fronehusin 1232, 
Vronhusen 1248, Froenhusen 1467, Fronhausen 1577, 1747. 

27. Ginseldorf, ma. Glnsaldqrf, < 0unxellendorf 1253, Guncilndorf\ 
Gunxilindorf 1280, 1334, Gunxelindorf 1338, Gunxildorf ca. 1340, 
Gontxelndorff ca. 1500, Gontxeldorff 1571, Göntxelndorff, Gönseidorf 
ca. 1500, Gintxelndorf 1609, Qüntxclndorf 1631. 

.28. Gisselberg, ma. Glsdlbprk, < Goisxilberg ca. 1400, Gosselberg 1435, 
Goisselberg 1459, Gusseiberg 1594, Goesselberg 1572, 1577, 1747, 
Goselberg ca. 1500, Qiesselberg 1778. 

29. Goßfelden, ma. Gusfdh, < Goxvelde 1263, 1309, Gosfeldin 1374, 
Qoxfelden 1259, Gossfelden 1486, 1778, Goisfelden 1570, Qosfeldcn 
ca. 1500, 1747. 

30. Hof Görzhausen, ma. Qirtsh$isar höop, < Gerbrachtishusin, Ger- 
brachtxhusin ca. 1360, Qirbrechtshausen 1402, Girtxhusen ca. 1500, 
Giertshauseyi 1577, Görtxhausen 1747, 1778. 

31. Göttingen, ma Gld[y9, < Gyttingcn 1315, Gittingen 1354, ca. 1500, 
Gottingen 1570, Güttingen 1577, 1747, 1778. 

32. Hachborn 1 , ma. Haxbön, < Havecheburnen 1189, ca. 1225, Habechc- 
bumen 1251, Habeghebumin 1269, Habichebumin 1293, Habeche- 

1 Interessant ist, daß sich 1359 infolge falscher Etymologie auch die Schreibung 

Hohenburg findet (Engelhard, a. a. 0.). 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


315 


btime 1215, 1224, Habchenburrien 1210, 1251, Habchenbome 1337, 
Hagebumin 1279, Hucheburnen 1335, Hakebumen 1252, Hauckebron 
14. Jh., Hachenbomen 1255, Hachebome 14., 15. Jh., Hachisbume, 
Hachesbome 1289, Hachborn 1570, 1625, 1747, 1778. 

33. Haddamshausen, ma. Härmtshduss, < Hadmüdishusin 1323, Hade- 
mevshusen 1357, Haddamshausen 1446, Hademeshusen 1277, Hadampts- 
hausen ca. 1500, 1577, 1747, Hademshausen 1778. 

34. Hassen hausen, ma. Hässhduss, < Hozenhusen 1271, Hosenhusen 
1370, Hossenhausen 1570, 1577, 1747, Hessenhusen ca. 1500. 

35. Hermershausen, ma. HärmsrShduss, < Hermirshusin 1335, Her¬ 
meishusen 1357, 1368, 1499, Hermeshusen 1315, Hermershausen 
1577, 1747, 1778. 

36. Heskem, ma Häsksm, Häskam, < Heistingenheim (Arnold 388), 
Heistencheim 1199, Heistinceim 1260, Hestingkeim 1265, Hestenchein 
1251, 1189, Hestenkem 1440, Hestigkheim 1570, Heistehain ca 1500, 
Heissigheim 1613, Hessigkem 1683, Heistickum 1577, Heskem 1747, 
Hesskam 1778. 

37. Holzhausen, ma. Hpllshduss \m tyz 1 , < villa Holzhusen 1323, 
Hultxhusen 1502, Holtzhausen 1572, 1747. 

38. Ilschhausen, ma. JlSduss, < * Ulrichshusen (?), Oylshusen 1500, 
Ölsshausen 1570, llshausen 1577, 1747, Ilschhausen i778. 

39. Kehna, ma. Kee, < *Kinaha, Kene 1250, ca. 1500, Kehn 1592, 
Kiehn 1577, 1747, Kehna 1778. 

40. Kernbach, ma. Kärnbax, < Keurenbach 1282, Kerenbach 1317, 1324, 
Kembach 1270, 1577, 1747, 1778, Kermbach ca 1500. 

41. Kirchvers, ma. K\rcßrS, < Verse 1298, Fersen 1592, Vers 1572, 
Kirchfersse 1502, Kirchfersa 1577, Kirchvers 1747, Kirchfars 1778. 

42. Leidenhofen, ma. Leershöowo, < Lindenhovon 1057, Ludenhoben, 
Lutenhaben 1357, Laudinhabin 1434, Laudenhoeben 1467, Ludenhove 
1251, Leydenhofen ca. 1500, Leidenhoffen 1570,1747, Leidenhofen 1778. 

43. Lohra, ma. Looor, < Lare 1259, 1291, 1467, ca. 1500, Lohr 1577, 
1747, 1778, Loer ca. 1500, 1518, Lahr 1572. 

44. Marbach, ma. Mäfisrbax, < Marebahles 824, Marpach 1272, 1577, 
1747, Martpach 1280, Marbach 1778. 

45. Marburg, ma. Mädrbic, auch Mddbsrc, Mdbgrc, < Martburg(ensis) 
1194, Martburc 1234, Marpurch 1232, 1231, Marburc 1234, Marburg 
1216, 1417, 1503, 1517, 1747. 

46. Mellnau, ma. MqU, < Elenhoc, Elenhoch, Elinhoug, Elenhoig, 
Elenhonge, Elnhoig, Melenhog 13., 14. Jh., Zu Elinhoyge 1344, Zu 
Elinhoch 1478, Elenhaug 1348, Melnhauw, Melnaw 15. Jh., Melnau 
1502, 1778, Melnaice 1577, 1747. 


1 Liegt in eiuer Muldo bei Frohnhausen. 


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316 


Wilhelm Schoof. 


47. Michelbach, ma. Mjcalbax, < Michilbach 1431, Michelbach ca. 1500, 
1577, 1747, 1778. 

48. Moischt, ma. MiSd, < Müschede 1252, 1281, ca. 1500, Muskede 
1271, Muxhede 1308, Moschede 1281, Moschte 1502, Moischtt 1570, 
Müscht 1577, 1747, Moscht 1778. 

49. Münchhausen, ma. M\ncdusa, < Münichüsyn 1355, Monichhusen 
1550, MSnchusen 1445, Monchhusen ca. 1500, Minechehusen , Monche- 
husen (Engelhard, a. a. 0.), Münchhausen 1577, 1747, 1778. 

50. Nanzhausen, ma. Naantshdusa, < Landolfishusin (?) 1343, Nan- 
dilsusen 1374, Nandultxhusen 1375, Nandolshusin ca. 1400, Nandels- 
husen 1379, Nancxhusen 1502, Nantxhausen 1572, 1577, 1747, 1778. 

51. Nesselbrunn, ma. Näsalbyn, < Nesselbraen 1491, Nesselbronn ca. 
1500, Nesselbrunn 1577, 1747, 1778. 

/ O * 

52. Niederasphe, ma. Nerarädsa, auch eysrSda Aäsd, < Asfo 1107, 
1128, Asfe 1302, 1254, Aspha 1283, Aysphe 1301, Asphe 1307, 1253, 
ca. 1500, 1502, Niedern Asphe 1300, 1362, Nedern Asphe 1503, villa 
Asphe inferior 1287, Niddei-n Aisphe 1574, Niddern Asphe 1577, 
1747, 1778. 

53. Niederwalgern 1 , ma Nerorwdljarn, < Walanger, Walangere, Wa~ 
lahang[r]ere marca (Arnold 135), Walngem ca 1200, Nydermvalgem 
1381, in inferiori Walgern 1390, Nederwalgcm 1502, Niederwalgern 
1553, 1592, 1778, Nidderwalgern 1577, 1747. 

54. Niederwetter, ma. Nerorwädsr, < Niedern Wethere 1280, Nideren- 
wettere 1252, Nieder Wetthere 1314, Nedeiwetler 1502, Wetter inferior 
ca. 1500, Niederwetter 1577, 1747, 1778. 

55. Nied er weimar, ma. Nerarwdimsr, < Niderwimere 1320, Nedir- 
wymar 14. Jh., Niddemweimar 1592, Wymar inferius ca. 1500, 
Nidder Weymar 1577, 1747, Niederweimar 1778. 

56. Nordeck, ma. N$däk, < Nordecken 1252, Northcke 1261, Nordechin 
1263, Nordecken 1577, 1747, Nordeck 1570, 1778. 

oe o * 

57. Oberasphe, ma. ewar§d(d) Aäsd, auch oowarn Aäsa, < Hasfe 1337, 
xu Obernasfe 1339, Asphe superior ca. 1500, Obertiasphe 1577. 

58. Oberndorf*, ma. Öowarndqrf, < Obern Amenau 1292, Obern Ame- 
nauwe 1428, Obim Amenauwe 1374, [in duabis villis que ] Amenowe 
[; nuncupantur ] 1234, Obern Amenau jetzt Obertidorf gen. 1571, Obern¬ 
dorf f 1502, 1577, 1747, 1778. 

59. Oberrosphe, ma ewarsdRöosd, gesprochen cw&r sdröosd, wohl mit An¬ 
lehnung an Sdroosa (Straße), < Rosaffa [et Rosaha] Arnold 98, summa, 
media et infitna Rosfo 8 ca. 1200, Rosphe 1355, Oberste Rohse 1502, 


1 In Urkunden auch Roden Walgern 1302, 1415, Rodimcalgem 1358 genannt 
* Um 1400 heißt es Amenauicc , unterschieden von Kydim Amenaxuce. 

8 Das oberste jetzt wüst, 1283 noch Mittel Rosfa , ca. 15 1 .0 Rosphe media , mittelste 
Rosphe 1421, 1489. 


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Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


317 


Oberroisse 1570, (xu) Oberste Roisphe 1590, Oberst Rossphe 1577, 
1747, Ober Rosphe 1778. 

60. Oberwalgern, raa. Ootoarwdljam, < Walgeren 1302,1309, insuperiori 
Walgeren 1258, 1298, Obirwalgem 1321, Obberwalgern 1502, Ober- 
walger ca. 1600, Oberwalgern 1577, 1747, 1778. 

61. Oberweimar, raa. Oowarwdimar, < Wirnere 1227, superior Wim er e 
1277, 1300, Oberwimere 1313, Mertinswymer 1319, Wymar Martini 
ca. 1500, Merlin es wi/ mar 1372, 1374, Obemwumar 1441, Oberweimar 
1577, 1747, 1778. 

62. Ockershausen, ma. ÄgaSdusa, < Okerhnsin 1234, Ockerhusen 1272, 
Ockershausen ca. 1540, 1577, 1747, 1778. 

63. Reddehausen, ma. Rqrahausa, < Redinhusen 13. Jh., Rcydenhusen 
ca. 1500, Reidenhusen 1295, Reidenhausen 1577, 1747, Reddenhausen, 
Redenhaussen 1571, 1592, Reddehansen 1778. 

64. Reimershausen, ma. Raimaikhdusa, < Rymirshusin, Rymershusen 
1320, 1393, 1502, Reymershusen 1416, 1524, Reymanishusdn 1316, 
Reimershausen 1494, 1577, 1747, 1778, Reimmerszhausen 1592. 

65. Rodenhausen, ma. Roorahdusa, < Rudenhusen 1256, 1364, ca. 1500, 
1502, Rodenhausen 1550, ca. 1577, 1600, 1747, 1778. 

66. Rollshausen, ma. Rolshdusa, < Rudilshusen, Rodilshusen 1355, 
1356, Rollühusin 1263, Rulshusen, Rolshusen 1256, 1356, Rolhusen 
1442, Roilhusen ca. 1500, Roltxhausen, Rolshausen 1572, 1577, 1747, 
1778. 


67. Ronhausen, ma. Roohdusa, < Roinhusen 1290, Ronhusin 1369, 
Romhusen ca. 1500, Rohnhausen 1592, Rahnhausen 1747, Ronhausen 
1577, 1778. 


68. Roßberg, ma. R6sbä(ä)vk, < Rosseberg 1267, 1300, 1450, 1467, 
Rosseburg ca. 1300, Rosxbergk, Rosspergk 1570, 1577, 1747, 1778. 

69. Roth, raa. Reedca, < Rodtgen 1592, Rodchin 1359, xu Roede 1524, 
Rodgen 1577, 1747, Roth, auch Rötchen 1778. 

70. Sarnau, ma. SMna, Sädüna, < Samowe, Samowa 1282, 1287, 
Sarnouwa ca. 1200, Sarnauwe , Sarnauw 1375, 1502, Samawe 1570, 
1577, 1747, Sarnau 1778. 

71. Hof Schlagpfütze, ma. Slä&xpitsa, < ahd. puxxa, lai puteus. 

72. Schönstadt, ma. SiinSd, < Schonenstad 1369, Schonestad 1295, 1395, 
Schonstadt 1534, Schönstadt 1577, 1747, 1778. 

73. Schröck, ma. &r$k, < Srichkede, Schrickede, Schricke, Screckede, 
Scrickede 13. 14. Jh., Schrickt 1595, Schrick 1628, Schrok, Schrekt 
1570, Schröck 1578. 


74. 


75. 


Schwarzenborn, ma. SwatsabQn, < Swarcxinbume, Swarxenburne 
1395, Schwartxinbome 1371, Schwarxenbom ca. 1500, 16. 18. Jh. 

Seelbach, ma. Sdelbax, < Selbach 1353, 1502, Silbach 1512, Sehl¬ 
bach 1577, 1747, Seelbach 1778. 


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318 


Wilhelm Schoof. Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt. 


76. Sichertshausen, ma. Si&rtshduss , < Sigehartishusen 1256, Sige- 
harlhusen 1288, Sicharteshusen 1328, Sigartishusen 1335, Sygartz- 
husin 1353, Sygershusen 1354, Sighertxhausen 1580, Sichertshausen 
1747, 1778. 

77. Simtshausen 1 (Ober-, Mittel-, Untersintshausen), ma. excsrid, insrSd 
Simtshduss, auch oowsr, medsl, onsr Simtshdusa, < Symetzhusen 
1366, Symeshusen 1374, Symonshusen ca. 1500, Nedem Symeshusen 
1377, Nyddem Symanshu.se> 1404, Symtzhusin 1395, Ober, Mittel 
Simptshausen 1747, Niddem Simshausen 1577. 

78. Stedebach, ma. Sdeebax, < Stedebach 1297, 1309, 1577, Stedenbach 
1592, Stettebach, Stättebach 1747, 1778. 

79. Sterzhausen, ma. Sdälshdusa, < Steynartzhusen 1374, 1502, 1504, 
Steynarshusen 1344, Steynershusin 1301, Stenershusen, Stenreshusen 
1305, 1324, Steinritzhusen 1298, Stirtzhusen 1509, Steinertxhausen 
1577, 1747, Stertzhausen 1570, Steinhartshusen ca. 1500. 

80. Todenhausen, ma. Doordhdusa, < Dudinhusen 13. Jh., Dudenhusen 
1349, Düdenhusen ca. 1500, Dodenhausen, Todtenhausen 1747, 1728. 

81. Treisbach, ma. Dreesbax, < Tresbach 1283, 1326, Dreysbach, Dreys- 
pach 1502,1507, Treispach 1577,1747, Dreispach 1300, Dreisbach 1788. 

82. Unterrosphe, ma. \n9rSd Röoss, gesprochen \n»r Sdröosa, < Roisphe 
1301, Roste 1333, in inferiori Roisphe 1317, Rosphe inferior ca. 1500, 
Niedern Rosphe 1494, 1541, zu Niedersten Rosphe 1498, ünderste 
Rosphe 1502, Underst Roisphe 1570, Underst Rosphe 1577, 1747. 

83. Warzenbach* ma. Wätssbax, < Warxaha 1117, Warxebach 1279, 
1335, 1415, 1421, ca. 1500, 1778, Warczebach 1502, Warcebach 1325, 
Wartzbach 1577, 1747. 

84. Wehrda, ma Weers, < Wirde 1355, Werde 1355, 1411, ca. 1500, 
Werda 1577, 1747, Wehrda 1778. 

85. Wehrshausen 8 , ma WeesrShdusd, < Werhusen 1254, 1264, ca. 1500, 
Wersshausen 1577, 1747, Wehrshausen 1778. 

86. Weiershausen, ma Waijsrshdusd, < Wigershüsin 1285, 1401. 

87. Weipoltshausen, ma. Waibdltshduss, < Wipuldishusin, Wipoldis- 
husen 1298, ca. 1500, Wipoltishusen 1302, Wippelczhusen 1502, Wi- 
paldeshusen 1272, Weippoltzhausen 1572, Weipoltxhausen 1577, 1747, 
Weibolodshausen 1778. 

88. Weitershausen, ma. Wairsrihduso, < Wytirshusen 1331, Wyiers- 
husen ca 1500, Witershusen 1260, Witerhusen 1285, Weitershausen 
1586, 1577, 1747, 1778. 

1 Nsch Engelhard a. a 0. war Untersimtshausen der kleinste und älteste Teil der 

Dorfschaft. 

* Die von Engelhard a.a.0. erwähnte Form Wanxbach paßt nicht recht hierher. 

• Hierzu gehörig: eine mühle cm der Lommersbach gen. das Thammolgen (Damm¬ 
mühle). 


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Friedrich Graebisch. Proben schleeischer Gebirgsmundarten. 


319 


89. Wenkbach, ma. Wgykbax, < Wenkbach 1729, Wenkebach 1577, 
1747, 1778. 

90. Wermertshausen, ma. Wärmatshdusa, < Werenbrahieshusen (Arnold 
412), Wepnbrachteshusen ca. 1500. 

91. Wetter, ma. Wäddr, < Wettere, Wethere 13. Jh., Wetter 1389, 1515, 
1577, Wettei • superior, Wetter inferior ca. 1500. 

92. Willershausen, W\lar&hdusa, < ma. Wilrixhusin 1232, Willeres- 
husen 1307, 1395, Willirshusen 1375, Wyllertshusen ca. 1500, 
Wildershausen 1409, Willershausen 1572, 1747, 1778. 

93. Winnen, raa. Wpma, < Winedun 12. Jh., Winden 1290, ca. 1500, 
1548, 1577, 1747, Winne 1778. 

94. Wittelsberg, ma. W\darsbgrk, < Withelesberg 1267, Wittilsberg 1267, 
Wiethelsperg 1293, Wittelesberg 1276, Wyttilsberg 1353, Wittelsberg 
1502, 1571, 1577, 1747, 1778. 

95. Wolfshausen, ma. Wolfshduss, < Wolvishusen 1334,ca. 1500, Wolves- 
husen 1347, Wolfeshnsen 1293, Wolshusin 1274, Wolffshausen 1577, 
1747. 

96. Wollmar, ma. Wolmar, < Woilmare 1441, Wolmar by Battinburg 
13. Jh., Wolmar 1465, 1491, 1495, 1778. 


Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 

Von Friedrich Graebisch. 

(Fortsetzung.) 

7. Die Linde zwischen Tassau und Lewin (Tassau). 

_ * 

Wenn man von Lewin her dort vgn ma fom Ueriin data nyfgiit. 
(= nach Tassau) hinaufgeht, läßt doo let ma a klqn tkiiSnae x leykar 
man Krzischney zur Linken liegen, hant liija , gn doo giit s emarfat 
und nun geht es immerzu bergauf, bärgüuf b^s ma tso daar lenda 
bis man zu der Linde kommt, und kemt, gn damoota foo dar lenda gg, 
von hier aus geht es dann ganz doo giit s gants glaeca yv a tgst 
gerade auf Tassau zu. Da ist einmal tsuu. gn doo \s amool xont\c noox- 
an einem Sonntag Nachmittag ein m€l\cs gavaast, gn doo kggm a gruus 
großes Gewitter gekommen. Da gavftar. doo zoen tsvee kvostan fom 
kamen (gerade) zwei Schwestern 

1 Krzischoey zwischen Tassau und Lewin; zum Unterschiede von Tschischney 
(nordöstlich von Lewio) wird es, da diese Ortsnamen in der deutschen Mundart zusammen¬ 
gefallen sind, » dar kl^^na tsiiSnae « genannt. 


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320 


Friedrich Graebisch. 


von Lewin her und traten unter der 
Linde unter. Und als sie nun eine 
Weile drunter steheu, ist der Blitz 
in den Baum eingeschlagen und hat 
die zwei Mädchen alle beide er¬ 
schlagen. Zum Andenken an diesen 
Tag hat man ein Bild (an dem 
Baume) angebracht, wo alles ver¬ 
merkt ist, an welchem Tage und in 
welchem Jahre sich das zugetragen 
hat Und die Frauenspersonen sind 
auch beide auf dem Bilde aufgeraalt. 

8. Jakobowitz, »die 

Zwei Bauern haben einmal mit¬ 
einander gewettet, daß der eine 
einen Zentner Quark besorgen solle, 
und der andere glaubte, das sei 
nicht möglich. Einer der Bauern 
war aus Jakobowitz. Da ist dieser 
überall herumgelaufen und hat allen 
Quark zusammengekauft Seit dieser 
Zeit hat Jakobowitz den Beinamen: 
»Die Quarkstadt«, und wenn Leute 
hingehen wollen, so sagen sie: 
»Jetzt gehen wir nach Jakobowitz 
in die Quarkstadt«. 


leevtin koma, dt trppta onchr dar 
lench ondar. pn vael za n vaeh 
drondar Stiin, pn doo iis damoo^arU 
dar _blets ae da baam aegaSlggn gn 
hoot (d)t tsvee maadlan pla beecb 
darSlggn. pn tsom ppdgyka pp da 
taak hppn xd a beit (d) rnufgamaxt, 
doo Stiid pls drofd, vglca taak gn 
vglcas jäär, dps dpps ppsiird fs. gn 
dt vaesbeider xaen aa pl» beeda qf 
dam beleb uufgamoolt. 

Quarkstadt« (Järker). 

tsvee paoan hppn amool an v$ta 
gamaxt, dps ggnar zglda n tsgntnar 
kvärk baxärja, pn ebr andra dooxta, 
s vcecer nee rnHjlgc. pn ehr ggna 
väär foo jdkav\ts. pn doo is daar 
iiwdrppl remgaya pn hod a gantsa 
kvärk tsoxpma gakaaft. pn foo daar 
tsaet hoot jakav\ts da nppma »da 
kvärkStppt «, pn vgn da loeta vgla 
hiigiin , pn doo xggn za: »etsa gii(n) 
mar 1 of jakav\ts ae da kvärkStppt*. 


9. Vom Büchsenspanner der Lewiner Schützengilde (Lewin ). 1 * 4 


Ich bin in Lewin der (Büchsen-) 
Spanner der Schützengilde; und^was 
ich da zu tun habe, das muß ich 
jetzt einmal ganz genau erzählen. 

Erstens habe ich die viele Arbeit 
des Kugelgießens; das mache ich 
immer beim Schlosser Tautz, und 
das geht nicht (so) ganz ohne Kosten 
(ab). Der Schlosser Tautz trinkt gern 
einen Korn, und weil er für die 
Kohle nichts bekommt, so ist der 


iic biin in Ueviin dar g\lda ür 
Sppnar; pn vii dpps gamaxt veert, 
dpps muuz yc cts amool käris gn 
klggn dartseela. 

cerStns hpp \c dii fiile ärpt met 
(d)am kuu^ang\sa; pn dpps max (c 
emar bgm taots-Slosar, pn dps gilt 
nee gants oona kostn. 8 dar taots- 
Slosar treyt gana a kcernla, gn vael 
a far da koola n\St kriiet, gn doo 
{s dar Sppnar Siir farpft\ct K , an 


1 Bisweilen g\ mar (Sackisch). 

* Muodart eines älteren Bürgers aus einer alteinheiinischen Familie. 

* In der Dorfmundart koata. 

4 In der Dorfmundart farpfleet. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


321 


Spanner gleichsam verpflichtet, einen 
halben Liter (zum besten) zu geben. 
Den trinken wir ganz gemütlich mit¬ 
einander, und unterdessen werden 
die Kugeln fertig. Mitunter reicht 
auch ein halber Liter nicht, und da 
gibt der Schlosser Tautz den zweiten. 

Wenn die Kugeln fertig sind, 
kommt das Patronenmachen. Erstens 
kommt das Pulver hinein und die 
Zündhütchen, nachher werden die 
Kugeln gefettet und darauf werden 
sie durch eine Maschine in die 
Hülse hineingeklopft. 

Wenn diese Arbeit getan ist, 
gehe ich mit den Kästchen, mit der 
Munition und mit den Büchsen ins 
Schießhaus. Dort draußen angelangt, 
trinken wir zuerst wieder einen 
Korn; und wenn nachher der Zieler 
soweit fertig ist, da wird angefangen. 

Da heißt’s immer: »Du, Spanner, 
mußt sehen, ob die Gewehre richtig 
stehn« und: »Du feuerst z. B. aus 
jedem Gewehre drei Schuß (ab)«. 
Und wenn ich sehe, daß es an etwas 
fehlt, da muß ich schrauben, ob 
hinten oder vorn, das ist (mir) ganz 
gleich, bis die Sache in Ordnung ist 

Wenn ich soweit bin, dann 
schießt irgend einer. Da ist wohl 
manchmal (auch) ein Scherz dabei. 
Wenn mitunter ein tiefer Schuß 
(d. h. ein Treffer) fällt, so muß der 
betreffende (Schütze) einen Liter 
(Korn) zum besten geben. Den 
trinken wir gemeinsam. Das wieder¬ 
holt sich so und so oft, bis der 
Spanner nebst den Schützen etwas 
bezecht sind. 


1 In der Dorfmumlart dasa, das?. 
5 In der Porfmundart suus. 

Zeitschrift fdr Deutsche Mundarten. VII. 


hglica l\tar tso gaan. dggs treyk 
mar gants gamitl^c tsoxgma, gn 
ondardgsn van da kuu^an fcert\c. 
metondar lagt aa% a hglicar l\tar 
nee, gn doo get (d)ar taofs-Slosar 
a andan. 


vgn da kuu^an frert\c xaen, dan 
kernt s patrofimaxa. cerStns kemt s 
polvar nae gn da tsenth\llan, gn 
damoogar vtmn da kuugan gafgt, 
gn darnoo^ar roon xa därc ana ma- 
Siina ae da helxa naegaklopt. 


vgn dii ärpt axuu vaet fcert\c 
iis, gn doo gii c met (d)a kasilan, 
met (d)ar mr^n\tsjöon gn med a 
beksa aes ifyshaos. dat (djrausa 1 
gggalayt, doo vcert viidar cerStns a 
keernla ganeem\ct; gn vgn dan der- 
noo%ar dar tsiilar axuu vaet fcert\c 
iis, gn doo gilt s luus. 

gn doo hggst s cmar: » duu, spg- 
ner, duu mi{st xaan, gp da gavcetera 
rect\c Stiin « gn: *duu morst — 
tsom baeSpiil — aos jeedm gavcetera 
drae sys*, gn vgn iic xaa, dgs (s) 
gg ggnar klggn\koet faalt, gn doo 
muux \c Sraowa, gp henda ggdar 
fäma, dggx \s gants gggdal, biis 
dii xaxa ae drdntfyg iis. 

gn vgn iic s axuu vaet hgg, 
dan Soest jeedar andra baliiuya. 
gn doo hoot s halt mgncmool an 
Scerts darbae. vgn mgncmool a 
tiifar Sys* feit, doo muus daar ba- 
trgfnda gn l\tar tsom bgsta gaan. 
daar vcert ondaranandar gatroyka. 
dii xaxa viidarhi{lt x\c axuu gn 
axuu ofta, biis dar Spgnar metsgmd 
a Setsa a besla baxofa xaen. 



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322 


Friedrich Graebisch. 


Das dauert in dieser Weise zwei 
Tage. Nachher werden die Schüsse 
mit der Zirkelmaschino abgemessen. 
Alsdann haben wir einen erst-, 
zweit- und drittbesten Schützen; 
und ehe wir da aus dem Schie߬ 
hause fortgehen, müssen die drei 
besten, der erste natürlich am 
meisten, dran glauben. — 

Nun will ich vom »Schweine¬ 
schießen« erzählen, das im Herbst 
stattfindet Da wird beim (Gast¬ 
wirt) Yolkmer immer der sogenannte 
»Schweineball« veranstaltet 

Zunächst machen wir dort unser 
»Schweineessen«, bei dem der Span¬ 
ner nicht fehlen darf. Nebenbei wird 
ja natürlich auch getrunken. Darauf 
fangen die Musikanten an zu spielen, 
und da wird mit den anwesenden 
Damen, die sich inzwischen ein¬ 
gefunden haben, fleißig getanzt 
Während des Tanzes ist der Vor¬ 
stand damit beschäftigt, die nötigen 
Gewinne in Fleisch und Geld aus¬ 
zurechnen. Danach wird eine Pause 
gemacht und der König, sowie der 
erste und zweite Ritter ausgerufen 
und zu gleicher Zeit bekannt ge¬ 
macht, was die übrigen Gewinner 
in Fleisch und Geld erhalten. Darauf 
werden die Geldgewinne ausgezahlt, 
und es wird lustig weitergetanzt 
Wenn das vorüber ist — es dauert 
ja manchmal bis früh —, am anderen 
Tage kommt zunächst das Schönste 
der ganzen Sache. Da wird bei dem 
betreffenden Fleischer, der zum 
Schlachten an der Reihe war, das 
Fleisch unter die Gewinner verteilt. 
Und währenddessen geben die besten 
Gewinner immer nacheinander etwas 
zum besten. Das geht so lange, bis 
der Vorstand mit den Gewinnern 
und mit dem Spanner bezecht ist. 


dgs giid axuu färt tsvee taap. 
vgn dii fgriiwar xaen, darnoo^ar 
van di ${s 3 aosgatseerklt met ma- 
Siina. vqn da xaxa fcert(c iis, gn 
doo hgmai- an eerSta, tsveia on 
dreta; gn ep mar doo aoxm 
haoxa fort giin, gn doo m\sa da 
eerSta draea, dar eerSta tuitiirlic 
mT(m)eeeerSta drggna glggwa. — 

nuu naam \j gg bem Svaen$isa 
m hcerpsta. dat hoot s damoopr 
bgm folktnar, miir kprcca cmar: >n 
SvaenbgU. 

dat hgmar eerStns onxar srne- 
ndsa, vun dar §pgnar nee faoln 
dcerf. naawarbae veert juu xglpst- 
farUgntl(c gatroyka aax. dernoopr 
faya da muuxagdnta gg gn spiiln, 
gn doo veert med a gnreexndn 
daaih, dii ondardgsn gakoma xaen, 
flaes(c galantst. 

ondar d^sn, vuu gatantst veert, 
iis dar fdurstant (d)riitvar haar, 
di neetija gavena ae flcg\ gn gell 
aostsoreca. vgn daar axun vacd 
iis, veert paoxa gamaxt, gn doo 
veert (d)ar keengc, dar ecrSta gn 
tsveta ijtarproklamiert, gn tsoglaecar 
tsaet veert bakant gamaxt, rgs dt 
iiivr{ja gavenar ae flggZ gn ggltkriija. 
darnooprr van da gdtgavena oosga- 
tsgglt, gn s veert losi\c vqtargatantst. 

dam 00301 ', vgn dii gaSecta fgrii- 
war iis — as taoart juu mgncmool 
bis frii —, a andan tank (k)emt 
of da eer.^t (d)gs S\nsta foo dar gantsa 
xaxa. doo veert bae dam balrefnda 
flggSar, daar da tsom sloxta drgg räär, 
dggs flggx ondar di gavenar fartggit. 
gn ondar daar tsaet gaan di bgsta 
gavenar cmar ggnar 11003 m ondati 
vgs tsom bgsta. dii xaxa giid axun 
laya, biis dai • fddrStant med a ga- 
venan gn med m Spgnar baxofa iis. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


323 


10. Das unheimliche Licht (Keilendorf). 


Zwischen Järker und Gellenau 
sollte es immer ein (unheimliches) 
Licht geben, und die Leute fürch¬ 
teten sich deshalb, (dort) vorbeizu- 
gehen. Da hat sich ein Mann über¬ 
zeugt, ob es wahr ist, und ist hin¬ 
gegangen. Wie er hinkommt, ist 
os nur ein verfaulter Baumstumpf 
und kein Licht. Und nun hat er 
den Leuten gesagt: »Ihr braucht 
euch nicht zu fürchten, es ist nur 
ein Baumstumpf!« 


fomjeerkar of gflnae 1 , doo xtfJt s 
a l\ct hppn emar, pn doo hppn x\c 
da loetd gafärct farbaetsogim. pn 
doo hoot x\c a mppn iiwartsaect, pp 
s t'äär iis, pn iix a halt hiigaga. 
gn vii a hiikemt, \s (s) hald a far- 
faoltar Stook pn kgp l(ct. pn nuu 
hood a x a loeta gaxppt: »iir drerft 
\e nec fcercta, x \8 Linux a Stook!« 


11. Schneitein, ein Spiel (Keilendorf). 


»Schneitein« spielten wir immer, 
als wir noch in die Schule gingen. 
Dabei warfen wir mit Messern. Da 
wurde ein Hölzchen in die Erde 
geschlagen, und jeder, der mitspielte, 
hatte ein Messer in der Hand und 
legte einen Pfennig auf das Hölz¬ 
chen. Die alten Pfennige hatten 
auf der einen Seite ein Bild, das 
wie eine Kapelle aussah. Da wurde 
dann das Messer nach dem Hölz¬ 
chen geworfen, und wer es traf, 
hatte, wenn bei den herabfallenden 
Pfennigen die Kapellenseito oben 
lag, (diese Pfennige) gewonnen. Und 
da wurde so lange geschneitelt, bis 
alle Pfennige ausgespielt waren. 


Snqtan, dpa tppt(a) miirmaxa, vii 
mar noo% ae da Suula g\ya. doo 
tppt mar m\t mos an Smaesa. doo 
vuur a hgltsla ae da aada gaSlggn, 
pn axuu fiil, vii ar tso dam Spiila 
vdrn, hpta jcedar a masar ae dar 
hant, pn jeedar, daar tppt an pf$n\c 
of dps h^ltsln leen. di aala pfpn\ja 
hpta of q$nar xaeta axuu vii an 
kgpdla. pn doo vuur dan dps masar 
noox dam hpltsla gaSmcsa, pn daarda 
drppna trppf pn vpn of da pfpn\ja, 
diida rondar fi{lda, dps kgpdla uua 
väär, daar hpta gavona. pn doo vuur 
axuu laija gaSnptlt, b\s da pfpnja 
pla aosgaSpiilt vdm. 


12. (Keilendorf). 


Ich wollte beute nach Friedrichs¬ 
berg gehen, auf Karlsberg zu, aber 
es war mir zu neblig, und da dachte 
ich, es ist besser, wenn ich daheim 
bleibe, ich könnte mich verirren. 


iic vi{lda hoet of da looxviixa 2 
giin, ov a kdlasbärk tsuu, ggioar 
dar naawl Ippx mar tso xc&er, pn 
doo dooxt \c, \c voar liiicar dtarhggma 
blaen , \c kgnt m\c farcern. 


1 Uder ov u gelnae tsuu. 

' »Pie Lochwiesen«, volkstümlicher Name für die Kolonie Friedrichsberg. 



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324 


Friedrich Graebiscb. 


13. Ein Erlebnis (Friedersdorf). 


Wie ich (noch) ein kleines Mäd¬ 
chen war, hatten wir einmal viel 
Besuch, und da reichten die Betten 
nicht zu, da mußten wir uns auf 
die Streu legen. Da kroch mir 
auf der Streu ein Floh ins Ohr, 
und ich lief wie verrückt hin und 
her, bis er wieder herauskroch. Die 
Mutter steckte mir Haare ins Ohr, 
damit der Floh herauskommen sollte. 


vH j a kfyg maed/a 1 v&ur, gn 
doo hgt mar amool firl bdxtinx, gn 
doo layta da bgta nee, doo nmt 
mar ons of da strgga lern, gn doo 
iis mar of daar ilrgga a fluug aex 
äära gakroxa. gn doo Inin \c m- 
gaya vii a faroktas, axuti laya bih 
a viida (r) raosga/crosa iis. doo hool 
mar da mi{tar hMm - nes nora ga- 
Stakt, dgs da Jlnuk raoskoma :itld/. 


14. Geplante Vergiftung (Friedersdorf). 


Als ich von Friedersdorf hier 
(nach Keilendorf) herüber zog, höre 
ich, daß im Niederdorfe der (Ein¬ 
wohner) Burkert mit seinem Nach¬ 
barn verfeindet ist. Er geht nach 
Reinerz und kauft ein Viertelpfund 
Kaffee und Gift dazu, mischt das 
Gift unter den Kaffee, nimmt die 
Düte mit dem Gemisch und legt 
sie (= es) dem betreffenden Nach¬ 
bar in die Kartoffelfurchen. 

Er dachte, der Nachbar werde 
sich den Kaffee kochen; die Sache 
war aber dem (andern) verdächtig, 
dieser gibt (also) den Kaffee dem 
Wachtmeister (Gendarmen), der Gen¬ 
darm läßt ihn untersuchen und stellt 
fest, daß Gift dabei war. 

Nun wurde der Mann angeklagt, 
und er bekam sechs Jahre Zucht¬ 
haus. Nachdem er fünf Jahre ab¬ 
gesessen hatte, ist er im sechsten 
darin gestorben. 


vH c foo friidarMrof doo riiuar 
kggma, gn doo hcecer \c, dgs m niidar- 
därfa dai- bärkart met sgm nokirar 
biixa iis. doo giid o ov a ree- 
narjs gn kqgft n fcertala kdfee gn 
ge ft (djertsuu gn tyt (d)a ge ft oruhr 
d kafcc meSa gn nemt (d)an di stär- 
n\tsa , met (d)dm kafee gn gefla 
ondarxgmd gatoon, gn leet s dan w 
nokicar, met (d)aam a biixa miir. 
gn leet s ae da difkafärca. 

doo dooxt d, dar nokwar vcert m 


dd kafee koxa; on dggs deys rttnr 
daam fardqct\c met (d)am kafee gn 
gei (d)a kafee m vaxmqqstar fian- 
ddrma), gn dar Sanddrm v<ert (d)a 
xaxa ondarxnxa loon gn fent, (d)gs 
geft drena hgta. 

ets vuur daar tnggn farklggt, doo 
kniet a xqksjäära isoxthaos. femf 
jä&ra hgt a vqk(g)amaxt, gn m xeksta 
Hx a drena gaStänm. 


VIII. Brzesowie, Kreis Glatz. 

Die Mundart dieses Dorfes von etwa 500 Einwohnern bietet so 
wesentliche Abweichungen sowohl von der unmittelbar (in Sackisch und 

1 Im Lewiner Gebiet gilt neben mqqdla (Lewin, Keilendorf) auch tnaedla (Sackisch) 
und inaudla (Sackisch, Järker, Tassau). 

* Plural vom Sing, haar» f. (vgl. bae qqn»r haar»), in vielen Orten schon ver¬ 
drängt durch den Plural haar», so z. B. S. 272. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


325 


Gellenau) angrenzenden westglätzischen im engeren Sinne, wie von den 
ihr etwas näher stehenden Mundarten der benachbarten, aber durch 
tschechische Dörfer getrennten deutsch-böhmischen Orte, daß eine frühe 
inselartige Eindeutschung dieses ursprünglich slavischen Dorfes, wahr¬ 
scheinlich vom Adlergebirge aus, anzunehmen ist Von dem Lewiner 
Gebiet ist B. physikalisch durch Ausläufer des Mensegebirges getrennt, 
weshalb auch die wirtschaftlichen Beziehungen dahin bis in die neuere 
Zeit gering wargn. Ein Verkehr mit den deutsch-böhmischen Orten kommt 
kaum in Betracht. Weit stärker ist derjenige mit den angrenzenden 
tschechischen Orten; ja, der tschechische Einfluß bedroht heute sogar 
ernstlich den deutschen Charakter des Dorfes, da er im Wachsen ist. Er 
wird und wurde gefördert durch verwandtschaftliche Beziehungen, be¬ 
sonders zu dem preußisch-tschechischen Dorfe Schlaney, durch den Zuzug 
österreichischer Tschechen infolge der günstigeren wirtschaftlichen Be¬ 
dingungen, die ihnen Preußen bietet, sowie durch die Nähe der tschechi¬ 
schen Hochburg Nachod, das besonders Sonntags aufgesucht wurde, um 
Kirchenbesuch und Einkäufe zu erledigen, endlich dadurch, daß die Dorf¬ 
schule lange Jahre eiuem Lehrer mit tschechischer Muttersprache unter¬ 
stand, der nachweislich alle diese Verhältnisse begünstigte. Auffallend ist 
es aber, daß sogar Weinhold (Über deutsche Dialektf., S. 17) schon im 
Jahre 1853 Brzesowie unter den tschechischen Orten aufführt, also zu 
einer Zeit, wo der etwa schon vorhandene tschechische Einfluß bei der 
damals ungleich größeren Bedeutung, welche die deutsche Sprache auch 
in Tschechisch-Böhmen hatte, kaum von nachhaltiger Wirkung sein konnte. 
Allerdings sind bei der Abgeschiedenheit des Ortes selbst in der nächsten 
Nachbarschaft (z. B. in Sackisch) die widersprechendsten Ansichten über 
ihn verbreitet, aber gerade unter den Tschechen ist Brzesowie allgemein 
als deutschsprachiger Ort bekannt, und die altertümliche Mundart, sowie 
die geschichtliche Entwicklung widerlegen die Annahme einer etwaigen 
jüngeren, erst durch dio Schule erfolgten Eindeutschung. 

Bezüglich der Mundart will ich mich hier nur auf die wichtigsten 
Abweichungen beschränken und weitere Angaben ebenfalls einer ein¬ 
gehenderen Darstellung Vorbehalten. Mit der sogenannten oberdörfisch- 
glätzischen Mundart, die sich von Mittelwalde her durch das Adlergebirge 
— in einigen Lauterscheinungen — bis Gießhübel erstreckt, verbinden 
sie die Diphthonge aac und pp«, ersterer für mhd. ei , gedehntes mhd. c 
vor Velaren und kontrahierte mhd. üge und ege : Staaen, vaaek, raaen 
(Regen), dagegen pp« für mhd. öu und kontr. mhd. age und oge: bqgem», 
xggen, gdtsggen; bei einem Teil der jüngeren Ortsbewohner sind diese 
Diphthonge bereits durch ^ (wie im Niederglätz.) verdrängt. Eine 
eigenartige Entwicklung, die den im Westglätz. geltenden Gesetzen ent¬ 
gegengesetzt ist, zeigt das glätz. p (n) und pp (tifi) vor r: mhd. a, ö, 
sowie gedehnte mhd. a und n erscheinen als reines aa: jaar, aar, haart , 
raart (Wort), dementsprechend mhd. a und gekürztes «, o und bisweilen n 
(für diese Wörter ist vielleicht besser auch mhd. o anzusetzen) als reines 


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326 


Friedrich Graebisch. 


a, mhd. o und u auch ohne Rücksicht auf die folgenden Konsonanten 
als g (ce): arm,jarmärt (Jahrmarkt), ma(r)ne, gafarct, govgrn (geworden), 
f$rt (fort), gqrjl. Natürlich steht a auch für mhd. äje vor r: harwd, bark. 
f für mhd. o/u habe ich außerhalb Brzesowies nur in d$rt (vgl. das 
Westglätz.) beobachtet; a/aa statt g/gg vor r kommt auch in einigen Orten 
des Adlergebirges (Plaßnitz, Deschney), sowie im südöstlichen Kreis Glatz 
(Hannsdorf, Ullersdorf) vor. In kqna, ggna, z$la (können, gönnen, sollen) 
ist durch Analogieen geschlossenes e durch offenes verdrängt. I vor o, 
o, u hat vielfach dunkle Aussprache wie im Tschechischen, die hier un¬ 
zweifelhaft dessen Einfluß zuzuschreiben ist Anlautendes pf wird f wie 
in Gießhübel. Inlautendes mhd. w ist erhalten oder neu gebildet in kroovj 
(Krähe), groove, bloove (unflekt groo, bloo), ähnlich in Teilen des Adler¬ 
gebirges. aae , gge und daraus entstandenes werden zu aaj, ggj , cej 
vor tonlosem Endungs-a: aajdr (Eier), maajdr (E.-N. Meyer), galsggjj 
(mhd. gexouwe, md. gezöu, in B. Webstuhl, Handwerkszeug), tfjw, m^jr, 
gdtsq cya. In mehreren Wörtern steht anlautend die Fortis k, wo in den 
Nachbarmundarten und meist im Schles. g gilt: k%rka (Gurke), kgkan 
(gackern, albern reden, stottern), kriivs (Griebe), ki{ka (gucken) u. a. 
Endlich bestehen noch mancherlei Besonderheiten in der Lautlehre, 
Grammatik und im Wortschatz, die zum Teil die tschechische Nachbar¬ 
schaft verraten. 

Von mir aufgezeichnete Texte in der Ma. von Brzesowie bieten 
bisher auch die »Mitt d. Schles. Ges. f. Volksk.«, 1910, S. 223 f. und die 
»Deutsche Volkskunde aus dem östlichen Böhmen«, X, S. 184 u. ff-, 
XI, S. 41 u. ff. 


1. Die Sprache 

Wir Brzesowier vernehmen zu un¬ 
serem größten Erstaunen, 

Daß ihr euch unserer Muttersprache 
annehmen wollt. 

Wir sprechen frei heraus, 

Wie uns der Schnabel gewachsen. 

Unsere Sprache ist einfältig und 
breit, 

Man kann damit nicht einmal ins 
Nachbardorf ziehen; 

Aber (bei uns) im Dorfe halten wir 
daran fest 

(Und) bleiben treu der Sprache, die 
Vater und Mutter geredet. 

Wir stecken ja ordentlich wie ein¬ 
gekeilt 


von Brzesowie. 1 

miir beSdexgviijr foruaama m(t inaol 
gn aaza, 

dgs gn iir vqlt (c onxor muprsprooci 
pgnaama. 

miir xggen s frae raos, 

vii ons di gi{$3 gsvaksa. 

dii sprooed (s aaeftl{c gn braaet, 

ma kggn ddrm{t nec awool ac s 
lokuvrdarf * tsiin ; 

ggddr aem darfd, doo tu. mar i ons 
nec naama, 

blaen iroe daar Sprooed, dii f^r 
gn mi{tdr gjrgt. 

miir stcka jun cerntl\c vii aegakaclt 


1 Von einem geborenen Brzesowier (A. Siegel) veifaßt und mir gewidmet. 
* lokior, ortsdialektiseh statt tiokwar. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


327 


In dem Winkel bei Böhmisch- 
Tscherbeney. 

Dort hört man jahrein, jahraus 
Kein deutsches Wörtchen sprechen. 
Dem einfältigen alten Geplapper 
Wird schließlich doch Abbruch getan. 
Es kommen zeitweise von drüben 
(«= aus Böhmen) 

Eine Schar Burschen zur Heirat 
herüber, 

Die gehen nicht eher davon. 

Als bis sie den Mädchen das Blaue 
vom Himmel geredet 
Vor etlichen, noch nicht vor dreißig 
Jahren 

Vernahm man (hier) noch kein einziges 
Wort Böhmisch (= Tschechisch); 
Aber heute ist das junge Volk 
Zum Teil auch schon etwas böhmisch. 
Nicht allein, daß Tschechen herüber 
heiraten, 

Auch unsere Burschen 
Bringen böhmische (Mädchen) mit 
über die Grenze. 

Da wäre es am besten, 

Damit für unsere Nachkommen noch 
erhalten bleibt 
Der Kern unserer Sprache, 

Daß sie ordentlich und deutlich 
Mitten in ein Buch gesetzt wird. 
Das junge Geschlecht, das fünfzig 
Nach uns leben wird, [Jahre 

Wird lesen und sprechen: 

>Nein, die Alten waren (doch) ein¬ 
fältig und närrisch!« 


ae dam v\yld ipn tymsa Seernae L 

darrt heeeert ma jaarae, jaaraos 
nee a veeeerila of doets gprqca aos. 
daam aaeftfija aala gamaara 
veert um pich dgx pp (b) runx gdtoon. 
s koma tso tsaeta foo diiwa 

a hefla hals tsar haergt gatsggen, 

dii xaen batuuxipm gn bavi^part, 
dii giin nee encfor pp, 
b{s (x)d da maaedlan s bloova fom 
h\ml garqt. 

far qtl\ja, noox nee far draes(c jaarn, 

kaae aaents\c veeeertla ma of b\ms 
farnggm; 

ggwar hoeta , doo {s dgs gaslqpa 
tsom taael aa Son a bregkl bims, 
nee gk, dgs b\m$9 haergta riiwar, 

aa onxa kaltslan 

brejja b\m& m\t iiwor da grountsa 
gaslgpt. 

doo veeeer X i(m brsta, 

dgs onxa nooxkeml{ja nox vesa 

da kam foo daar Sprooc.), 

dgs (x)j eerntl(c pn fet 

veert meta nae ae a bunx gaxglst. 

dii joya, dii henilxr ons 

noox fufts(c (j)aam 

van laaxa qn Spreca: 

• naac, dii aala ran aacfrlir gn 
nars /« 


2. Vom Schneebällern.- 

Friiher wurde im Winter, wenn friiar vi{rda nni ventar. rqn \(c 
sich der Schnee (gut) ballte, immer dar snii bolta, cmar tedic sniigabglt, 

‘ Böhmisch - Tscherbeney, sö. von Brzesowic, nicht zu verwechseln mit den eben¬ 
falls tschechischen Orten Klein-Tsch. und Preußisch-Tsch. unweit von Kudowa. 

* Die Texte Nr. 2 und 3 stammen von dem Landwirt Elias Siegel (aus dom 
Efeuhause) in Brzesowie, dem ich für wertvolle mündliche und schriftliche Mitteilungen 
zu ganz besonderem Danke verpflichtet bin. 


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328 


Friedrich Graebiscb. 


tüchtig geschneebällert, oft den ofta a gantsa xont(c nooxmitfc. ga- 

ganzen Sonntag Nachmittag. Ge- veenlyc van tsvee pata, gn dii triiica 

wohnlich waren zwei Parteien, und ananddr hii gn haar, amool om 1 

diese trieben einander hin und her. metldarfd vyrda tectgc gasniibglt. 

Einst wurde beim Mitteldorfe tüchtig nee vaet darfoo ae am ceeertla hgt s 

geschneebällert. Nicht weit davon an mggn, daar hgia aa spaas drgg. 

in einem Häuschen (= Örtchen) war tso da jot/a vi{ld a x\c ggicar nee 

ein Mann, der hatte auch Gefallen Stgla, gn doo farStakt a x\c, gn hot 

daran. Zu den Jungen wollte er daam gn jgm foo ddr xaetd an tect\ja 

sich aber nicht gesellen, und so i{fgavgmst. dii joya viprda damoox 

versteckte er sich und bedachte dgx of da mggn if.fmgrkstfm gn g\ya 

diesen und jenen von seitwärts mit ipn anoox. vii a dgs Spuurt9, far- 

einem tüchtigen Schneeball. Die stakt a x\c ae s SvaenStala, rgs of 

Jungen wurden dann doch auf den xaenar Soena gggabaod \s. dii tggta 

Mann aufmerksam und gingen ihm ggwar , gs vgn xd s nee xeeja. dar - 

nach. Wie er das merkte (== spürte), noox sliica aaenar foo dar andern 

versteckte er sich ins Schweinställ- xaetd tso dam Stala, leetd dd hgspa 

eben, das an seiner Scheune ange- pp pn hot so fgsta foriijlt. cldrnoor 

baut ist Die (Jungen) taten aber, maxta x\c di joya vgk, gs vgn n\H 

als sähen sie es nicht Dann schlich govaast veeeer, gn daar mggn mi{sta 
einer von der anderen Seite zu dem layd rata gn gundo loetd biita, dgs(x) 
Ställchen, legte die Haspe vor und a gk viiddr raos liisa. 
verriegelte sie fest Darauf entfern¬ 
ten sich die Jungen, als wäre nichts 
gewesen, und der Mann mußte lange 
warten und gute Menschen bitten, ihn 
wieder herauszulassen. 

3. Vom Drachen-Kluger. 

Es ist wohl schon viele Jahre * \s vifl Son on tsaetjaara, doo 
her, da kam von Jarker öfters ein kggmo fom jarkor eftars a mggn 
Mann durchs Dorf und ging (weiter) deere s darf gn g\yd of da noxta. 
nach Nachod. Dieser Mann hieß daar mggn hiisa klun^ar. bgm tso - 
Kluger. Auf dem Rückwege blieb rdkagiin bliiiv a oftd hg in Sgyka xetsa, 
er oft beim Schenken sitzen, einen gn b\s tsvee taa%a. a hot x\c nee 
bis zwei Tage. Er hat sich nicht baxofa, ggwar a hgtd gana a besla 
betrunken, aber er hatte gern ein gaxgUgft em x\c gn hot gand dar- 
bischen Gesellschaft um sich und tsaalt. of dar xaetd nprd a dar 
erzählte gern. Hinterm Rücken trara-kluu^ar gahesa, ae dd aaja 
wurde er der Drachenkluger genannt, deerft s frael\e niimant xggen. 
ins Gesicht durfte es ihm freilich daar mggn vaar xcecer farmeejnt 
niemand sagen. Dieser Mann war gn niimant rosta, vuu a dgs fiila 
sehr vermögend, doch niemand 
wußte, woher er das viele Geld 

1 Verkürzt aus oc -f- um (auf dem). 7 Lehnwort aus der Schriftsprache. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


329 


hatte; da hieß es dann, der Plienig 
(= Teufel) hätte es ihm gebracht. 
Mit diesem Plienig hat es eine eigene 
Bewandtnis: da kommt zum Beispiel 
auf eine Wirtschaft (= Ort) ein 
schwarzes Hühnchen; nimmt der 
Besitzer (=> Wirt) das Hühnchen 
herein und gibt ihm zu fressen, so 
gibt es immerzu Getreide und Geld 
von sich, bis der betreffende Mensch 
schließlich schon ungeheuer reich 
ist; beim Tode aber soll der Plienig 
schon auf die Seele warten und sie 
sogleich raitnehmen. 

Dieser Kluger war auch ein 
verständiger Tierarzt. In dem Wirts¬ 
hause, wo er wieder eingekehrt war, 
hatte man eine kranke Henne. Wie 
Kluger hiervon hörte, sagte er, man 
solle sie hereinbringen, er werde 
sehen, was ihr fehle. Wie er die 
Henne sah, meinte er, es soi ihr 
noch zu helfen. Er ging hinaus 
und holte sich aus dem Schornstein 
etwas Ruß, den er auf den Tisch 
schüttete. Dann holte er sich vorn 
vom Wandbrett noch ein Stückchen 
Butter zu dem Ruß. Während nun 
Kluger nach der Butter ging, nahm 
ein streichlustiger Geselle den Ruß 
weg und schüttete dafür ein Häuf¬ 
chen Schnupftabak auf dieselbe 
Stelle. Kluger untermengte darauf 
die Butter mit dem Schnupftabak 
und steckte sie der Henne in den 
Schnabel. Dann setzte er sie beim 
Ofen auf die Stange und meinte zu 
den Anwesenden, sie würden nun 
sehen, in kurzer Zeit werde die 
Henne wieder den Kopf heben. Es 
dauerte aber nicht lange, da fiel 
die Henne von der Stange und war 
tot Die Tischgesellschaft hat dann 
wohl tüchtig gelacht, und Kluger 
mußte es sich gefallen lassen. 


gglt haar hgta; doo hiis(s) darnoox, 
ehr plun(c hft s i{m gabrooxt. m(1 
dam pliinija hot s axuu du bavant- 
nt{s: doo kggma (Prät. Ind.) ov an 
ciart a Svatsas h\nla; nemt (Präs. 
Ind.) (d)aar reert dgs h(nla rae p n 
get (Präs. Ind.) i{m tso frasa, doo 
hot(d)gs h\nla emarfeert gatraaeda 
gn an gqlt foon x\c gagaan , b(s 
daarjeen\ja rngnS darnoox Son ipi- 
gahoear raec vi{rda: bae t(-m tuuda 
ggirar teeta (Prät. Opt) dar pliin\c 
pp war Son of dii xiila pgsa gn neem 
(Prät Opt) xa baala m\ta. 

daar kiuu^ar raar an a farxlgn- 
d(jar fiidoxtar. ae dam reertshaoxa, 
ruu a x\c viidar hgta nfgahaaln, 
hgla xa an kraijka hqna. vii dar 
klmt^ar dgs haarta, xgget a, dii 
xqlda xa rae brqya> a veecer xaan, 
rgt ar faalt. vii a di hgna xggga, 
maaent a, daar veecer noox tso halfa. 
a giya naos gn hi {Id i{m aos dar 
^sa a besla room , daan si(t a oa tiis. 
darnoox hi(ld a ipn darfana fom 
braata woog a St ekln pi{tar tso dam 
room». vii da kluu^ar noox dar 
pi{tar giit, hod a guudar bntudai- 
dan room vfk(g)ani{ma gn darfiir 
a hqfla Sm)pti{iüäak of dann aart 
gaSqt. jeenar (jetr) hoi(d)arnoox dii 
pi{tar m[t(d)am tumcaka ondarmyjt 
gn daar hyia ae a Snggicl gaStaki. 
dirnoox xgtst a xa tsom uiiva of dt 
Staya gn maoenta tso da andan, cts 
xelda xa xaan, ae am besla veecer 
di hgna viidar a koop heeiva. s lao- 
arta ggicar nee laya , doo fi{lda di 
hgna foo da staya rondar gn raar 
tunt, di tiiSgaxqlsgft hot darnoox 
frael(c tect(e galart, gn daar must 
s um ruu in gafgla loon. 


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330 


Friedrich G raebisch. 


4. Eine Hochzeit in Schlaney. 


Am Abend vor dem Hochzeits- 


daan oomt far dar hinkst, gn doo 
koma halt (d) a jomvfan gn da bi¬ 


llige kommen die Brautjungfrauen 
und die (anderen) bekannten Mäd¬ 
chen, und die eine übergibt der 
Braut einen großen Blumenstrauß 
und sagt ein Gedicht auf. Da fängt 
die Braut an zu weinen, da es der 
letzte Tag ihrer Freiheit ist. 

Ajn Hochzeitstage kommt schon 
am frühen Morgen der Bräutigam 
die Braut zur Kirche abholen. Die 
(Braut) ist (aber) noch in einer Stube 
und zieht sich an. Da bringen die 
Junggesellen dem Bräutigam oine 
aus alten Lumpen gefertigte Puppe 
(= Magd) und sagen: »Da hast Du 
die Braut!«, und er antwortet: »Das 
ist nicht die Braut; ich will die 
richtige haben!« Der Puppe aber 
gibt er einen Fußtritt, daß sie bis 
auf den Misthaufen fliegt, und die 
anderen (Burschen) lachen ihn fort¬ 
während aus. 

Schließlich kommt doch die rich¬ 
tige Braut, und (auch) der Hoch¬ 
zeitsordner kommt und führt sie in 
die Stube. Dann kommen die beiden 
Eltern des Brautpaares und dieses 
kniet hin und empfängt von ihnen 
den elterlichen Segen. Dann hält 
der Ordner eine Ansprache, ebenso 
die Eltern, und das Brautpaar weint. 
Darauf geht es zur Kirche, woran 
alle Hochzeitsgäste teilnehmen. In 
der Kirche steht die »Hocbzeitsfrau -- 
hinter dem Brautpaar mit zwei 
Myrthenkrünzchen und legt das eine 
dem Bräutigam und das andere der 
Braut aufs Haupt, und während der 
Geistliche das Brautpaar traut, 
wechselt sie die Kränze. 


kanta maaedlan, gn di aaend gd(d)n 
braod a gruus bgkeeta 1 gn xgged ii 
gddectla. gn da braot fgrjd gg ts« 
flgna, dgs(s)a a letsta taak leedij k 

gn dan gm hgkst(t)aa^d baah 
frii, gn doo kernt(d)ar broetijumda 
braod gpht(la ae da kcerca. gn dii 
{z ncog ae aaeuar Stmnca gn tut xir 
ggtsiin. gn do jorjk(g)ax(la brnjn 
Um broet\juma foo aala lotnpa jiu 
gamaxta mggai gn gaan x um gn 
xggen: »doo hosta da braot! c. gn <i 
xgget: »dggx (s nee da braot; iic rel 
da red (ja hggn /« gn doo get ar ar 
an* hals, dgs (s)j ve.kfloect bgs w 
mesthafa. gn dan tuun x n cnnr- 
fccrt aoslaxa. 

gn doo kernt hali(d)gx da rertija 
braot, gn dar druima ketnd gn fiirt 
sj ae da stuuwa. damooxt kernt foo 
berda dar fggtar gn da mntar, gn 
doo lcniit s brnotpaar hii, gn dii 
gaan a a eldarl(ja xgrjn. gn dar 
dru'.rna inaxt aaena Icecera, gn da 
C Idan muxa aa aaena Icecera , gn •>“ 
braotpaar flgnt. damooxt giin xa 
ac da kcerca, gn gla hi{kstloeta giin 
mita. ae dar kcerca stiitfdjgs hukst- 
niep hendar a 3 mit tsvce mcertn- 
krcntslan gn Iccd anex um broet(jumi 
or a koop gn aacs dar braot, gn ar 
t/nar tsad. vnu xa dar gaesttija bd 
troen, tnt(d)gs vacp da krentdan 
rrksan. 


1 Andere sprechen > pnkecta « (Dimin j)iik(lla). 1 Oder gei am. 

J Glütz. gewöhnlich hendan (hinter ihnen). 



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Proben schlesischer Gebirgunundarten. 


331 


Nach der Trauung geht es so¬ 
gleich ins Wirtshaus, weil zuhause 
noch nicht das Essen fertig ist. Da 
trinkt und tanzt man, und einer spielt 
auf der Harmonika. Wenn dann zu¬ 
hause das Essen bereitet ist, kommt 
die Frau, die das Kochen daheim 
besorgt, in einem blauen Kattun¬ 
rock, einer blauen Schürze und 
einem Kopftuch, das mitunter — als 
»Platzke« — hinten geknotet ist, und 
holt die Gesellschaft heim zum Essen. 
Wenn der Bräutigam sie sieht, tanzt 
er mit ihr drei Stücke allein. 

Darauf geht es nach Hause, und 
der Harmonikaspieler geht voraus 
und spielt im Dorfe entlang. 

Um halb eins gibt es dann Kaffee 
und Kuchen. Dabei trägt der Ordner 
immer (wieder) Sprüche vor und 
auch manche der Mädchen sagen 
Sprüche oder Wünsche. Sobald die 
Tassen abgeräumt sind, kommen 
dafür Teller und große Töpfe mit 
Suppe auf den Tisch. Die Suppe 
nimmt sich jeder selbst auf seinen 
Teller, und mancher ißt zwei und 
drei Teller voll. Dann wird ge¬ 
kochtes Fleisch aufgetragen nebst 
Pflaumen und Kartoffeln und einer 
Tunke — Meerrettich-, Milch- oder 
Rosinentunke —, und den Hoch¬ 
zeitsordner werfen die jungen Mäd¬ 
chen und Burschen mit Zuckerzeug, 
das bleibt ihm jedesmal in dem 
langen Barte hängen, dann sagt er: 
»Laßt mich nur jetzt essen; was ihr 
(von mir) wollt, danach fragt mich 
doch dann, wenn ich gegessen habe!« 
Der Ordner ißt ganz unheimlich 
viel; damals hat er drei gehäufte 
Teller voll gegessen! 


noox dar troenyk (troen\jd) giin 
xe baola ae a vcertshaos , vael noox 
nee s asa ddrhaaemd fcertgc \s. doo 
ireyka xe dan gn tantsa xd dan, gn 
dar aaena spiild of di harmgnti. 
gn ren s asa fcert{c (s ddrhaaemd, 
gn doo kernt halt ddrnooxt dggs vaep, 
vgs(s)d ddrhaaemd korst ti{t, ae 
am mgdratükalqtl 1 , ae ar bloora 
scertse gn ae am t\cla ggdar ae dar 
platskd om kopd gn hi{lt sd haaem 
tsom asa. gn ren xd dar broet(ji(in 
x\t, doo tantst a m(d er drae steklan 
sggloo. 

dernooxt giin xe haaem , gn daar 
m\t(d)ar hscrmgiiii gilt tso faaraos 
gn spiild tpn darfe rondar. 

em u hglb aaes dan asa xe kdfcc 
gn hgra, gn dar dri{ Ima xgged einer 
spreclan haar, gn mgnca foo du 
jompfan xggen aa a sprecht ggdar 
a venSla haar, gn vgn xe de sggla 
hggn vqk (g) dtrggen, brgya xe glue 
viidar talar gn gruusa t^pa ov u tiis 
m{t zopa. dii naamn xe x\c xal- 
werst of de taler, gn mgnce asa 
tsvee gn drae xopa. dernooxt brqyu 
xa gekoxtas flaacä gn flaoma gn duka 
gn an iotjke — kriintoijka ggdar 
melctoykd ggdar rgxiykatoyke. on 
a drtr.ma smaesa de jompfan gn 
de joyk(g)ax(la m(t tsokalan, dii 
blaen i(m einer ae dam laya baarte 
hrya, gn daar xgget: lot m(c gk 
ets asa, gn rgx er vqlt, dgs freect 
m\c gk dan, ren (c geyasa hgg!« 
daar dri(\ma frest axuu srekl(c fiil; 
jesmool hod a drae gehafle taler 
faul gef rasa! 


1 Von tschocb. modrtj, blau. Das Wort ist erst durch die jüugerc Generation iu 
der deutschen Mundart üblich gewordon, früher sagte man »bloovar k\tl«. 


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332 


Friedrich Graebisch. 


Dann um drei oder halb vier 
wird wieder alles abgeräumt, und 
es geht wieder ins Wirtshaus oder 
zum Schenken. Dort wird wieder 
gespielt und getanzt 

Um halb sieben geht es zum 
zweiten Male nach Hause, und dort 
wird nun Suppe, Schnitzel und Brot 
gegessen, und der Ordner ißt wieder 
mit. Dann wird abgeräumt, und es 
kommen große Berge Kuchen auf 
den Tisch und Branntwein und Bier. 
Jetzt fängt die Gesellschaft an, laut 
und lebhaft zu werden, die Mädchen 
sagen wieder ihre Sprüche auf, und 
der Hochzeitsordner trägt fleißig vor. 

Um elf wird noch einmal Kaffee 
getrunken und Kuchen gegessen. 

Und um zwölf beginnt dann der 
Sturm auf die Kränzchen Da jagen 
die Gäste den Bräutigam und die 
Braut in der Stube umher und 
rufen: »Die Kränze her! Die Kränze 
her!« Die Braut läuft zur Tür 
hinaus und die Mädchen und die 
Hochzeitsfrau alle hinter ihr her in 
eine Stube, und dort schließen sie 
sich ein. Da setzt sich die Braut 
auf einen Schemel, und eine jede 
geht immerfort um sie im Kreise 
herum und nimmt ihr jedesmal eine 
Stecknadel oder ein Blättchen vom 
Kranze. Wenn so das Kränzchen 
ganz weg ist, reißen sie sich um 
den Schleier, und eine jede bekommt 
ein Stück davon, und die Braut 
wird gleichsam wie eine Gans ge¬ 
rauft. Die Mädchen ziehen (alsdann) 
der Braut ein anderes Kleid an, 
binden ihr ein Tuch um den Kopf 
lind bringen sie darauf wieder in 
die Stube. 

Unterdessen ist dem Bräutigam 
auch der Kranz abgerissen worden, 
und man hat ihm eine Brille vor 


damooxl em a draea ggdar hglp 
fiira tuun xa gls viidar r(ktrggen 
gn giin viidar oes vartshaos ggdar 
tso Sqykan. doo tuun za viidar 
Spiila gn fantsa. 

gn em a hglp xiiwana (stimm) 
giin xa tsom tsveta tnoola hnaem gn 
asa viidar xopa gn Snetsl gn bruut 
(d)artsuu, gn dar drt^ima est viidar 
m\ta. dan tuun xa gproema gn 
br$ya gruusa hafa ki{xa oa liü gn 
brantvaen gn biir. gn etsa futja xa 
gg Sp^ktdaklan tso maxa; da jompfav 
xggen da Spreca viidar, gn dar drtizma 
xgged emarfcerd gk Spreca. 

gn em a glva tuun xa 71003 «niool 
kdfee tregka gn h{xa asa. 

gn em a tsvglva giit s luux eins 
krgntsla. doo jggen xa a broet\jt{m 
gn da brood ae dar Stuutca rem gn 
sraen: »da krgntslan haar! da krgnis- 
lan haar!* gn da braot Iggeft tsar 
tiira naos gn dt jompfan gn dgs 
hi{kstvaep gla hendar ar raos gn 
laafa ae ana Stumva gn tuun x(e 
d&rt tsuusl(sa. gn da braot z^tst 
x\c ov a See mala, gn jeeda giid 
emarfcert em xa arggd gn nemd ar 
emar ana Steknoola vgk ggdar n blec- 
tala fom krentsla. gn von dgs 
gantsa krgntsla vqk \s, doo raesa xa 
x(c em a slaear, gn jeeda hod n 
stekla darfoona, gn xa raafa aen xa 
gs vii ac ana ggnts. gn da jompfan 
tsiin dar brood a atular klaaed gg 
gn gaan ar a t(cla oa koop. dar- 
nooxt brei/a xa xa viidar ae da 
stuuira. 


oudardrsn hggn xa i(in brocl(jion 
an s krentsla rgk(g)aresa gn gaan 
i{m an piela of da aa%a gn an 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


333 


die Augen gesetzt und eine Laterne 
in die Hand gegeben, damit er die 
Braut suche. 

Diese sitzt im Winkel beim Ofen. 
Da geht er mit der Laterne in der 
Stube herum und findet sie sitzen 
und sieht ihr ins Gesicht, aber die 
Braut versteckt es und will sich 
nicht zu erkennen geben. Da fängt 
der Ordner an: »Wenn du sie nicht 
mit der Brille erkennen kannst, da 
berieche sie doch einmal, ob sie es 
ist!« und der Bräutigam sagt nun: 
»Ja, es ist die richtige!« 

Dann führt er sie hinter den 
Tisch und eine Jungfrau bringt der 
Braut eine Puppe, die wie ein 
kleines Kind aussieht, und gibt sie 
ihr in die Hände; aber die Braut 
nimmt sie und wirft sie von sich, 
da sie sie nicht haben will. 

Darauf geht es wieder ins Wirts¬ 
haus zum Tanz. Und früh um sieben 
geht es von da gleich zum Kaffee. 

Dann geht jeder heim. Nur die 
Gäste aus den anderen Dörfern legen 
sich im Hochzeitshause zur Ruhe. 
Nach dem Aufstehen gehen sie noch 
einmal zum Schenken. Und nach¬ 
mittags bekommt noch ein jeder 
ein Paket Kuchen, und da treten 
sie dann den Heimweg an. 

Und nun ist endgültig Schluß. 

Die Braut bleibt dann noch ein 
Vierteljahr, vier Monate und manch¬ 
mal noch länger bei ihren Eltern 
zuhause, um sich die Ausstattung 
und die Betten fertigzumachen. 
Wenn sie darauf zum Gatten zieht, 
kommt auf einem Rollwagen die 
Ausstattung angefahren. Ganz oben 
auf dem Fuder sitzt die Hochzeits- 


Iqidna ae da hant: (har xol da braut 
zi{xa. 

qn du xetst aem uuvav\ykala. 
qn doo giid a m\t(d)ar Iqhna ae 
dar Stuuwa rem, on doo fent a xa 
xetsa qn x\t ar ar aes gaxecta, on 
dii farStqkt s qn vel x\c nee tso dar- 
kqna gaan. qn dar dn^ima ft yd 
qq:_»v$n da xa nee kqnst darkqim 
m\t(d)ar prela, doo r\c qktsuun ar, 
qp sa x (s!« qn doo xqqei(d)ar broe- 
: »juu, dii \s (s) !« 

doo breyd a xa hendar u tii.s. 
qn aaena jompfar brqyt (d)ar braod 
and toka qs vii a kendla qn get s 
dar braod ae da hqnda, qn dii new/ 
s on smest s vek on mook s nee hoon. 

* * tt « k 

darnooxt giin xa viidar aes verrts- 
haos tanlsa. qn em a xiimna frii 
giin xa aox i{m veerlshaoxa baula 
viidar kdfee treyka. 

dan giin xa haaem. qn diida 
aox andan dcerfan xaen , dii leen 
x\c Hoofa aem hi{ksthaoxa. qn ven 
xa nfStiin, giin xa viidar treyka. 
qn nooxmetifis kiiija xa nox jeedar 
an pake kipa, qn doo klaon xa x{<- 
dan haaem. 

qn daimooxt \saaman baekqstatyts. 1 

da braot blaet (d)an noox baraets 
a fcertljaar, für moonda qn mqnc- 
mool noox tyyar bae a qldan dar- 
haaema qn ma.rt x\c (oder ar) da 
oo$tqti{yk fcert\e qn da b$ta. qn 
darnooxt, ven xa tsoxqniatsiin, doo 
kemd om rolvqqena da ao§lqti{yk ga- 
faam. uua drofa gants om fundar 
xetst s hi^kstvoep, on henda uni 


' Kostelutz, Ort in Böhmen. 


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334 


Friedrich Graebisch. 


frau, und hinten am Wagen ist eine 
Kuh angebunden, die zum Hoch¬ 
zeitsgut gehört, und diese hat am 
Schwänze eine große Rose (befestigt). 
Dann kommt noch ein Bretterwagen, 
auf diesem befinden sich auch noch 
Gegenstände, und an diesem Wagen 
ist hinten ein Ziegenbock ange¬ 
bunden, der mit einem großen 
Kranze geschmückt ist. Die Braut 
ist aber immer noch zuhause und 
weint und kommt erst den folgenden 
Tag. Unterdessen muß die Hoch¬ 
zeitsfrau alles einräumen, und da 
bekommt sie gutes Essen, Kaffee 
und Kuchen und Branntwein, und 
der Kutscher ebenfalls. 


rggena \x gggabonda aaena knua, dii 

xd m\tdkriict , gn dii hod Svantsa 

ana grunsa rtittxa. dan kernt nooj 

a braatrggen, on of daam hot s an 

noox drofd, gn henda gg dam rggena 

{x gggabonda a tsiijahook, daar hod 

du grunsa krants. gn da braod is 

noox darhaaoma gn finit gn kenid 

(erst a andan taak. darraelt rnus 

% 

dggs hukstvaep gls aeroema , gn doo 
kniet sd guudds asa, kafee gn kuxa , 
gn hrantvaen , gn dar kotfar an. 


. Die Landung des Ballons »Schlesien« in Brzesowie 
am 20. März 1910. (Jüngere Form der Mundart) 


Gestern nacht hat sich etwas 
Großes ereignet. August, Du weißt 
es ja, als wir die (Palmsonntag-) 
Puppe (= Magd) an dem Baum des 
Schenken aufgestellt hatten, da sagte 
ich doch zu Dir: »August, komm 
doch mit mir, ich fürchte mich, 
allein nach Hause zu gehen!« Und 
Du sagtest: »Geh nur, Du wirst 
Dich doch nicht fürchten, ich gehe 
ja auch allein nach Hause.« Da 
bin ich auch gegangen. Und wie 
ich zu den Häusern der Grenzjäger 
kam, glaubte ich, es ist eine Er¬ 
scheinung am Himmel; ich hörte, 
wie da in der Höhe immerfort so 
traurig gepfiffen wurde, und über 
meinem Kopfe schwebte etwas, das 
sah aus wie eine große Scheune; 
da bin ich, so schnell ich konnte, 
nach Hause gerannt. Da man mir 
nicht sofort öffnete, habe ich das 
Fenster eingeschlagen (und gerufen), 


gestan ae dar noxt, doo (s vos 
gnnisas pgsiirt. gi{sta, r^st s juv, 
vii mar dt m<$d i{f ${)jka (Gen.) 
bnam nfgaStglt hgtn, gn doo xqgt ic 
dox fsuun dar: *gi{sta kom gk mit 
mar, \c feer et m\c alegna h{cmtst(- 
giin!" gn dun host gaz^ct: >gii 
gkn, veerSt d(c dgx nee ftercta, (c 
gii juu aa alggna hg%m .« gn doo 
b(n (o halt gagaya. gn vii ic tsu 
dan jtfjarhocxan kggma, doo dooxt 
ic, x is ana ar§aent{yk i(m himl; 
dii hggn emarfeert gafefa axtiu trao- 
ric ae dar hii , dggs hgg iegahaart; 
gn opric 1 mgm kopa vaar s vii ana 
grunsa soena, gn \c bin galofa, rgx 
ic laafa hgnda, hggm. gn vqel xa 
ner hggn baala da tiira nfgamaxl, 
gn doo hgg ic s fanstar tsoSleen: 


1 Nebenform von uuuric, auch op\c kommt vor. 


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Proben schlesischer Gebirgsmundaiten. 


335 


sie möchten doch schnell heraus¬ 
kommen und sehen, was vorgeht. 
Wie sie aufgewacht waren, kamen 
sie doch schleunig herausgerannt 
und wollten sehen, was vorging. 
Ich aber konnte vorerst gar nicht 
reden, und da habe ich mit der 
Hand hinaufgezeigt. Da sahen sie 
erst, was dort oben schwebte; aus 
der Höhe aber wurde immerfort 
traurig heruntergepfiffen. Da haben 
dann Josef und Franz und August 
und Robert — dieser konnte zu¬ 
nächst gar nicht sprechen, er war 
ordentlich (wie) ohnmächtig — alle 
zusammen laut hinaufgerufen, was 
dort (eigentlich) vorgehe, und von 
oben wurde zuerst herabgerufen: 
;>Wo sind wir denn? Wir sind doch 
in der Stadt Waldenburg?« Wir 
riefen hinauf: »Nein, Sie sind(= ihr 
seid) bei Kudowa in Brzesowie an 
der böhmischen Grenze.« Das woll¬ 
ten sie zunächst gar nicht glauben, 
und da riefen sie denn herab, sie 
würden Seile herunterlassen, wir 
sollten tüchtig ziehen und die Seile 
auf keinen Fall loslassen, sonst seien 
sie verloren. Wir wurden immerzu 
mit emporgerissen bis an fünf Meter 
hoch, im Walde wurden Bäume 
ausgerissen. Da sagte der Vater, 
wir sollten aufhören, wir würden 
es alle mit dem Tode bezahlen 
können. Wir haben aber doch fest¬ 
gehalten, und schließlich ließ der 
Wind etwas nach; da zogen wir 
tüchtig und da kam das Ding all¬ 
mählich langsam herunter. Wir 
hatten drei Stunden angestrengt ge¬ 
arbeitet Wie der Ballon unten 
war, sprangen die Insassen, drei 
vornehme Herren, heraus, und wir 

1 Nebenform von öom'ct\c. 


dii xpla gk baala raoskoma gn xaan, 
rggs fiirgiit. gn vH xa xaen darvakt, 
doo kggma xa dgx raosgalofa, vgs (s) o 
hpida, gn vnlda xaan, vgsda fiirgiit. 
gn iic h{nd (erst gaar nee reedn, 
gn doo hgg \c emarfeert nitfgatsaeet 
m{t(d)dr hant. gn doo hggn xd eer&l 
gaxaan, vgx ae dar hii \s; gn dii 
hggn emarfcvrt traor(c rondargafefa. 
doo hggti halt dan dar xefka gn dar 
frants gn dar g?{sta gn dar roobart 
— daar h{nda eerSt nee Spr^ca, daar 
vaar cemtfic gants 6lmpct\c 1 — dii 
hggn gla lst{xgma ni{fgaSriirn, vgs 
doo fiirgiit, gn dii hggn tsi^erM 
rggqaSriim: »vuu xae mar den? 
miir xaen dgx ae dar Stggt raldn- 
burk ?« on miir hggn ni{fgaSriim: 
• npe, iir xaet bae ktfdgva i(m psee- 
xgvii t{f dar b\m*a graantso .« doo 
vtfida xa s rerst gaar nee gleewa, 
gn doo hggn xa halt rgggasriim, dii 
ran Strejja rondarloon, miir xpla 
tect(c tsiin gn xela s jda nee giin 
loon, xotist xaen xa farloam. gn 
ons hot s emarfcert m(t ae da hii 
garcsn, b(s femf meetar, aem posa 
hot s bppma aosgaresa. gn dar fggtar 
xppta, mar xpla s(x)aen loon, miir 
vnarn s gla m\d ipm iunda batsggln 
kpna. miir hggn s dgx nee giin 
galoon, gn dan hot (d)ar vend a besla 
Hfgahaart, doo hgmar tcet(c gatsepn, 
gn doo kggrn s noo% gn noox xaxta 
rondar. miir hgtn drae $ti{nda ga¬ 
sen t. rii s honda vaar, doo xaen 
\o raosgaspropa, drae faena hrern, 


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336 


Friedrich Graebisch. 


mußten uns auf die große Kugel gn doo mt^sta mar ons gla i{f di 
darauflegen, sonst wäre sie wieder gruusä knote dn^fleen, xonst vcear 
davongeflogen. Und auf einmal er- § viiddr vqk(g)aflqqn. gn igamöol 
kannten sie sich wieder: der Josef hggn xd x(c darkant: cter xqfka hol 
erkannte seinen Hauptmann; und xqn haoptmggn darkant; gn dar eens 
einer (der Herren) photographierte hot snql di ganisa kate fgtggrafiirV, 
schnell alle die Burschen, wie sie vH za hggn i{f cter knote galqqn. gn 
auf der großen Kugel lagen. Darauf dan hggn xa da gantsa xant raos- 
warfen sie den ganzen Sand heraus gaSmesa — s ran glqq iiuar tsaan 

— es waren wohl über zehn Zentner, tsqntnar, vaesdr i{f(v)g§zant —, gn 
(und zwar) weißer Aufwaschsand - , s gantsa asa gn a vaen hggn xa tsu 
und alle Eßwaren und den Wein ons ae da ktuuwa gabrooxt, gn mar 
brachten sie zu uns in die Stube, hggn dan gagasa gte tsi{xgma. dii 
dann haben wir alle miteinander kate ran gants basent, 8 hgt sa m\t- 
geschmaust Die Burschen waren gaülgpt gn emar i{f da bqqtna ggga- 
ganz beschunden, sie waren mitge- Sloedart gn tga stqqnbruu^ i{m posa. 
schleift und immerwährend an die dan baalc fiii hot (d)ar scerla da 
Bäume und auf den Steinbruch loftltaloon rek (g) afaarn, gn dt harn 
im Walde angeschleudert worden, hggn emarfcert gaSriirn: » vaar (>' 
Gleich am Morgen darauf hat Schirlo dqn onxar arqiar ?«. doo hggn ;j 
( der Gastwirt) den Ballon wegge- hold ){f mite gatsaect, gn doo hggn 
fahren, und die Herren fragten xa mar qlf mark(g)agaan, gn di 
immerfort laut nach ihrem Erretter, andan hggn jcecter xiiiva mark(g)a- 
Da wurde denn auf mich gezeigt, kriiet. gn cter xqfka \s dan m(tga- 
und da gaben sie mir elf Mark, und faam m(t (d)a harn uv a xaki tsar 
von den anderen hat jeder sieben bggna. 

Mark bekommen. Josef hat dann 
die Herren nach Sackisch zur Bahn 
begleitet 

IX. Das Gebiet des Mense- und Adlergebirges im Bezirk Neustadt a.JL 

in Böhmen. 

In diesem Gebiet, das die deutschsprachigen Gemeinden des im 
übrigen tschechischen Bezirks Neustadt (Nov6 Mösto) an der Mettau um¬ 
faßt, hat fast jeder Ort eine andere Lautgruppierung. Die Ausläufer der 
oberdörfisch-glätz. Mundart — die Langdiphthonge aaa (eine) und gga (gge) 

— sind nur inselartig (wie in Brzesowie, s. o.) in Pollom und Plaßnitz 
erhalten, gga wird in Gießhübel und Obersattel durch qq vertreten, während 
aaa in diesen Orten bewahrt ist; in Niedersattel, Schediwie und Deschney 
ist auch aaa außer vor Velaren durch qq verdrängt, das sich von Grun- 
wald (Kr. Glatz) und Kaiserswalde (Kr. Habelschwerdt) her verbreitet hat. 
Vor cht gilt für mhd. e in Gießhübel wie im Niederglätz. und in Brzesowie 
noch Kürze (kriqct), südlich von Gießhübel wird es meist durch Dehnung 

• • 

1 Alter pyfwu/i irt . 


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Proben schlesischer GebirgsmuudaiteD. 


337 


zu aaa (knaaact). Vor Velaren und 8 geht aaa in Gießhübel fast in aa 
über: naajd, flaaS. Wie in den angrenzenden preußischen Gebieten gilt 
für mhd. tu allgemein oe (mit geschlossenem o), nur in halbhochdeutscher 
Rede hört man durch österreichischen oder tschechischen Einfluß ae. Wie 
im Westglätz (s. ö.) steht in der Gießhübler Mundart p (a) anstatt a vor r 
für mhd. a/o und ä/e: grm, mgrna, fori, xgija (pl., Särge), fgrua (färben), 
ngrS, bgrk. Südlich von Gießhübel gilt a: arin, mana, fat, xarja, bark. 
Glätzisch pp (< ää ) vor r ist erhalten, doch erscheint in Plaßnitz, Schediwie 
und Deschney inselartig aa wie in Brzesowie, aber bei Kürze nur a (wie 
in Starkstadt und im stidöstl. Kreis Glatz): gavan (geworden), darc (durch). 
In Deschney, Schediwie und Niedersattel tritt auch für gekürztes mhd. ü 
teilweise f ein: Afsa, nördlich hasa, im südl. Adlergebirge Apsa. Mhd. a 
ist vor Velaren als a, aa wie in den angrenzenden preußischen Gebieten 
erhalten ( gavakt, taak), erst etwa von Kronstadt — Habelschwerdt südwärts 
tritt teilweise (vgl. Pautsch, Ma. von Kieslingswalde, §§ 26 — 28) oder 
vollständig Übergang in p, pp ein (gavgkt, ngxt, tggk); nur wenige Formen 
(niggk, krgg^a) gehen ziemlich weit nach Norden (noch in Weckelsdorf). 
In Schediwie und Deschney werden sämtliche schles. ii und uu vor r 
zu geschlossenem ee und oo, selbst wo mhd. ie, iie und uo zugrunde 
liegen: heeri9 (Hirse), feem (führen), gafoort (geführt), kpoora (Spur), sonst 
bleiben ii und uu erhalten: tiiS, puu§\ diese Lautentwickluug ist also der 
bei Habelschwerdt eingetretenen (s. o. Abschn. VI) gerade entgegengesetzt. 
Vom Konsonantismus ist bemerkenswert, daß in Gießhübel anlautendes 
pf wie in Brzesowie zu f geworden ist, und zwar inselartig in einem 
großen Gebiet mit erhaltenem pf. Von Einzelheiten seien noch erwähnt: 
hd. fragen in Plaßnitz froo^a (wie in Weckelsdorf, Starkstadt), sonst 
freeja ; hd. Heu in Gießhübel und Sattel hae (wie im Westglätz.), in 
Plaßnitz Appe, in Schediwie und Deschney Aff; hd. Jagd in Gießhübel 
jgxt, in Plaßnitz jgget, in Sattel, Schediwie und Deschney y'ff/. Besonders 
in Gießhübel zeigen sich auch manche Einflüsse der tschechischen Nach¬ 
barschaft 

Die vorstehenden Angaben verdanke ich, soweit sie Sattel betreffen, 
Herrn Oberlehrer Franz Swoboda in Sattel, im übrigen sind sie das Er¬ 
gebnis eigener Beobachtungen. 

Von mir aufgezeichnete Texte in den Mundarten von Gießhübel, 
Plaßnitz und Deschney bietet auch die »Dt Volksk. aus d. östl. Böhmen«, 
Band XI. Über weitere Spracherscheinungen, die besonders für das südl. 
Adlergebirge (Bez. Rokitnitz) gelten, vgl. Ed. Langer, Vorstudien zu einem 
Wörterbuch der Adlergebirgsmundart (Dt. Volksk. aus d. östl. Böhmen, X, 
192—229). 


1. Von einem Verunglückten (Gießhübel). 

Ein gewisser Stonjek fuhr einst 
in den Wald nach Holze mit dem 


Pferdeschlitten, (denn) es war im 

Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 


o gauesar SUpjka , daar \s ae a 
puuS gafäärn mjd om faara noox 
holtsa m\d om sltita, om rentar 

•22 


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338 


Friedrioh Graebisch. 


Winter. Es wurde nun Abend, und 
er kam nicht nach Hause. Da 
warteten die Angehörigen die ganze 
Nacht, und früh gingen sie (ihn) 
suchen, da fanden sie ihn unterm 
Schlitten, unterm Holze tot Er 
war nämlich (mit dem Wagen) um¬ 
gekippt und unters Holz gekommen 
und von diesem erschlagen worden, 
und das Pferd bat die ganze Nacht 
stehen müssen. Die Stelle ist heute 
noch zu sehen und hat immer noch 
den Namen »bei Stonjeks Tode«, 
ich weiß genau, wo sie ist. 


väär S. ets vprt s oownt (oomt), 
gn a kggm nee haaam. nuu, dii 
hggn gavärt dt gantsd naxt, gn frii 
xaen za z\ca gaya, gn doo hggn z 
a gafonda ondar om §liita, ondar 
om holtsa tuut. doo väär a emgaSi{t 
gn väär ondar s 1 holts koma gn s 
hod a dar§l$gn, gn s foart hot (d)9 
gantsa naxt m\$a Stiin. dar flgk \s 
hoeta noox tso xaan gn haaast hoeta 
noox »bae Stgyka tuuda «, ixe vaoaz 
ah^raat * s fiqkla. 


2. Erinnerung an den »Leipziger Krieg«, 1813 (Gießhübel). 

Die Russen kamen über Glatz, da rtfsra 8 , dii kggma iiioar gloots, 
über Reinerz, bis nach Lewin, und üwar a raaanarts, biiz ov a Ueviin, 


dort bekamen sie zu wenig Proviant 
für das ganze Heer. Da haben sie 
sich in Lewin geteilt, eine Hälfte 
zog gegen Nachod und die andere 
nach Gießhübel. Da hielt die Hälfte, 
die nach Gießhübel rückte, am 
Kutteler Graben oberhalb von Hasler 
auf der Schmoranzschen Wiese 
einen Rasttag. Danach setzten sie 
ihren Marsch über Polom auf Do- 
bruschka zu fort, und so ging es 
(weiter) bis nach Leipzig. Die Ein¬ 
wohner von Gießhübel aber mußten 
ihnen Frondienste leisten und nach 
dem Roten Hübel zu Brücken 
schlagen, damit sie mit den Kanonen 
darüber (fahren) konnten, und diese 
Brücken sind heute noch zu sehen. 


gn doo kriieta za tso vygk prooßdnt 

far dt gantsa armte. gn doo hggn 

za z\c om leeviin galaaalt; da hqlfta 

maxt (Prät) ov a noxta tsuu, gn 

di andra hqlfta ov a gphiiwl. gn 

doo inaxta dii hglfta, vgs(s)a ov a 

gishiiwl märSiirta, dii maxta om 

kutlar grggwa uuwrij om haaxlar 
* — 

of Smärantsa viiza maxt sa rgstaak. 
gn noox dam rgstaaja faen za ixwar 
a pöoloon of da döobngSka 4 tsuu, gn 
ozuu g\y s of loepts^c tsuu. gn dt 
g\shiiwlar loeta mt{sta of da roopt 
gn mifsta ov a ruuta hiiwl tsuu 
breka maxa, dgs(s)a mjd a kanäft 
driiwar kunda, gn dii breklan xaen 
hoeta noox tso zoan. 


3. Vom Gießhübler Brande, 1861 (Gießhübel). 

Ich war ein Bursche von acht- \c väär a pärSa foo axtsa jäärn 
zehn Jahren und im Rathause bei gn väär aem roothaoxa tsor müuzih* 


* Nicht S. 

* Auch akqraal (Sackisch, Adlergeb.). 

1 Auch roan (Sackisch, Brzesowie). 

4 Auch doortiSko (Schediwie). 

6 Andere sprechen müux\c (auch Gießhübel). 


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Proben scblesi&cher Oebirgsmundarton. 


339 


der Musik mit meinen Vettern und 

Eousinen. Da heißt es auf einmal, 

• 

es ist Feuer (ausgebrochen), und 
dabei (herrschte) ein so starker 
Sturm. Da bin ich schnell hinaus¬ 
geeilt und habe »Feuer!« geschrien 
von Niedergießhübel den Ort abwärts 
— und bin heim (gerannt) — und 
nahm eine Kanne und eine Axt — 
und (eilte) wieder herauf. Da hatte 
doch die Frau Feldmann, die Mutter 
des (jetzigen) Polizisten, schon alles 
(auf die Straße) herausgeräumt: 
Spulräder, Pfeifenstöcke *, Tischchen, 
Bänke und Gamweifen 1 , ja sogar 
das Pulvernäpfchen zum Feuer¬ 
schlagen hatte sie draußen — und 
ich hätte beinahe den Hals beim 
Darüberklettern gebrochen. So bin 
ich zum Feuer gerannt und habe 
beim Löschen geholfen. Zweiund¬ 
dreißig Häuser, die Schule und die 
Kirche und mehrere Scheunen sind 
verbrannt, und dabei auch eine Frau 
in einem Keller. 


m\t mgn gaSvestarkendan. gn ov 
amool haadst s, x \s foear; gn axSear 
gruusdr Stärmvent. gn doo b\n \j 
gk naos gn hgg » foedr /« gaSriirn 
fom niidarg\shiiwl nondar — gn 
haaam — gn nggma an kgm gn an 
akst — gn viidar ruuf *. doo väär 
dgx foo daar fgltmgnn, foo pol\tsdes 
mi^tar, Son raosgaroemt gls: Sptfl- 
reedar, faefaStgka, teSlan gn bgykd 
gn kiiwaStgka, \ ziygä&r s polvar- 
napla tsom foearSloon hgt sa hasa — 
gn iic hgta baala a hgls gabroxa 
driiwar. gn azigu b\n \c tsom foedr 
gn hgg IgSa gaholfa. tsveegndraesgc 
hoexar, §uula gn kcerca gn gil\ja Sgn 
gn aa a vaeb \s m\tfarbrand aem 
kaalar. 


4. Von einem Selbstmörder (Gießhübel). 


Ein Fabrikarbeiter hatte kein 
Geld mehr und wußte nicht mehr, 
was er anfangen sollte. Er hatte 
viele Kinder zuhause und keine 
Arbeit Da ging er eines Tages in 
den Wald — ein Seil nahm er sich 
mit — und erhängte sich am vierten 
Baume. Die Kinder wunderten sich, 
wohin er gegangen sei. Da gingen 
sie in den Wald und sahen ihn 
(hängen). Sie gingen darauf nach¬ 
hause und sagten es der Mutter. 
Und diese nahm sich einen Schlitten 
und fuhr hinaus. Dort schnitt sie 
ihn los und legte ihn auf den 
Schlitten; darauf fuhren sie ihn auf 
den Kirchhof und begruben ihn. 

1 Teile des Webstuhles. 


a fabreksärptar hgta Son vgtar 
koaa gglt gn vosta Son neme, vgx 
a ggfaya xt^lda. a hgta fiil kendar 
darhaoama gn nfä tso tuun. gn 
doo \x a amool gn taak ae a puuS 
gaya, n Strayk hood a mT (m)\tga- 
nigma, gn hood a x\c om fiirta 
bggmla gahaya. da kendar hgn x\c 
gavipidart, vuu o hiigaya \s. doo 
xaen xa ae a puuS gaya, gn doo 
hggn x a gaxaan. doo xaati xa 
haaamgaya gn hgn s dar mif-tar ga- 
xggt. gn dt mif-tar hoot x\c n Sliita 
gany,ma gn \s naosgafääm. dat hoot 
x a luusgaSniita gn ov a Sliita ga- 
leet; gn xaen myd om ov a keerchoof 
gafä&m gn hgn a aegagrggiva. 


* Oder ruf. 


22 * 


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340 


Friedrich Graebisch. 


5. Vom Schutzengel (Gießhübel). 

Es fuhr einmal ein Kind mit doo \s amool a kent m(d am 


einem Wagen, in dem noch ein 
kleines Kind saß. Da kamen sie 
auf einen Berg, und das Wäglein 
fuhr den Berg hinunter. Die Leute 
glaubten, die Kinder würden tot 
sein, es war aber nicht der Fall. 
Das Wäglein stand im Bache mit¬ 
samt dem Kinde, und diesem war 
nichts geschehen, denn der Schutz¬ 
engel mußte (wohl) dabei gewesen 
sein. Zum Andenken befindet sich 
an dieser Stelle noch heute ein 
Bild, auf dem die Kinder mit dem 
Wäglein dargestellt sind. 

6. Scbülerstre 

a) Ich und ein (anderes) Mäd¬ 
chen haben uns einmal (im Schul¬ 
zimmer) geprügelt und (dabei) aus 
einem Glasschrank eine Scheibe zer¬ 
schlagen. Der Lehrer fragte uns dann, 
warum wir sie zerschlagen hätten. 
Da sagten wir: »Wir haben Zöpfe 
geflochten und sind (dabei) mit den 
Ellbogen in die Scheibe geraten«. 
Da haben wir die Scheibe bezahlen 
müssen. 

b) Es war einmal ein Junge, 
der bekam (immer) soviel Prügel 
vom Lehrer. Nun wollte er sich 
einmal rächen, und da schlug er 
ihm eine Menge Nägel in den Stuhl. 
Und als sich der Lehrer setzte, 
stach es (ihn) doch so sehr. Da 
hat er sich doch gewundert, was das 
sein könne, und konnte es nicht so¬ 
gleich herausbekommen. Und jedes¬ 
mal, wenn ersieh wieder setzte, stach 
es (ihn) wieder. Da hat er schlie߬ 
lich nachgesehen, und da waren doch 
eine Menge Nägel im Stuhle. 

c) Wir hatten einmal einen Leh¬ 
rer, bei dem sollten wir soviel 1er- 


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r? gna gdfäärn gn hgta a klaaan kent 
nox drena. gn doo xaen xa oc an 
bärk (k)oma, gn dgs veenla %s iitvar 
a bärk rondargaf&ärn. doo dooxta 
da loeta, di van tuut xaen , ggicar 
s väär nee räär. dgs vggnla stggnda 
ae dar baax m\t (d)am kenda, gn s 
hgt om n(M gatoon , d{n dar sqtseyl 
mi{sta darbae gavaast xaen. gn doo 
hoot s tsom ggdgyka of dam flgka 
nox hoeta a beit, vuu da kendar 
m\t (d)am vggnla nfgamoolt xaen. 


che (Gießhübel). 

a) iic gn a maaadla, niiir hgn 
amool m\tsgma gapakt, gn doo hgmar 
aox am glggssrayka n tofl tsoslggn. 
gn doo hot (d)ar Iceeerar gafreect, 
rartfm dgs mar Za tsoSlggn hgn. 
gn doo hgmar gaxggt: »niiir hgn 
isgpa gafloxta, gn doo xae mar m\d 
a glbooga ae da tofl koma «. gn doo 
hgmar ia m\sa batsggla. 

b) s rdär amool a joya , gn daar 
hot ax uh fiil priijl fom Icecerar 
kriiet. nu vifid a x\c amool rgca 
gn doo hood a m n hafa nggla 
onda ae a See ml ga&lqgn. gn vii 
■x\c dar Uecerar gaxgtst hot, gn doo 
hoot s dgx axuu xrecer gaStoxa. gn 
doo hood a xic dgx gavundart, vgs 
dggs mggk xaen gn kt {nt s nee baala 
raoskriija. gn von a x(c emar riidar 
xgtsta, gn doo hoot s viidar gaiUoxa. 
gn doo hood a darnooar nooxgaxoati, 
gn doo hgt s halt an hafa nggla om 
sec ml. 

c) miir ligta amool an lonerar, 
gn bae daam xt{lda mar axuu fiil 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


341 


neu, und wir hatten niemals Lust 
(dazu). Wenn wir in die Schule 
kamen, hat er uns geprüft, und 
wenn wir seine Fragen nicht be¬ 
antworten konnten, mußten wir dort 
bleiben. Wir sind (aber) immer 
davongelaufen. Wenn wir (dann) am 
andern Tage in die Schule kamen, 
erhielten wir Schläge und mußten 
noch eine Strafarbeit schreiben und 
vom Vater unterschrieben bringen. 


lana, gn miir moxta emar nee. gn 
vgmor xaen ae da Suula koma, gn 
doo hood a ons gdpriift, gn vgmar 8 
nee ki{nda, gn doo mi{st mar data 
blaen, gn miir xaen emar darfoo- 
galofa. gn vqmar xaen a andan 
taag ae dq suula koma, hgmar priijl 
kriict gn mi{sta noo g n Stroofa 
Sraeica gn fom fggtar ondarSriiwa 
brgya. 


7. Eine Reise von Gellenau 1 zum Kirchenfest in Schediwie 

(Plaßnitz). 


Am Sonnabend vor acht Tagen 
wollten wir nach Schediwie zum 
Kirschenfeste gehen. Meine Frau 
sagte: »Ich werde (heute) Nach¬ 
mittag die drei Stunden aus der 
Fabrik daheim bleiben, ich kann 
nicht gut laufen; und wenn du um 
vier aus der Fabrik nachhause 
kommen wirst, so kannst du dich 
[ab]waschen, und sodann werden 
wir gleich gehen«. 

Nun, um halb fünf war ich 
schon fertig, und wir gingen. Wie 
wir nach Lewin kamen, sagte meine 
Frau: »Kehr doch beim Bäcker ein, 
und kaufe etwas, ich habe Hunger!« 
Und wie ich herauskam, stand schon 
ein Bekannter bei ihr, der von 
Schlaney mit dem Zuge gefahren 
war. Nun gingen wir bis zum 
(Gastwirt) Hasler (in Kuttel), und 
dort kauften wir uns ein (Glas) 
Bier und ein Schnäpschen. Darauf 
wurde es schon so allmählich dunkel, 
und wir mußten nun zuschreiten. 
Als wir heimkamen, war es finster. 
Zuhause sahen uns unsere Ange- 


m xenoomda fr axt taa%a, doo 
vi{lt mr ov a Seedavii of da faart 
giin. mae raep, dii xggata: »iic 
vaar nooxmü\c di drae Stynda aos 
dr fabrtka drhaaama blaen, iic kggfi 
(n) ee gut laafa; gn vgn da vaSt em 
fiira haaamkoma aos dr fabreka 
kgnst (d)\c ggvgsa, gn van dmoox 
e giin*. 

ni{, em hglur femve vaar (c 
Son f<ert\c, gn doo xaen mr gaya. 
vii mr ov a leeriin kggma, gn doo 
maaanta s vaep: »kceccr gk bgm b{ka 2 
ae, gn Iggaf fern vggs, iic hgg hoyr /« 
gn vii c raos kggm, hgt s n ba- 
konta son baen r stiin, daar vaar 
mim tsuuga gafaam fom Släanae. 
doo xaen mr halt gaya b(s tso 
haaxlan, gn dat hgmr ons a bür 
gakaaft gn a Snapsla. dmoox vi{rt s 
son axau pgmdalic toykl, gn dmoox 
mi{st mr tsuu8raeta. vii mr haaam- 
kggma, vaar 8 fenstr. drhaaama 
xggga xo vul, vii mr kggma; miida 



1 Die betreffenden Leute aus Plaßnitz waren zeitweise in der Fabrik zu Gellenau 
bei Lewin beschäftigt. 

* Nom. sg. b^ka. 


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342 


Friedrich Graebiacb. 


hörigen wohl kommen; (aber) wir 
waren müde und legten uns (so¬ 
gleich) schlafen. 

Am folgenden Tage gingen wir 
dann zum Kirchenfeste. Viel war 
wohl dort nicht nicht los, nur etwa 
drei Buden mit Zuckerzeug (waren 
da). Im Wirtshause war wohl viel 
Leben. Es ist allerdings recht klein, 
und da fand keiner Platz. Da 
kauften wir uns ein (Glas) Bier 
gegen den Durst und gingen (dann) 
in die alte Schule, wo auch Musik 
war. Dort ging es wohl etwas lus¬ 
tiger zu, die Musikanten konnten 
weder das Spiel noch das Geldein- 
nebmen bewältigen. Ich saß dort 
an einem Tische bei Bekannten, 
und wir unterhielten uns. Mitunter 
bekamen einige (Gäste) Streit; der 
Schenke war gleich (mit ihnen) 
fertig, er besorgte sie zur Tür 
hinaus, und da lagen sie auch schon 
unten auf der Treppe. Als es dann 
etwas leerer wurde, habe ich auch 
einige Stücke getanzt Heimlich 
Weggehen wollte ich nicht, und so 
mußte ich eben warten, bis die 
Gäste fortgingen. Da haben wir 
etwa bis um eins gewartet, dann 
waren wir schon schläfrig und der 
Kopf tat uns weh, und wir gingen 
doch nachhause. 

Als wir am nächsten Tage früh 
aufstanden, ging sehr stark der 
»Bergwind«. Ich sagte zu meiner 
Frau: »Wie werden wir nur wieder 
nachhause kommen!« Und zum 
Mittage fing es noch an, dabei zu 
regnen. Heiragehen mußten wir, 
und da gingen wir eben. Zum Glück 


vaarmr, gn doo hgmr ons drnoox 
Slofa galtet. 

a andan taak xaen mr drnoox 
of da faart gaya. fiil hgt s vttf 
nee dat, grggda fern a drae tsokr- 
baoda. aem vcertshaoxa, dat vaar 
vy.1 fiil luus. klaaan (s (s) gampjk, 
gn doo hgta niimant plgts. doo 
hgmr ons a biir gakaaft far a 
da(r)St gn xaen ae da aala Suula 
gaya, dat hgt s aa müux\c. dat 
vaar s vtfl a besla lost\jr, da muuz\- 
kdntn baStrggta 1 nee s Spiila gn s 
g$ltaenaama. doo xggx \c dat bae 
am teSa bae bakanta, doo hgmr ons 
azuu ondrhaala. mgncmool tggta a 
paar9 hqndan; dr Sgyka, doar vaar 
glae f(crt\c, daar fuur tniid a tsifr 
tiira naos, gn doo lgg%a za aa Son 
ov a tr$pa donda. vii s drnoox a 
besla loft\jr vigrda, gn doo hgg \c 
bald aa a paar Steklan gatantst. 
dreka moxt \c m\c nee , gn doo mi^st 
\c halt va(r)ta, b{s da loeta fatgiya. 
gfi doo hgmr b\s em a aaas gava(r)i, 
gn drnoox vaarmr Son Sl$fr\e, gn 
dr koop tggt ons vii, gn doo xaen 
mr halt haaamgaya. 


gn a andan taak, vii mr frii 
tißtggnda *, g\ya axuu xcecer dr 
bgrkvent. iic xggata iiwr mae vaep: 
»vii vamr gk viidr haaamkoma !« 
gn tso met\ja ft(y s nox gg gn 
raaanta nae. haaamgiin mifst mr, 
gn doo xaen mr halt gaya. gn tsom 


1 Die Präterita der III. Klasse der ablautenden Zeitwörter zeigen in dieser Mundart 
ff (aus mhd. ei), nicht aaa-, in GieBhübel, Brzesowie und im Westglätz. gilt »»'. 

* Andere sprechen uußtqqnda. 


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Proben sohleeischer Gebirgsmundarten. 343 

wurde es (aber) noch schön. Wie gleka vtprt s noox Siin. vii mr 
wir nachhause kamen, waren wir hacvamkqqma, vaarmrhalt rqct miida, 
doch recht müde, (wir) haben uns hqmr ons noo% n hafte gakoxt qn 
(dann) noch Kaffee gekocht und zaen baala Slofa gapa. 
sind bald zu Bett gegangen. 

8. Vom Kirchenfest zu Rampusch-Rehberg (Plaßnitz). 

Es ist schon etwa zehn Jahre dqqz \s ton a tsaan jaar haar, 
her, da war an Peter und Paul in qn dqs vaar qq peetr qn paol, qn 
Rampusch unterhalb Rehberg Kir- doo Uz m rtynpt f# ondrm riibarja 
chenfest Und weil von Rampusch faart. qn vael fom ri{mpi{8 a mqqn 
ein Mann zu uns kam, welcher (bei tso ons kggm, qn daar kaafta Steka, 
uns) Stücke 1 kaufte, da sollte ich qn doo mipt \c tso daar faart hii- 
zu dem Kirchenfest hingehen. Ich koma. iic moxla nee giin, vael \c 
wollte nicht gehen, weil ich den nee trafa tqqta, s ran juu iitvr für 
Weg nicht wußte, es waren ja über Stynda vaaaks. doo b\n iic. halt 
vier Stunden (bis hin). Da bin ich gapa; jogg qn tonip vaarmr, qn 
doch gegangen; jung und dumm doo jqqat mr halt ganipyk vaet. 
waren wir (damals noch), und da % 

rannten wir eben ein tüchtiges 
Stück. 

Als ich in dem lieben Rampusch vii c hiikqqm of da liiwa ry,m- 
anlangte, wurde mir Kuchen und ptft, nq, doo hrooxta xa kt{xa qn 
Kaffee vorgesetzt mit den Worten: hafte qn maaonta: »Hz qk drvaela; 
»Iß nur einstweilen; du wirst gewiß hoyr voSta azuu gant^pk hqqnf « 
tüchtigen Hunger haben!« Dann doo hqmr dmoox azuu drtsaalt. 
hatten wir einander zu erzählen, daam zae vaep mi^sta drnoox s 
Die Frau meines Bekannten mußte met(casa koxa; qqior dmoox, doo 
darauf das Mittagessen kochen; aber gips ferst luus. iic vosta nee, vuu 
dann gab es erst (zu essen)! Ich \c zi{l qls hiituun. doo hqt s zopa 
wußte nicht, wohin ich mit alledem qn rentflaaat, Svaenas, topka ga- 
sollte. Da gab es Suppe und Rind- ni{pk drtsuuna, qn dmoox kqqm 
fleisch, Schweinebraten, reichlich biir. iic ki{nda vqtr n\st neme asa, 
Tunke dazu und darauf Bier. Ich qn doo hiisa za m\c emrfat noox: 
konnte schon nichts mehr essen, »Hz qk, Hz qk /« qn tso qlrlqtsta 
und da wurde ich immerfort noch kqqma halt viidr da liiwa ki{xa 
genötigt: »Iß doch, iß doch!« Und m\m kafee. qqwr iic mipta naos- 
zu allerletzt kamen doch wieder die giin. miir vaar varm, irii am 
lieben Kuchen mit dem Kaffee. Aber broota, qn noox nee amool gut (d)r- 
ich mußte hinausgehen. Mir war tsuuna. 
warm wie einem Braten, und noch 
nicht einmal wohl dabei. 

1 Ein Stück Baumwollgowebe enthält gewöhnlich 100 m, es gibt aber auch kleinere 
und größere Stücke (von 85, 92, 105 m u. a.). 


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344 


Friedrich Graebisch. 


Na, am Nachmittag gingen wir 
nun nach Rehberg. Dort war erst 
Leben! Dort gab es Buden, daß 
man nicht durch (kommen) konnte, 
(eine) Reitschule, Schießbuden, einen 
Zirkus, eine Luftschaukel und aller¬ 
hand (andere) Sachen. 

Ich habe mir das so eine Zeit¬ 
lang angesehen, weil ich das erste 
Mal dort war, und mit dem vielen 
Sehen hatte ich doch wieder Durst 
bekommen. Diesem wurde gleich 
abgeholfen, (denn) Wirtshäuser gab 
es dort auch genug. 

Gegen Abend mußten wir doch 
wieder heim(gehen) nach Rampusch. 
Dort gab es auch ein Wirtshaus. 
Ich sagte: »Ich werde ein wenig 
zur Musik gehn«; und wie ich 
hineinkam, mußte ich auch sogleich 
lachen. Dort war eine Harmonika, 
eine Geige und eine Baßgeige, und 
wir musizierten, daß ich eine rechte 
Freude hatte. Dort kam es mir ganz 
anders vor als bei uns daheim (in 
Plaßnitz). Dort sprangen und tanzten 
sie, was ein jeder konnte, und ich 
sah nur immerfort zu. Und auf 
einmal erfaßte mich eine, und da 
war ich auch schon (im Tanz 
mitten) drin. 

Wenn erst ein Anfang gemacht 
ist, muß auch ein Ende kommen. 
Das war auch (hier) so. Als es 
gegen zwölf war, ging es gleich zu 
Ende. Ich legte mich darauf 
schlafen und stand auch am folgen¬ 
den Tage nicht zeitig auf; ich hatte 
das Treiben ordentlich satt. 

Alsdann mußte ich doch wieder 
nachhause (gehn), und nach dem 
vielen Zeitvertreib wußte ich schon 
wieder den Weg nicht mehr. Da 
habe ich wohl einige Male fragen 
müssen, um wieder heimzukommen. 


ng, m noormdlfc, doo g\y mr 
kalt ov a riibark. dat vaar cerü 
laawa! dat hgt s baoda, dys ma 
nee ddrc ktpnda, raetSunla, tysbaoda, 
tsirh^s, loftSaokl gn glrhanT(d)etjs. 

iic hgg mr X axuu n tsaed ggga- 
xaan, vael \c s eerSta mool dat vaar. 
gn m\t (d)am fiila zaan hgt je dgi 
vfidr da(r)$t kniet. daam vaar 
glae gdholfa; veertshoexr hgt s dat 
aa gam{yk. 

em a oomt rem mi{st mr dgi 
viidr haaam ov a n{mpy£. dat hgt s 
aa a vevrtshaos. iic xggata: »iic 
vaar a besla tsi{r müuxic giim: 
gn vH c naekggiii, (m)i{st \c aa 
baald laxa. dat hgt s n harmgnii, 
n gaeja gfi (n) pgsgaeja, gn miir 
niaxta muux\c, dos mjes anttic 
frggan tggta. dat kggnt (m)rS gants 
andrS für, gs vH bae ons drhaaavu. 
dat hopta xa gn iantsta za, rggx 
a jeedas kipida , gn iic, \c xggx halt 
emr tsuu. gn ov arnool drpukt m{j 
aaana, gn doo vaar (c aa Son drein. 


vH gk a ggfaylc vaar, a rmH 
muusjuu lcoma! dgs vaar aa axuu. 
vH s em a tsvqlva rem kggm, vaar 
s glae gla. gn iic tggt m\c drnoox 
slofa leen gn a andan taak aa nee 
tsaetl\c mißtiin; xggt hgt \c xa g<>- 
nuyk! 

drnoox mi{st (c dgx viidr haaam, 
gn m (t (d)aar fiila tomhaet vost ic 
aa #o?i viidr nec a vaaak. gn doo 
hgg {c vt(l tnisa a paarmool frooja, 
dgs ic viidr haaam kggm. 



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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


345 


Seitdem bin ich auch nicht mehr 
hinübergekommen. 


xaei daar tsaet b{n \c aa vgtr 
neme niiivrkoma. 


9. Ein Unfall beim Dreschen (Schediwie). 


Der Bruder hatte uns eine Dresch¬ 
maschine geschickt, er lebt in Brünn. 
Da ging der andre Bruder mit der 
Maschine dreschen und drosch beim 
Schwager. Da wollte er einen Stroh¬ 
halm wegnehmen, kommt (dabei) mit 
der rechten Hand ins Triebwerk, 
und zerquetscht sich drei Finger. 
Da konnte er vier Wochen nicht 
arbeiten. 


dr bruiidr hgt ons dn draSma- 
Siina gdSekt , a \s ae brena. gn doo 
g\ya dr andra bruiidr m\t (d)r 
maSiina draSa, gn doo iggt a 
bgm Svoojr draSa. gn doo vi{ld a 
n Stmuhglma vgknaatna gn kemt 
m\t (d)r rqr.ta haut aes gatriiwa gn 
tsokvgtSt m drae feyr. gn doo kignd 
a feer voxa n\&t tuun. 


10. Ein Todesfall und 

Der Vater war vier Wochen 
krank; er hatte einen Schlaganfall 
gehabt, und da konnte er nicht gut 
sprechen, die ganze rechte Seite 
war gelähmt. Und beim Begräbnis 
waren sämtliche Geschwister bei¬ 
sammen und (außerdem) 45 Enkel 
und 15 Urenkel. — 

Da kommen die Sänger und die 
Musikanten und setzen sich um den 
Tisch, und der Pfarrer setzt sich 
zur Leiche. Nachdem drei Lieder 
gesungen worden sind, segnet der 
Pfarrer die Leiche ein. Darauf 
werden drei Vateruuser gebetet, und 
die Freunde 1 tragen die Leiche 
hinaus auf den Wagen. Wenn es 
nahe zur Kirche ist, wird die Leiche 
bis zur Kirche getragen. Während 
der Messe steht die Leiche in der 
Kirche, darauf wird sie noch ein¬ 
mal eingesegnet und alsdann be¬ 
graben. Danach werden die Freunde 
versammelt und ihnen ein Leichen¬ 
schmaus vorgesetzt. 


1 Verwandten und Bekannten. 
* Hochdeutsch. 


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Begräbnis (Schediwie). 

dr fggtr vaar feer voxa krayk; 
dr Hank hgt a gaStreca, gn doo ki{ttd 
a nee gi{t reeda, di gantsa rqcta 
xaeto vaar galeemt. gn bgm ba- 
greepnusa van di gantsa gaSvestr 
baexgma, gn doo ran femvgnfcerts\c 
gykl gn fxpmflsa oorgykl. — 

doo koma da xgyr gn muux(- 
kanta gn xqtsa x\c em a tiis, gn 
dr pfar xgtst x\c tso dr laeca. gn 
vqn za drae gax^ya gaxoya hgn, gn 
doo ti{t (d)r pfar da laece aexeejnan. 
gn dmoox vaan drae faatar-i{nxar i 
gabat, gn da fraenda trqqn da laeca 
naos ov a vqrn. gn t gn s noonda 
ae da kccrca iis, vcert (dja laeca b(s 
(bgs) tsi{r kerrca gatr^gn. gn iiivr 
di inasa stiit (d)a laece ae dr kccrca, 
gn dmoox viert sa noo% amool aega- 
xeejnat, gn dmoox viert sa bagrggica. 
gn dmoox vaan di fraenda tsoxgma 
ganama gn viert a traorasa ßer Za 



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346 


Friedrich Graebisch. 


11. Yon Unwettern (Schediwie). 

a) Es war einmal ein heftiger a) doo hpt s amool n gmusa 

Wind. Wir hatten einen Apfelbaum, vent. meer hpta n pplbaam, dann 

den hat er umgerissen. Und Vater hood a emgaSmesa. pn dr fpptr pn 

und Bruder waren auf dem Felde, dr bruudr van ovm fplda, pn dii 

die hatten es weit nachhause, und hpta s vaet rae, pn of hppm tsuu 

auf heim zu goß der Regen in tppt s son azuu zeecer g\sa. pn doo 

Strömen hernieder. Da stand neben hpt 8 n fifita naawrm vaaaja 1 , pn 

dem Wege eine Fichte, und wie sie doo van za kam m\d a oksa frbae, 

kaum mit den Ochsen vorbei waren, pn doo fydda da f\cta Hier a taaak. 

fiel die Fichte über den Weg. Wir mr hpta grppda pflantsa gastakt, pn 

hatten gerade (Kraut-) Pflanzen ge- doo hpt s da^ pflantsa m\tspmst m 

steckt, und diese wurden mitsamt akr viidr vqk(g)aresa. pn foo fiila 

dem Acker(boden) wieder hinweg- hoexan hpt s da dqcr rppgaresa. pn 

geschwemmt. Von vielen Häusern m dfSnae hpt s kasdan, pn dii hpt s 

wurden die Dächer herabgerissen. In aa vqk(g)aresa. 

Deschney standen Häuser (= Ka¬ 
sernen) (der Grenzjäger), die wurden 
auch hinweggerissen. 

b) Einmal Sonntags früh regnete b) amool pp am zont\ja frii tppts 

es in Strömen, da gingen meine azuu zcecer g\sa, pn dii xaen ov a 

Angehörigen nach Deschney in die dfknae ae da kcerca gaya, di ktpida 

Kirche und konnten nachher nicht drnoox neme isoreka. doo vaar azuu 

mehr zurück. Es war ein so großes a gruus vpsr, dps (s)a mt{sla n hplica 

Wasser (geworden), daß sie eine Stipnda emvaaak moxa. doo hoot s 

halbe Stunde Umweg machen muß- azuu fiil Sppda gamaxt. a paoan 

ten. Da wurde so viel Schaden an- hoot s dps gantsa hpp ganupna, pn 

gerichtet. Den Bauern wurde das da viixa van pla fuul Stppna. pn bae 

ganze Heu (fort)genommen, und die a miila mipsta za a gantsa taag 

Wiesen waren alle voller Steine, arpta pn aem vpsr knaata , dps (s) 

Bei den Mühlen mußten die Leute nee da miila vpkrpps. m kvdasnae 

den ganzen Tag arbeiten und im pn ae rdecnaa \s (s) vpsr tso a 

Wasser waten, damit dieses die fanstan (n)aekoma, pn hpn da loeta 

Mühlen nicht wegriß. In Quasney azuu xcecer fiil Sppda gahppt. 

und in Reichenau (a. d. Kneschna) 
kam das Wasser zu den Fenstern 
hinein und hatten die Einwohner 
60 großen Schaden. 

12. Das verwünschte Grab (Deschney). 

Da wird immer erzählt, daß es doo drtseelu za emr, dps m dfi- 
auf dem Deschneyer Kirchhofe ein naer kcerchoova a grppp hoot, vgs 

1 Für gedehntes mhd. c vor Velaren steht auch in Schödewy aa9, für mhd. ei usw. 

jedoch 


k 


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Proben schlesischer Gebirgsmundarten. 


347 


Grab gibt, das nicht geöffnet werden 
darf. Der alte Pfarrer Erichleb 
hat einst den Totengräber geheißen, 
er solle doch einmal versuchen, das 
Grab zu öffnen. Dieser kaufte sich 
zu der Arbeit erst einen (Schnaps), 
denn er glaubte, daß ihn dabei die 
Furcht befallen könne, und danaoh 
hat er sich doch darüber gemacht und 
angefangen zu graben. Nachdem er 
einige Male gehackt hat, ist es ihm, 
als wenn jemand rede. Da hört er 
auf zu graben und denkt, vielleicht 
wird die Stimme noch einmal reden. 
Er wollte doch wissen, was das 
Reden eigentlich bedeuten solle. 
Er wartet und wartet, hört aber 
nichts mehr. Da fängt er noch 
einmal an zu graben. Auf einmal 
ist es ihm, als wenn eine Stimme 
spräche: »Laß mich ruhen! Laß 
mich ruhen!« Da hört er sofort 
auf zu graben und geht zum Pfarrer 
und erzählt ihm die Geschichte. 
Seit dieser Zeit hat der Pfarrer 
verboten, das Grab zu öffnen. 


nee uufg&maxt xol vaam. dr aala 
pfar dceryclggp, daar hood m tuuta- 
graawr gaxggt, a xol dgx amool 
prgweem gn xol dgs grggb uufmaxa. 
daar hoot x\c §n gakaaft (d)rtsuuna, 
vael a dooxta, dgs(s) a kgnda farctifi 
maxa, gn dmoox hood a x\c halt 
(djriiwr gamaxt gn gggafaya tso 
grggwa. vii a a paarmool naegahakt 
hoot, doo hcecerd a axuu, gs vgn 
iimant r$ta. doo let a dgs grggwa 
xaen gn dgyt, frlgct veert s woog 
amool reeda. a vi^lt s dgx vesa, 
vggx aentlifi dgs vaar fr a gareeda. 
o vart gn vart, gn a heecert neme 
n\St. doo fyyd a halt viidr gg tso 
grggwa. ov famool \s (s) m axuu, 
gs vgn ana Sterna x^gta: »loos m\c 
ruun! loos myc i-uun !« doo haeerd 
a baale uuf tso grggwa gn gilt tsom 
pfar gn drtseeld m dii gaSecta. gn 
drxaet hoot s dr pfar frboota, dgs 
grggb uufmaxa tso loon. 


Berichtigungen. 1. Jabrg. 1912, S. 138, Anm. 2 soll lauten: Wie im Glfitz. mit 
deutlichem r; glätz. vuur oder vurd». 2. Io den Texten aus Gierichswalde, Jahrg. 1912, 
S. 118—141, heißt es besser: vuurt statt i cuurt, oxea statt oksa, rqrdi statt vor da, xtca 
statt x\ea (solchen), n^ml\c statt neemlyc, Sriir statt Srii, v$tir statt vaet»r, f»rh$cst 
statt forh^Jcst. 


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348 


Friedrich Weit. 


Proben der Mundart von Rheinbischofsheim . 1 


Von Friedrich Welk. 


I. Der Hanfbau. 

wcen d’cecern 2 * taim eS gsen, cS’s an da hanf gay3. des es not 

Wenn die Ernte daheim ist gewesen, ist es an den Hanf gegangen. Das ist noch 

dviool d keerici ceruat gsen. en dar hanflieat* hcen ah lit tcent 

einmal eine gehörige Arbeit gewesen. In der Hanfernte haben alle Leute die Hände 

ferbonda kqt, an ala feyar e$ qim tut looskceyt. di hanßdek 

verbunden gehabt, an allen Fingern ist einem die Haut losgehangen. Die Hanfstöcke 

sen halt au gar fqSt am bgda gsdcegt, doo hqt’s gadsgbalt kqisa, best hus 

sind halt auch gar fest im Boden gesteckt, da hat es gezogen geheißen, bis sie heraus 

sey gsen. jq, dqs eS a cerwat gsen , bcs mar so a gansar agar als 

sind gewesen. Ja, das ist eine Arboit gewesen, bis man so einen ganzen Acker als 

gargbft hqkqt. ton ofam fcelt hqt mar a paar sgrda gamaxt. di 

gerupft hat gehabt. Schon auf dem Fold hat man ein paar Sorten gemacht. Die 

greeSda on degsda sdceyal sen eivar bsondari Squp gabonda wgra, on dqna 

größten uud dicksten Stengel sind über besondere Bündel gebunden worden, und diesen 

hqt mar noo gSlqist; dar andar eS gabrcect wgra. awar dseerS hqdar m{an 

hat man dann geschleißt; der andere ist gebrecht worden. Aber zuerst hat er müssen 

gareest sen. fom agar wcek hqt mar na nusgf\art of d' reesa 4 . dort h{t 

gerötzt sein. Vom Acker weg hat man ihn hinausgeführt auf die Rötzen. Dort hat 

jeedar borjar sina blads kqt, d’maßda hcen joo hit ngx bqim drussdeen 

jeder Bürger seinen Platz gehabt, die meisten haben ja heute noch Bäume draußen stehen 

an \ara blceds. doo sen also noo di Squp en rqtja ewar anandar galqit an 

an ihren Plätzen. Da sind also dann die Bündol in Reihen über einander gelegt und 

dsama gabonda wgra. noo sen brcedar drewar koma on doo drof no 

zusammen gebunden worden. Dann sind Bretter darüber gekommen und darauf dann 

iwceceri sdqin. medraabcecera hqt mar di als m(an nin draa on no guat 

schwere Steine. Mit Tragbahren hat man die als müssen hineintragen und dann gut 

droflqija, dasi nedrewar nap gfalo sen. des hqt awar alas m\an far- 

drauflegen, daß sie nicht darüber hinab gefallen sind. Dns hat aber alles müssen ver- 

sdanda sen. 

standon sein. 

wce.n dar hanf jqds amool so aaxt gdar nin gdar dsqq daa am uasar 

Wenn der Hanf jetzt einmal so acht oder neun oder zehn Tage im Wasser 

galaaija-n-eS, no hqt mar als medama reeshooga amool so a Squp rusga- 

gelegen ist, dann hat man als mit einem Rötzhaken einmal so ein Bündel herausge- 

resa on hqgagugt, gbar ng nabal guat eS. wernar ngne ganua 

rissen und hat geschaut, ob er noch nicht bald gut ist. Wenn er noch nicht genug 


1 k, p. t sind gehauchte Laute, also: kecric = gehörig, taim = daheim, Uenl 
= die Hände, tut = die Haut, pqlfs = beholfen. 

* d'aeern schlechtweg bezeichnet hier die Getreideernte. 

8 Das Ausrupfen der Hanfstengel. 

4 Große künstliche Teiche, die nach Bedarf mit Wasser gefüllt werden. 


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Proben der Mundart von Rheinbischofsheim. 


349 


gareest es gsen , h$t mar na halt wedar nin gSdqgt on en a paar daa 

gerötzt ist gewesen, hat man ihn halt wieder hinein gesteckt nnd in ein paar Tagen 

wedar danoox galtiaut. wem ar giiat eS gsen, eS ar ms koma. dt 

wieder darnach geschaut Wenn er gut ist gewesen, ist er herausgekommen. Die 

Sdceyal sen no Sott haiwar ful gsen, on no hqdar gSdoyga , das mar 

Stengel sind dann schon halb faul gewesen, und dann hat er gestunken, daß man 

S(ar omgfala-n-eS, on so dreegat eS mar dabii wqra toia Smiarman. 

schier umgefallen ist, und so dreckicht ist man dabei geworden wie ein Schmiermann. 

je>ds hqt ar dseers amool a paar daa m\an Sdeen on keeric. abdrgbfa. no 

Jetzt bat er zuerst einmal ein paar Tage müssen stehen und gehörig abtropfen. Dann 

es ar of a leecerar glee- odar froxdogar gf(art wqra. doo hqt mar noo dt 

ist er auf einen leeren Klee- oder Getreideacker geführt worden. Da hat man dann die 

Setup emar a Sdegal fonandar nap gsmesa, on d’ wiibslit sen 

Bündel immer ein Stückchen voneinander hinab geschmissen, und die Weibsleute sind 

henda noox koma on heen st gSbrqit. cn a paar daa eS ar no ga- 

hinten nach gekommen und haben sie gespreitet. In ein paar Tagen ist er dann ge- 

weent wqra met groosa weenlgqrda, wi mar st - q j{ds ngx dsqam froxd- 

wendet worden mit großen Wendgerten, wie man sie auch jetzt noch zum Getreide- 

tveenda h{t, wecn st farqqtji uyrt. iveenar gans droge-ti-eS gsen, hqt mar 

wenden hat, wenn es verregnet wird. Wenn er ganz trocken ist gewesen, hat man 

na hqimgf\art, on noo es ar gabreect wpra, dqs hqist: efyr, wu net g- 
ihn heimgeführt, und dann ist er gebrecht worden, das heißt: der, welcher nicht go- 
Slqisl wqran-eS. 
schleißt worden ist. 

do hei mar bsondari breeclqcar dardsqa k$t, dt sen fqram dgrf drus 

Da hat man besondere Brechlöcher dazu gehabt, die sind vor dem Dorf draußen 

gsen on sen gaweenh d\af usgamuurt gsen. do sm no sdaya drewar 

gewesen und sind gewöhnlich tief ausgemauert gewesen. Da sind dann Stangen driibor 

galq.it wqra, of di Sdaya h$t mar d' Saup hanf galqit, on no eS a 

gelegt worden, auf die Stangen hat man die Bündel Hanf gelegt, und dann ist ein 

groos für met Sdqghqlds 1 on nqatjalkoot 2 drondar aangadsonda ivqra. doo 

großes Feuer mit Stockholz und Nagelkoot darunter angezüodet worden. Da 

es ar no eers rceeect usgadqrt wqra. awar doo hqt’s kqisa ofgabast! 

ist er dann erst recht ausgedörrt worden. Aber da hat es geheißen aufgepaßt! 

meelama beecesa hqt mar als m\an s’fiir an da weent nabfqqtja, dos dar 

Mit einem Besen hat man als müssen das Feuer an den Wänden hinabfegen, daß der 

hanf nedaangaya-n-eS. awar s’eS mee wi qimool foorkoma, das ar fiir 

Hanf nicht angegangen ist. Aber es ist mehr wie einmal vorgekommen, daß er Feuer 

gfaya hqt. no es halt heeeer wer graat en dar neeee eS gsen on hqt 

gefangen hat. Dann ist halt herbei, wer gerade in der Nähe ist gewesen und hat 

kqlfa rondards^ija, ono hqt mar Sncel met wasar m\an IqSa. awar 

geholfen herunterziehen, und dann hat man schnell mit Wasser müssen löschen. Aber 

fil eS soo au farbreent, weemar net graat aaxt geen h$t. 

viel ist so auch verbrannt, wenn man nicht gerade acht gegeben hat. 

1 Das Holz der Wurzelstöcke großer Bäume. 

* Abfall der Hanfstengel, der beim Brechen entsteht. 


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350 


Friedrich Weik. 


wcen ar j$ds gqat usgadprt eä gsen, no eä ar gabreect topra. dseerS 

Wenn er jetzt gut aufgedörrt ist gewesen, dann ist er gebrecht worden. Zuerst 

eä ar of a gaweenlict brcec 1 * * 4 koma-n-onoo of 9 lidar brcec 1 ; dps h$t 

ist er auf eine gewöhnliche Breche gekommen und dann auf eine Literbreche; das hat 

auwr m\an farädanda sen. doo eä dr noo fin topra, ono hpt m9r na 

aber müssen verstanden sein. Da ist er dann fein geworden, und dann hat man ihn 

gabonda eicar tccelala fom9 halwa dscendnar pdar soo. dt tocelala seno 

gebunden über Bündel von einem halben Zentner oder so. Die Bündel sind dann 

met änyar fpät gagnqicalt * tvpra, das m9r ns hpt kpna etoaraal ans Sega. 

mit Schnüren fest gebunden worden, daß man ihn hat können überall hin schicken. 

manxmool eä ar äon dnis an da brceclpcar farkquft topra, manxmool au 

Manchmal ist er schon draußen an den Breohlöchem verkauft worden, manchmal auch 

eerä tqim. do sen halt als tcendlar koma, di hcena iisarar hooga 

erst daheim. Da sind eben als die Händler gekommen, die haben einen eisernen Haken 

kpt, medpm heen st en dt tocelala niygalayt on hcena fesadprt, op 

gehabt, mit dem haben sie in die Bündel hineingelangt und haben ihn untersucht, ob 

9v qu enatccenst gqat eS. no toeenar farkquft eä gsen, eä ar of d’wppurc 

er such inwendig gut ist. Dann wenn er verkauft ist gewesen, ist er auf die Wage 

koma-n-on faräegt topra tot hit da daiodk. 

gekommen und verschickt worden wie heute der Tabak. 

dar äIqishanf atcar, dpr an dpna gans dega ädceyal, dpr eä negabrceet 

Der Schleißhanf aber, der an den ganz dicken Stengeln, der ist nicht gebrecht 

topra, dpna hpt mar meda hcent gabrpcha on fon da ädceyal abgadspua. 

worden, den hat man mit den Häuden gebrochen und von den Stengeln abgezogen. 

do seno d’lit als drusgscesa om 9 groos für arom on hcen 

Da sind dann die Leute als drauß gesessen um ein großes Feuer herum und haben 

hanf gabrpxa bes dsnaaxt am dsuplfa, qinsa, tot mar’s jpds als biitn datcdg- 

Hanf gebrochen bis nachts um zwölf, eins, wie man es jetzt als beim Tabak- 

aanäd<r.ca-n-qu hpt, on do eä als gsoya topra — andarä tot hit! dar 

anstechen auch hat, und da ist als gesungen worden — anders wie heute! Der 

äIqishanf hpt gans ädargt sqil gcen: äefsqil, Mrcey on wqqineadsqim J . 

Schleißhanf hat ganz starke Seile gegeben: Schiffseile, 8trftnge und Wagenzäume. 

dpr hanf, um mar gkbona on tqim gabruxt hqt, dps eä maßt 
Derjenige Hanf, den man gesponnen und daheim verwendet hat, das ist meist 
brcrchanf gsen. dpr eä no en dar m\al ondar Sdain garetva topra pdar 
Brechhanf gewesen. Der ist dann in der Mühle unter Steinen gerioben worden oder 
qu gablpualt 1 . no eä ar dsqam hceclar koma-n-on eä kcecelt icpra. doo 
auch gebleuelt. Dann ist er zum Hächler gekommen und ist gehichelt worden. Da 

hpt’s no drpi sprda gcen. dar bpät hanf hpdt fin linioant gcen. 

hat es dann drei Sorten gegeben. Der beste Hanf hat die feine Leinwand gegeben. 


1 Ein Holzapparat mit einem großen Hebel, der beim Niederlassen in Vertiefungen 
eingreift und so die Hanfstengel mehrfach bricht; bei den Literbrechen waren die 
Zwischenräume zwischen den einzelnen Hebelstangen etwas geringer. 

* Mit einem Holzknebel festgedrehti 

* t cqquwadsqum (pl. -dsqim) ist das dicke Seil, mit dem der Wiesbaum aufHeu- 
und Garbenwagen festgemacht wird. 

4 Gebleuelt, zu mhd. btouwen, ahd. bliuwan. 


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Proben der Mundart von Rheinbischofsheim. 


351 

di medlar sgrt, dar bcecerdal, h$t werga dtpx gcen, on dt l\adar%St 

Die mittlere 8 orte, der Bärtel, hat gewirktes (wirkenes) Tuch gegeben, und die geringste 

sgrt, s'wcerk, dgs hqt dswelc gcen. dt bßt sgrt on dar bcecerdal sen Seen 

Sorte, das Werg, das hat Zwillich gegeben. Die beste Sorte und der Bärtel sind schön 

ewar dgga 1 * * gabonda wgra, usam weerk h$t mar nor so wegal gamaxt. 

über Docken gebunden worden, aus dem Werg hat man nur so Wickel gemacht 

wcenar so ivit eS gsen, no eS ar ag koygal kceyt oy gSbona 

Wenn er so weit ist gewesen, dann ist er an die Kunkel gehängt und gesponnen 

wgre. no hgt mar na koSbalt on gabuxt *. dt hanßdrcegla sen en a 

worden. Dann hat man ihn gehaspelt und gebaucht Die Hanfsträngchen sind in eine 

groost bet koma, do hgt mar a ceSardqax drewar galqit. en dgs dyax 

große Bütte gekommen, da hat man ein Aschertuch drüber gelegt. In dieses Tuch 

eS’s Iqup 8 koma, on doo h$t mar noo hqis wasar drewar gSet, das 

ist das Laub gekommen, und da hat man dann heißes Wasser drüber geschüttet, daß 

as onda dsqam dqax nusgalgfa-n-eS. wcemar na gabuxt hqkqt, eS ar 

es unten zum Tuch hinausgelaufen ist Wenn man ihn gebanoht hat gehabt, ist er 

gaglgbft wgra on noo gSbqalt. so h$t na no dar wgwar gr\at. 

geklopft worden und dann gespult. 80 hat ihn dann der Weber bekommen (gekriegt). 

awar s’SeenSt am gansa hanfgSceft eS dgx gsen, wcen s’wasar 

Aber das Schönste am ganzen Hanfgeschäft ist doch gewesen, wenn das Wasser 

us da reesa abgalgn eS wgra. no sen alt feS en dar box diblix 4 

aus den Rötzen abgelassen ist worden. Dann sind alte fische in dem Bach taumelig 

wgra fon dgm gSdmjk on dgra Sgrft: dqs seno reesfeS gsen. do 

geworden von dem Gestank und der Schärfe: das sind dann Rötzfisohe gewesen. Da 

eS no olas nus, was hgkqna Inufa, on hqt feS gfaga-n-og 

ist dann alles hinaus, was hat können gehen (laufen), und hat Fische gefangen und 

gSdgxa. fil h$t mar graat soo meda hcent k$na h$wa: st tuen alt 

gestochen. Viele hat man gerade so mit den Händen können heben: sie haben alle 

d’tybf usam wasar rusgSdr^gt on nem keert on nem 
die Köpfe aus dem Wasser herausgestreckt und nicht mehr gehört und nicht mehr 
gscecen, wi wcen st alt riS hceda k$t. fil lit hcen awar qu a 

gesehen,* wie wenn sie alle Räusche hätten gehabt Viele Leute haben aber auch einen 

bcemart 5 ganoma on andari hcen a geera k$t on hcen st gSdgxa. 

Bärnert genommen, und andere haben einen Ger gehabt und haben sie gestochen. 

d$s eS als Seen gsen, awar hit wqis mar fon d$m dlam rvigs mee. Son 

Das ist als schön gewesen, aber heute weiß man von dom allem nichts mehr. Schon 

qbana drisic joor oggfcecer bgut mar bi ons k$ hanf mee. dsedar as dar 

etwa dreißig Jahre ungefähr baut man bei uns keinen Hanf mehr. Seither als der 

droot ofkoma-n-eS, on dt fila droodsqil fer d’Sef gamaxt sen togra, 

Draht aufgekommen ist, und die vielen Drahtseile für die Schiffe gemacht sind worden, 

on dgr fil uslcendiS hanf rinkoma-n-eS, us ruslant on us idalja on 

und der viele ausländische Hanf hereingekommen ist, aus Rußland und aus Italien und 

1 Docke, Strang Garn. 

* Gebaucht, d. h. in heißer Lauge eingeweicht. 

• Laub bedeutet die gebrühte Asche. 

4 Taumelig, bewußtlos. 

8 Ein Fischnetz an einer langen 8 tnnge. 


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352 


Friedrich Weit. 


us fraygrgio — dsedar hteepr hqt sic’s bi ons halt nem rtrndprt, havf 

aus Frankreich — seither hat sichs bei uns halt nimmer gelohnt (rentiert), Hanf 

dsd bgua. ddfer bflanst mar jqds dawdk. 

zu bauen. Dafür pflanzt man jetzt Tabak. 


II. Der Tabakbau. 


d{s eS dtnool secar, das aim dar dawdk ngx am mqisda cerwat innxt. 

Das ist einmal sicher, daB einem der Tabak noch am meisten Arbeit macht 

dar hauat an d’ceccrn duura f\ardsq daa ono es’s rom, avnr 

Die Heuernte und die Getreideernte dauern vierzehn Tage und dann ist es hemm, aber 

dar dawdk maxt aim s'gans joor dsa Safa. em mqrds fayd's San aan. 

der Tabak macht einem das ganze Jahr zu schaffen. Im Mürz fängt’s schon in. 

no hqisd’s dmool da soot gareSt. aiear dseers mqas mar wiidagmd 

Dann heißt es einmal den Samen bereitgemacht. Aber zuerst muß man Weidengrund 

odar qralgront 1 sqaxa. doo wgrdar noo drondar gamaxt On enara blat of 

oder Erlengrund suchen. Da wird er dann drunter gemacht und in einer Platte anf 

da gfa gSdqlt an fict kalda, das ar bal kirnt, manci maxa-na au 

den Ofen gestellt und feucht gehalten, daß er bald keimt. Manche machen ihn auch 

ena seegal, um st no en da Sdal hceyga, das ar qu ewar naaxt emar a 

in ein Säckchen, das sie dann in den Stall hängen, daß er auch über Nacht immer eine 

gliclict wqrm hqt. wcen d'kima oygfcecer a sandnneedar lag sen, es 

gleichmäßige Wärme hat. Wenn die Keime ungefähr einen Zentimeter lang sind, ist 

s dsit, das mar na sqqit. 

es Zeit, daß man ihn säet. 


awar dqs bruxt q wedar a bsondari reSdargi. mar kana ner/pmhc 

Aber das braucht auch wieder eine besondere Rüsterci. Man kann ihn nämlich 

negraat of da bgda sqqija; dgs hqist, mar kan So, awar ma dqat's negteiern, 

nicht gerade auf den Boden säen; das heißt, man kann schon, aber man tut’s nicht gern, 


wil ar soo mqiSt fon da wenn gfreesa wgrt. gaweenlic maxt mar 3 

weil er so meist von den Würmern gefressen wird. Gewöhnlich macht man eine 


bsondari gudS* dadsqa, a Sdek ewaram bgda. 


do uceceanoo bfeel 



besondere Kutsche dazu, ein Stück überm Boden. Da worden dann Pfähle geschlagen 


on beeyal galqit ono komt liis drof on do drewar no gqadar tuest on 

und Bengel gelegt und dann kommt Reisig drauf und darüber daDo guter Mist und 

doo drof no gans gqadar masdar gront. dqr wgrt no keeric farmt 

da drauf dann ganz guter feister Grund. Der wird dann gehörig verrecht 

ono kamar da daivak drof sqqija. teils atear om dii dsit gaiceenl; 

und dann kann man den Tabak drauf säen. Weil es aber um diese Zeit gewöhnlich 

als ngx a besal kalt es dsnaaxt, dggt marna dsqa met Sdroo gdar d(acar, 

als noch ein bischen kalt ist nachts, deckt man ihn zu mit Stroh oder Tüchern, 

das ar net farfr(art. wcen dqs no rondarkomt, maxt mar mqist ngx 

daß er nicht verfriert Wenn dieses dann herunterkommt, macht man meistens noch 


1 Das zu Staub zerfallene faule Kernholz hohler Weiden- und Erlenstöcke. 

7 Kutsche, ein auf Pfählen über dem Boden errichtetes Gestell (Pritsche), auf 
dem die Setzlinge gezogen werden. 


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Proben der Mundart von Rheinbiscbofsheim. 


353 


a droodgedar drewar, das d'kadsd nedrof geen ona faräcera. wqr 

ein Drahtgitter drüber, daß die Katzen nicht drauf gehen und ihn verscharren. Wer 

na gans gipt bflqqija wel, maxt au ngx a dax dreioar us eelbabiir, das na 

ihn ganz gut pflegen will, macht auch noch ein Dach drüber aus Ölpapier, daß ihn 

d’son net farbrcent on dar rqqija na net farwceät. axvar d$s eä qigadli 

die Sonne nicht verbrennt und der Regen ihn nicht verwascht. Aber das ist eigentlich 

oneedi: wcenar garooda wel, garoodar dgx au oom dgs. solay ar of dar gudä 

unnötig: wenn er geraten will, gerät er doch auch ohne das. Solaug er auf der Kutsche 

ädeet, mips ar ah daa gSbredst wcecera, iccens negraat raayjt. dgs mips 

steht, muß er alle Tage gespritzt werden, wenn es nicht gefade regnet. Das muß 

awar met baxwasar gamaxt wcecera, bronaivasar eä a besät dsa kalt ferna. 

aber mit Bachwasser gemacht werden, Brunnenwasser ist ein bischen zu kalt für ihn. 

fon dsit dsip dsit mips ar qu suufar gajcet scn. 

Von Zeit zu Zeit muß er auch sauber gejätet sein. 

wcen di sqdsli no so feyarslay sen, kamar si s$dsa. awar d’ 

Wenn die Setzlinge dann so fingerslang sind, kann man Bie setzen. Aber die 

(egar m\an fgrhcecer keenc gabgut on gipt gamest sen; dar dawak wel lok 

Äcker müssen vorher gehörig gebaut und gut gemistet sein; der Tabak will locker 

on maät, sonä wgrdar nigs. wcens no ans s$dsa geel, gaweenli so om 

und feist, sonst wird er Dichts. Wenn es dann ans Setzen geht, gewöhnlich so um 

bfeysde-n-arom, no hcelfa d’lit anandar; fer a groosar agar mips mar 

Pfingsten herum, dann helfeu die Leute einander; für einen großen Acker muß man 

so so qbana ds$$ gdar fofdsqq sen, sonä hqt mar dsa lay cerwat. qinar 

schon so etwa zehn oder fünfzehn sein, sonst hat man zu lang Arbeit. Einer 

mips fgrus gcen medam dawagreeca; dgs eä a groosar rceca met f\ar odar 

muß voraus gehen mit dem Tabakrechen; daa ist ein großer Rechen mit vier oder 

fenf dscecen, wu all gbana halwa meedar usanandar sdeen. dgr mips 

fünf Zahnen, welche alle etwa einen halben Meter auseinander stehen. Der muß 

no dar leey noox on ewardswcerc ewar da agar geen on ädrefa dsya, 

dann der Länge nach und überzwerch über den Acker gehen und Streifen ziehen, 

um dH sic no gridsa, do komt ewar aal a sqdsli nin. jeedi pcersoon hgt 

wo die sich dann kreuzen, da kommt überall ein Setzling hinein. Jede Person hat 

a s^dshgls on a-n-aldi sigarasaxdal gdar a-n-aldar hipt, wu si d’sqdslt 

ein Setzholz und eine alte Zigarrenschachtel oder einen alten Hut, wo sie die Setzlinge 

medrqit wcens graat a drogaiu dsit eä, mips jeedar sqdsh ngx gäbredst 

mitträgt. Wenn es gerade eine trockene Zeit ist, muß jeder Setzling noch gespritzt 

sen, awar dgs maxt emar fil cerwat, ofama agar hoga-n-emar a paar 

sein, aber das macht immer viel Arbeit, auf einem Acker hocken immer ein paar 

dgusic sqdsli. 

tausend Setzlinge. 

wcenar amool em bgda hogt, no es awar ngnegsqit, das er q 

Wenn er einmal im Boden hockt, dann ist aber noch nicht gesagt, daß er auch 

glic wagst, mancmool komt s’lombafp draan,glqini äncega 

gleich wächst. Manchmal kommt das Ungeziefer (Lumpenvieh) dran, kleine Schnecken 

gdar gceceli uerm, on freesa-n-am d'hcerdsla-n-ap. as komt als foor, das 
oder gelbe Würmer, und fressen ihm das Herzchen ab. Es kommt als vor, daß 
Zeitschrift für Deutsche Mundarten. VII. 23 


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354 


Friedrich Weit. 


mar of qim blads drqi-, fpnnool nooxsqdsa mips; ar ivgrt halt emar wtdar 

man auf einem Platz drei-, viermal nachsetzen muß; er wird halt immer wieder 

gfrcesa. gqja d’sncega kamar kalk sdrqua , dost hpngeen, aicar d’ 
gefressen. Gegen die Schnecken kann man Kalk streuen, daß sie hingehen, aber die 
werm mips mar faya , sonS breyt mar si net wtek. soivi ar emool keeric 

Würmer muß man fangen, sonst bringt man sie nicht weg. Sowie er einmal gehörig 

oaygawagsa-n-eS on Son Seent blcedla hqt, wgrdar kagt, qimool gdar 

angewachsen ist und schon schöne Blättlein hat, wird er gehackt, einmal oder 

dswaimool, jeenooxdqm’s needi eS; as dp-f halt kq drtek draan sen, das ar 

zweimal, je nachdem es nötig ist; es darf halt kein Dreck dran sein, daß er 

gipt wagsa kan. wtenar a besal greesar on sdqrgar eS, wgrdar kifalt \ 

gut wachsen kann. Wenn er ein bissei größer und stärker ist, wird er gehäufelt, 

dqs kamar noo medam bfhpk maxa, awar fil lit maxas Ipwar medar 

das kann man dann mit dem Pflug machen, aber vielo Leute machen’s lieber mit der 

hak, das kqn Sdqgal fardqrbt gdar farwada wgrt. 

Hacke, daß kein Stöckchen verderbt oder zertreten (verwatet) wird. 

dii sdqk, wii hoox ganqa sen, werwra gakqbft, das alas en d' 

Dio Stöcke, die hoch genug sind, werden geköpft, damit al’es in die 

blqdar ivagst. nor a paar Sdqk lost mar wagsa, das st bl\atja on 

Blätter wächst. Nur ein paar Stöcke laßt man wachsen, damit sie blühen und 

soot gem; dt wccra no gipt manshoox, hren awar gans Smaali blredla, 

Samen geben; dio weiden dann gut maunshoch, haben aber ganz schmale Blättlein, 

wu mar net fil met aanfaya kan. awar weenar gakqbft eS, geet d'rrrwat 

wo man nicht viel mit anfangen kann. Aber wenn er geköpft ist, geht die Arbeit 

eerS loos. no faya d’gidsa aan dsa driiwa: do, wu d'blqdar usam 

erst los. Dann fangen die Gitzen an zu treiben: da, wo die Blätter aus dem 

Sdgk ruskoma, wagst ewaraal a gids nts. di m(an no ala 

ßtock herauskommen, wächst überall eine Gitze heraus. Die müssen dann jede 

wgx emool abgaresa weeerra on wagsa-n-emar wedar noox. dqs cS a 

Woche einmal abgerissen werden und wachsen immer wieder nach. Das ist ein 

sgugseeft, wrrn’s amool hqist: anjeedam blat ofam agar a gids ab- 

Saugeschftft, wenn es einmal heißt: an jedem Blatt auf dem Acker eine Gitze ab- 

rgbfa, on jeedar Sdgk hqdgx situ dsqq gdar fofdsqq blqdar — weemar 

rupfen, und jeder Stock hat doch seine zehn oder fünfzehn Blätter — wenn man 

soo a nomadaa draan eS gsen on d'son qim ngx keeric of da 

so einen Nachmittag daran ist gewesen und die Sonne einem noch gehörig auf den 

bogal gabreent hqt, kamar nein ofrweect Sdeen. on hemt on 

Buckel (Rücken) gebrannt hat, kann man nimmer aufrecht stehon. Und Hände nnd 

glqidar gr(at mar dabii, wi weemar ema sm[arfas kogt weewr! wirn 

Kleider kriegt man dabei, wie wenn man in einem Schmiorfaß gehockt wäre! Wenn 

dar dawak emool a besal groos eS, faya d’ondarSda blqdar Son aan , 

der Tabak einmal ein bischen groß ist, fangen die untersten Blätter schon an, 


1 Gehäufelt, indem der Ackergrund an die Pflanzen heran gescharrt wird, so daß 
zwischen den einzelnen Reihen Gräben entstehen. 

1 Die wilden, unnützen Schößlinge, die an der Blattwurzel aus dem Stock beiaas- 
wachsen. 


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Proben der Mundart von Rheinbischofsheim. 


355 


gaal dsa waten, dt maxt mar noo rus on kLect 8i aan dsqa sandblqdar. 

gelb zu werden. Die macht man dann heraus und sticht sie an zu Sandblättern. 

en dar eersda halft fom s^bdambar eS ddr dawak dsidi, das mar 

In der ersten Hälfte vom September ist der Tabak zeitig (reif), daß man 

na kan bladanon hajmfjare, Utens na nonet farhqquwalt hgt, hqist d^s. 

ihn kann blatten und heimfuhren, wenn’s ihn noch nicht verhagelt hat, heißt das. 

manxmool tnaxds am jo net fil, das ar ngnagraat h\an eS, awar 

Manchmal macht’s ihm ja nioht viel, daß er noch nicht gerade hin ist, aber 

So mee tot emool h^dsna en da grondsoardsbgda ninyälaa — no 

schon mehr wie einmal hat’s ihn in den Grundserdsboden hineingeschlagen — dann 

kamaram nooxguga! 'da wagte am eS d’slemSdsit em gatisa joor. 

kann man ihm nachgucken I Die Tabakernto ist die schlimmste Zeit im ganzen Jahr. 

dsmgrjads geeds nus of da agar, no wgrdar gablat on glic ewar 

Des Morgens geht es hinaus auf den Acker, dann wird er geblattet und gleich über 

wcelala gabonda on hqimgftart. dt den btydar, wu ngx ofam bgda 

Bündel gebunden und heimgefübrt. Dio dürren Blätter, wo noch auf dem Boden 

Iqja, waten ofkqbt on en gamaxt; dgs get grombla 1 . dt waten 

liegen, werden aufgehoben und in Säcke gemacht; das gibt ürumpen. Die werden 

net aangsdgxa, di duat mar graat ofam bgda fgls dregla; si gtclda-n- 

nicht angestochen, die tut man gerade auf dem Boden vollends trocknen; sie gelten 

awar q net fil. ala nomedna wgrd dawak aangSdgxa: do hgt mar so 

aber auch nicht viel. Alle Nachmittage wird Tabak aogeetochen: da hat man so 

groosi noodla-n-on Sn\ar, wu ar draankomt. do mqas mar no jeeds blot 

große Nadeln nnd Schnüre, wo er darankommt Da muß man dann jedes Blatt 

qindsal infaodla. d$s eS a laywilis gsaft, wanegraat a loSdici 

einzeln einfädeln. Das ist ein langweiliges Geschäft, wenn nicht gerade eine lustige 

gsglSnft biinandar es, wu gbs fardseclt gdar gsotja wgrt. awar mqüt 

Gesellschaft beieinander ist, wo etwas erzählt oder gesungen wird. Aber meist 

han alt lit salwar dawak. dii, wu no dseerS ftrdi sen, halfa da 

haben alle Leute selber Tabak. Die, welche dann zuerst fertig sind, helfen den 

andara. wamar fil gablat h$t, mqas mar emar anahoga bes dsnaaxt 

andern. Wenn man viel geblattet hat, muß man immer hinhocken bis nachts 

am dswqlfa, ainsa on q ngx l^gar: ar mqas halt wagSaft sen, as get ala 

um zwölf, eins und auch noch länger: or muß halt weggeschafft sein, es gibt alle 

daa wedar fresar. ala mgrja mqas mar na ofhteyga. mqiSt kamar dgx 

Tage wieder frischen. Alle Morgen muß man ihn aufhängen. Meist kann man doch 

net so frpi nus, wils als om dii dsit fil nawal h$t, sotlas mar 

nicht so früh hinaus, weil es als um diese Zeit viel Nebel hat, so daß man 

tcoarda mqas lies d'son ruskomt on da dawak a besal ofdregalt. 

warten muß, bis die Sonne heraus kommt und den Tabak ein bissei auftrocknet. 

wtenar ne keeric walk es, breedar on farist, wamarna of da Sgbf 

Wenn er nicLt gehörig wolk ist, bricht er und zerreißt, wenn man ihn auf den Schopf 

nofdsgit on ofhtegt. u-ans als graat rqait om dii dsit, hgt mar a 

hinaufzieht und aufhängt. Wenn es als gerade regnet um diese Zeit, hat man eine 

1 Grumpen, die schlechteste Sorte; dss Mittelgut heißt Sandblatt 

23* 


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356 Friedrich Weit. Proben der Mundart von Rheinbischofsheim. 

noot, bes ar taim es on bambalt. mar kam net bes em ggdggwar Sdeen 

Not, bis er daheim ist und baumelt. Man kann ihn uicht bis im Oktober stehen 

Ign, wil ar sons farfr\ara (leeret; dar dawak kan kg rifa fdrdraa. 

lassen, weil er sonst verfrieren täte; der Tabak kann keinen Reif ertragen. 

wamo amool d’blgdar fom agdr sen, m\an au d’Sdprdsa 1 bal rus- 

Wenn dann einmal die Blätter vom Acker sind, müssen auch die Stortzen bald heraus- 

kagt sen, wil si da bgda dsa art usnodsa. di fort mar noo of 

gemacht sein, weil sie den Boden zu arg ausnützen. Diese führt man dann auf 

d'mat on. doo bliiiva st da wendar ewar lg ja, dost d’inat mesda; 

die Matte und da bleiben sie den Winter über liegen, daß sie die Matte misten; 

s'hceyt joo dgx als emar ngx grond draan. bes em frpyoor sen si gans 

es hängt ja doch als immer noch Grund daran. Bis im Frühjahr sind sie ganz 

suufar, owrens no amool Seen wredar eS, wtetera si ofkgbt on 

sauber, und wenn's dann einmal schön Wetter ist, werden sie aufgehoben und 

hqimgfort, fals st s'hooxwasar net medganom,9 hqt, was als au amool 

heimgeführt, falls sie das Hochwasser nicht mitgenommen hat, was als auch einmal 

foorkomt. di hoola gadgrda sdgrdsa sen gipt dsipm fiiraanmaxa. 

vorkommt Die hohlen gedörrten Stortzen sind gut zum Feueranmachen. 

wi da dawak amool ondar dax eS on hreyt, eS ar us am gr^bsda 

Sowie der Tabak einmal unter Dach ist und hängt, ist er aus dem Gröbsteu 

hus. farhqquwla kans na jqds amool nem, awar wams dsa waarm es 
heraus. Verhageln kann es ihn jetzt einmal nimmer, aber wenn’s zu warm ist 

on k% loft geet, kanar ahn ngx en dar htegk kabut geen, ar 

und kein Luft (Wind) geht, kann er einem noch in der Hänge kaput gehen, er 

wgrt gceeem rebaful on semalt, bsondars weenar a besal dek hreyt. 

wird gern rippenfaul und schimmelt, besonders wenn er ein bissei dick bängt. 

ar mips ewaraal loft hccn, drom mips mar au fil ds(ajal ofsd^la; 

Er muß überall Luft haben, darum muß man auch viele Ziegel aufstellen; 

wcenar amool a besal der es on brrent , koma gaweenli d'kaifar, 

wenn er einmal ein bissei dürr ist und brennt, kommen gewöhnlich die Käufer, 

awar wcen sina u-gla, kgufa sina mancmool q son ofam agar. 

aber wenn sie ihn wollen, kaufen sio ihn manchmal auch schon auf dem Acker. 

dqs ei no als a groosar rombal em gansa dgrf. do Iqufa di maglar on 

Das ist dann als ein großer Rummel im ganzen Dorf. Da laufen die Makler und 

wfo na da buura ababla omaxana Sheet on sqauwa: ar brrent 

wollen ihn den Bauern abschwatzen und machen ihn schlecht und sagen: er brennt 

net dgs joor. warn si noo amool qinar draangabrooxt heen, dos ar da 

nicht dieses Jahr. Wenn sie dann einmal einen drangebracht haben, daß er den 

aanfay maxt , no eS en a paar sdont dar gans dawak am grt farkquft; 

Anfang macht, dann ist in ein paar Stunden der ganze Tabak im Ort verkauft; 

fil luena jo q So fgrluecer da moklar farsbrgxa: om da heegsda 

viele haben ihn ja auch schon vorher den Maklern versprochen: um den höchsten 

briis. dii, wunoo net maxa, dasina badsida loosbreya, grpija maßt 

Preis. Die, die dann nicht machen, daß sie ihn beizeiten losbringen, kriegen meist 


1 Stortzen, die entblätterten Stöcke. 


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Otto Heilig. Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland. 


357 


wqnjar, wcen amool dar hqubdrombal farb^i es v . mancmool kam na dsivaar 
weniger, wenn einmal der Hauptrummel vorbei ist. Manchmal kann es ihnen zwar 

a garooda, dost ngx a besal mee gr(aija, wrrnar graat an gsqaxt 

auch geraten, daß sie noch ein bissei mehr kriegen, wenn er gerade arg gesucht 

es on st seenar tuen. 
ist und sie schönen haben. 

awar was mar gr\at, kamar eers soa, wanar amool abga wgguwa-n- 
Aber was man kriegt, kann man erst sagen, wenn er einmal abgewogen 

es. kords fgr winaaxt wgrt ar abkceyt on ewar glqim wcelala gabonda. 
ist. Kurz vor Weihnachten wird er abgehängt und über kleine Bündel gebunden. 

soo komt ar no of d'wgguw. awar do komt q wedar fil ofs ivcedar 

So kommt er dann anf die Wage. Aber da kommt auch wieder viel aufs Wetter 

aan. wcens an kalt es, so das ar fest usgfriart, wqeit ar net so fil, as 
an. Wenn's arg kalt ist, so daß er fest ausgefriert, wiegt er nicht so viel, als 

wcem a besal ncnvlic eS gdar gaar dquwwdar h{t graat. manci dqana 
wenn’s ein bissei neblig ist oder gar Tauwetter hat gerade. Manche tun ihn 

als au a besal Sbredsa met uaarm wasar, dos ar net so an brgs es 
als auch ein bissei spritzen mit warmem Wasser, daß er nicht so arg spröd ist 

on farbrggalt, wcmiar of d’wgguw komt. awar as es q .«To mancar 

und zerbröckelt, wenn er auf die Wage kommt. Aber es ist auch schon mancher 

niygfola, wune dsa an gsbrr.dst hgt: wcmar dsa nas gdar sonü negqat 

hineiugefallen, wo ihn* zu arg gespritzt hat: wenn er zu naß oder sonst nicht gut 

pandalt e£, dsgit qim dar kaifar soo on so fil am dscendnar ap. no hqt 

behandelt ist, zieht einem der Käufer so und soviel am Zentner ab. Dann hat 

mars; was wel mar maxa? fort >nqas ar halt, am nceaniilycd daa, wu ar 

man’s. was will man machen? Fort muß er halt, am nämlichen Tag, wo er 

abgaivgguiva ivgrt, wgrt qu s'gcelt usbadsaalt, awar dsnaaxt eers, cma 
abgewogen wird, wird auch das Geld ausbezahlt, aber .nachts erst, in einem 

werdshuus. d^s es no a groos fest, wu fil gcrsa on gadroyga wgrt. 

Wirtshaus. Das ist dann ein großes Fest, wo viel gegessen und getrunken wird. 

manci hoga als fort bes daa on farga-sa s’hqimgeen gdar Iqna da 

Manche hocken als fort bis Tag und vergessen das Hoimgohen oder können den 

wqqi nein fenda. 

Weg nicht mehr finden. 


Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland. 

Von Otto Heilig. 

Zur Schreibung: Die vor erhaltenem Nasal stehenden Vokale sind genäselt zu sprechen. 

1. Mundart von Königheim. 

A.: deykdr amool! gesdrn n&äxt A.: Denke dir einmal! Gestern 
bim sbciöt fun biisama hanm. s is nacht bin ich spät von Bischofsheirn 
rqqct finSdr gwrg. ivii i am sdam- heim. Es ist recht finster gewesen. 


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358 


Otto Heilig. 


bqqrc glaafs bin, sqqi nüüivr an Wie ich am Stammberg (< Stein- 

huSsbox; doo drüio» reict sic ebs; berg) gelaufen bin, sehe ich hinüber 

8 wqrt kql. un tcäs manSt, das i an den Huschenbach; da drüben 

gsqq hää? dr Sümdlisraidr is fum regt sich etwas; es wird hell. Und 

hnsdbox drüwd rundr kamd. i hää was meinst du, das ich gesehen 

n gsqq. uf dnid gross waisd ganl habe? Der Schimmelreiter ist vom 

isr gsqsd un hot sain koupf unsrrn Huschenbach drüben herunterge- 

äärm kät (kädd). gforct häwi mi, kommen. Ich habe ihn gesehen. 

das mr toor gecd bqrc gSdans sen. Auf einem großen weißen Gaul ist 

er gesessen und hat seinen Kopf 
unterm Arm gehabt. Gefürchtet 
habe ich mich, daß mir die Haare 
gegen Berg gestanden sind. 

B.: o Halts maul! tiiks hott gsqq; B.: 0, halte das Maul! Nichts 

s gait jo gäär kan Sümdlisraidr. hast du gesehen; es gibt ja gar 

keinen Schimmelreiter. 

A.: sou, du bist aa aansr fun A.: So, du bist auch einer von 
deens, icu(u) niks glaawd! denen, die nichts glauben! 

2. Mundart von Steinbach bei Wertheim. 

duu, hanss, höor smool, dr E . . . Du, Johann, höre einmal, der 

hdt si widr aans glaiSt. letSdd miit- E... hat sich wieder eines geleistet 
wuxs is mark in ivqrdd gu'qqd, uf Letzten Mittwoch ist Markt in Wert- 
dqn hotr gwclt. dasr joo kan huyr heim gewesen, auf den hat er ge- 
tsu laida brauxt, gedr um ooicdt wollt. Daß er ja keinen Hunger zu 
forhqqr nuf tsum H. . . un kaft sic leiden braucht, geht er am Abend 
sn suarddmanxd un s JlaSd wai n , vorher hinauf zum H . . . und kauft 
gct haam un Iqict di gantsd U'iks in sich einen Schwartenmagen und 
di fudrmaSiindbeyk, Smaist no sn eine Flasche Wein, geht heim und 
arfl Hai druf das sa fraa joo niks legt die ganze Wichse in die Futter- 
mqrgd söl. maschinenbank, schmeißt noch einen 

Armvoll Heu drauf, daß seine Frau 
ja nichts merken soll. 

noxt gcdr uidr fort, seiet qwr ' Nachher geht er wieder fort, sagt 
sars fraa, si brauet ka fudr tsu aber seiner Frau, sie brauche kein 
Snaids, bisr icidr doo uqqr. ivis Futter zu schneiden, bis er wieder 
qwr dinool uf dd ooust tsnu gays da wäre. Wie es aber einmal auf 

is, unsr künt als no net, feykt sa den Abend zu gegangen ist, und er 

fraa un dr knqqct dox dicail oo n kommt als noch nicht, fängt seine 

fudr tsu Snaids. si hqus no net Frau und der Knecht doch eine 

rqqct ou n gfayd kadd, uf aa n mool Weile (= einstweilen) an Futter zu 
kraxts im sehes anxobUik feykt dr schneiden. Sie haben noch nicht 
knqqct oo n grabt naus tsu sraid, uail recht angefangen gehabt, auf einmal 

kracht es. Im selben Augenblick 
fängt der Knecht an gerade hinaus- 


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Mundartliche Proben aus dom badischen Frankenland. 



ar maant, di nausgSnidana reeml 
Swardam&äxa wqgra fun dr fraa iira 
hen. dii Sbriykt glai hinari un 
maant , am lenket is qbs basiirt. uf 
aa H inool künt qgr dr houf hqqrgsaust 
un Srait So fun waidam: halt , halt, 
s lait qbs in dr maSiinabeyk. 

dooruf hii n isan noxt almqqli s 
lict ufgaya. geSdrn is di gants gSict 
in dr tsaiduy kuma — un sa fraa 
hot gSimpft. das si’n net gmkst 
hot, wäär ahs. 


zuschreien, weil er meint, die hin¬ 
ausgeschnittenen Riemen Schwarten- 
magon wären von der Frau ihren 
Händen. Die(se) springt gleich nach 
hinten und meint, dem Knecht ist 
etwas passiert. Auf einmal kommt 
er den Hof hergesaust und schreit 
schon von weitem: halt, halt, es 
liegt etwas in der Maschinenbank. 

Daraufhin ist ihnen nachher all¬ 
mählich das Licht aufgegangen. 
Gestern ist die ganze Geschichte in 
der Zeitung gekommen — und seine 
Frau hat geschimpft Daß sie ihn 
nicht gewichst hat, war alles. 


3. Mundart von Höpfingen. 


hpret amool. i wil eu amool qbs 
fartsqqla, wasmr unr hqqrlo seeli So 
filmool fartsqqlt hot. s iS im joor 
66 gwqq, um d’ praisa mit da 
öSdraicar kriik kat hqn. doo iS an 
Seenr daak unr hqqrla hina dr Ek 
gtrqq un hot grumbeera nai n gatsakrt. 
doo sqn uf aa n mool d’ praisa mit da 
kanoona da Sdöklasbqqrik rai n kuma. 
unr hqqrla drnoort niks wi uf un 
dafuu H un hgrtli hoomgSbruya. 


toom iS So unr fraala uf dr Sdafl 
gsdano un sqct: max no, das da 
dai n fi fgrtSaßt; i hab So a lox in 
dr Seuar gmaxt, wnu i’ s flaaS un 
unr geeit nai n duun ( nai n daa u na) uni. 
dr hqqrla iS in da Sdddl (Sdal) gaya 
un bint kuu ab un traibt sa nüüwr 
uf da koombqqr'k in da icäält. 

s fraala fargrqqbt s flaaS un Saft 
alrhant anari saxa, tcii a drooa foul 


Horcht einmal! Ich will euch 
einmal etwas erzählen, was mir 
unser Großvater selig schon vielmals 
erzählt hat. Es ist im Jahr 66 ge¬ 
wesen, wo die Preußen mit den 
Österreichern Krieg gehabt haben. 
Da ist eines schönen Tags unser 
Großvater hinten an der Eck ge¬ 
wesen und hat Grundbirnen (= Kar¬ 
toffeln) hineingezackert. Da sind 
auf einmal die Preußen mit den 
Kanonen den Stöckleinsberg herein- 
(zu) gekommen. Unser Großvater 
darnach nichts wie auf und davon 
und hurtig heimgesprungen. 

Daheim ist schon unsere Gro߬ 
mutter auf der Staffel gestanden 
und sagt: mach nur, daß du dein 
Vieh fortschaffst; ich habe schon 
ein Loch in der Scheuer gemacht, 
wo ich das Fleisch und unser Geld 
hineintun will. Der Großvater ist 
in den Stall gegangen und bindet 
die Kuh ab und treibt sie hinüber 
auf den Kornberg in den Wald. 

Die Großmutter vergräbt das 
Fleisch und schafft allerhand andere 
Sachen, wie eine Truhe voll Ge- 


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360 


Julius Lux. 


gsbunanas un brout, ins NeustS 
Harn unarqrdSa kelr, wuu a anara 
leid iir sax hii n gdbroxt hqn. ddnoort 
wqrt kelrdüür far-ramlt, sou das 
d’ praisa ricdi niks gfun9 hqn. nox 
d bäär sdun i$ aa unr hqqrla widr 
hoomgfäärn un d’ praisd sqn als no 
doo guq ?, aivr gddau n hqn sam niks. 


sponnenes und Brot, in des Neusers 
ihren unterirdischen Keller, wo auch 
andere Leute ihr Sach (Eigentum) 
hiDgebracht haben. Darnach wird 
die Kellertür verrammelt, so daß 
die Preußen richtig nichts gefunden 
haben. Nach ein paar Stunden ist 
auch unser Großvater wieder heim- 
gefahren, und die Preußen sind als 
noch dagewesen, aber getan haben 
sie ihm nichts. 


Spracliproben aus der deutschen Mundart von Dobsiua 

in Oberungarn. 

Von Julius Lux. 

Dobsina (lies: dobSina ), deutsch Dobschau, ist eine kleine Berg¬ 
stadt im nördlichen Teil des Komitates Gömör. Ihre deutschen Ein¬ 
wohner wanderten in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts hier ein. 
Ihre Urheimat kann man heute mit Sicherheit noch nicht bestimmen: 
doch ist sie nach den Ergebnissen meiner bisherigen vergleichenden 
Lautforschung auf dem Gebiete zu suchen, das sich von Norden nach 
Süden von den Vorländern des Erzgebirges über den Frankenwald, das 
Fichtelgebirge, östlich von Bayreuth bis Regensburg, hinzieht. Genaueres 
werde ich erst nach dem gründlicheren Studium des Wenkerschen Sprach¬ 
atlas behaupten können. 

Dobsina zählt laut der 1910 vorgenommenen Volkszählung 5029 
Seelen. Nähere Daten stehen mir nur aus der Volkszählung von 1900 
zur Verfügung. Demnach waren 

746 Ungarn, 

2790 Deutsche, 

1509 Slowaken, 

1 Walach, 

69 andere, 

zusammen 5015 Seelen. 

Schreiben und lesen konnten 3445. Hier muß bemerkt werden, 
daß die Deutschen im Gegensatz zu den Slowaken alle schreiben und 
lesen können. 

Das Volk befaßt sich meistens mit Bergbau und Gewerbe, zum ge¬ 
ringen Teil mit Feldbau. 


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Sprachproben aus der deutschen Mundart von Dobsina in Oberungarn. 


361 


Zur Lautentwicklung ist folgendes zu bemerken: 

Germ, anlautendes p, t, k > Dobsinaer (dobs.) pf, tf ts, k\ z. B. 
got. papa, dobs. pfof, tfof\ got. taikns, dobs. ts^qcy, Zeichen; got kat/pun, 
dobs. kqtfm, kaufen. 

Germ, in- und auslautendes t, p, k > dobs. s, f, c, x\ z. B. got 
batixa, dobs. p?sr, besser; got. diups, dobs. tiif, tief; got leik, dobs. laec, 
Leiche. 

Germ, inlaut. pp, tt, kk > dobs. p, ts, k\ z. B. ahd. scepfen, dobs. 
Sqpm, schöpfen; ahd. aphul , dobs. opl, Apfel; ahd. exxen, dobs. tfsn, 
etzen; ahd. decchen, dobs. dqky, decken. 


Nach Liquiden und Nasalen: 

Germ, t > dobs. te: ahd. herxa, dobs. harts usw. 

Germ, p > dobs. f: ahd. scimpf, dobs. Sinfm, schimpfen; donf Dampf. 
— Aber ahd. stampfön, dobs. Stompm, dobs. Strümp, Strumpf usw. 

Germ, d > dobs. t; got dags, dobs. took (das k ist eine stimmlose 
Media). Aber vor -r bleibt d: drüüSl, Drossel, drüün, Drohne. 

Germ, b > dobs. p: poom, Baum; phium, Blume. Aber vor -r 
bleibt b: brun, Brunnen, braot, Braut usw. 

Germ, g > dobs. g: golgy, Galgen. 

Mhd. (altbayrisches) anlautendes w wird immer zu b: basr, Wasser; 
baep, Weib, b^sn, waschen, boos, was. 

Vor -r wird der mhd. Vokal diphthongiert: doaf, Dorf, hoar, Haar, 
gnagl, Gurgel, Stints, Stürze, piak, Birke, lytrsr, Lehrer usw. 

Mhd. Diphthonge sind fast immer zu Monophthongen, mhd. f, ü 
und in immer zu Diphthongen geworden. 

Die unbetonten Präfixe haben vollere Laute erhalten als das Nhd.: 
pu- (be-), ga- (ge-), unt- (ent-), dor- (-er), für- (ver-), tsu (zcr-). 

Die Geminaten sind gänzlich geschwunden. 

Der alte Dualis-Suffix -s (kümts h$ar, kommt her) und der Dualis 
is (ihr) in pluraler Bedeutung ist erhalten. 

Das Part. Prät. des >sein« ist: gabeest, gewesen. 


Sprachproben. 


1. nx Srtsl, du mae phium, 

Smisr mr di rüüdn Sun; 

Smior za mr hcpS unt facn, 
ben du mae Sofs bclst xaen. 

2. host-tu net maen Sots gaxecn? 
ic bül-an lüsn grisn! 

ic hob-an en dr mos gnxcen, 

tsoplt-or men fisu. 


Ach, Schätzlein, du Blume mein, 
Schmier(e) mir die roten Schuh! 
Schmier(e) sie mir hübsch und fein, 
Wenn du mein Schatz willst sein. 

Hast nicht meinen Schatz gesehn? 
Ich möcht ihn grüßen lassen! 

Ich hab(e) ihn in der Maß (Hoch¬ 
ofen) gesehn, 

(Da) zappelt er mit den Füßen. 


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362 


Julius Lux. 


ben - s>r bit früügy, box-ic tun? 
xoog-ic xae gaStoabm; 
ben-dr bit xqar traoric tuun, 
xoog ic küm Sunt moagy. 


Wenn er wird fragen, was ich tu, 
Sag(e), ich bin gestorben; 

Wenn er aber sehr traurig tun wird, 
Sag(e), ich komm schon morgen. 


3. klqqna feS unt gruusa feS 
Sviman en-dn taecy; 

bqar da bei ds mqqdl hoon, 
mus em di mütr Slaecy. 

4. draemül drae es naena; 

Setsl, du pest maena. 

ic het-tic net geebm für iaoxnt 
gulgy, 

its geb ic die für naena. 

5. hopsasa! 

Siiapt mae fraa, 
nqm ic mr a ondra! 
di mus xaen, 

hepS unt faen, 
se/ur bi di ondra! 


Kleine Fische und große Fische 
Schwimmen in den Teichen; 

Wer das Mädchen haben will, 

Muß um die Mutter schleichen. 

Dreimal drei sind neune; 
Schätzlein, du bist meine. 

Ich hätt(e) dich nicht gegeben für 
tausend Gulden, 

Jetzt gib ich dich für neune. 

Hopsasa! 

Stirbt meine Frau, 

Nehme ich mir eine andre! 

Die muß sein, 

Hübsch und fein, 

Schöner, wie die andre! 


Hochzeitslied. 


6 . Seena liiba maena, 
isü taoxnt guta nooxt! 
leeg en poatn en kostn, 

nem di haob afoar! 

Seena liiba maena, 
tsü taoxnt guta nooxt! 
du host nüx xqar a klqqna, 
boos host-tr dpi gadooxt! 


Schöne Liebe, meine, 

Zu tausend guto Nacht! 

Leg den Brautkranz (ungar. pärta) 
in den Kasten, 

Nimm die Haube hervor! 

Schöne Liebe, meine, 

Zu tausend gute Nacht! 

Du hast noch eine sehr kleine, 
Was hast dir denn gedacht! 


Sprichwörter, 

1. iidl, diidl, recyStiil, 
olta baebr esn fil. 

2 . fün qadült es eemül a kots 

fürrekt. 

3. dqar bqSt met tsveen plaajdln üf 

tsvee pqyky. 

4. nüün esn xaen mae ge st. 

5. dqar stiapt üf kqqn slree. 

6 . oama laet küxy met bosr. 


Redensarten. 

Idel, didel, Rechenstiel, 

Alte Weiber essen viel. 

Von Geduld ist einmal eine Katze 
verreckt 

Dieser wäscht mit zwei Bleueln auf 
zwei Bänken. 

Nach dem Essen sind meine Gäste. 
Der stirbt auf keinem Stroh. 

Arme Leute kochen mit Wasser. 


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Sprachproben aus der deutschen Mundart von Dobsina in Oberungarn. 363 

7. dar faola mus tsüresn geen. Der Faule muß zerrissen gehen. 

8 . ic xae oox net üm poom drxüfm Ich bin auch nicht am Baum er- 

unt en ehr reest fürbriit. soffen und in der Röste verbrannt 

9. einxünst es dar täüt unt nist es Umsonst ist der Tod und Nichts ist 

gut üf di aagy. gut auf die Augen. 

10. glaec bist besn, bi fenf e^abas en Gleich wirst wissen, wie fünf Erbsen 
an ßailtüp küxy. in einem Vierteltopf (30 Liter) 

kochen. 

ola juyan! bu xaets? Alle Jungen (Knaben)! Wo seid ihr? 

ola hii, ola hii! Alle hier, alle hier! 

bür ban tontsn pis üf frii. Wir werden tanzen bis morgen früh. 

ola m$$dl! bu xaets? Alle Mädel! Wo seid ihr? 

ola hii, ola hii! Alle hier, alle hier! 

bür ban tontsn pis üf frii. Wir werden tanzen bis morgen früh. 


Kindervers. 


a hen unt a hoon; 
heept xic mae mqarcen oon. 
a kuu unt a kolp, 
es mae mearcen holp. 
a kots unt a maos, 
es mae mqareen aos, 
pis üf Kramers haos. 

ic bentS, ic bentS, ic b^s net boos, 

hendrn üübm xetst a hoos. 

$ar Spriykt iibrs maajarcen, 

tsübrect an tüp fäl aapreen. 

Gespräch beim 

A. is liibm kendreen kumts ahqftm. 

B. bür tarn net. 

A. für beem? 

B. füm bülf. 

A. bu ex-dr? 

B. hendrn kipmZtraox. 

A. boos tid-or? 

B. »r flekt kiaplcen. 

A. biß poar? 

B. hundart. 


Eine Henne und ein Hahn; 

Hebt sich (beginnt sich) mein Märchen 
Eine Kuh und ein Kalb, fan. 
Ist mein Märchen halb. 

Eine Katze und eine Maus, 

Ist mein Märchen aus, 

Bis auf Kramers Haus. 

Ich wünsch’, ich wünsch', ich weiß 
nicht was, 

Hinterm Ofen sitzt ein Has\ 

Er springt übers Mäuerchen (hinterm 
Ofen), 

Zerbricht einen Topf voll Eierchen. 
Kinderspiel. 

Ihr lieben Kinderchen kommt nach 
Wir dürfen nicht [Hause. 

Für wen (nicht)? 

Für den Wolf. 

Wo ist er? 

Hinter dem Hagerosenstrauch. 

Was macht er? 

Er flickt Riemenschuh. 

Wieviel Paar? 

Hundert 


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364 Anton 

qqnds, tsvaa, draaja, 
pika, poka, haaja, 
pika, poka, hoomrslook, 
xiibm kendr liigy tuät. 
kirnt-tr fes, 
spriykt um teZ; 
kirnt -ti kots, 
frest gn feS; 
kirnt-tr pectr 
met-tr flo§, 
gaet-tr kots 
a praava toS. 

JcraeSt - ti kots 
miau, miau, 
unt-tr peetr sau, Sau/ 


Pfalz. 

Eins, zwei, drei, 

Pika, poka, haj(a), 

Pika, poka, Hammerschlag, 
Sieben Kinder liegen tot 
Kommt der Fisch, 

Springt auf den Tisch; 

Kommt die Katze, 

Frißt den Fisch; 

Kommt der Peter 
Mit der Flasche, 

Gibt der Katze 
Eine brave Ohrfeige. 

Kreischt die Katze 
Miau, miau, 

Und der Peter schau, schau! 


Zur Erklärung der »ripuariscken Gutturalisiernng«. 

Von Anton Pfalz. 

Gelegentlich phonographischer Mundartaufnahmen, die ich im ver¬ 
gangenen Sommer (1911) gemeinsam mit Prof. Lessiak und Dr. W. Stein¬ 
häuser in Freiburg in der Schweiz für das Phonogrammarchiv der 
kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien besorgte, fanden wir 
in der mittelfränkischen Mundart von Hinderhausen bei St. Vith, im 
Regierungsbezirk Aachen, in gewissen Wörtern Stoßton vor. Als 
Sprecher hatte sich uns der damalige Hörer der Freiburger philosophischen 
Fakultät, Herr Benzerath aus Lommersweilen, in liebenswürdiger Weise 
zur Verfügung gestellt. 1 

In der Mundart von Hinderhausen tragen die mhd. Längen vor 
verschobenem s Stoßton: füs Füße, fus Fuß, Strgs Straße, ggs Gaße, 
Igsn laßen, jrüs Grüße, jrus Gruß, sgs saß, sgsn saßen, gsti aßen, mgs Maß. 

Dazu halte ich nun den Einschub eines Kehllautes nach mhd. Lange 
vor t und den Übergang auslautender n in y nach Länge. Die so ent¬ 
standene Lautgruppe kt ist ihrer Stärke nach halbfortis. Es heißt also: 
dsikt Zeit, fikt Veith, lükt Leute, hü kt heute, niikt Kot, ti(kt tot, driiksen 
dreizehn, nüy neun, say schön, tv(y Wein, d(ysr deiner, m\yd meinen 
(meum), riy rein. 

Nach Wrede, Anzeiger f. deutsches Altertum 20, 219 f., kommt 

der Einschub des Gutturals im Worte »Leute« in folgenden Orten vor: 

- - - _ • 

1 Vgl. die Platten 1480, 14S1 des Phonogrammarchivs d. kais. Akademie. 


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Zur Erklärung der »ripuarischen Gutturalisierung«. 


365 


Montjoie, Düren, Bergheim, Gresseubroich, Leichlingen, Burg, Blanken¬ 
berg, Linz, Sinzig, Adenau, Gerolstein, Scbönecken, Bitburg, Neuerburg 
und im Süden bis zur Schnee-Eifel. 1 

Der Stoßton besteht im wesentlichen darin, daß der starkakzentuierte 
Vokal auf einen Augenblick durch plötzliches Schließen der Stimmritze 
unterbrochen wird. 5 Ob nur die Ma. von Hinderhausen Stoßton kennt, 
kann ich nicht feststellen. In mir zugänglichen Arbeiten über verwandte 
Mundarten, die wohl »Gutturalisierung« kennen, fand ich ihn nicht er¬ 
wähnt. Tritt nun zwischen Vokallänge und Zahnverschlußlaut ein Kehl¬ 
laut ein, so sehe ich darin nichts anderes als die Verschiebung des 
Stimmritzenverschlusses vom Ausatmuugsgipfel der Silbe nach ihrem 
Ausatmungsende. Der dem Verschlußlaut (/) genäherte Stimmritzen- 
(Kehlköpf-) Verschluß gleicht sich dem Nachbar an und wird zu k. Die¬ 
selbe Verschiebung des Kehlkopf Verschlusses trat in der Lautfolge 
Länge + n ein und aus k — g + n entwickelte sich y.* Prof. v. Ett- 
mayer (Innsbruck) machte mich auf eine ähnliche Erscheinung in räto¬ 
romanischen Mundarten der Schweiz aufmerksam, in denen für ge¬ 
schichtliches k entweder Kehlkopfverschluß oder zuweilen auch Stoßton 
eintritt, also umgekehrte Verschiebung. 

Daß sich der Stoßton vor Zahnreibellaut hielt, vor Verschluß- und 
Sonorlaut aber nicht, hat wohl seinen Grund in der Anpassungsfähigkeit 
des n und in der verschiedenen Bildungsweise der Verschluß- und Reibe¬ 
laute. Wir haben es hier mit einer »Assimilationserscheinung« zu tun: 
der ursprünglich im Silbengipfel stehende Kehlkopfverschluß wirkte vor¬ 
wärts und trieb das n zu y und schob sich zugleich ins Silbental nach 
dem y hin. Folgte auf den Stoßton ein Zahnverschlußlaut (/), so trat 
Angleichung der »Artikulationsart« ein, indem der Kehlkopfverschluß, 
vom Silbengipfel gewichen, zu einem gutturalen Mund Verschluß wurde, 
also k ergab. Vor dem ohne vollen Verschluß erzeugten Reibelaut, der 
vom Stoßton sowohl durch seine »Artikulationsstelle«, als auch durch 
seine »Artikulationsart« unterschieden ist, bildete der dem Stimmritzen- 
(Kehlkopf-) Verschluß nachfolgende kurze Vokalklang gewissermaßen einen 
Übergangslaut. Hier ist der Stoßton erhalten. 

Ich nehme also an, daß die »Gutturalisierung« eine Wirkung des 
Stoßtones ist, der in Silben mit Selbstlautlänge und darauffolgendem Zahn¬ 
laut (/, n, s ) geherrscht hat, vor s in unserer Ma. noch gesprochen wird. 


1 Vgl. die Angaben bei Harnisch, Studien zur niederrheinischen Dialektgeographie. 
Über n<glg) vgl. Wrede, Anz. f. d. Altert. 20, 213f.; 26, 344. 

* Vgl. Sievers, Grundzuge der Phonetik 6 , §§ 585ff., 608. 

* Vgl. dazu Sievers, a. a. 0. § 755. 


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Bücherbesprechungen. 


Bücherbesprechungen. 

W. Simonsen, Niederdeutsch und Hochdeutsch in den Chroniken des Johann 
Adolph Neocorus und des Daniel LUbbeke. Phil. Diss. Kiel 1911. 124 8. 

Der Vf. will eiue grammatische Darstellung der Sprache in beiden Chroniken 
geben, aber sein Endziel ist die Heimatma. der beiden Chronisten. Um dies Ziel zu er¬ 
reichen, muß er die Einflüsse zweier Schriftsprachen, der ndd. wie derbd., ausscheiden. 
Doch der Rest ist, wie sich ergibt, immer noch nicht Ma., sondern ist durch die Ortho¬ 
graphie einer in der Hauptsache aus dem Mfrk., also von Köln, stammenden Schreib- 
gowohnheit so verkleidet, daß es nur selten möglich ist, die mundartliche Gestalt heraus¬ 
zuschälen. 

Bei der Absonderung des hd. Lehngutes geht S. viel zu radikal vor. Er begeht 
den bei der Behandlung früherer Sprachstufen so häufigen Fehler, etwas bereits Hei¬ 
misches, aus fremden Sprachen oder Maa. Stammendes noch als fremd anzusehen. So 
hatten vor Neocorus und Lübbeke die Wörter xiren, xirat, speisse u. a. längst Heimat- 
rechte auf ndd. Boden erworben. Es ist etwas anderes, ob ich sage, xiren ist noch 
nioht as., also mnd., oder ob ich xiren gegen Ende der mnd Epoche eindringen lasse. 
Hier zeigt sich der entgegengesetzte Fehler zu dem noch häufigeren, daß Lautwandlungen, 
die sich vor unserer Periode vollzogen haben, ohne weiteres in die große vorhergehende 
hinanfgeschoben werden. Solange die absolute Chronologie der Lauterscheinungen nicht 
feststeht, sollte man sich in der von 0. Bremer seit Jahrzehnten wiederholt an einzelnen 
Beispielen dargestellten relativen versuchen. Den Ausstellungen, die W. Seelmann im 
Ndd. Korrbl. 32, 95 — 96 wegen der Behandlung des anscheinend hd. l<ehngutes macht, 
schließe ich mich daher an. 

Um den mundartlichen Charakter des restlichen Sprachgutes zu erweiben, zieht 
8. mit Recht die heutige Ma. heran. Für Neocorus, der um 1600 die Geschichte von 
Dithmarschen schrieb, benutzt er die Arbeit über den »Lautstand des iym -Gebiets in 
Dithmarschen« von Hugo Kohbrok (Kieler Diss. 1901) und für den gleichzeitigen 
Lübbeke die Arbeit von J. Bernhardt über den »Lautstand der Glückstädter Ma.« im 
Ndd. Jb. 18, 81 —104, und 20, 1 — 39, die als Zeugnis dor Ma. dieses Chroniston an¬ 
gesehen werden kann. Beide Chroniken sind in den Originalhandschriften eingesehen 
worden, da die Ausgabe des Neocorus von C. Dahlmann (2 Bde., Kiel 1827) nicht 
buchstabengetreu ist. 

Zu loben ist die Zurückhaltung, mit der der Vf. bei der Vergleiohung der früheren 
mit der jetzigen Sprache vorgeht. Seine Ergebnisse sind infolgedessen in vielen Punkten 
als richtig anzusehen. Daneben kommt sehr zu statten die Möglichkeit, eine doppelte 
Vergleichung anzustellen. Denn wenn Übereinstimmung besteht m den beiden spätiund. 
Denkmälern, dagegen nicht io den jetzigen Maa., so wird auf eine Schlußfolgerung aus 
der Erscheinung in den Chroniken verzichtet werden müssen. 

Auf Grund dieser vorteilhaften Forschungsmethode kann 8. Aufstellungen von Vor¬ 
gängern berichtigen, so z. B. wenn Kohbrok, allein vom heutigen Dithmarsischen aus¬ 
gehend, den Wechsel von e:ei für as. S* bei Neocorus mit den modernen Verhältnissen 
in Beziehung bringt Da nämlich die elbmarschor Ma. heute keinen Wechsel kennt, 
anderseits Lübbeke die gleichen Erscheinungen wie Neocorus aufweist, so ist für beide 
Chroniken Anpassung an die mnd. Schriftsprache oder wenigstens Schreibgewohnheit an¬ 
zunehmen. Vielleicht darf man S. nicht einmal so weit folgen, im Mitteldithm. in den 
Fällen ei -Aussprache anzusetzen, wo ey -Schreibung über das Mittelelbm. und auch die 
hd. Lehnwörter hinaus auftritt. Ferner ist es berechtigt, gegen Tümpel, dessen verdienst¬ 
liche »Niederdeutsche Studien« in ihrem Werte durchaus anerkannt werden, bei der 
Frage des tonlangen o:a die »Annahme eines unbestimmten hd. Einflusses« (S. 35), der 
von einer »durch die hd. Rechtschreibung gestützten Schreibertradition« (S. 34) herrühre, 
abzulehnen. Das häufigere Vorkommen der o-Schreibung für altes o in offener Silbe bei 
Neocorus gegenüber dem festen o bei Lübbeke laßt sich gewiß nicht allein durch hd. 
Einfluß erklären. Warum dann a bei Lübbeke? Freilich muß man mit W. Seelmann 
(8. die obengenannte Anzeige) einer geschlossenen Aussprache des tl. o im Mitteldithm. 


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Büoherbeeprechongen. 


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widersprechen, vielmehr beweist »das Nebeneinander Ton o and a den Zasammenfall 
des tl. o und tl. a in g, das erst später za ö wurde«. Aber das Aasein andergehen der 
heutigen Dialekte in dithm. 0 and elbmarsch. ä darf man mit 6. auf einen immerhin 
schon um 1600 erkennbaren Unterschied in der Vokalqualität deuten. Das mittelelbm. 
tl. o war offener als das mitteldithm., vielleicht ein dem heutigen d entsprechender laut, 
aber kein reines a. 

Wenn hier somit die moderne Ma. in glücklicher Verbindung mit der spätmnd. 
Quelle ein gesichertes Ergebnis zeitigt, so hat sie in der wichtigen Frage des Umlautes 
bei o und u nur die Fähigkeit, den Kreis zu ziehen, iunorhalb dessen sich diese Er¬ 
scheinung im Mnd. bewegen kann. Ein Beweis für den Umlaut im Mnd. kann von der 
jetzigen Ma. nicht erbracht werden. Lediglich die Betrachtung innerhalb der Tatsachen 
der Überlieferung führt zu sicheren Feststellungen. Da ist es nun ein großes Glück, daß 
sich aus Neocorus und Lübbeke Verhältnisse aufweisen lassen, die einwandfrei für den 
Umlaut zeugen. Zunächst ergibt sich k daß die Schreibung oy bei Neocorus nicht mit 
oi wechselt und nur auftritt bei altem oute, das jetzt Umlaut besitzt Diese Beobachtung, 
die gut zusammenpaßt mit der im Mhd. bemerkten Erscheinung, daß der Umlaut von 
ou in der Verbindung ouw zuerst auftritt, ist für den Umlaut völlig beweiskräftig. Ferner 
sind als sichere Zeugnisse die Formen gebreder Gebrüder (Lübb. 122 b) und lesegeldt 
(Lübb. 159b) Lösegeld, die als »umgekehrte«, vom Md. beeinflußte Schreibungen anzu¬ 
sehen sind, zu nennen. Zur Unterstützung dient das häufige Vorkommen der oe-Schrei- 
bung bei Neocorus in offener Silbe in Fällen mit heutigem Umlaut Denn da der Nach¬ 
schlagvokal der mfrk. Orthographie ursprünglich nur in geschlossener Silbe berechtigt ist, 
so darf man das verhältnismäßige Überwiegen in offener Silbe nicht als zufällig auslegen. 

Daß sich S. hütet, gewisse Besonderheiten der Schreibung, die weder auf mnd. 
noch auf hd., genauer ostmd. Schreibart zurückzuführen sind, für lautschriftlich zu er¬ 
klären (8. 79—8C: 32 mal kumbt : 3 mal kumpt ), auch wenn sie sich der jetzigen Aus- 
spracho nähern, findet meinen Beifall. Aber auch als unbewußte Anpassung an die 
wirkliche Sprache sind sie wohl kaum zu nehmen. Wie, wenn Neocorus bewußt seiner 
Schrift eine eigenartige, durch seine Sprache in nichts bedingte Färbung geben wollte? 
Oder wenn er sich nach einem uns unbekannten Muster richtete? 

Die zweimalige Auslassung des auslautcnden -t (8. 8t) wird mit Recht nicht mit 
den heutigen Verhältnissen zusammeugebracht Ein solch wichtige« Lautgesetz bedarf 
einer stärkeren Stütze, und der Verdacht eines Schreibfehlers darf bei derartig weit¬ 
greifenden Feststellungen nicht im leisesten mehr mitspielen. Dasselbe möchte ich für 
die einmalige Schreibung gewen gewesen (S. 87) bei Lübbeke 159a geltend machen. Denn 
wenn es schon denkbar ist, wie S. will, daß die Ma. hier nur in einer vereinzelten Form 
hervoiblickt, so braucht das jetzige t ein doch nicht schon mnd. zu sein, und anderseits 
ist ein Schreibfehler bei der Wiederkehr zweier t besonders leicht möglich. Demnach 
ist zwar die Form gewest bei Neocorus schriftsprachlich, aber gewesen braucht es nicht 
zu sein. 

Zum Schluß erwähne ich noch ein Versehen. Für tl. o werden S. 32 haleden 
(offenbar holten) und waghe (Wellenbewegung) angeführt. Beide Wörter besitzen altes o. 

Wir wünschen dem Vf. bei seiner Arbeit am Schleswig-Holsteinischen Wörterbuch 
die gleiche Ausdauer, die er in seiner Erstliugsarbeit bewiesen hat, und würden uns 
freuen, in ihm einen der Mundartenforschung, sei es im Dienste der Sprachgeschichte 
oder auf einem anderen Gebiete, auch weiter treubleibendeo Mitarbeiter gefunden zu haben. 

Berlin-Steglitz. H. TeueJiert. 

Adam Ziegelhofer und J>r. Gustav Hey, Die Ortsnamen des ehemaligen Hoch¬ 
stifts Bamberg. Bamberg, in Kommission bei G. Duckstein (Büchner). 1911. YI1 
und 225 S. 8°. ft Mk. 

Mit dieser Arbeit ist wieder ein Stück des Bayernlandes namenkundlich durch¬ 
forscht, und zwar, wie gleich zum voraus bemerkt sei, in kundiger und erfreulicher 
Weise. Das jetzt zum Kreis Oberfianken gehörige Gebiet des ehemaligen Bamberger 
Hoch8tifts umfaßt die Amtsbezirke Bamberg 1 und H, Ebermannstadt, Forchheim, Höch- 


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Bücherbesprechungen. 


stadt a. Aiscb, Kronach, Lichtenfels, Stadtsteinach, Staffelstein und Teuschnitz, also 
ungefähr die westliche Hälfte des Kreises. Die übrigen neun Amtsbezirke, zumeist der¬ 
einst bayreutbische Lande, sollen als zweiter Teil später nachfolgen. 

Die Verfasser haben sich in die Bearbeitung derartig geteilt, daß Ziegelhöfer die 
urkundlichen Unterlagen beschafft und die Deutung der deutschen Namen übernommen 
hat, während der in slavischor Namenkunde vorzüglich bewanderte Dr. Hey außer meh¬ 
reren besonders bozeichneton die aus wendischen Bestandteilen gebildeten Ortsnamen er¬ 
läutert. So ist in der Tat eine besonnene, wohl abgewogene und verlässige Scheidung 
deutschen und wendischen Sprachguts erzielt. Die Namen sind innerhalb der einzelnen 
Amtsbezirke in Abcfolge durchgosprochen, auch Wüstungen mit eingereiht Auf besiede- 
lungsgeschichtliche Vorgänge ist — leider — gar nicht eingegangen, wie das Vorwort 
sagt, mit Rücksicht auf die Druckkosten. Es hätte aber m. E. keiner langen Abhandlung 
über die Besetzung und den Ausbau des Landes durch germanische und slavische Stämme 
bedurft — wer sich darüber unterrichten will, findet das Wichtigste in der hier, Jahrg. 
1908, S. 86ff., besprochenen Schrift vou Chr. Beck über die Ortsnamen der Fränkischen 
8chweiz —, wohl aber wäre da und dort eine kurzgefaßte Bemerkung über vermutliche 
Entstehuugszeit, Zusammengehörigkeit einzelner Orte u. dergl. am Platze gewesen und 
hätte in die fast zu sehr vordrängende rein sprachliche Betrachtung willkommene Ab- 
weohsluug gebracht. Dafür hätte durch Einschränkung der manchmal in behaglicher 
Breite fließenden Rode nicht schwer Raum geschaffen werden können, so z. B. S. 41: 
»Eis sind auch andere PN. urk. nachzuweisen, doch kommen dieselben bei Erklärung des 
ON. wegen dessen ältesten (so!) Formen nicht in Betracht« oder S. 42: der bei Sassanfahrt 
in Betracht kommende Fluß ist die Regnitz« oder das wiederholte »das Volk spricht« 
statt mundartl. (ma.). Von unzweifelhaft klaren Namen, wie etwa Schönbrunn (1125 
Sconenbntnnen , 1218 Schonenbrunnen , 1278 Schönbrunn), noch mannigfach nach Gut¬ 
dünken des Schreibers variierte Belege aus späteren Jahrhunderten zu bringen, ist eben¬ 
falls übergewissenhafte Mühe. Auch die von Beck in der oben erwähnten Schrift bereits 
näher dargulegton Namen vertrugen knappste Fassung; denn auch hier gilt, soweit nicht 
Abweichungon in der Erklärung zum Gegenteil zwingen, mutatis mutandis das ne bis in 
idem! So hätte vielfach reichlich Raum gespart werden können. Doch vielleicht ist es 
besser, wenn die siedluugßgeschichtliche Bewertung der Namen erst nach Abschluß der 
ganzen Arbeit ei folgt; dann sollte aber das Ergebnis zugleich mittels einer Karte zeich¬ 
nerisch festgelegt werden. Dies kann recht wertvoll und üborraschend werden; ich ge¬ 
stehe, daß ich, obwohl ich Oberfranken ziemlich genau kenne, nicht die Vorstellung 
hatte, daß doch so viele undeutsche Namen dort Vorkommen. 

Im übrigeu möchte ich noch einiges besonders herausgreifen Für den Namen 
Bamberg sind aus der Zeit vor 1450 nicht weniger als 50 verschiedene Formen bei¬ 
gebracht. Das ist gewiß des Guten zu viel; es ist doch nicht wesentlich, ob einmal 
berc oder berg , berk y bergh usw. geschrieben worden ist. Ein großer Teil ist außerdem, 
soweit er dem Histor.-geograph. Wörterbuch von Üsterley entnommen ist, irreführend; 
denn dieses gibt — leider — die Namenformen nicht an nach der Zeit der AbfassuLg 
der Quelle, sondern nach dem Jahr, zu dem es in dieser crscheiut, so daß z. B. eine 
Form, die in einem Geschichtschreiber des 12. Jahrh. bei Gelegenheit der Erzählung 
einer Begebenheit aus dem 8. sich findet, als aus dem letzteren stammend angeführt ist. 
Also ist die gebotene Anordnung der Namenformen für Bamberg ganz verfehlt. Wenn 
überdies über einen Namen, wie den von Bamberg, schon oiue ausführliche — noch 
dazu gute — Abhandlung geschrieben wordeu ist (Dr. II. Weber, 1891), so sollte darauf 
doch zum mindesten verwiesen sein. Desgleichen vermißt man z. B. bei Pretsfeld, 
das ich mit »Brett« für richtig gedeutet halte, einen Hinweis auf Becks Versuch. Wie 
bei Steinach, Langenau und Haslach sollte durchweg, wo der Fluß noch den gleichen 
Namen führt, ein Vermerk stehen: »Güßbach, Tambach am gleichnam. Bach«. Die 
volksübliche Aussprache ist wiederholt beigezogen; öfter aber, wo sie entscheidend sein 
könnte, fehlt sio. Namen wie Hannberg, I,erchenhof, Scheinsberg, L&ppach sind ohne 
sie nicht zu beurtoilen. Das letztere (13/14. Jh. Legt-, Lait -, dann Lappach) kann 
schon dieser Formen wegen kaum zu mhd. lite gehören; wenn man aber weiß, daß etwa 


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Bücherbesprechungen. 


369 


sö. einer Linie Eltmann — Steigerwald mhd. e» > o, dann ist es völlig unmöglich. Als 
Nom. zu den Genitiven der PN. Qiais, Odia, Udia u. a. ist stets eine verkleinerte Kurz¬ 
form auf i angenommen, obwohl doch Starkformen viel wahrscheinlicher sind. Das e in 
Namen wie Keltinbach, Lengincelt, Sicerxinbach , Eltindorf usw. bedingt keine Neben¬ 
formen zu kalt usw., sondern ist einfach Umlaut. Recht bemerkenswert sind einige bei 
Seßlach und sonst gebotenen Belege: solche wie in Eibingono marcit (804) = Ebing 
sind wegen der ing- Endung (altbayer. Einfluß) und des Hinweises auf eine Markgenossen¬ 
schaft von Bedeutung. Doch sind sie falsch aufgefaßt. Die Form Sexxilahono inarca 
(S. 201) ist kein Beweis, daß lahha das Grenzzeichen darin steckt; bildet denn auch feld 
und heim (in Aacfeldono, Sundheimono usw.) solche Genitive? Das sind vielmehr Gen. 
Plur. von Personenbezeicbnungen, die von den ON. abgeleitet und schwache n-Stämme 
sind; also wio Franko — Frankono so Sexxilaho — Sexxilahono, somit »der Seßlncher 
Mark«. Bei Hochstall liißt sich der Wechsel der Formen Hab - und Hoch- nur er¬ 
klären, wenn habcch zugrunde liegt. Thüngbach liegt am gleichnamigen Bach, der 
bei Thüngfeld in die Reioho Ebrach geht. Die Formen Tund-, Tun-, 7 \ing- vereinigen 
sich m E. nur in tungen, das ja auch bewässern bedeutet und für beide Namen gut 
paßt (Wechsel von ng und nd häufig: Winde — Winge, Schwende — Schwange, Randen 
— Rangen u. a.). 

Das Namenverzeichnis am Schluß erleichtert den Gebrauch in sehr willkommener 
Weise und hat noch einen sehr lobenswerten Vorzug: es macht die wendischen Namen¬ 
bestandteile durch Antiquadruck kenntlich. 

Memmingen Julius Miedet. 

Dr. Rudolf Kleinpaul, Die Ortsnamen Im Deutschen. Ihre Entwicklung nnd 
Ihre Herkunft. Berlin-Leipzig, Sammlung Göschen Nr. 573, 1912. 126 S. 8°. 
0,80 Mk. 

Seinen »Deutschen Personennamen« und den »Länder- und Völkernamen« hat 
jetzt Kleinpaul in der gleichen Sammlung noch »Die Ortsnamen im Deutschen« hinzu¬ 
gerügt. Alle drei zeigen die gleichen Vorzüge der Darstellung: ein gewandter, anregender 
und unterhaltlicber Plauderton führt den Leser in angenehmster Weise — freilich oft 
mit langen Abschweifungen — in den Stoff und läßt das Gefühl trockenen Belehrtwerdens 
nicht aufkommen. Und da sich das Bändchen doch an die Allgemeinheit wendet, so 
trifft diese feuilletonistische Schreibweise wohl auch das Richtige. 

»Der Titel«, sagt ein beigelegter, dem Stil nach vermutlich vom Verfasser selbst 
geschriebener Waschzettel, »will einer falschen Voraussetzung Vorbeugen, als ob es sich 
hier nicht um die in Deutschland umlaufenden Ortsnamen überhaupt, sondern nur um 
solche handelte, die auch aus der deutschen Sprache stammen « Trotz dieser Erklärung 
finde ich entweder den Titel unglücklich gewählt — die meisten werden, wenn auch 
nicht ausschließlich deutsche Ortsnamen, so doch wenigstens solche von Orten auf deut¬ 
scher Erde erwarten —, oder den Inhalt nicht entsprechend. Nach eigener Angabe ist 
»die Prinzipien der Ortsbenennung aufzuweisen und die Grundlinien der Ortsnamenkunde 
zu entwerfen Aufgabe des Buchs, das eben damit die Erde umspannen und eine allge¬ 
meine Naturgeschichte der menschlichen Siedelung werden kann« 

Jedenfalls ist diese Aufgabe nicht im Titel ausgedrückt. Auch nicht, wenn man 
ihn so auffaßt, daß ja »die Ortsnamen der ganzen Welt im deutschen Munde sind»; 
denn das gilt ebenso von jedem anderen Kulturvolk. Und wenn Förstemann wegen seines 
Namenbuchs in der Einleitung getadelt wird, weil er »noch auf dem alten Standpunkt 
der deutschen Gelehrten steht, die keinem weltbeherrschenden Volke angehören«, so ist 
dies ebensowenig berechtigt, wie der Tadel gegen Eglis Nomina geographica, die »nicht 
vollständig und nur eine kleine Auswahl und eine Kompilation seien, in der man alles 
bisher Gesagte, nur keinen originellen Gedanken finde«. Förstemanns Namenbuch ist 
1846 (!) angeregt worden als Preisaufgabe, die sehr verständiger Weise sich auf die 
deutschen Namen beschränkte, und Egli — der nebenbei bemerkt keinen Fischnamen 
trägt, da Egli eine noch gebräuchliche Kürzung von Eglof ist — bietet die »kleine Aus¬ 
wahl« von 42000 Namen aus aller Herren Ländern, sorgfältig nach billigenswerten 
Zeitschrift für Deutsche Mundarten VII. 24 


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Bücherbesprechungen. 


Grundsätzen gesichtet und gesiebt; die der 1. Auflage vorausgeschickte »Abhandlung« 
erörterte mit sehr originellen Gedanken in geistreicher und bahnbrechender Weise die 
(iesetze, die in der Ortsnamengebung walten. Auf Eglis Werk, wie auf seine Nachträge 
in Wagners Geographischem Jahrbuch, stützen sich mittelbar oder unmittelbar alle 
größere Erdräume umfassenden Schriften über Namenkunde, notgedrungen selbstverständ¬ 
lich auch die vorliegende. Gerade ein Gebiet, das die Kenntnis von Hunderten von 
Sprachon erheischt, kann nie ein einzelner völlig beherrschen, und darum muß man sich 
auf die durch die Arbeitsteilung von anderen gefundenen Ergebnisse verlassen. Wer 
das stolz verschmäht, läuft eben Gefahr abzuirren. 

Die getroffene Einteilung führt zuerst die Grundbegriffe vor, die in Namen ver¬ 
wendet werden, und danach die verschiedenen Arten näherer Bestimmung. Die Schei¬ 
dung scheint mir aber nicht immer scharf genug durchgeführt. Abgesehen davon z. B., 
daß von Anfang an von der Stadt ausgegangen wird, wie denn überhaupt fast nur Städte¬ 
namen erörtert sind, werden die Wasserburgen getrennt von den Burgen, die Wirtshäuser 
und Mühlen von den Häusern, die Flußmündungen in HI, 2, E von den Häfen in I, 5. 
Die Unterscheidung von »sekundären« (II.) und »tertiären« Grundwörtern in III. ist 
wieder nicht recht verständlich, da dieser Teil doch einfach Naturnamen behandelt naoh 
den Unterteilen: Berg-, Fluß-, Stein-, Salzstädte, eine Anordnung, die seltsamerweise 
mitten wioder durchbrochen wird durch einen Abschnitt über Bodenarten (Sand-, Lehm- 
und Sumpfboden), wozu doch wohl auch steiniger Boden gehörte. Ein solches Heraas¬ 
fallen aus der planmäßigen Ordnung ist öfter zu beobachten; so wenn bei der Darlegung 
der verschiedenartigen näheren Bestimmung der Grundwörter nach Größe, Form, Farbe 
usw. bei der Vegetation plötzlich Tirschenreuth, Bayreuth und Apenrade auftauchen, 
noch dazu als Bojerreut und letzteres gar als Affenrodung (statt »an der offenen Rhede«) 
erklärt. Einige Abschnitte tragen schwer verständliche, barocke Überschriften, wie 
Kirchdrauf und Ordruf — das Mückentürmchen. Das verleiht der Darstellung otwas 
Rätselhaftes, Erzwungenes, ein Eindruck, den gar manohe recht unnötige Fremdwörter 
noch vermehren. Wer versteht z. B. auf S. 11 ohne weiteres »das Vernakel« (= ein¬ 
heimische Sprache)? Oder was sind die »aktuellen und gegenwärtigen Einwohner«? 
Dabei ist auf der gleichen Seite die Rede von dem »Entstehen eines rechten Mißklangs, 
der wie bei allen Fremdwörtern schrill und störend wirkt und dem nationalen Wortschatz 
seinen einheitlichen Charakter raubt«. 

Da ich hoffe, daß das Büchlein bald eine neue Auflage erlebt, und wünsche, daß 
diese möglichst frei werde von störenden Flecken, möchte ich noch zu einzelnen Deu¬ 
tungen moin Teil beitragen. Daß Füssen (S. 14) nie fauces geheißen haben kann, 
sondern daß dies nur ein mönchischer Erklärungsversuch ist, steht längst fest (s. m. 
Oberschwäb. 0.- u. Fl.-N. S. 5). Die Bedeutung von Goslar und Meißen (27) ist 
überhaupt nicht angegeben. Die keltische Endung bona (28) hängt sicher nicht mit Boden 
zusammen, eher mit Bau. Memleben (39) u ä. »bedeuten Orte, wo man lebt«. Wohl 
im Gegensatz zu denen, wo man stirbt? Einsiedeln (53 u. 105) soll Gen. Sing, sein; 
der boißt c insideles. Erfurt < Gerfurt (55) ist durch gentiana > Enzian und unser : 
Gans nicht lautlich geschützt; wir müssen uns an das seit dem 8. Jahrh. sehr häufig und 
nie anders beurkundete Erpisfurt halten. Furten heißen gern nach dem Namen des Fähr¬ 
manns (vgl. Umnningiseurt 1059 au der Iller). Brühl kann nach der Entwicklung seiner 
Formen unmöglich Verkleinerung zu Bruch sein (71). Kühn und unbelegt ist die Be¬ 
hauptung S. 82, da, wo es zur Bildung eines Altnamens (wie Altstadt — Neustadt) kam, 
ergebe sich das fast paradoxe Resultat, daß die Altstadt neuer sei als die Neustadt 
Oder sollte etwa nur gemeint sein, daß die Zubenennung mit alt- jünger sei? Das 
wäre dann nicht paradox; denn es ist selbstverständlich, daß ein solcher Beisatz erst 
dann entstehen kann, wenn etwas Neues dazu in Gegensatz tritt Klein-Paris, Klein- 
Leipzig u. ä. (84) läßt sich nicht mit Klein-Bautzen und Wenigen-Jena vergleichen; 
denn es sind nur Übernamen, die »charakterisieren«, während die letzteren Mutter- und 
Tochterort bezeichnen; ebensowenig wird man »Bistum Bremen«, »Hamburger Dom« u. ä. 
(50) oder Bellevue (86) als Ortsnamen ansehen dürfen. Venezuela wurde erst von 
den Weisem im 16. Jahrh. aufgebracht. Die für Benennungen nach der Form gebotenen 



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Bücherbesprechungen. 


371 


Beispiele befriedigen nicht; hierher gehörten etwa solche, die mit Bogen, Horn, Gehre, 
lang, sinwell zusammengesetzt sind. Schön in Schönau. Schönfeld bezieht sich überdies 
meist nicht auf Schönheit der Landschaft im gewöhnlichen Sinn, sondern auf Fruchtbar¬ 
keit. Die ON. mit grün meinen nicht ein grünes Dorf (87), sondern das Dorf in der 
(grünen) Rodung. Versailles (89) ist m. W. ein ehemaliger Viehhof; die Namensage 
ist, wie meist, ein kindlicher Versuch einer Erklärung. Immenstadt (96), einst Immen¬ 
dorf, hat mit den Bienchen nichts zu schaffen, sondern enthält den PN. Immo. Basel 
(109) soll nach der durch Ammian bezeugten Anwesenheit Valentinians i. J. 374 ßaadtut 
benannt sein, während doch der Ort wie der auch sonst, z. B. bei Metz, noch vorkommende 
Name keltischen Ursprungs ist Daß für den Vf Bamberg immer noch, wie er schon 
1889 zu erhärten versucht hat, der Berg der slavischen Göttin Baba ist, wird nicht 
wundern, obwohl deren Auftreten an einer vordem Eindringen der Wenden sicher schon 
von Germaneu besiedelten Stelle höchst seltsam wäre. Ganz eigenartig ist Kleinpauls 
Auffassung der üi^en-Orte, die ich zum Schluß noch berühren möchte. Er meint, sie 
seien »zunächst Genitive im Plural und von einem eigentlichen Ortsnamen abhängig ge¬ 
wesen; also Eppingen == die Stadt der Eppinge«. Dann erst sei man »zu den Eppingen« 
gegangen und so sei ein Dativ daraus geworden. Warum dieser Umweg, für dessen 
Richtigkeit nicht das geringste Anzeichen vorliegt? Das wandernde wie das lagernde 
Volk war doch sippenweise beisammen; was war also natürlicher, als daß man den Ort, 
wo eine Sippe sich vorübergehend oder dauernd jeweils befand, ähnlich wie wir etwa 
bei einem großen Biwak sagen: bei der 1. Kompagnie, bei den Jägern, kurz bezeichnete 
mit xe Eppingun, selbst heute noch %’ Epping9? 

Memmiugen. Julius Miedet. 

l>r. J. Matthäus Klimesch, Die Ortsnamen lm südlichen and südwestlichen 
Böhmen. S.-A. aus den »Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in 
Böhmen«, Jahrg. 47 bis 50 (1908 bis 1911). Prag. In Kommission der J. G. Calveschen 
Hofbuchhandlung. 335 8. 8°. 

Das Buch nimmt je in Abcfolge die Wohnortsnamen der vier südlichsten Bezirks- 
hauptmannsohaften Böhmens vor: Prachatitz, Krummau, Kaplitz und Budweis; also das 
ganze Quellgebiet der Moldau, das am Luseu beginnend vom Bayerisch - österreichischen 
Wald im Bogen umrahmt wird, bis etwa zu der Stelle, wo dieser an der Senke der 
Luschnitz von den Böhmisch-mährischen Höhen geschieden ist. Das ganze Gelände ist 
bergig und stark bowaldet, infolgedessen erst verhältnismäßig spät dichter besiedelt, und 
zwar von Tschechen. Daher in der Zeit des 10. bis 12. Jahrhunderts nur tschechische 
Ortsnamen. Erst um 1200 fassen auch deutsche Siedler dort Fuß und bis 1300 haben 
sie unter Anleitung von Klöstern und Adelsgeschlechtern schon ein gutes Stück deutscher 
Kulturarbeit vollbracht. Bei abgelegeneren Strichen dauert freilich'die Erschließung bis 
ins 17. und 18. Jahrh. hinein; dabei griff die Ausbreitung des Deutschtums bei der wirt¬ 
schaftlichen und geistigen Überlegenheit unserer Volksgenossen auch auf tschechische 
Orte über. Trotzdem wurden bei den ursprünglich tschechischen Siedlungen die alten 
Namen meist beibebalten, mußten sich jedoch mancherlei Umformungen durch die deutsche 
Zunge gefallen lassen. Die wichtigsten Arten dieser Veränderungen sind folgende: 1. rein 
lautlicho, wie Suß> Tusch, Ktiß> Tisch; 2. vplksetymologischo Anlehnungen und Ein¬ 
deutschungen, wie Dubowa> Stubau, Dworecz >■ Wurzen, oft unter Anh&ngUDg eines 
deutschen Grundworts: Vsemirice > Schömersdorf; dazu 3. Übersetzung des slavischen 
Namens: Ostrowo > Wortes (zu uörth = Insel), Jablonecz > Affalterhaid. Auch völlig 
neue Namen ergaben sich zuweilon, die die Verschiedenheit des Volksgeistes widerspiegeln. 
Und während die Verdeutschungen volkstümliches Gepräge tragen, sind die — besonders 
seit 1848 vorgenommenen — Tschochisicrungen künstlich geschaffen, so daß es manchmal 
sogar mehrere tschechische Bezeichnungen für den gleichen Ort gibt. So konnte es auch 
Vorkommen, daß ursprünglich tschechische Namen, die ein deutsches Gewand angelegt 
hatten, weil man sie nicht mehr verstand, neu vertschecht wurden, so z. B. das erwähnte 
VSemirice > Schömersdorf > Peknä ves (= schönes Dorf). 

24* 


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372 


Bücherbeeprechungen. 


Die Namenerklärungen zeigen völlige Vertrautheit des Verfassers mit dem Stoff. 
Für die Beurteilung der urkundlichen Formen dient ihm mit Recht als Richtschnur der 
Satz: Je entfernter der Ausstellungsort einer Urkunde von dem Ort selbst ist, desto 
weniger verlässig ist die Namenform für die Namenforschung. Die Doppelsprachigkeit 
Böhmens erheischt im weiteren noch besondere Vorsicht in der Bewertung der Formen, 
weil der Schreiber die Namen des ihm fremden Volksteils meist nicht recht verstand 
oder wiedergeben konnte. Mit großem Fleiß hat der Vf. für jeden Ort eine Anzahl alter 
Beurkundungen zusammengesucht und darauf seine Deutungen aufgebaut. Wenn die 
tschechischen, die ich nicht zu beurteilen wage, so gut gelungen sind wie die deutschen, 
dann kann man die ganze Abhandlung als in seltener Weise verlässig bezeichnen. 

Gleichwohl einige Bemerkungen zu Nutzen der Sache. Zunächst zu einem Irrtum, 
der die ganze Schrift durchzieht. Klimesch unterscheidet nach Förstemann, Die deutschen 
Ortsnamen S. 194, zweierlei elliptische Namen. Die erste Gattung ist die, der das Grund¬ 
wort maogelt und für die ich seinerzeit als Benennung Rodenameu vorgeschlagen habe. 
Die andern sollen die nach Flüssen benannten Ortschaften sein, weil bei ihnen ein Grund¬ 
wort wie Dorf fehle, und solche, zu denen eine Präposition wie »bei« oder »zu« ergänzt 
werden müsse (»dativische Ellipse«). Träfe das, was K. damit ungeprüft von Förstemann 
herübergenommen hat, zu, so wären wohl so ziemlich unsere sämtlichen Ortsnamen 
elliptisch, die Rodenamen sogar doppelt-, denn im Dativ, in Abhängigkeit von einer Prä¬ 
position, stehen sie von Haus aus alle und so leben sie heute noch im Munde des Volkes. 
Sind sie ja hervorgegangen aus der Frage: Wo wohnt er? Darum: xe dem Steinback 
(niemals »Dorf am Steinbach«), xe dem Hundsruck, xem Pfaffendorf, xem Gutenbrunn, 
xe dem Heiligenstein, xer Reichenau, bei der Glashütten usw. Desgleichen aber auch 
xeme Oppolds u. ä. Wir empfinden nur heutzutage die Namen nicht mehr im volks¬ 
tümlichen Sinne und die schabionisierenden Amtsmenschen sorgen nach Möglichkeit, daß 
eine solche Empfindung, soweit sie noch lebendig ist, vollends erstirbt. So ist z. B. in 
Schwaben in den zu dem Dorf Woringen gehörenden Waldteilen eine Anzahl von Eioöd- 
höfen, die der Einheimischo zusammenfaßt unter dem Namen »Woringer Wälder*. Jeder¬ 
mann sagt und schreibt noch: er wohnt in den Woringer Wäldern, geht in die Woringer 
Wälder, der Weg führt zu den Woringer Wäldern usw. Das Bezirksamt aber läßt einen 
Wegweiser aufstellen mit der Aufschrift: Nach Woringer Wälder! 

Was ferner auf der gleichen Seite 9 zu den ing - Orten bemerkt wird, ist gleich¬ 
falls irreführend. »In den Urkunden des Mittelalters wird statt des modernen Suffixes 
ing stets das Suffix ingeti geschrieben« und weiter »Die mittels dieses Suffixes gebildeten 
Namen sind Patronymika«. Daß das nicht zutrifft, zeigen gerade die böhmischen Namen 
aufs deutlichste. Das »moderne Suffix ing* , d. h. die jetzt erscheinende Endung ing, 
ist in dem behandelten Gebiet nirgends aus ingen entstanden; denn echt patronymische 
itigen-Orie finden sich dort — begreiflicherweise — überhaupt nicht. Die echten alt¬ 
bayerischen Sippenorte hatten freilich gleich denen anderer Volksstämme bis ins 13. Jahrh. 
die regelrechte Endung des Dat. Plur., und erst von da an verschmolz das auslautende 
» mit dom gutturalen Nasal (vgl. sagen > sag'n, fliegen > fliog’n). Wenn aber die 
Stadt Kalsching z. B. unter 50 Beurkundungen nur zweimal als Qualschingen und einmal 
als Qualschungen, sonst aber stets mit der Endung in oder ing erscheint, so darf man 
m. E. nicht schließen, jene ersteren Formen seien die deutschen, die anderen die tsche¬ 
chischen, sondern höchstens, die ersteren habe ein deutscher Schreiber analog den ihm 
sonst geläufigen patronymischen Namenformen niedergeschrieben-, denn wir befinden uns 
im Bereich des Gebiets, auf das ich schon in dieser Zeitschrift 1910 S. 178 hingewiesen, 
in dem der auslautende Nasal später durch Gaumenverschluß gebildet wurde ( Kramolin 
> Kramoling, Malschin > Malsching u. v. a.). — Eine besondere Eigentümlichkeit be¬ 
sitzt Südböhmen in den zahlreichen Rodungsorten auf schlag. Außer 3 einfachen Schlag 
und Schlägel sind es 72 zusammengesetzte und davon enthalten nur 5 Bestimmungswörter, 
die sicher keine Personenbezeichnungen sind. Die Benennung des Rodenden im ersten 
Teil ist so naturgemäß, daß man auch in Hörschlag (seit 14. Jahrh. Hersslag ), Mark-, 

• Muckenschlag u. a. am besten einen Namen annimmt Bemerkenswert scheint mir Wollet- 
schlag, das jetzt auch Wallerschlag heißt und daher von K. mit Waller *= Waldler (?) 


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RücherbesprechuDgen. 


373 


erklärt wird. Es heißt 1456 Webarsslak, 1595 Wolleschlag und in tschechischer Form 
Wolowicxe. Hier liegt sicher eine damals noch nicht fest zum Geschlechtsnamen ge¬ 
wordene Standesbezeichnung zugrunde: tcoller = weher. — Warum schließlich Follern 
nicht = Felbern, d. i. bei den Weiden, sein soll, Dachau nichts anderes soll enthalten 
können als den PN. Dago, und weshalb der Nesselbach, der schon seitdem 14. Jahrh. 
so heißt, zu netzen gehören soll, das doch nichts Kennzeichnendes für ein Gewässer be¬ 
sagt, ist nicht recht einzusehen. 

Memmingen. Julius Miedet. 

Hafis Schulz, Deutsches Fremdwörterbuch. Vierte Lieferung: Gene bis Kampagne. 
Straßburg 1912, K. Trübner. S 241-320. 1,50 Mk. 

Das vierte Heft des historischen Fremdwörterbuches von Hans Schulz unterscheidet 
sich in Anlage und Ausführung nicht von den vorangegangenen. Für den Mundarten¬ 
freund sind darin besonders von Belang die in den Dialekteu weitverbreiteten Ausdrücke 
genieren, kajolieren, kaduk und die aus der Studentensprache in den Volksmund über¬ 
gegangenen Wörter Juks (= jocus) und Habemus (Rausch), das in der Volkssprache 
Oberdeutschlands noch geläufig ist. Von volkstümlichen Wörtern ist mit Unrecht auf¬ 
genommen worden Hokuspokus, das wie eine lateinische Form aussieht, eine solche aber 
nicht ist Denn wenn es, wie der Verfasser nachweist, zuerst als Oxbox auftritt, so 
wird schwerlich an eino Entlehnung zu denken sein. Wir haben es vielmehr mit einer 
lautmalenden Bildung zu tun, wie es deren im Volksmunde so viele gibt. Doch durfte 
Schulz bei Besprechung der Wortbildung nicht hin weisen auf ripsraps, ki'ibskrabs, 
giksgaks, in denen der Vokal wechselt, sondern auf andere Formen, in denen der an¬ 
lautende Konsonant verändert wird, wie ich solche in der Zeitschrift für deutsche Wort¬ 
forschung II, S. 21 ff. und in-Lyons Zeitschrift für den deutschen Unterricht XIX (1905), 
8. 527 ff. in großer Zahl angeführt habe, z. B. Hackemack, Hoppelpoppel, Ruschetnusche, 
Schurlemurle u. a Mehrfach konnte auf die Mundarten noch größere Rücksicht ge¬ 
nommen werden; z. B. konnte erwähnt werden, daß die S. 303 als im 18. Jahrh. geläufig 
bezeichnete Bedeutung von Interessen (Zinsen) noch in manchen Dialekten foitlebt, z. B. 
im Altenburgischen, daß für Gouvernante die volkstümliche Zurechtlegung Jungfcrnante 
besteht u. a. Kamerad ist aus franz. camarade, nicht camerade, entlehnt. 

Eisenberg 8.-A. 0. Weise. 

Slebenbflrglseh-Sächsisches Wörterbuch. II. Band, 2. Lieferung, bearbeitet von Ad. 
Schullerus und Friedr. Hofstädter. Straßburg, K. Trübners Verlag. S. 161 
bis 320: einmischen bis Fätzes. 4 Mk. 

Die zweite Lieferung des zweiten Bandes vom Siebenbürgischen Wörterbuch reiht 
sich würdig an die erste. Sie ist mit derselben Sorgfalt und Genauigkeit gearbeitet, so 
daß man sachlich sehr selten etwas zu beanstanden hat und noch seltener einen Druck¬ 
fehler findet. Personen- und Ortsnamen, Kinderlieder und andere kulturgeschichtlich 
wichtige Stoffe sind in gleicher Weise herangezogen worden wie die Urkunden. Der 
Löwenanteil entfällt auf die Zusammensetzungen mit den Vorsilben ein-, ent - und er-, 
bei denen uns manches eigentümliche siebenbürgische Wort entgegentritt, z. B. ent- 
glopsen, entschlüpfen, entg laut sehen, entgleiten, erpoddern, allmählich erholen, er- 
präcken, erhaschen, ämunnneln (einmummeln), sich dicht mit Oberkleidern einhüllen u. a. 

Synonyme Begriffe werden immer gewissenhaft gebucht, z. B. unter Epcrt (= Eber¬ 
hard), einfältiger Mensch, Tölpel : Tasert, Tapp, Tolesch, Trelesch , Tulak, Tumbes, 
Batterhaist usw., oder unter estlich , unbehaglich (= egislich): akel, eiserän, esern, 
gräm, greis ich, uritich, ucrtlich u a. Ebenso werden bei Fadian Neubildungen mit 
der lateinischen Endung -anus zusammengestellt: Lunyan, Prostan, Schebian, Sehmut- 
xian. Mitunter ist auch ein Wort verzeichnet, das in der Mundart fehlt und durch ein 
anderes ersetzt wird, z. B. ettra S. 279 und Faßbinder S. 313. Auch syntaktische Er¬ 
scheinungen werden mitunter berührt, z. 1». unter er und es, aber auch sonst gelegent¬ 
lich, z. B. unter essen : ich bä giessen (ich bin gessen = ich habe gegessen) und ägicssc - 
ner etcechfucren, abreisen, ohne gegesseu zu haben. Von erhaltenen altertümlichen 


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374 


Bücherbesprechungen. 


Wörtern erwähne ich essig, Saatfeld = mhd. exxesch, euch, got. atisk S. 276 und en, 
die mhd. Verneinungspartikel 8. 200. 

Vielfach ließen sich noch Parallelen, namentlich aus md. Mundarten, beibringen; 
z. B. eisern, schaudern ist auch obersächsisch ^vgl. K. Müller, Obersächs. Wörterb. S. 288), 
und nösnisch aisret f., Jange, zur Zertrümmerung des Flußeises dienende Holzstange mit 
einem Eisenstabe an der Spitze (= mhd. reide, Schlagbaum; vgl. mhd. reidel, Knüttel), 
hat ein Seitenstück in thüringisch reitel, Knüttel (Hertel, Thüringer Sprachschatz S. 176). 
Die Bemerkung auf S. 289, faeken, den Ball werfen, sei aus auderen Dialekten in dieser 
Bedeutung nicht bekannt, bedarf des Zusatzes (aus anderen) siebenbürgischen (Dialekten). 
Denn in Deutschland, z. B. im Altenburgiscben, kommt es gerade in dieser Bedeutung 
vor. Das S. 185 aus dem magyarischen irigi abgeleitete eirisch, mißgünstig, neidisch 
ist ein gut deutsches Wort; denn es findet sich auch im Mitteldeutschen, z. B. in Ober¬ 
franken (Schmeller S. 130) und Obersachsen (Müller S. 307). ja ist schon bei Luther in 
der Form etcerisch zu belegen (Zeitschr. f. d. Philol. 26, 57). 

Eisenherg S.-A. 0. Weise. 

Hermann Schmöckel, Das 8iegerlMnder Bauernhaus nach seinem Wortschatz dar¬ 
gestellt. Ein Beitrag zur Haus - und Dialektforschung. Bonner Doktordissertation 1912. 
138 8. 

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in drei Teile, von denen der erste den Haus¬ 
bau, der zweite die Raumverteilung (Erdgeschoß, Obergeschoß, Nebenräume, wie Back¬ 
haus und Scheune), dor dritte die dialektgeographische Untersuchung des dargestellten 
Wortschatzes behandelt. Skizzen und Bilder von Bauernhäusern, sowie eine Karte der 
in Frage kommenden tiegend, ferner ein Literaturverzeichnis und ein Index schließen 
das Ganze ab. Der Verfasser liefert den Nachweis, daß die Bauweise des Siegerlandes 
eine Mischung der Stileigentümlichkeitan des westfälischen und des fränkischen Bauern¬ 
hauses bietet, daß aber jenes einen stärkeren Einfluß ausgeübt hat. Ebenso stellt er fest, 
daß das behandelte Gebiet eine Mischmundart bildet, die manches mit dem Moselfrän- 
kischeu, manches mit dem Ripuarischon gemein hat, mit jenem z. B. abweichend von 
diesem die Entrundung der ö, ü, öu u. a. Laute, den Schwund intervokalischer g und 
die Verwandlung intervokalischer d und t in r, mit diesem dagegen abweichend von jenem 
z B. die Bewahrung der alten i-Laute, die Trübung von i und u zu e und o, den Um¬ 
laut von a vor sch. Die beigegebene Karte ist vorzüglich geeignet, die wichtigen Grenz¬ 
linien für bestimmte Spracherscheinungen, wie die Ürdingcr ek/ech- Linie, die Benrather 
/rtA;-Linie, die Linzer rp-rf- Linie, die Remagoner Diphthongierungslinie, die Sinziger 
icing/mn- Linie, die Bopparder blcif bleib- Linie, die St. Goarer dat dass- Linie, deutlich 
zu verfolgen und zu erkennen, daß sie alle nach dom Siegerlande zu laufen; auf ihr ist 
auch das Verbreitungsgebiet von vier für den Hausbau bedeutsamen Ausdrücken gekenn¬ 
zeichnet, das von deel — eem, gang — eern, schaff—schank und löf — Ölern. 

Der Verfasser hat die Untersuchung mit Umsicht und Sorgfalt geführt, die in 
Frage kommenden mundartlichen Bezeichnungen aus allen ihm zugänglichen Quellen zu¬ 
sammengestellt, bei der dialektgeographischen Behandlung der einzelnen Worte auch die 
bedeutungsverwandten Benennungen dor Nachbargobiete berücksichtigt. Er war in dor 
glücklichen Lage, einen großen Teil des für das Rheinische Wörterbuch gesammelten 
Stoffes benutzen zu können, und erfreute sich stäudig des Beirates von Fachmännern 
wie Prof. Franck und Heinzerling. So ist denn die Arbeit wohl gelungen und sicher in 
ihren Ergebnissen. Was wir auszusetzen haben, ist der Mangel an Gleichmäßigkeit iu 
der Darstellung der Vokale. So finden wir z. B. auf S. 127 dräb «, Treppe, S. 78 aber 
und im Index richtig drab'\ yelslox, Eulenloch, S. 116 aber ejclslox; c n äl , S. 88 da¬ 
gegen cn ul; ko^t 9 , S. 88 koefe; ific'rdTar*, S. 20 y*ic*rdlare, ferner S. 87 füfrläid'r, im 
Index aber fü*rlaid*r. 

Wünschenswert wäre auch gowesen, daß der Verfasser alle fränkischen und vou 
Franken beeinflußten Mundarten vergleichend herangezogen hätte, was sich besonders bei 
der Fortsetzung seiner Arbeit, bei der S. 10 iu Aussicht gestellten Behandlung des Haus¬ 
gerätes uud der iuneren Einrichtung des Hauses, empfiehlt. So hat er zwar öfter, nameut- 


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Bücherbesprechungen. 


375 


lieh im dritten Teile, Vilmars und Crecelius’ hessische Wörterbücher oder 0. Meisingers 
Wörterbuch der Bappenauer Mundart 1 erwähnt, aber nicht bei jedem Worte naebge- 
scblagen, also nicht ausreichend verwertet, Thüringen führt er nur an, soweit es in der 
Abhandlung von Dittmar über die Blankenheimer Mundart herangezogen wird *, das Ober- 
fränkische und Vogtländische werden gar nicht berücksichtigt, wenn auch E. Gerbets 
Grammatik der Mundart des Vogtlandes S. 130 unter den Literaturnachweisen erscheint. 
Eis wäre aber bedeutsam, festzustellen, wie weit ostwärts und südwärts die fränkischen 
Bezeichnungen des Siegerlandes verbreitet sind. So findet sich das S. 85 genannte Eder 
bei Crecelius I, 357 und bei Hertel S. 91, Dole, Abzugsgraben (S. 110) bei Crecelius I, 
279, Laube, iMube, Oberstock, Speicher (S. 104) bei Crecelius II, 538 und bei Hertel 
S. 154, Oaupe, Giebelöffnung unter dem Dache bei Crecelius I, 40G, Ahl, schmaler 
Gang zwischen zwei Häusern oder Häuserreihen (S. 117) bei Crecelius I, 25, wo auch 
die Vermutung ausgesprochen wird, daß es aus dem weitverbreiteten Adel, Pfütze, Sötte 
hervorgegangen ist (vgl. ripuarisch Söd in derselben Bedeutung). Auch das Siebenbür¬ 
gisohe ist nicht regelmäßig verglichen worden, z. B. nicht bei Keper, Dachsparren, das 
Kisch iin vergleichenden Wörterbuch der Nösner und der moselfränkisch-luxemburgischen 
Mundart* S. 119 verzeichnet 

Eisenberg S.-A. 0. Weise. 

Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 19. — 39. Lieferung (verrottlen — 
Korngült). Tübingen, H. Lauppsche Buchhandlung, 1908 — 1912. Preis jeder Liefe¬ 
rung 3 Mk. 

In drei früheren Besprechungen, welche in dieser Zeitschrift und in ihrer Vor¬ 
gängerin, der Zeitschrift für hochdeutsche Mundarten, erschienen sind, habe ich auf die 
vielen Vorzüge des bedeutsamen Werkes hingewiesen, von dem nun bald 4 Bände fertig 
vorliegen. Mit staunenswerter Pünktlichkeit und Raschhoit erscheinen die einzelnen Liefe¬ 
rungen, die sich vor den sonst so wertvollen Heften des Grimmschen Wörter buchs durch 
eine wohltuende Gleichmäßigkeit der Bearbeitung auszeichnen. Ich kann mich diesmal 
darauf beschränken, die wenigen Bemerkungen, die ich mir bei Benutzung des Schwä¬ 
bischen Wörterbuchs zu einzelnen Artikeln gemacht halte, hier zum AMruck zu bringen 
und so einen bescheidenen Beitrag zu dem großen Werke zu liefern. 

Unter verwese" 2. wäre auf das gleichbedeutende verwere" II. zu verweisen. — 
Zu Fidelbogen: die Nebenform Figelboge" kann lautgesotzlieh sein, denn der Über¬ 
gang von d zu g findet sich gerade vor 1 in deutschen Mundarten häufig, vgl. schwäb. 
verspeigle" neben verspoidlo”, Einsigol neben Einsiedel. — Unter fix lies F. und fertig 
statt Fix und f — Vitriolisch »vergnügt, heiter« scheint in Anlehnung an Vitriol u. 
und an gewisse Kehrreime in Jodlern aus lidel umgeformt zu sein; in Basel fitriil adj. 
»fidel«. — Fliimme 1. ist das mild, fite me swf. innere Fetthaut (Lcxer, Mhd. Hand- 
wörterb. III, S. 39G). Die Handschulisbeimer Ma. bat fleenu pl. die Haut an den Weichen 
des Rindviehs (s. meine Programmbeilage von 1892, S. 7a). — Unter den Synonymen 
von Flaschner ist nicht erwähnt das in Baden-B. übliche Blechuer. — Die vollständige 
Auflösung des Rätsels Hinten Fleisch und vornen Fleisch, und mitten Holz und Eisen 
(unter Fleisch, S. 1559 Mitte) wäre: der Bauer mit Pflug und Zugtieren. — Unter 
Floss 3. lies Kuh statt Fuh. — Fugo f. ist auch in Handschuhsheim üblich; s. mein 
Vergleichendes Wörterbuch S. 24. — Fügklotz m. bedeutet wohl dasselbe was Flgbloeh n. 
in Handschuhsheim, Fügbank f. in Tauberbischofsheim, nämlich: einengroßen, aus einem 
Balken gefertigten Hobel, auf dem das zu hobelnde Holz hin- und hergoschoben wird, 
vgl. meine Programmbeilage: Der Handschuhsheimcr Dialokt, Konstanz 1887, S. 12b. — 
Zu Furdigel, Futtigel m. »Getreideunkräuter« verweise ich auf meine Programmbeilage 
Der Handschuhsh. Dial. 1892, S. 7b, wo man in völlig abweichender Bedeutung verzeichnet 
findet: pl. »kleine Mücken, die besonders vor Gewittern in Schwärmen uiuherfliegen«. 

1 S. 119 steht fälschlich -Wörterbuch der h’appauer Mundart«. 

* Hertels Thüringer Sprachschatz hat der Verf. nicht benutzt. 

* S. 129 wird es unrichtig als vergleichendes Wörterbuch der Nösner und mittel¬ 
fränkischen Mundart verzeichnet. 


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376 


Bücherbosprechungen. 


Za ganz: bemerkenswert ist die schon mhd. Bedeutung »nicht kastriert« (von 
männlichen Haustieren), welche Fischer den übrigen Bedeutungen voranstellt. — Ob Gar 
»Düngung, Mist« und das ebenda verzeichnete Oär, Garn, Miggär »das ganze Gedärme 
eines Ochsen« der Herkunft nach dieselben Wörter sind, möchte ich bezweifeln. Zu Garn 
»Darm, Eingeweide« vgl. Kluge, Etyra. Wb. Miggär ist das ahd. mittigarni. — Zwischen 
den rotwelschen Wörtern Gampesar und Gatzam »Kind« scheint eine Beziehung zu 
bestehen; vielleicht steht Gampesar zunächst für *Qamza und dieses durch willkürliche 
Buchstabenumstellung für Gatzam. Solche Umstellungen scheinen im Rotwelschen häufiger 
vorzukommen, vgl. auch Lefranz für Franzlo »Mönch», eigentl. Franziskaner (Meisinger, 
Appellativnamen 1910, S. 8). — Zu den Angaben über die Verbreitung von g*häb* und 
b*häb* (unter g a häb*) bemerke ich, daß es in Emmendingen bei Freiburg ghääb, in 
Heidelberg-Handschuhsheim bheebt heißt. — g'honrig scheint mir ebenfalls vordruckt 
und zwar für ♦g'hornig, welches dem schwäb g*homet »gehörnt, verdreht, verkehrt« 
(bei Fischer S. 216) entsprechen würde; vgl. noch Schweiz, hörni, hürni »unvernünftig« 
(Idiotik. II, 1629/30). — In genärft Adj. »geschwängert« steckt vielleicht das Verbum 
tuerf9 »coire«, das ich aus Richen bei Eppingen und (neben marfa ) aus Handschuhsheim 
kenne. Angeblich hebräischer Herkunft — Vgl zu g'none" »nicht mehr ganz schlafen« 
die Tauberbischofsheimer Redensart: 3 nauna macha »ein Schläfchen machen«. — Zu 
Gerret »Gänserich«: Hoeger, Die Tiere im Pfälzer Volksmunde, 2. Teil, S. 7 (Landau 
1903, Gymn.-Progr.), verzeichnet aus einem alten Weistum »Gerhardt« in der Bedeu¬ 
tung Gänserich (vgl. auch Meisinger in dieser Zeitschr. Jahrg. 1908, S. 189). Dieser heißt 
in der Handschuhsheimor Mundart auch Peter (doch nur als Rufname, das Gattungswort 
heißt Qtfrct). Sehr beachtenswert sind die Erklärungsversuche F. Pfaffs in Paul und 
Braunes Beitr. 15, 185, dem jedoch damals (1891) die von Fischer aus dem Ysengrimus 
beigebrachte Bezeichnung Gerardus und das durch Ileeger belegte Gerhardt noch nicht 
bekannt waren. — G'schale (ausgesprochen kiqlf) »einfältiger, gutmütiger Mensch« ist 
=» baslerischem und elsäss. tSooli ; Schweiz, auch noch Tscbali, Tscbalo, Gschalör (Schweiz. 
Id. II, 842), deren Herkunft freilich ebensowenig bekannt ist. Bei diesem und einer An¬ 
zahl anderer Wörter erscheint mir die Schreibung mit anlautendem G* befremdlich, selbst 
in Fällen wie geschartieren »Wache halten« und G'stattel »Düte, Schachtel« =. 
ital. scatola, wo ältere Belege die Schreibung mit ge- aufweisen. Wie Fischer selbst 
sagt, steht geschartieren für s(ch)kartieren, und wir haben hier einen der Fälle vor uns, 
wo die neueren Mundarten don im Altgermanischcn so geläufigen Wortanlaut sk- als 
etwas Fremdartiges empfinden und durch andere, ähnlich klingende Lautgruppen ersetzeu, 
so besonders durch s, st, sp, gs; vgl. Storpiün »Skorpion« (in Handschuhsheim), Stnrpism. 
dass. (Schweiz., Stalder 11, 416); Gschläf »Sklave« (bei Fischer unter G'schlaf); bal¬ 
lieren »schimpfen, toben« (bayr., rhein.) neben skalieren (Schweiz.) und schattieren (Grimm, 
D. Wb.) = ital. scagliare; Start neben Skart »Wache« (Z. f d. Wortforsch. 14, 57); mund¬ 
artliches Standdal »Skandal«, Starnixe = ital. scarnuzzo »Papierdüte«, Stattei = ital. sca¬ 
tola (Zeitschr. f. hochd. Mundarten 1, 29, wo W. Horn abweichend von mir das St- als 
Assimilation an die folgenden Zahnlaute erklärt). — Zu dem rotwelschen Ausdruck G e - 
sims* pflanze" »coire« vgl. östorr. das Gesims abstauben dass. (Castelli 157 und D. Wb. 
Wegon des Zeitworts pflanzen und des fehlenden Artikels ist aber vielleicht an »Gesäms« n. 
Sämerei zu denken (Kehrein III, Nachtr. S. 18). — Gespei n. »Gespött« zerstreut Kluges 
Zweifel an der Verwandtschaft von lat. spütum mit deutschem »Spott«. — Unter G e - 
standare lies »hemmendes« statt »hemmender«. — G'stellme, Stell me m. »Gestell« 
möchte ich aus ‘Gestollmann eiklären; vgl. wogen der Form Schweiz. Fuermo »Fuhr¬ 
mann«, Chaifme »Kaufmann«, Landamme, Hauptme; wegen der Bedeutung vgl. Schweiz. 
Gauggelma »Hebemaschine, Flaschenzug«, Glättima »Bügelbrett« (Schweiz. Id. IV, 246 
bis 258). — G“sti!et n. »Skelett« ist nach dem, was ich oben zu geschartieren be¬ 
merkt habe, keine »occasionclle Verballhornung«; gst- mag aus gs - und St- gemischt 
sein. — Zu gewinuen: Hoffmann - Krayer (Z f. hochd. Ma. IV, 156 f.) und das Schweiz. 
Id. nehmen an, daß alcmann. günne »pflücken« aus gewinnen entstanden ist. Mau durfte 
im Schwäb. Wb. einen Hinweis auf das Schweiz günne erwarten, umsomehr als gewinnen 
auch im Schwäb. dio Bedeutung »pflücken« haben kann. — Der Spielruf gillög klingt 


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Bücherbesprechungon. 


377 


auffallend an das gleichbedeutende Schweiz, gugelüch an (Id. II, 156). — Unter Girbse" 
soll es wohl Berberisfrucht statt Herberisfrucht heißen. — Glänzig Ädj. in der Bedeu¬ 
tung »gelinde« wird wohl eher zu Gelenz »Frühling« gehören als zu geiind selbst. — 
Daß Glotzbock »Stiefmütterchen« mit Recht zu »glotzen« gezogen wird und nicht zu 
»Klotz« gehört, wird auch durch das gleichbedeutende Handschuhsheimer Osicht n. be¬ 
wiesen. — gottisgar Adv. »schier gar« scheint mir eher aus »gut und gar« verkürzt 
zu sein. — Unter Guckaus ist in der Anmerkung das zweite »vor« zu streichen. 

Zu Habemus m. »Rausch« vgl. aus Handschuhsheim er hot! (nämlich: zuviel) 
er ist betrunken und bei Fischer unter haben S. 984: Oani mdr oder hant mvr (gehen 
wir oder trinken wir noch eioen Schoppen?) und S. 986: hoch haben « betrunken sein«. 

— Zu Haberdegraz (Havre de Grace): ein Handschuhsheimer, der nach Amerika reisen 
wollte, erklärte auf Befragen, er reise über HätcerdigrOa und Sautempl (Southampton); 
der Name der Stadt scheint also beim Volke in der volleren Form geläufig zu sein, wäh¬ 
rend die Gebildeten sich gewöhnlich mit der Benennung Havre begnügen. — hal Adj. 
»ausgetrocknet« findet sich auch in Handschuhsheim (Progr. - Beilage 1892 unter haal). — 
Hape f. »gekrümmtes, starkes Messer« ist auch in Handschuhsheim .in der Form hoop f. 
wohl bekannt (s. meine Progr,-Beil. 1887, S. 18); das oo weist auf rahd. &. — Unter 
her ja lies »die« Zugtiere statt »dir« Z. — Hauszettel scheint mir soviel zu sein wie 
Pasquill, das auf den Dörfern früher an den Brunnen oder Haustüren befestigt wurde. 

— Hickup ra. »das Aufstoßen, Aufschlucbzen«; die Übereinstimmung dieses nach F. 
scherzhaft gebrauchten Wortes mit gleichbedeutendem engl, hiccup, hickup ist auffallend. 

— Hildscheit n. »Querholz am zweispännigon Wagen zur Befestigung der Zugstränge«. 
Die Erklärung der Form ist zwar nicht schwer (’s Silscheit > ’s (H)ildscheit; vgl. Hil- 
vester aus Silvester), aber man hätte sie nicht weglassen oder bis zum Erscheinen des 
Artikels Silscheit verschieben sollen. — Unter hinbützen lies abortieren statt »aborf 
tieren*. — Unter Höhling lies Kirschenbaum statt Kirschenb. — Hon: lies »Geistes« 
statt »Geistet« (Anmerk.). — Hopf* »Bauer« gehört wohl zu hopfen = hüpfen, da man 
die Bauern da und dort Schollenhopser, -hüpfer nennt. — Hopfenzitz m. »unruhiges 
temperamentvolles Kind« ist wohl imperativische Bildung: hopfe und sitze, d. h. ein Kind 
das bald hüpft, bald sitzt. — *hopfericht Adj. ist vermutlich das mhd. boveroht 
hovereht »buckelig« (Leier) und bedeutet hier wohl »mit kleinen Erhöhungen (Mitessern 
Blatternarben u. dgl.) versehen«. Zunächst zu ahd. hovar »Buckel«, dann auch zu schwül 
Hoppe, Hoppel »Hügel, Erhöhung«. Das pf entweder durch Mischung beider Wort 
gruppen oder durch Anlehnung an das Zeitw. hopfen. — Hudler »eine schlechte Trauben 
Sorte« mag = *Hodler, Hammelshodler sein (in Handschuhsheim mit falscher Silben 
trennung haml-soulv m.) — Hurenpocht gehört wohl zu mhd. buht n. »Unrat, Kot« 

Inkneidei m. »Schweinsblase; Dickdarm beim Schwein«, in Rappenau Inkeidei 
in Tauberbiscbof8heim Endeknäudel, in Handschuhsheim eykhail , eykhail , in Wimmers 
bach bei Heidelberg eykhaitl , heykhaitl\ alle diese Formen aus ‘Endkeutol »Endo des 
Darms«, s. Grimm, D. Wb. Keutel m. dicker, sackförmiger Darm bei Tieren. — Das 
fränk. Isei n. Blättcrchen erinnert an Schweiz. Ürseli n. »kleines Geschwür am Augenlid, 
Gerstenkorn« (Id. 1,468), oder ist es = mhd. üselc f. Asche, Aschenstäubchen? 

Könnte Joz aus Jodokus verkürzt sein? Die-Kurzform Jos verzeichnet Fischer selbst. 

Kamerusebo (rotwelsch) »Kameraden, Gesellschaft« scheint das weitverbreitete 
jüd.-deutsche Kafrüac f. »Gesellschaft, Bando« zu sein (in Buchen Kaprice , in Tauber¬ 
bischofsheim Kafriiie), aber unter Einfluß von »Kamerad«. — Zu Kammerz f. »Spalier 
au einer Mauer« bemerkt Fischer: »In den Nachbarmundarten nicht mehr bezeugt«. Die 
Handschuhsheimer Ma. hat nun noch khumnticiyvt m. »Weinberg, in welchem die 
Rahmen und Truder quer und der Lange nach laufen, so daß oino Art Dach entsteht« 
(s. Lenz, Der Haudsch. Dial. 1892, S. 13). — Unter Kartätsche lies ital. cartaccia statt 
cartoccia. — käsge' 1 Yb. »wenn beim Würfelspiel ein Würfel krumm hinfällt«. Nach 
Fischer uoklar, aber nach den schwäbischen Ausdrücken Käsdrucken, Käsete und Käs- 
glock 2. vielleicht soviel als »so hinfallen, daß sie zu eng beieinander liegen und teilweise 
aufeinander zu liegen kommen«. — Unter kauderig 2. lies »von Vögeln, denen«. — 
Die Form kilsterig unter koisterig »verschleimt« stellt sich zu külstern, kilstern 


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378 


Bücherbespreehungen. — Sprechsaal. 


kelsen, Kolster, Qualster bei Grimm D. Wb. Vielleicht steht auch das nach Fischer in 
Württemberg ganz unbekannte Kinster »Viscum album« (Mistel) zunächst für * Küster; 
die Benennung käme dann von dem schleimigen Inhalt der Mistelboere. — Kipp II. f. 
»Schnabel« ist doch wohl Ableitung von kippen »picken«. — Der Kirschenhaken ist 
ein aus einem Zweig gebildeter Haken mit einem ganz kurzen und einem langen Schenkel. 
Er dient zum Herbeiziehen der von der Leiter aus nicht erreichbaren Zweige des 
Kirschbaums und anderer Obstbäume, deren Früchte dann mit der Hand abgepflückt 
werden. — kitsche“ Vh. »im kleinen (ver)handela« ziehe ich zu mhd. kiuten »tauschen, 
vertauschen« (s. meine Progr.-Boil. Der nandschuhsheimer Dial. 1892). — Sollte das 
rotwelsche Kittchenbos »Arrestaufseher« nicht das ndd. Bas »Meister« (s. Weigand) 
enthalten? — Der unter Kluher erwähnte Spruch lautet in Handschuhsheim: 

Trqfze un Vöglwicke 

Woll unser Herrgott nimmer schicke. 

Vielleicht ist Klubre der Bedeutung nach = Trespe. — Knallhütto in der Bedeutung 
Bordell (bayr.) scheint doch zu »knallen« in der Bedeutung »coire« zu gehören, welche 
Fischer selbst unter »knallen« aus Rappenau belegt. — Zu Knast f. »Strafe, Strafzeit« 
verweise ich noch auf »Die geheime Ueschäftssprache der Juden« (Neustadt a. d. Aisch 
1896), wo sich Knass Strafe (S. 23) UDd kansn strafen (S. 13 und 23) findet. Kehrein 
verzeichnet als nassauisch knassen , rerknastcn ; in den Lustigen Blättein fand ich r er- 
knaxen (VIII, Nr. 36, S. 7). Die Handschuhsheimer Mundart hat knass, fvknass »ver¬ 
urteilen« (Lenz, Die Fremdwörter des Handschuhsheimer Dial. 2. Teil, S. 4). Nach dem 
Jahrb. f. Geßch. usw. Elsaß - Lothringens 12, S. 145, von chald. kenäs »Strafe«. — Zu 
Knausmutschel f. »ein Backwerk« möchte ich jetzt schon den schwäbischen Familien¬ 
namen Mutschelknaus (bis 1911 auch in Baden-B. vertreten) anmerken. — Zu kneipen 
in der Bedeutung trinken, zechen vgl. den Handschuhsheimor Ausdruck aans ph^ts» eins 
pfetzen, d. h. ein Gläschen trinken. — knoble" »würfeln« wohl zu mhd. knübol m. 
Knöchel am Finger. Auch knüchle* bedeutet nach Fischer »würfeln«. 

Nachtrag zu Bd. I. 

anzig Adv. »unterdessen, einstweilen« könnte wohl einem mhd. an die zit ent¬ 
sprechen; vgl. die Entwicklung von mhd. höcbzit im Schwab. 

Bone f. Die mit Fragezeichen versehene Redensart E jede Bo geil ihm To, 
wörtlich: Eine jede Bohne gibt ihrou Ton, bezieht sich auf die blähende Wirkung der 
Bohnenkerne. Dieselbe Redensart auch in Basel. 

Baden-Baden. Philipp Iaux. 


Sprechsaal. 

Eine hessische Bezeichnung des Kaninchens. 

Herr Professor Dr. H. Krebs in Oxford schreibt uns: 

Vielleicht wird dem Unterzeichneten ein kleiner Raum für den kurzen Hinweis 
auf eine mundartliche Bezeichnung des »Kaninchens«, dio ihm aus seinem Geburtsort 
noch in getreuer Erinnerung lebt, in der Z. f. d. M. vergönnt sein. Der betreffende mit 
Kaninchen oder Karnickel (— lat. cuniculus) synonyme Ausdruck lautete » Lapping « und 
war in seinem Heimatsdorfe Bessungen, das erst seit etwa 25 Jahren als südlicher Vorort 
mit Darmstadt vereinigt wurde, vor eiuem halbcu Jahrhundert daselbst fast ebenso all¬ 
gemein gebräuchlich. Wahrscheinlich ist der Lapping auch heute noch im dortigen 
Volksmunde geläufig. Da in der Bessunger Umgegend Lappinge von jeher sehr häufig 
waren, pflegten die Darmstädter Schulknaben ihre Bessunger Mitschüler mit dem Scherz¬ 
namen »Bessunger Lappinge « zu necken, welchen diese mit »Dartnslüdler Isind- 
hasen « erwidorton. — Als Dialekt wort hat » Lapping « leider keine Aufnahme im 
»Grimmschen Deutschen Wörterbuche« finden können. Nur iu Muret-Sanders’ Deutsch- 
Englischem enzyklopädischem Wörterbuche wird das deutsche Fremdwort »Lapin* ver- 


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Sprechsaal. 


379 


zeichnet und mit dem engl. Rabbit wiedergegeben. Unser in Bessungen-Darmstadt 
heimischer Ausdruck ist offenbar mit dem französischen Lapin ursprünglich identisch, 
welches von A. Brachets Dictionnairo Etymologique de la Langue Franpaise seinerzeit 
(1868) auf den Stamm lap zurücbgeführt wurde, »dont l'origine ost inconnue«. Inzwischen 
hat jedoch Gust. Körtings Etymolog. Wörterbuch der französ. Sprache (Paderborn 1908) 
vermutlich die richtige Spur verfolgt und auf einleuchtende Weise das französ. Lapin 
von dem altdeutschen Substantiv I^appen (ahd. Lappa) »wegen der lappigen Ohren« 
abgeleitet. 

Unser Lapping wäre demnach ein französisches Lehnwort von ursprünglich ger¬ 
manischer Abstammung, welches durch das angehängte g und die Deminutivendung -tVi^, 
sowie die verdoppelte labiale Tennis wieder verdeutscht erscheint. 

(Die Endung -ing statt -in, -en findet sich auch sonst noch, so in nhd. Tesching 
neben Teschin [aus Teschen], mundartlich Bassing = franz. basstn [vgl. Lenz, Vergleich. 
Wörterb. der nhd. Schriftsprache und dos Handschuhsh. Dial. 1908]. Die Eppelheimer 
[bei Heidelberg] nennt man in Heidelberg-Handschuhsheim spottweise Stallhase oder 
Läppt. — Lx.) „ 


Erwiderung. 

In Heft 2, Jahrgang 1912 diesor Zeitschrift wurde mein Büchlein »Die Namen 
Vorarlbergs« einer Besprechung unterzogen, die ich nicht unerwidert lassen kann. Herr 
Dr. Miedel sagt darin: »Zunächst sind ihm (Hopfner) die alten Räter Kelten, was allen 
bisher geltenden Ansichten widerspricht«. Tatsächlich habo ich diese schwierige Frage, 
die bekanntlich viele Gelehrte, »der gewaltige Forscher K Zeuß« (so Dr. Stolz, Die Ur¬ 
bevölkerung Tirols* S. 60) obenan, bejahen, auch nicht mit einem Wörtohen berührt. 
Dr. Miedel schreibt: »Hopfner läßt das ,Koltische‘ erst zu Anfang des II. Jahrtausends 
etwa verschwinden«. Tatsächlich habe ich behauptet (S. 25), daß im 8. bis 9. Jahrhundert 
das Keltische ganz verschwand. Dr. Miedel fährt fort: »die ganze keltische Hypothese 
dünkt mich auf zwei wackeligen Pfeilern aufgebaut zu sein«, nämlich meiner Anuabme 
Clunia = Dunia und »meiner Annahme der ,keltischen* Wortstämme ana und ara 
(= Dorf und Bach)«. Welche Vorstellung mag sich der Leser bei diesem Satze über mein 
Büchlein machen? Tatsächlich habe ich S. 66 nicht weniger als 24 Keltenworte auf¬ 
gezählt, die ich in unseren Ortsnamen wiederholt gefunden zu haben glaubte. Die An¬ 
nahme Clunia = Dunia, die ich im »Archiv f. Oesch. u. Landesk. v. Vorarlberg« IV, 
S. 40 f. und V, S. 83 ff. weitläufig verteidigt, ist für die Gesamtortsnamenerklärung durch¬ 
aus belanglos. — »Die Annahme eines Wortstammos ana = Dorf« ist wieder eino reine 
Erfindung Dr. Miedels; ana ist keltische Endung (Holder, Altkeltischor Sprachschatz) und 
ätia heißt »Sumpf« (Stokes, Urceltischer Sprachschatz). »Eine bedeutende Rolle spielt — 
und hier scheint Dr. M. im Rechte zu sein — das Wort ara« (Ache). Durch langes 
Studium bin ich zur Überzeugung gekommen, daß es nicht Endung, sondern selbständiges 
Wort sei. Die Tauferer im Pustertal (Tirol) nennen ihren Bach noch heute unterschiedslos 
Ache und Ähre; sodann haben wir auf früherem Keltengebieto eine wahre Unzahl von 
Ähren und Ahrenbächen; ferner findet es sich als selbständiges Wort schon in den 
ältesten und alten Urkunden; Holder hat es für zwei Flußnamen; endlich scheint es in 
dem halben Hundert von Bildungen wie Allära , Saldra , Windära, Isära , Iscära , llära f 
Samära usw. sowohl inhaltlich als formell genau unseren: Steinach, Weidacb, Weißach 
zu entsprechen. Diese und andere Griindo schienen mir eine Berechtigung zu geben, 
ara als Wort aufzufassen. 

Wenn mein Kritiker sonst ins einzelne geht, läßt er immer — io mehr als 
20 Fällen — zwei Dinge weg: 1. meine Begründung, 2. die Modalitäten: »vielleicht«, 
»möglicherweise«, »es könnte sein«. So sagt er: »Route gehört (nach mir) zu rilon 
= Furt«. Im Büchlein steht: »Reute <= Schwende«. Beide Wörter habe ich schon 
früher als deutsche erklärt (S. 3). Bei einem Reute, das am Übergang eines Flusses 
liegt, fügte ich hinzu: »Es ist nicht ausgeschlossen, daß es von rilon kommt«. 
Das ist denn doch wesentlich etwas anderes. Den Zusatz machte ich aber deswegen, 
weil ich bei Reutte am Lechübergang (Tirol) Beweise für die keltische Abstammung habe. 


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380 


Sprechsaal. 


Die ungeheuerlichste Beschuldigung stellt Dr. M. an die Spitze der Kritik. »Ich 
wundere mich, daß H. Feldkirch nicht als fi (=6») alta curia deutete«. Darnach 
hätte ich nicht einmal, sondern oft eine kelt. Präposition mit einem lat bez. rom. Wort 
zu einem Ortsnamen verschmolzen. Solche Behauptungen schaden freilich nicht, weil 
sie niemand glaubt. Was ich behaupte, ist das: Wie wir Ortsnamen haben wie Amberg, 
Amlech usw., so hatten sie auch die Kelten. Die Anwohner der Drau hießen Atnbi- 
draci, die des Licus (Gail in Tirol und Kärnten) Ambilici usw. Allein nicht bloß ambi 
(ahd. ümbi), sondern auch der zweite Teil bi allein wurde dazu verwandt, das, als Präfix 
behandelt, auch als bi und b[i ) auftritt. In Vorarlberg erscheint neben Ludesch Blu- 
desch, in der Schweiz neben Rätikon der Prätigau, in Tirol an der Emmern ein 
Pemmern, neben der 111 die Biller-Höhe und der Pillbacb usw. usw. So glaubte 
ich auch Widderstein, dessen dialektische Aussprache ( Widur ) und alte Form Widero¬ 
stein an eine Herleitung von Widder = Hammel gar nicht denken lassen, mit dem nahen 
Dura und Fidere in Beziehung setzen zu dürfen ( bi-Dura = Fi-Dura). All die vor¬ 
gebrachten Gründe verschweigt Dr. Miedel. Auf solche Weise kommt er zu einem ver¬ 
dammenden Urteil über ein Büchlein, das der Wiederabdruck einiger Feuilletons mit Bei¬ 
behaltung des Satzes ist, wobei es mir bei der mangelhaften Druckerei nicht einmal ver¬ 
gönnt war, die Quantität der Vokale anzugoben. Ob ein solches Urteil wohlwollend ist? 

Feldkiroh in Vorarlberg. P. Js. Hopfner t>. J. 

Schlußwort. 

Herr P. Hopfner fühlt sich durch meine Besprechung seines Büchleins beschwort 
und vermißt in meinem Urteil jegliches Wohlwollen. Wer aber seine regellosen Ety¬ 
mologien liest, dem wird es ergehen, wie cs nach seiner Erzählung oft seinen »besten 
Freunden« ergebt, or wird auch »den Kopf schütteln« und hinzusetzen, ich hätte gar 
sehr milde geurteilt. Ich kann daher von meinen Ausstellungen nichts zurücknehmen 
und will nur möglichst kurz seine einzelnen Einwände zurückweisen. 

1. ln Vorarlberg saßen vor der deutschen Bosiedelung Räter und dann Romanen 
und eine Mischung aus beiden. Nach H. sind jedoch die meisten Namen keltisch-, also 
sioht er die Räter oder Romanen für Kelten an Wenn aber Keltisches nicht da war, 
so konnte es weder im 8. noch im 10. Jahrh. verschwinden. 

2. Den Weg zum Keltischen bahnt er sich erst durch die Annahme, Clutiia sei 
verschrieben für Dunia; er hat eben selbst das Gefühl, daß alte, sichere Namen mit den 
charakteristischen Endungen dunum, durum usw. fohlen. 

3. Den Wortstamm ana = Ort, Dorf habo ich nicht »rein erfunden«, sondern den 
gebotenen Erklärungen entnommen. z. B Tal-ana (von talos Stirne) = Ort an der Stirn¬ 
seite (S. 11), Tarana (von tatos still) = Stillort (S. 30), Marana = Ort am mar (= Berg¬ 
sturz, S. 39), Locana (von loco* See) = Secort (S. G(>) usf. Daß aber ana und ara 
mehr als bloßes Bildungssuffix ist, wäre erst zu erweisen. 

4. Daß ich in meiner Besprechung dio gegebene nähere »Begründung« und das 
»möglicherweise« wegließ, geschah allerdings mit Bedacht: denn fürs erste wollte ich 
mich der Kürze betleißigen und dann schien mir die Erklärung mitsamt der Begründung 
meist unmöglich, da alle Lautgesetze souverän mißachtet sind. So ist auch Reute 
= Furt ausgeschlossen; bei Reutte in Tirol erst recht, da dies erwiesenermaßen ein 
Rodungsdorf von dem viel älteren Breitenwang ist und bis fast in die Neuzeit herein 
noch dahin eingepfarrt war. 

5. Das »Ungeheuerlichste« ist die Beschuldigung, H habe eine kelt. Präposition mit 
einem latein. Wort zu einem Ganzen verschmolzen. Zunächst: Wo sind keltische Orts¬ 
namenbildungen wie »Amberg« nachgewiesen? Ambilici usw. sind Volksnamen. Ferner: 
111 und Billerhöhe (Biller nennt dort die Mundart Heustadel) u. ä. in Beziehung bringen, 
ist nichts anderes als etwa Brciteuau = »bei Reitenau« setzen. Solche »Ungeheuerlich¬ 
keiten« habe ja nicht ich verschuldet: Campodunum »die Ebene bei Feldkirch, die vor 
der Christianisierung die dunisvho hieß (Dach H.s Annahme) = Dunfeld« (S. 37). Ist 
campus nicht lateinisch und dunum keltisch? Dabei ist noch Grund - und Bestimmungs¬ 
wort obendrein verwechselt, wie öfter, so S. 41 Fußach *= am Fuß der Ach, 8.110 


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Sprechsaal. — Mitteilung. — Neue Bücher. 


381 


Wiesenrhein = die Wiesen am Rhein — also Haustüre = das Haus der Türe! Noch 
»ungeheuerlicher« sind aber Vermengungen wie S. 40 Frastafeders, das entstanden sein 
soll aus ß- (kelt.), ross- (rätorom.), dur- (kelt.), vetus (lat.). Wird der Jeser jetzt wohl 
»solche Behauptungen« noch »nicht glauben«? Bleiben wir doch im Lande und nähren 
uns redlich! Und lassen wir am Widderstein ruhig die schwäbischen Hammel weiden 
und die Wälder Bauern ihr dürftiges Gras am Dura (< Durraha = Dorracb) mähen 
und die Oberstdorfer über den Fiderepaß (so heißt er nämlich, d. i. der fördere = vordere 
Paß) ins Walsertal wandern. Liegt ja doch das Gute viel näher! 

Memmingen. Julius Miedel. 


Mitteilung. 

Das vorliegende vierte Heft des Jahrg. 1912 der Zeitschrift f. Deutsche Mundarten ist 
das letzte, welches unter der gemeinsamen Verantwortung der beiden Begründer der Zeit¬ 
schrift hinausgeht. Der bisherige Mitleiter, Prof. Dr. Philipp Lenz (Baden-Baden), 
legt aus persönlichen Gründen dieses Amt nieder. An seiner Stelle wird von Jahrg. 1913 
an Gymnasialoberlehrer Dr. Hermann Teuchert (Steglitz-Berlin) in die Leitung der 
Zeitschrift eintreten und als geborener Niederdeutscher und bewährter Forscher auf dem 
Gebiete der niederdeutschen Mundarten diese übornehmen, während der bisherige 
Mitleiter, Prof. Otto Heilig (Rastatt) außer wie bisher die oberdeutschen auch die 
mitteldeutschen Mundarten besorgen wird. 

Prof. Lenz hatte bereits zum 1. Oktober 1911 von der Mitleitung der Zeitschrift 
zurücktreten wollen, sich aber im Hinblick auf dio damalige Lage der Dinge bewegen 
lassen, noch ein weiteres Jahr die Geschäfte der Mitherausgabe zu versehen. 

Für die sachkundige, gewissenhafte und erfolgreiche Arbeit, die Prof. Lenz während 
sieben Jahron als Mitherausgeber der Mundartenzeitschrift im Dienste des Allg. Deutschen 
Sprachvereins geleistet hat, spricht ihm dieser seinen Dank aus. Es steht zu hoffen, 
daß er auch fürderhin der Zeitschrift durch rege Mitarbeit seine Unterstützung zuteil 
werden läßt. 

Zusendungen betr. die ober- und mitteldeutschen Mundarten sind von nun an 
also an Herrn Prof. Otto Heilig in Rastatt, solche aus dem Gebiete der niederdeutschen 
Mundarten an Herrn Gymnasialoberlehrer Dr. Hermann Teuchert in Berlin-Steglitz, 
Mommsenstr. 52 zu richten. 

Ser Ges&mtvontand des Allg. Deutschen Sprachvereins. 


Nene Bücher. 

Abraham n Salnta Clara. Blütenlese aus seinen Werken, von Dr. E. Bertsche. 
Freiburg i. Br., Herdersche Verlagshandlung, 1912. 2 Bändchen. [Eine sehr geschickt 
angelegte Blutenlese aus den Werken Abrahams a St. Clara, die weiteren Kreisen sehr 
willkommen sein dürfte.] 

Fischer, Hermann, Schwäbisches Wörterbuch. 38. und 39. Lieferung (Keller — 
Korngült). Tübingen, H. Lauppsche Buchhandlung, 1912. Preis je 3 Mk. 

Gimpl, E., D’ Laub frösch. Humoristische Erzählungen ans den steirischen Bergen. 
Bruck a. d. M., H. Smrczek, 1910. 87 S. 

Grimm, Jaeob und Wilhelm, Deutsches Wörterbuch. Zwölften Bandes 1. Abteil., 
9. Lieferung (Versputzeln — Verstehen). Leipzig, Hirzel, 1912. Preis 2 Mk. 

Kluge, F., Wortforschung und Wortgeschichte. Aufsätze zum deutschen Sprach- 
sohatz. Leipzig, Quelle k Meyer, 1912. 183 S. Geb. 4 Mk. 

Leithttuser, Julius, Bergische Pflanzennamen. Elberfeld, A. Martini k Grüttefien, 
1912. 61 S. 

Meynen, Paul, Dr. phil., Melodisches der Mundart von Homberg am Nieder¬ 
rhein. Mörs a. Niederrhein, Verlag von A. Steiger, 1911. 22 S. [Dieses interessante 


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382 


Neue Bücher. — Zeitschriftenschau. 


Schriftchen, das auszugsweise der in demselben Verlage erschienenen Dissertation 
»Über die Mundart von Homberg« entnommen ist, untersucht den musikalischen Akzent 
genannter Mundart und wird hoffentlich zu weiteren einschlägigen Studien auch für 
andere Gebiete anregen. Denn dieses Teilgebiet neuerer Mundarteoforschung liegt fast 
noch völlig brach! 0. Hg.) 

MUUer-Fraureath, Karl, Wörterbuch der obersächsischen und erzgebirgi- 
schon Mundarten. Lieferung 6 (Kranne — misten). Dresden, Wilhem Baensch, 1912. 
Preis 3 Mk. 

Prader, Georg, Norbert Hanrieder in seinen Dichtungen. Eine Studie. St. Pölten. 
Verlag der Preßvereinsdruckerei St. Pölten, 1912. 177 S. Preis 1,80 Mk. 

RUthlein, Heinrich, Die Maibowle. Posse in Darmstädter Mundart Darmstadt, 
H. L. Schlapp, 1912. 

— — Die Brieftasche, Posse in Darmstädter Mundart. Ebenda 1912. 

Scholz, Hans, Deutsches Fremdwörterbuch. 4. Lieferung (Gene — Kampagne). 
Straßburg, K. J. Trübner, 1912. Preis 1,50 Mk. 

Stanb, Friedrich, und Tobler, Ludwig, Schweizerisches Idiotikon. Wörterbuch 
der schweizerdeutschen Sprache. 71. Heft (ungesinnt — Gesandter). Frauenfeld, Huber 
k Co., 1912. Preis 2 Mk. 


Zeitschriftenschau. 

(Wir suchen aus dem Inhalt aller Zeitschriften hier die für dio doutsche Mundartenforschung; wichtigen Auf- 

stltze anzuzeigon und bitton um Einsendung aller einschlägigen Arbeiten, damit nnsore Zusammenstellung eine 

möglichst TollstÄndigo wird.) 

Alemannia. Dritto Folge, Band 4, Heft 1. 2. 

F. Pfaff, Badische Sagen (S. 28 — 46). 

Bayerischer Hei matsch utz. Monatsschrift des Vereins für, Volkskunst und Volkskunde 
in München. Jahrgang 10. 1912. Heft 1 — 8. 

r. d. L. (= von der liegen), Der zweite Merseburger Zauborspruch (S. 51 — 57). 

Das deutsche Volkslied. 14. Jahrgang. Heft 1—7. 

Deutsche Erde. Zeitschrift für Deutschkunde. 11. Jahrgang. 1912. 

Rieh. v. Pfaundler, Das deutsche Sprachgebiet in Südungarn (S. 18 — 22; 49 — 53; 
109-123). 

Jul. Koblischke, Besprcch. von G. Radestock, Zur Statistik der sächsischen Ortsnamen 
im Hinblick auf die Ableitung ihrer Namen von Laub- oder Nadelbäumen (S. 25). 

0. Weise, Besprach, von W. v. Unwerth, Das Entwicklungsgebiet der schlesischen 
Mundart (S. 25 f.). 

W. Rohmeder, Besprach, von J. Tarneller, Das Deutschtum auf dem Nonsberg (S. 27). 

TF. Oroos, Besprech. von Herrn. Fischer, Die Schwaben in der ungarischen Graf¬ 
schaft Szatmär (S. 27 f.\ 

W. Rohmeder, Bespr. von E. Paul, Im Cimbernlande (S. 29 f.). 

W. Peßlcr, Grundsätzliche Bemerkungen zu neueren ethnographischen Karten des 
Deutschtums (S. 34 — 40; 62 — 75). 

S. Weber, Deutsche Ortsuamen in der Zips (S. 82 — 84). 

J. Koblischke, Besprech. von M. Klimesch, Deutsche Ortsnamen in Südböbmen (S. 89 f.). 

Gesamtfragebogen für deutschbaltischc Volkskunde (S. 130—132). 

Die Ortenau. Mitteilungen des Historischen Vereins für Mittelbaden. 3. Heft 1912. 

Adolf Wolfhard, Die Hebel-Insel bei Odelshofen (S. 24 — 28). 

O. Heilig, Zur Kenntnis der Mundart von Ottersdorf, Amt Rastatt (S. 114). [Mhd. 
i, j i, in werden nicht diphthongiert. Charakteristisch für die Mundart sind dio 
Diphthongierungen von mhd. kurzen Vokalen vor Nasal-{-Konsonanz, vgl. oumbl 
(Ampel), hounl (Handel), i couu.it (Wanst), ein (Eude), heinSt (Hengst), bleimSlux 
(Blindschleiche), heim (hinten), sein (Sünde) u. a. m.J 


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Zeitschriftenscbau. 


383 


German American Annals. Januar — April 1912, Mai — August 1912. 

Germanisch - Romanische Monatsschrift. 4. Jahrg. Heft 3. 4. 5. 6. 

A. Elsässer, Das Wörterbuch der deutschen Rechtssprache (S. 139—144). 

G. Krüger, Zur Neubenennung grammatischer Begriffe im besondern solcher der 
engl. Sprachlehre (S. 144 — 150). 

M. Schönfeld, Der altgermanische Lautstand zu Anfang unserer Zeitrechnung (S. 251 
bis 259). 

Hessische Blatter für Volkskunde. 11. Bd. 1912. 

\V. Hoffmann, Beiträge zur Volkskunde Rheinhessens (S. 1 — 15). 

H. Marxeil, Flachssalat und Frauen (S. 16 — 23). 

K. Helm, Volkskundliches ans dem Anfang des 19. Jahrh. (S. 26 — 31). 

A. Becker, Speyerer Recht und Sommertag (S. 33). 

A. Kopp, Besprech. von P. Alpers, Untersuchungen über das alte niederdeutsche 
Volkslied (S. 36 — 38). 

B. Nassua, Besprech. von K. Gusinde, Eine vergessene deutsche Sprachinsel im poln. 
Oberschlesien (S. 42 f.). 

\V. L. Friedrich, Beschreibung der Tätigkeit eines Fluruamensammlera (S. I— IV). 
Derselbe, Zur historischen Bedeutung der Flurnamen (S. IV—VIII), Über Verklei¬ 
nerung alter Gewanne (VIII—X). 

K. Beckei-, Das Wort ggon (S. XIV—XX). 

Jahresbericht Uber die Erscheinungen auf dem Gebiet der Germanischen Philologie. 

32. Jahrg. 1910. 

11. Teuchert, Deutsche Mundartenforschung (S. 145—162). 

Korrespondenzblatt der Schweizer Gesellschaft fllr Volkskunde. 2. Jahrg. Heft 1 — 5. 

Korrespondenzblatt des Vereins fHr niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1912. 
Heft XXXIII. Nr. 1. 

Enthält zahlreiche kleinere, wertvolle Beiträge. 

Korrespondenzblatt des Vereins fUr siebenbUrglsehe Landeskunde. 35. Jahrg. 1912. 
Zum Wörterbuch (S. 58). 

J. Roth, Jcht (= euch) (S. 97—105). 

Leuvensche BIJdragen. 10. Jahrg. 1912 (Leipzig, Otto Harrassowitz). 

./. ran Ginneken, Het gevoel in taal en woordkunst. II. (S. 1—156, 173 — 273). 

C. Lecoutere, Besprech. von H. F. Wirth, Der Untergang des niederländischen Volks¬ 
liedes (S. 159-161). 

/.. Qrootaers, Besprechungen von Jos. Schiepek, Der Satzbau der Egerländer Mundart; 
von J. Huber, Zur Methodik der Mundartenforschung (S. 163—167); vou 0. Kiirsten 
und 0. Bremer, Lautlehre der Mundart von Buttelstedt bei Weimar (S. 275 — 277). 

Mitteilungen und Umfragen zur Bayerischen Volkskunde. Neue Folge. Nr. 29. 
1912. 

O. Brenner, Kunz Hildebrand oder Sagen und Namen (S. 226 — 229). 

Modern Phllology. Vol. IX. Nr. 4. 

Leonard Bloomfield, The E-Sounds in the Language of Hans Sachs (S. 489 — 509). 
- Vol. X. Nr. 1. 

Nkrodopisny v&stnik. 1912. Heft 5-6. 

Naturwissenschaftliche Wochenschrift. «Organ der Gesellschaft für volkstümliche Natur¬ 
kunde in Berlin«. 1912. Nr. 21. 

H. Marxell, Das Liebstöckel (8. 327 ff.). (Bringt eine Menge von Benennungen der 
Pflanze Levisticum officinale.) 

Schwarzburg-RudoIstXdtische Landeszeitung. Beilage. 11. Aug. 1912. 

P. Kannengießer, Zur Geschichte der Bilder und Klänge ans Hudolstat von Anton 
Sommer. 


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384 


Zeitscbriftenschau. 


Schweizerische Pädagogische Zeitschrift. 1911. Heft V. 

Enthält: E. Hoff mann - Krayer, Die Volkskunde und ihre Bedeutung für die Schule. 
Schweizerisches Archiv für Volkskunde. XVI. Jahrg. Heft 1 u. 2. 

Jos. Müller, Sagen aus Uri (zum Teil mundartlich) (S. 12—34). 

Siegerland. Blätter des Vereins für Heimatschutz und Heimatpflege. 1912. 

ff. Schmoeckel, Das Siegerländer Bauernhaus, ein Beitrag zur Haus- und Dialekt¬ 
forschung. 

The Journal of English and Germanlc Phllology. Vol. XI. Nr. 2. April 1912. 

George 0. Curme, A History of the English Relative Construction (S. 180 — 203). 
George B. Lovell, Feouliarities of Verb-Position in Grimmelshausen (S. 205 — 209). 
Unser Egerland. XVI. Jahrg. 1912. Heft 1— 6. 

Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. 27. Jahrg. 1912. 

Dr. Weber, Einheit der Fachausdrücko in der deutschen Sprachlefire (S. 140). 

O. Streicher (?), Zur Erforschung der Mundarten (S. 144 f.). 

K. Scheffler, Sprachverein und Mundartenpflege (S. 175 f ). 

H. Bensemann, Besprech. von J. l^eithaouser, Bergiscbe Pflanzennamen (S. 285). 
Zeitschrift des Vereins fUr Volkskunde. 22. Jahrg. Heft 2 u. 3. 1912. 

O. Schell u. J. Bolle, Soldatenlieder aus dem dänischen Kriege von 1864 (S. 284—288). 
./. Bolle, Noch einmal das Kutschkelied (S. 288). 

G. Schläger, Zur Entwicklungsgeschichte des Volks- u. Kinderliedes. II. (S. 289—293). 
0. Schütte, Braunschweigische Segenssprüche (S. 296 — 299). 

Derselbe, Volksreime auf Spielkarten (S. 299 — 300). 

Zeitschrift fUr deutsche Wortforschung. 13. Band. 

0. Behaghel, Zum Relativpronomen welcher (S. 157 ff.). 

A. Gölte, Notregen (S. 16t>), Schliffbacken (S. 167), Wetterhahn (S. 168 f.). 

E. Gutmacher, Schmutzig — schmierig — dreckig lachen (S. 169 — 171). 

K. Helm, ßeulauge (S. 175). 

Baist, Balzen (S. 212 f.). 

A. Seiler, Der Name Molshoim und Verwandtes (S. 214 —224). 

0. Gröger, Zum VII. Bande des Schweizerischen Idiotikons (S. 229 — 240). 

0. Schütte, Braunschweiger Pferdenamen des 16. und 17. Jahrh. (S. 240). 

F. Kluge, Besprech. von 0. Behaghel, Geschichte der deutschou Sprache, 3. Aufl. 
(S. 241 f.). 

K. Seih, Fritz Reuter und Müller von Itzehoe (S. 300—319). 

A. Keller, Besprech. von H. Klenz, Scheltenwörterbuch (S 337 f.). 

— 14. Band. 

G. Schoppe, Bemerkungen zum D. Wb. (S. 81 —111). 

G. 0. Curme, The Origin of the Relative »welcher« (S. 112 —125). 

0. B. Schlutter, Glossographisehe Beiträge zur deutschen Wortgeschichte (S. 137—160). 
Beiheft zum 14. Band. 

Alfred Schirmer. Der Wortschatz der Mathematik nach Alter und Herkunft unter¬ 
sucht (80 S ). 

Zeitschrift flir österreichische Volkskunde. XVIII. Jahrgang. 1. 2. 3. Heft. 

E. Hamxa , Eine Bauernhochzeit im niederösterreichischen Wechselgebiete (S. 1 — 20). 
Joh. KoStial, Kleine Beiträge zur österr. Volkskunde (Benennungen der Bachstelze, 
der Fledermaus, des Ixiffels, des Düngers (S. 49 —52). 


Hnchtlruckerei «los Wmsenhftuses in Halle a. «1. S. 


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Zeitschrift 


Lfö, 

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für 




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Deutsche Mundarten 






Im Aufträge 

des 

Vorstandes des Allgemeiuen Deutschen Sprachvereins 

herausgegeben von 


Otto Heilig und Philipp Lenz 


Jahrgang 1912 in 4 Vierteljahrsheften 

Heft 4 



Berlin 

Verlag des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 

(F. Berggold) 

1912 





Go gle 



Die Zeitschrift für Deutsche Mundarten erscheint jährlich in 4 Heften ron je 
6 Bogen. Preis des Jahrganges 10 Mark. 

Handschriftliche Beitrüge ans dem Gebiet der hochdeutschen Mundarten 

welle man an Herrn Professor Otto Heilig in Rastatt, solche aus dem Gebiet der 
niederdeutschen Mundarten an Herrn Gymnasialoberlehrer Dr. Herm. Teuchert 
in Berlin-Steglitz, Mommsenstr. 52, einsenden. Anfragen über Schriftsold, Sonder¬ 
abdrücke usw. bitten wir an die Verlagsbuchhandlung zu richten. 

Alle Rechte Vorbehalten. 


Inhalt des 4. Heftes. 

S»it« 

Kanncngießer, Paul, Dr. phil., Univ.-Prof. in Straßburg i. E.: 

Fritz Reuter und Anton Sommer.280 

Schoof, Wilhelm, Dr. phil., Direktor iu Uersfeld (Bezirk Kassel): 

Hessische Ortsnamen in mundartlicher Gestalt.298 

Graebisch, Friedrich, Privatgelehrter in Kudowa: 

Proben schlesischer Gebirgsmundarten (Fortsetzung).319 

Welk, Friedrich, Dr. phil., Lohramtspraktikant in Rheinbischofsheim: 

Proben der Mundart von Rheinbischofsheim.348 

Heilig, Otto, Professor iu Rastatt: -v. -KJ 


Mundartliche Proben aus dem badischen Frankenland.. 357 

Lux, Julius, Prof, iu Kolozsvär (Ungarn): ' ^ 

Sprachproben aus der deutschen Mundart von Oobsina in Oberungarn . 3üO 
Pfalz, Anton, Dr phil., iu Deutsch-Wagram bei Wien: 4SI 

Zur Erklärung der ripuarischen Gutturalisierung.3G4 

Bücherbesprechungen. 

W. Simonsen: TH ' 

Niederdeutsch und Hochdeutsch in den Chroniken des Johann Adolph 
Neocorus und des Daniel Liibbeke, bespr. von H. Teuchert . . . 366 
Adam Zlegelhüfcr uud Dr. Gustav Hey: ^ 

Die Ortsnamen des ehemaligen Hochstifts Bamberg, bepr.von Julius Miedel 367 
Dr. Rudolf Klelnpaul: 

Oie Ortsnamen im Deutschen. Ihre Entwicklung und Herkunft, bespr. 


von Julius Miedel ..369 

Dr. J. Mntthilu.s Klimesch: 

Die Ortsnamen im südlichen und südwestlichen Böhmen, bespr. vou Julius 

Miede!.371 

Hans Scholz: - V^j 

Deutsches Fremdwörterbuch, bespr. von 0. Weise.373 


Ad. Sehullerus und Friedr. Hofstädter: 

Siebenbürgisch-Sächsisches Wörterbuch, bespr. von 0. Weise . . . 373 
Hermann Schmücke!: ; 8 

Das Siegerländer Bauernhaus, bespr. von 0. Weise. * 374 

Hermann Fischer: - 

Schwäbisches Wörterbuch, bespr. von Philipp Lenz.375 



Fortsetzung S. 3 des Umschlags. 










Sprechsaal. 


Eine hessische Bezeichnung des Kaninchens.378 

Erwiderung .379 

Schlußwort.380 


Mitteilung. 

Mitteilung des Vorstandes des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins ... 381 

Neue Bücher. — Zeitschriftenschau. 


Allgemeiner Deutscher Sprachverein. 


Der Beitritt zu diesem erfolgt: 

1. durch Anmeldung als Mitglied bei dem Vorsitzenden eines Zweig¬ 
vereins. Der Jahresbeitrag beträgt in der Regel 3 Mark. Die Mitglieder 
nehmen teil an den Versammlungen, Vorträgen usw. des Zweigvereins und er¬ 
halten kostenlos durch den Zweigverein zugesandt: 

die Zeitschrift des Sprachvereins (12 Monatsnummem im Jahre), 
die Wissenschaftlichen Beihefte zur Zeitschrift (meist zwei im Jahre), 
sonstige geeignete Veröffentlichungen des Vereins. 

2. durch Anmeldung als unmittelbares Mitglied bei dem Schatz¬ 
meister des Vereins, Verlagsbuchhändler Ferdinand Berggold, Berlin W30, 
Motzstraße 78. Der Jahresbeitrag beträgt mindestens 3 Mark. Das unmittel¬ 
bare Mitglied erhält die genannten Drucksachen durch den Schatzmeister 
kostenlos zugesandt. 

Behörden, Körperschaften, Anstalten, Schulen, Vereine usw., welche die 
Bestrebungen des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins fördern, dem Vereine 
aber als Mitglieder nicht förmlich beitreten wollen, können die genannten Ver¬ 
öffentlichungen gegen den Jahresbeitrag von mindestens 3 Mark vom Schatz¬ 
meister unmittelbar beziehen. — Die Zeitschrift kann auch durch jede Buch¬ 
handlung und durch die Post bezogen werden. 

Zweigvereine, die neu gebildet worden sind, werden gebeten, sich beim 
Vorsitzenden, Geheimen Oberbaurat Dr. Sarrazin, Berlin - Friedenau, Kaiser¬ 
allee 117, anzumelden. 

Der Allgemeine Deutsche Sprachverein hat z. Z. 315 Zweigvereine, die 
Gesamtzahl seiner Mitglieder beträgt gegenwärtig über 30000* Die Auflage 

der Zeitschrift ist 36000 Stück. 



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Tm Verlage des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins F. Berggold, 
Berlin W30, Motzstraße 78, sind erschienen: ' ,. . > j.C .1 

I. Zeitschrift d. Allg. Deutschen Sprachvereins, Beihefte, 

Inhaltsverzeichnis. 

Der laufende Jahrgang kostet 3 . 4 . 

Ältere Jahrgänge der Zeitschrift: 188G — 1911, je 2 .4. 

Einzelne Nummern der Zeitschrift, je 0.30 .4. 

Die Wissenschaftlichen Beihefte: 1. Reihe: lieft 1—5, 2. Reihe: 
Heft G —10, 3. Reihe: Heft 11 —20, 4. Reihe: Heft 21 — 30, 5. Reihe: 
Heft 31 — 34 zum Preise von je 0,30 .4 für das Heft. 
Inhaltsverzeichnis zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach¬ 
vereins, zu den Beiheften und sonstigen Veröffentlichungen des Ver¬ 
eins 1886 — 1900, 4,00 Ji. 

Inhaltsverzeichnis zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprach¬ 
vereins und den Beiheften 1901 —1910, 2,00 . 4 . 


II. Verdeutschungsbücher. 

1. Die Speisekarte (5. verbesserte Auflage), 0,80 . 4 . 

2. Der Handel. Neue Auflage in Vorbereitung. ' £ 

3. Das häusliche uud gesellschaftliche Leben. Neue Auflage erscheint noch 

im Laufe des Jahres. ■>' I 

4. Deutsches Namenblichlein (5. Auflage), 0,G0 

5. Die Amtssprache (8. Auflage, 37. bis 40. Tausend), 1 Ji. ■ / 

0. Das Berg- und Hüttenwesen (2. Auflage), 0,50 ^4. K 

7. Die Schule (3. Auflage, 25. bis 28. Tausend), 0,60 . 4 . ' 1 ***3 

8. Die Heilkunde (G. Auflage), 0,G0 

9. Tonkunst, Bühnenwesen und Tanz, 0,60 .4. . * 

III. Sonstige Schriften. • 

Dünger, Dr. Hermann, Engländerei in der deutschen Sprache, 1,20 .4. 

— — 200 Sätze zur Schärfung des Sprachgefühls, vierte Auflage, 1,60 M. 

— — Die Deutsche Sprachbewegung und der A. D. Sprachverein 1885—1910 

(Festschrift zur Fünfundzwanzigjahrfeier), 2,00 .4. 

Erler, Julius, Die Sprache des neuen Bürgerlichen Gesetzbuches, 0,50 .4. 
Kaufmannsdeutsch, Zwei Preisarbeiten von A. Engels und F. W. Eitzen. 

Dritte Auflage, 1,00 . 4 . 

Kliull, Dr. Ferdinand, Vornamen Verzeichnis, 0,20 . 4 . ‘ • , 

Meigen, Dr. Wilhelm, Die deutschen Pflanzennaraen, 1,60 . 4 . 

Saalfeld, Dr. Günter, Bausteine zum Deutschtum, 1,50 . 4 . I 

Schräder, Dr. Otto, Vom neuen Reiche, 0,60.#. jJfjB 

Zöllner, Dr. Friedrich, Die Einrichtung und Verfassung der Fruchtbringenden 
Gesellschaft, 1,80 Jt. ' fr 


Bachdmckerei de« Waisenhauses in Halle a. d. S. 

























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